Plenarprotokoll 14/93
Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
93. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
I n h a l t :
Begrüßung des Präsidenten der Saeima der
Republik Lettland, Herrn Jãnis Straume,
und seiner Delegation ..................................... 8553 A
Dank an die Mitarbeiter des Bundesgrenz-
schutzes und der Bundeswehr für die Arbeit in
Mosambik ....................................................... 8553 C
Gedenken an die Toten der Hochwasserkata-
strophe in Mosambik ........................................ 8553 C
Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
neten Dr. Rainer Jork, Albrecht Feibel,
Horst Schmidbauer (Nürnberg), Heinz
Schemken und Dr. Heiner Geißler ............... 8553 D
Wahl des Abgeordneten Reinhold Strobl
(Amberg) zum Schriftführer .................... ...... 8553 D
Erweiterung der Tagesordnung ....................... 8554 A
Nachträgliche Ausschussüberweisungen ........ 8554 D
Tagesordnungspunkt 4:
a) Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung: Aktionsplan der Bundesregie-
rung zur Bekämpfung von Gewalt
gegen Frauen (Drucksache 14/2812) .. 8555 C
b) Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Hanna Wolf (München),
Lilo Friedrich (Mettmann), weiteren
Abgeordneten und der Fraktion SPD
sowie der Abgeordneten Irmingard
Schewe-Gerigk, Marieluise Beck
(Bremen), weiteren Abgeordneten und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Auslän-
dergesetzes
(Drucksachen 14/2368, 14/2902) ........ 8555 C
Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin
BMFSFJ .......................................................... 8555 D
Ilse Falk CDU/CSU ......................................... 8557 D
Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE
GRÜNEN......................................................... 8560 B
Ina Lenke F.D.P. ............................................. 8562 B
Petra Bläss PDS ............................................... 8563 C
Ulla Schmidt (Aachen) SPD ........................... 8564 D
Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU ........................ 8566 C
Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 8569 B
Hanna Wolf (München) SPD .......................... 8570 B
Erwin Marschewski CDU/CSU ................... 8571 B
Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 8571 D
Dr. Max Stadler F.D.P. .................................... 8572 B
Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin
BMJ ................................................................. 8573 A
Tagesordnungspunkt 5:
Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen
Rüttgers, Erwin Marschewski (Reckling-
hausen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion CDU/CSU: Modernes europä-
isches Asyl- und Ausländerrecht
(Drucksache 14/2695) ................................ 8575 B
Wolfgang Bosbach CDU/CSU ........................ 8575 C
Rüdiger Veit SPD ............................................ 8579 B
Erwin Marschewski CDU/CSU ................... 8580 C
Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU .................... 8581 A
II Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ........................ 8581 D
Dieter Wiefelspütz SPD .............................. 8583 A
Rüdiger Veit SPD ....................................... 8584 A
Sebastian Edathy SPD ................................ 8584 C
Erwin Marschewski CDU/CSU .................. 8585 C
Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 8586 B
Ulla Jelpke PDS .............................................. 8588 A
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Parl. Staats-
sekretärin BMI ................................................ 8589 D
Erwin Marschewski CDU/CSU .................. 8590 C
Hannelore Rönsch (Wiesbaden)
CDU/CSU ....................................................... 8591 C
Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU ................... 8591 D
Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU
(zur GO) .......................................................... 8592 C
Dr. Angelica Schwall-Düren SPD
(zur GO) .......................................................... 8592 D
Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU ..................... 8593 A
Meinrad Belle CDU/CSU ........................... 8594 A
Dieter Wiefelspütz SPD .............................. 8594 D
Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 8595 C
Eckhardt Barthel (Berlin) SPD ....................... 8597 A
Sebastian Edathy SPD .................................... 8598 B
Erwin Marschewski CDU/CSU .................. 8598 D
Tagesordnungspunkt 12:
Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren
a) Erste Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines
Vierten Gesetzes zur Änderung des
Futtermittelgesetzes
(Drucksache 14/2636) ......................... 8601 A
b) Antrag der Abgeordneten Maritta
Böttcher, Dr. Heinrich Fink, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion PDS:
Strukturelle Erneuerung der Aus-
bildungsförderung
(Drucksache 14/2789) ......................... 8601 B
Zusatztagesordnungspunkt 2:
Weitere Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren
(Ergänzung zu TOP 12)
a) Erste Beratung des von der Fraktion
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Umsetzung einer
Steuerreform für Wachstum und
Beschäftigung (Drucksache 14/2903) . 8601 B
b) Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara
Höll, Rolf Kutzmutz, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion PDS: Be-
steuerung der Unternehmen nach
deren Leistungsfähigkeit
(Drucksache 14/2912) .......................... 8601 C
c) Erste Beratung des von der Fraktion
