Christina Schenk
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 96. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. März 2000 8971
(C)
(D)
(A)
(B)
Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 24.03.2000
DIE GRÜNEN
Dr. Blens, Heribert CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 24.03.2000
Bohl, Friedrich CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Brecht, Eberhard SPD 24.03.2000
Brinkmann (Detmold), SPD 24.03.2000
Rainer
Brudlewsky, Monika CDU/CSU 24.03.2000
Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 24.03.2000***
Klaus
Bulmahn, Edelgard SPD 24.03.2000
Burchardt, Ursula SPD 24.03.2000
Bury, Hans Martin SPD 24.03.2000
Büttner (Ingolstadt), SPD 24.03.2000
Hans
Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 24.03.2000
Peter H.
Caspers-Merk, Marion SPD 24.03.2000
Dehnel, Wolfgang CDU/CSU 24.03.2000
Dzewas, Dieter SPD 24.03.2000
Eichhorn, Maria CDU/CSU 24.03.2000
Fischbach, Ingrid CDU/CSU 24.03.2000
Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 24.03.2000
Joseph DIE GRÜNEN
Frick, Gisela F.D.P. 24.03.2000
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 24.03.2000
Friedrich (Altenburg), SPD 24.03.2000
Peter
Gebhardt, Fred PDS 24.03.2000
Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 24.03.2000
Goldmann, F.D.P. 24.03.2000
Hans-Michael
Göllner, Uwe SPD 24.03.2000
Gröhe, Hermann CDU/CSU 24.03.2000
Günther (Duisburg), CDU/CSU 24.03.2000
Horst
Dr. Gysi, Gregor PDS 24.03.2000
Haschke (Großhennersdorf ),CDU/CSU 24.03.2000
Gottfried
Heinen, Ursula CDU/CSU 24.03.2000
Hinsken, Ernst CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Hornhues, CDU/CSU 24.03.2000
Karl-Heinz
Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 24.03.2000
Ibrügger, Lothar SPD 24.03.2000
Imhof, Barbara SPD 24.03.2000
Janssen, Jann-Peter SPD 24.03.2000
Jelpke, Ulla PDS 24.03.2000
Dr. Jens, Uwe SPD 24.03.2000
Kaspereit, Sabine SPD 24.03.2000
Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 24.03.2000
Lehn, Waltraud SPD 24.03.2000
Lengsfeld, Vera CDU/CSU 24.03.2000
Maaß (Herne), Dieter SPD 24.03.2000
Michels, Meinolf CDU/CSU 24.03.2000
Mosdorf, Siegmar SPD 24.03.2000
Ohl, Eckhard SPD 24.03.2000
Parr, Detlef F.D.P. 24.03.2000
Dr. Pick, Eckhart SPD 24.03.2000
Polenz, Ruprecht CDU/CSU 24.03.2000
Poß, Joachim SPD 24.03.2000
Probst, Simone BÜNDNIS 90/ 24.03.2000
DIE GRÜNEN
Raidel, Hans CDU/CSU 24.03.2000
Reiche, Katherina CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 24.03.2000
Roth (Heringen), Michael SPD 24.03.2000
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 24.03.2000
Scheelen, Bernd SPD 24.03.2000
Schild, Horst SPD 24.03.2000
Schily, Otto SPD 24.03.2000
Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/ 24.03.2000
DIE GRÜNEN
Schlee, Dietmar CDU/CSU 24.03.2000
Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 24.03.2000
Schmidt (Aachen), Ulla SPD 24.03.2000
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 24.03.2000
Hans Peter
von Schmude, Michael CDU/CSU 24.03.2000
Schröder, Gerhard SPD 24.03.2000
Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 24.03.2000
Schwalbe, Clemens CDU/CSU 24.03.2000
Siebert, Bernd CDU/CSU 24.03.2000 **
Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Stadler, Max F.D.P. 24.03.2000
Dr. Staffelt, Ditmar SPD 24.03.2000
Dr. Thalheim, Gerald SPD 24.03.2000
Vaatz, Arnold CDU/CSU 24.03.2000
Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 24.03.2000
Wieczorek-Zeul, SPD 24.03.2000
Heidemarie
Wiesehügel, Klaus SPD 24.03.2000
Wimmer (Karlsruhe), SPD 24.03.2000
Brigitte
Dr. Zöpel, Christoph SPD 24.03.2000
**) für die Teilnahme an Sitzungen der Palarmentarischen Versamm-lung des Europarates
***)für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung derAnträge:
– Bahnreform 2 – Neuer Schwung für die Bahn
– Bahnreform fortsetzen, Schienenverkehr stär-
ken
– vom Staatsmonopol zum europäischen Wett-
bewerb um den Eisenbahnkunden
(Tagesordnungspunkt 17 a und b)
Dr. Winfried Wolf (PDS): Es hat immer einen gewis-
sen Reiz, wenn ehemalige Regierungsparteien sich vom
harten Oppositions-Gestühl zu Dingen äußern, für die sie
zuvor selbst Verantwortung trugen. Meist wird es dann of-
fener und ehrlicher. So verhält es sich auch bei den bei-
den vorliegenden Anträgen von CDU/CSU und FDP zur
Bahnprivatisierung.
Da stellt beispielsweise der CDU/CSU-Antrag frank
und frei fest: „Der Anteil der Bahn am modal split aller
Verkehrsträger hat weiter abgenommen.“ Konstatiert
wird für den Güterverkehr, dass das Potential für 2010
statt mit 90 Millionen nach neusten Studien nur noch mit
40 Millionen Tonnen angenommen wird.
Das ist wahrlich eine harte Bilanz. Die Güterverkehrs-
leistung wird bei weniger als der Hälfte dessen liegen, was
die CDU/CSU als Partei, die 16 Jahre lang die Verkehrs-
minister stellte, vorhergesehen hatte. Eine solche „Plan-
untererfüllung“ hätte selbst in einem SED-Staat als kata-
strophal gegolten. Dabei lautete das Geschwätz von ge-
stern des Verkehrsminister Wissmann: Man liege voll im
Plan. Das Bäumchen-wechsle-dich-Spiel von Regierung
und Opposition gibt Gelegenheit zu christlicher Einkehr,
Reue und Erkenntnis.
