Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000
Eva Bulling-Schröter
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entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage zum Stenographischen Bericht
Adam, Ulrich CDU/CSU 06.04.2000*
Andres, Gerd SPD 06.04.2000
Dr. Bartsch, Dietmar PDS 06.04.2000
Behrendt, Wolfgang SPD 06.04.2000*
Bohl, Friedrich CDU/CSU 06.04.2000
Bühler (Bruchsal), CDU/CS 06.04.2000*
Klaus
Dr. Bürsch, Michael SPD 06.04.2000
Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 06.04.2000
DIE GRÜNEN
Ernstberger, Petra SPD 06.04.2000
Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 06.04.2000
Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 06.04.2000
Joseph DIE GRÜNEN
Frick, Gisela F.D.P. 06.04.2000
Friedrich (Altenburg), SPD 06.04.2000
Peter
Gebhardt, Fred PDS 06.04.2000
Gleicke, Iris SPD 06.04.2000
Hanewinckel, Christel SPD 06.04.2000
Hinsken, Ernst CDU/CSU 06.04.2000
Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 06.04.2000
Ibrügger, Lothar SPD 06.04.2000
Imhof, Barbara SPD 06.04.2000
Jäger, Renate SPD 06.04.2000*
Leidinger, Robert SPD 06.04.2000
Lörcher, Christa SPD 06.04.2000*
Dr. Lucyga, Christine SPD 06.04.2000*
Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 06.04.2000*
Erich
Möllemann, Jürgen W. F.D.P 06.04.2000
Müller (Berlin), PDS 06.04.2000*
Manfred
Neumann (Gotha), SPD 06.04.2000*
Gerhard
Nietan, Dietmar SPD 06.04.2000
Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ 06.04.2000
DIE GRÜNEN
Ohl, Eckhard SPD 06.04.2000
Ost, Friedhelm CDU/CSU 06.04.2000
Ostrowski, Christine PDS 06.04.2000
Dr. Penner, Willfried CDU/CSU 06.04.2000
Philipp, Beatrix BÜNDNIS 90/ 06.04.2000
DIE GRÜNEN
Probst, Simone BÜNDNIS 90 / 06.04.2000
DIE GRÜNEN
Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 06.04.2000
Heinz
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 06.04.2000
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 06.04.2000
Hans Peter
von Schmude, Michael CDU/CSU 06.04.2000*
Simmert, Christian BÜNDNIS 90/ 06.04.2000
DIE GRÜNEN
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 06.04.2000
DIE GRÜNEN
Wimmer (Karlsruhe), CDU/CSU 06.04.2000
Brigitte
Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 06.04.2000*
Zierer, Benno CDU/CSU 06.04.2000*
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates
Anlage 2
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge: – Bemühung für
Agrarreformen in Entwicklungsländern ver-
stärken; – Agrarreform in der Entwicklungszu-
sammenarbeit einen höheren Stellenwert geben;
– Agrarpolitische Entwicklungszusammenarbeit
fördern (Tagesordnungspunkt 11 a und b; Zu-
satztagesordnungspunkt 6)
Brigitte Adler (SPD): Fragen der menschlichen Ent-
wicklung, wie Armutsbekämpfung, Demokratisierung,
Beteiligung der Zivilgesellschaft an entwicklungspoliti-
schen Entscheidungen, Umweltschutz und Ernährungssi-
cherheit, bewegen uns Entwicklungspolitiker. Dabei kön-
nen Agrarreformen weltweit zur Lösung einer ganzen
Reihe von Problemen beitragen. Die vorliegenden Anträ-
ge nehmen deshalb zu Recht die anstehenden notwendi-
gen Entscheidungen auf.
Wie aber müssen Agrarreformen ausgestaltet sein, um
den umfassenden Ansprüchen gerecht zu werden? Die
Antwort auf diese Frage muss nicht erst erfunden werden,
es ist keine grundsätzliche wissenschaftliche Analyse not-
wendig, und auch Politiker im Norden und Süden dieser
einen Welt kennen die Antwort schon seit mehr als zwan-
zig Jahren.
Agrarreformen sind nur dann sinnvoll, wenn sie glei-
chermaßen zur Veränderung von Agrarstruktur- und
Agrarverfassungselementen führen: Landreform plus
Landbewirtschaftungsreform im Sinne des Slogans „put-
ting people first“. Das ist die Vorgabe.
Weltkonferenzen für Agrarreform und ländliche Ent-
wicklung haben diesen ganzheitlichen Charakter jedwe-
der Agrarreform bereits deutlich herausgearbeitet. Im Ak-
tionsplan von 1979 wurden zum Beispiel folgende
Schwerpunkte bereits genannt: Zugang zu Land, Wasser
und anderen natürlichen Ressourcen, Partizipation, Inte-
gration von Frauen, Zugang zu Krediten, Märkten und
Dienstleistungen, Entwicklung von außerlandwirtschaft-
lichen Aktivitäten, zum Beispiel im handwerklichen Be-
reich, sowie Bildung und Ausbildung.
Sie lassen den Prozesscharakter erkennen, der einer wie
auch immer ausgestalteten Agrarreform immanent ist.
Agrarreformen mit endgültigen Ergebnissen von heute
auf morgen kann es deshalb nicht geben. Agrarreformen
finden fortlaufend statt oder gar nicht.
Es kommt entscheidend darauf an, wo sich die Agrar-
reformprozesse abspielen. In Lateinamerika herrschen
ganz andere Voraussetzungen als etwa in Afrika oder Asi-
en. Ich will das einmal an zwei Beispielen erläutern.
Etwa Sambia. Dort finden wir zwei völlig unter-
schiedliche Bodenrechtssysteme, denen im Grunde gänz-
lich verschiedene Gesellschaftskonzeptionen zugrunde
liegen. Einerseits gibt es verschiedene Formen des ge-
meinschaftlichen Eigentums im Kontext traditioneller
Formen des Zusammenlebens, andererseits liegen auf-
grund der kolonialen Vergangenheit Pachtrechtssysteme
auf der Basis verstaatlichten Grund und Bodens vor.
Der Versuch, mithilfe eines Landesgesetzes eine Art
Harmonisierung zu erreichen, führte zwangsläufig zu ei-
ner heftigen Kontroverse. Der Unterschied lautet: Orien-
tierung am Kollektiv oder am Individuum. Oder anders
ausgedrückt: Gemeinschaftseigentum unter der Treuhän-
derschaft der mächtigen Chiefs oder Preisbildung am
Markt; traditionelles System mit Elementen einer moder-
nen Sozialversicherung oder Marktregulierung; Tradition
oder Moderne.
In Brasilien ist die Schieflage zwischen Großgrundbe-
sitzern und Kleinbauern beziehungsweise Landlosen be-
sonders deutlich. „Muita gente sem terra – muita terra sem
gente“. – „Viele Menschen ohne Land – viel Land ohne
Menschen“. So einfach sehen es die betroffenen Klein-
bauern und Landlosen.
Und sie haben Recht! Sie stellen mit ihren Familien den
Großteil der mehr als 30 Millionen in absoluter Armut le-
benden Brasilianer. Die konsequente Durchsetzung des
verfassungsmäßig garantierten Prinzips der Landreform
durch Enteignung und Verteilung von 1988 ist bis heute
Makulatur geblieben.
Auch die verschiedenen Stufen der vom IWF und der
Weltbank geforderten Strukturanpassungsmaßnahmen
haben diesen Prozess nicht gerade beschleunigt, im Ge-
genteil. Die neueste Initiative einer marktkonformen
Landverteilung der brasilianischen Regierung in Zusam-
menarbeit mit der Weltbank wird aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht zu mehr Gerechtigkeit auf dem Land führen.
Die Landkonflikte werden sich weiter verschärfen und an
den Landbesitzverhältnissen wird man auch in absehba-
rer Zukunft die Machtstellung der in den Parlamenten
vertretenen Großgrundbesitzer ablesen können.
Sambia und Brasilien – zwei Beispiele, die für die
Komplexität der Agrarreformfrage und die individuellen
Problemlagen stehen; zwei Beispiele, die aufzeigen, war-
um politisch und vor allem praktisch mehr getan werden
muss, wenn Reformen Realität werden sollen; aber auch
Beispiele, die unmissverständlich klarmachen, dass die
Agrarreformfrage untrennbar mit den Machtverhältnissen
eines Landes verbunden ist. Aus diesem Grund müssen wir
auf bi- und multilateraler Ebene unser Engagement für die-
ses Schlüsselelement einer nachhaltigen Entwicklungs-
zusammenarbeit stärken.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang der Hinweis
auf den internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, so-
zialen und kulturellen Menschenrechte. Es ist der Mangel
an Reformwillen, der in seiner Konsequenz nachweisbar
die dort verankerten Grundsätze missachtet. Diese so ge-
nannten WSK-Rechte sind zu respektieren, zu schützen
und zu gewährleisten! Viele positive Veränderungen für
die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft würden sich
daraus ergeben. So wäre etwa ein wichtiger Schritt in
Richtung der Verwirklichung des Menschenrechts, sich
selbst zu ernähren, getan. Deshalb ist es wichtig, auch die
auf diesem Gebiet seriös tätigen Nichtregierungsorgani-
sationen im Norden und Süden tatkräftig zu unterstützen.
Es wird Zeit, hier substanziell endlich voranzukom-
men, anstatt die Aktionspläne der verschiedensten Welt-
konferenzen ständig mit Wiederholungen zu füllen. Es wä-
re wichtiger, konkrete umsetzbare Vorschläge zu erarbei-
ten, als weiterhin Absichtserklärungen zu formulieren.
Es darf natürlich nicht beim Debattieren innerhalb der
Fachwelt aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft
bleiben. Unsere Partner vor Ort müssen permanent mit
einbezogen werden, und zwar auf allen Ebenen. Selbst-
verständlich können wir nicht auf den Dialog mit Nicht-
regierungsorganisationen im Norden und Süden verzich-
ten. Nur so finden wir die Ansatzpunkte für eine sinnvol-
le Kooperation im Sinne der bestmöglichen Entfaltung der
Selbsthilfekräfte. Das ist das Ziel unserer Politik. Und dies
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betrifft eben grundsätzlich alle Elemente der Agrarstruk-
tur und der Agrarverfassung, ob es sich nun um Fragen der
Bodenordnung, des landwirtschaftlichen Kreditwesens,
der Ausbildung, der Vermarktung, der Agrarforschung
oder um produktionstechnische und andere betriebswirt-
schaftliche Komponenten handelt – um nur einige weni-
ge Punkte zu nennen.
Beide vorgelegten Anträge greifen das anstehende
Thema umfassend – in Nuancen unterschiedlich – auf. Al-
le wissen, um was es geht.
Nur, warum hatten Sie, verehrte Kolleginnen und Kol-
legen von der CDU, während Ihrer Regierungszeit keinen
Erfolg? Warum tun wir uns so schwer? Haben wir nicht
die richtigen Fragen gestellt? Zum Beispiel: Wo liegen die
Gründe und Hürden für eine erfolgreiche Politik im Be-
reich der Landwirtschaft? Wie können erkannte Hemm-
nisse ausgeräumt werden? Welche Konflikte können je-
weils neu entstehen, wenn zum Beispiel Frauen stärker
einbezogen werden?
Wenn wir nicht den Mut haben zu erkennen, dass Ver-
änderungen auf die Betroffenen zukommen, dann wird
Entwicklungshilfe als Weltsozialhilfe immer ein Tropfen
auf dem heißen Stein bleiben.
Immer nur Geld und mehr Geld fordern reicht nicht aus.
Ein Beispiel ist die internationale Agrarforschung.
Angemahnt und versprochen ist die inhaltliche Reform der
bei der Weltbank angesiedelten Beratungsgruppe der In-
ternationalen Agrarforschung CGIAR. Was nützt mehr
Geld, wenn keine Konsequenzen aus den vorgeschlagenen
Projekten gezogen werden? Sonst erleben wir wieder, dass
einseitig die „Mächtigen“ den Nutzen haben und die „vie-
len“ leer ausgehen.
Welche Folgerungen sind daraus zu ziehen? Ich schlage
konkret drei Schritte vor, um endlich voranzukommen,
wobei ich eine offene und ehrliche Erörterung dazu er-
warte.
Erster Schritt: Für jedes Land, mit dem wir in agrar-
politischer Hinsicht zusammenarbeiten, werden konkrete,
auf dieses Land bezogene Vorschläge erarbeitet. Denken
Sie an die Beispiele Sambia und Brasilien und ihre Unter-
schiede.
Zweiter Schritt: Die Vorschläge sollen von einer Ex-
pertengruppe, die keine Eigeninteressen haben darf, in
Zusammenarbeit mit den Betroffenen ausgearbeitet wer-
den, die dann die schrittweise Umsetzung begleitet.
Dritter Schritt: Die Patenschaft für diese treuhän-
derischen Gremien könnte eine Durchführungsorganisa-
tion der Vereinten Nationen übernehmen. Dies wäre ein
deutliches Signal und ein wesentlicher Beitrag für das
Werben um Vertrauen, sowohl bei den Partnerregierungen
als auch bei den betroffenen Menschen.
Lassen Sie mich deshalb auch deutlich feststellen: Kon-
struktive Vorschläge sind allemal besser als das Schwin-
gen der Konditionierungskeule. Wie diese Gremien sin-
nvollerweise finanziell und organisatorisch auszustatten
sind, dafür werden sich die Mittel und Wege finden. Davon
bin ich überzeugt. Die Erfolgsaussichten für tatsächliche
Veränderungen wären jedenfalls enorm und die Entwick-
lungszusammenarbeit würde mehr leisten als nur einen
Beitrag zur Weltsozialhilfe.
In diesem Sinne verstehen wir unseren Antrag als Im-
puls für ein verstärktes Engagement für Agrarreformen
weltweit. Es ist so viel Potenzial dafür vorhanden, wir
müssen es nur endlich nutzen.