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Stabilisierung des
Mitgliederkreises von Bundesknapp-
schaft und See-Krankenkasse
(Drucksache 14/2904) .......................... 8601 C
d) Antrag der Abgeordneten Stephan
Hilsberg, Brigitte Wimmer (Karlsru-
he), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion SPD sowie der Abgeordneten
Matthias Berninger, Hans-Josef Fell,
weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für
eine Modernisierung der Ausbil-
dungsförderung für Studierende
(Drucksache 14/2905) .......................... 8601 C
Tagesordnungspunkt 13:
Abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache
a) Zweite Beratung und Schlussabstim-
mung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Verlängerung der Geltungsdau-
er des Internationalen Kaffee-Über-
einkommens von 1994
(Drucksachen 14/2125,14/2744) .......... 8601 D
b) Zweite und dritte Beratung des vom
Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung des Kör-
perschaftsteuer- und Gewerbesteu-
ergesetzes
(Drucksachen 14/1520, 14/2780) ......... 8602 A
c) Zweite und dritte Beratung des vom
Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung des In-
vestitionszulagengesetzes 1999
(Drucksache 14/2270, 14/2818) ........... 8602 A
d) Beschlussempfehlung des Rechtsaus-
schusses :
Übersicht 3
über die dem Deutschen Bundestag
zugeleiteten Streitsachen vor dem
Bundesverfassungsgericht
(Drucksache 14/2779) .......................... 8602 B
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000 III
Zusatztagesordnungspunkt 3:
Weitere abschließende Beratungen ohne
Aussprache
(Ergänzung zu TOP 13)
Zweite und dritte Beratung des von den
Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Übergangsgesetzes aus
Anlass des Zweiten Gesetzes zur Ände-
rung der Handwerksordnung und ande-
rer handwerksrechtlicher Vorschriften
(Drucksachen 14/2809, 14/2922) .............. 8602 B
Zusatztagesordnungspunkt 4:
Aktuelle Stunde betr. Kritische Bewer-
tung der Umweltpolitik der Bundes-
regierung durch den Umwelt-
Sachverständigenrat ............................... 8602 D
Kurt-Dieter Grill CDU/CSU ........................... 8602 D
Ulrike Mehl SPD ............................................ 8603 D
Birgit Homburger F.D.P. ................................ 8604 D
Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 8606 A
Eva Bulling-Schröter PDS .............................. 8607 C
Jürgen Trittin, Bundesminister BMU ............. 8608 B
Dr. Christian Ruck CDU/CSU ........................ 8610 B
Marion Caspers-Merk SPD ............................. 8611 C
Dr. Peter Paziorek CDU/CSU ......................... 8613 A
Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN ................................................................ 8614 C
Vera Lengsfeld CDU/CSU ............................. 8616 A
Monika Ganseforth SPD ................................. 8617 D
Kurt-Dieter Grill CDU/CSU ........................... 8618 D
Michael Müller (Düsseldorf) SPD .................. 8620 A
Tagesordnungspunkt 6:
a) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Ent-
schließungsantrag der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
F.D.P. zu der Regierungserklärung
des Bundeskanzlers zum bevorste-
henden Europäischen Rat in Helsin-
ki am 10./11. Dezember 1999
(Drucksachen 14/2279, 14/2757) .......... 8621 A
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Ent-
schließungsantrag der Fraktion PDS zu
der Regierungserklärung des Bun-
deskanzlers zum bevorstehenden
Europäischen Rat in Helsinki am
10./11. Dezember 1999
(Drucksachen 14/2289, 14/2756) .......... 8621 B
Rudolf Bindig SPD ......................................... 8621 C
Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU ............ 8623 B
Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN ................................................................ 8624 B
Ulrich Irmer F.D.P. ......................................... 8625 B
Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 8626 D
Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU ............. 8627 D
Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD ................ 8629 A
Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU ..................... 8630 C
Joseph Fischer, Bundesminister AA ............... 8631 C
Absetzung der Tagesordnungspunkte
8 und 10 ........................................................... 8633 A
Tagesordnungspunkt 7:
Antrag der Abgeordneten Norbert Otto
(Erfurt), Dirk Fischer (Hamburg), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU:
Weiterbau des Verkehrsprojektes Deut-
sche Einheit (VDE) Nr. 8 – Schienen-
neubaustrecke Nürnberg–Erfurt–Halle/
Leipzig–Berlin
(Drucksache 14/2692) ................................ 8633 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 5:
Antrag der Abgeordneten Angelika Mer-
tens, Hans-Günter Bruckmann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie
der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzho-
fen) Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN. Verbesserung
der Verkehrsinfrastruktur Thüringen/
Nordbayern im Rahmen des Verkehrs-
projektes Deutsche Einheit (VDE) Nr. 8
Schienenneubaustrecke Nürnberg–Er-
furt–Halle/Leipzig–Berlin
(Drucksache 14/2906) ................................ 8633 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 6:
Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich,
Hans-Michael Goldmann, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion F.D.P.: Ja zur
Schienenneubaustrecke Nürnberg–Er-
furt–Halle/ Leipzig–Berlin
(Drucksache 14/2914) ................................ 8633 C
in Verbindung mit
IV Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
