______
1) Anlage 4
Dieter Grasedieck
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7577
(A)
(B)
(C)
(D)
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 20.01.2000
Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.01.2000
Behrendt, Wolfgang SPD 20.01.2000 *
Bindig, Rudolf SPD 20.01.2000 *
Follak, Iris SPD 20.01.2000
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 20.01.2000
Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.01.2000
Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 20.01.2000
Hirche, Walter F.D.P. 20.01.2000
Hoffmann (Chemnitz),
Jelena SPD 20.01.2000
Hoffmann (Wismar),
Iris SPD 20.01.2000
Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.01.2000
Kanther, Manfred CDU/CSU 20.01.2000
Leidinger, Robert SPD 20.01.2000
Lippmann, Heidi PDS 20.01.2000
Nolte, Claudia CDU/CSU 20.01.2000
Rühe, Volker CDU/CSU 20.01.2000
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 20.01.2000
Schaich-Walch, Gudrun SPD 20.01.2000
Schily, Otto SPD 20.01.2000
Schmidt (Eisleben),
Silvia SPD 20.01.2000
Schmitz (Baesweiler),
Hans Peter CDU/CSU 20.01.2000
Schwanitz, Rolf SPD 20.01.2000
Dr. Schwarz-Schilling,
Christian CDU/CSU 20.01.2000
Simm, Erika SPD 20.01.2000
Dr. Spielmann, Margrit SPD 20.01.2000
Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 20.01.2000
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.01.2000
Willner, Gert CDU/CSU 20.01.2000
Wimmer (Karlsruhe),
Brigitte SPD 20.01.2000
Zapf, Uta SPD 20.01.2000
__________
*) für die Teilnahme an Sitzungen der Parla-
mentarischen Versammlung des Europara-
tes
Anlage 2
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Einbürgerungsver-
fahren human gestalten – Biosicherheits-
Protokoll erfolgreich abschließen (Zusatztages-
ordnungspunkt 6)
Heino Wiese (Hannover) (SPD): Seit heute finden im
Rahmen einer Sondervertragsstaatenkonferenz zum Ü-
bereinkommen über die biologische Vilefalt die Ver-
handlungen zum Biosicherheitsprotokoll statt. Mit unse-
rem Antrag „Biosicherheits-Protokoll erfolgreich ab-
schließen“ wollen wir die Bundesregierung in der Ver-
handlungsrunde in Montreal unterstützen. Eine Einigung
wird schwer werden, ist aber von größter Wichtigkeit :
Nur mit einem erfolgreichen Abschluss des Biosi-
cherheits-Protokolls können Umwelt und Verbraucher
umfassend vor den Risiken des internationalen Handelns
mit gentechnisch veränderten Organismen geschützt
werden.
Die Schwierigkeiten bei den Verhandlungen ergeben
sich aus dem Aufeinanderprallen der Handelsinteressen
einerseits und der Sorge um Schutz von Umwelt und
Gesundheit andererseits. Dies hat sich in den vorausge-
gangenen Gesprächen gezeigt, und deshalb möchte ich
kurz auf die Vorgeschichte des Protokolls eingehen: Das
Protokoll über die biologische Sicherheit soll den grenz-
überschreitenden Verkehr mit gentechnisch veränderten
Organismen in Hinblick auf den Schutz der biologischen
Vielfalt und unter Beachtung der Gesundheitsaspekte
regeln. Wegen seiner völkerrechtlichen Verbindlichkeit
hat das Protokoll – wenn es zustande kommt – eine Vor-
rangstellung gegenüber der Welthandelsorganisation
WTO und erlaubt es der EU, ihre eigenen Gesetze, zum
Beispiel die verbindliche Kennzeichnung von Nah-
rungsmitteln aus gentechnisch veränderten Organismen,
im Falle einer WTO-Klage der USA wirkungsvoll zu
verteidigen. Gerade deshalb gibt es hier Widerstand der
USA und der gesamten Miami-Gruppe (Kanada, Austra-
lien, Argentinien, Uruguay, Chile). Denn diese Gruppe
7578 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
sah in den bisherigen Verhandlungen dieses Regelwerk
einig unter dem Aspekt erwarteter Handelshemmnisse.
Hauptstreitpunkte bei den zweieinhalbjährigen und
zuletzt im Februar 99 in Cartagena gescheiterten Ver-
handlungen waren: DerAnwendungsbereich des Proto-
kolls, die Regelungen bezüglich landwirtschaftlicher
Massangüter, die Verankerung des Vorsorgeprinzips, die
Berücksichtigung sozioökonomischer Aspekte, die Re-
gelung von Kennzeichnungs- und Haftungsfragen sowie
die Notwendigkeit der Zustimmung der Empfängerlän-
der zum Import.
Die Position der EU, Agrarrohstoffe, die für den un-
mittelbaren Verzehr oder die Verarbeitung gedacht sind,
in den Geltungsbereich des Protokolls aufzunehmen, ist
inzwischen weiter untermauert worden: Der Umweltmi-
nisterrat hat im vergangenen Dezember Schlussfolge-
rungen für die EU-Verhandlungführung beschlossen, die
eine Einbeziehung dieser Agrarrohstoffe in den Gel-
tungsbereich des Protokolls vorsehen. Um hierfür eine
Begründung zu geben, möchte ich folgendes Beispiel
anführen: Die großen Agrarexporteure wollen ein Bio-
Safety-Protokoll, in dem nur der Handel mit Saatgut,
nicht aber der Handel mit gentechnisch veränderten
Rohstoffen geregelt wird. Das würde bedeuten, eine Tü-
te Saatgut könnte kontrolliert werden, ein Frachter mit
gentechnisch verändertem Futtermais aber nicht. Ein
und dasselbe Maiskorn wäre, nur abhängig von seiner
Deklaration als Samen oder Futtermittel, vom Bio-
Safety-Protokoll einbezogen oder ausgeschlossen. Mais-
körner, die als Futtermittel oder als Lebensmittel einge-
führt werden, könnten unabsichtlich oder beabsichtigt in
den Boden geraten, heranwachsen und schließlich mani-
puliertes Erbgut verbreiten. Innerhalb der EU verbieten
wir den Import nicht zugelassener gentechnisch verän-
derten Sorten unabhängig davon, ob es sich um Saaatgut
oder Futtermittel handelt. Sollten Futtermittel nicht in
das Bio-Safety-Protokoll aufgenommen werden, könnte
die entsprechende EU-Freisetzungsrichtlinie bei der
WTO als Handelshemmnis angezeigt werden.
Ursprünglich sollten die Verhandlungen im Februar
1999 abgeschlossen werden. Leider wurde aber der EU
Kompromissvorschlag, der auch von den Entwicklungs-
ländern mitgetragen wurde, von der Miami-Gruppe ab-
gelehnt. Die Konferenz war gescheitert und wurde ver-
tagt. Nach Beratungen im Juli letzten Jahres und einem
informellen Treffen der Vertragsstaaten im September
99 sind die Verhandlungen heute wieder aufgenommen
worden.
Ich kann nur wiederholen, wie wichtig dieses Biosi-
cherheitsprotokoll ist: Ein erfolgreicher Abschluss der
Verhandlungen ist die Voraussetzung dafür, sichere und
klara Rahmenbdingungen für den internationalen Handel
mit gentechnisch veränderten Organismen zu schaffen.
Dies liegt gleichermaßen im Interesse der Verbraucher,
der Produzenten, des Handels und des Schutzes der
Umwelt!
Eine Einigung wird auch in der neuen Verhandlungs-
runde sehr schwierig werden, insbesondere vor dem
Hintergrund der von den USA unterstützten Initiativen
in anderen internationalen Organisationen und Foren,
zum Beispiel G 8-Gipfel, OECD, Codex Alimentarius,
Transatlantischer Dialog, sowie des gescheitereten
WTO-Ministertreffens in Seattle.
