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ID1408700700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/87 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 87. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Kollegen Dr. Erika Schuchardt, Margot von Renesse und Karl-Hermann Haack ........................... 7973 A Wahl der Abgeordneten Helga Kühn-Mengel zur Schriftführerin ........................................... 7973 A Erweiterung der Tagesordnung ....................... 7973 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 7 und 11 .............................................................. 7974 A Tagesordnungspunkt 2: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 2000 der Bun- desregierung „Arbeitsplätze schaffen – Zukunftsfähigkeit gewinnen“ (Drucksache 14/2611) ............................... 7974 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Zwölftes Hauptgutachten der Monopolkommission 1996/1997 (Drucksachen 13/11291, 13/11292, 14/69 Nr. 1.8 und 1.9, 14/1274, 14/2005) ........... 7974 C c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1999/2000 des Sach- verständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 14/2223) ............................... 7974 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2 Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Für eine sachgerechte Aufteilung wirt- schaftspolitischer Zuständigkeiten (Drucksache 14/2707) ................................ 7974 D Hans Eichel, Bundesminister BMF ................. 7975 A Michael Glos CDU/CSU ................................. 7978 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 7982 B Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 7985 D Dr. Christa Luft PDS ....................................... 7990 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 7991 D Gunnar Uldall CDU/CSU ................................ 7994 A Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ................................................ 7996 A Ursula Lötzer PDS .......................................... 7998 B Ernst Schwanhold SPD ................................... 7999 A Dagmar Wöhrl CDU/CSU .............................. 8002 B Dr. Mathias Schubert SPD .............................. 8004 B Hansjürgen Doss CDU/CSU ........................... 8005 D Nina Hauer SPD .............................................. 8007 D Hans Michelbach CDU/CSU .......................... 8009 B Fritz Schösser SPD .......................................... 8010 D Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Ulrike Mehl, weiterer II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Op- timierung des Sicherheits- und Not- fallkonzepts für Nord- und Ostsee ... 8013 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Folgerungen aus der Havarie der „Pallas“ vor Amrum (Drucksachen 14/281, 14/160, 14/843) 8013 A b) Antrag der Abgeordneten Jürgen Koppe- lin, Ulrike Flach und der Fraktion F.D.P.: Bericht der Unabhängigen Experten- kommission „Havarie Pallas“ unver- züglich vorlegen (Drucksache 14/2454) ............................... 8013 B c) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Nordseeküste schützen, Küstenwache einrichten, in- ternational besser zusammenarbeiten (Drucksache 14/548) ........................ ......... 8013 B d) Große Anfrage der Abgeordneten Wolf- gang Börnsen (Bönstrup), Ulrich Adam, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Schaffung einer Deutschen Küstenwache (Drucksachen 14/1229, 14/2430) .............. 8013 B e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 1999 bis 2002 (Drucksache 14/1634) ....... 8013 C f) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschafts- aufgabe „Verbesserung der Agrarstruk- tur und des Küstenschutzes“ (GAK); hier: Rahmenplan 2000 bis 2003 (Drucksache 14/1652) ............................... 8013 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Ulrike Mehl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Gila Altmann, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherung der deutschen Nord- und Ostseeküste vor Schiffsunfällen (Drucksache 14/2684) ...... ......................... 8013 D Annette Faße SPD ........................................... 8013 D Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 8016 B Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ................................................ 8018 C Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 8020 D Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8022 D Eva Bulling-Schröter PDS .............................. 8023 B Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 8024 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU ...... 8026 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 8028 A Ulrike Flach F.D.P. ......................................... 8030 A Kersten Naumann PDS ................................... 8031 C Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 8032 C Dr. Barbara Hendricks SPD ........................ 8034 C Jürgen Koppelin F.D.P. ............................... 8035 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8036 C Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 8037 A Ulrike Mehl SPD ............................................. 8037 C Jürgen Koppelin F.D.P. ............................... 8038 B Gert Willner CDU/CSU .................................. 8039 D Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 8041 A Ulrike Flach F.D.P. ......................................... 8041 B Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 8041 B Ulrike Mehl SPD ............................................. 8041 D Manfred Opel SPD .......................................... 8042 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU ....................................................... 8042 C Cajus Caesar CDU/CSU .................................. 8044 A Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML ....... 8045 C Tagesordnungspunkt 14: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Flurbereinigungs- gesetzes (Drucksache 14/2445) ........... 8046 D b) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) (Drucksache 14/2577) .......... 8046 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 III Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere Überweisungen im vereinfach- ten Verfahren (Ergänzung zu TOP 14.) a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbrau- cherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro (Drucksache 14/2658) .......................... 8046 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung ei- nes vorläufigen Wohnortes für Spät- aussiedler (Drucksache 14/2675) ........ 8047 A Tagesordnungspunkt 15: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (15. WSGÄndG) (Drucksachen 14/2498; 14/2625) ........ 8047 B b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Bun- desbesoldungsgesetzes (Drucksachen 14/2094; 14/2602) ........ 8047 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie .......................................... 8047 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Gunnar Uldall, Dr. Bernd Protzner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: „Jahr-2000- Problem“ in der Informations- technik ernst nehmen ................... 8047 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Jahr-2000-Prob- lem – Unterstützung zur Prob- lemlösung (Drucksachen 14/1334, 14/1544, 14/2115) ......................................... 8047 D d) – h) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersicht 117, 118, 119, 120, 121 zu Petitionen (Drucksachen 14/2585, 14/2586, 14/2587, 14/2588, 14/2589) ..................................... 8048 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung im Hinblick auf einen möglichen Schaden für die Demokratie in Deutschland durch die aktuellen Er- kenntnisse zu Praktiken der Parteienfi- nanzierung und deren mögliche Aus- wirkungen auf Mehrheitsverhältnisse in Bundesorganen Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 8048 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU ....................................................... 