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ID1408716200

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    Plenarprotokoll 14/87 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 87. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Kollegen Dr. Erika Schuchardt, Margot von Renesse und Karl-Hermann Haack ........................... 7973 A Wahl der Abgeordneten Helga Kühn-Mengel zur Schriftführerin ........................................... 7973 A Erweiterung der Tagesordnung ....................... 7973 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 7 und 11 .............................................................. 7974 A Tagesordnungspunkt 2: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 2000 der Bun- desregierung „Arbeitsplätze schaffen – Zukunftsfähigkeit gewinnen“ (Drucksache 14/2611) ............................... 7974 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Zwölftes Hauptgutachten der Monopolkommission 1996/1997 (Drucksachen 13/11291, 13/11292, 14/69 Nr. 1.8 und 1.9, 14/1274, 14/2005) ........... 7974 C c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1999/2000 des Sach- verständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 14/2223) ............................... 7974 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2 Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Für eine sachgerechte Aufteilung wirt- schaftspolitischer Zuständigkeiten (Drucksache 14/2707) ................................ 7974 D Hans Eichel, Bundesminister BMF ................. 7975 A Michael Glos CDU/CSU ................................. 7978 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 7982 B Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 7985 D Dr. Christa Luft PDS ....................................... 7990 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 7991 D Gunnar Uldall CDU/CSU ................................ 7994 A Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ................................................ 7996 A Ursula Lötzer PDS .......................................... 7998 B Ernst Schwanhold SPD ................................... 7999 A Dagmar Wöhrl CDU/CSU .............................. 8002 B Dr. Mathias Schubert SPD .............................. 8004 B Hansjürgen Doss CDU/CSU ........................... 8005 D Nina Hauer SPD .............................................. 8007 D Hans Michelbach CDU/CSU .......................... 8009 B Fritz Schösser SPD .......................................... 8010 D Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Ulrike Mehl, weiterer II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Op- timierung des Sicherheits- und Not- fallkonzepts für Nord- und Ostsee ... 8013 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Folgerungen aus der Havarie der „Pallas“ vor Amrum (Drucksachen 14/281, 14/160, 14/843) 8013 A b) Antrag der Abgeordneten Jürgen Koppe- lin, Ulrike Flach und der Fraktion F.D.P.: Bericht der Unabhängigen Experten- kommission „Havarie Pallas“ unver- züglich vorlegen (Drucksache 14/2454) ............................... 8013 B c) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Nordseeküste schützen, Küstenwache einrichten, in- ternational besser zusammenarbeiten (Drucksache 14/548) ........................ ......... 8013 B d) Große Anfrage der Abgeordneten Wolf- gang Börnsen (Bönstrup), Ulrich Adam, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Schaffung einer Deutschen Küstenwache (Drucksachen 14/1229, 14/2430) .............. 8013 B e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 1999 bis 2002 (Drucksache 14/1634) ....... 8013 C f) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschafts- aufgabe „Verbesserung der Agrarstruk- tur und des Küstenschutzes“ (GAK); hier: Rahmenplan 2000 bis 2003 (Drucksache 14/1652) ............................... 8013 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Ulrike Mehl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Gila Altmann, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherung der deutschen Nord- und Ostseeküste vor Schiffsunfällen (Drucksache 14/2684) ...... ......................... 8013 D Annette Faße SPD ........................................... 8013 D Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 8016 B Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ................................................ 8018 C Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 8020 D Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8022 D Eva Bulling-Schröter PDS .............................. 8023 B Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 8024 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU ...... 8026 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 8028 A Ulrike Flach F.D.P. ......................................... 8030 A Kersten Naumann PDS ................................... 8031 C Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 8032 C Dr. Barbara Hendricks SPD ........................ 8034 C Jürgen Koppelin F.D.P. ............................... 8035 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8036 C Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 8037 A Ulrike Mehl SPD ............................................. 8037 C Jürgen Koppelin F.D.P. ............................... 8038 B Gert Willner CDU/CSU .................................. 8039 D Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 8041 A Ulrike Flach F.D.P. ......................................... 8041 B Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 8041 B Ulrike Mehl SPD ............................................. 8041 D Manfred Opel SPD .......................................... 8042 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU ....................................................... 8042 C Cajus Caesar CDU/CSU .................................. 8044 A Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML ....... 8045 C Tagesordnungspunkt 14: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Flurbereinigungs- gesetzes (Drucksache 14/2445) ........... 8046 D b) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) (Drucksache 14/2577) .......... 8046 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 III Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere Überweisungen im vereinfach- ten Verfahren (Ergänzung zu TOP 14.) a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbrau- cherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro (Drucksache 14/2658) .......................... 8046 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung ei- nes vorläufigen Wohnortes für Spät- aussiedler (Drucksache 14/2675) ........ 8047 A Tagesordnungspunkt 15: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (15. WSGÄndG) (Drucksachen 14/2498; 14/2625) ........ 8047 B b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Bun- desbesoldungsgesetzes (Drucksachen 14/2094; 14/2602) ........ 8047 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie .......................................... 8047 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Gunnar Uldall, Dr. Bernd Protzner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: „Jahr-2000- Problem“ in der Informations- technik ernst nehmen ................... 8047 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Jahr-2000-Prob- lem – Unterstützung zur Prob- lemlösung (Drucksachen 14/1334, 14/1544, 14/2115) ......................................... 8047 D d) – h) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersicht 117, 118, 119, 120, 121 zu Petitionen (Drucksachen 14/2585, 14/2586, 14/2587, 14/2588, 14/2589) ..................................... 8048 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung im Hinblick auf einen möglichen Schaden für die Demokratie in Deutschland durch die aktuellen Er- kenntnisse zu Praktiken der Parteienfi- nanzierung und deren mögliche Aus- wirkungen auf Mehrheitsverhältnisse in Bundesorganen Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 8048 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU ....................................................... 