Bei diesem Treffen hatten die USA die Einrichtung
einer Biotechnologie-Arbeitsgruppe im Rahmen des Ag-
rarteils der WTO-Verhandlungen gefordert. Dagegen
war die bisherige Linie der EU, über Gentechnik nur im
Rahmen des Zusatzprotokolls zur UN-Konvention zum
Schutz der biologischen Vielfalt zu diskutieren. Wir
brauchen dieses Protokoll! Ein Scheitern der Verhand-
lungen hätte erhebliche Auswirkungen auf die weiteren
Beratungen im Rahmen der Konvention über andere
Fragen und vermutlich auch über die anstehenden Fra-
gen in anderen internationalen Gremien.
Wir dürfen nicht zulassen, das mit einem Scheitern
einer Verlagerung des Themas Gentechnik von der
UNO-Ebene auf die WTO-Ebene Vorschub geleistet
wird! Das würde bedeuten, dass nur noch die Maxime
des freien Handels gelten würde. Außerdem gäben wir
damit das Instrument aus der Hand, mit dem wir ohne
für die umwelt- und gesundheitlsrelevanten Aspekte hö-
here Bedeutung einfordern können. Dies wollen wir uns
– auch im Hinblick auf das ohnehin angeschlagene Ver-
trauen der Verbraucher in den Markt – nicht leisten! Ge-
rade gentechnisch veränderte Lebensmittel sind in der
öffentlichen Debatte weiter stark umstritten! Sollen sol-
che Produkte eine Chance auf dem Markt haben, muss
der Verbraucher auf das höchstmögliche Schutzniveau
vertrauen können.
Die EUZ hat sich in den bisherigen Verhandlungen
um eine vermittelnde Rolle zwischen den Entwicklungs-
ländern und der am Export gentechnisch veränderter
Produkte interessierten Miami-Gruppe bemüht. Ich bin
sicher, dass wir uns einig darüber sind, dass wir diese
Bemühungen auch weiterhin begrüßen und unterstützen.
Wir brauchen einen Abschluss, und wir wollen ein
höchstmögliches Schutzniveau. Mit unseren Forderun-
gen nach Verankerung des Vorsorgeprinzips, Monito-
ring, Tranzparenz, umfassender Gültigkeit des Ab-
kommens und Kontrolle seiner Umsetzung soll die
Verhandlungsposition der Bundesregierung und der EU,
Umwelt und Verbraucher durch präventive Kontrollen –
unabhängig von den technischen Möglichkeiten und den
wirtschaftlichen Abhängigkeiten der einzelnen Vertrags-
staaten – umfassend vor möglichen Risiken des interna-
tionalen Handels mit gentechnisch veränderten Orga-
nismen zu schützen, bestätigt werden.
Ich bitte Sie deshalb alle, meine Damen und Herren,
im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher:
Unterstützen Sie die Bundesregierung in diesen schwie-
rigen Verhandlungen, indem Sie unseren Antrag unter-
stützen!
Peter Beser (CDU/CSU): Ich möchte die am 24. Ja-
nuar in Montreal beginnenden Verhandelungen um ein
Biosafety-Protokoll aus Sicht der Verbraucher und der
Landwirtschaft betrachten. Bei dieser Konferenz wird
insbesondere um die Gentechnologie gestritten.
Die Gentechnologie bietet große Zukunftschancen.
Deutschland darf sich als High-Tech-Land diesen
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7579
(A)
(B)
(C)
(D)
Möglichkeiten nicht verschließen. Der mit der Gen-
Technik verbundene technologische Fortschritt geht da-
bei weit über die reine Nahrungsmittelproduktion hin-
aus.
Eine Verteufelung der Gentechnik, welche uns in die-
ser Zukunftstechnologie um Jahre zurückwerfen würde,
wäre ein schwerer Fehler. Insbesondere im medizini-
schen Bereich der so genannten „roten Gentechnik“ sind
die wissenschaftlichen Erfolge weitgehend anerkannt
und nicht mehr wegzudenken. Ein Einsatz dieser Züch-
tungsmethoden in der Nahrungsmittelproduktion, der so
genannten „grünen Gentechnik“, ist jedoch besonders
bei den europäischen Verbrauchern umstritten.
Aus diesem Grund ist eine umfassende Information
der Menschen notwendig. Jeder Verbraucher sollte prob-
lemlos Produkte mit gentechnisch veränderten Inhalts-
stoffen anhand einer entsprechenden Kennzeichnung er-
kennen können. Deshalb plädiere auch ich für eine klare
Kennzeichnungspflicht.
Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sollten
aber den Bürgerinnen und Bürgern selbst überlassen
bleiben. Einen verdeckten Zwang zum Konsum durch
heimliche Vermischungen insbesondere bei Massen-
schüttgütern wie bei Soja- oder Mais-Importen lehnen
wir ab. Die Entwicklung auf den Märkten wird zeigen,
ob die Verbraucher Produkte mit gentechnisch veränder-
ten Inhaltsstoffen akzeptieren oder nicht. Ein zusätzli-
cher Bürokratismus ist nicht erforderlich. Ein Biosafety-
Protokoll bietet dafür im Grundsatz eine gute Grundla-
ge.
Meine Damen und Herren, es geht hier auch um mas-
sive wirtschaftliche Interessen. Auf 40 Millionen Hektar
wurden 1999 weltweit gentechisch veränderte Pflanzen
angebaut. In den USA sind bereits 50 Prozent der ange-
bauten Sojabohnen gentechnisch verändert. In Argenti-
nien sind es sogar 90 Prozent. Die entsprechenden Pro-
dukte sind in Europa jedoch wenig willkommen. Auch
bei den Verbrauchern in den USA hat ein Umdenkungs-
prozess begonnen. In Brasilien wurde aufgrund eines
Gerichtsurteils sogar damit begonnen, alle Anbaufelder
mit gentechnisch veränderte Soja zu zerstören. Weltweit
nimmt die Akzeptanz ab. Amerkanische Bauern, die
gentechnikfreie Soja anbieten, erhalten dafür bereits
Aufpreise.
Diese Beispiele zeigen, dass im Grunde zurzeit noch
keine wirtschaftliche Notwendigkeit besteht, die Gen-
technik in großem Stil bei der Nahrungsmittelproduktion
einzusetzen. Insbesondere entspricht dies nicht den
Wünschen aller Verbraucher, da andere nicht gentech-
nisch veränderte Produkte mehr als ausreichend zu Bil-
ligstpreisen angeboten werden.
Auf der anderen Seite sind die pflanzenbaulichen,
auch für die Umwelt nützlichen Fortschritte von großer
Bedeutung. Diese zu nutzen wird aber nur möglich wer-
den, wenn offen aufgeklärt wird und der Verbraucher
eine Wahlmöglichkeit behält. Vor diesem Hintergrund
ist der Antrag von SPD und Grünen zu bewerten.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag zu
diesem Thema ist dagegen ein weiterer Beleg für das
schwierige Verhältnis zwischen den Bundestagsfraktio-
nen von SPD und Grünen und der Bundesregierung. An-
sonsten müssten Sie die eigene Regierung nicht in den
Punkten 5 bis 7 zu mehr Informationen auffordern.
Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass
wir in einigen Punkten mit Ihnen übereinstimmen: Wir
sind für eine klare Kennzeichnungspflicht auch für Mas-
senschüttgüter wie Soja oder Mais, da ansonsten die
Verbraucher getäuscht werden könnten. Wir sind für die
Einbeziehung des Biosafety-Protokolls insbesondere in
die WTO-Verhandlungen. Nur so sind die Ziele beider
Verhandlungsrunden miteinander zu vereinbaren.
Die Forderung nach dem Aufbau einer neuen, intern-
tionalen Kontrollinstanz, die über die Einhaltung des
Biosafety-Protokolls wachen soll, lehnen wir dagegen
strikt ab. Damit würde ein zusätzlicher bürokratischer
Aufwand entstehen, den wir für nicht gerechtfertigt hal-
ten. Die restriktive Haltung der EU-Länder in dieser
Frage zeigt ja bereits Wirkung in den Agrarexportlän-
dern, auch ohne staatliche Einflussnahme.