Der CDU/CSU-Antrag konstatiert weiter, es gebe un-
stimmige Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten der
Bahn und listet dabei jährliche Belastungen „der DB AG
aus Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer“ von 2,3 Milli-
arden DM auf, die die anderen EU-Bahnen nicht belaste-
ten. Hinzu seien „Öko-Steuer und die Gebühr für die Leis-
tungen des Bundesgrenzschutzes in Höhe von zusammen
weiteren 650 Millionen DM jährlich“ gekommen. Das
macht summa summarum 3,5 Milliarden DM, um die
nach Ansicht der CDU/CSU die Bahn zu entlasten wäre,
um Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Das ist die Hälf-
te dessen, was die Bahn jährlich an Investitionshilfen vom
Bund erhält!
Zu fragen wäre: Warum sah sich diese Partei nicht in
der Lage, in ihrer langen Regierungszeit diese Wettbe-
werbsverzerrungen aufzuheben? Es gab genügend Anträ-
ge unter anderem der Grünen, beispielsweise die Belas-
tung der Bahn mit der Mineralölsteuer zu beseitigen und
damit „Waffengleichheit“ zum Beispiel mit dem Flug-
verkehr herzustellen. Warum stimmte die CDU/CSU im
letzten Jahr nicht für den Antrag der PDS, die Bahn von
der „zusätzlichen Belastung“ der Ökosteuer ganz zu be-
freien? Dass all das viel Wind ist, mit dem Stimmungs-
mache betrieben und Stimmen bei den Bahnbeschäftigten
gewonnen werden sollen, zeigt dann die grundlegende
Zielsetzung.
Der CDU/CSU-Antrag geht davon aus, dass trotz die-
ser für die Bahn katastrophalen Verkehrsbilanz und trotz
der weiter bestehenden enormen Wettbewerbsverzerrun-
gen zu „erwarten“ sei, „dass die Börsenfähigkeit des Un-
ternehmens entsprechend den zeitlichen Vorstellungen
bei der Verabschiedung der Bahnreform circa 10 Jahre
nach der Umwandlung der DB in ein Unternehmen er-
reicht wird“.
Einmal abgesehen von der sprachlichen Groteske,
die Bahn erst ab 1994, mit Bildung der DB AG als „ein
Unternehmen“ zu erkennen, bleibt festzustellen: Als
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 96. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. März 20008972
(C)
(D)
(A)
(B)
Regierungspartei hat die CDU/CSU niemals erklärt, die
Bahn müsse 2004 an die Börse. Immer wurde betont, die-
se sei generell eine „Möglichkeit“ und der Zeitpunkt dafür
stehe ohnehin nicht fest.
Umgekehrt war es die PDS als einzige Partei, die ge-
gen die Bahnprivatisierung stimmte und die damit erklär-
te, es gehe nicht um eine Reform, es gehe vielmehr um ei-
ne Zerschlagung, wobei das entscheidende Mittel dafür
der Börsengang sei. Wir argumentieren: Weil die Bahn auf
dem Verkehrsmarkt der schwächste Verkehrsträger sei,
weil die Rahmenbedingungen ihr eine extrem schlechte
Ausgangsposition zuwiesen, weil die Wettbewerbsbedin-
gungen grundsätzlich und im Detail zuungunsten der
Bahn gestaltet seien, würde ein Börsengang nur heißen,
dass der Niedergang des Schienenverkehrs sich be-
schleunigen würde. Damals wussten wir noch nicht, dass
die Bilanz sieben Jahre nach der Umwandlung von Bun-
desbahn und Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG eine
derart verheerende sein würde, wie es nun auch allgemein
eingestanden wird.
Der FDP-Antrag hält sich dann mit Kleinigkeiten erst
gar nicht auf. Obgleich ihr verkehrspolitischer Sprecher
Friedrich die Details von der katastrophalen Lage der
Bahn kennt, vertritt er hier einen knallharten Liberalisie-
rungs-Antrag: Der Konzernverbund der Bahn ist auf-
zulösen und bis zum Ende des Jahres 2003 „vollständig
zu privatisieren“.
Die FDPmeint auch zu wissen: „Die mit der Struktur-
reform geplanten Ziele wurden zu einem großen Teil er-
reicht.“ Dass es damals hieß, es müsse mehr Verkehr auf
die Schiene, interessiert da wenig. Es bleibt die brutale In-
teressiertheit am Stoff: dem Börsengang.
Die besondere Forderung des FDP-Antrags, „die Netz
AG sofort aus dem Konzernverbund der DB AG heraus-
zulösen“, ist dann unter diesem Aspekt zu sehen. Nach-
dem die Bahnhöfe über die Station und Service AG und
nachdem alle verwertbaren Immobilien über die neue –
sechste – AG Immobilien ausgegliedert und auf dem Weg
zur Börse sind, soll das Netz – vorläufig zumindest –
doch beim Bund bleiben.
Schließlich erkennt auch die FDP, dass es eine Weile
noch einigen Schienenverkehr geben werde. Und dafür
braucht man auch ein Netz. Wenn die Züge dann teure We-
gelagerergebühren bei einer privatisierten AG Station und
Service bezahlen müssen, wird die Funktion der Verge-
sellschaftung von Verlusten und der Privatisierung von
Gewinnen schließlich auf diesem Weg strukturell ge-
währleistet.
Die Regierungsparteien werden die beiden Anträge
voraussichtlich ablehnen. Allerdings hat auch dies etwas
mit dem Bäumchen-wechsle-dich-Spiel von Regierung
und Opposition zu tun: In der Regierung können SPD und
Bündnisgrüne nicht offen sagen, dass sie den größten Teil
der Börsen-Ziele in den Anträgen teilen. Was sie allerdings
können, ist, dies umzusetzen in eine verkehrspolitische
Praxis, die genau in diese Richtung läuft.