8050 A Franz Müntefering SPD .................................. 8051 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ........................ 8052 C Dr. Dietmar Bartsch PDS ................................ 8053 D Rita Streb-Hesse SPD ..................................... 8054 D Hartmut Schauerte CDU/CSU ........................ 8056 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8057 C Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU ........... 8059 B Bernd Reuter SPD ........................................... 8060 C Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU .................... 8062 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 8063 A Tagesordnungspunkt 4: Vereinbarte Debatte zur Eröffnung der Regierungskonferenz über institutio- nelle Reformen der EU und zu den Er- gebnissen der Tagung des Allgemeinen Rates am 14./15. Februar 2000 ............... 8064 B Michael Roth (Heringen) SPD ........................ 8064 B Peter Altmaier CDU/CSU ............................... 8066 C Dr. Norbert Wieczorek SPD ........................ 8068 B Joseph Fischer, Bundesminister AA ............... 8069 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 8071 A Uwe Hiksch PDS ............................................. 8072 C Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA ......... 8073 C Dr. Gerd Müller CDU/CSU ............................ 8075 C Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8077 C Tagesordnungspunkt 5: Unterrichtung durch die Bundesregierung: 9. Sportbericht der Bundesregierung (Drucksache 14/1859) ............................. 8078 C Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatsekretär BMI 8078 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 Klaus Riegert CDU/CSU ................................ 8080 D Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8083 D Dr. Klaus Kinkel F.D.P. .................................. 8087 A Gustav-Adolf Schur PDS ................................ 8089 C Dagmar Freitag SPD ....................................... 8091 B Klaus Riegert CDU/CSU ................................ 8092 D Dagmar Freitag SPD ....................................... 8093 A Peter Letzgus CDU/CSU ................................ 8093 B Christine Lehder SPD ..................................... 8095 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU .............................. 8096 D Friedhelm Julius Beucher SPD ....................... 8098 D Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Einundzwanzigsten Gesetzes zur Ände- rung des Abgeordnetengesetzes und ei- nes Achtzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksachen 14/2235, 14/2660) .. ............ 8100 A Dr. Uwe Küster SPD ....................................... 8100 B Joachim Hörster CDU/CSU ............................ 8101 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8102 D Jörg van Essen F.D.P. ..................................... 8104 A Roland Claus PDS .......................................... 8105 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ (Drucksache 14/2687) ............................... 8105 C Monika Ganseforth SPD ................................. 8105 C Dr. Ralf Brauksiepe CDU/CSU ...................... 8107 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8109 C Walter Hirche F.D.P. ...................................... 8111 A Eva Bulling-Schröter PDS .............................. 8112 A Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Fraktion CDU/CSU: Hilfspro- gramm für die Sturmschäden im Wald durch den Orkan „Lothar“ (Drucksache 14/2570) ............................... 8112 D b) Antrag der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Rasche und wirksame Hilfe für Waldbesitzer (Drucksache 14/2583) ................................ 8113 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Heidemarie Wright, Iris Follak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeord- neten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Waldschäden durch die Orkane im Dezember 1999 (Drucksache 14/2685) ................................ 8113 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU .......... 8113 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU ............... 8114 A Peter Dreßen SPD ........................................... 8115 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU .......... 8115 C Heidemarie Wright SPD .................................. 8116 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 8117 A Ulrich Heinrich F.D.P. .................................... 8117 C Heinz Wiese (Ehingen) CDU/CSU ............. 8118 C Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 8119 B Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 8120 B Kersten Naumann PDS ................................... 8121 B Marion Caspers-Merk SPD ............................. 8122 B Ernst Burgbacher F.D.P. ............................. 8123 A Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU ........... 8123 D Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML ....... 8125 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 8125 C Ulrich Heinrich F.D.P. ................................ 8126 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU ........... 8127 B Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML ....... 8127 C Tagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weiteren Abgeordneten und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksent- scheid (dreistufige Volksgesetzgebung) (Drucksachen 14/1129;14/2151) ............. 8128 A Dr. Evelyn Kenzler PDS ................................. 8128 B Peter Enders SPD ............................................ 8129 C Norbert Röttgen CDU/CSU ............................ 8131 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 V Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8132 C Dr. Max Stadler F.D.P. ................................... 8133 A Nächste Sitzung .............................................. 8134 S Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 8135 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 7973 (A) (B) (C) (D) 87. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Dr. Max Stadler Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 8135 (A) (B) (C) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Brecht, Eberhard SPD 17.02.2000 Bulmahn, Edelgard SPD 17.02.2000 Falk, Ilse CDU/CSU 17.02.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 17.02.2000 Frick, Gisela F.D.P. 17.02.2000 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 17.02.2000 Fuchs (Köln), Anke SPD 17.02.2000 Gehrcke, Wolfgang PDS 17.02.2000 Günther (Plauen), Joachim F.D.P. 17.02.2000 Homburger, Birgit F.D.P. 17.02.2000 Ibrügger, Lothar SPD 17.02.2000 Klose, Hans-Ulrich SPD 17.02.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 17.02.2000 Leidinger, Robert SPD 17.02.2000 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Loske, Reinhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.02.2000 Metzger, Oswald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.02.2000 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 17.02.2000 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 17.02.2000 Moosbauer, Christoph SPD 17.02.2000 Mosdorf, Siegmar SPD 17.02.2000 Rühe, Volker CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 17.02.2000 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 17.02.2000 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 17.02.2000 Schütze (Berlin), Diethard CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Schwarz-Schilling, Christian CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.02.2000 Wieczorek (Duisburg), Helmut SPD 17.02.2000 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
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    Rede von Klaus Riegert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Der 9. Sportbericht belegt mit Zah-
    len und Dokumenten die Zielsetzung und Leistung der
    Bundesregierung bei der Förderung des Sports, vor-
    nehmlich des Spitzensports, in den Jahren 1994 bis
    1997, zum Teil noch 1998.