Meine Damen und Herren, der vorbeugende Verbrau-
cherscutz und der Schutz der biologischen Vielfalt sind
grundsätzliche Anliegen der CDU/CSU-Fraktion. Der
vorliegende Antrag von SPD und Grünen ist jedoch
vollkommen unausgegoren und würde zu einem nicht
notwendigen Bürokratismus führen. Aus diesem Grund
lehnen wir, die CDU/CSU-Fraktion, den Antrag ab.
Cajus Julius Caesar (CDU/CSU): Bevor wir heute
über den grenzüberschreitenden Verkehr mit veränder-
ten Organismen reden, will ich zu Beginn noch einmal
herausstellen, wie wichtig die Bio- und Gentechnik für
die weitere Entwicklung ist. Sie müssen mir recht geben,
dass es gerade die CDU/CSU war – hier nenne ich nur
beispielhaft die Namen Töpfer, Merkel, Rüttgers und
auch Seehofer – die auf diesem Gebiet viel zu einer po-
sitiven Entwicklung beigetragen hat. Leider ist es Ihnen
bisher nicht gelungen, das bisher Erreichte weiterzuent-
wickeln. Sie, weite Teilen der SPD und insbesondere der
Grünen, haben ein schnelleres und besseres Vorankom-
men, auch im Bereich internationaler Vereinbarungen,
verhindert. Dieses finden wir außerordentlich bedauer-
lich.
Die Bio- und Gentechnik ist eine der wichtigsten Zu-
kunftsentwicklungen. Sie eröffnet zahlreiche Chancen,
das Leben menschenwürdiger zu gestalten, aber insbe-
sondere auch Ansätze im Bereich Gesundheit, Ernäh-
rung und Umweltschutz. Wer diese Technik pauschal
ablehnt, verweigert sich der Verpflichtung, Krankheiten
zu lindern, Hunger zu bekämpfen und Umweltzerstö-
rungen entgegenzuwirken. Weltweit leiden rund 800
Mio. Menschen an Mangelernährung und jedes Jahr
sterben fast 7 Mio. Kinder den Hungertod. Hier kann die
Biotechnologie wesentlich helfen. Diese Chance gilt es
zu nutzen.
Natürlich ist es richtig, den grenzüberschreitenden
Verkehr mit gentechnisch veränderten Organismen an-
gemessen zu regeln. Wir fordern die Bundesregierung
7580 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
auf, sich dafür einzusetzen, klare Rahmenbedingungen
im internationalen Handel zu schaffen.
Wir, die CDU/CSU bedauern es außerordentlich, dass
sie mal wieder einen Antrag im letzten Moment ohne
gründliche Vorbereitung, hier im Plenum auf den Tisch
gelegt haben. Sie, meine Damen und Herrn von SPD
und Grünen, haben diesem so wichtigen Thema nicht die
notwendige Aufmerksamkeit geschenkt. Dies ist weder
im Sinne von Erzeugern und Verbrauchern, noch dient
es dem Erhalt und der Pflege unserer Umwelt – von den
wirtschaftlichen Auswirkungen auf Produzenten und
Handel sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen ganz
abgesehen.
Wir hätten uns gewünscht, dass eine vorbereitend Be-
ratung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten, wie auch im Umweltausschuss, möglich gewe-
sen wäre.
Mit dieser Vorgehensweise haben Sie wieder einmal
bewiesen, dass Sie offensichtlich auf die Mitarbeit ande-
rer keinen Wert legen.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, er ist unausgegoren und
oberflächlich. Die von Ihnen in diesem Bereich gefor-
derte lückenlose Rückverfolgbarkeit für die betreffenden
Produkte erscheint mir schwierig, wenn nicht gar fast
unmöglich. Wollen Sie etwa jedem einzelnen Apfel hin-
terherlaufen, um seine Herkunft und seine Zusammen-
setzung herauszufinden? Dies lässt sich wohl kaum rea-
lisieren. Vor allem darf eins nicht geschehen – diese Be-
fürchtungen sind aufgrund von Äußerungen Ihrerseits
aus der Vergangenheit ja durchaus angebracht ja durch-
aus angebracht – dass durch die Einführung nicht durch-
führbarer Kontrollstandards der Anwendung der Bio-
technologie das Wasser abgegraben wird. In diesem Zu-
sammenhang erinnere ich an Beratungen zu diesem
Thema im Oktober des vergangenen Jahres, als Redner
von SPD und Grünen große Vorbehalte gegen die An-
wendung der Biotechnologie dargelegt haben. Wir, die
CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages, for-
dern, genauso wie unsere Freunde aus der EVP-
Fraktion, eine vernünftige Einigung über das Biosi-
cherheits-Protokoll.
Wir lehnen Ihren Antrag, weil zu erwarten steht, dass
Sie das Biosicherheits-Protokoll dazu missbrauchen
werden, die Biotechnologie in Deutschland langfristig
zu behindern und gar ganz einzuschränken. Dies ist
nicht der richtige Weg. Es muss aus unserer Sicht das
Bestreben der Bundesregierung sein, praktikable Lösun-
gen vorzuschlagen, anstatt Ihre technologiefeindliche
Ideologie in vermeintlich sinnvollen Anträgen zu verste-
cken.
Wir sehen in der Biotechnologie enorme Möglichkei-
ten im Bereich der Heilung von Krankheiten, also im
medizinischen Bereich, der sogenannten „roten Gen-
technik“, aber auch große Chancen im Bereich des Um-
weltschutzes, etwa beim Einsatz von Mikroorganismen
zum Abbau von Schadstoffen, weniger Einsatz von
chemischen Mitteln und anderes mehr. Wir sollten die
vielfältigen Möglichkeiten, die die Biotechnologie der
Menschheit eröffnet, nutzen. Chancen und Risiken sind
abzuwägen. Dies muss mit der notwendigen Sensibilität,
aber ideologiefrei geschehen. Jeder Verbraucher sollte
gentechnisch veränderte Produkte anhand einer Kenn-
zeichnung problemlos erkennen können.
Wir, die CDU/CSU wollen sichere, klare und unbü-
rokratische Rahmenbedingungen für den grenzüber-
schreitenden Handel. Wir fordern daher die Bundesre-
gierung auf, sich in diesem Sinne für einen erfolgreichen
Abschluss der Verhandlungen über das Biosicherheits-
Protokoll einzusetzen.
Vielen Dank
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zur-
zeit laufen die Verhandlungen zu einem Biosicherheits-
Protokoll, das Ende Januar in Montreal verabschiedet
werden soll. Es handelt sich dabei um die Fortsetzung
der Verhandlungen, die im Februar vergangenen Jahres
in Cartagena, Kolumbien, wegen des Widerstandes der
Hauptexportländer um die USA abgebrochen worden
waren. Das Biosicherheits-Protokoll soll den grenzüber-
schreitenden Verkehr mit gentechnisch veränderten Or-
ganismen regeln. Wir begrüßen die Wiederaufnahme
dieser Verhandlungen und den hier vorliegenden Antrag
dazu ausdrücklich.
Zwar ist innerhalb der EU der Verkehr mit gentech-
nisch veränderten Organismen geregelt. Jedoch ist das
Protokoll aus globaler Sicht ein wichtiger Schritt zum
Schutz der Umwelt, zum Schutz der Gesundheit von
Mensch und Tier sowie ein Beitrag für die Weiterent-
wicklung der WTO-Verhandlungen. Gesundheitsschutz
und Umweltschutz sind im Zeitalter der Globalisierung
nicht mehr teilbar. Die Globalisierung bringt in verstärk-
tem Maße auch den grenzüberschreitenden Verkehr von
gentechnisch veränderten Organismen mit sich.
Deshalb sind auch globale Regelungen zum Schutz
der Umwelt und der Gesundheit von Mensch und Tier
notwendig, selbst auf die Gefahr hin, dass lediglich
Mindeststandards zu erreichen sind, die möglicherweise
hinter unseren europäischen und nationalen Regelungen
zurückbleiben. Für viele Staaten wäre dies noch ein gro-
ßer Fortschritt.