Marlies Pretzlaff (CDU/CSU): Wenn wir heute
abend über Agrarreformen in Entwicklungsländern spre-
chen, dann reden wir nicht nur über die lebensnotwendi-
gen Ressourcen Boden und Wasser, über den Zugang zu
Land, über Flächennutzung, über Produktionsformen in
Entwicklungsländern, sondern wir beschäftigen uns zu-
gleich mit Schlüsselthemen des 21. Jahrhunderts wie
Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung, wie Be-
völkerungswachstum und Migration oder Klimaverände-
rungen und Umweltzerstörungen. Wir debattieren über
Herausforderungen, deren Lösung das Überleben der
Menschheit auf unserem blauen Planeten betrifft.
Wir haben nur diese eine Welt, deren gegenwärtige Prob-
leme weit weg in Afrika, im fernen Asien und in Südameri-
ka stattfinden, uns hier in den gemäßigten Breiten Europas
einholen werden, wenn wir nicht alles unternehmen, um
diesen Kreislauf der Selbstzerstörung zu verhindern.
Traurige Tatsache ist, dass alle Weltgipfel, Weltkon-
ferenzen, verabschiedete und unterzeichnete Aktionspläne
der letzten 10, 20 Jahre nicht viel mehr als medienwirk-
samer „Donnerhall“ waren. Die Erkenntnisse sind da, aber
die Umsetzung der vielen schönen Absichten, Einsichten
und Willenerklärungen stehen bisher weitgehend aus.
Wir, der Ausschuss für WZ wollen und müssen gemein-
sam mit der Zivilgesellschaft den NGOs, Kirchen, Stiftun-
gen, Bürgerinitiativen – in unseren Partnerländern darauf
drängen, dass deren Regierungen die mitbeschlossenen
Aktionspläne endlich umsetzen.
Agrarreformen könnten meines Erachtens ein wichtiges
zusätzliches Entscheidungskriterium bei Regierungsver-
handlungen, bei Beratungsfunktionen und bei Umschul-
dungsmaßnahmen des BMZ sein.
Jetzt zu den Fakten.
Erstens. Wir wissen, dass zusätzliche landwirtschaftli-
che Nutzfläche weltweit kaum zur Verfügung steht. Die
gesamte eisfreie Erdoberfläche beträgt rund 13 Milliarden
Hektar. Davon sind nur 11 Prozent, also circa
1,4 Milliarden Hektar, uneingeschränkt landwirtschaftlich
nutzbar, hiervon wiederum nur 3 Prozent hochproduktiv.
Weitere 8 Prozent sind ausschließlich für Viehwirtschaft
– ich denke zum Beispiel an die Nomaden im Sahel – oder
nur sehr eingeschränkt zu bewirtschaften. Je nach Bo-
denbeschaffenheit, Klima, Niederschlägen, Anbaumetho-
den und Qualität des Saatgutes kann auf manchen Böden
nur alle zwei Jahre eine Ernte eingefahren werden, in an-
deren Regionen können die Bauern dreimal im Jahr
ernten, wenn nicht Dürren oder Überschwemmungen, wie
jetzt in Ostafrika beziehungsweise Mosambik, die Länder
heimsuchen.
Zweitens. Wir wissen auch, dass seit den 50er-Jahren
die notwendige Produktionssteigerung vorrangig durch
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Intensivierung der Landwirtschaft, insbesondere durch
industrielle Anbaumethoden, durch neugezüchtete Hoch-
ertragssorten, massiven Einsatz von Dünger und Pestizi-
den und durch verbesserte Bewässerungsanlagen erfolgt.
Durch diese Übernutzung, zum Beispiel auch durch ex-
portorientierte Monokulturen von agrarindustriellen Kon-
zernen, stoßen die Produktionssteigerungsraten zuneh-
mend an ihre Grenzen und führen zum Teil zu Bodende-
gradierung.
Als Beispiel für extreme Landnutzung und gleichzei-
tige Landverschwendung möchte ich Guatemala als ex-
emplarisches Beispiel aufzeigen. Im westlichen Hoch-
land von Guatemala sind die einst dicht bewaldeten Berg-
hänge und -kuppen selbst an den steilsten Hanglagen mit
Kleinstfeldern übersät. Die Ureinwohner, die Mayas, ha-
ben als Kleinbauern kein anderes Siedlungsgebiet mehr,
denn das fruchtbare Land an der Westküste haben weni-
ge Großgrundbesitzer unter sich aufgeteilt. Zuckerrohr-
und Kaffee- Latifundien, Bananen- und Viehplantagen
bringen Devisen –, aber die Grundnahrungsmittel für die
Bevölkerung müssen importiert werden.
Eine Katasterisierung der Ländereien existiert nicht –
mangels Finanzkraft des Haushalts. Sie wäre im Übrigen
wegen der schwierigen Topographie Guatemalas auch
sehr teuer. Die Kleinbauern müssen für ihren überschau-
baren Landbesitz Steuern zahlen, während die einflus-
sreichen Großeigentümer erst einmal auf das Kataster
warten.
In Guatemala gehören 70 Prozent des bewirtschafteten
Bodens gerade 2,2 Prozent der Bevölkerung.
97,8 Prozent müssen sich die restlichen 30 Prozent teilen.
Dabei liegen große Agrarflächen brach und dienen all zu
oft der Bodenspekulation.
Diese extrem ungleiche Landverteilung ist kein Ein-
zelfall. Eine Studie der Weltbank über 83 Ländern stellte
fest, dass nur 3 Prozent aller Landbesitzer über gut drei
Viertel des gesamten Ackerlandes verfügen.
Drittens. Bodenrechtsreformen sind in vielen Ent-
wicklungsländern dringend erforderlich. Wenn wir wis-
sen, dass 900 Millionen Menschen als Landlose sich ent-
weder illegal in Schutzgebieten ansiedeln, Tropenwälder
abbrennen beziehungsweise roden oder entwurzelt in den
Slums der Großstädte dahin vegetieren, in Brasilien die
wirtschaftliche Erschließung des Nordens unter anderem
auch dazu geführt hat, dass Haziendabesitzer des südli-
chen Brasiliens und internationale Agrarindustrien sich
riesige Waldgebiet einverleibten und die dort ansässigen
Kleinbauern – mit zum Teil eingetragenen Landtiteln –
enteigneten, vertreiben oder gar ermordeten, in vielen
Ländern Afrikas Frauen das zugesprochene Land des
Mannes zwar bewirtschaften dürfen, das heißt den Boden
mit der Hacke bearbeiten, Wasser schleppen und die Ern-
te einbringen, aber kein Erbrecht haben, wenn der Mann
stirbt, traditionelle Landnutzungsrechte, überlieferter
Landbesitz, der oftmals nicht schriftlich dokumentiert ist,
von den Behörden nicht anerkannt werden, wenn wir wis-
sen, dass 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung in Entwick-
lungsländern in der Landwirtschaft leben und arbeiten –
oft müssen sie sich als Landarbeiter zu Hungerlöhnen auf
dem ehemals eigenen Grund und Boden verdingen –,
dann müssen die Geberländer sich dafür einsetzen, diesen
Menschen zu helfen, und ihnen den Zugang zu Land er-
leichtern.
Wenn wir Armutsbekämpfung als ein wichtiges Krite-
rium unserer Entwicklungspolitik nicht nur im Munde
führen, ist zu überlegen, ob unsere GTZ und KFW-Zusa-
gen verstärkt auch von durchzuführenden Landreformen
abhängig gemacht werden sollten. Auch bei der Ent-
schuldungsinitiative sollten die ausstehenden Agrarrefor-
men als Entscheidungskriterium mit herangezogen wer-
den. Das Gleiche gilt für Umschuldungsmaßnahmen. Die
Mittelverwendung für den Agrarsektor könnte zur nach-
haltigen Entwicklung der ländlichen Räume beitragen
und damit auch der Umwelt nützen.
Der verbesserte Zugang zu Land ist allerdings nur ei-
ne Seite der Hunger- und Armutsmedaille. Die andere
Seite ist eine optimale und nachhaltige Nutzung des knap-
pen Gutes Boden. Beratung bei der Verbesserung der Pro-
duktionsformen und die Erstellung von Landnutzungs-
plänen haben zum Teil erstaunliche Erntezuwächse er-
bracht und den Menschen wieder Hoffnung gegeben. Als
Beispiel: In einem Projekt im Niger konnte die Wüsten-
bildung und Bodenerosion erfolgreich gestoppt werden
und löste einen Schneeballeffekt in den umliegenden Dör-
fern aus.
Voraussetzung war die frühzeitige Einbindung der
Dorfbevölkerung in das Projekt und das sensible Vorge-
hen der Berater, die die Bedürfnisse der Landbevölkerung
in die Planung einbezogen. Im Senegal konnte der fort-
schreitende Verlust von Boden durch Versalzung ge-
bremst und verlorengegangene Reisanbaufelder zurück-
gewonnen werden.
Wie wichtig derartige Projekte sind, zeigt die Tatsache,
dass laut VN-Bericht in den letzten zehn Jahren
230 Millionen Hektar fruchtbares Weide- und Ackerland
zur Wüste wurden. Zur Veranschaulichung ein Größen-
vergleich: 13-maliger Verlust der gesamten deutschen
landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Zwar reicht rein rechnerisch die weltweite Nahrungs-
mittelproduktion derzeit aus, um die heutigen
6 Milliarden Menschen zu ernähren, aber nach Schätzun-
gen der FAO müsste die Nahrungsmittelproduktion in den
Entwicklungsländern in den nächsten 25 Jahren um 60
Prozent gesteigert werden, um mit dem Bevölkerungs-
wachstum mithalten zu können. Der Anspruch, bis 2025
die Zahl von 840 Millionen chronisch an Hunger leiden-
den Menschen und fast 200 Millionen unter- und mange-
lernährte Kinder zu halbieren, scheint angesichts der Zah-
len über Bodenverluste und -degradierung kaum haltbar
zu sein. Die zur Verfügung stehende landwirtschaftliche
Nutzfläche sinkt im Verhältnis zur wachsenden Weltbe-
völkerung unaufhörlich. Vor 40 Jahren betrug sie pro
Kopf knapp ½ Hektar – 0,44 ha 1961 –, in diesem Jahr we-
niger als ¼ Hektar – 0,22 ha 2000. Zum Vergleich: ein
Fußballfeld hat die Fläche von 0,6 ha.
Zunehmend wird nutzbare Landfläche auch
durch immer mehr Industrialisierung – Bergbau,
Erdölförderung und Produktionsstätten –, durch In-
frastrukturmaßnahmen – Straßenbau und Verkehr –
und immer größere urbane Zentren mit ausufernder
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städtischer Randbesiedlung verbraucht. Agrarland
wird aber auch immer öfter mit unlauteren Methoden den
oft des Lesens und Schreibens unkundigen Subsistenz-
bauern „abgekauft“, wie ein Beispiel aus Südostasien
zeigt. In Thailand dachten die Bauern eines Dorfes, sie
verkaufen ein Stück Sumpfland an einen Städter. Als sie
hinterher die Verträge in den Händen hatten, mussten sie
feststellen, dass sie ihr ganzes Gemeinschaftsland verkauft
hatten – inklusive Ortstempel.
Aber auch Regierungen von Partnerländern erliegen
„Wirtschaftswachstums- Verlockungen“ und verstoßen
gegen die eigene Verfassung, wenn sie überdimensio-
nierte Staudämme oder zwecks lukrativer Erdölförderung
zum Beispiel Industrieanlagen in den ausgewiesenen
Schutzgebieten der Indigenas planen und deren Existenz
gefährden: Kolumbien. Örtliche Nichtregierungsorgani-
sationen, die sich für den Schutz Landloser oder Indige-
ner einsetzen, sind oft Repressalien ausgesetzt.
Vermehrt müssen unproduktive, versalzte, überdüngte,
erodierte oder vertrocknete Landstriche bewirtschaftet
werden, um ausreichend Grundnahrungsmittel – Reis,
Maniok, Yam, Cassaba, Hirse, Mais und Weizen – anzu-
bauen. Für die Ernährungssicherung einer weiterwach-
senden Weltbevölkerung ist deshalb die Bedeutung der 16
Agrarforschungsinstitute ebenso wichtig wie der Erhalt
der unterschiedlichen traditionellen Kulturpflanzen der
verschiedenen Regionen – Genbanken – und das Wissen
zum Beispiel der indigenen Völker.
Wenn wir wissen, welche Bedeutung die Agrarfor-
schung für eine nachhaltige Entwicklung hat, warum
kürzt das BMZ im Haushalt 2000 seine Zuwendungen für
die Agrarforschungsinstitute von 35 Millionen DM auf die
Hälfte, also auf 17,5 Millionen DM? Wir fordern die Wie-
deraufstockung.
Zusammenfassend: In vielen Partnerländern sind ge-
rechtere Landvereilung, partizipativer Zugang zu Land-
besitz, Landnutzungsrechte, nachhaltige Produktionsfor-
men und ressourcenschonende Produktionssteigerung
dringend erforderlich.
Eine nachhaltige Bodenutzung beinhaltet, dass bei der
Erzeugung von Nahrungsmittel und von nachwachsenden
Rohstoffen die natürliche Fruchtbarkeit der Böden dauer-
haft erhalten bleibt.
Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert: erstens
den Agrarreformen in der Entwicklungszusammenarbeit
eine Höhere Priorität einzuräumen, zweitens die Bereit-
schaft der Partnerländer für Agrarreformen zu einem Ent-
scheidungskriterium bei Um- und Entschuldungsmaß-
nahmen zu machen, drittens die Kürzungen von Bera-
tungsvorhaben und Agrarforschungsmittel im Haushalt
2001 zurückzunehmen.
Klaus Jürgen Hedrich (CDU/CSU):Die vorliegen-
den Anträge der Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die
Grünen wie auch der CDU/CSU weisen erfreulich viele
Parallelen auf. Ihre wichtigste Gemeinsamkeit besteht in
der Betonung der Bedeutung von Agrarreformen für die
Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion und
Ernährungssituation in den Entwicklungsländern.