Zusatztagesordnungspunkt 7:
Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried
Wolf, Christine Ostrowski, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion PDS: Flächen-
hafter Ausbau der Schienenwege im Be-
reich Nordbayern, Hessen, Thüringen
und Sachsen
(Drucksache 14/2525) ............................... 8633 C
Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU .................... 8633 D
Wieland Sorge SPD ........................................ 8634 C
Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN ................................................ 8635 D
Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. ................... 8637 A
Dr. Winfried Wolf PDS .................................. 8637 D
Renate Blank CDU/CSU ................................ 8638 C
Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW . 8640 A
Tagesordnungspunkt 8:
a) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung:
Vorschlag für eine Verordnung (EG)
des Rates über die freiwillige Beteili-
gung von Organisationen an einem
Gemeinschaftssystem für das Um-
weltmanagement und die Umweltbe-
triebsprüfung (Drucksachen 14/488
Nr. 2.58, 14/1131) ............................... 8641 B
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit zu dem Antrag
der Abgeordneten Birgit Homburger,
Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion F.D.P.: Erhöhung
der Attraktivität des freiwilligen
Umweltaudits durch Deregulierung
(Drucksachen 14/570, 14/2030) ........... 8641 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 8:
Antrag der Fraktionen SPD und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Umweltcontrol-
ling und Umweltmanagement in Bun-
desbehörden und Liegenschaften
(Drucksache 14/2907) ............................... 8641 B
Tagesordnungspunkt 9:
Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk
Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.:
Abschaffung der Arbeitserlaubnis-
pflicht (Drucksachen 14/1335, 14/2840) ... 8641 B
Dirk Niebel F.D.P. .......................................... 8641 C
Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 8643 B
Dirk Niebel F.D.P. .......................................... 8643 C
Leyla Onur SPD .............................................. 8643 D
Dirk Niebel F.D.P. .......................................... 8645 B
Leyla Onur SPD .............................................. 8646 A
Franz Romer CDU/CSU .................................. 8646 B
Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN ................................................................ 8647 D
Dr. Klaus Grehn PDS ...................................... 8649 D
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 8650 C
Heinz Schemken CDU/CSU ........................... 8652 A
Tagesordnungspunkt 11:
Große Anfrage der Fraktion PDS: Zur
Entwicklung und zur Situation in Ost-
deutschland
(Drucksachen 14/860, 14/2622) ................. 8653 D
Dr. Gregor Gysi PDS ...................................... 8653 D
Dr. Mathias Schubert SPD .............................. 8655 D
Klaus Brähmig CDU/CSU .............................. 8657 B
Jürgen Türk F.D.P. .......................................... 8659 A
Dr. Peter Eckardt SPD ..................................... 8660 B
Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 8661 D
Namentliche Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der PDS-Fraktion ............... 8663 C
Ergebnis .......................................................... 8663 C
Nächste Sitzung ............................................... 8663 D
Berichtigung .................................................... 8664 A
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 8665 A
Anlage 2
Rentenüberweisungen auf die persönlichen
Konten der Versicherten statt über die Post-
bank
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000 V
MdlAnfr 38, 39
Heinz Schemken CDU/CSU
Antw PStSekr Gerd Andres BMA .................. 8665 D
Anlage 3
Mehrausgaben für die Arbeitslosenversiche-
rung durch das Bundesverfassungsgerichtsur-
teil zum Arbeitslosengeldanspruch von Grenz-
gängern
MdlAnfr 40
Thomas Strobl CDU/CSU
Antw PStSekr Gerd Andres BMA ................... 8666 B
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Ulla Jelpke (PDS) zur Abstimmung über den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Ausländergesetzes – Drucksache 14/2368
(Tagesordnungspunkt 4 b) ............................... 8666 C
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der
Großen Anfrage „Zur Entwicklung und zur
Situation in Ostdeutschland“ (Tagesordnungs-
punkt 11)
Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ......................................................... 8667 C
Anlage 6
Amtliche Mitteilungen .................................... 8669 A
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000 8553
(A)
(B)
(C)
(D)
93. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
Beginn: 9.00 Uhr
__________
*) Die Abstimmungsliste lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Sie wird als Anlage zum Stenographischen Bericht der 94. Sitzung
abgedruckt.
Katherina Reiche
8664 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
(A)
(B)
(C)
(D)
Berichtigung
92. Sitzung. Seite 8546 B: Zwischen der Zei-
le 7 und 8 ist „Kröning, Volker SPD
15.03.2000*“ einfügen.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000 8665
(A)
(B)
(C)
(D)
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Altmann (Aurich),
Gila
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Beer, Angelika BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Bohl, Friedrich CDU/CSU 16.03.2000
Büttner (Ingolstadt),
Hans
SPD 16.03.2000
Carstensen (Nordstrand),
Peter H.