Es bleibt zu hoffen, dass der Widerstand, der sich der-
zeit bei der Bahn und den Gewerkschaften gegenüber den
Weiterungen dieser Bahnprivatisierungspolitik regt, die-
ser zerstörerischen Tendenz Einhalt gebietet.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
zur vergleichenden Werbung und zur Änderung
wettbewerbsrechtlicher Vorschriften (Tagesord-
nungspunkt 19)
Dirk Manzewski (SPD): Am heutigen Tag debattie-
ren wir hier im Deutschen Bundestag über den Gesetzes-
entwurf der Regierungskoalition zur vergleichenden Wer-
bung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vor-
schriften. Ziel des Gesetzentwurfs ist in erster Linie die
Umsetzung der entsprechenden Richtlinie des Europäi-
schen Parlaments zur Änderung der Richtlinie über irre-
führende Werbung zwecks Einbeziehung der verglei-
chenden Werbung.
Mit dieser Richtlinie ist ein wichtiger Bestandteil des
Wettbewerbsrechts im Bereich des Binnenmarktes har-
monisiert worden. Bislang war vergleichende Werbung im
deutschen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Die Recht-
sprechung beurteilte die verschiedenen Formen verglei-
chender Werbung und hielt sie grundsätzlich für unzu-
lässig. Vergleichende Werbung war danach nur
unter bestimmten, einschränkenden Bedingungen aus-
nahmsweise zulässig. Die vorgeschlagene Ergänzung des
Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb wird zu einer
Liberalisierung des Wettbewerbsrechts und zu mehr
Rechtsklarheit und Rechtssicherheit führen. Vergleichen-
de Werbung wird künftig grundsätzlich zulässig sein. In
einem umfassenden Kriterienkatalog wird entsprechend
der Systematik des UWG in einem Verbotstatbestand je-
doch deutlich klargestellt, wann vergleichende Werbung
als sittenwidrig und damit unzulässig in diesem Zusam-
menhang anzusehen ist. So darf ein Werbetreibender Kun-
den nicht durch einen Werbevergleich irreführen. Werbung
darf auch nicht zu einer Verwechselung der verglichenen
Produkte führen oder den Mitbewerber und die von ihm
vertriebenen Produkte herabsetzen oder verunglimpfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Umsetzungsver-
pflichtung der europäischen Richtlinie haben wir zu dem
Anlass genommen, im Gesetz gegen den unlauteren Wett-
bewerb Änderungen und Klarstellungen vorzunehmen.
Diese sind auf die Ergebnisse der „Arbeitsgruppe zur
Überprüfung des Wettbewerbsrechts“ zurückzuführen.
Diese ist Anfang 1995 vom Bundesministerium der Justiz
eingesetzt worden, um den Reformbedarf in Bezug auf das
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb umfassend zu
prüfen.
Im Einzelnen sind folgende Vorschläge aufgegriffen
worden: Von § 6 c UWG sollen künftig auch die in der Pra-
xis häufigen Gewinnspiele erfasst werden, bei denen die
Teilnehmer die erwarteten „besonderen Vorteile“ nicht
vom Veranstalter selbst, sondern von Dritten, insbeson-
dere weiteren Mitspielern, erhalten.
Auch soll die Reichweite der Regelung in § 7 Abs. 1
UWG, wonach Sonderveranstaltungen außerhalb des re-
gelmäßigen Geschäftsverkehrs zur Beschleunigung des
Warenabsatzes nicht den Eindruck besonderer Kaufvor-
teile erwecken dürfen, klargestellt werden.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 96. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. März 2000 8973
(C)
(D)
(A)
(B)
Zudem sollen zur Bekämpfung von Missbräuchen
bei Räumungsverkäufen die Überwachungsmöglichkeiten
der Industrie- und Handelskammern und der Handwerks-
kammern verbessert werden.
Des Weiteren soll präzisiert werden, dass nur Be-
klagte im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ver-
klagt werden können, die weder einen inländischen
Wohnsitz noch eine inländische gewerbliche Niederlas-
sung haben.
Die Liberalisierung der vergleichenden Werbung er-
fordert im Übrigen eine entsprechende Ergänzung bei
§ 11 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiet des
Heilwesens.
Soweit die Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Wett-
bewerbsrechts außerdem empfohlen hat, der Zustellung
eines Antrags auf einstweilige Verfügung oder einer einst-
weiligen Verfügung eine verjährungsunterbrechende Wir-
kung zuzuerkennen, ist hiervon zunächst abgesehen wor-
den. Da die „Kommission zur Überarbeitung des Schuld-
rechts“ auch dieses Problem gesehen hat und in
absehbarer Zeit mit der Umsetzung ihrer Ergebnisse zu
rechnen ist, soll dieser Vorschlag erst im Rahmen der
Schuldrechtsreform aufgegriffen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die AGV und ver-
schiedene Wirtschaftsverbände sind frühzeitig in das Ge-
setzesvorhaben eingebunden worden. Der Gesetzentwurf
ist dabei grundsätzlich positiv aufgenommen worden. Ich
gehe daher von einer breiten Zustimmung aus und hoffe,
dass auch Sie den Gesetzentwurf konstruktiv begleiten
werden.
Dr. Susanne Tiemann (CDU/CSU):Mit dem Gesetz
zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbe-
werbsrechtlicher Vorschriften wird eine notwendige Ent-
scheidung eingeleitet: Die vom Europäischen Parlament
und vom Rat am 6. Oktober 1997 verabschiedete Richtli-
nie 97/55/EG ist bis zum 23. April 2000 in nationales
Recht umzusetzen. Sie erklärt vergleichende Werbung
grundsätzlich für zulässig, allerdings unter bestimmten
Voraussetzungen. Hierzu ist eine Ergänzung des Gesetzes
über den unlauteren Wettbewerb erforderlich. Es ist be-
dauerlich, dass die Umsetzung erst jetzt erfolgt, da diese
Terminplanung den Gesetzgeber wieder einmal unter er-
heblichen Zeitdruck setzt.