Grundlage der Verhandlungen muss aber das europäi-
sche Recht sein. Maßstab für uns ist deshalb die soge-
nannte Freisetzungsrichtlinie – RL 90/220/EWG –, die
das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Or-
ganismen regelt. Mit dieser Richtlinie wird – wie dies
auch mit dem Biosicherheits-Protokoll geschehen soll –
das Vorsorgeprinzip konkretisiert, um einen angemesse-
nen Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie
der Umwelt zu gewährleisten. Dies gilt grundsätzlich
auch für den Verkehr mit Massenagrargütern – zum Bei-
spiel einer Schiffsladung Mais, gewonnen aus gentech-
nisch veränderten Maispflanzen –, die den Hauptanwen-
dungsbereich eines Biosicherheits-Protokolls darstellen
dürfen.
Andere Staaten, insbesondere die Hauptexportländer
von solchen Gütern wie die USA, Kananda oder Argen-
tinien lehnen bisher die Einbeziehung solcher Güter in
den Rahmen des Protokolls ab oder wollen für diese Gü-
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7581
(A)
(B)
(C)
(D)
ter ein schwächeres Kontroll- und Informationsverfahren
als für andere gentechnisch veränderte Organismen.
Auch über andere Punkte bestehen noch Meinungsunter-
schiede: zum Beispiel über die Frage der Stellung des
Vorsorgeprinzips im Protokoll, über Kennzeichnungs-
vorschriften, über die Frage des Verhältnisses zu ande-
ren Vorschriften wie der WTO oder die Einbeziehung
von Produkten, die aus gentechnisch veränderten Orga-
nismen hergestellt wurden.
Für die Sicherheit im internationalen Handel ist es
wichtig, durch präventive Kontrollen Umwelt und
Verbraucher – unabhängig von den technischen Mög-
lichkeiten und wirtschaftlichen Abhängigkeiten der ein-
zelnen Vertragsstaaten – umfassend vor möglichen Risi-
ken zu schützen. Unverzichtbare Eckpunkte sind für
uns: der Schutz von Verbrauchern und Umwelt durch
die Verankerung des Vorsorgeprinzips; die Transparenz
für Behörden, Handel und Verbraucher durch klare Re-
gelungen der Vorab-Benachrichtigung, Kennzeichnung
und Rückverfolgbarkeit; die dauerhafte Sicherheit der
Anwender und Verbraucher durch ein umfassendes
Monitoring.
Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen zum
Biosicherheits-Protokoll ist die Voraussetzung, sichere
und klare Rahmenbedingungen für den internationalen
Handel mit gentechnisch veränderten Organismen zu
schaffen. Dies liegt gleichermaßen im Interesse der Ver-
braucher, der Produzenten, des Handels und des Schut-
zes der Umwelt.
Insbesondere nach den – vorläufig – gescheiterten
WTO-Verhandlungen kommt einer Einigung in Montre-
al eine herausragende Bedeutung zu. Vor dem Hinter-
grund der intensiv geführten öffentlichen Debatte um
gentechnisch veränderte Lebensmittel muss das Biosi-
cherheits-Protokoll als Chance und notwendige Voraus-
setzung für weitere, von Fragen der biologischen Si-
cherheit unbelastete Handelsvereinbarungen im Rahmen
der WTO begriffen werden. Auch in den Hauptexport-
ländern ist die Debatte um Chancen und Risiken – gera-
de auch der ökonomischen Risiken – der Anwendung
der Gentechnik in der Landwirtschaft im vollen Gange.
Ein wichtiger Punkt ist die Erhaltung der Gleichwer-
tigkeit der Regelungen des Protokolls mit anderen Rege-
lungen, insbesondere Handelsvorschriften. Eine Unter-
ordnung der Protokollvorschriften unter WTO-
Regelungen würde der Sache nicht gerecht. Dem Schutz
der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt
muss aus unserer Sicht stets der Vorrang vor Handelsge-
sichtspunkten eingeräumt werden.
Die Europäische Union hat eine einheitliche Linie ge-
funden und diese in einer Ratsentschließung niederge-
legt. Dabei wird eine vermittelnde Position eingenom-
men, um das Protokoll vor einem nochmaligem Schei-
tern zu bewahren.
Man sollte sich keinen Illusionen hingeben. Wie der
Abbruch der Verhandlungen in Cartagena gezeigt hat,
werden die Verhandlungen jetzt kein Selbstläufer, auch
wenn andere Staaten ebenfalls Kompromissbereitschaft
signalisiert haben.
Aus diesem Grunde ist eine breite politische Unter-
stützung der Verhandlungsposition der Bundesregierung
durch den Deutschen Bundestag ein wichtiges und rich-
tiges Signal nach Montreal.
Ulrike Flach (F.D.P.): Wenn es um Fragen der grü-
nen Gen- und Biotechnologie geht, stehen sich in diesem
Haus immer zwei Gruppen gegenüber. Die einen, die
darin eine Zukunftstechnologie mit großem Potenzial für
die Armutsbekämpfung, Ernährungssicherung und Pro-
duktinnovation sehen – ich nenne sie die Realos. Und
die anderen, die stets die Risiken für Verbraucher und
Umwelt betonen – nennen wir sie einmal die Fundis.
Der vorliegende Antrag kommt ganz offensichtlich aus
der Fundi-Fraktion.
Wir alle sind uns einig, dass der Schutz der Verbrau-
cher und die Sicherstellung fairer Handelsbedingungen
Voraussetzungen für den Abschluss eines Protokolls in
Montreal sind. Verlässliche Handelsbedingungen sind
für eine globalisierte Wirtschaft unverzichtbar. Die Si-
cherung der biologischen Vielfalt ist ein wichtiges Ziel,
dem wir uns alle anschließen können.
Aber was Sie in ihrem Antrag fordern, bedeutet eine
Knebelung des Handelns mit gentechnisch veränderten
Organismen. Sie fordern eine lückenlose Rückverfolg-
barkeit (zum Beispiel) bei Saatgut; Sie fordern eine
Aufnahme der Produkte aus gentechnisch verändertem
Saatgut in die Regelungen des Biosafety-Protokolls, die
zur Verarbeitung als Lebensmittel, Futtermittel oder Zu-
satzstoffe bestimmt sind. Dabei wissen Sie, dass Sie e-
norme Probleme in der Nachweisbarkeit solcher Pro-
duktlinien bekommen und damit hohe zusätzliche Kos-
ten verursachen.
In einem Massengutfrachter die verschiedenen Saat-
gutfraktionen zu trennen, ist nur mit großem aufwand
machbar. Mit Ihren Vorschlägen wird der Kapitän eines
Handelsschiffes zum Kommandanten eines schwim-
menden Hochsicherheitstraktes.
Und deshalb habe ich die Vermutung, dass auch hier
– wie bei der Diskussion über die WTO-Verhandlungen
in Seattle – etwas anderes eine Rolle spielt: „Festung
Europa“ ist das Stichwort. So wie die Entwicklungslän-
der nicht ohne Berechtigung in Seattle vermutet haben,
dass das Drängen auf internationale Umwelt- und Sozi-
alstandards durch Projektionismus motiviert war, so
liegt hier die Vermutung nahe, die EU wolle sich gegen
gentechnisch verändertes Saatgut aus den USA abschot-
ten. Wir wollen aber keine Festung Europa, sondern wir
wollen vor allem die Chanchen der Gen- und Biotechno-
logie nutzen.
Wenn ich mir Ihre bisherigen Anträge zur Gen- und
Biotechnologie ansehe, so laufen sie stets auf mehr Kon-
trolle, mehr Bürokratie, mehr Kosten und mehr Ein-
schränkungen hinaus. Auch heute begrüßen Sie in ihrem
Antrag, dass die für die Branche völlig inakzeptablen
Regelungen der Richtlinie 90/220 zur Grundlage von
Montreal gemacht werden sollen. Wir halten dies für
wenig hilfreich; denn es bedeutet ein De-facto-
Moratium für Freisetzungen.