Erwähnenswert ist dabei auch die Selbsterkenntnis der
Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dass die
Bundesregierung und das BMZ der Unterstützung von
Agrarreformen in Entwicklungsländern einen höheren
Stellenwert einräumen müssen als bisher. Diese Feststel-
lung kann allerdings trotz aller inhaltlichen Gemein-
samkeiten beider Anträge nur als – gelinde gesagt –
schmeichelhafte Verharmlosung des vollkommenen
Desinteresses der Bundesregierung für dieses entwick-
lungspolitisch so wichtige Attribut gewertet werden. Denn
die rot-grüne Bundesregierung agiert geradezu in entge-
gengesetzter Richtung von dem, was die beiden hier zu
erörternden Anträge fordern.
Die unionsgeführte Bundesregierung hatte im Rahmen
ihrer Schwerpunktsetzung bei Armutsbekämpfung und
Umweltschutz in ihrer Entwicklungspolitik der vergan-
genen Jahre gerade auch der Thematik der Notwendigkeit
von Agrarreformen in Entwicklungsländern eine zentrale
Position eingeräumt. Ich möchte dabei jedoch nicht ver-
hehlen, dass trotz dieses Einsatzes die Realisierung der-
artiger Reformschritte in den Entwicklungsländern nur
stockend voranschritt. Zudem fielen viele dieser Akti-
vitäten nicht überzeugend und wirtschaftlich nicht nach-
haltig aus, weil flankierende Maßnahmen ausblieben bzw.
nicht finanziert werden konnten, wie vor allem Boden-
rechtsreformen und Bodenbewirtschaftungsreformen.
Agrarreformbemühungen können natürlich nicht allei-
ne den Hunger in den Entwicklungsländern beseitigen.
Den vielen armen Menschen in den Entwicklungsländern
mangelt es nicht nur am Zugang zu Ackerland, sondern
insbesondere auch am Zugang zum Wissen und zu den
Ressourcen zur Nutzung eben dieses Ackerlandes. Das
bedeutet, dass es in den Entwicklungsländern in erster Li-
nie an produktiven Ressourcen, Gesundheits- und Bil-
dungseinrichtungen sowie einer ländlichen Infrastruktur
fehlt, die die dortigen Menschen erst in die Lage versetzt,
das vorhandene Ackerland zu nutzen und die Ernährungs-
situation ihrer Länder zu verbessern.
Eine erfolgreiche Strategie gegen den Hunger in den
Entwicklungsländern muss deshalb mindestens zwei
Aspekte umfassen: Neben politischen und sozialen Re-
formen im Agrarbereich muss die ländliche Bevölkerung
ausreichend mit technischen, auf Produktionssteigerung
abzielenden Anbaumethoden, Kreditmöglichkeiten, In-
frastruktur, Schulen, Gesundheitsdiensten und sonstigen
Beratungsdiensten ausgestattet werden. Erst die Beglei-
tung von Agrarreformbemühungen durch technische Be-
ratung und sonstige Dienstleistungen macht Agrarre-
formbemühungen sinnvoll. Nicht zu vergessen ist in die-
sem Zusammenhang auch die Rechtsberatung zum
Beispiel zum Aufbau von Bodenkatastern.
Als vielversprechend haben sich in vielen Entwick-
lungsländern die dort anlaufenden landwirtschaftlichen
Sektorinvestitionsprogramme erwiesen, die Maßnahmen-
bündel zur Verknüpfung staatlicher Agrarstrukturen und
privatwirtschaftlicher Initiativen enthalten.
Blickt man nun auf das diesbezügliche entwicklungs-
politische Engagement der Bundesregierung, schockieren
zunächst die drastischen Budgetkürzungen gerade in den
entwicklungspolitischen Sektoren, die für die sinnvolle
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Begleitung von Agrarreformbemühungen von wesentli-
cher Bedeutung sind. So werden die Mittel für die ländli-
che Entwicklung von insgesamt gut 1,1 Milliarden DM im
Haushalt 1999 auf nur noch 680 Millionen DM im Haus-
halt 2000 heruntergestutzt. Einen ähnlichen
Aderlass erleiden die für diesen Bereich ebenfalls wich-
tigen Sektoren der Grundbildung und des Gesundheits-
wesens, die beide um circa die Hälfte zusammengestri-
chen werden.
Beschämend ist die massive Kürzung der BMZ-Mittel
für die internationalen Agrarforschungszentren der Con-
sultative Group on International Agricultural Research, die
seit 30 Jahren wertvolle Beiträge zur Steigerung der Agra-
rerträge gerade in Entwicklungsländern leisten.
Besonders erschreckt aber einen die entwicklungspo-
litische Gleichgültigkeit der Bundesregierung in Bezug
auf Familienplanungs- und Bevölkerungspolitikmaßnah-
men in den Entwicklungsländern. Die Bundesregierung
verkennt dabei offenbar völlig, dass die Weltbevölkerung
seit Mitte des Jahrhunderts wesentlich rascher wächst als
das ihr zur Verfügung stehende Ackerland.
Die Bevölkerungsentwicklung der Erde, nämlich Pa-
kistan, Nigeria und Äthiopien, kündigt an, dass für viele
Entwicklungsländer die Selbstversorgung mit Nahrungs-
mitteln bald unmöglich sein wird. In den genannten Ent-
wicklungsländern war die Getreideanbaufläche von 1950
bis 1998 pro Person schon um 38 bis 56 Prozent gesun-
ken und bis 2050 dürfte sie nochmals um
55 bis 63 Prozent abnehmen, wobei kein weiterer Verlust
von Ackerland vorausgesetzt wird. Diese drei Entwick-
lungsländer werden dann zusammen 750 Millionen Ein-
wohner und eine Getreideanbaufläche von lediglich 300
bis 700 Quadratmeter pro Person haben – was weniger als
einem Drittel der Fläche von 1950 entspricht.
Trotz dieser beunruhigenden Tendenz hat die Bundes-
regierung Finanzmittel für entwicklungspolitische Maß-
nahmen in dem Bereich der Familienplanung und Bevöl-
kerungspolitik im Vergleich zum Haushalt von 1999 auf
nur noch ein Drittel zurückgeführt. Dies ist eine entwick-
lungs- und bevölkerungspolitische Bankrotterklärung im
Angesicht der auch die bisherige Wohlstandsinsel Euro-
pa bald direkt tangierenden Bevölkerungs- und
Ernährungsprobleme dieser Welt.
Aber abgesehen vom Versagen der Bundesregierung
hinsichtlich der Einbettung von Agrarreformen in Ent-
wicklungsländern in sinnvolle flankierende Maßnahmen
lässt diese darüber hinaus jegliches diplomatische und
entwicklungspolitische Fingerspitzengefühl für sinnvolle
Agrarreformen in Entwicklungsländern vermissen. Aktu-
elle Musterbeispiele hierfür sind Simbabwe und Kuba.
Simbabwe, das einst dank seiner Bildungs- und Ver-
söhnungspolitik weltweit als Vorbild für Afrika gepriesen
wurde, taucht seit geraumer Zeit nur noch als ab-
schreckendes Beispiel eines afrikanischen Landes auf,
das durch seinen sozialistischen Präsidenten Mugabe im-
mer tiefer in einen politischen und wirtschaftlichen Ab-
grund getrieben wird. Abgesehen von dem sinnlosen, aber
höchst kostspieligen Einsatz der simbabwischen Armee im
Kongo-Konflikt und der sonstigen unglaublichen Miss-
wirtschaft und Korruption im Lande greifen seit kurzem
massive illegale Besetzungen weißer Farmen durch
schwarze Kriegsveteranen, arbeitslose Städter und mili-
tante Mugabe-Anhänger und die Forderung nach ent-
schädigungslosen Enteignungen der weißen Eigentümer
um sich.
Immer mehr Indizien deuten daraufhin, dass diese Vor-
fälle von Mugabe gesteuert werden. Ich erinnere zum Bei-
spiel daran, dass erst kürzlich ein von Mugabe vorgeleg-
ter Verfassungsentwurf in einem Referendum abgelehnt
worden war, der die Rolle des Präsidenten weiter gestärkt
und ihm die entschädigungslose Enteignung von land-
wirtschaftlichen Flächen ermöglicht hätte. Die Regierung
teilte mit, sie werde nicht gegen die Landbesitzer ein-
schreiten, bis das Parlament eine Verfassungsänderung bil-
ligt, die die entschädigungslose Enteignung von Land er-
laubt. Zudem legte der simbabwische Oppositionsabge-
ordnete Dongo eine Untersuchung vor, wonach die
Regierung im vergangenen Jahr 272 Staatsfarmen mit 250
000 Hektar statt landlosen Bauern Regierungsmitglie-
dern, Beamten und Partei-funktionären übergeben habe.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser desaströsen
Politik scheinen Präsident Mugabe egal zu sein, Derzeit
müsste zum Beispiel der Tabak geerntet werden. Die Far-
menbesetzung verhindert vielerorts eine Ernte. Ange-
sichts der Tatsache, dass das fruchtbare Simbabwe zwei
Drittel seiner Exporteinnahmen mit Produkten gerade der
weißen Farmen erwirtschaftet, dürfte Mugabe damit der
Wirtschaft den endgültigen Dolchstoß versetzt haben.
Dies, Herr Mugabe, Frau Wieczorek-Zeul, kann nicht die
Art von Agrarreform sein, wie wir sie in unseren Anträ-
gen fordern!
Und was tut die Bundesregierung? Außer, dass sie sich
wie gewohnt für einen angeblichen, aber nur selten sicht-
baren Einsatz für gute Regierungsführung in den Ent-
wicklungsländern auf die Schulter klopft, passiert gar
nichts. Weder wird das Mugabe-Regime an seinem agrar-
und wirtschaftspolitischen Harakirilauf gehindert, noch
wird die weitere Ausgabe deutscher Steuergelder für die
Entwicklungszusammenarbeit mit dem unverbesserli-
chen Mugabe-Regime zum Beispiel in Form einer Aus-
setzung der finanziellen Zusammenarbeit zur Disposition
gestellt.
Frau Ministerin Wieczorek-Zeul, ich rufe Sie hiermit
auf, im Interesse der Glaubwürdigkeit der deutschen Ent-
wicklungspolitik Ihren ambitiösen Ankündigungen eines
konsequenten Einsatzes für gute Regierungsführung in un-
seren Partnerländern endlich gerecht zu werden und eine
klare Position zum unverantwortlichen Treiben des
machtgierigen Autokraten Mugabe in Simbabwe zu be-
ziehen, bevor das Land in seinen vollkommenen Ruin
schlittert. Eine gute Gelegenheit hierfür auf dem kürzlich
beendeten EU-Afrika-Gipfel in Kairo haben sie leider
verpasst.
Das weitere Negativbeispiel aktueller deutscher Ent-
wicklungspolitik bezieht sich auf Kuba, mit dem die Bun-
desregierung vor kurzem die offizielle bilaterale Ent-
wicklungszusammenarbeit aufgenommen hat. Kuba als
eines der letzten kommunistischen Regime dieser Erde ist
gekennzeichnet durch ein totalitäres Einparteiensystem,
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009196
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Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel in Form der
Unterdrückung der Meinungsfreiheit sowie eine kurz vor
dem Bankrott stehende Staatswirtschaft. Diese beinhaltet
auch eine weitgehend verstaatlichte Landwirtschaft, deren
Produktionsziffern immer weiter zurückgehen. Durch
Aufrechterhaltung seiner stark sozialistischen Misswirt-
schaft nimmt es Castro bewusst in Kauf, dass mindestens
die Hälfte der kubanischen Bevölkerung in Armut und Not
ums Überleben kämpft.
Zahlreiche Erfahrungen aus Projekten deutscher
Nichtregierungsorganisationen in Kuba zeigen, welch er-
staunliche agrarwirtschaftliche Produktivitätserfolge
kleine private Produzenten im Landwirtschaftsbereich
zum Beispiel hinsichtlich Gemüse erzielen könnten. Doch
der kubanische Staatssozialismus unterdrückt nach wie
vor breitere Ansätze für Privatinitiative in der Landwirt-
schaft. Eine Umkehr Kubas zu mehr Demokratie, Markt-
wirtschaft und Privateigentum könnte gerade auch im
Landwirtschafsbereich die Voraussetzungen für eine er-
hebliche Verbesserung der Lebens- und Ernährungssitua-
tion der kubanischen Bevölkerung schaffen. Doch der
kommunistische Diktator Castro bewegt sich keinen Zen-
timeter von der Stelle.
Umso enttäuschender ist daher, dass Ministerin Wiec-
zorek-Zeul für ihn ihre entwicklungspolitischen Prinzipi-
en, wie dasjenige der guten Regierungsführung, über Bord
wirft. Denn die Aufnahmen der offiziellen bilateralen Ent-
wicklungszusammenarbeit mit Kuba stärkt Castros Ge-
waltregime, von dem sich zuletzt selbst eher kubafreund-
liche Staaten Lateinamerikas zu distanzieren begannen.
Menschenrechte nützen wenig, wenn sie nicht ge-
schützt werden. Doch die meisten Staaten kümmern sich
wenig darum. Die Regierungen lassen foltern und morden,
sie beginnen Kriege und lassen die Bevölkerung verelen-
den. Und sie lassen sie hungern. Über 800 Millionen Men-
schen auf der Erde haben zu wenig Nahrung, um ein men-
schenwürdiges Leben zu führen. Dazu gehören die Ge-
sundheit und das Recht zur Selbstbestimmung.
Doch wer hungert, wird krank. Hungernde Menschen
können nicht selbstständig entscheiden, ob und wo sie ar-
beiten, wie sie und ihre Familie leben. Hunger schwächt
und erniedrigt. Wer hungert, denkt nur an die Nahrungs-
suche und kann sich nicht entwickeln.