Weitere Änderungen des UWG tragen den Empfeh-
lungen der Arbeitsgruppe „Überprüfung des Wettbe-
werbs“ Rechnung, die 1995, also während unserer Re-
gierungszeit, in vorausschauender Weise eingesetzt wor-
den ist. Sie hat ihren Abschlussbericht 1996 vorgelegt.
Insgesamt ist die Umsetzung der Richtlinie nach der
Rechtsprechung des EuGH auch erforderlich. Die Zuläs-
sigkeit der vergleichenden Werbung ist im deutschen
Recht bisher nicht ausdrücklich geregelt. Vergleichende
Werbung ist von der Rechtsprechung immer als
grundsätzlich unzulässig, weil wettbewerbswidrig, ange-
sehen worden. Bereits nach Verabschiedung der Richtli-
nie hat der Bundesgerichtshof aber in verschiedenen
Rechtsstreitigkeiten im Jahre 1998 erklärt, dass er von sei-
ner bisherigen Rechtsprechung abweiche und im Rahmen
des § 1 UWG die materiellen Bestimmungen der Richtli-
nie anwenden wolle. Ein wirklicher Umbruch des Wett-
bewerbsrechts hat sich damit aufgrund der Richtlinie ab-
gezeichnet. Umso mehr muss es das Anliegen sein, eine
Umsetzung der Richtlinie behutsam vorzunehmen und
dabei nicht über das Ziel hinauszuschießen. Auch aus die-
sem Grunde ist dem Gesetzentwurf insofern zuzustimmen,
als er manche Vorschriften nicht für umsetzungsbedürftig
ansieht, weil entweder das deutsche Recht den Richtlini-
enbestimmungen bereits Rechnung trägt oder das eu-
ropäische Recht an anderer Stelle schon entsprechende
Regelungen vorgibt.
Dem nationalen Gesetzgeber verbleibt bei der Umset-
zung zwar die Wahl der Form und Mittel; die Form des
Umsetzungsaktes hängt aber auch von den Vorgaben der
Richtlinie ab. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind
bei der Umsetzung von Richtlinien strengere Anforde-
rungen an Klarheit und Transparenz zu stellen, wenn de-
taillierte Regelungen in nationales Recht transformiert
werden sollen. Die Richtlinie enthält zum Teil sehr de-
taillierte Vorgaben. Die Tendenz, Richtlinien mit der Be-
stimmtheit von Verordnungen zu verabschieden, hat in der
letzten Zeit bedauerlicherweise erheblich zugenommen.
Dabei erscheint es immer fraglicher, ob dem einzelnen
Mitgliedstaat tatsächlich noch die Wahl der Form und ge-
eignetsten Methode überlassen bleibt. Umso wichtiger ist
es, dass das umsetzende Gesetz in ganz besonderer Wei-
se klar und eindeutig gestaltet sein muss, um den Willen
des nationalen Gesetzgebers eindeutig zum Ausdruck zu
bringen. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssi-
cherheit müssen die Werbenden wissen, welche Rechte
und Pflichten von ihnen konkret zu beachten sind.
Obwohl in der Richtlinie der Katalog der Kriterien, un-
ter denen eine vergleichende Werbung zulässig sein soll,
sehr detailliert ist, sollte geprüft werden, inwieweit Aus-
legungsspielräume verbleiben. Sie müssen bei der Um-
setzung soweit wie möglich genutzt werden. Dabei wird
zu berücksichtigen sein, dass die einzelnen Kriterien so-
wohl hinreichende als auch notwendige Bedingungen für
die Zulässigkeit der vergleichenden Werbung sind. Dabei
ist immer davon auszugehen, dass die Richtlinie die Re-
gelung vergleichender Werbung und ihrer entsprechenden
Einschränkungen für erforderlich für das reibungslose
Funktionieren des Binnenmarktes hält.
In § 2 soll nun bestimmt werden, wann vergleichende
Werbung gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG
verstößt. Dies ist außerordentlich sensibel, weil gerade die
vergleichende Werbung, also „Werbung, die unmittelbar
oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem
Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen
erkennbar macht“, in besonderem Maße geeignet ist, bei
exzessiver Wahrnehmung zu Irreführungen des Markt-
teilnehmers bzw. zu ungerechtfertigten Vorteilen auf dem
Markt zu führen. Bei der Umsetzung ist deshalb große
Vorsicht angebracht und die Sorgfalt, tatsächlich auch al-
le irreführenden Angaben zu erfassen.
Dabei muss immer wieder in Erinnerung gerufen wer-
den: Mit dem Wettbewerbsrecht ist sorgfältig umzuge-
hen. Es bildet eine wesentliche Basis für das Funktio-
nieren unserer sozialen Marktwirtschaft. Verfügen wir
nicht über ein ausgewogenes Wettbewerbsrecht, hat dies
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 96. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. März 20008974
(C)
(D)
(A)
(B)
tief greifende Folgen für unsere Wirtschaftsordnung, für
die Balance zwischen Freiheit und Bindung des Markt-
handelns.
Dieses Erfordernis sorgfältigen Handelns gilt gerade
auch für die weiteren Regelungen unseres Wettbe-
werbsrechts. Es ist an sich folgerichtig, die vorgeschla-
genen Änderungen und Präzisierungen entsprechend
den Vorschlägen der „Arbeitsgruppe zur Überprüfung
des Wettbewerbsrechts“ in das vorliegende Gesetz mit
einzubeziehen. Denn die Arbeitsgruppe hat in ihrem Be-
richt vom 17. Dezember 1996 eine eigenständige No-
vellierung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbe-
werb abgelehnt, aber eine Korrektur einzelner Bestim-
mungen empfohlen. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe
sind durchaus sinnvoll und tragen dazu bei, Unklarhei-
ten zu beseitigen. Sie beziehen sich auf Regelungen zu
Sonderveranstaltungen, Räumungsverkäufen und die
Beibehaltung des Verbots der vergleichenden Werbung
bei Heilmitteln. So werden z. B. von § 6 c UWG in Zu-
kunft auch solche Gewinnspiele erfasst, bei denen die
Teilnehmer die erwarteten „besonderen Vorteile“ nicht
vom Veranstalter selbst, sondern von Dritten erhalten.