7582 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
Ich weiß, dass ich Gen-Fundis wie Herrn Röspel
nicht überzeugen kann. Für die Realos unter Ihnen je-
doch zwei kleine Anmerkungen: Vor kurzem berichtete
AGRA-Europe über eine neue Studie des Wissenschaft-
lers Richard Flavell für das International Food Policy
Research Institute. Er kommt zu dem Ergebnis, dass bei
der Beurteilung der Chancen und Risiken der Gentech-
nik ein strategischer „Langzeit-Blick“ nötig ist. Das Po-
tenzial der Gentechnologie, zum Beispiel Pflanzen mit
größerer Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit und
hohe Salzgehalte, gegen giftige Schwermetalle, Schäd-
linge und Krankheiten zu züchten, sei enorm. Ethisch sei
es nicht zu verantworten, diese Technologien nicht wei-
terzuentwickeln.
Und erst am 13. Januar erhielten wir wieder einen
Beweis für das Potenzial dieser Technologien. Forscher
der Universität Freiburg und des Instituts für Technik in
Zürich gelang es, Gene in die Erbmasse von Reis einzu-
schleusen, die während des Kornwachstums für die Syn-
these von Beta-Carotin sorgen. Beta Carotin – das heißt
Vitamin A. Und Vitamin A-Mangel ist in vielen Län-
dern Asiens für Blindheit und schwere Wachstumsschä-
den bei Kindern verantwortlich. Der neue Reis muss
noch weiterentwickelt werden. Er soll aber später Bau-
ern in Entwicklungsländern ohne Hindernisse zur Ver-
fügung gestellt werden.
Wir alle wünschen uns einen erfolgreichen Start der
Konferenz Montreal. Die Forderungen in Ihrem Antrag
sind eher eine Hypothek als eine Unterstützung. Man
könnte auch sagen: Fundis gehören in den Fundus. Wir
lehnen den Antrag deshalb ab.
Kersten Naumann (PDS): Wir alle wollen gesund
und sicher essen, die Umwelt erhalten und mit den Ent-
wicklungsländern fair handeln – sie aber auch fair be-
handeln. Das Bio-Safety-Abkommen zum Abschluss zu
bringen beinhaltet dies als Chance, um mindestens den
jetzigen Bestand der biologischen Vielfalt rechtlich, in-
stitutionell und finanziell abzusichern und den Schutz
der menschlichen Gesundheit festzuschreiben. Dazu be-
darf es – so bekennen SPD und Grüne richtig – erhebli-
cher Anstrengungen gerade auf internationaler Ebene.
Leider stehen die Chancen auf eine Einigung der so-
genannten „Miami-Gruppe“, insbesondere die USA, ihre
Zustimmung zu einem Bio-Safety-Protokoll“ geben, es
sei denn, dies Protokoll enthält de facto keine klaren
Regelungen zum Umgang mit gentechnisch veränderten
Lebens- und Futtermitteln oder aber es lässt sich mittels
WTO unterlaufen.
Ich bin auch keineswegs optimistisch, was die Ver-
handlungsrolle der EU und der Bundesregierung angeht.
Ein wachsweicher Kompromiss in Montreal bringt
nichts, außer dass er vielleicht die Position der EU in
Welthandelsfragen gegenüber den USA stärkt. Das kann
aber nicht unser Ziel sein.
Es muss ein strenges Protokoll über biologische Si-
cherheit verabschiedet werden, das weder durch die
WTO noch durch andere Verhandlungen zur Disposition
gestellt wird. Es ist jedoch zu befürchten, dass mit dem
ambivalenten Verhalten der Bundesregierung das Proto-
koll zu einem Instrument zur Durchsetzung der Handels-
interessen der Industriestaaten wird, anstatt den Gefah-
ren und Risiken der Gentechnik vorzubeugen.
Damit handelt sich nach alter Manier bei Konfliktlö-
sungen: Hierarchien bilden, Verhandlungsmodelle mit
etwas Makulatur anbieten und schließlich das Aussitz-
model anwenden.
Deshalb wird meine Fraktion dem vorliegenden An-
trag nicht zustimmen und sich der Stimme enthalten.
Zu einem wirkungsvollen „Bio-Safety-Protokoll“ gibt
es derzeit keine sinnvolle Alternative, wenn ich auch
nicht verhehlen will, dass mir strenge Kennzeichnungs-
vorschriften, die Sicherung der Rückverfolgbarkeit, In-
formationspflichten und Haftungsregelungen für den
Handel mit Gentechnik-Organismen und ihren Produk-
ten im Hinblick auf das immer wieder eingeforderte
Vorsorgeprinzip nicht ausreichen. Wohlverstandene
Vorsorge hieße, gentechnisch veränderte Lebens- und
Futtermittel gar nicht erst für den Handel zuzulassen!
Die Vermarktung solcher Produkte ist und bleibt ein
groß angelegter Feldversuch, mit nicht absehbaren Ge-
fahren.
Ein Monitoring, wie es auch im vorliegenden Antrag
wieder gefordert wird, ist ein Eingeständnis der man-
gelnden Vorsorge. Es ist aber gleichzeitig der Versuch,
der ablehnenden Haltung der Konsumenten zu begegnen
und zugleich den Entwicklungen der Gentechnik-
Industrie die Aussicht auf eine hohe Rendite zu sichern.
Unverzichtbar ist aber aus unserer Sicht ebenso – und
das zum Beispiel fehlt mir in Ihrem Antrag – die hieb-
und stichfeste Einbeziehung sozio-ökonomischer Krite-
rien in die Risikoanalyse und von Haftungs- und Ent-
schädigungsregelungen in das Protokoll.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts: Zweiter Bericht der Bundesregierung
über den Anteil von Frauen in wesentlichen
Gremien im Einflussbereich des Bundes
(Tagesordnungspunkt 9)
Renate Gradistanac (SPD): Ich freue mich sehr, dass
wir in der ersten Woche des neuen Jahres 2000 über das
Thema Frauenpolitik debattieren. Die Gleichstellung
von Frauen und Männern und die gleichberechtigte
Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen und kulturel-
len Leben ist eine lohnende Aufgabe für unsere Gesell-
schaft, der wir uns mit großer Freude und Kraft widmen.
Dazu gehört, dass es zur Selbstverständlichkeit wird,
dass Frauen ihrem Anteil in der Bevölkerung entspre-
chend in allen Entscheidungs- und Beratungsgremien
mitwirken: im Gemeinderat, in Landesparlamenten, in
Vereinen, in Sachverständigenkommissionen und in
Handwerkskammern.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7583
(A)
(B)
(C)
(D)
Nur so lässt sich verhindern, dass, wie unlängst ge-
schehen, meine Kollegin und ich mit „Meine sehr ver-
ehrten Herren aus dem Bundestag und Landtag“ begrüßt
werden. Auf meinen Einwand hin, es gäbe auch Frauen
im Bundestag und Landtag, wurde mir keck erwidert:
„Frauen sind mit gemeint.“
Oder das Zitat des Tages vom 17. Januar 2000 aus
der „Berliner Morgenpost“: Da war zu lesen: "Eine Frau
wie ein Mann" – so der schleswig-holsteinische CDU-
Landesgeschäftsführer auf einer Wahlkampfveranstal-
tung zur Begrüßung von CDU-Generalsekretärin Angela
Merkel.
Kann es sein, dass es sich immer noch nicht überall
herumgesprochen hat, dass es intelligente, kompetente,
hoch qualifizierte, belastbare Frauen gibt, für die der
Maßstab nicht der Mann ist, an dem sie sich messen las-
sen wollen? Frauen wollen gleichberechtigt und gleich-
gestellt leben und arbeiten. Durch Gesetze, wie das
Bundesgremienbesetzungsgesetz, wollen wir strukturelle
Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen ab-
bauen. Das war und ist auch nötig. So wies der erste Be-
richt der Bundesregierung 1991 über den Anteil von
Frauen in wesentlichen Gremien im Einflussbereich des
Bundes für rund 500 Gremien einen Frauenanteil von
7,2 Prozent aus. Damals war in über der Hälfte der
Gremien keine einzige Frau tätig.