8050 A Franz Müntefering SPD .................................. 8051 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ........................ 8052 C Dr. Dietmar Bartsch PDS ................................ 8053 D Rita Streb-Hesse SPD ..................................... 8054 D Hartmut Schauerte CDU/CSU ........................ 8056 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8057 C Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU ........... 8059 B Bernd Reuter SPD ........................................... 8060 C Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU .................... 8062 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 8063 A Tagesordnungspunkt 4: Vereinbarte Debatte zur Eröffnung der Regierungskonferenz über institutio- nelle Reformen der EU und zu den Er- gebnissen der Tagung des Allgemeinen Rates am 14./15. Februar 2000 ............... 8064 B Michael Roth (Heringen) SPD ........................ 8064 B Peter Altmaier CDU/CSU ............................... 8066 C Dr. Norbert Wieczorek SPD ........................ 8068 B Joseph Fischer, Bundesminister AA ............... 8069 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 8071 A Uwe Hiksch PDS ............................................. 8072 C Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA ......... 8073 C Dr. Gerd Müller CDU/CSU ............................ 8075 C Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8077 C Tagesordnungspunkt 5: Unterrichtung durch die Bundesregierung: 9. Sportbericht der Bundesregierung (Drucksache 14/1859) ............................. 8078 C Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatsekretär BMI 8078 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 Klaus Riegert CDU/CSU ................................ 8080 D Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8083 D Dr. Klaus Kinkel F.D.P. .................................. 8087 A Gustav-Adolf Schur PDS ................................ 8089 C Dagmar Freitag SPD ....................................... 8091 B Klaus Riegert CDU/CSU ................................ 8092 D Dagmar Freitag SPD ....................................... 8093 A Peter Letzgus CDU/CSU ................................ 8093 B Christine Lehder SPD ..................................... 8095 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU .............................. 8096 D Friedhelm Julius Beucher SPD ....................... 8098 D Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Einundzwanzigsten Gesetzes zur Ände- rung des Abgeordnetengesetzes und ei- nes Achtzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksachen 14/2235, 14/2660) .. ............ 8100 A Dr. Uwe Küster SPD ....................................... 8100 B Joachim Hörster CDU/CSU ............................ 8101 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8102 D Jörg van Essen F.D.P. ..................................... 8104 A Roland Claus PDS .......................................... 8105 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ (Drucksache 14/2687) ............................... 8105 C Monika Ganseforth SPD ................................. 8105 C Dr. Ralf Brauksiepe CDU/CSU ...................... 8107 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................ 8109 C Walter Hirche F.D.P. ...................................... 8111 A Eva Bulling-Schröter PDS .............................. 8112 A Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Fraktion CDU/CSU: Hilfspro- gramm für die Sturmschäden im Wald durch den Orkan „Lothar“ (Drucksache 14/2570) ............................... 8112 D b) Antrag der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Rasche und wirksame Hilfe für Waldbesitzer (Drucksache 14/2583) ................................ 8113 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Heidemarie Wright, Iris Follak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeord- neten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Waldschäden durch die Orkane im Dezember 1999 (Drucksache 14/2685) ................................ 8113 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU .......... 8113 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU ............... 8114 A Peter Dreßen SPD ........................................... 8115 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU .......... 8115 C Heidemarie Wright SPD .................................. 8116 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 8117 A Ulrich Heinrich F.D.P. .................................... 8117 C Heinz Wiese (Ehingen) CDU/CSU ............. 8118 C Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 8119 B Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 8120 B Kersten Naumann PDS ................................... 8121 B Marion Caspers-Merk SPD ............................. 8122 B Ernst Burgbacher F.D.P. ............................. 8123 A Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU ........... 8123 D Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML ....... 8125 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 8125 C Ulrich Heinrich F.D.P. ................................ 8126 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU ........... 8127 B Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML ....... 8127 C Tagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weiteren Abgeordneten und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksent- scheid (dreistufige Volksgesetzgebung) (Drucksachen 14/1129;14/2151) ............. 8128 A Dr. Evelyn Kenzler PDS ................................. 8128 B Peter Enders SPD ............................................ 8129 C Norbert Röttgen CDU/CSU ............................ 8131 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 V Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8132 C Dr. Max Stadler F.D.P. ................................... 8133 A Nächste Sitzung .............................................. 8134 S Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 8135 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 7973 (A) (B) (C) (D) 87. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Dr. Max Stadler Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Februar 2000 8135 (A) (B) (C) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Brecht, Eberhard SPD 17.02.2000 Bulmahn, Edelgard SPD 17.02.2000 Falk, Ilse CDU/CSU 17.02.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 17.02.2000 Frick, Gisela F.D.P. 17.02.2000 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 17.02.2000 Fuchs (Köln), Anke SPD 17.02.2000 Gehrcke, Wolfgang PDS 17.02.2000 Günther (Plauen), Joachim F.D.P. 17.02.2000 Homburger, Birgit F.D.P. 17.02.2000 Ibrügger, Lothar SPD 17.02.2000 Klose, Hans-Ulrich SPD 17.02.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 17.02.2000 Leidinger, Robert SPD 17.02.2000 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Loske, Reinhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.02.2000 Metzger, Oswald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.02.2000 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 17.02.2000 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 17.02.2000 Moosbauer, Christoph SPD 17.02.2000 Mosdorf, Siegmar SPD 17.02.2000 Rühe, Volker CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 17.02.2000 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 17.02.2000 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 17.02.2000 Schütze (Berlin), Diethard CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Schwarz-Schilling, Christian CDU/CSU 17.02.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.02.2000 Wieczorek (Duisburg), Helmut SPD 17.02.2000 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Brüderle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine
    Damen und Herren! „Nur mit einer konstanten Wirt-
    schaftspolitik ist eine ausreichende Investitionstätigkeit
    zu erreichen. Ohne Konstanz ist auch die Wettbewerbs-
    ordnung nicht funktionsfähig.“