Zu begrüßen ist, dass die im Referentenentwurf vorge-
sehene Regelung, dass auch Zweigniederlassungen
Räumungsverkäufe durchführen dürfen, gestrichen
wurde.
Im laufenden Gesetzgebungsverfahren bleibt aller-
dings zu überprüfen, ob die Ergänzung des Gesetzent-
wurfs um die Aufnahme einer dem alten § 6 d UWG ent-
sprechenden Norm geeignet ist, vielfach aufgetretene und
kritisierte Missstände zu beseitigen.
Im Einzelhandel fand in den letzten Jahren ein uner-
bittlicher Preiskampf statt, der zur Vernichtung vieler mit-
telständischer Existenzen führte. Dieser Prozess ist volks-
wirtschaftlich schädlich. Der Mittelstand ist nicht nur
Rückgrat der Volkswirtschaft, sondern auch Basis eines
funktionierenden Wettbewerbs in der sozialen Markt-
wirtschaft. Am Ende eines derartige Preiskrieges stünde
nur erneute Monopolisierung. Ziel sollte es vielmehr sein,
die Anzahl der Anbieter auf einem hohen Niveau zu hal-
ten, damit eine stetige Konkurrenz der Anbieter unterei-
nander für einen dauerhaften Wettbewerb sorgt. Dies
könnte dadurch erreicht werden, dass den konkurrieren-
den Wettbewerbern ein Instrument in die Hand gegeben
wird, welches ihnen ermöglicht, gegen so genannte
„Lockvogelangebote“ mit Unterlassungsansprüchen vor-
zugehen. Der Handel würde so mit marktwirtschaftlichen
Mitteln Einkaufsvorteilen und möglichen ungerechtfer-
tigten Konditionsspreizungen der Industrie im Interesse
des Nachteilsausgleichs für kleinere und mittlere Unter-
nehmen die Spitze nehmen können.
Die alte Regelung des § 6 d UWG hatte zwar keinen Be-
stand vor der Rechtsprechung, weil der damalige Wortlaut
zwischen Kunde und Wiederverkäufer differenzierte, wo-
bei gegenüber dem Wiederverkäufer allerdings nur ein
völliger Ausschluss, nicht aber eine mengenmäßige Be-
schränkung der Warenabgabe, für einen Unterlassungs-
anspruch ausreichte. Bei den Überlegungen, ob eine ver-
gleichbare Neuregelung abermals in das UWG aufge-
nommen wird, sollte dies keinen Hinderungsgrund
darstellen.
Jedenfalls wäre es höchste Zeit, hier praktikable und
wirkungsvolle wettbewerbsrechtliche Instrumente zu
schaffen, um gerade im Zeitalter der großen Fusionen den
mittelständischen Unternehmen Chancengleichheit im
Wettbewerb zu ermöglichen. Angesichts der Eile, mit der
dieses Gesetz verabschiedet werden muss, wird keine Zeit
bleiben für eine sorgfältige Ausarbeitung derartiger In-
strumente. Dies ist außerordentlich zu bedauern. Wir wer-
den aber alles tun, damit in einem erneuten Gesetzge-
bungsvorhaben dem berechtigten Anliegen der mittel-
ständischen Wirtschaft Rechnung getragen wird. Ein
modernes Wettbewerbsrecht kann darauf nicht verzichten.
Dem vorliegenden Gesetzentwurf stehen wir nicht von
vornherein ablehnend gegenüber, wohl aber in konstruk-
tiver Skepsis.
Rainer Funke (F.D.P.): Der Gesetzentwurf der Bun-
desregierung zur vergleichenden Werbung ist im Hinblick
auf die Umsetzung der europäischen Richtlinie weitest-
gehend unproblematisch. Hier hat der Gesetzgeber kaum
Möglichkeiten, von der europäischen Richtlinie abzu-
weichen. Die vergleichende Werbung wird in Zukunft zu-
zulassen sein und entspricht ja auch der inzwischen geän-
derten Rechtsauffassung des BGHs. Insoweit sagen wir
auch eine zügige Beratung im Rechtsausschuss zu, zumal
der Entwurf des Gesetzes reichlich spät dem Deutschen
Bundestag zugewiesen worden ist, da bereits am 23. April
die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt sein muss.
Diskussionswürdig erscheinen uns jedoch die zusätz-
lichen wettbewerbsrechtlichen Änderungen im UWG, da
dort insbesondere zu den §§ 7 und 8. Ob durch die Neu-
fassung des § 7 UWG hinsichtlich der Sonderveranstal-
tungen tatsächlich mehr Rechtsklarheit entsteht, muss in
der Praxis besprochen werden. Hier kann man zumindest
erhebliche Zweifel haben. Dasselbe gilt für den § 8 UWG,
also den Räumungsverkauf.
Es besteht hier die Gefahr, dass auf der einen Seite mehr
Bürokratie, auf der anderen Seite missbräuchliche Räu-
mungsverkäufe nicht verhindert werden. Um es klar zu sa-
gen: Auch wir wollen zum Schutz des mittelständischen,
seriösen Einzelhandels missbräuchliche Räumungsver-
käufe verhindern.
Ob dies durch mehr Bürokratie und mehr Einsichtnah-
men in Geschäftsunterlagen geschaffen wird, wage ich zu
bezweifeln. Dass die Berufsvertretungen in Zukunft sogar
Einsichtnahme in eine zusammenfassende Auskunft über
die zur Verfügung stehenden Unterlagen erhalten, ist
schon ein sehr weit gehender Eingriff in das Geschäfts-
geheimnis der Kaufleute. Das gilt umso mehr, wenn man
die einzelnen Berufsvertretungen kennt. Hierzu müssten
wir uns im Rechtsausschuss ausführlich besprechen.
Es wäre wohl besser gewesen, die europäische Richt-
linie zur vergleichenden Werbung zügig in nationales
Recht umzusetzen und den Gesetzentwurf zur Änderung
wettbewerbsrechtlicher Vorschriften gründlich und mit
den Fraktionen ausführlich zu beraten.