CDU/CSU 16.03.2000
Dreßler, Rudolf SPD 16.03.2000
Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 16.03.2000
Freitag, Dagmar SPD 16.03.2000
Frick, Gisela F.D.P. 16.03.2000
Friedrich (Altenburg),
Peter
SPD 16.03.2000
Gebhardt, Fred PDS 16.03.2000
Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 16.03.2000
Goldmann, Hans-Michael F.D.P. 16.03.2000
Hermenau, Antje BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Hinsken, Ernst CDU/CSU 16.03.2000
Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Ibrügger, Lothar SPD 16.03.2000
Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 16.03.2000
Mascher, Ulrike SPD 16.03.2000
Matschie, Christoph SPD 16.03.2000
Dr. Meyer (Ulm),
Jürgen
SPD 16.03.2000
Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 16.03.2000
Müller (Berlin), Manfred PDS 16.03.2000
Müller (Kiel), Klaus
Wolfgang
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Ohl, Eckhard SPD 16.03.2000
Probst, Simone BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
16.03.2000
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Röspel, René SPD 16.03.2000
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 16.03.2000
Dr. Scheer, Hermann SPD 16.03.2000
Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 16.03.2000
Schlee, Dietmar CDU/CSU 16.03.2000
Schmitz (Baesweiler),
Hans Peter
CDU/CSU 16.03.2000
Schösser, Fritz SPD 16.03.2000
Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 16.03.2000
Schultz (Everswinkel),
Reinhard
SPD 16.03.2000
Steen, Antje-Marie SPD 16.03.2000
Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 16.03.2000
Thönnes, Franz SPD 16.03.2000
Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 16.03.2000
Dr. Westerwelle, Guido F.D.P. 16.03.2000
Wieczorek (Duisburg),
Helmut
SPD 16.03.2000
Willner, Gert CDU/CSU 16.03.2000
Wissmann, Matthias CDU/CSU 16.03.2000
Wolf, Aribert CDU/CSU 16.03.2000
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen des
Abgeordneten Heinz Schemken (CDU/CSU) (Druck-
sache 14/2877, Fragen 38 und 39):
Warum überweisen die Rentenversicherungsträger die Ren-ten an die Versicherten über die Postbank?
Sehen die Rentenversicherungsträger durch eine unmittelba-re Überweisung der Renten auf das jeweilige Konto des einzel-nen Versicherten die Möglichkeit von Zinseinsparungen und damit einer Reduzierung der Verwaltungsaufgaben?
Zu Frage 38:
Die Auszahlung der Renten ist kraft Gesetzes Aufga-
be der Deutschen Post AG. Die Deutsche Post AG han-
delt insoweit im Rahmen eines gesetzlichen Auftrags für
die Träger der Rentenversicherung. Die Deutsche Post-
bank AG ist eine Tochter der Deutschen Post AG und
nimmt für diese die Funktion einer „Hausbank“ wahr.
Die Deutsche Postbank AG übernimmt dabei die Bünde-
lung der Zahlströme sowohl bei den Überweisungen als
auch bei den Rückflüssen (z.B. bei Kontenwechsel oder
8666 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
(A)
(B)
(C)
(D)
Überzahlungen wegen Todes). So kann ein Massenzahl-
verfahren von monatlich mehr als 23 Millionen Über-
weisungen – auch unter EDV-Gesichtspunkten – effi-
zient und kostengünstig abgewickelt werden. Die Deut-
sche Post AG stellt dabei auch die Zahlung an Empfän-
ger ohne Bankverbindung durch spezielle Zahlverfahren
(Zahlungsanweisungen) sicher.
Zu Frage 39:
Die Deutsche Postbank AG reicht die ihr von den
Rentenversicherungsträgern zur Verfügung gestellte Va-
luta für die Rentenzahlungen stets taggleich, – und zwar
innerhalb von Stunden – an die Empfängerbanken wei-
ter. Dies gilt in der weit überwiegenden Zahl der Fälle
im Übrigen auch für die Weiterbuchung der Valuta
durch die Empfängerbanken auf den Konten der Rent-
ner, etwas anderes gilt lediglich für kleinere Banken, die
nur in mehreren Zwischenstationen erreicht werden
können. Eine unmittelbare Überweisung der Renten
durch die Träger der Rentenversicherung wäre daher in-
soweit weder für die Träger noch für die Rentner mit
Zinsgewinnen verbunden. Bei den Verwaltungskosten
ist zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Synergie-
Effekte nur dann erzielt werden können, wenn die Aus-
zahlung der Renten trägerübergreifend erfolgt. Im Rah-
men der Diskussion um die Organisationsreform in der
Rentenversicherung steht auch die Durchführung des
Rentenzahlverfahrens auf dem Prüfstand. In diesem Zu-
sammenhang wird die Bundesregierung insbesondere
prüfen, ob durch eine Änderung des Rentenzahlverfah-
rens Zinsgewinne oder eine Reduzierung der Verwal-
tungsaufgaben erreicht werden können.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des
Abgeordneten Thomas Strobl (CDU/CSU) (Drucksa-
che 14/2877, Frage 40):
In welcher Höhe rechnet die Bundesregierung mit Mehraus-gaben für die Arbeitslosenversicherung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 809/95) zum Arbeitslosen-geldanspruch von Grenzgängern?
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
vom 30. Dezember 1999 – BvR 809/95 – ist einem im
grenznahen Ausland wohnenden Grenzgänger Arbeits-
losengeld dann zu bewilligen, wenn dieser der deutschen
Arbeitsvermittlung in gleicher Weise zur Verfügung
steht wie ein im Inland lebender Arbeitsuchender und
auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.
Diese Rechtslage begünstigt vor allem in Deutschland
beschäftigte Arbeitnehmer, die in den östlichen Anrai-
nerstaaten Polen und Tschechien wohnen. Inwieweit sie
Regelungen der Verordnung (EWG) 1408/71 über die
Anwendung der Sozialen Sicherungssysteme auf Wan-
derarbeitnehmer überlagert und deshalb auch an den
westlichen Grenzen wirkt, wird derzeit noch geprüft.