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Diese Sätze stammen von Walter Eucken, dem geistigen
    Wegbereiter unseres Wirtschaftssystems, der sozialen
    Marktwirtschaft.

    Werner Schulz (Leipzig)







    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Konstanz in der Wirtschaftspolitik, das ist heute lei-
    der keine Selbstverständlichkeit mehr. Dies ist vielmehr
    eine notwendige Einleitung einer Rede zu einer Zeit, in
    der sich Wirtschaftspolitik immer mehr von ordnungs-
    politischen Zusammenhängen entfernt, zu einer grün-
    roten Zeit, in der Wirtschaftspolitik durch sprunghafte
    Entscheidungen, fehlende Konsequenz und mangelnde
    Berücksichtigung marktwirtschaftlicher Funktionswei-
    sen gekennzeichnet ist.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Der Wirtschaftspolitik fehlt seit anderthalb Jahren

    Verlässlichkeit.

    (Zurufe von der SPD: Oh!)


    Sie trägt zur Verunsicherung von Bürgern und Unter-
    nehmen bei. Sie führt dazu, dass Investoren längst einen
    Bogen um den Standort Deutschland machen. Sie trägt
    zu Kursverfällen an den Devisenmärkten bei und be-
    schädigt das Image des Wirtschaftsstandortes Deutsch-
    land.


    (Beifall bei der F.D.P. – Detlev von Larcher [SPD]: Ach du liebe Zeit!)


    Dass der Euro – Deutschland ist in Euro-Land das größ-
    te Land und hat mit Abstand die größte Wirtschafts-
    kraft – täglich derart abgewertet wird, hat seinen Grund:
    Die Ursache liegt in der mangelnden Anpassungsfähig-
    keit in Deutschland.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

    Es ist schon merkwürdig: Hier debattieren praktisch

    nur Wirtschaftspolitiker miteinander. Nur die Bundesre-
    gierung schickt ihren Finanzminister. Herr Eichel, ich
    gebe zu, Sie haben schon viele Fehler Ihres Vorgängers
    korrigieren müssen. Dennoch fordere ich Sie auf: Korri-
    gieren Sie einen weiteren Fehler!


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Geben Sie die wirtschaftspolitische Grundsatzabtei-
    lung dahin zurück, wo sie hingehört, nämlich ins Wirt-
    schaftsministerium!


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Grün-rote Wirtschaftspolitik wird durch medienge-
    rechte Ad-hoc-Entscheidungen bestimmt. Eine ord-
    nungspolitische Linie ist nicht mehr erkennbar. Die
    Rückgliederung der Grundsatzabteilung, des ordnungs-
    politischen Gewissens, in das Wirtschaftsministerium ist
    nach unserer Ansicht eine notwendige Voraussetzung,
    dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

    Herr Eichel, wir verfolgen durchaus nicht ohne Sym-
    pathie Ihre Versuche, die Schulden abzubauen. Ihr Mi-
    nisterium ist mit den elementaren Herausforderungen in
    der Steuer- und Finanzpolitik gut beschäftigt. Andere
    wirtschaftspolitisch wichtige Vorhaben im Geld- und
    Kreditwesen, wie etwa ein neues Finanzmarktförde-
    rungsgesetz oder eine politische Initiative zu den neuen
    Eigenkapitalrichtlinien, werden derzeit aber an den Rand
    gedrängt.

    Auch die europäische Wirtschafts- und Strukturpoli-
    tik wird in Ihrem Haus derzeit stiefmütterlich behandelt.
    Ich nenne in diesem Zusammenhang etwa die Problema-
    tik des Euro und den Komplex der Landesbanken; die
    WestLB lässt grüßen. Außerdem ist es wenig sinnvoll,
    wenn europäische Beihilfepolitik im gleichen Ministeri-
    um angesiedelt ist, in dem über die Gewährung von Bei-
    hilfen fiskalisch entschieden wird. Deshalb, Herr Eichel,
    geben Sie im Interesse der wirtschaftspolitischen Leis-
    tungsfähigkeit der Bundesregierung die Europaabtei-
    lung und die Abteilung Geld und Kredit zurück in das
    Ministerium für Wirtschaft!


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Diese organisatorische Rückgliederung ist auch deshalb
    geboten, weil sich die praktische Wirtschaftspolitik zu-
    sehends von der Konzeption der sozialen Marktwirt-
    schaft entfernt. Das ordnungspolitische Gewissen ist
    quasi ruhig gestellt. Statt auf Wettbewerb zu setzen und
    die Marktkräfte zu stärken, wendet sich die Bundesre-
    gierung der instrumentalen Beliebigkeit zu. Sie betreibt
    eine Wirtschaftspolitik, vor der Walter Eucken immer
    gewarnt hat: eine Politik des Punktualismus.

    Die Liste der ordnungspolitischen Sünden von Grün-
    Rot ist lang. Dazu zählen das Zurückdrehen der markt-
    wirtschaftlichen Reformen der alten Bundesregierung,
    die Fälle Holzmann und Mannesmann, die Gewinnver-
    wendungssteuerung im Rahmen der Unternehmensteuer-
    reform, die diskriminierende so genannte Ökosteuerre-
    form, die Verzögerung bei der Liberalisierung der Post-
    märkte und der Versuch der nationalen Abschottung ge-
    genüber dem Ausland etwa in der Energiepolitik.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ernst Schwanhold [SPD]: Das machen die anderen!)


    Sie betreiben eine korporatistische Politik, statt Ver-
    antwortung zu übernehmen und zuzuweisen. Sie wollen
    die Koordinierung und Harmonisierung in der europäi-
    schen und internationalen Wirtschafts- und Beschäfti-
    gungspolitik, statt den Systemwettbewerb zu fördern.
    Wo man hinschaut, kann man den Versuch erkennen,
    den Markt und den Wettbewerb durch politische Eingrif-
    fe quasi auszuhebeln. Sie wollen die Zeit zurückdrehen
    und wie in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhun-
    derts sozusagen Wirtschaft machen. Sie wollen vom
    Schiedsrichter zum Mitspieler werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Grün-Rot betreibt eine Politik der Intervention, der Pro-
    tektion und des Kollektivismus.

    Mit der Abwendung vom Markt und vom Wettbe-
    werb verlassen Sie nicht nur die Grundlagen der sozia-
    len Marktwirtschaft; Sie behindern vor allem notwendi-
    ge marktwirtschaftliche Anpassungsprozesse. Sie schaf-
    fen dauerhafte Investitions- und Wachstumshemmnisse:
    630-Mark-Regelung, Gesetz zur Scheinselbstständigkeit,
    Atomausstieg und Ökosteuer.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Erfolgreich!)


    Rainer Brüderle






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Sie verhindern vor allem das Entstehen neuer, wettbe-
    werbsfähiger Arbeitsplätze.

    Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge-
    samtwirtschaftlichen Lage hat zu Recht drei Reformblö-
    cke aufgezeigt, die vor allem die Wirtschaftspolitik
    dringend in Angriff nehmen muss: die Reform des Ar-
    beitsmarktes, die Steuerreform und die Reform der So-
    zialversicherung, hier insbesondere der Reform der Al-
    terssicherung.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Zum Arbeitsmarkt. Im Jahreswirtschaftsbericht

    stellt die Bundesregierung zu Recht fest, dass die Erstar-
    rungen auf den Güter- und Faktormärkten den Abbau
    der Arbeitslosigkeit verhindern. Das ist interessant.
    Noch interessanter wird es, wenn im gleichen Bericht
    Dänemark und die Niederlande lobend erwähnt werden.
    Diese konnten ihre Erfolge am Arbeitsmarkt durch mo-
    derate, beschäftigungsorientierte Lohnabschlüsse und
    flexible Arbeitsmarkt- und Arbeitszeitregelungen erzie-
    len.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Sehr richtig!)


    Diese Einsicht ist erstaunlich. Die Worte des Jahres-
    wirtschaftsberichtes stehen aber, wie bei dieser Bundes-
    regierung üblich, wieder einmal in krassem Widerspruch
    zu ihren Taten. Grün-Rot sorgt mit seiner Politik dafür,
    dass sich die Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt
    weiter verschlechtern. Die Bundesregierung setzt auf
    Arbeitsumverteilung statt auf neue Jobs, sie redet, Arm
    in Arm mit den Gewerkschaften, dem Überstundenab-
    bau, der Frühverrentung und der Arbeitszeitverkürzung
    das Wort. Sie erstickt mit ihrer Politik das zarte Flexi-
    bilisierungspflänzchen und zieht das Korsett des Ar-
    beitsmarktes enger, als es ohnehin schon ist.

    Des Kanzlers Funktionärsstammtisch, das Bündnis
    für Arbeit, hat bis heute nichts bewegt, aber vieles ver-
    hindert. Der so genannte Durchbruch bei dieser Ge-
    sprächsrunde hat beschäftigungsfeindlichen Lohnforde-
    rungen und der volkswirtschaftlich unsinnigen Rente mit
    60 den Weg geebnet. Welche Gefahren von diesem
    Frühverrentungsmodell für den Arbeitsmarkt ausgehen,
    sollten Sie einmal genau im Sachverständigengutachten
    nachlesen. Die fünf Wirtschaftsweisen haben das Milli-
    arden teure IG Metall-Modell als Irrweg bezeichnet.


    (Fritz Schösser [SPD]: Wer zahlt denn das? – Weiterer Zuruf von der SPD: Quatsch!)


    – Sie mit Sicherheit nicht.
    Das Bündnis für Arbeit ist längst ein Bündnis gegen

    Reformen geworden. Es ist ein letzter verzweifelter Ver-
    such, das Tarifkartell zu retten. Die Interessen derjeni-
    gen, die arbeitslos sind oder Angst um ihren Arbeitsplatz
    haben, werden durch den Schulterschluss von Verbands-
    funktionären und Bundesregierung nicht beachtet. Dabei
    ächzt der Arbeitsmarkt immer mehr unter der Selbstblo-
    ckade eines erstarrten Tarifkartells. Das Holzmann-
    Debakel belegt eindrucksvoll die Schwäche und Unbe-
    weglichkeit des Tarifvertragsystems. Der Flächentarif-

    vertrag, der alles bis in kleinste Detail regelt, verhindert
    neue Arbeitsplätze.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Er wird zudem von der Wirklichkeit längst ausge-

    höhlt. Die Mitglieder laufen den Tarifparteien scharen-
    weise davon. Die Tarifverträge werden besonders in den
    neuen Bundesländern unterlaufen. 60 Prozent der Ar-
    beitsplätze dort befinden sich außerhalb des Tarifver-
    tragsrechts.


    (Uwe Hiksch [PDS]: Sauerei!)

    In Ostdeutschland haben bereits 75 Prozent der Unter-
    nehmen den Arbeitgeberverbänden den Rücken gekehrt.
    Gerade hier werden Tarifverträge in Übereinstimmung
    von Unternehmen und Mitarbeitern immer wieder be-
    wusst verletzt. Die Wirklichkeit in den neuen Ländern
    ist weiter als das Gesetz.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. – Fritz Schösser [SPD]: Ein echter Fortschritt!)


    Dieses Beispiel belegt einmal mehr, dass gerade aus
    Ostdeutschland wichtige Anstöße für Reformen kom-
    men. Beispiele hierfür sind der Ladenschluss und das
    Abitur nach dem 12. Schuljahr, was de facto eine Ver-
    längerung der Lebensarbeitszeit bedeutet. Die ostdeut-
    schen Bürgerinnen und Bürger haben sich selbst zur
    Chefsache Ost erklärt. Dazu brauchen sie keinen Kanz-
    ler, der nur warme Worte, aber keine Taten für sie übrig
    hat.


    (Beifall bei der F.D.P. – Lachen des Abg. Detlev von Larcher [SPD])


    Meine Damen und Herren, eine Reform des Tarifver-
    tragsrechts ist überfällig. Die F.D.P. fordert deshalb die
    Einführung von gesetzlichen Öffnungsklauseln, die
    freiwillige Betriebsvereinbarungen zwischen Unterneh-
    men und Belegschaft ermöglichen. Wir wollen zudem
    das gesetzliche Günstigkeitsprinzip erweitern. Lohn-
    und Arbeitszeitzugeständnisse müssen möglich sein,
    wenn dadurch Arbeitsplätze gesichert werden.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir wollen außerdem der Tendenz zu Verbandskla-

    gen im Arbeitsrecht gesetzlich entgegenwirken. Es kann
    nicht sein, dass – wie im Falle Viessmann – dann, wenn
    98 Prozent der Belegschaft, um ihre Arbeitsplätze, ihr
    Werk in Hessen zu halten, länger arbeiten wollen, dies
    durch eine Klage der IG Metall verhindert wird.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir wollen die Rechte des einzelnen Mitarbeiters stär-
    ken und die Fremdbestimmung durch Verbände zurück-
    drängen.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir brauchen ordnungspolitisch klare Rahmenbedin-
    gungen, die den einzelnen Unternehmen und Beschäftig-
    ten mehr Spielräume für arbeitsplatzsichernde und ar-
    beitsplatzschaffende Vereinbarungen lassen. Statt einer
    Strategie, die alleine auf die Umverteilung von Arbeit
    setzt, brauchen wir einen Befreiungsschlag –

    Rainer Brüderle






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)



    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Den haben wir Gott sei Dank am 27. September 1998 gehabt!)


    für mehr Beschäftigung in Deutschland. Die Arbeits-
    marktergebnisse der Länder mit flexiblen Regelungen
    sind deutlich besser als in Deutschland.