    Dieser Bericht ist eine Bilanz des Erfolges, der Zu-
    verlässigkeit und der partnerschaftlichen Zusammenar-
    beit mit dem Sport. Deutschland gehört zu den Top-
    Nationen des Spitzensports sowohl im Bereich der nicht
    behinderten als auch der behinderten Sportler. Diese er-
    folgreiche Bilanz lässt sich an den Medaillenzahlen bei
    den Olympischen Spielen und bei den Paralympics able-
    sen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Diese erfolgreiche Bilanz lässt sich vor allem ableiten
    aus der Breite, in der Spitzensport heute in Deutschland
    erfolgreich gefördert wird.

    Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Diese erfolgreiche Bilanz ist möglich, weil der deut-
    sche Spitzensport über eine hervorragende Infrastruktur
    an Trainings- und Wettkampfeinrichtungen verfügt und
    die sportwissenschaftliche Forschung in den vergange-
    nen Jahren vorangebracht worden ist. Wir verfügen heu-
    te über qualifizierte Trainer, unsere Athleten werden
    sportmedizinisch und sozial gut betreut. Dies ist möglich
    durch eine konsequente und verlässliche Förderung des
    Spitzensports durch die früheren Bundesregierungen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist zu einseitig!)


    Der Vizepräsident des Deutschen Sportbundes traut un-
    seren Athleten ein hervorragendes Abschneiden in Syd-
    ney zu, weil alle Koordinaten des Spitzensportkonzepts
    stimmen. Wir wünschen unseren Athleten diesen Erfolg
    als Ergebnis von jahrelangem, oft entbehrungsreichem
    Training.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Es wäre deshalb fatal, junge Menschen durch Kür-
    zung von Fördermitteln in ihrer Leistungsentwicklung
    zu hemmen. Es wäre fatal, Spitzensport nur dort zu för-
    dern, wo er international erfolgreich ist. Dies wäre eine
    Rückkehr zur Förderpraxis des ehemaligen DDR-
    Systems. Dort wurden nur die Bereiche des Spitzen-
    sports gefördert, die mit wenigen Mitteln sehr effektiv
    und erfolgreich waren. Die Folgen sind bekannt: Weg-
    brechen der Breite des Spitzensports, Vernachlässigung
    von Talenten, die nicht zu den förderfähigen Sportarten
    gehörten.


    (Zurufe von der PDS: Na, na, na! – Dr. Ruth Fuchs [PDS]: Jetzt muss ich wirklich ein bisschen lachen!)


    Dies wollen wir nicht und dies hat die alte Bundesre-
    gierung stets verhindert. Sie hat in den vier Jahren des
    Berichtszeitraumes von 1994 bis 1997 die Förderung des
    Spitzensports auf einem sehr hohen Niveau gehalten.
    Die Mittel für den Spitzensport sind in diesen Jahren
    nicht angehoben, aber auch nicht abgesenkt worden.
    Zum ersten Mal nun werden die Mittel für die Förderung
    des Spitzensports im Haushalt 2000 drastisch gekürzt.
    Da hilft, Herr Staatssekretär, auch kein Gesundrechnen.

    Es ist unredlich, die Kosten für die Entsendung zu
    den Olympischen Spielen und zu den Paralympics in
    Höhe von 9,4 Millionen DM in die Fördermittel des
    Sports hineinzurechnen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Sie kürzen real die Leistungen für den Spitzensport um
    8,2 Millionen DM,


    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    und zwar im Bereich der Olympiastützpunkte und Bun-
    desleistungszentren, für Wettkampf- und Trainingsmaß-
    nahmen, für medizinische Versorgung der Spitzen-
    athleten usw. Da können Sie herumrechnen, wie Sie
    wollen. Ich schließe mich der Aussage des Präsidenten
    des Deutschen Sportbundes an,


    (Dagmar Freitag [SPD]: Das wundert uns nicht!)


    der Ihre Art des Rechnens und Ihren Haushalt schlicht
    und einfach eine Mogelpackung nennt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das hat noch Folgen!)


    In dem Berichtszeitraum 1994 bis 1997/98 hat der
    deutsche Sport seine Kooperation unter Beweis gestellt,
    die Fördermittel des Bundes sparsam und effizient ein-
    zusetzen. Das nationale Spitzensportkonzept bewirkt ei-
    ne Konzentration der Olympiastützpunkte und Leis-
    tungszentren, sieht doch das Förderkonzept 2000 Förde-
    rung nach Leistung vor; es setzt Qualifizierung von
    Trainern voraus und betreibt gezielt Nachwuchsförde-
    rung.

    Diese Konzeption ist nicht zum Nulltarif zu haben,
    im Gegenteil. Internationale Konkurrenz nimmt zu, im-
    mer mehr Länder etablieren sich erfolgreich im Spit-
    zensport. Es wird nicht gelingen, dieses international
    hohe Spitzenniveau auf breiter Basis zu erhalten, wenn
    die Bundesregierung die Fördermittel drastisch kürzt –
    bei den Olympiastützpunkten, den Bundesleistungszent-
    ren, den Trainings- und Wettkampfmaßnahmen.

    Sie wollen zusätzlich die Investitionen für Sport-
    stätten im Spitzensport bis zum Jahre 2003 um 60 Pro-
    zent, von jetzt 68 Millionen DM auf 32 Millionen DM,
    kürzen.


    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Wie wollen Sie eigentlich noch Sportstätten für den
    Spitzensport finanzieren? – Schon heute gibt es eine
    Bugwelle von Verpflichtungsermächtigungen für die
    nächsten Jahre, und Sie wissen ganz genau, dass der
    deutsche Spitzensport die ihm jetzt gekürzten Mittel aus
    dem Investitionshaushalt herausschneidet. Wie wollen
    Sie in drei oder vier Jahren noch Sportstätten für den
    Spitzensport fördern, wenn Sie die Mittel so drastisch
    kürzen?


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Tosender Beifall!)


    Wir werden – dies sagen Experten – auf Dauer keine
    Sportstätten und keine Trainingseinrichtungen mit einem
    solch hohen internationalen Niveau mehr haben.

    Der Aktivensprecher der deutschen Sportlerinnen und
    Sportler hat bei der Anhörung im Sportausschuss zum
    Thema Doping deutlich gesagt, sollten Sie es nicht ge-
    hört haben, können Sie es in seinem Statement nachle-
    sen – :

    Die sehr gute Infrastruktur des deutschen Sportes
    darf nicht gefährdet werden, wenn unsere Sportler
    international mithalten wollen, ohne auf illegale
    Methoden, sprich: Doping, zurückgreifen zu müs-
    sen.

    Diese Warnung der Aktiven sollten Sie ernst nehmen.

    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ja ein merkwürdiger Zusammenhang, den Sie da darstellen, Herr Riegert! Ich dachte, Sie wären ein fairer Sportler!)