Erst nach Abschluss dieser Prüfung kann beurteilt wer-
den, welche Mehrausgaben der Bundesanstalt für Arbeit
durch die genannte Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts entstehen.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) zur Ab-
stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Ausländergesetzes – Drucksache
14/2368 (Tagesordnungspunkt 4 b)
Ulla Jelpke (PDS): Der Gesetzentwurf bleibt hinter
den Maximalforderungen zurück, ist insgesamt – auch
nach Einschätzungen von Frauenorganisationen – aber
begrüßenswert. Ich stimme der Gesetzesänderung zu,
dennoch muss Kritik geübt werden an folgenden Punk-
ten:
Erstens, Ehebestandszeiten. Die Reduzierung der
Ehebestandszeit von vier auf zwei Jahre ist zwar besser
als nichts, aber nicht ausreichend und mithin willkürlich.
Warum zwei Jahre – warum nicht 16 Monate, ein Jahr
oder weniger? Familienpolitisch zählt ein Mensch direkt
nach der Heirat als vollwertiges Mitglied dieser Gesell-
schaft, mit sämtlichen damit einhergehenden Rechten
und Pflichten. Anzustreben wäre ein sofortiges uneinge-
schränktes eigenständiges Aufenthaltsrecht für Ehefrau-
en und -männer.
Hierzu muss allerdings angemerkt werden, dass auch
wir in einem Änderungsantrag – Drucksache 14/991 –
zum Staatsangehörigkeitsrecht die Reduzierung von vier
auf zwei Jahre gefordert haben. Entweder es merkt keine
und keiner oder wir müssen das mit pragmatischen
Überlegungen der Durchsetzbarkeit begründen.
Die Ehe muss im Inland zwei Jahre bestehen. Warum
zählt nicht die Bestandszeit im Ausland? Häufig beste-
hen Ehen schon längere Zeit im Ausland und gehen in
Deutschland in die Brüche. Es ist nicht einzusehen, wa-
rum diese Zeiten nicht berücksichtigt werden.
Die Ehe muss ununterbrochen im Inland bestehen.
Längere dazwischen liegende Aufenthaltszeiten im Aus-
land unterbrechen die Zählung ebenso wie eine Tren-
nung vom Ehepartner, zum Beispiel aus Gründen der
Bedrohung oder der Gewalt. Das heißt, dass eine Frau –
seltener ein Mann – die aus Gründen der physischen
oder psychischen Bedrohung oder Misshandlung in ihrer
Ehe eine Trennung herbeiführt und ein eigenständiges
Aufenthaltsrecht beantragt, dieses aber verwehrt be-
kommt, entweder ausreisen muss oder zu ihrem Mann
bzw. seiner Frau zurückkehren muss. Dann beginnt die
Zählung der zwei Jahre wieder von vorne!
Zweitens, Sozialhilfebezug. Jetzt ist es so, dass Aus-
länderbehörden in Härtefällen, in denen die Frauen auf
Sozialhilfe angewiesen sind, die Verlängerung der Auf-
enthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt werden kann. Da-
nach kann eine Aufenthaltsverlängerung nach § 7 Abs. 2
AuslG versagt und die Frau nach § 46 Abs. 6 ausgewie-
sen werden. Bezieht sich beides auf den Bezug von So-
zialhilfe. Im Begründungstext des Gesetzentwurfes heißt
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es nun, dass dies nicht zutreffen soll, wenn Kinder der
Grund für den Sozialhilfebezug sind. Der Sozialhilfebe-
zug darf aber auch in anderen Fällen kein Ausweisungs-
grund sein!
Drittens, Härtefälle. Die Reduzierung von der „au-
ßergewöhnlichen“ zur „besonderen“ Härte ist wichtig,
besser wäre aber die Streichung dieses qualifizierten Zu-
satzes und lediglich die Anforderung, dass ein Verbleib
der betreffenden Person in der Ehe unzumutbar ist, wenn
eine „Härte“ vorliegt. Auch die „besondere Härte“ kann
noch zu Definitionen führen, die einer schwierigen Be-
weislast insbesondere bei psychischer Gewalt führen –
wie zum Beispiel den Entzug von Geld oder das Ein-
sperren einer Frau.
Länderspezifische Ungleichheiten kann es auch hier
noch hinsichtlich der Beweisführung geben. Es gibt
Länder, in denen Ausländerämter allein die Tatsache,
dass eine Frau ins Frauenhaus geht, schon als Beweis
akzeptieren, dass sie bedroht oder misshandelt wurde. In
anderen Ländern muss eine Anzeige bei der Polizei oder
ein ärztliches Gutachten vorliegen. Wichtig wäre hier
eine Klarstellung, dass auch den Aussagen von Berate-
rinnen und Beratern aus Frauenhäusern und Unterstüt-
zungsgruppen Beweiskraft zugestanden wird.
Viertens. In der Begründung zu Nr. 2 findet sich auch
noch eine kritikwürdige Formulierung. Diese Bestim-
mung knüpft die Aufenthaltsberechtigung an den Um-
stand, dass „der Ehegatte durch die Rückkehr ins Her-
kunftsland ungleich härter getroffen wird als andere
Ausländer, die nach kurzen Aufenthaltszeiten Deutsch-
land verlassen müssen.“ Was soll das heißen? Auch ab-
gelehnte Asylbewerber werden im Herkunftsland unter
Umständen äußerst hart von den dortigen Zuständen be-
troffen. Warum sollen Eheleute noch härter getroffen
werden müssen?