    Zur Steuerpolitik. Herr Eichel, Ihre Steuerreform of-
    fenbart einige bemerkenswerte Kehrtwendungen der Fi-
    nanzpolitik der Sozialdemokraten. Sie gehen erstmals
    von einem Selbstfinanzierungseffekt von mehreren Mil-
    liarden DM aus. Als die F.D.P. diesen steuerpolitischen
    Ansatz in ihr Konzept einbezogen hat, galt für Sie – und
    das noch bis vor kurzem – immer das Credo: Ohne Ge-
    genfinanzierung läuft nichts. Jetzt schließen Sie sich auf
    einmal unserer Auffassung an, dass eine Steuersenkung
    in der Wirtschaft Wachstumseffekte auslöst und damit
    das Steueraufkommen mittelfristig erhöht. Gratulation
    zu dieser Einsicht.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Anders als Ihr Vorgänger Lafontaine wollen Sie nicht
    nur die Nachfrageseite, sondern auch die Angebotsseite
    stärken, indem Sie das Investitionsklima der Steuersen-
    kung verbessern. Bis vor kurzem wollte die SPD aus-
    schließlich die Kaufkraft stärken. Auch hier haben Sie
    zumindest teilweise die ökonomischen Grundtatsachen
    akzeptiert, dass bessere Angebotsbedingungen zu mehr
    Wachstum und Beschäftigung führen können.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist auch nicht wahr! – Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Jetzt lobt er Sie!)


    Anders als andere wollen Sie keine schuldenfinan-
    zierte Steuerreform. Auch das ist vernünftig, denn bei
    einer Staatsquote von fast 50 Prozent sind genug fiskali-
    sche Spielräume vorhanden, um eine umfassende Steu-
    erreform ohne eine Ausweitung des Defizits zu finanzie-
    ren,


    (Ernst Schwanhold [SPD]: Insbesondere wegen Ihrer Schulden ist das nicht erforderlich!)


    zumal Ihr Kollege, der Bundeswirtschaftsminister
    Müller, große Subventionskürzungen versprochen hat.
    Falls er immer noch auf die Kürzungsvorschläge wartet,
    etwa im Steinkohlebereich, kann er sicherlich warten,
    bis er schwarz wie die Kohle wird. Er muss endlich
    selbst aktiv werden, sonst passiert überhaupt nichts.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Doch nicht nur Ihr Kollege muss mehr tun, auch Sie,
    Herr Eichel. Denn bei der Unternehmensteuerreform
    haben Sie sich verrannt. Sie haben die Reform aus der
    Perspektive der großen Konzerne, der großen Kapitalge-
    sellschaften konzipiert. Nur für sie gibt es eine systema-
    tische einfache Lösung. Für den Großteil der Unterneh-
    men in Deutschland, nämlich die mittelständischen Ein-
    zelpersonenunternehmen, wollen Sie komplizierte Rege-
    lungen durchsetzen.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nicht wahr!)


    Damit stellen Sie sich aber gegen Ihre eigenen Zielvor-
    gaben. Denn im Jahreswirtschaftsbericht heißt es, die
    Bundesregierung strebe ein einfaches und gerechtes
    Steuersystem an. Das so genannte Optionsmodell ist das
    Gegenteil. Die Idee, aus Personenunternehmen per Steu-
    ergesetz sozusagen virtuelle Kapitalgesellschaften zu
    formieren, ist völliger Unfug.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ernst Schwanhold [SPD]: Sie wissen es doch besser, Herr Brüderle!)


    Doch den Mittelstand in die Rechtsform der Kapital-
    gesellschaft zu drängen ist offensichtlich von Ihnen ge-
    wollt. Anders sind Ihre Äußerungen, Herr Eichel, nicht
    zu verstehen, Deutschlands Unternehmen müssten sich
    auch bei der Wahl der Rechtsform an internationalen
    Maßstäben messen lassen. Doch gerade um die mittel-
    ständische Struktur, die als Grundvoraussetzung das spe-
    zifische Eigentumsinteresse des selbsthaftenden Unter-
    nehmers hat, wird Deutschland in der Welt beneidet.
    Mehr Kapitalgesellschaften bedeuten eben nicht gleich-
    zeitig ein Mehr an Innovation, Wachstum und Beschäf-
    tigung.


    (Ernst Schwanhold [SPD]: Trinken Sie doch etwas Wasser!)


    – Herr Schwanhold, vielleicht haben Sie auch einmal ei-
    ne Erkältung, dann lache ich auch. Sie sollten sich viel-
    leicht als Minister ein bisschen mehr Niveau ange-
    wöhnen, sonst werden Sie nicht ernst genommen.


    (Ernst Schwanhold [SPD]: Ich wollte Ihnen Zeit geben, einen Schluck Wasser zu trinken!)


    – Ihr Mitgefühl ist wirklich entwaffnend.
    Die Unternehmensteuerreform könnte das Ende des

    selbsthaftenden Unternehmertums in Deutschland ein-
    läuten. Dieser gefährlichen Entwicklung kann die F.D.P.
    weder im Bundestag noch im Bundesrat die Hand rei-
    chen.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, wir müssen Deutschland

    zurück zum Steuersystem führen, das die wirtschaftli-
    chen Entscheidungen der Bürger und Unternehmen nicht
    von vornherein präjudiziert. Es darf nicht von der Be-
    steuerung abhängen, ob sich jemand selbstständig
    macht, seinen Lebensunterhalt mit Wohnungsvermie-
    tung bestreitet oder eine abhängige Beschäftigung an-
    nimmt. Es darf ebenfalls nicht von der Besteuerung ab-
    hängen, ob ein Unternehmen investiert oder rationali-
    siert. Ein Steuersystem sollte eben nicht bevormunden,
    sondern die Entscheidungsfreiheit der Bürger und der
    Unternehmen akzeptieren.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Persönliche Neigungen oder Begabungen, Risikoein-
    stellung und Marktlage müssen die Maßstäbe sein. Das

    Rainer Brüderle






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Steuerkonzept der F.D.P. trägt diesem Maßstab Rech-
    nung. Alle Einkünfte von natürlichen und juristischen
    Personen sollen einfachen, international üblichen Stu-
    fentarifen mit Grenzsteuersätzen von 15 Prozent,
    25 Prozent und 35 Prozent unterliegen. Die Gewerbe-
    steuer wird gänzlich abgeschafft.