    Klaus Riegert






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deshalb fordere ich Sie auf: Kürzen Sie nicht. Blei-
    ben Sie bei Ihrer früheren Aussage. Jede Mark, die dem
    Sport entzogen wird, muss dreifach im sozialen Bereich
    zugezahlt werden. Dies haben Sie uns im Sportaus-
    schuss immer wieder vorgehalten. Dies sollte für Sie
    heute auch Gültigkeit besitzen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Herr Minister – leider ist er vor Beginn der De-

    batte gegangen; ich weiß nicht, wohin er musste –

    (Dagmar Freitag [SPD]: Das muss er Ihnen auch nicht sagen!)

    inszeniert sich ja gern selbst.


    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Zu wichtigen Geheimverhandlungen mit Ihren Leuten!)


    So hat er zu Recht darauf hingewiesen, dass die Einheit
    im Sport hervorragend und beispielhaft gelungen sei.
    Nur, der Herr Minister schmückt sich mit fremden Fe-
    dern. Er hat dazu nichts, aber auch gar nichts beigetra-
    gen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der F.D.P.: Leider wahr! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ja die Unwahrheit! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie wissen, dass das nicht stimmt!)


    Mit 665 Millionen DM hat die Bundesregierung bis
    1998 den Aus- und Neubau von Spitzensporteinrichtun-
    gen in den neuen Ländern gefördert. Wo sind Ihre Mittel
    für die zusätzliche Förderung des Spitzensports?


    (Dagmar Freitag [SPD]: Immer noch nichts verstanden, Herr Riegert!)


    Sie gefährden durch Ihre Haushaltspolitik diese Leistun-
    gen.

    Zu Beginn seiner Tätigkeit hat sich der Minister in
    Dopingaktionismus und in geradezu hysterischer Über-
    bewertung von Einzelfällen geübt.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Jetzt verliert er jede Balance! Es ist ja nicht mehr auszuhalten!)


    Manchmal hatte man den Eindruck, als wimmle es in
    seinen Vorstellungen geradezu von gedopten Sportlern.


    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Aber ein bisschen gedopt sind Sie auch, nicht?)


    Diese Aufregung hätte er sich sparen können. Er hat in
    Sachen Doping ein gut bestelltes Haus vorgefunden.


    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Ja? Wer hat denn dort vorher „gekanthert“?)


    Wir haben das Arzneimittelgesetz geändert. Er will oder
    wollte – man weiß es nicht genau – ein eigenständiges
    Antidopinggesetz, wir nicht. Die Sachverständigen ge-
    ben uns Recht. Das deutsche Dopingkontrollsystem
    funktioniert sehr gut. Der Herr Staatssekretär hat es auch
    ausgeführt. Es arbeitet effektiv und die Abschreckung
    funktioniert. Von 7 726 Kontrollen – Wettkampf und
    Training – waren 39 positiv, davon 14 in einer Kraft-
    sportart. Dies sind weniger als 0,5 Prozent der unter-

    suchten Proben. Das ist erfolgreiche Prävention und Do-
    pingbekämpfung und ein Verdienst der alten Bundesre-
    gierung.


    (Zuruf von der SPD: Da müssten wir Ihnen aber auf die Sprünge helfen!)


    Der Leiter des Dopingkontrolllabors in Köln warnt
    vor einer Dopinghysterie und gibt Ihnen, Herr Minister
    und Herr Staatssekretär, Hausaufgaben auf.


    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Alle kommen mit Hausaufgaben! Das hatten wir schon!)


    Wir brauchen eine kontinuierliche Erhöhung der Zahl
    unangemeldeter Trainingskontrollen von 4 000 auf
    6 000, um auch die C- und D-Kader im Nachwuchs-
    bereich stärker zu erfassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Wir brauchen eine unabhängige Antidopingagentur.
    Stellen Sie hierfür Mittel bereit!


    (Zuruf von CDU/CSU: Jawohl!)

    Wir brauchen auch mehr Mittel für Dopingforschung
    und -analytik.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Sie können doch die Mittel von Herrn Kanther in der Schweiz benutzen!)


    Sie dagegen kürzen die Mittel.
    Ihre Behauptung, Sie gäben mehr Mittel für die Do-

    pingbekämpfung aus, wird durch die Zahlen des Haus-
    haltes widerlegt. 1998 gab die Bundesregierung für die
    Förderung der sportwissenschaftlichen Forschung und
    die Durchführung der Dopinganalytik 5,86 Milli-
    onen DM aus. 1999 waren es noch 5,094 Millionen DM.
    Im Jahre 2000 sind es nur noch 4,498 Millionen DM.
    Sie haben diesen Bereich von 1998 bis 2000 um rund
    12 Prozent gekürzt. Das sind über 600 000 DM. In wel-
    chen Bereichen der Forschung wollen Sie sonst kürzen,
    wenn nicht im Dopingbereich, etwa bei der Forschung
    im Bereich des Behindertensports? Sagen Sie uns das!
    Das würde uns interessieren.

    Ihre Aktivitäten in Sachen Doping beschränken sich
    auf Drohgebärden: Dies geht vom Entzug der Fördermit-
    tel über Verschärfung der Gesetze,


    (Zuruf von SPD: Das war sehr richtig so!)

    über den juristischen Flop mit der Androhung einer
    Mindeststrafe von zwei Jahren bei Ersttätern bis hin zum
    Olympiaboykott. Aber Drohgebärden ersetzen keine
    Sachpolitik. Wir, aber vor allem der Sport, erwarten von
    Ihnen sachliche, konstruktive und kontinuierliche Ar-
    beit. Aber die ist beim besten Willen nicht zu erkennen.
    Wenn Sie in Sachen Doping hohe Anforderungen an an-
    dere stellen, dann müssen Sie auch die erforderlichen
    Haushaltsmittel bereitstellen. Diese verweigern Sie. Wir,
    die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, fordern ein For-
    schungsprogramm zur Dopingbekämpfung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Klaus Riegert






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Auch im Bereich des Behindertensports müssen Sie
    sich an den Leistungen der Vorgängerregierung messen
    lassen. In den letzten Jahren haben sich die Leistungen
    im Bereich des Behindertensports geradezu explo-
    sionsartig entwickelt. Immer mehr Nationen schicken
    Athleten zu den Paralympischen Spielen. Es wird des-
    halb zukünftig von herausragender Bedeutung sein, den
    behinderten Sportlerinnen und Sportlern die gesamte
    Infrastruktur des Spitzensports zur Verfügung zu stellen.
    Dies sind wir den Behinderten schuldig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Ilja Seifert [PDS]: Hättet ihr doch längst machen können!)