Um diesen untragbaren Zustand zu verbessern, verab-
schiedete der Gesetzgeber 1994 im Rahmen des zweiten
Gleichberechtigungsgesetzes das Bundesgremienbeset-
zungsgesetz. Seither soll die Bundesregierung in jeder
Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag einen Be-
richt über den Anteil von Frauen in den wesentlichen
Gremien im Bereich des Bundes sowie über die Entsen-
dung von Frauen durch den Bund in wesentliche Gre-
mien außerhalb des Bereichs des Bundes vorzulegen.
Im zweiten Bericht, den die alte Bundesregierung im
Mai 1998 vorgelegt hat, ist ein Anstieg des Frauenan-
teils von 7,2 Prozent auf 12,2 Prozent ausgewiesen. Statt
der Hälfte (53,2 Prozent) sind jetzt fast ein Drittel (28,7
Prozent) der Gremien ohne Frauen. In weniger als
5 Prozent haben Frauen die Hälfte der Sitze inne.
Dies ist ein völlig unbefriedigendes Ergebnis und ent-
spricht in keine Weise dem Art. 3 Abs. 2 unseres
Grundgesetzes. Wie heißt es da so schön: „Männer und
Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tat-
sächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung be-
stehender Nachteile hin.“ In unserem Ausschuss waren
wir uns alle einig, dass man mit dem erreichten Frauen-
anteil nicht zufrieden sein kann und weitere Anstren-
gungen nötig sind, um die Teilhabe und Einflussmög-
lichkeiten von Frauen zu gewährleisten.
Wir schlagen der Bundesregierung vier Verbesse-
rungspunkte vor und rechnen mit Ihrer Zustimmung:
Erstens. Die Bundesregierung möge Anstrengungen
zur konsequenten Durchsetzung des Gesetzes, insbeson-
dere bei der Besetzung von eigenen Gremiensitzen des
Bundes, unternehmen.
Zweitens. Wir fordern die Bundesregierung auf, auch
bei den Ländern und gesellschaftlichen Gruppen darauf
hinzuwirken, dass Frauen in größerer Anzahl an der Ar-
beit in Beratungs- und Entscheidungsgremien beteiligt
werden,
drittens. dafür Sorge zu tragen, dass die Berufung von
Gremien und die Wiederberufung bzw. Nachbesetzung
ihrer Mitglieder in die Bundesministerien frühzeitig
vorbereitet wird sowie Datenbanken über qualifizierte
weibliche Sachverständige angelegt werden.
Viertens wollen wir, dass ein Entwurf zur Novellie-
rung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes vorgelegt
wird, um die Wirksamkeit des Gesetzes zu verbessern.
Ich könnte mir folgende Veränderungen vorstellen:
begriffliche Klarstellungen im Gremienbegriff, keine
Doppelbenennung, wenn für einen Sitz eine Person des
unterrepräsentierten Geschlechts vorgeschlagen wird,
eine gesteigerte Pflicht der berufenden Stelle, verstärkt
auf Benennungsvorschläge hinzuwirken, die die erhebli-
che Unterrepräsentanz eines Geschlechts beseitigen,
wenn diese einen bestimmten Anteil unterschreitet –
vorstellbar wären hier zum Beispiel 30 Prozent –, sowie
ein Zurückweisen des Besetzungsvorschlags durch die
berufende Stelle bei nicht ausreichender Begründung
des Vorschlags.
Herausstellen möchte ich hier nochmals ganz beson-
ders die Datenbank. So könnten wir der Ausrede, man
hätte keine geeignete kompetente Frau finden können,
eine Fülle von Gegenbeweisen gegenüberstellen. Unsere
Gesellschaft kann auf das geistige Potenzial und auf die
Kreativität von Frauen nicht verzichten, wenn unser
Land die Herausforderungen der Zukunft bestehen will.
Aller guten Dinge sind drei: Erst unser Programm
„Frau und Beruf“, dann das Aktionsprogramm „Be-
kämpfung von Gewalt gegen Frauen“, und nun unser
Einsatz für mehr Frauen in Entscheidungspositionen.
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Mit diesem
Kästnerwort werbe ich um Ihre Unterstützung für intel-
ligente frauenpolitische Ziele.
Anke Eymer (CDU/CSU): „Männer und Frauen sind
gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender
Nachteile hin.“ (Art. 3, Abs. 2 GG).
Beispiele:
Stiftungsrat der Stiftung Wissenschaft und Politik:
bei 19 Mitgliedern keine Frau,
Völkerrechtswissenschaftlicher Beirat des Auswärti-
gen Amts:
bei 7 Mitgliedern keine Frau,
Vereinte Nationen – politischer Beirat des Auswärti-
gen Amts:
bei 8 Mitgliedern keine Frau,
Vorstand der Alexander von Humboldt-Stiftung des
Auswärtigen Amts:
bei 9 Mitgliedern keine Frau,
7584 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
Beschlussrat:
von 22 Mitgliedern 0 Frauen,
Wahlkreiskommission:
von 7 Mitgliedern keine Frau,
Kuratorium der Fachhochschule des Bundes,:
von 16 Mitgliedern keine Frau,
Wissenschaftlicher Beirat des Bundesinsituts für ost-
deutsche Kultur und Geschichte:
von 5 Mitgliedern keine Frau,
Kuratorium der Schulen für Verfassungsschutz:
von 19 Mitgliedern eine Frau,
Wissenschaftlicher Beirat der Bundeszentrale für po-
litische Bildung:
von 12 Mitgliedern zwei Frauen,
Direktorium des Bundesinstituts für Sportwissen-
schaft:
von 4 Mitgliedern keine Frau,
Verwaltungsrat der Bundesanstalt für vereinigungs-
bedingte Sonderaufgaben:
von 21 Mitgliedern keine Frau,
Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium
für Wirtschaft:
von 33 Mitgliedern keine Frau,
Kuratorium bei der Bundesanstalt für Geowissen-
schaften und Rohstoffe:
von 17 Mitgliedern keine Frau,
Vorstand des Rationalisierungs-Kuratoriums der
Deutschen Wirtschaft:
von 18 Mitgliedern keine Frau,
Sachverständigenausschuss für die Auswertung der
Ergebnisse der Viehzählung beim Bundeslandwirt-
schaftsminister:
von 11 Mitgliedern keine Frau,
Vorstandsrat des Instituts für Wirtschaftsforschung
Halle:
von 20 Mitgliedern keine Frau,
Verwaltungsausschuss des Instituts für Weltwirt-
schaft Kiel:
von 10 Mitgliedern keine Frau,
Interministerieller Ausschuss für Ausfuhrbürgschaf-
ten und – garantien zur Erörterung allgemeiner Fra-
gen:
von 27 Mitgliedern keine Frau,
Sozialbeirat:
von 23 Mitgliedern eine Frau,
Beirat für die Rehabilitation der Behinderten:
von 38 Mitgliedern zwei Frauen,
Deutscher Dampfkesselausschuss:
von 23 Mitgliedern 0 Frauen,
Deutscher Druckbehälterausschuss:
von 27 Mitgliedern 0 Frauen,
Ausschuss für Gashochdruckleistungen:
von 19 Mitgliedern 0 Frauen,
Bundeswahlausschuss:
von 13 Mitgliedern eine Frau,
Beirat für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik:
von 20 Mitgliedern keine Frau,
Wissenschaftlicher Beirat für das Sanitäts- und Ge-
sundheitswesen:
von 45 Mitgliedern zwei Frauen – für die Frauen im-
merhin eine 100 % ige Steigerung, 1990 gab es in
diesem Gremium nur eine Frau -,
Arbeitskreis Wehrdienst und Berufswelt:
von 29 Mitgliedern zwei Frauen, eine davon ist die
Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages,
Kontaktkommission des Bundesministeriums der
Verteidigung zur Kultusministerkonferenz (KMK):
von 20 Mitgliedern keine Frau,
Beirat für den Zivildienst:
von 18 Mitgliedern eine Frau,
Zulassung- und Nachzulassungskommissionen für
den humanmedizinischen und veterinärmedizinischen
Bereich:
von 170 Mitgliedern 18 Frauen,
Nationaler AIDS-Beirat:
von 33 Mitgliedern 7 Frauen – könnte auch besser
sein -,
Europäische Drogenbeobachtungstelle in Lissabon:
von 19 Mitgliedern zwei Frauen,
Seeverkehrsbeirat:
von 26 Mitgliedern keine Frau,
Seeämter, Bundesoberseeamt – zu den Aufgaben ge-
hört die Untersuchung von Seeunfällen -:
von 425 Mitgliedern eine Frau,
Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH:
von 10 Mitgliedern keine Frau,
Kerntechnischer Ausschuss:
von 50 Mitgliedern keine Frau,
Reaktor-Sicherheitskommission:
von 75 Mitgliedern keine Frau,
Beirat zur Themenauswahl für die Sonderwertzeichen
ohne Zuschlag der Bundesrepublik Deutschland,
kurz: „Programmbeirat“:
von 10 Mitgliedern eine Frau,
Kuratorium der Stiftung Deutsches Krebsforschungs-
zentrum, Heidelberg:
von 18 Mitgliedern drei Frauen.