Ich appelliere daher an die Bundesregierung und die
Leitung des BMZ, sich konsequenter für die Beachtung
des Prinzips der guten Regierungsführung in den Part-
nerländern einzusetzen, die Kooperation mit machtgieri-
gen oder unbelehrbaren Despoten auf ein Mindestmaß wie
im Fall Simbabwe zu reduzieren bzw. wie im Fall Kuba
gar nicht erst aufzunehmen, und die hieraus frei werden-
den entwicklungspolitischen Gelder verstärkt für eine
sinnvolle Begleitung von Agrarreformen in Entwick-
lungsländern in hierfür wichtigen Sektoren wie der länd-
lichen Entwicklung einschließlich der Agrarforschung,
der Grundbildung oder der Familienplanung bzw. Bevöl-
kerungspolitik einzusetzen.
Joachim Günther (Plauen) (F.D.P.): Aus liberaler
Sicht ist die Ernährungssicherheit aus eigener Kraft ein
vorrangiges Ziel aller Entwicklungsbemühungen. Dabei
kann es auch in diesem Bereich nur darum gehen, die
Selbsthilfefähigkeiten der Betroffenen zu stärken. Dies be-
deutet Unterstützung einer standortgerechten und nach-
haltigen Steigerung der Produktion für den heimischen
Konsum sowie für den Export.
Es bedeutet aber auch Schaffung von Kaufkraft für
Konsumenten und Produzenten. Dies kann nur erreicht
werden durch eine Markt- und Preispolitik, die Anreize zur
Steigerung der Agrarproduktion schafft durch gesicherte
Bodenbesitzverhältnisse bzw. langfristige Nutzungsrech-
te für Bauern sowie durch eine aktive Bevölkerungspoli-
tik, die zum Ziel hat, den Bevölkerungsdruck auf die
knappen Ressourcen zu mildern.
Diese Grundsätze dürfen auch bei der internationalen
Nahrungsmittelhilfe nicht aus dem Auge verloren werden.
Wenn Nahrungsmittelhilfe dazu führt, dass Produktions-
anreize für die ländliche Bevölkerung entfallen, führt sie
nicht zu einer Entspannung der Ernährungssituation, son-
dern mittel- bis langfristig zu einer Verschärfung.
Ernährungssicherungsprogramme und Nahrungsmittel-
hilfe können daher nur in akuten Defizitsituationen sinn-
voll sein. Aber auch in diesen Fällen muss sichergestellt
werden, dass die Nahrungsmittelhilfe eng in die jeweili-
ge Agrarpolitik eingebunden wird.
Eine besondere Rolle für die Ernährungssicherung in
den Entwicklungsländern spielen kleinbäuerliche Famili-
enbetriebe. Sie sind für etwas 85 Prozent der landwirt-
schaftlichen Produktion verantwortlich. Die Förderung
dieser Betriebe durch die deutsche Entwicklungspolitik
sollte sich in erster Linie auf die Länder südlich der Sa-
hara, die im besonderen Maße von der Ernährungsunsi-
cherheit betroffen sind, konzentrieren. Dabei sollten aus
unserer Sicht Fördermaßnahmen zur Entwicklung von
Produktionsverfahren, die den Nahrungsbedarf der wach-
senden Bevölkerung decken und gleichzeitig die Produk-
tionsgrundlagen Land und Wasser schonen, im Vorder-
grund stehen. Die agrarpolitische Entwicklungszusam-
menarbeit sollte sich daher für den Zugang der
Kleinbauern zu ertragssicherem Pflanz- und Saatgut so-
wie für die Unterstützung bei der Vermarktung, aber auch
bei der Gewährung von Kleinkrediten einsetzen.
Ein besonderer Stellenwert für die künftige Wel-
ternährung und dem gleichzeitigen notwendigen Schutz
der natürlichen Lebensgrundlagen bei weiter wachsender
Bevölkerung kommt der internationalen Agrarforschung
zu. In kaum einem Bereich der Entwicklungshilfe werden
die deutschen Zuschüsse sinnvoller eingesetzt. Mit der
Unterstützung der CGIAR – „Consultativ Group on In-
ternational Agricultural Research“ – wird ein besonders
wirkungsvoller Beitrag zur Krisen- und Konfliktvorbeu-
gung geleistet. Es ist daher besonders bedauerlich, dass
auch dieser wichtige Bereich nicht vor dem gnadenlosen
Rotstift des Finanzministers verschont wurde. Investitio-
nen in internationale Agrarforschung bedeutet Verbesse-
rung lokaler Nahrungskulturen, bedeutet Erhaltung natür-
licher Ressourcen, als Alternative etwa zu der noch weit
verbreiteten Brandrodung, und es bedeutet Schutz und Er-
halt der genetischen Artenvielfalt.
Die Ernährungsprobleme der Dritten Welt können je-
doch nicht nur aus landwirtschaftlicher Sicht betrachtet
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werden, sondern müssen im Zusammenhang mit der ge-
samten Entwicklungsproblematik gesehen werden. Die
vielschichtige Verknüpfung von niedriger Produktivität
und niedrigem Einkommen, ungünstigen Produktionsbe-
dingungen, mangelhaften institutionellen und politischen
Rahmenbedingungen bedeuten in ihrer Gesundheit Un-
terentwicklung.
Zwei zentrale Aspekte, die aus unserer Sicht in den
Anträgen der anderen Fraktionen zu kurz kommen bzw.
überhaupt nicht erwähnt werden, sind die Bedeutung der
europäischen Agrarpolitik sowie die Rolle des Welthandels
für die landwirtschaftliche Entwicklung in der so genan-
nten Dritten Welt. Nur durch den Abbau des Agrarprotek-
tionismus in Europa, aber auch in anderen Industrieländern
haben die Agrarmärkte der Dritten Welt eine ernsthafte
Chance. Exportsubventionen führen zu Verzerrungen des
Wettbewerbs und beeinträchtigen dadurch zusätzlich die
landwirtschaftliche Produktivität in den Entwicklungslän-
dern. Die Erfahrung zeigt, dass der Verkauf hochs ubven-
tionierter europäischer Agrarprodukte geradezu kontrapro-
duktive Wirkungen auf die Agrarmärkte der Entwick-
lungsländer hat. Aufkäufe insbesondere von Getreide und
anderen lagerfähigen Grundnahrungsmitteln in Entwick-
lungsländern mit überdurchschnittlich guten Ernten sind
dagegen ein gutes Mittel, um Produktionsanreize in Über-
schussregionen zu gewährleisten.
Als weltweit größter Importeur und zweitgrößter Ex-
porteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse hat die Eu-
ropäische Union hier eine besondere Verantwortung. Bei
der Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik
muss daher ein Konzept für den Ausgleich der Interessen
der europäischen Landwirte und Verbraucher sowie der In-
teressen der Entwicklungsländer erarbeitet werden. Mit
unserem Antrag haben wir daher insbesondere diesen As-
pekt in den Vordergrund gestellt.
Kersten Naumann (PDS): „Haltet den Dieb“ rufen
Ganoven oft, um vom eigenen Raubüberfall abzulenken
und ich habe den Eindruck, dass die vorliegenden Anträ-
ge zur Agrarreform in der Entwicklungszusammenarbeit
offensichtlich eine ähnliche Funktion haben. Eine inter-
nationale Konferenz jagt die andere, auf denen hehre Zie-
le verkündet werden. Das Ergebnis ist aber, wie es im An-
trag der Koalition richtig heißt, „in vielen Entwicklungs-
ländern hat sich nichts geändert“. Vielmehr sind „in vielen
Ländern die Agrarreformprozesse ins Stocken geraten“.
Doch bei der Ursachenforschung für diese Tatsachen
halten sich die Antragsteller nicht auf. Ich komme deshalb
nicht umhin, ein paar Aspekte für das Versagen der En-
twicklungszusammenarbeit aufzuzeigen:
Erstens: Viele der Entwicklungländer sind ehemalige
Kolonien. Die Kolonialherren haben ihnen jenes Erbe hin-
terlassen, an dem sie heute so schwer zu tragen haben.
Selbst nach der staatlichen Unabhängigkeit wurde die
Ausbeutung durch die ehemaligen so genannten „Mutter-
länder“ und deren Konkurrenten auf neue Weise fortge-
setzt.
Zweitens: Die damalige Wirtschaftsweisen in diesen
Ländern haben in vielen Fällen eine Agrarstruktur mit
Großgrundbesitzern und Plantagen hinterlassen. Wie
Großgrundbesitzer gegen landarme Bauern vorgehen,
zeigt eine Pressemeldung, in der es heißt: „Im brasilianis-
chen Bundesstaat Para hat die Polizei in den vergangenen
zwei Jahren auf zehn großen Landgütern insgesamt 850
Sklavenarbeiter befreit“.
Drittens: Der neue Kolonialismus besteht heute unter
anderem in der Erpressung mithilfe von Krediten. Sie wer-
den nicht nur genutzt, um sich einen Teil des Nationalre-
ichtums anzueigenen. Mit ihrer Hilfe werden auch die Be-
dingungen für den Zugang des internationalen Kapitals zu
den nationalen Märkten diktiert.
Viertens: Die weltweite öffentliche Entwicklungshilfe
ist in den Jahren 1997/98 mit rund 50 Milliarden US-$ auf
den tiefsten Stand seit 50 Jahren gesunken.
Wie die politischen Prioritäten in der Bundesrepublik
gegenwärtig verteilt sind, wird am Vergleich zweier
Zahlen deutlich: Für die Naturkatastrophe in Mosambik
mit mehreren Tausend Toten wurden 50 Millionen DM
bereitgestellt. Der Krieg gegen Jugoslawien kostete
täglich 500 Millionen DM, in 80 Tagen also das 800fache
der Mosambik-Hilfe. Und die Rechnung dafür sollen auch
die europäischen Bauern mit 600 Millionen DM bezahlen.
Die Liste der Missachtung der Probleme der Entwick-
lungsländer durch die Bundesrepublik und andere
Wirtschaftsmächte ließe sich beliebig fortsetzen. Ich
denke dabei an den subventionierten Agrarexport, die
Kürzung der internationalen Agrarforschung, den Export
von Pflanzenschutzmitteln, die in Deutschland verboten
sind, und an den Export von Gentechnologie in die En-
twicklungsländer. Doch den Koalitionsparteien fallen nur
nichts sagende Floskeln ein wie: den Agrarreformen eine
hohe Priorität einräumen; auf internationalen Konferen-
zen erreichte Fortschritte überprüfen; deutlich zum Aus-
druck bringen, dass Agrarreformen Demokratisierung-
sprozesse implizieren – und so weiter, und so weiter.
Der CDU/CSU-Antrag hat eine ähnliche Qualität.
Allerdings soll die Zusammenarbeit nur mit „seriösen
Nichtregierungsorganisationen“ erfolgen. Offen bleibt
allerdings, woran die „Seriosität“ gemessen werden
soll?
Die FDP dagegen hat offensichtlich die Proteste von
Seattle vergessen und setzt voll auf Liberalisierung, Glob-
alisierung und auf die Segnungen der Gentechnologie. Die
Forderung, die sich daraus ergebenden „Auswirkungen
auf die Entwicklungsländer zu berücksichtigen“, hat eine
reine Alibifunktion.
Wo bleiben eigentlich die wirklichen Hilfeleistungen?
Diese müssen, wie folgt aussehen: erstens Erhöhung der
Entwicklungshilfe auf mindestens 0,7 Prozent des Brut-
tosozialprodukts; zweitens Nichteinmischung in die in-
neren Angelegenheiten der Entwicklungsländer; drittens
Herstellung fairer Handels- und Kreditbeziehungen;
viertens Entschädigung für die Verluste, die den Entwick-
lungsländern durch die Kolonialherrschaft und den
Neokolonialismus entstanden sind; fünftens Erlass der
Schulden, die durch das kreditpolitische Missmanagement
der Geldgeber und den Kauf von Rüstungsgütern ent-
standen sind.
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Der afrikanische Schuldenberg wird derzeit auf 350
Milliarden Dollar, also rund 700 Milliarden DM, ge-
schätzt und Kanzler Schröder hat diese Woche in Kairo ei-
nen Schuldenerlass bis zu 700 Millionen DM zugesagt hat;
das sind 0,1 Prozent der Schulden. Was wird mit den an-
deren 99,9 Prozent? Was ist das für eine Verantwortung
Deutschlands für die Entwicklungsländer?
Agrarreformen in den Entwicklungsländern werden
nur Erfolg haben, wenn die Politik des Neukolonialismus
beendet und Gerechtigkeit in den internationalen Wirt-
schaftsbeziehungen hergestellt wird. Darin besteht die
spezifische Verantwortung der Bundesrepublik. Und
dafür wird sich die PDS einsetzen.
Reinhold Hemker (SPD): Wir sind im vierten Jahr
nach der Welternährungskonferenz in Rom im Jahre 1996,
und vier Jahre sind seit der Anhörung – damals noch in
Bonn – zu Fragen der Welternährung vergangen. Ich er-
innere mich noch daran, dass in der Debatte zum Welt-
ernährungsgipfel die Landwirtschaft als wichtige – man-
che sagten sogar: wichtigste – Säule für eine breite wirt-
schaftliche Entwicklung bezeichnet wurde.
Wir waren uns einig:
Erstens. Besonders in Ländern mit geringerem Ein-
kommen ist die Nahrungsmittelproduktion Grundlage für
die Schaffung von Beschäftigung und Einkommen, so-
wohl für lokale Märkte als auch für Export.
Zweitens. Die ortsnahe Bereitstellung von Lebensmit-
teln wurde und wird als der wohl wichtigste Faktor bei der
Befriedigung der Grundbedürfnisse bezeichnet.
Drittens. Landwirtschaft ist Eckstein für eine Strategie
der wirtschaftlichen Entwicklung auf breiter Basis.
Ich rufe in Erinnerung: Diese und andere Grundsätze
fanden Eingang in den Aktionsplan, der vom Welt-
ernährungsgipfel am 17. November 1996 verabschiedet
wurde. Alle Aspekte der drei hier vorliegenden Anträge
finden sich in diesem Aktionsplan wieder. Und: Das, was
im Aktionsplan gefordert wurde – nämlich die Berück-
sichtigung des Einsatzes für eine bessere Entwicklung im
Welternährungsbereich bei den anderen Weltkonferenzen –
Frauen, Klima, Bevölkerung etc., hat stattgefunden. Die
Protokolle dieser Konferenzen zeigen das deutlich. Aber:
Die Umsetzung in nationales Recht und in nationale Pro-
gramme in den genannten Bereichen, wie zum Beispiel
Bodenrecht, Bodenordnung, Saatgutproduktion und Be-
reitstellung von Saatgut, Flurbereinigung etc. pp., schei-
terte und scheitert oft am politischen Willen und/oder der
politischen Durchsetzungsfähigkeit – aber auch an man-
gelnden finanziellen Mitteln.