    Behinderte müssen kurze Wege zu den Trainings-
    und Wettkampfeinrichtungen haben. Darauf sind sie
    mehr angewiesen als andere Sportler. Tägliches Training
    ist auch bei unseren behinderten Spitzensportlern zu-
    künftig gefragt, damit sie international konkurrenzfähig
    bleiben können.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Was haben Sie denn bis 1998 gemacht?)


    – Hören Sie bitte zu! Ich bin gerade dabei, dies zu erklä-
    ren.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Ja, sagen Sie einmal, was Sie bis 1998 gemacht haben!)


    Lesen Sie den Sportbericht! Dort steht, dass wir den be-
    hindertengerechten Ausbau und Zugang zu den Einrich-
    tungen des Spitzensports auf den Weg gebracht haben.
    Setzen Sie diesen erfolgreichen Weg fort


    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Werden Sie an der Stelle doch einmal konkret!)


    und kürzen Sie nicht willkürlich bei Olympiastützpunk-
    ten und Leistungszentren!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir wollen, dass den behinderten Leistungssportlern das
    gesamte Leistungsangebot der Olympiastützpunkte und
    Leistungszentren zur Verfügung steht.
    Sie verhindern dies durch Ihre Kürzungen.

    Ziehen wir das Fazit des 9. Sportberichts für die Jahre
    von 1994 bis 1998: hervorragende Leistungsbilanz für
    den deutschen Sport, Kontinuität und partnerschaftliche
    Zusammenarbeit mit dem deutschen Sport. Trotz ange-
    spannter Haushaltslage hat der Spitzensport bei der al-
    ten Bundesregierung einen hohen Stellenwert gehabt.


    (Zuruf von der SPD: Alles auf Pump!)

    Spitzenleistungen – auch im Sport – sind kein Selbst-

    zweck. Spitzenleistungen sind Voraussetzungen für eine
    gesunde Breite und umgekehrt. Deshalb sind die Mittel
    für den Spitzensport nicht gekürzt worden. In der Be-
    wertung von Leistungen für unsere Gesellschaft liegt der
    wesentliche Unterschied zu der neuen Regierung. Spit-
    zensport und damit Spitzenleistungen scheinen für Sie
    Luxus zu sein, bei dem man ruhig sparen kann. In die-
    sem Sinne äußerte sich der sportpolitische Sprecher der
    Grünen im Sportausschuss des Bundestages.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist doch abenteuerlich!)


    Dementsprechend ist Ihre Bilanz: Unzuverlässigkeit,
    drastische Kürzungen im Spitzensport und Unklarheit.

    Trotz aller Differenzen, die es naturgemäß gibt, sind
    wir zu einer fairen und konstruktiven Zusammenarbeit
    bereit. Wir werden Sie daran messen, ob Sie dem Sport
    die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen. Wir
    werden Sie daran messen, ob Sie alle Voraussetzungen
    für Sportlerinnen und Sportler aufrechterhalten, eine fai-
    re Chance im internationalen Wettbewerb zu haben. Wir
    werden Sie auch daran messen, ob Sie Talente in der
    ganzen Breite des Spitzensports fördern.

    Noch ein Wort zum Minister. Das Vorwort des
    9. Sportberichtes strotzt vor vollmundigen Ankündigun-
    gen, die ein sportpolitisch neues Zeitalter prophezeien.
    Leider können wir nicht erkennen, wer hier so tönt. Wir
    nehmen aber an, dass es der Herr Minister ist, der dahin-
    ter steckt. Wenn das so ist, dann soll er sich dazu beken-
    nen, dass er der Sportminister dieses Landes sein soll.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Er ist jedenfalls besser als Kanther!)


    Mir stellt sich oft die Frage: Haben wir überhaupt ei-
    nen Sportminister? Seine Abwesenheit heute spricht ei-
    ne deutliche Sprache.


    (Ingrid Holzhüter [SPD]: Er ist aber nicht in Liechtenstein!)


    Herr Staatssekretär, richten Sie bitte Herrn Schily
    aus, er solle das Vorwort des Sportberichtes unterschrei-
    ben, er solle sein Konterfei dem Bericht hinzufügen und
    diesen Bericht als Broschüre herausgeben. Auch alle
    seine Vorgänger haben dies bei einem Regierungswech-
    sel so gehalten. Wir versichern Ihnen: Sein Vorwort und
    sein Konterfei interessieren nicht; doch der Bericht ist
    für Sportinteressierte sehr interessant.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Wir sprechen uns beim 10. Sportbericht wieder!)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt hat der
Abgeordnete Winfried Hermann das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Winfried Hermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Her-
    ren! Liebe Sportfreunde, liebe Sportfreundinnen!


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht in die Kniebeuge!)


    Kollege Riegert, sehen Sie es etwas lockerer und
    nicht ganz so verbiestert, wenn Sie über Sport reden.
    Behalten Sie ein bisschen die Lockerheit, die Freiheit
    und die Leichtigkeit des Sports auch in Ihren Reden; das
    würde die Sache auch in der Debatte etwas einfacher
    machen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Klaus Riegert






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Ich möchte meine Rede gern mit einer kleinen per-
    sönlichen Anekdote beginnen. Als ich – Sie verzeihen
    mir, dass ich so persönlich werde – vor 15 Jahren zum
    ersten Mal in einem deutschen Landtag, nämlich in dem
    von Baden-Württemberg, zur Sportpolitik gesprochen
    habe, bin ich mit Rollschuhen angereist.


    (Dr. Klaus Kinkel [F.D.P.]: Warum heute nicht?)