Trotzdem ist es wichtig, dass wenigstens dieser Ge-
setzentwurf durchkommt. Das ist auch die Meinung der
Frauenorganisations-Frauen. Wichtig daran sind die
Kürzung der Frist der Ehebestandszeit sowie eine um-
fassendere Anerkennung der Härtefallsituation im In-
land. Bei Letzterem ist insbesondere die Reduzierung
der Anforderung von „außergewöhnlicher” auf „beson-
dere“ Härte wichtig. Der Begriff „außergewöhnlich“,
der eine schwere Körperverletzung zur Folge haben
musste, wie zum Beispiel einen bleibenden Schaden, ein
verlorenes Glied oder ähnliche Schrecklichkeiten, war
so hoch angesetzt, dass er – je nach Auslegung der Be-
hörden – in einigen Bundesländern fast nie zur Anwen-
dung kam. Ferner von Bedeutung sind auch die Auswei-
tung der Härte auf psychische Misshandlungen und die
Berücksichtigung der Kinder. Das Wohl der Kinder in
einer Ehe wird berücksichtigt. Wenn sie unter einer Ge-
waltsituation leiden, muss das auch berücksichtigt wer-
den. Das neue Kinderschaftsrecht sieht aber auch das
Recht der Kinder auf den Umgang mit beiden Eltern
vor. Sind die Kinder also Deutsche oder werden dem ei-
nen Ehegatten bzw. der Ehegattin zugesprochen, kann
die andere Person ein Aufenthaltsrecht bekommen, um
diesen Umgang zu ermöglichen. Der Bezug von Sozial-
hilfe soll dann kein Ausweisungsgrund sein, wenn dies
aufgrund der Betreuungsbedürftigkeit von Kindern nötig
ist.
Dennoch stimme ich der Gesetzesänderung zu, weil
sie ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung der Großen Anfrage „Zur Ent-
wicklung und zur Situation in Ostdeutschland“
(Tagesordnungspunkt 11)
Werner Schulz (Leipzig) (Bündnis 90/Die Grü-
nen): Es ist aus meiner Sicht bedauerlich, dass wir heute
Abend über diese Große Anfrage der PDS debattieren
müssen. Wir hätten uns gewünscht, zu einem günstige-
ren Zeitpunkt und in einem größeren Zusammenhang die
Entwicklung in den neuen Bundesländern zu erörtern.
Die PDS jedoch hat es aus durchsichtigen Motiven –
damit sie auch etwas zum zehnten Jahrestag der freien
Volkskammerwahl beitragen kann – vorgezogen, ge-
schäftsordnungsmäßig auf dieser Debatte zu bestehen.
Das ist legitim. Gleichwohl ist es kleinkariert und setzt
parteitaktische Manöver über die Probleme in unserem
Lande.
Trotz dieser Differenzen möchte ich der PDS aus-
drücklich danken. Wohlgemerkt, nicht für diesen un-
glücklichen Debattenzeitpunkt. Vielmehr für die große
Fleißarbeit, die hinter dieser Anfrage steckt. Mein Dank
rührt unter anderem daher, dass die PDS damit der rot-
grünen Regierung noch einmal die Möglichkeit gegeben
hat, knapp zehn Jahre Vereinigung Revue passieren zu
lassen. Vieles, was in den Antworten der Bundesregie-
rung zu lesen ist, findet sich folgerichtig bereits im letz-
ten Bericht zum Stand der deutschen Einheit bzw. im
Jahreswirtschaftsbericht.
Dabei wird aus unserer Sicht dreierlei deutlich:
Erstens. In den knapp zehn Jahren seit der Vereini-
gung ist vieles erreicht worden, weniger zwar, als die
Zweckoptimisten versprochen haben, mehr allerdings
als die schlimmsten Pessimisten befürchtet hatten. Dafür
gebührt der Dank auch der alten Regierung, die bei aller
Kritik in einzelnen Bereichen ihr Möglichstes getan hat.
Und ich betone ausdrücklich: Angesichts der historisch
einmaligen Umstände dieses Prozesses hätte auch eine
rot-grüne Regierung nicht fehlerfrei agieren können.
Zweitens. Unbestreitbar hat die Regierung Kohl vor
allem ein Kardinalproblem nicht nur nicht gelöst, son-
dern aufgrund ihres ideologisch motivierten Glaubens an
die Allmacht der Marktwirtschaft teilweise erst herbei-
geführt, nämlich die hohe Zahl der Arbeitslosen in den
neuen Ländern. Deindustrialisierung und der wirtschaft-
liche Strukturwandel in Ostdeutschland waren ange-
sichts der sozialistischen Misswirtschaft unvermeidlich.
Der Strukturwandel verbessert für die neuen Länder auf
mittlere Sicht erheblich die Konkurrenzfähigkeit gegen-
über den alten Ländern. Ostdeutschland hat vom Grund-
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satz her die moderneren Strukturen und damit relativ
günstige Zukunftsaussichten.