Ich fände es gut, wenn wir nach der Überweisung der vor-
liegenden Anträge vor der Beratung im Fachausschuss aus
den drei Anträgen ein auf unsere Arbeit bezogenes Aktions-
papier entwickelten, das dann im Ausschuss beraten wird. Ich
würde dann auch gerne von der Bundesregierung wissen,
wann und wo Experten der Gesellschaft für Technische Zu-
sammenarbeit GTZ, oder des Deutschen Entwicklungsdien-
stes, DED, an Grenzen bei der Abwicklung und Durchset-
zung von Projekten stoßen, die etwas mit den Rahmenbe-
dingungen im Agrarbereich zu tun hatten oder haben.
Wir wissen, dass zum Beispiel die Sicherstellung ge-
eigneter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Rah-
menbedingungen für Ernährungssicherheit die gleichbe-
rechtigte Teilnahme von Frauen und Männern am Pro-
duktionsprozess insgesamt voraussetzt. Ferner muss es
einen Zugang zu der produzierten Nahrung für alle geben
und die Sicherstellung der Nahrungsversorgung in Notsi-
tuationen muss in einer Art und Weise geschehen, die ei-
ne weitere Entwicklung auf der Basis von Eigenverant-
wortung nicht behindert.
Ich verweise auch noch einmal auf die Diskussionen,
die im Zusammenhang der WTO-II-Runde geführt wer-
den. Es muss um ökologische und soziale Mindeststan-
dards bei der Produktion von Nahrungsmitteln und bei der
Beteiligung der Entwicklungsländern am Welthandel ge-
ben.
Der Bundesregierung ist zu danken, dass sie mit dafür
gesorgt hat, dass mit der Agenda 2000/Agrarteil ein Ein-
stieg in eine Reformentwicklung gelungen ist.
Die katholische Landjugendbewegung, KLJB, ver-
weist in ihrem Positionspapier darauf, dass die Landwirt-
schaft in Europa sich ihrer globalen Verantwortung be-
wusst ist. Die Schaffung und der Erhalt einer nachhalti-
gen und existenzsichernden Landwirtschaft, insbesondere
in den Entwicklungsländern, kann nur in Partnerschaft mit
den starken Wirtschaftsgemeinschaften, wie zum Beispiel
der Europäischen Union, geschehen.
Über die Beispiele hinaus, die zum Beispiel die Kolle-
gin Brigitte Adler schon genannt hat, verweise ich auf zwei
Erfahrungen, die die Delegation des Ausschusses für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anfang
März dieses Jahres in Malawi und Simbabwe gemacht hat.
Dort konnten weiterführende Reformbemühungen nicht
umgesetzt werden. Zum Beispiel bei der Saatgutproduk-
tion und der Bewässerung, weil die Parzellen, die von Fa-
milien bewirtschaftet wurden, zu klein waren. Seit Jahren
ist der Missstand bekannt; es werden aber im Blick auf
Flurbereinigung und der Kooperation keine ausreichenden
Bemühungen der Regierung unternommen.
In Simbabwe schreitet der Landreformprozess, der seit
Jahren beschlossen ist, nicht fort, weil unter anderem bei
der Abwicklung fünf Ministerien beteiligt sind und immer
noch auf fruchtbarem Ackerland extensive Weidewirt-
schaft betrieben wird, während in den ehemaligen über-
völkerten Reservatsgebieten die Bodenqualität für ange-
messene Produktion nicht bzw. nicht mehr ausreicht.
Wir sehen, dass es für die Fachberatungen im Aus-
schuss genug konkretes Material gibt. Ich freue mich da-
rüber, dass in der nächsten Woche die Bundesregierung in
Zusammenarbeit mit engagierten Fachorganisationen wie
VENRO, Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nicht-
regierungsorganisationen, und dem Forum Umwelt &
Entwicklung eine Fachtagung zu dem heute diskutierten
Themenzusammenhang durchführt. Offensichtlich wird
endlich damit Ernst gemacht, auf der Regierungsebene das
wichtige Thema Agrarreform anzupacken. Ich habe auch
davon gehört, dass für das nächste Jahr schon zu einer in-
ternationalen Fachtagung zum Thema Bodenrecht und
Bodenordnung eingeladen wurde.
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Ich freue mich auf die weitergehende Arbeit im Blick
auf die Ausschussberatungen und biete die Mitarbeit in
einer vorbereitenden Arbeitsgruppe an.
Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin beim Bundesmi-
nister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung: In Art. 25 (1) der Allgemeinen Erklärung der Men-
schenrechte ist das Recht jedes Einzelnen auf ausrei-
chende und gesunde Nahrung festgeschrieben. In der
Umsetzung dieses Rechts hat die internationale Staaten-
gemeinschaft große Fortschritte erreicht. Trotzdem leiden
etwa 790 Millionen Menschen in Entwicklungsländern,
ein großer Teil davon Kinder, chronisch an Hunger. Etwa
75 Prozent der Armen leben auf dem Land. Dürrekata-
strophen, kriegerische Konflikte, Verschlechterung von
Böden und Wassermangel sind einige der Ursachen für
Nahrungsmangel.
Aber: Um diesen Menschen Zugang zu lebensnotwen-
digen Ressourcen zu sichern, sind in vielen Ländern
Agrarreformen notwendig. Denn die Konzentration von
Bodeneigentum in den Händen weniger Großgrundbesit-
zer ist in hauptsächlich landwirtschaftlich strukturierten
Entwicklungsländern eine der wichtigsten Ursachen länd-
licher Armut.
Die rechtliche Absicherung von Landnutzung ist eine
notwendige Voraussetzung, um das Recht auf Nahrung zu
sichern und umweltzerstörende Nutzung von Böden ein-
zudämmen. Ihnen allen bekannt sind die Beispiele aus
Brasilien, bei denen bei Vertreibungen von indigenen
Gruppen aus angestammten Gebieten keine Rücksicht auf
Menschenleben genommen wurde. Hinlänglich bekannt
sind auch die Beispiele, bei denen Menschen regelrecht
Raubbau an der Natur betreiben, weil das Stück Land, das
sie heute bewirtschaften, morgen schon nicht mehr ihnen
gehört.
Agrarreformen – und hier meine ich eine breitenwirk-
same Reform des rechtlich abgesicherten Zugangs zu
Land – bestimmen als ein wesentlicher Erfolgsfaktor den
Fortschritt von ökonomischer, ökologischer und sozialer
Entwicklung in den Agrargesellschaften der Entwick-
lungsländer. Gesicherte Nutzungsrechte für Kleinbauern
und -bäuerinnen – über Grundbesitz oder langfristige
Pacht – fördern die Produktivität der Landwirtschaft, weil
Bewirtschaftungsformen auf langfristigen Ertrag statt auf
kurzfristiges „Sich-über-dem-Wasser-Halten“ angelegt
werden können. Erst dadurch werden Ertragssteigerungen,
Ernährungssicherung und auch eine umweltverträgliche
Ausrichtung der Landbewirtschaftung möglich. Gleich-
zeitig können sie auch rechtliche Grundlage für den Zu-
gang zu Bankkrediten sein.
Agrarreform zur Umverteilung von Land sind komplexe
und auch höchste konfliktträchtige Vorhaben. Der drohen-
de Verlust von Macht, Geld und Einfluss von Grundbesit-
zern führt dazu, dass vonseiten der Besitzenden alles getan
wird, um Reformen zu verhindern. Das ist mit ein Haupt-
grund für das Stocken der Prozesse in vielen Partnerländern
in Asien, Lateinamerika und Afrika. Wir begrüßen, dass
zum Beispiel die Regierungen auf den Philippinen und in
Südafrika entsprechende Reformen in Angriff nehmen wer-
den, obwohl die Frage der Entschädigungen bei der Um-
verteilung privaten Grundbesitzes äußerst schwierig ist.
Selbst wenn gesetzliche Grundlagen geschaffen wur-
den, sind die vorhandenen Rechtssysteme oft nicht zu-
verlässig. Am stärksten benachteiligt sind die Frauen. Be-
stehendes Erbrecht und festgefahrene gesellschaftliche
Muster lassen Landbesitz – oder doch wenigstens gesi-
cherte Nutzung – häufig nicht zu. So zum Beispiel im Na-
hen Osten: Dort besitzen Frauen nur selten Land. Wenn
sie Land besitzen, wird der dazugehörige Titel häufig von
männlichen Verwandten kontrolliert und, sobald die Frau
Kinder bekommt, auf deren Söhne übertragen.
Grundbedingung für eine Konzeption und Umsetzung
sozialverträglicher Reformen ist, dass gesellschaftliche
Gruppen den Freiraum haben, sich zu formieren, sich zu
artikulieren und sich mit ihren Interessen in Entschei-
dungsprozesse einzubringen. Anliegen müssen von Män-
nern und Frauen gleichberechtigt vertreten werden kön-
nen. Oft sind solche Organisationen, die die Interessen ih-
rer Mitglieder vertrete harten Repressionen ausgesetzt –
wie wir dies aus lateinamerikanischen Ländern kennen –
oder sie sind sehr schwach oder erst im Aufbau begriffen.
Sie zu stärken, gerade Bauernorganisationen, Landlosen-
gruppen oder Landfrauenvereine zu unterstützen, ist ein
wesentlicher, wenn auch indirekter Beitrag zu Landrefor-
men und damit zur Verbesserung der Lebensverhältnisse
in den Partnerländern.
Obwohl die Weltgemeinschaft 1992 auf der Konferenz
für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro festgestellt
hat, dass Agrarreformen eine wichtige Voraussetzung für
nachhaltige Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
ist – und dies wurde auf dem Welternährungsgipfel 1996
in Rom bekräftigt –, hat unsere Vorgängerregierung we-
nig getan auf diesem Sektor.
Was kann unser Beitrag zur Unterstützung von Land-
reformen sein? Eine Analyse von Reformprozessen in
Asien, Afrika und Lateinamerika zeigt, dass es kein Pa-
tentrezept für Landreform gibt. Landreformen unter-
scheiden sich in Zielsetzungen, Strategien, Methodik, be-
teiligten Gruppierungen und in den makroökonomischen
Wirkungen. Deutlich ist aber in allen Fällen, dass dem
Staat eine aktive Rolle zukommt. Bei den gegenwärtigen
strukturellen Veränderungen in Partnerländern muss der
Staat rechtliche Systeme stärken und die Rahmenbedin-
gungen für eine dynamische Landnutzung setzen. Unse-
re Beiträge werden dann erfolgreich sein, wenn wir uns auf
die gesellschaftlichen Prozesse in Partnerländern einlas-
sen und nicht versuchen, europäische Modelle zu über-
tragen. Die Herausforderung ist dabei die Unterstützung
innovativer Ansätze im politischen, rechtlichen und so-
zialen System unserer Partnerländer. Trägerschaft und
Verantwortung liegen bei den Partnern, wir können dabei
beraten und begleiten.
Im Rahmen eines Sektorvorhabens führen wir eine Pi-
lotstudie durch, in der wir Ansätze zu Bodenpolitik und
Bodenordnung untersuchen. In einer zweiten Phase, die
dieses Jahr beginnt, wird der Aufbau von regionalen Netz-
werken unterstützt, die vorhandene indigene und fach-
wissenschaftliche Erfahrungen zu innovativen Ansätzen
aufarbeiten und zugänglich machen werden.
In der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit inten-
sivieren wir den Politikdialog mit Partnerländern
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009200
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überall dort, wo ländliche Entwicklung und Ressourcen-
schutz Schwerpunkte sind. Voraussetzungen für unsere
Beiträge sind die Sozialverträglichkeit von Vorhaben, die
Partizipation gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere
der Frauen, und eine Berücksichtigung der ökologischen
Dimension.
Zudem werden wir im März 2001 gemeinsam mit
dem Arbeitskreis Armutsbekämpfung eine internatio-
nale Fachtagung zum Thema „Zugang zu Land“ veran-
stalten. Prozesse der Agrarreform in Partnerländern
Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und aus Transformati-
onsländern werden mit ihren Erfolgen und Schwierig-
keiten vorgestellt werden. Von der Tagung erhoffen wir
uns den Austausch von Erfahrungen und Wissen. Sie
wird uns und unseren Partnerorganisationen in den Ent-
wicklungsländern Impulse für innovative Ansätze zur
Landreform geben.
Interessant und neu ist der Einsatz des Zivilen Frie-
densdienstes im Rahmen von Landreformprojekten. In
Simbabwe wurde eine Organisation, die „Farmers Deve-
lopment Trust“ gegründet, die sich auf die Fahnen ge-
schrieben hat, die konfliktträchtige Landfrage anzuge-
hen. Sie will im Konsens mit allen Konfliktparteien Lö-
sungen in der Landverteilung erarbeiten. Wir planen, fünf
Fachkräfte des Friedensdienstes zur Unterstützung dieser
Organisation zu entsenden. Wie wichtig eine solche Un-
terstützung sein kann, machen die jüngsten Entwicklun-
gen in Simbabwe sehr deutlich. Die dortige gesetzeswid-
rige Besetzung von Großfarmen durch Veteranen be-
trachten wir mit Sorge. Agrarreform kann über die
Beseitigung strukturell bedingter Konfliktpotenziale einen
Beitrag zur Krisenvorbeugung leisten – gleichzeitig muss
sie aber so ausgestaltet werden, dass die bestehenden
Konflikte nicht eskalieren. Deshalb ist es wichtig, den Re-
formprozess fair und transparent zu gestalten und eine Lö-
sung des Landproblems auf Basis der Gesetze zu finden.