Werner Schulz (Leipzig) (Bündnis 90/Die Grü-
nen): Durch das vorliegende Gesetz wird die verglei-
chende Werbung in der Europäischen Union harmonisiert.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 96. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. März 2000 8975
(C)
(D)
(A)
(B)
Die vergleichende Werbung ist künftig auch in Deutsch-
land möglich. Dadurch dürfen Produkte aufgrund objekti-
ver und beweisbarer Kriterien, beispielsweise über den
Preis, in der Werbung miteinander verglichen werden.
Nicht gestattet ist es auch, in Zukunft, den Mitbewerber
oder sein Produkt herabzusetzen oder zu verunglimpfen.
Grundlage ist die Richtlinie des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 6. Oktober 1997.
Das Gesetz schafft darüber hinaus Klarheit bei der
Auslegung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften und ver-
bessert die Kontrolle bei Räumungsverkäufen. So können
in Zukunft die häufigen Irreführungen von Verbrauchern
bei Räumungsverkäufen effektiver bekämpft und der mit-
telständische Einzelhandel besser geschützt werden. Die
Industrie- und Handelskammern sollen künftig vom Ver-
anstalter des Räumungsverkaufs die Einsicht in Ge-
schäftspapiere und den Nachweis der Einkaufspreise ver-
langen können. Dadurch soll sichergestellt werden, dass
tatsächlich ein Räumungsverkauf vorliegt und der Händ-
ler dies nicht nur zu Werbezwecken vortäuscht.
Nach unserer Auffassung sollten wir dabei nicht stehen
bleiben. Denkbar wäre eine Aufhebung des Rabattgeset-
zes sowie eine deutliche Lockerung der Zugabeverord-
nung, um den Wettbewerb von veralteten Beschränkungen
zu befreien und den Verbrauchern günstigere Angebote
nicht länger vorzuenthalten. Das Rabattgesetz regelt
zulässige Preisnachlässe bei Waren des täglichen Bedarfs
für den Endverbraucher. Nach der Rechtsprechung ist der
Kreis der betroffenen Waren weit zu ziehen. Lediglich
langlebige und seltene Luxusgüter sind von der Regelung
ausgenommen.
Das Gesetz schränkt einen Teilbereich des Preiswett-
bewerbs im Einzelhandel ein: Die situationsbedingte
oder auf eine bestimmten Kunden oder Kundenkreis ab-
zielende Reduzierung des angekündigten Preises. Damit
hat Deutschland eine der strengsten Regelungen in Euro-
pa und auf der Welt gegen Rabatte. Überspitzt ausge-
drückt: Nur das dreiprozentige Skonto ist erlaubt. Alle
weiteren Rabatte sind verboten. Die Verbraucher sind bis-
her die größten Verlierer der bestehenden Regelung. Den
Preiswettbewerb zu unterdrücken, geht zulasten der Ver-
braucher und der wettbewerbsaktiven, auch kleinen und
mittleren Einzelhändler. Zurzeit gerät das Rabattgesetz
durch die in Kürze zu verabschiedende EG-Richtlinie un-
ter Druck: Nach Artikel 3 des Entwurfs der Richtlinie
müssten europäische Unternehmen, die via Internet auf
dem deutschen Markt anbieten, in Zukunft nur noch das
Recht ihres Herkunftslandes anwenden; was für den deut-
schen Unternehmer einen enormen Nachteil darstellen
würde, da hier bekanntlich Rabatte praktisch verboten
sind. Die Bundesregierung sollte die Gelegenheit aktiv
nutzen und die nationale Gesetzgebung kontinuierlich zu-
gunsten der Verbraucher an die liberaleren Regelungen der
anderen EU-Staaten anzupassen.
Mit Sorge verfolge ich dagegen die Folgen, die sich aus
der E-Commerce-Richtlinie auf das Gesetz gegen den
Unlauteren Wettbewerb (UWG) ergeben. Das Recht des
unlauteren Wettbewerbs in der EU ist durch eine kaum
noch überschaubare Zahl sekundärrechtlicher Harmoni-
sierungsmaßnahmen geprägt. Trotz dieser Vielzahl ge-
meinschaftsrechtlicher Rechtsakte sind aber bislang nur
begrenzte Bereiche von der Angleichung erfasst. Im Übri-
gen handelt es sich zumeist um eine Angleichung durch
Richtlinien, die zudem oft nur Mindestanforderungen ent-
halten. Da sich die nationalen Wettbewerbsrechtsordnun-
gen in ihren Systemen, ihrer Zielrichtung und vor allem
in ihrem Schutzumfang zum Teil beträchtlich voneinan-
der unterscheiden, Deutschland aber über ein relativ ho-
hes Schutzniveau beim unlauteren Wettbewerb verfügt,
kommt der Frage nach der Zukunft des deutschen UWG
und einer weiteren europäischen Harmonisierung auf ho-
hem Niveau eine erhebliche Bedeutung zu. Die Bundes-
regierung wird sich bei der Europäischen Kommission
dafür einsetzen müssen, dass es zu keiner Absenkung des
Schutzniveaus sowohl aus wettbewerbs- als auch ver-
braucherpolitischer Sicht kommt! Ich bin der Auffassung,
dass der Erhalt des hohen Schutzniveaus von Verbrau-
chern und Mitbewerbern durch das deutsche UWG hohe
Priorität haben sollte.
Dr. Evelyn Kenzler (PDS):Grundsätzlich begrüßt die
PDS, dass es der Bundesregierung wieder einmal zu ge-
lingen scheint, eine EU-Richtlinie pünktlich umzusetzen.
Jedenfalls an uns wird die Termintreue nicht scheitern.
Den Dank an das federführende Bundesjustizministe-
rium möchte ich dennoch mit der Frage verbinden, wa-
rum in diesem – relativ unkomplizierten – Fall trotzdem
so lange gebraucht wurde: Die Richtlinie ist schließlich
fast eineinhalb Jahre, die einschlägigen Vorschläge der
deutschen „Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Wettbe-
werbsrechts“ sind gar schon drei Jahre alt! Ganz zu
schweigen von Art. 2 des Gesetzentwurfes, der Teile ei-
ner acht Jahre alten EU-Richtlinie endlich in deutsches
Recht umsetzt. So gesehen war der nun wieder einmal ent-
standene Zeitdruck auf Bundestag und Bundesrat durch-
aus vermeidbar.