Dies alles kann aber nicht darüber hinweg täuschen,
dass die Kohl-Regierung die Entwicklung der Beschäf-
tigungsmöglichkeiten massiv überschätzt hat. Anders
ausgedrückt: Die so genannte Freisetzung von Arbeits-
kräften wurde nicht hinreichend abgefedert bzw. aufge-
fangen. Dabei geht es einerseits um die unmittelbaren
sozialen bzw. materiellen Probleme der Erwerbslosen,
andererseits geht es um gesellschaftliche und kulturelle
Fragen (Menschen zweiter Klasse, benachteiligte Ossis
etc.), es geht um Dinge wie Selbstwertgefühle, wie Bio-
graphien und Ähnliches. Wir erleben daher auch eine
zunehmende Entfremdung zwischen Ost und West, die
kulturellen Unterschiede werden nicht weniger, im Ge-
genteil erlebt manches eine Wiederbelebung, während
gleichzeitig die DDR-Vergangenheit verklärt wird.
Drittens. Die neue Bundesregierung hat – sicher auch
vor dem Hintergrund der geleerten Kassen – neue kon-
zeptionelle Überlegungen angestellt. Im Gegensatz zum
ehemaligen Bundeskanzler Kohl, der bei allen Proble-
men offenbar ausschließlich auf die Allmacht des „Bim-
bes“ vertraut hat und – wie wir vergangene Woche ge-
sehen haben – noch immer vertraut, legt die neue Bun-
desregierung großen Wert auf ein Gesamtkonzept der
ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen
Entwicklung in den neuen Bundesländern, aber auch für
eine gemeinsames Deutschland, in dem der Ost-West-
Gegensatz sich zurückentwickelt, in dem schließlich die
Differenzen zwischen Sachsen und Westfalen besten-
falls vergleichbar sind mit den unterschiedlichen Menta-
litäten von Nordlichtern und Bayern.
Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen
verfolgen ein Gesamtkonzept, das sich aus mehreren
Bausteinen zusammensetzt:
Die Priorität liegt dabei auf der Schaffung und Erhal-
tung von Arbeitsplätzen. Wir werden unser Möglichstes
tun, um die wirtschaftliche Entwicklung auf gesunde
Füße zu stellen. Hoffnung geben die wirtschaftlichen
Eckdaten; die Konjunkturaussichten haben sich nach
übereinstimmender Auffassung aller Experten deutlich
verbessert. Dies gibt Anlass zu gesamtdeutschem Opti-
mismus, wenngleich sich die Entwicklung in den neuen
Ländern erst mittelfristig verbessern dürfte. Angesichts
der Tatsache, dass die wirtschaftlichen Eckdaten (z.B.
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner im Osten nur ca.
60 Prozent des Westens, weniger als 5 Prozent der ge-
samtdeutschen Exporte stammen aus den neuen Ländern
etc.) in Ostdeutschland noch immer weit schlechter als
im Westen, benötigen wir ein rasantes Wachstum, um
den Aufholprozess spürbar voran zu bringen.
Die Einzelheiten sind im Zukunftsprogramm 2000
niedergelegt; aus Zeitgründen kann und möchte ich an
dieser Stelle die Details nicht wiederholen; sie sind Ih-
nen bekannt. Wir werden die Rahmenbedingungen für
ganz Deutschland wachstums- und beschäftigungsorien-
tiert gestalten. Davon werden die neuen Länder profitie-
ren.
Die Sanierung der Staatsfinanzen, auch eine der Hin-
terlassenschaften der Kohl-Regierung, ist für uns eine
unabdingbare Voraussetzung für eine dauerhafte finan-
zielle Unterstützung Ostdeutschlands auf hohem Niveau.
Ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie ist die
Erarbeitung einer Nachfolgeregelung für das Föderale
Konsolidierungsprogramm. Dies ist eine wichtige Her-
ausforderung, die wir bestehen müssen. Dabei ist auch
die Opposition aufgefordert, konstruktiv mitzuwirken.
Wir alle wissen, dass es dabei in erster Linie um die
Fortsetzung der Ostförderung und die Umsetzung der
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf
den Finanzausgleich geht.
Aus meiner Sicht sollten wir bei den Beratungen, die
im Laufe dieses Jahres stattfinden werden, darauf ach-
ten, das wir eine dauerhafte Lösung finden, die auch den
veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen stand-
hält. Ich kann das hier und heute nicht vertiefen, nur so
viel: Angesichts der Globalisierung, aber auch ange-
sichts der Konkurrenz der Regionen in der Europäischen
Union braucht auch Deutschland starke Regionen, um in
diesem Wettbewerb bestehen zu können. Für mich ist es
mehr als fraglich, ob die bisherigen föderalen Strukturen
– die sich in den letzten Jahrzehnten durchaus bewährt
haben – für die Zukunft ausreichen werden.
Aus bündnisgrüner Sicht positiv hervorheben möchte
ich noch einmal den Inno-Regio-Ansatz. Insgesamt 444
regionale Initiativen haben sich am Wettbewerb betei-
ligt. Ziel dabei ist der Aufbau und Ausbau selbsttragen-
der Initiativen und Strukturen. Damit werden regionale
Netzwerke gefördert; dies führt zu einer Stärkung von
Innovationsfähigkeit. Wir haben die Forschungsmittel
im Haushalt 2000 noch einmal erhöht. Bis 2005 sollen
dafür insgesamt 500 Millionen DM bereitgestellt wer-
den.