    Danach bin ich häufig auch mit dem Rad gekommen.
    Damals waren Rollschuhe die totale Sensation und

    das Rad war wie eine Provokation. Heute kommen aus-
    gewachsene Abgeordnete – übrigens aus Ihrer Frak-
    tion – auf Tretrollern. Ich sage das nicht, um die Kollegen
    lächerlich zu machen; vielmehr ist das heute sozusagen
    Zeitgeist. An schönen Tagen gibt es heute schon
    Schwierigkeiten, einen Fahrradparkplatz zu bekommen,


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heute gibt es welche!)


    weil so viele Abgeordnete, sogar ehemalige Minister
    und Noch-Minister, Rad fahren.

    Warum erzähle ich das? Es ist zum einen Ausdruck
    dafür, dass die politische Klasse, die vor 15 Jahren eher
    dickbäuchig-männlich war, heute eher sportiv ist und
    selbst ein ganz anderes Leben als damals lebt.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einige!)


    Sportpolitiker sind tatsächlich auch aktive Sportler.
    Das ist gut so. Es ist aber auch ein Stück weit Ausdruck
    einer Veränderung der gesamten Gesellschaft. Heute ist
    Sport weit mehr Teil des Alltags. Der Sport ist weit
    mehr in die Breite der Gesellschaft gegangen. Sport ist
    nicht nur Sport in der Sportstätte; vielmehr ist Sport tat-
    sächlich auch sportives Handeln im Alltag.

    Der Sportbericht selber ist, wie ich meine, ein schö-
    ner Spiegel der ganzen Vielfalt des Sports in unserer
    Gesellschaft während der letzten Jahre. Er ist hinsicht-
    lich der aufgezeigten Facetten durchaus interessant. Es
    wird deutlich, dass Sport auch im Sportverein nicht nur
    der „kleine Hochleistungssport“ ist, sondern auch eine
    ganz eigene Sport-, Spiel- und Bewegungskultur, die ei-
    nen eigenständigen Charakter hat. Insofern widerspreche
    ich übrigens auch den beiden Vorrednern. Für mich ist
    der Breitensport nicht nur der untere Teil des Hochleis-
    tungssports, sondern stellt eine eigenständige Bewe-
    gungskultur in der Gesellschaft dar.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sportpolitik muss von daher breiter gedacht werden,
    sie kann sich nicht nur auf herkömmliche Sportförde-
    rung und insbesondere auf Spitzensportförderung kon-
    zentrieren. Trotzdem ist und bleibt diese wichtig. Da
    Sie, Kollege Riegert, ja immer wieder gerne meinen
    Ausspruch zum Spitzensport zitieren, sage ich es gerne
    auch an dieser Stelle: Wir haben ein sehr gut ausgestat-
    tetes System. Es ist das System eines reichen Landes,
    das sich ein gutes bis luxuriöses Sportleistungssystem
    leistet. Dafür müssen wir uns nicht schämen. Aber diese

    Gesellschaft braucht das eigentlich nicht unbedingt,
    sondern sie leistet es sich. Das halte aber auch ich für
    gut.

    Wenn wir uns den Sportbericht anschauen, finden wir
    eine sehr beeindruckende Darstellung dessen, was Sie in
    Ihrer Regierungszeit alles geleistet haben.


    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wir können sagen, dass wir in der Bundesrepublik her-
    vorragende Trainingsmöglichkeiten und fachlich sehr
    gut qualifizierte Trainer sowie hervorragende Olympia-
    stützpunkte und Leistungszentren zur Sportförderung
    haben. Es gibt auch eine exzellente Förderung des
    Sports im Rahmen der Bundeswehr und des Bundes-
    grenzschutzes, wodurch es gelingt, einerseits berufliche
    Qualifizierung und andererseits Förderung sportlicher
    Leistung miteinander zu verbinden. All das verdient An-
    erkennung. Sie haben uns in dieser Hinsicht durchaus
    ein gut bestelltes Haus hinterlassen. Wir werden das
    aber auch weiterführen.

    Sie brauchen jetzt nicht anzufangen, über das zu
    jammern, was wir alles kaputtmachten – das tun Sie ja
    schon die ganze Zeit im Sportausschuss –, sondern
    schauen Sie sich doch einmal die Haushalte der letzten
    zwei Jahre an: von wegen „alles gestrichen“. Auch wenn
    wir in allen Bereichen sparen mussten, haben wir die
    Sportförderung auf höchstem Niveau erhalten und haben
    für die Olympischen Spiele sogar eins drauflegen kön-
    nen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir werden weiterhin alles tun, damit wir in diesem Be-
    reich Spitze bleiben. Es kann aber durchaus sein, dass
    man da und dort im Sportsystem nachschaut, ob alles
    wirklich effizient ist oder ob nicht da und dort zu viel
    nebeneinander und parallel gearbeitet wird und Geld he-
    rausgeht, das man sparen könnte. Auch das muss mög-
    lich sein.

    Ein nächster Punkt, bei dem in den letzten Jahren
    wirklich Vorbildliches geleistet wurde, ist der Behin-
    dertensport. Es wurde viel für den Behindertensport
    und den Leistungssport von Behinderten getan. Ich finde
    es ausgezeichnet, dass wir es geschafft haben, nicht mit
    zweierlei Maß zu messen, sondern beide Bereiche nach
    denselben Kriterien zu fördern. Das ist ein Gebot der
    Fairness und gute Politik. Diese Politik werden wir fort-
    setzen.

    Ich habe bei der Anhörung zum Behindertensport ge-
    lernt, dass man in diesem Bereich durchaus auch noch
    etwas verbessern kann, etwa den Transfer. Sehr beein-
    druckt hat mich, dass zwischen dem Hochleistungssport
    von Behinderten und dem von Nichtbehinderten ein re-
    ger Austausch in den Zentren besteht und dass zum Teil
    in den technisch-wissenschaftlichen Abteilungen dieser
    Zentren Prothesen entwickelt werden, die auch für den
    alltäglichen Breitensport von Behinderten taugen. Ich
    würde mir wünschen, dass hier ein Transfer in die Ge-
    sellschaft hin zu den Behinderten stattfindet, die Brei-
    tensport betreiben.