    Unser Modell ist so einfach und überzeugend, dass
    selbst Ihr Fraktionschef, Herr Struck, den ganzen letzten
    Sommer damit hausieren ging.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Er tanzte nur einen Sommer!)


    Ich fordere Sie deshalb auf: Versuchen Sie nicht, die
    wirtschaftliche Realität Ihrem Steuerkonzept anzupas-
    sen, sondern passen Sie Ihr Konzept der wirtschaftlichen
    Realität an.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn Sie sich nicht trauen, uns zu fragen, dann gehen
    Sie zu Herrn Struck. Er hat sicherlich noch das eine oder
    andere Exemplar unserer Vorschläge in seiner Schubla-
    de.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wie sieht Ihre Finanzpolitik sonst aus? Auch in der

    Haushaltspolitik haben Sie eine Kehrtwende vollzogen.
    Statt Deficitspending à la Lafontaine wollen Sie jetzt bis
    2006 einen ausgeglichenen Haushalt. Diese Zielsetzung
    kann ich nur unterstützen. Vor diesem Hintergrund soll-
    ten wir alle gemeinsam in diesem Haus darüber nach-
    denken, ob nicht eine grundlegende Erneuerung unserer
    Finanzverfassung notwendig ist. Unsere Finanzverfas-
    sung stammt noch aus der Hochzeit keynesianischer
    Nachfragepolitik. Das ist nicht mehr zeitgemäß, vor al-
    lem seit auch die Sozialdemokratie die Angebotsseite
    wenigstens nicht mehr komplett ausblendet. Lassen Sie
    uns diese Chance ergreifen und die Finanzverfassung
    grundlegend erneuern. Ich denke vor allem an die Ver-
    schuldungsklausel des Grundgesetzes. Sie müsste deut-
    lich enger gefasst werden.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Zur Rentenpolitik. Ich stimme den im Jahreswirt-

    schaftsbericht erwähnten Zielen durchaus zu. Sie haben
    Recht, Herr Eichel, wenn Sie einen Beitrag der Wirt-
    schafts- und Finanzpolitik zu einer höheren Erwerbsbe-
    teiligung einfordern, wenn Sie die steuerliche Behand-
    lung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersein-
    künften generationenverträglich ausgestalten wollen und
    wenn Sie die Altersvorsorgesysteme mit dem Ziel, dass
    sie auch bei veränderter Bevölkerungsstruktur dauerhaft
    leistungsfähig bleiben, reformieren wollen. Auch Ihrer
    Erkenntnis, dass eine Verlängerung der Lebensarbeitzeit
    unausweichlich ist, stimme ich zu.

    Die von mir eingangs bemängelte fehlende Konstanz
    grün-roter Wirtschaftspolitik spiegelt sich im Rentenka-
    pitel des Jahreswirtschaftsberichts eindrucksvoll wider.
    Sie versprechen dort nämlich, die zusätzlichen gesetzli-
    chen Voraussetzungen zu schaffen, um die Rente mit 60

    zu ermöglichen. Das bedeutet im Ergebnis nichts ande-
    res als eine geringere Erwerbsbeteiligung, eine Verkür-
    zung der Lebensarbeitzeit und vor allem einen nicht ge-
    nerationenverträglichen Lösungsansatz, sondern eher ei-
    nen Missbrauch der sozialen Sicherungssysteme.

    Statt dass Sie Ihren Zielvorgaben gleich widerspre-
    chen, hätte ich wirklich logische Folgerungen erwartet:
    die Selbstverantwortung bei den sozialen Siche-
    rungssystemen zu stärken, einen Demographiefaktor in
    die Rentenformel einzuführen und das Prinzip der nach-
    gelagerten Besteuerung anzugehen. Wie diese Prinzipien
    zusammenpassen, können Sie übrigens wunderbar im
    Rentenreformkonzept der F.D.P. nachlesen. Wir schla-
    gen mit einem ganzheitlichen Ansatz eine echte Renten-
    strukturreform vor, die dauerhaft Vertrauen in unsere
    Altersversorgung aufbauen soll.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Unsere Ideen bringen wir selbstverständlich auch kon-
    struktiv in die derzeit laufenden Rentengespräche ein.

    Die Bundesregierung distanziert sich von der sozialen
    Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard. Sie setzt auf eine
    Politik der punktuellen Eingriffe, bei der die eine Hand
    meist nicht weiß, was die andere Hand tut. Die volks-
    wirtschaftlichen Zusammenhänge geraten dabei zuse-
    hends aus dem Blick. Gerade das Wirtschaftsministeri-
    um, das einmal von Erhard als ordnungspolitischer
    Wächter über die Tätigkeit der Fachministerien angese-
    hen wurde, mutiert immer mehr zum Wettbewerbssün-
    der Nummer eins. Der Wettbewerb wird nunmehr als
    störend empfunden. So setzt Herr Müller in der Energie-
    politik alles daran, ein Wettbewerbsmodell zu verhin-
    dern. Das Duopol im Energiebereich, das Herr Müller
    massiv unterstützt, ist wohl der Preis, den die Bundesre-
    gierung für einen Atomausstieg zu zahlen bereit ist.

    Mit einer solchen diffusen Haltung zu marktwirt-
    schaftlichen Grundsatzfragen gerät Deutschland interna-
    tional immer weiter ins Abseits.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Es ist interessant, dass im Rating der Liste marktwirt-
    schaftlicher Volkswirtschaften des Fraser-Instituts in
    Kanada, das insgesamt 23 Kriterien untersucht, Deutsch-
    land nur noch auf Platz 22 zu finden ist.