Zu den Regelungen im Einzelnen: Wir begrüßen die
Neuregelungen ganz überwiegend. Das gilt insbesondere
für die Klarstellungen zur Bewerbung von Arzneimitteln
per Art. 2; zum Gerichtsstand bei ausländischen Beklag-
ten – Art. 1, Nr. 7 –; zum Charakter tatsächlich unlauterer
Sonderverkaufsveranstaltungen – Art. 1, Nr. 5 – sowie zur
Einbeziehung der Schneeballsysteme in strafbaren unlau-
teren Wettbewerb, Art. 1, Nr. 4.
Bei der ebenfalls unterstützenswerten Präzisierung des
Rechts der Räumungsverkäufe ist uns besonders wichtig,
dass die noch im Referentenentwurf enthaltene Einbezie-
hung von Filialisten wieder vom Tisch ist und auch nicht
wieder auf diesen kommt. Das wäre ein weiteres Einfalls-
tor zur Liquidierung des klein- und mittelständischen Ein-
zelhandels gewesen, die mit uns nicht zu machen ist.
Handelsketten ist bei Aufgabe einer Filiale schließlich
problemlos zuzumuten, noch nicht abgesetzte Ware auf
andere Niederlassungen zu verteilen, statt über Laden-auf-
Laden-zu-Spiele mittels permanenter „Räumungsware“-
Angebote Konkurrenten vom Markt zu „räumen“.
Die Neuregelung zur vergleichenden Werbung ist
ausdrücklich zu begrüßen. Die Möglichkeit, in der Wer-
bung sachliche Vergleiche zwischen Waren und Dienst-
leistungen vornehmen zu können, ist ganz im Sinne der
Verbraucher. Allerdings wird es in der Praxis darauf
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 96. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. März 20008976
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(B)
ankommen, aggressive oder gar irreführende Werbung zu
unterbinden. Die ausgewogenen Regelungsvorschläge
stimmen uns dabei optimistisch. Sie dürften zur Rechts-
sicherheit durch Rechtsklarheit beitragen. An einem
Punkt sehen wir allerdings noch Beratungsbedarf in den
Ausschüssen: Der letzte Satz des § 2 Abs. 3 sollte ersatz-
los gestrichen werden.
Sonderangebote nach dem Motto „Solange der kleine
Vorrat reicht“ sind insbesondere in den am härtesten um-
kämpften Branchen wie Möbel, Computer oder Heim-
elektronik eine beliebte unlautere Wettbewerbsmethode.
Da reicht dann der „Vorrat“ für ganze fünf oder zehn Kun-
den. Aber das Unternehmen hat erreicht, dass das Wo-
chenende oder gar die Woche über das Geschäft voller
Menschen ist, von denen etliche dann doch mit Einkäu-
fen, aber teureren als den angekündigten, nach Hause ge-
hen. Solches unlautere Geschäftsgebaren sollte nicht noch
ausdrücklich legalisiert werden. Wer so genannte
Schnäppchen bewirbt, der soll diese Angebote außerhalb
der gesetzlichen Schlussverkäufe auch für eine bestimm-
te Zeitspanne – und wenn es für einen Tag ist – garantie-
ren müssen.
Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der
Justiz:Die Bundesregierung verfolgt mit dem Gesetzent-
wurf zwei Ziele: erstens die Umsetzung der Richtlinie
97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
zur vergleichenden Werbung, zweitens kleinere Korrek-
turen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, die auf
Empfehlungen einer im Bundesministerium der Justiz ge-
bildeten Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Wettbe-
werbsrechts aus dem Jahr 1997 zurückgehen.
Schwerpunkt des von der Bundesregierung beschlos-
senen Gesetzentwurfs ist die Umsetzung der Richtlinie des
Europäischen Parlaments und des Rates zur vergleichen-
den Werbung. Diese Richtlinie harmonisiert die rechtli-
chen Rahmenbedingungen der vergleichenden Werbung
im Binnenmarkt und führt in Deutschland zur Liberali-
sierung der bestehenden Vorschriften. Vergleichende
Werbung soll der Information der Verbraucher dienen und
transparente Marktbedingungen schaffen.
Bisher galt im deutschen Recht – von eng umrissenen,
von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen abge-
sehen – ein grundsätzliches Verbot vergleichender Wer-
bung wegen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 1 UWG. Das
bislang bestehende Regel-Ausnahme-Verhältnis hat sich
nach der Verabschiedung der Richtlinie 1997 umgekehrt:
Mittlerweile gehen auch der Bundesgerichtshof und die
Instanzgerichte von der grundsätzlichen Zulässigkeit aus
und wenden die Kriterien der Richtlinie im Vorgriff auf die
Umsetzung bereits an. Die Richtlinie muss dennoch aus
Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit umge-
setzt werden, denn bereits vor der Umsetzung der Richt-
linie hat sich die Werbepraxis diese neue Form zu Eigen
gemacht.
Sie kennen den Einsatz von Werbevergleichen vor-
zugsweise durch Anbieter von Telekommunikations-
Dienstleistungen: Call-by-Call-Anbieter, Internetanbie-
ter und Autovermieter, zum Beispiel Avis, Sixt, Hertz, Eu-
ropcar. Werbevergleiche helfen gerade Newcomern, die
Besonderheiten ihres neuen Produkts oder ihrer Dienst-
leistung gegenüber herkömmlichen und bekannten Pro-
dukten oder Dienstleistungen hervorzuheben.
Mit diesem Gesetz wollen wir jetzt verlässliche Rah-
menbedingungen für moderne, zeitgemäße Werbeformen
schaffen. Wir versprechen uns von der Regelung eine po-
sitiven Effekt: „Mehr Wettbewerb durch mehr transpa-
rente Werbung.“
Welche Vorschläge enthält der Gesetzentwurf? Art. 1
schlägt zunächst eine Ergänzung des Gesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb, UWG, vor, nach der vergleichen-
de Werbung künftig grundsätzlich zulässig sein soll.