Ich habe Ihnen einige mehr oder weniger wichtige
Gremien genannt und die Beteiligung von Frauen daran,
um zu zeigen, dass die Forderung des Art. 3 Grundge-
setz noch bei weitem nicht erfüllt ist. Von daher ist der
„Zweite Bericht der Bundesregierung über den Anteil
von Frauen in wesentlichen Gremien im Einflussbereich
des Bundes“ vom 20. Mai 1998 eine Darstellung, die
diese schlechte Beteiligung von Frauen belegt.
Meine Kritik und die Kritik der Kolleginnen geht da-
hin, dass auf dem Wege zur Gleichberechtigung von
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7585
(A)
(B)
(C)
(D)
Mann und Frau noch zu wenig erreicht worden ist. Dies
gilt genauso, wenn man auf die Bundesländer schaut.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang das Land
Nordrhein-Westfalen nennen, das ein eigenständiges
Frauenministerium abgeschafft hat. Und ich kritisiere
auch meine Parteifarbe, die solches nach Regierungs-
wechsel in Schleswig-Holstein vorhat.
Die Situation in den Kommissionen ist sicherlich
durch die vielen Frauenbeauftragten eine bessere ge-
worden; lassen Sie mich hier einmal von CDU-Seite den
vielen ehrenamtlichen und auch hauptberuflichen Frau-
enbeauftragten für ihre Arbeit danken. Sie wissen, dass
das aus CDU-Mund nicht so einfach gesprochen ist.
Bei dem vorgelegten zweiten Bericht sieht man statis-
tisch durchaus einigen Fortschritt. Auch eine Schnecke
kann sich fortbewegen. Wir brauchen aber eine intensive
Bündelung aller Kräfte von Regierung und Opposition
und aus den gesellschaftlichen Bereichen, um zumindest
dem Anspruch des Grundgesetzes gerecht zu werden.
Bei unserer Konferenz der Parlamentarischen Ausschüs-
se für die Gleichstellung von Männern und Frauen der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Euro-
päischen Parlaments vom November 1999 in Madrid
wird es überdeutlich: Die Beteiligung von Männern und
Frauen an Entscheidungsprozessen ist ein demokrati-
scher Grundsatz. Daher stellt die Unterrepräsentierung
von Frauen in Führungspositionen die Legitimität aller
demokratischen Systeme in Frage.
Die Mitwirkung von Frauen in Beratungs- und Ent-
scheidungsgremien ist die Voraussetzung, um die Ge-
sellschaft entscheidend mit gestalten zu können. Solange
Frauen diese Einflussmöglichkeit in geringer Zahl, nicht
in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen und nicht
ausreichend in Schlüsselpositionen wahrnehmen kön-
nen, ist ihre gleichberechtigte Teilhabe am politischen
Leben nicht verwirklicht. Die Betonung liegt dabei auf
Entscheidungspositionen, denn diese sind für Frauen
bisher immer noch am schwersten und selten zu errei-
chen. Aber gerade dort kann es sich eine moderne Nati-
on im internationalen Wettbewerb nicht leisten, eine
qualifizierte Frau zu übersehen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, wenn ich am Anfang meiner kurzen Ausfüh-
rungen einige Besetzungen von Gremien beschrieben
habe, möchte ich trotzdem nicht für Entmutigung sor-
gen, sondern einige positive Beispiele nennen.
Positive Beispiele:
aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend:
Beirat zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von
Frau und Mann:
von 14 Mitgliedern 11 Frauen – vorbildlich!
Arbeitsgruppe Frauenhandel:
von 14 Mitliedern 7 Frauen,
Nationaler Beirat für das EU-Programm „Jugend für
Europa“:
von 16 Mitgliedern 8 Frauen,
Stiftungsrat der Bundesstiftung „Mutter und Kind –
Schutz des ungeborenen Lebens“:
von 9 Mitgliedern 6 Frauen,
Kuratoium der Bundesstiftung „Mutter und Kind –
Schutz des ungeborenen Lebens“:
von 30 Mitgliedern 21 Frauen,
Bundesprüfstelle:
von 85 Mitgliedern 37 Frauen,
Kuratorium des Deutsch-Französischen Jugendwerks:
von 30 Mitgliedern 15 Frauen,
Deutsch-Polnischer Jugendrat:
von 24 Mitgliedern 10 Frauen,
Auswahlausschuss für Filmförderung beim BMI:
von 59 Mitgliedern 30 Frauen,
Stiftungsrat der Kulturstiftung der Länder :
von 18 Mitgliedern 8 Frauen,
Beratender Ausschuss des Verbraucherschutzes:
von 18 Mitgliedern 9 Frauen,
Beirat bei der Künstlersozialkasse:
von 24 Mitgliedern 7 Frauen.
Mein Aufruf geht dahin, gemeinsam den Umschwung
herbeizuführen.
Renate Diemers (CDU/CSU): Eine berühmte Rede
begann einmal mit den Worten: Ich hatte einen Traum.
Ich könnte heute beginnen mit: Ich hatte einmal einen
Albtraum. Vor mehreren Jahrzehnten, als ich begann,
Politik für Frauen zu beobachten und selbst zu gestalten,
hatte ich den Albtraum, dass wir im Jahre 2000 immer
noch Frauenförderpläne benötigen. Dieser Albtraum war
für die meisten Frauen damals unvorstellbar und un-
denkbar. Aber wie sieht die Wirklichkeit heute aus? Ich
bin es manchmal wirklich überdrüssig – ich spreche für
viele Kolleginnen, sicherlich auch fraktionsübergreifend
–, dass wir darüber immer noch debattieren müssen.
Der Bevölkerungsanteil der Frauen beträgt 52 Prozent
und alle geringeren Zahlen, die die Beteiligung von
Frauen in Gremien oder Entscheidungsprozessen betref-
fen, sind schlichtweg nicht akzeptabel. Eigentlich ist es
vollkommen zweitrangig, ob in 27 Prozent, in 17 oder in
7 Prozent oder in noch weniger Gremien keine Frauen
vertreten sind. Das Verhältnis stimmt einfach nicht. Und
wenn der Bund in seinem Einflussbereich trotz der vie-
len wegweisenden Gesetze der alten Bundesregierung
schon nicht grundsätzliche, nachhaltige Veränderungen
erreicht, warum denn sollten wir das in den anderen Be-
reichen wie der Wirtschaft oder der Forschung erwar-
ten?
Die Schritte, in denen wir uns nach vorne bewegen,
sind zu kurz. Sie sind zu kurz, weil wir Frauen behindert
werden und weil wir selbst oftmals die falsche Gangart
wählen. Männer fordern zum Beispiel gute Positionen
und gute Bezahlung, weil sie sich selbst als so wertvoll
einschätzen, Frauen fordern viel weniger, weil sie sich
erst bewähren wollen. Sehr ehrenhaft, aber leider die
falsche Strategie.