    Winfried Hermann






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Ich komme nun zu einem Bereich, der mir große Sor-
    gen bereitet. Ich finde, dass man in dieser Frage nicht so
    polemisieren darf, wie Sie es, Herr Riegert, getan haben.
    Wir sollten darüber gemeinsam weiter nachdenken. Ich
    rede von Doping. Doping ist


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Körperverletzung!)


    nach wie vor trotz der geringen Zahlen, die wir bei Pro-
    ben finden, neben der totalen Kommerzialisierung des
    Sports die größte Bedrohung des Sports überhaupt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Das gilt nicht nur, weil Doping eine Gefahr für Leib und
    Leben mit sich bringt und wir auch immer wieder fest-
    stellen müssen, dass Sportler in jungen Jahren aufgrund
    von Dopingmissbrauch plötzlich sterben oder schwer
    erkranken, sondern auch, weil durch solche Manipulati-
    onen des Körpers das Leitbild des Sports, nämlich Fair-
    ness und fairer Wettkampf, im Grunde genommen ad
    absurdum geführt wird. Dem fairen Wettkampf wird so-
    zusagen faktisch die Manipulation entgegengestellt.
    Dem Leitbild des Sportes, Gesundheit zu schaffen, wird
    die Maxime entgegengesetzt: Es ist völlig egal, was mit
    dem Körper geschieht, Hauptsache gewonnen. Das ist
    die völlige Untergrabung des sportlichen Ideals und in-
    sofern eine schwerwiegende Bedrohung des Sports.

    Wir dürfen nicht müde werden, Doping mit allen uns
    zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen und tat-
    sächlich ernsthaft zu suchen, wo das bisherige System
    Lücken hat und wo es verbessert werden muss.

    Lange Zeit hieß es: Doping ist wie eine Hydra; wenn
    man ein Mittel verbietet, kommt ein anderes zum Vor-
    schein. Daraus hat sich eine fatale Haltung – bisweilen
    auch in der Politik – abgeleitet. Man hat gesagt: Da kann
    man sowieso nichts machen; das gehört halt irgendwie
    zum Leistungssport.

    Ich bin froh, dass es hier in den letzten Jahren zu ei-
    nem völligen Umdenken gekommen ist. Heute sagt im
    Sportausschuss kein Mensch mehr so etwas. Auch in
    den Medien herrscht eine ganz andere Grundstimmung.
    Die Politik, die Wissenschaft, die Medien, aber auch der
    Sport selber sagen: Wir müssen dieses Dopingelend ge-
    meinsam mit allen Mitteln bekämpfen. – Das ist meines
    Erachtens die einzige Chance, zu verhindern, dass aus
    dem Sport ein Festival der chemiegesteuerten Giganten
    wird. Das wäre fatal.

    Ich möchte übrigens ausdrücklich dem Innen-
    minister – ich hätte es ihm gerne persönlich gesagt – da-
    für Dank sagen, dass er den Mut gehabt hat, die Laisser-
    faire-Haltung der alten Innenminister nicht weiter zu
    pflegen, sondern zu sagen: Dort, wo der Sport versagt,
    dort, wo auch aus dem Sport selber Stimmen kommen,
    die den Staat, der den Sport fördert und unterstützt, um
    Hilfe bitten, greifen wir ein, ohne die Autonomie des
    Sports zu gefährden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich meine, der Sport hat in der Politik durchaus einen
    guten Partner. Wir in der Politik haben auch eine eigen-
    ständige Verantwortung.

    In der Anhörung ist deutlich geworden: Der Kampf
    gegen Doping ist schwierig, aber nicht aussichtslos. Mit
    einem konsequenten Kontrollsystem im Training ist
    viel zu machen. – Herr Riegert, ich kann Ihnen versi-
    chern: Es wird da keine Kürzungen geben. Im Gegenteil
    werden wir dafür sorgen, dass dieses System eher ver-
    bessert als verschlechtert wird.

    Die Anhörung hat auch deutlich gemacht, dass wir
    weiter arbeiten müssen. In der Exekutive bestehen of-
    fensichtliche Lücken. Zollpolizei und Staatsanwaltschaft
    erfahren eher zufällig vom Schmuggel von Dopingmit-
    teln. Sie erinnern sich vielleicht an die Beispiele, die da
    genannt wurden: Hunderttausende Medikamenten-
    packungen wurden in wenigen Taschen über die Gren-
    zen transportiert.

    Neu ist – jedenfalls wird es von der Öffentlichkeit als
    neu wahrgenommen –, dass diese Dopingmittel nicht al-
    leine im Spitzensport Verwendung finden, sondern zu-
    nehmend auch im Breitensport, in den Fitnessstudios.
    Man hat ausgerechnet – ich habe mir heute eine neuere
    Untersuchung aus Lübeck angeschaut –, dass vermutlich
    an die 300 000 Menschen regelmäßig ihren Körper in
    Fitnessstudios anabolisch behandeln. Diesen Punkt müs-
    sen wir unbedingt in den Fokus unserer Bemühungen
    nehmen. Ich glaube, die bisherigen gesetzlichen Rege-
    lungen reichen hier nicht aus. Wir werden noch abwar-
    ten und schauen, was die Verbesserung im Arzneimit-
    telgesetz bringt. Aber ich persönlich glaube, dass das
    Gesetzeswerk, das wir jetzt haben, nicht ausreicht und
    dass wir erstens eine nationale Antidopingagentur und
    zweitens eine gesetzliche Grundlage dafür brauchen,
    auch und nicht zuletzt um das Doping im Breitensport
    zu bekämpfen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der F.D.P.)


    Ich komme nun zu einem ganz anderen Bereich, zum
    Breitensport, dem wir uns im Koalitionsvertrag ver-
    pflichtet haben. Sie haben das sehr aufmerksam verfolgt:
    Wir haben uns im Koalitionsvertrag verpflichtet, neben
    dem Spitzensport zukünftig auch den Breitensport stär-
    ker zu fördern, ihn gewissermaßen gleichartig zu behan-
    deln. Damit tragen wir der Tatsache Rechnung, dass der
    Sport sich verändert hat und nicht nur der Spitzensport,
    sondern gerade auch der Breitensport für uns als Ge-
    setzgeber interessant ist.