In diesem Sinne habe ich einen Brief an Präsident Muga-
be und Herrn Ndebele, den Präsidenten des simbabwi-
schen Parlaments, geschrieben. Auch von europäischer
Seite wird unsere Position geteilt. Im März wurde in glei-
cher Sache ein Demarche der Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union-Troika an Vize-Präsi-
dent Msika gerichtet.
Die Konzeption von Agrarreform, verbunden mit ei-
ner konsensorientierten Umsetzung, ist eine unabding-
bare Voraussetzung für die Verwirklichung der Men-
schenrechte auf Nahrung und Entwicklung. Agrarrefor-
men können einen entscheidenden Beitrag leisten,
Ernährung zu sichern und dem Ziel einer Halbierung der
Zahl der chronisch Hungernden bis zum Jahr 2015 – wie
die der Welternährungsgipfel 1996 in Rom verabschie-
det hat – näher zu kommen. Damit kann das Konflikt-
potenzial entschärft werden, das der Ausschluss vom
Zugang zu produktiven Ressourcen für Millionen von
Armen, insbesondere Frauen, mit sich bringt. Und da-
mit wird auch die Grundlage geschaffen, über umwelt-
schonende Landbewirtschaftungsreformen, die Boden-
fruchtbarkeit auch für künftige Generationen zu erhal-
ten.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Atomgesetzes
(Tagesordnungspunkt 12)
Horst Kubatschka (SPD): Es ist schwierig, aus einer
Sackgasse herauszukommen. Dies beweist das Beispiel
Kernenergie. Manche wollen immer noch nicht erkennen,
dass wir uns mit der Kernenergie in einer Sackgasse be-
finden. Dies zu erkennen ist auch nicht leicht. Das galt
auch für meine Partei. Wenn ich mich zurück erinnere: In
den 50er-Jahren war die Einfahrt in diese Sackgasse sehr
hoffnungsvoll. Die Wissenschaft hat der Politik, aber
auch der Wirtschaft wortreich erklärt, die Kernenergie sei
die Lösung aller Energieprobleme. Die Welt müsse sich
nie mehr Gedanken über die Energieversorgung machen.
Energieverschwendung war angesagt. „Atome für den
Frieden“ war das Schlagwort.
Als Studenten waren wir begeistert. Unsere Professo-
ren erzählten uns aber nicht, dass das Problem nicht zu En-
de gedacht war. Von der Lösung des Atommüllproblems
sprach niemand.
Wenn man sich in einer Sackgasse befindet, muss die
Fahrt abgebremst werden. Man muss anhalten und in ei-
ne andere Richtung fahren.
Nachdem Politik nur an Stammtischen und stamm-
tischähnlichen Veranstaltungen einfach ist, laufen diese
Vorgänge alle gleichzeitig ab, sie sind also miteinander
vernetzt und deswegen auch nicht leicht zu handhaben. Im
Bremsvorgang der Kernenergie befinden wir uns bereits
seit vielen Jahren. Die Wissenschaft ist ernüchtert. Per Un-
terschrift kann man sich zwar leicht zur Kernenergie be-
kennen, aber wenn es um Lösungsvorschläge für die End-
ablagerung geht, haben wir bisher von der Wissenschaft
und Technik keine Lösungen erhalten – und dies weltweit.
Die Reihe der wissenschaftlichen und technischen Nie-
derlagen auf dem Gebiet der Kernenergie ist lang und teu-
er. Viele Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. An einige
möchte ich erinnern: das Kernkraftwerk Niederaichbach,
der Hochtemperaturreaktor und vor allem der Schnelle
Brüter. Das Perpetuum mobile wurde uns versprochen.
Diese Hoffnungen und andere sind zerplatzt wie Seifen-
blasen.
Aber auch das Atomgesetz hat die Zukunft der Kern-
energie in Deutschland besiegelt. Die Anforderungen an
Genehmigungen von Anlagen sind in § 7 so festgelegt,
dass kein neues Kernkraftwerk in Deutschland genehmigt
werden könnte. Der Europäische Druckwasserreaktor
hätte keine Chance.
Die Industrie und die EVUs verhalten sich zwitterar-
tig. Auf der einen Seite haben sie sich bereits aus der Kern-
technik verabschiedet. Seit 1980 ist in Deutschland keine
neues Kernkraftwerk bestellt worden. Große Konzerne
ziehen sich aus der Herstellung von Atomkraftwerken
zurück. Wenn sie ihre Kernenergiesparte nicht verkaufen,
werden sie in Gemeinschaftsunternehmen eingebracht.
Die Kernkraft hat in Deutschland keine Zukunft mehr.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9201
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(D)
(A)
(B)
Auch die Europäische Union wird diesem Weg über kurz
oder lang folgen.
Auf der anderen Seite ist erstaunlich, mit welcher Hart-
näckigkeit die EVUs an dieser Technik des 20. Jahrhun-
derts hängen. Betriebszeiten von 50 bis 60 Jahren werden
von ihnen angestrebt. Diesen Weg werden wir aber nicht
mitgehen. Wir werden die Fahrt in die Sackgasse stoppen.
Wir hoffen, dass die Fahrt angehalten wird im Konsens,
dass wir also eine Verhandlungslösung mit den Betreibern
der Kernkraftwerke in Deutschland erreichen. Dies wäre
für alle sicher der bessere und elegantere Weg. Sollte aber
ein Konsens nicht möglich werden, werden wir im Dissens
aussteigen.
Die SPD hat sich schon vor langer Zeit für den Aus-
stieg ausgesprochen. Im Bundestagswahlkampf sagten
wir aus: entschädigungslos und nach Möglichkeit im
Konsens mit den Betreibern. Diesen Konsens wollten wir
innerhalb eines Jahres aushandeln. Diese Zeit ist jetzt
überschritten. Wir befinden und sozusagen in der Ver-
längerung der Spielzeit. Aber einmal ist auch die Ver-
längerung abgelaufen. Wir werden noch vor der Som-
merpause des Parlaments in erster Lesung ein Aus-
stiegsgesetz im Deutschen Bundestag behandeln. Ob
dies im Konsens oder im Dissens erfolgen wird, dies ent-
scheiden die Betreiber der Kernkraftwerke. Die rot-grü-
ne Koalition ist den Betreibern deutlich entgegenge-
kommen.
Mit dieser Aussage ist auch klar: Wir werden dem Ge-
setz der PDS nicht zustimmen.
Vor einigen Wochen haben wir gegen die Stimmen von
CDU/CSU und F.D.P. das Erneuerbare-Energien-Gesetz
verabschiedet. Der Bundesrat hat zugestimmt. Das ist ein
Meilenstein zum Einstieg in eine andere Energieversor-
gung. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll bis zum
Jahre 2010 verdoppelt werden
Für die Rettung der Kraft-Wärme-Kopplung haben wir
ein Übergangsgesetz beschlossen. Es wird ein Gesetz fol-
gen, das den Anteil des KWK-Stroms bis zum Jahre 2010
ebenfalls verdoppeln soll. Dies ist Förderung des Ener-
giestandortes Deutschland. Mit diesen Gesetzen sichern
wir Tausende von Arbeitsplätzen und schaffen neue. Ich
bin sicher, das Handwerk, die mittelständischen Betriebe
werden die Chance nutzen.
In meinem Wahlkreis geschieht dies. Das EEG hat ei-
nen deutlichen Kick gegeben, die Bürgerinnen und Bür-
ger engagieren sich, die Unternehmen ziehen mit. Eine
Vorzeigegemeinde: Furth im Landkreis Landshut, eine
kleine Gemeinde in Niederbayern. Im Gemeinderat sitzen
CSU, Freie Wähler, SPD, ein grüner Bürgermeister und
der Wille, 90 Prozent der in der Gemeinde verbrauchten
Energie selbst zu erzeugen – durch erneuerbare Energie.
Und dieses Ziel ist erreichbar: ein Biomasse-Kraftwerk,
viel Photovoltaik, vielleicht ein Windrad. An diesem Bei-
spiel sehen Sie: Es geht!
Die rot-grüne Koalition redet nicht nur über nachhalti-
ge Energiepolitik und Konzepte. Sie handelt, indem sie
wegweisende Gesetze beschließt. Die Opposition ist ein-
geladen, uns auf diesem Weg zu begleiten, Sie sollten uns
begleiten, damit Sie glaubwürdig bleiben.
Die Fronten haben sich auch etwas verschoben bei uns,
wenigstens in Bayern. Die CSU läuft Sturm gegen Anla-
gen der Atomkraftwerke. Sie protestiert lauthals gegen
standortnahe Zwischenlager. In Gundremmingen hat sich
der Bundesfinanzminister Waigel mit an die Spitze der Be-
wegung gestellt. Zu diesen Zwischenlagern möchte ich
Folgendes erklären: Bei der Genehmigung müssen drei
Bedingungen erfüllt werden:
Erstens: Ein Ausstiegsgesetz muss bereits verabschiedet
sein.
Zweitens: Mit diesem Ausstiegsgesetz sind auch die Be-
triebszeiten festgelegt.
Drittens: Auf diese restlichen Betriebszeiten der AKWs
wird die Größe der Anlagen ausgelegt.
Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, sind Zwi-
schenlager – ich betone: Zwischenlager – am Standort der
Kernkraftwerke tragbar.
Zum Schluss: Wir lehnen den Antrag der PDS ab. Bis
zur Sommerpause dieses Jahres wird ein Atomgesetz der
rot-grünen Koalition im Bundestag in erster Lesung be-
handelt.
Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU): Der von der PDS ein-
gebrachte Antrag für den Entwurf eines Gesetzes zur Än-
derung des Atomgesetzes hat die gleiche strukturelle
Schwäche wie die Politik der Bundesregierung. Er be-
schreibt lediglich den in der Sache falschen Weg, den
Ausstieg aus der Kernenergie, ohne dass die Partei bisher
deutlich gemacht hätte, wie die Kernenergie klimaver-
träglich ersetzt werden soll.
In Anbetracht der historischen Vergangenheit der PDS
ist es dagegen wenig glaubwürdig, dass die politische
Gruppierung heute zu den fundamentalen Gegnern der
Kernenergie gehört. Den Ausstieg aus nicht den westli-
chen Standards entsprechenden Kernkraftwerken wie
Greifswald und anderswo hat die CDU/CSU, F.D.P.-Re-
gierung unter Kohl und Töpfer eingeleitet.
Die CDU/CSU-Bundesfraktion lehnt den vorliegen-
den Gesetzentwurf ab.
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Der
Ausstieg aus der Atomenergie ist für die Grünen eines der
wichtigsten Reformprojekte der rot-grünen Bundesregie-
rung. Anders als die PDS wollen wir zusammen mit der
SPD diesen Atomausstieg tatsächlich realisieren. Das
heißt, wir werden keinen Schauantrag vorlegen, der we-
nig durchdacht und von vornherein zum Scheitern verur-
teilt ist.
Bündnis 90/Die Grünen und SPD wollen den Atom-
ausstieg tatsächlich, und zwar unumkehrbar, Forderungen
nach einem Sofortausstieg, wie sie von weiten Teilen der
Antiatombewegung gestellt werden, oder auch die For-
derung der PDS nach einem Ausstieg in fünf Jahren sind
angesichts der Widerstände von kleinen, aber einflussrei-
chen Teilen der Gesellschaft, vor allem der Betreiber und
der Opposition, nicht durchsetzbar. Nur ein Zugehen auf
die Betreiber in Verhandlungen kann den Ausstieg in
greifbare Nähe rücken lassen. Gleichzeitig verschaffen wir
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009202
(C)
(D)
(A)
(B)
uns aber auch rechtlich Klarheit darüber, wie ein verord-
neter Ausstieg rechtssicher und ohne Entschädigungen
verwirklicht werden kann.
Das Ergebnis ist bekannt: In etwa 19 Jahren kann das
letzte Atomkraftwerk vom Netz genommen werden, auch
gegen den Widerstand der Betreiber; bei vielen Kraft-
werken kann das bereits wesentlich früher geschehen.
Konsensverhandlungen oder ein entsprechendes Aus-
stiegsgesetz im Dissens sind erfolgversprechender als
dieser Antrag der PDS, der nicht durchdacht und schnell
gestrickt ist und der viele notwendige Novellierungs-
schritte außer Acht lässt. Warum zum Beispiel wird die
Morsleben-Regelung, die die alte Regierung ins Atomge-
setz einfügte, nicht rückgängig gemacht? Warum sehen
Sie keine Erhöhung der Deckungsvorsorge vor?
Der Antrag der PDS ist ein leicht durchschaubarer Pro-
filierungsversuch, ohne jede Aussicht auf Erfolg. Bünd-
nis 90/Die Grünen werden den Antrag daher als untaug-
lich für das gemeinsame Ausstiegsziel ablehnen.
Aber was halte ich mich so lange mit dem Antrag der
PDS auf. Wir sind uns ja im Ziel, dem Ausstieg aus der
Atomenergie, mit der PDS einig. Die Blockierer für die-
sen seit Jahrzehnten überfälligen Reformschritt in der
Energieversorgung sitzen in den Reihen der CDU/CSU
und FDP, wie wir gegenwärtig hören und in der Vergan-
genheit immer wieder hören konnten. Die Union und die
Betreiber leugnen seit Jahren die Risiken, obwohl die
Kernenergie bereits größten Schaden und unermessliches
menschliches Leid über diese Welt gebracht hat. Denken
wir nur an Tschernobyl, an Tokaimura oder an die Uran-
bergbaugebiete dieser Welt!
Die ökologischen und finanziellen Schäden durch den
Abbau von Uran werden in der Diskussion bislang weit-
gehend ausgeblendet. Wir alle wissen aber doch, dass die
Sanierung der Wismut AG – eines alten Uranbergbauge-
bietes in den neuen Bundesländern – den deutschen Steu-
erzahler inzwischen über 7 Milliarden DM kostete. Nie-
mand hat diese Sanierungskosten bisher auf den Strom-
preis umgerechnet, geschweige denn umgelegt. Der
Uranbergbau schädigt zum Teil schlimmer noch als im
Falle der Wismut in vielen Teilen der Welt die Natur und
die ansässige Bevölkerung. Dazu gehört zu Beispiel Aus-
tralien, wo die weltweit größten der knapp werdenden Re-
serven liegen. Ein Weltnaturerbe, der Kakadu-National-
park, soll dem Uranbergbau geopfert werden, mit gravie-
renden Auswirkungen für die Aborigines, die dort
lebenden Ureinwohner.