    Wie man aus Ihrem Hause auch hört, Herr Müller,
    wollen Sie dem wirtschaftspolitischen Credo, dem bis-
    her alle Wirtschaftsminister der Bundesrepublik
    Deutschland gefolgt sind, nämlich „Mehr Markt, Wett-
    bewerb schaffen“, entsagen. Ich fordere Sie auf, Herr
    Müller, Ihr Bekenntnis zu Ludwig Erhard ernst zu neh-
    men und für die soziale Marktwirtschaft einzustehen.
    Ansonsten machen Sie selbst das Wirtschaftsministeri-
    um völlig überflüssig.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort
der Kollegin Christa Luft, PDS-Fraktion.

Rainer Brüderle






(A)



(B)



(C)



(D)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Verehrte
    Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist es wichtig, dass
    sich der Deutsche Bundestag endlich wieder einem
    Sachthema zuwendet. Es scheint mir jedoch so zu sein,
    dass das, was von der CDU/CSU-Fraktion und der
    F.D.P.-Fraktion zum Jahreswirtschaftsbericht der Bun-
    desregierung vorgetragen worden ist, wenig glaubhaft
    ist. Dieser superkritische Rundumschlag ist außerordent-
    lich verwunderlich, denn die neue Bundesregierung setzt
    doch in ganz wesentlichen Teilen die angebotsorientierte
    Politik der Vorgängerregierung fort.


    (Beifall bei der PDS)

    Insofern hätten Sie, meine Damen und Herren von der
    CDU/CSU und F.D.P., durchaus Anknüpfungspunkte
    feststellen müssen.

    Wenn Sie, Herr Glos, die Euroschwäche beklagen,
    müssten Sie sich mindestens heute sehr deutlich an die
    vielen Debatten in diesem Hause erinnern. Speziell mei-
    ne Fraktion hat immer darauf hingewiesen, dass wir mit
    der Einführung des Euro dem europäischen Integrati-
    onsprozess zwar eine Krone aufsetzen, dass ihm aber
    immer noch die Füße fehlen. Das heißt, diesem Integra-
    tionsprozess fehlt ein wichtiges Fundament, ein Funda-
    ment in Form abgestimmter Politik zur Bekämpfung der
    Massenarbeitslosigkeit in Europa, zur Steuerharmonisie-
    rung und zur Weichenstellung für eine Sozialunion.


    (Beifall bei der PDS)

    Dieses Defizit, das wir in der europäischen Politik haben
    und zu dessen Abbau die Bundesregierung zu wenig
    beigetragen hat, hat dazu geführt, dass der Euro bislang
    wenig Vertrauen gewinnen konnte.

    Bei der Regierung fällt mir ein überschäumender und
    für mich unerklärlicher Optimismus auf.


    (Joachim Poß [SPD]: Oh!)

    Wir erkennen sehr wohl an, dass es im Verlaufe des letz-
    ten Jahres einige positive Trends gegeben hat, sowohl
    bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit als auch
    beim Einstieg in die Senkung des Eingangssteuersatzes
    sowie bei der Anhebung des steuerfreien Existenzmini-
    mums. Das sind sehr wohl von uns registrierte positive
    Akzente. Insgesamt aber scheint mir dieser Bericht vor
    unberechtigtem Optimismus überschäumend zu sein.


    (Beifall bei der PDS – Ernst Schwanhold [SPD]: Selbst die Deutsche Bank ist optimistisch!)


    Lassen Sie mich wenigstens drei Probleme nennen.
    Erstens. Die rot-grüne Koalition stützt ihren Optimismus
    bei der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit im
    Wesentlichen auf Wachstumserwartungen. Dies hat aber
    schon in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht
    funktioniert.


    (Ernst Schwanhold [SPD]: Aber es ist doch in Ordnung, dass wir das tun, oder?)


    Ein prognostiziertes Wachstum von 3 Prozent ist zum
    einen völlig unsicher und zum anderen entwickelt sich

    die Arbeitsproduktivität noch schneller, sodass die Rati-
    onalisierungseffekte stärker zum Tragen kommen.


    (Beifall bei der PDS)

    Mit den in dem Bericht erwarteten Beschäftigungswir-
    kungen ist unter dem Strich schwerlich zu rechnen.

    In ihrem Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der
    Massenarbeitslosigkeit kommen Überlegungen zur Ver-
    kürzung der Arbeitszeit viel zu kurz. Ich kann nur raten:
    Richten Sie doch den Blick auf unser unmittelbares
    Nachbarland Frankreich! Dort gibt es den Einstieg in die
    verkürzte Arbeitszeit.


    (Ernst Schwanhold [SPD]: Die arbeiten länger als wir!)


    Dort gibt es erste positive Tendenzen, trotz all der Kom-
    plikationen, die man auch dort noch feststellen kann.
    Aber es ist ein Beispiel, das man analysieren kann. Man
    muss nicht immer den Blick auf die USA richten. Wir
    haben ein Nachbarland, das einen solchen Weg mit Er-
    folg beschreitet.


    (Beifall bei der PDS)

    Von Ihnen werden auch keine Überlegungen zur

    Aufnahme von Tätigkeiten in Bereichen angestellt, in
    denen es zuhauf ungetane Arbeit gibt. Ich nenne bei-
    spielsweise Sozialarbeit und humane Dienstleistungen.
    Wir müssen in der Bundesrepublik Deutschland Überle-
    gungen anstellen, wie wir Arbeiten in diesen Bereichen
    finanzierbar machen. Wir wissen auch, dass das nicht
    der wirksame Weg zur Bekämpfung der Massenarbeits-
    losigkeit sein kann. Es kann jedoch nicht angehen, dass
    wir auf der einen Seite mit einem großen Berg von ar-
    beitslosen Menschen in die Zukunft gehen, während auf
    der anderen Seite ein großer Bedarf an Tätigkeiten in
    Bereichen besteht, in denen sich Private nicht engagie-
    ren.


    (Beifall bei der PDS)

    In Ihrem Maßnahmenkatalog kommt ebenso wenig

    die Verantwortung der öffentlichen Hand als Arbeitge-
    ber vor. Im Gegenteil: Sie kündigen weitere Privatisie-
    rungen mit unabsehbaren Folgen für die Beschäftigung
    an. Sie müssen doch außer den optimistischen Einschät-
    zungen, wo möglicherweise neue Beschäftigung entste-
    hen kann, gegenrechnen, wo Beschäftigung weiter ab-
    gebaut wird. Das geschieht ganz besonders auch im Be-
    reich des öffentlichen Dienstes, für den die Bundesregie-
    rung mit die Verantwortung trägt.