    Es muss uns interessieren, was im Bereich des Sports
    im Sinne von Gesundheitsförderung geschieht. Es muss
    uns interessieren, wie Sport Lebensstile prägt und ent-
    wickelt. Das ist auch für den Nationalstaat von Bedeu-
    tung, wenn wir über Entwicklungskonzepte, über
    Verbrauch und Konsumverhalten oder beispielsweise
    über die Gesundheitsreform nachdenken.

    Insofern glaube ich nicht, dass das alte System trägt,
    wonach die Kommune für den Breitensport, das Land
    für den Schulsport und der Bund für den Spitzensport
    zuständig ist. Wir müssen da zu einer sinnvollen Ver-

    Winfried Hermann






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    schränkung, zu einer ganzheitlichen Betrachtung auf al-
    len Ebenen kommen. Wir müssen auf Bundesebene ein
    neues Breitensportförderkonzept erarbeiten, in dem
    wichtige Fragen geklärt werden, beispielsweise: Wie
    können wir Gruppen, die ausgegrenzt sind, an den Sport
    heranführen? Wie können wir etwa Senioren und Frauen
    besser in den Sport eingliedern? Welche Arten von
    Spiel- und Bewegungskultur müssen wir im Sinne der
    Gesundheit fördern?

    Damit bin ich bei einem weiteren wichtigen Punkt,
    der Gesundheitspolitik. Aus unserer Sicht war es ein
    Riesenschritt, dass wir es im Rahmen der Gesundheits-
    reform endlich geschafft haben, § 20 des Sozialgesetz-
    buches V zu korrigieren und im Rahmen dieser Ände-
    rung die primäre Prävention zu fördern.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der F.D.P.: Nur für sinnvolle Maßnahmen!)


    – Für sinnvolle Maßnahmen der Gesundheitsprävention
    und nicht zum Beispiel für einen Segeltörn.

    Die alte Koalition hatte leider diese Regelung gestri-
    chen. Wir haben es jetzt geschafft, pro Versicherten pro
    Jahr fünf Mark dafür bereitzustellen. Das sind im ersten
    halben Jahr 170 Millionen DM und im zweiten Jahr
    schon 350 Millionen DM. Das ist eine Menge Geld, mit
    dem sich der Sport an der Gesundheitsförderung beteili-
    gen wird. Der Sport wird dadurch seinen Beitrag zur
    Gesundheitsförderung leisten. Das ist gut so.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Friedhelm Julius Beucher [SPD]: Das hatten die anderen gestrichen!)


    Nun können Sie natürlich wieder jammern und sagen:
    Gemessen an den hohen Kosten des Gesundheitssystems
    ist dieser Beitrag zu gering; da haben Sie vollkommen
    Recht. Aber Sie haben einst diese Regelung gestrichen.
    Wir haben sie wieder eingeführt und werden dafür
    kämpfen, dass dieser Beitrag systematisch erhöht wird,
    weil wir wissen, dass die beste Sparpolitik für die Kran-
    kenkassen eine gute Primärprävention durch Sport ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Sportpolitik im neuen Sinne muss auch neue Sicht-
    weisen haben. So ist es zum Beispiel dringend notwen-
    dig, dass wir darüber nachdenken, wie wir außerhalb der
    Sportstätten dafür sorgen, dass Menschen zur Bewe-
    gung, zur sportlichen Aktivität angeregt werden. Ich sa-
    ge immer: Ein guter Sportpolitiker ist zugleich ein guter
    Stadtpolitiker, ein guter Architekt; denn er muss sich
    darüber Gedanken machen, wie er die Stadt, die Kom-
    mune und den nahen Wohnort so gestalten kann, dass
    sie spiel- und bewegungsfreundlich sind, sodass Kinder
    und Menschen jeden Alters zur Bewegung angeregt wer-
    den. Sie dürfen aber nicht in Gefahr sein, wenn sie zum
    Beispiel mit dem Fahrrad fahren. Es müssen also Räume
    geschaffen werden, in denen man sich frei, sicher und
    spielerisch bewegen kann.

    Das ist eine neue Qualität, von der ich glaube, dass
    der Bund diesbezüglich eine Leitbildfunktion hat. Wir
    müssen auf der Bundesebene beispielhaft für die Länder
    und für die Kommunen wissenschaftliche Modellstudien
    anstoßen und müssen Modelle fördern und unterstützen.
    Dies muss beispielhaft, aber nicht flächendeckend ge-
    schehen. Die Aufgabe des Bundes ist es nämlich,
    beispielhaft auf Bundesebene auszuprobieren, was
    andere dann nachmachen können.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Modellhaft in sozialer und ökologischer Hinsicht
    muss etwa auch die Sanierung von Sportstätten mit gu-
    ter Verkehrsanbindung durchgeführt werden. Modellhaft
    müssen auch die Sportstätten in den neuen Bundeslän-
    dern ausgebaut werden, von denen wir bewusst gesagt
    haben: Im Zuge des Goldenen Planes Ost wollen wir
    nicht einfach irgendwelche Sportstätten fördern, sondern
    wir wollen auch neue sozialökologische Kriterien anle-
    gen, damit nicht einfach so wie bisher weitergemacht
    wird, sondern damit auch neue Gesichtspunkte berück-
    sichtigt werden können.


    (Walter Hirche [F.D.P.]: Dann müssen Sie auch Geld dazu bereitstellen!)


    – Wir haben Geld dafür bereitgestellt. Damit lösen wir
    andere Investitionsströme aus. Ich denke, dass dies ein
    guter Anfang ist. Wir hätten natürlich gerne mehr Geld
    ausgegeben. Immerhin aber handelt es sich jetzt um
    60 Millionen DM. Das ist weit mehr, als Sie uns zuge-
    traut haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich komme zum Schluss. Ich glaube, es ist klar ge-
    worden, dass moderne Sportpolitik mehr sein muss als
    herkömmliche Leistungssportförderpolitik. Sie muss
    auch andere Felder berühren. Die Sportpolitik muss es
    schaffen, dass diese Gesellschaft spiel- und bewegungs-
    freundlich ist, dass beispielsweise Gebäude, in denen
    sich viele Menschen aufhalten, nicht ohne Umkleideka-
    binen und nicht ohne Möglichkeit zum Duschen gebaut
    werden. Auch im Reichstag fehlt eine solche Möglich-
    keit.