Noch immer werden die Sicherheitsrisiken von Union
und FDP geleugnet, obwohl sie auch bei uns sehr gegen-
wärtig sind und zum Teil von den Betreibern nicht be-
dachte Ursachen haben können. Wer hat denn schon die
Überflutung von Notkühlpumpen als Störfall in einer Re-
aktorsicherheitsstudie beachtet? Ein unrealistischer Pro-
blemfall? – Nein. Erst kürzlich war eine solche Überflu-
tung Ursache für einen Beinahe-Super-GAU in einem
französischen Kernkraftwerk an der Mündung des Flus-
ses Gironde. Als der schreckliche Sturm – wohl eine der
Auswirkungen der Klimaveränderungen, die momentan
unzweifelhaft stattfinden – im letzten Dezember über
Frankreich hinwegfegte, überflutete die Sturmflut drei
der vier Notkühlpumpen, die für die Sicherheit des Kraft-
werkes gebraucht wurden. Ein Super-GAU, ausgelöst
durch eine Sturmflut, konnte nur knapp verhindert wer-
den. In der deutschen Presse konnte man darüber kaum et-
was lesen. Auch darüber, dass dieser Sturm die Anfällig-
keit einer zentralen Stromversorgung auf der Basis großer
zentraler Kernkraftblöcke deutlich machte, wurde in der
Öffentlichkeit nicht diskutiert. Riesige Hochspannungs-
masten knickten im Sturm um und legten die Strom-
versorgung in weiten Teilen Frankreichs lahm. Bis heute
sind die Schäden noch nicht vollständig behoben. Es ent-
standen Schäden in Milliardenhöhe, die bei einer dezen-
tralen Stromversorgung auf der Basis von Kraft-Wärme-
Kopplung und erneuerbarer Energien nicht möglich ge-
wesen wären.
Dieser Sturm lenkt den Blick auch auf ein zweites Pro-
blem der heutigen Energieversorgung: auf die Klimaver-
änderungen dieser Erde, deren Auswirkungen heute kaum
noch bestritten werden, deren Lösung aber nur in der Ab-
lösung des atomaren und fossilen Energiesystems liegen
kann.
CDU/CSU und F.D.P. begründen ihr Festhalten an der
schädlichen und bedrohenden Kernenergie häufig mit der
Notwendigkeit, den Kohlendioxidausstoß zu verringern.
Oberflächlich betrachtet scheint diese These zutreffend zu
sein. Bei näherem Hinsehen jedoch wird offensichtlich,
wie absurd diese Behauptung ist, die Atomenergie trägt
mit etwa 5 Prozent zum Weltenergieverbrauch bei – ein
verhältnismäßig kleiner Anteil, der nicht nennenswert die
riesigen CO2-Mengen aus Kohle, Erdöl und Erdgas ver-meiden hilft. Sollte die Kernenergie wirklich zur
Bekämpfung der Treibhausgase eingesetzt werden, so
müsste die Kernenergie kräftig ausgebaut werden. Einmal
abgesehen von nicht unerheblichen CO2-Emmisionen beieinem Uranabbau, bei der Brennelement-Herstellung, bei
dem Transport und bei der Entsorgung ist ein starker Aus-
bau aber völlig absurd, wenn man die Uranreserven auf der
Welt betrachtet. Bei heutiger Nutzung reicht das Uran auf
der Welt etwa noch 40 bis 60 Jahre. Dabei ist schon ein
sechsfach höherer Uranpreis eingerechnet. Die Technik
des schnellen Brüters, die die Uranreserven strecken soll,
ist weltweit gescheitert, wie wir in Deutschland am Mil-
liardengrab Kalkar erkennen können. Heute ist statt einer
Atomanlage einer Vergnügungsstätte in Kalkar, wofür ich
viel Sympathie habe. Wollte man also weltweit die Nut-
zung der Kernenergie nur verdreifachen, was immer noch
nicht den entscheidenden CO2-Minderungseffekt bringenwürde, wären die weltweiten Uranreserven in etwa
25 Jahren Nutzungsdauer verbraucht.
Gleichzeitig behindert aber die heutige Nutzung und
erst recht ein möglicher Ausbau dieser zentralen Groß-
kraftwerke den Umstieg in eine dezentrale umweltver-
trägliche Stromversorgung auf der Basis von Kraft-Wär-
me-Kopplung, Energieeinsparung und erneuerbaren En-
ergien. Nur diese ist wirklich in der Lage, den
Treibhauseffekt effektiv zu bekämpfen.
Die Kernenergie ist also ein entscheidender Hinde-
rungsgrund für die CO2-Reduktion und nicht, wie dieUnion behauptet, eine Voraussetzung dafür.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9203
(C)
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(B)
Bündnis 90/Die Grünen und SPD sagen sehr deutlich,
wie der Einsatz für die Kernenergie aussehen wird – auch
wenn die Opposition unseren umweltfreundlichen und
Arbeitsplätze schaffenden Weg offensichtlich nicht mit-
tragen will. Viele Bausteine zum Erreichen einer sozial-
verträglichen und umweltverträglichen Energieversor-
gung haben wir bereits verwirklicht, so zum Beispiel das
Sofortprogramm für die KWK, wobei wir Grünen noch ei-
nen deutlichen Schritt weiter gehen werden und eine Zer-
tifikatslösung zur Verdoppelung der KWK bis 2010 vor-
nehmen wollen. Das 100 000-Dächer-Programm im Be-
reich der Photovoltaik und das 200-Millionen-Programm
für die Einführung erneuerbarer Energien haben wir be-
reits im Jahre 1999 aufgelegt. Vor wenigen Tagen ist das
weltweit fortschrittlichste Gesetz zur Markteinführung
erneuerbarer Energien, das Erneuerbare-Energien-Ge-
setz, in Kraft getreten. Mit fadenscheinigen Gründen ha-
ben CDU, CSU und F.D.P. im Bundestag die Zustimmung
verweigert. Immerhin waren sie zum Teil im Bundesrat
vernünftiger und haben zugestimmt.
Trotz der Ablehnung im Bundestag ist in Deutschland
in den letzten Wochen eine große Aufbruchstimmung ent-
standen: im Handwerk, in der Industrie, bei Anlagenbe-
treibern und in der Landwirtschaft. Wer sich auf der Han-
nover-Messe genau umschaute, konnte erkennen, dass
viele Hersteller von Energieerzeugungsanlagen nun auf
erneuerbare Energien setzen. Kein geringerer als Bill Ga-
tes hat in Deutschland Solaraktien gekauft. Die Wind-
kraftbranche boomt und wird ein deutscher Exportschla-
ger. Arbeitsplätze werden bei den Erneuerbaren Energien
geschaffen und nicht in der Kernenergie. Lediglich etwa
40 000 Arbeitsplätze bundesweit gibt es in der Kernener-
gie, obwohl sie mit gut 30 Prozent zur Stromerzeugung
beiträgt. Für nur 2 Prozent Stromanteil aus der Windkraft
arbeiten aber bereits deutlich über 20 000 Arbeitnehmer
in der Windkraftbranche.
Bündnis 90/Die Grünen und SPD haben Ernst gemacht
mit der Energiewende. Die kernenergiepolitischen Vor-
stellungen der Union aus den 50 Jahren sind ein alter Hut
und hemmen den Fortschritt in Deutschland.
Ein wichtiger Baustein der Energiewende ist der Aus-
stieg aus der Atomenergie. Ich fordere die Union und die
F.D.P. auf endlich ihre Blockadehaltung gegen den Aus-
stieg aufzugeben und die Maßnahmen der Bundesregie-
rung für eine umweltverträgliche und sozialverträgliche
Energieversorgung zu unterstützen. Je schneller wir den
Ausstieg schaffen – dies kann, wenn der Konsens verein-
bart ist, auch wesentlich schneller gehen als in 19 Jahren,
da die volkswirtschaftliche Unvernunft der Kernenergie-
nutzung offensichtlich ist –, desto schneller werden wir
auch die Klima- und Arbeitsplatzprobleme in den Griff be-
kommen.
Bündnis 90/Die Grünen und SPD werden den Ausstieg
aus der Atomenergie schaffen; daran habe ich keinen
Zweifel: entweder im Konsens mit der Industrie oder mit
einem besseren Gesetz als dieser von der PDS vorgeleg-
te Antrag.
Birgit Homburger (F.D.P.): Die PDS legt einen Ge-
setzentwurf vor, der unter anderem aus verfassungs-
rechtlicher Sicht mehr als zweifelhaft ist. Was Rechts-
staat und Grundgesetz betrifft, hat die PDS ja traditio-
nell eigene Vorstellungen, etwa nach dem Motto: Was
heißt schon Grundgesetz? Auf die Gesinnung kommt es
an! Lässigkeit gegenüber Recht und Gesetz ist bei der
PDS nichts Neues. Der Gesetzentwurf wird beraten.
Auch das Ergebnis bietet keine Überraschung. Ein-
mütige Ablehnung: die Stimmen des Hauses gegen die
Stimmen der PDS-Fraktion. Nichts Neues also, auf den
ersten Blick.
Auf den zweiten Blick wird man stutzig: Handelt es
sich doch um den Entwurf eines Gesetzes zum Ausstieg
aus der Kernenergie. Rot-Grün lehnt ab? Da lohnt sich
Aufmerksamkeit, wenn es um die Begründung geht. Im
Ausschuss heißt es dazu: Die SPD teile zwar das Ziel.
Die Sache aber sei recht kompliziert, man wolle lieber
den Konsens. Eine Auseinandersetzung vor Gericht wol-
le man lieber doch vermeiden. Die Begründung lässt
aufhorchen: Lässt doch gerade der Umweltminister öf-
fentlich keine Gelegenheit aus zu betonen, dass man
notfalls auch in Dissens – und das bedeutet eine ge-
richtliche Auseinandersetzung – das Ziel durchsetzen
wolle.
Die F.D.P. folgt Ihnen nicht, weder mit Blick auf das
Ziel, noch auf Ihrem Weg. Der Weg ist mit der F.D.P. nicht
zu gehen, weil für uns der Rechtsstaat unbedingte Ver-
pflichtung ist. Das Ziel verfolgen wir nicht, weil die F.D.P.
den Klimaschutz ernst nimmt.
Zunächst zum Ziel: Glaubwürdige und verantwort-
liche Umweltpolitik fordert die Bereitschaft, Verant-
wortung zu übernehmen. Es gilt, der Energieversor-
gung einen Weg zu ebnen, der zugleich für das Welt-
klima verträglich und wirtschaftlich tragfähig ist. Im
demokratischen Rechtsstaat geht es um verantwortli-
che Politik auch für kommende Generationen. Die
zentrale Frage lautet: Wie kann man auf die Kernen-
ergie langfristig verzichten, ohne die Atmosphäre
durch den verstärkten Einsatz von Kohle, Öl zusätzlich
zu belasten? Die F.D.P. fordert die Bundesregierung
auf, dazu endlich ein schlüssiges Gesamtkonzept
vorzulegen. Unermüdlich hat die F.D.P. darauf hinge-
wiesen: Ein Ausstieg aus der Kernenergie zum gegen-
wärtigen Zeitpunkt wäre fahrlässig. Solange Strom in
Kernkraftwerken kostengünstig produziert werden
kann, wird er auch nach Deutschland fließen. Steigen-
de Importe verspielen für Deutschland aber die Chan-
ce, Schrittmacher und Vorreiter beim sicherheitstech-
nischen Fortschritt zu sein. Politische Unvernunft und
Willkür gefährden Arbeitsplätze und vernichten Inve-
stitionen.
Auch den Weg, den Sie gehen wollen, lehnt die F.D.P.
ab – nicht aus Liebe zur Kernenergie, sondern aus Re-
spekt vor dem Eigentum und seiner Garantie durch das
Grundgesetz. Dass es die PDS hier nicht so genau
nimmt, ist bekannt. Die Bundesregierung aber muss sich
fragen lassen: Wie halten Sie es mit dem Eigentum?
Wollen Sie dem Eigentum einen Stempel aufdrücken
nach dem Motto: Mindestens haltbar bis ...? Ein solches
Verständnis vom Eigentum kannte man zuletzt vor 4 000
Jahren in Ägypten. Dort galt Landeigentum nur so lan-
ge, bis Grund und Boden vom Nil wieder weggespült
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009204
(C)
(D)
(A)
(B)
wurden. In Deutschland gibt es für Grundrechte aber kein
Verfallsdatum. Will die Bundesregierung sich etwa wie-
der einmal auf höhere Gewalt berufen? Minister Trittin
hat dieses Argument an anderer Stelle ja schon einmal
bemüht.
Und wo wir gerade beim Verfassungsverständnis sind:
Wie hält es die Bundesregierung mit den Rechten des
Parlaments? Die Bundesregierung verfügt nicht über die
Kompetenz, sich selbst, eine andere Regierung oder das
Parlament durch einen so genannten Konsens zu binden.
Beim Ausstieg aus der Kernenergie sind außerdem Kom-
petenzen der Länder berührt. Nicht die Bundesregierung
und Vertreter der Energiewirtschaft mussten also am Ver-
handlungstisch sitzen. Vielmehr wäre unter Einbezug der
Länder und aller Fraktionen im Deutschen Bundestag ein
Konsens zu suchen, wenn man den Ausstieg aus der Kern-
energie tatsächlich will. Es wäre zu wünschenswert, wenn
die Energieversorger sich dem faulen Kompromiss ver-
weigerten und ihre Rechte stattdessen vor Gericht durch-
setzen würden. Allein schon aus Gründen der politischen
Hygiene. Dann würde die Bundesregierung für jedermann
erkennbar das Gesicht verlieren. Die F.D.P. verweigert
sich dem faulen Kompromiss.