Im Interesse der sachgerechten Information des Ver-
brauchers und der Fairness im Wettbewerb müssen aber
folgende Bedingungen eingehalten werden:
Erstens. Der Werbevergleich muss sachlich sein, darf
nicht irreführen oder Verwechslungen der Produkte her-
vorrufen. Täuschende Werbeaussagen sollen damit unter-
bleiben.
Zweitens. Es dürfen nur wesentliche, typische und
nachprüfbare Eigenschaften von Waren und Dienstleis-
tungen oder – und das ist besonders wichtig – der Preis ge-
genübergestellt werden. Auch in Zukunft bleiben nicht
überprüfbare Aussagen zum Geschmack oder Geruch,
wie etwa: „Unser Produkt A schmeckt besser als das Pro-
dukt B von XY“ unzulässig, da solche Bewertungen
höchst subjektiv vom Konsumentengeschmack abhän-
gen.
Drittens. Der Mitbewerber und die von ihm vertriebe-
nen Produkte dürfen nicht herabgesetzt oder verunglimpft
werden. Polemik und Rufschädigung auf Kosten des Mit-
bewerbers sind bei vergleichender Werbung nämlich nicht
erwünscht.
Werden diese Kriterien nicht eingehalten, ist der Wer-
bevergleich sittenwidrig und damit unzulässig.
Art. 2 des Entwurfs enthält außerdem eine Ergänzung
des § 11 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete
des Heilwesens, HWG. Dies ist wegen der besonderen
Vorgaben in der Humanarzneimittelrichtlinie für die sen-
sible Werbung mit Arzneimitteln notwendig geworden.
Den Gesetzentwurf haben wir außerdem zum Anlass
genommen, einige Empfehlungen zur Klarstellung und
Verbesserung der Rechtslage aufzugreifen, die die Ar-
beitsgruppe des Bundesministeriums der Justiz zur
Überprüfung des Wettbewerbsrechts aus Vertretern der
beteiligten Kreise, der Gerichte und der Wissenschaft ge-
macht hat: Vor allem Missbräuche im Bereich der Räu-
mungsverkäufe sollten künftig mittels verbesserter Kon-
trolle durch die Industrie- und Handelskammern
bekämpft werden. Dazu wird der Anspruch auf Einsicht
in Geschäftspapiere und auf Nachweis der Einkaufsprei-
se erweitert.
Nicht mehr im Regierungsentwurf weiterverfolgt wird
hingegen der noch im Referentenentwurf enthaltene Vor-
schlag, Räumungsverkäufe auch für einzelne Filialen zu-
zulassen. Die Bundesregierung legt nämlich großen Wert
darauf, dass die kleinen und mittleren Unternehmen im
Wettbewerb nicht benachteiligt werden. Daher haben
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uns die Argumente der kleinen und mittelständischen
Unternehmen des Einzelhandels überzeugt, dass die Ge-
fahr des Missbrauchs und Verdrängungswettbewerbs bei
einer derartigen Liberalisierung zu groß wäre.
Die Bundesregierung setzt – auch im Hinblick auf die
Umsetzungsfrist für die Richtlinie bis 23. April 2000 – auf
eine zügige Prüfung und Beratung in den Ausschüssen.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Werner Labsch, Albrecht
Papenroth, Dr. Peter Danckert, Barbara Wittig
und Jürgen Wieczorek (Böhlen) (alle SPD) zur
namentlichen Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes zum Schutz der Stromerzeugung
aus Kraft-Wärme-Kopplung (KW-Vorschalt-
gesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 7)
Gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages geben wir zum „Kraft-Wärme-Kopplungs-
gesetz“ folgende Erklärung ab:
Diesem Gesetz haben die Unterzeichner dieser Er-
klärung ihre Zustimmung aus folgenden Gründen gege-
ben:
1. Dem Anliegen der ressourcenschonenden, umwelt- und
klimafreundlichen Energieerzeugung wird mit der Förde-
rung der Kraft-Wärme-Kopplung Rechnung getragen.
2. Den Stadtwerken wird eine notwendige Anpassungs-
hilfe am Strommarkt gewährt.
Die Unterzeichner sehen für das Gesetz jedoch auch
Ablehnungsgründe:
1. Die Vergütung erscheint überhöht.
2. Eine Belastung für den unter Druck geratenen ostdeut-
schen Stromerzeuger VEAG ist durch die hohen Ab-
schreibungskosten bereits gegeben. Darüber hinaus be-
nachteiligt der § 2 (2) die VEAG im Grund- und Mittel-
lastbereich.
Es besteht nach Ansicht der Unterzeichner Nachbesse-
rungsbedarf.
Anlage 5
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss die EU-Vorlagen bzw. Unter-
richtungen durch das Europäische Parlament zur Kennt-
nis genommen und von einer Beratung abgesehen hat.
Haushaltsausschuss
Drucksache 14/2009 Nr. 2.1Drucksache 14/2414 Nr. 2.2
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Drucksache 14/2609 Nr. 1.2Drucksache 14/2609 Nr. 1.3Drucksache 14/2609 Nr. 1.4Drucksache 14/2609 Nr. 1.5Drucksache 14/2609 Nr. 1.7Drucksache 14/2609 Nr. 1.12Drucksache 14/2609 Nr. 1.13
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Drucksache 14/2747 Nr. 2.19Drucksache 14/2747 Nr. 2.25Drucksache 14/2747 Nr. 2.37Drucksache 14/2747 Nr. 2.38Drucksache 14/2817 Nr. 2.7Drucksache 14/2817 Nr. 2.8Drucksache 14/2817 Nr. 2.31
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Drucksache 14/272 Nr. 1.87Drucksache 14/1276 Nr. 2.1Drucksache 14/1617 Nr. 2.1Drucksache 14/1617 Nr. 2.53Drucksache 14/2104 Nr. 2.22
Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44
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