Noch immer ist die wirtschaftliche Entwicklung in
den neuen Bundesländern von hohen gesamtstaatlichen
Transfers abhängig. Künftig geht es aber nicht mehr um
eine Pauschalförderung für die neuen Länder. Es gilt,
nach und nach die stärker entwickelten Teile der ost-
deutschen Wirtschaft dem Markttest auszusetzen.
Gleichzeitig müssen die Anstrengungen in den kriti-
schen Bereichen intensiviert und konzentriert werden.
Wir sind noch unterwegs. Noch gibt es keinen Grund,
beim Aufbau Ost einen Gang zurückzuschalten. Die
Bundesregierung wird deshalb stetig und verlässlich an
der Förderung Ostdeutschlands auf hohem Niveau fest-
halten. Die rot-grüne Koalition setzt zudem neue Akzen-
te.
Lassen Sie mich zum Ende noch einmal auf meine
Einleitung zurückkommen. Sosehr ich dort die Fleißar-
beit der PDS in Form des Fragenstellens begrüßt habe,
sosehr vermisse ich bis heute realitätstaugliche Antwor-
ten aus dieser Ecke. Also, die Koalition ist auf dem rich-
tigen Wege; darüber kann alles kleinliche Nörgeln der
Oppositionsfraktionen nicht hinwegtäuschen.
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Anlage 6
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
tung abgesehen hat.
Finanzausschuss
Drucksache 14/2414 Nr. 2.3
Drucksache 14/2414 Nr. 2.6
Drucksache 14/2414 Nr. 2.7
Drucksache 14/2414 Nr. 2.8
Drucksache 14/2554 Nr. 2.18
Drucksache 14/2609 Nr. 1.8
Drucksache 14/2609 Nr. 2.19
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Drucksache 14/1188 Nr. 2.14
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Drucksache 14/2554 Nr. 2.13
Drucksache 14/2554 Nr. 2.16
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 14/2104 Nr. 2.25
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Drucksache 14/1276 Nr. 1.11
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit
Drucksache 14/431 Nr. 2.1
Drucksache 14/1276 Nr. 1.9
Drucksache 14/2414 Nr. 1.2
Drucksache 14/2554 Nr. 2.17
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Drucksache 14/1936 Nr. 1.25
Ausschuss für Kultur und Medien
Drucksache 14/272 Nr. 2.12
Der Bundesrat hat in seiner 748. Sitzung am 25. Feb-
ruar 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zu-
zustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz
2 Grundgesetz nicht zu stellen:
– Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung des
arbeitsgerichtlichen Verfahrens (Arbeitsgerichts-
beschleunigungsgesetz)
– Gesetz zur Umsetzung von Richtlinien der Euro-
päischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Be-
rufsrechts der Rechtsanwälte
– Gesetz zum Rahmenabkommen vom 28. Okto-
ber 1996 über den Handel und die Zusammenar-
beit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik
Korea andererseits
– Gesetz zu dem Abkommen vom 10. Septem-
ber 1996 zwischen der Regierung der Bundesre-
publik Deutschland und der mazedonischen Re-
gierung über die Förderung und den gegenseitigen
Schutz von Kapitalanlagen
– Gesetz zu dem Vertrag vom 21. März 1997 zwi-
schen der Bundesregierung Deutschland und der
Republik Kroatien über die Förderung und den
gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Gesetz zu dem Vertrag vom 28. August 1997 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und
Turkmenistan über die Förderung und den gegen-
seitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Gesetz zu dem Vertrag vom 11. Dezember 1997
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der Republik El Salvador über die Förderung und
den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drittes Gesetz zur Änderung des Betäubungsmit-
telgesetzes (Drittes BtMG-Änderungsgesetz –
3. BtMG-ÄndG)
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
nachstehenden Vorlage absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Par-
lamentarischen Versammlung des Europarates
über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung
des Europarates vom 25. bis 29. Januar 1999 in Straß-
burg
– Drucksachen 14/2057, 14/2206 Nr. 1.1 –
Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 1999
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 22 –
Eisenbahnen des Bundes – Titel 639 01 – Erstattungen
von Verwaltungsausgaben des Bundeseisenbahnver-
mögens –
– Drucksachen 14/2333, 14/2555 Nr. 1.4 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 1999
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 22 – Eisen-
bahnen des Bundes – Titel 656 01 – Zuschuss des Bun-
des an die Bahnversicherungsanstalt für Rentenleis-
tungen an ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Bun-
desbahn –
– Drucksachen 14/2456, 14/2607 Nr. 3 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 1999
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 05 02
Titel 686 44 – Unterstützung friedenserhaltender Maß-
nahmen –
– Drucksachen 14/2425, 14/2555 Nr. 1.6 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
8670 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2000
(A) (C) Haushaltsführung 1999
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 05 02
Titel 686 44 – Unterstützung friedenserhaltender Maß-
nahmen –
– Drucksachen 14/2455, 14/2607 Nr. 2 –
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr
1998
– Drucksachen 14/2358, 14/2555 Nr. 1.2 –
Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44
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