Die F.D.P. setzt auf eine preiswerte, sichere und um-
weltfreundliche Energieversorgung. Neben einer Offen-
haltung der Option auf die friedliche Nutzung der Kern-
energie geht es vor allem um eine intelligente Förderung
der erneuerbaren Energien und um wirksame Maßnah-
men zur Energieeinsparung. Die F.D.P. fordert die Bun-
desregierung auf, endlich ein glaubwürdiges Energie-
konzept vorzulegen, eine effiziente Förderung regenera-
tiver Energien mit marktwirtschaftlichen Instrumenten
statt staatlichem Dirigismus einzuführen, weitere An-
strengungen bei Kernforschung und bei der Entwicklung
von Sicherheitstechnik zu unternehmen und die Entsor-
gungsfrage nicht zum Spielball einer strategischen Ver-
handlungsführung im rot-grünen Atom-Deal werden zu
lassen.
Rainer Brinkmann (Detmold) (SPD): Der Ausstieg
aus der Atomenergie wird kommen, unabhängig davon, ob
die rechte Opposition es will oder nicht. Und er wird auch
kommen, ohne dass wir den Antrag der PDS verabschie-
den. Der Ausstieg wird kommen, weil die absolute Mehr-
heit der Bevölkerung es will und weil wir als gewählte Ver-
treterinnen und Vertreter Verantwortung für die Sicherheit
der Bevölkerung tragen. Der Ausstieg wird auch deswe-
gen kommen, weil kein einziger Energieversorger zurzeit
ernsthaft daran denkt, ein neues AKW zu bauen.
Es geht uns darum, eine sichere, wirtschaftliche und
umweltfreundliche Energieversorgung ohne Atomener-
gie sicherzustellen. Dieses Ziel erreicht man nicht mit
Schauanträgen, selbstverständlich auch nicht mit Verwei-
gerung seitens der CDU. Die SPD-Fraktion sieht keinen
Anlass, zu dem vorliegenden Gesetzentwurf eine andere
Haltung einzunehmen als bereits im Ausschuss für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Wir lehnen ihn
nach wie vor ab. Dieser Antrag ist nicht hinreichend
durchdacht. Er geht von falschen Voraussetzungen aus und
er kommt zur falschen Zeit. Hier wird nach meinem
Dafürhalten so getan, als betreibe die Bundesregierung
den Ausstieg aus der Kernenergie nicht wirklich. Das aber
ist, wie Sie alle wissen, nicht der Fall. Die Initiatoren
bemühen sich redlich, für ein politisches Ziel zu werben,
das längst beschlossene Sache ist. Aber mit diesem un-
ausgegorenen Gesetzentwurf will die PDS das Ausstiegs-
gesetz vorwegnehmen, das nach unserer Meinung jedoch
erst dann detailliert formuliert und verabschiedet werden
kann, wenn die Konsensgespräche mit der Atomwirt-
schaft – so oder so – abgeschlossen sind. Dann, und zwar
erst dann, ist es auch an der Zeit, die Bedingungen für die
Beendigung der Wiederaufarbeitung in Europa festzule-
gen.
Ich kann ja verstehen, dass manchem der Ausstieg
nicht schnell genug geht. Aber ich meine, es gibt im
Moment überhaupt keinen Grund zu Aufgeregtheit und
Aktionismus, wie ihn der heute zur Debatte stehende
Gesetzentwurf nach Einschätzung der SPD-Fraktion
dokumentiert. Es gibt ein von der Bundesregierung trans-
parent und unmissverständlich festgelegtes Verfahren,
und ich sehe keinen Anlass, davon abzuweichen. Wir wol-
len den Ausstieg aus der Kernenergie und werden ihn um-
setzen. Wir wollen ihn möglichst im Konsens mit der
Atomwirtschaft, und wir wollen ihn entschädigungsfrei
regeln. Mit dieser Strategie befinden wir uns übrigens in
bester Gesellschaft. Ich verweise an dieser Stelle auf das
Gutachten des Umweltrates, in dem es heißt:
Der Umweltrat befürwortet wegen der noch beste-
henden rechtlichen Unsicherheiten die Strategie der
Bundesregierung, Möglichkeiten einer entschädi-
gungsfreien Beendigung der Nutzung der Atom-
energie im Wege einer konsensualen Lösung mit den
Betreibern zu suchen. Auf deren Grundlage sollte so-
dann ein Ausstiegsgesetz verabschiedet werden, in
dem die Eckpunkte eines Ausstiegs festgelegt wer-
den. Dazu zählt auch eine Einigung über Restlauf-
zeiten der Atomkraftwerke. Nach Auffassung des
Umweltrates dürfte den berechtigten Interessen der
Betreiber von Atomkraftwerken im Hinblick auf de-
ren Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen
Rechtslage getätigten Investitionen durch eine Ge-
samtlaufzeit von etwa 25 bis 30 Kalenderjahren hin-
reichend Rechnung getragen sein.
Wer aus der Kernenergie aussteigt, muss Alternativen
bieten. Das tun wir. Warten wir doch einmal die Aus-
wirkungen des EEG ab, das seit wenigen Tagen in Kraft
ist! Warten wir doch einmal ab, welche Auswirkungen
unsere AKW-Regelungen haben werden, die wir in Kür-
ze dem Bundestag vorstellen werden! Beides stellt die
geeigneten Instrumente bereit, damit sich diese umwelt-
verträglichen Energiesparten künftig auf dem Markt be-
haupten können. Wir setzen alles daran, parallel zur
Festlegung von Restlaufzeiten nachhaltige Stromver-
sorgung durch erhöhte Energieeffizienz und die ver-
stärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger zu gewähr-
leisten. Diesem Ziel dient unsere Gesetzgebung. Diesem
Ziel dient aber auch die Arbeit der Energie-Enquete-
Kommission.
Spannend dabei ist wirklich die Haltung der CDU/CSU
und der F.D.P. Wer sich die unterschiedlichen Äußerun-
gen der Vertreterinnen und Vertreter dieser Parteien an-
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9205
(C)
(D)
(A)
(B)
schaut, der muss den Eindruck gewinnen, hier werde nicht
mehr gedacht, hier werde nur taktiert. Ich zitiere aus dem
Angebot der Bundes-CDU im Internet:
Um eine umweltschonende, effiziente Energiever-
sorgung zu international wettbewerbsfähigen Preisen
dauerhaft sicherzustellen, müssen wir auch in den
nächsten Jahren auf einen Energiemix aus Öl, Gas,
Kernenergie, Kohle und regenerativen Energien set-
zen: Gleichzeitig muss die Effizienz beim Stromver-
brauch gesteigert, elektrischer Strom mit immer
höheren Wirkungsgraden erzeugt (beispielsweise
durch den Ausbau der Blockheizkraftwerke) und ne-
ben dem Ausbau der erneuerbaren Energien der
Kraft-Wärme-Kopplung sowie der Erforschung und
Entwicklung neuer Energietechnologien, wie der
Kernfusion oder Brennstoffzelle, noch größeres Au-
genmerk gewidmet werden.
Wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen Ener-
giepolitik ist die verstärkte Nutzung und Förderung
regenerativer Energiequellen. Gerade die CDU hat
sich stets konsequent für eine Steigerung des An-
teils dieser Energieträger an der Energieversor-
gung eingesetzt. Deutschland wurde unter der Re-
gierungsverantwortung der CDU in Europa unbe-
stritten zur Nummer 1 bei der Benutzung der
Windenergie und gehört ebenso wie bei den ande-
ren erneuerbaren Energiequellen gemeinsam mit
den USA und Japan zu den führenden Nationen in
der Welt.
Erstens frage ich mich: Was hat die CDU eigentlich
in den letzten Sitzungswochen getan, als sie sowohl dem
Erneuerbare-Energien-Gesetz als auch aus der KWK-
Schutzregelung die Zustimmung verweigert hat? Offen-
sichtlich nimmt sie ihre eigene Programmatik nicht
ernst. Jedenfalls muss sie sich sagen lassen, dass sie der
Schaffung von Arbeitsplätzen, dem Klimaschutz und
der Förderung neuer Technologien nicht gedient hat.
Zweitens muss sie die Frage beantworten, warum sie
gleichzeitig erneuerbare Energien fördern will, wenn sie
nicht bereit ist, vorhandene Kraftwerke abzuschalten,
obwohl wir schon heute ganz beachtliche Überkapazitä-
ten haben.
Noch schöner wird es in dem Beitrag der verbraucher-
politischen Sprecherin der F.D.P., Frau Kopp, in der Zei-
tung „Sieg-Tech“. Dort fordert sie vehement den Ausbau
des Anteils der erneuerbaren Energien und lehnt gleich-
zeitig eine Förderung ab. Wie – so frage ich mich – soll
das denn gehen? Es wäre so, als wenn wir die Förderung
der wissenschaftlichen Ausbildung fordern und gleichzei-
tig das Geld für die Hochschulen streichen würden. Nein,
so wird keine seriöse Energiepolitik gemacht. Wer eine
nachhaltige, Ressourcen schonende und zugleich sichere
Energiepolitik will, der muss zwei Dinge gleichzeitig tun.
Er muss mit voller Kraft die erneuerbaren Energien, die
Energieeffizienz und das Energieeinsparen fördern und
zugleich den Ausstieg aus einer gefährlichen, nicht be-
herrschbaren und umweltgefährdenden Stromerzeugung
vollziehen. Dieses Ausstiegszenario muss allerdings
durchdacht und entschädigungsfrei sein. Hierzu werden
wir rechtzeitig einen entsprechenden Antrag vorlegen.
Anlage 4
Amtliche Mitteilung ohne Verlesung
Die Fraktion der F.D.P. hat mit Schreiben vom
23. März 2000 ihren Antrag China-Reise des Bundes-
kanzlers muss Fortschritte bei den Menschenrechten
bringen – Drucksache 14/1874 – zurückgezogen.
Die Abgeordnete Jella Teuchner hat ihre Unterschrift
zu dem Antrag Kunstprojekt im nördlichen Lichthof
des Reichstagsgebäudes von Hans Haacke „Der Be-
völkerung“ – Drucksache 14/2867 (neu) – zurückgezo-
gen.
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der
Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
nachstehenden Vorlage absieht:
Rechtsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über den Verhandlungsstand des Menschen-
rechtsübereinkommens zur Biomedizin (früher:
Bioethik-Konvention)
– Drucksachen 13/5435, 14/272 Nr. 14 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht zur Neuregelung der deutschen Rechtschrei-bung
– Drucksachen 14/356, 14/430 Nr. 3 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zweiter Produktpirateriebericht der Bundesregierung
Bericht über die Auswirkung der durch das Gesetz zurStärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zurBekämpfung der Produktpiraterie (PrPG) vom 7. März 1990 (BGBl. S. 422) einführten neuen Maßnah-men zur Bekämpfung der Schutzrechtsverletzungen imBereich des geistigen Eigentums, insbesondere der Pro-duktpiraterie
– Drucksachen 14/2111, 14/2410 Nr. 1 –
Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 1999
Überplanmäßige Ausgaben beiKapitel 11 10 Titel 681 01 (Versorgungsbezüge für Be-schädigte in der Kriegsopferversorgung)Kapitel 11 10 Titel 681 02 (Versorgungsbezüge fürWit-wen und Witwer in der Kriegsopferversorgung)Kapitel 11 10 Titel 642 51 (Kriegsopferfürsorge undgleichartige Leistungen)
– Drucksachen 14/2458, 14/2736 Nr. 3 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 1999
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 03 Titel 547 01
– Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit
internationalen – humanitären und sonstigen – Einsät-
zen –
– Drucksachen 14/2459, 14/2736 Nr. 4 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2000
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 02 – Allgemei-ne Bewilligungen – Titel 698 01 – Abgeltung von
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009206
(C)
(D)
(A)
(B)
Schadenersatzansprüchen Dritter, soweit es sich nichtum Ansprüche aus Übungsschäden handelt –
– Drucksachen 14/2751, 14/2811 Nr. 2 –
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserungder Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für denZeitraum 1999 bis 2002
– Drucksache 14/1634 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestal-tung des Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ hier: Rahmenplan 2000 bis 2003
– Drucksache 14/1652 –
Ausschuss für Kultur und Medien
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Maßnahmen zur Förderung des Kul-turarbeit gemäß § 96 Bundesvertriebenengesetz in denJahren 1997 und 1998
– Drucksachen 14/2312, 14/2555 Nr. 1.1 –
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden
EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäi-
sche Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer
Beratung abgesehen hat.
AuswärtigerAusschuss
Drucksache 14/2414 Nr. 2.10
Drucksache 14/2554 Nr. 2.7
Innenausschuss
Drucksache 14/2554 Nr. 2.15
Finanzausschuss
Drucksache 14/2609 Nr. 1.14Drucksache 14/2609 Nr. 1.17
Ausschuss fürWirtschaft und Technologie
Drucksache 14/2554 Nr. 1.1
Drucksache 14/2554 Nr. 1.2
Drucksache 14/2554 Nr. 2.2
Drucksache 14/2554 Nr. 2.5
Drucksache 14/2554 Nr. 2.6
Drucksache 14/2554 Nr. 2.8
Drucksache 14/2554 Nr. 2.12
Drucksache 14/2554 Nr. 2.14
Drucksache 14/2609 Nr. 1.1
Drucksache 14/2609 Nr. 1.21
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Drucksache 14/1708 Nr. 2.8
Drucksache 14/2952 Nr. 2.23
Drucksache 14/2952 Nr. 2.25
Drucksache 14/2952 Nr. 2.29
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 14/1016 Nr. 2.18
Drucksache 14/2104 Nr. 2.13
Drucksache 14/2104 Nr. 2.20
Drucksache 14/2609 Nr. 1.22
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Drucksache 14/1579 Nr. 1.8
Drucksache 14/2414 Nr. 1.4
Drucksache 14/2414 Nr. 2.1
Drucksache 14/2554 Nr. 2.1
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9207
(C)
(D)
(A)
(B)
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