    Durch Ihr vorrangiges Setzen auf Exportwachstum
    machen Sie sich im Übrigen von der Wirtschaftspolitik
    anderer Länder und auch vom Devisenmarkt einseitig
    abhängig. Beides kann auf Dauer nicht gut gehen.
    Kommt die allfällige Korrektur des Wechselkurses, steht
    der deutsche Arbeitsmarkt wieder im Regen. Man kann
    sich doch nicht nur auf das Exportwachstum, so groß
    seine Bedeutung auch sein mag, kaprizieren. Es bleibt
    wichtig, die kurze Zeit, in der die Zeichen weltweit auf
    Aufschwung stehen, nachfrageorientiert zu nutzen. Die-
    se Erkenntnis aus vielen zurückliegenden Jahrzehnten






    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    ist, so denke ich, aktuell und muss von der Bundesregie-
    rung beachtet werden.

    Ein zweites Problem: Die rot-grüne Regierung setzt
    insbesondere mit ihrer Steuerpolitik darauf, die Stand-
    ortbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland zu
    verbessern. Das ist nicht neu. Wo aber sind die Beschäf-
    tigungs- und Investitionswirkungen geblieben, die in
    der Vergangenheit durch die Steuersenkungspolitik der
    alten Regierung, von CDU/CSU und F.D.P., eingeleitet
    werden sollten? Wo sind die Beispiele dafür, dass eine
    solche Politik Auswirkungen auf Investitionen und Be-
    schäftigung hat?

    Ich erinnere daran, dass die Vorgängerregierung die
    Körperschaftsteuer mehrfach gesenkt hat. Ich erinnere
    daran, dass die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft wor-
    den ist. Ich erinnere an die Aussetzung der Vermögens-
    teuer und den reduzierten Solidarbeitrag. Dies alles wa-
    ren beträchtliche Entlastungen für die Unternehmen,
    insbesondere für große Konzerne. Wo aber sind die be-
    absichtigten Wirkungen auf Investitionen und Beschäf-
    tigung geblieben?


    (Beifall bei der PDS)

    Woher wollen Sie in einer Marktwirtschaft, in einer

    offenen Gesellschaft wissen, wie viele Investoren unter
    günstigeren Bedingungen was investieren werden, wel-
    che Ideen sie verwirklichen können und wie viel Wachs-
    tum sich daraus ergeben wird? Das alles bleibt Spekula-
    tion.

    Wenn Sie tatsächlich etwas für die Verbesserung der
    Standortbedingungen und die Förderung der Beschäfti-
    gung tun wollen, dann entschließen Sie sich endlich zu
    einer Mehrwertsteuerentlastung für arbeitsintensive
    Dienstleistungen.


    (Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS])

    Das haben wir hier wiederholt diskutiert. Sie sagen, das
    würde Steuerausfälle zur Folge haben, die zu groß seien,
    die wir nicht verkraften könnten. Ich habe den Eindruck,
    dass die Bundesregierung durch die neue Steuerpolitik
    in vielen Bereichen Selbstfinanzierungseffekte in zwei-
    stelliger Milliardenhöhe erwartet. Dagegen wären die
    Steuerausfälle durch eine geringere Mehrwertsteuer für
    arbeitsintensive Dienstleistungen wirklich Peanuts. Sie
    sollten sich entscheiden, das zu tun, was andere europäi-
    sche Länder auf diesem Gebiet inzwischen auf den Weg
    gebracht haben. Ich nenne Frankreich, Griechenland und
    Holland als Beispiele.


    (Beifall bei der PDS)

    Auch die gezieltere Förderung regional vernetzter

    Wirtschaftsstrukturen gehört zu den Entwicklungspoten-
    zialen, über die stärker nachgedacht werden muss. Ins-
    besondere im Osten Deutschlands wird es noch für eine
    ganze Reihe von Jahren unverzichtbar sein, die regiona-
    le Wirtschaftsförderung zu intensivieren; denn dort
    weltmarktorientierte Großinvestitionen als Königsweg
    zu erwarten führt in die Irre. In Ostdeutschland geht es
    im Besonderen um die Umsetzung der lokalen Agen-
    da 21, um die Veränderung der Ordnung bei der Verga-
    be öffentlicher Aufträge und viele andere Dinge. Über-

    haupt kommt der Osten Deutschlands in diesem Jahres-
    wirtschaftsbericht nur sehr traditionell vor. Ob wirklich
    etwas Neues auf den Weg gebracht worden ist, was man
    unter „Chefsache Aufbau Ost“ verbuchen könnte, bleibt
    im Dunkeln.

    Lassen Sie mich drittens sagen: Absolut unterbelich-
    tet ist in Ihrem Bericht die Vorsorge für eine soziale
    Gestaltung des europäischen Integrationsprozesses. Sich
    für soziale Mindeststandards einzusetzen ist doch un-
    verzichtbar, sollen den Menschen Ängste vor der Oster-
    weiterung der EU genommen werden. Das würde auch
    Rechtspopulisten den Boden für eine Rattenfängerpolitik
    entziehen.


    (Beifall bei der PDS)

    Aber Niedriglohnpolitik, die vollständige Aushöhlung
    der Tarifverträge und Ladenöffnungen rund um die Uhr
    zu propagieren, wie dies eben Herr Brüderle getan hat,
    ist doch nichts, womit Sie Menschen, die schon jetzt ei-
    ne sehr niedrig bezahlte Beschäftigung haben und sich
    vor der Zukunft fürchten, auf ein in Zukunft größeres
    Europa vorbereiten können. Dabei ist es den Menschen
    auch egal, ob das, was gegenwärtig geschieht, eine
    Marktwirtschaft im Eucken‘schen Sinne ist oder nicht.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Das haben Sie ja 40 Jahre mit Bravour vorgeführt, wie man das besser macht!)


    Menschen messen ihre Zukunftszuversicht doch an dem,
    was sie in ihrer täglichen Arbeit spüren, und an den Er-
    wartungen, die sich bislang nicht erfüllt haben.

    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)