7586 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
Ich kenne viele Frauen, die sich in so genannten
Männerdomänen bewegen, sei es in technischen Berei-
chen oder in klassisch konservativen Unternehmen wie
zum Beispiel Banken. Diese Frauen leisten aufrund ihrer
Ausbildung, ihrer Begabung und hinsichtlich ihres Ein-
satzes nicht weniger – oftmals sogar mehr – als ihre
männlichen Kollegen und sie nehmen auch zunehmend
Positionen ein, die früher für Frauen prinzipiell gesprerrt
waren. Sie erreichen Positionen bis – sagen wir einmal –
unterhalb des Vorstandes. In den Vorstand der Bank
selbst gelangen sie meistens nicht. Diese Frauen haben
einiges erreicht, auch unter persönlichem Verzicht,
denn selbst bei großer Hilfe lassen sich Kinder und 50-,
60- oder 70 Stunden Wochen kaum vereinbaren. Und
nahezu regelmäßig erfahre ich, dass diese Frauen fas-
sungslos sind, wenn sie in eine hausinterne Tarifgrup-
pierung sehen können. Sie erhalten meistens nur 80 Pro-
zent der normalen Einkommenstarife. Mehr ist nicht
drin. Wir müssen also leider feststellen, dass auch in Be-
reichen, in denen der Bund teilweise Einfluss hat, wie
zum Beispiel etwa den öffentlichen Banken, nicht unbe-
dingt eine besondere Frauenförderung in der allgemei-
nen Personalstruktur existiert.
Wenn ich von größeren Schritten spreche, meine ich
zweierlei
Erstens: Die Männer müssen sich mehr bewegen, ins-
besondere die, die über die Stellenbesetzungen entschei-
den. Ich gebe zu, dass bei verkrusteten Strukturen im öf-
fentlichen Dienst, in Ministerien oder in deren Einfluss-
bereich Änderungen sich nur schwer durchsetzen lassen;
Änderungen auch im Bewusstsein.
Und zweitens: Auch die Frauen müssen sich mehr
bewegen. Es gibt etliche Förderpläne und Quotenrege-
lungen, gesetzliche Grundlagen und Initiativen. Und
dennoch warten viele Frauen darauf, dass man auf sie
zukommt und höflich bittet, in entscheidende Positionen
zu kommen. Sie warten, dass männliche Vorgesetzte in
den Ruhestand gehen oder dass sie eventuell irgendwann
eine Krankheits- oder Urlaubsvertretung übernehmen
können.
Frauen sollten strategisch anders vorgehen.
Es ist einfach nicht damit getan, für Frauen gleichbe-
rechtigte Chancen zu fordern. Wir müssen an den ge-
samten Rahmenbedingungen arbeiten, die Rahmenbe-
dingungen weiter verbessern, die die CDU/CSU wäh-
rend ihrer Regierungsverantwortung auf den Weg ge-
bracht hatte, zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf, den Wiedereinstieg in den Beruf, auch in hö-
here Positionen.
In der Auswertung des Berichtes liegt ein Schwer-
punkt darin, in wie vielen Gremien die Frauen vertreten
sind und in wie vielen überhaupt keine Frauen vertreten
sind.
Ich möchte einen anderen Aspekt einbringen. In die-
ser sehr umfangreichen Aufstellung gibt es nur zehn
Gremien, in denen die Frauen die Mehrheit haben. Und
wenn Sie sich diese Gremien ansehen, dann sind es oft-
mals die klassischen Bereiche wie die Bundesstiftung
Mutter und Kind, der Verbraucherbeirat, der Verbrau-
cherausschuss oder der Beirat zur Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frau und Mann.
Und viele Männer und Frauen halten das für einen
Erfolg.
BMI:
Auswahlverfahren für Filmförderung beim BMI;
von 59 Mitgliedern sind 30 Frauen
Ankaufkommission des Bundes; von 9 Mitglie-
dern sind 5 Frauen
BMWi :Verbraucherbeirat 18/10
BML: Verbraucherausschuss beim BML: 16/10
BMFSJ:
Beirat zur Durchsetzung der Gleichberechtigung
von Frau und Mann 14/11 Arbeitsgruppe Frauen-
handel mit diversen Arbeitsgruppen
Unabhängige Sachverständigenkommission zur
Erstellung des Kinder- und Jugendberichtes 7/4
Stiftungsrat der Bundesstiftung „Mutter und
Kind“ 9/6
Kuratorium Bundesstiftung Mutter und Kind
30/21
BMV: Kongress der Weltorganisation für Meteo-
rologie 1/1
Sehr geehrte Männer; stellen Sie sich vor: Sie schal-
ten den Fernseher an und sehen viele Frauen in Sitzun-
gen, Pressekonferenzen oder Ähnliches. Können Sie mit
diesem Bild Treffen wie G7/G8, Europa-Gipfel, interna-
tionale Friedensverhandlungen oder auch Kabinettssit-
zungen verbinden? Derzeit wohl noch nicht. Aber wenn
der Anteil von Frauen auch an diesen höchsten Ent-
scheidungsträgern gewachsen ist, wenn sich das öffent-
liche Bewusstsein dahin gehend ändert, dass es als
selbstverständlich angesehen wird, dann brauchen wir
das Bundesgremienbesetzungsgesetz nicht mehr.
Die CDU/CSU hatte im Familienausschuss bereits im
letzten Sommer einen sinnvollen Verbesserungsvor-
schlag für das Bundesgremienbesetzungsgesetz ge-
macht, und zwar hinsichtlich der Doppelbenennungen.
Zwar wurde dieser konkrete Vorschlag als solcher im
Prinzip von allen befürwortet, aber trotzdem haben ihn
die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN damals ab-
gelehnt, weil sie statt einzelner Verbesserungen eine ge-
nerelle Gesamtüberarbeitung anstrebten. Daher die Fra-
ge: Wo bleibt denn diese Überarbeitung, wo bleibt die
Novelle? Wenn Sie unsere Vorschläge ablehnen und
dann entgegen Ihrer Forderung im Sommer 1999 nach
Ihrer Regierungsübernahme selbst nichts vorlegen, ist
das nicht im Interesse der Frauen.
Neue Instrumente wie das Gender-Mainstreaming
werden von Ihnen, meine lieben Kolleginnen von der
Koalition, sehr oft genannt, aber leider nur sehr wenig
bisher erläutert und mit Leben gefüllt. Ich habe dies ge-
rade gestern im Familienausschuss kritisiert
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7587
(A)
(B)
(C)
(D)
Daher sage ich es noch einmal in aller Deutlichkeit:
Einleuchtende Konzepte sind gefordert, aber ebenso
wichtig ist die ständige Aufforderung an die Frauen, die
bereits bestehenden Gesetze für sich zu beanspruchen.
Nicht nur im Bereich des Bundes, sondern auch auf
europäischer Ebene müssen wir uns für mehr Chancen-
gleichheit für Frauen einsetzen. Der Ausschuss für die
Rechte der Frauen im Europa-Parlament hatte anlässlich
der Einsetzung der neuen EU-Kommission an alle de-
signierten Kommissare entsprechende Fragen zur
Gleichstellung gerichtet. Ein Drittel der Kommissare hat
diese Fragen ganz einfach ignoriert und nicht beantwor-
tet. Auch hier müssen sie als Verantwortliche in der
Bundesregierung entsprechend Einfluss nehmen.
Irmgard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Der Zweite Gremienbericht, den wir heute disku-
tieren, ist wahrlich kein Ruhmesblatt für eine demokrati-
sche Gesellschaft. Er dokumentiert weitestgehenden
Ausschluss von Frauen in den Bundesgremien. Gerade
mal bei 12 Prozent liegt der Frauenanteil im Durch-
schnitt. Die Damen und Herren von der CDU/CSU und
F.D.P. haben es über die langen Jahre ihrer Regierungs-
zeit nicht zuwege gebracht, der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern in den ihnen anvertrauten Gremien
auch nur annähernd ein akzeptables Verhältnis zu schaf-
fen.
Dieses Missverhältnis wird auch nicht durch die mi-
nimale Erhöhung des Frauenanteils zwischen dem ersten
Gremienbericht 1991 und dem zweiten Gremienbericht
1998 wettgemacht. Selbst nach In-Kraft-Treten des
Bundesgremienbesetzungsgesetzes im Jahre 1994 war
nur eine geringe Verbesserung der Situation festzustel-
len.
Das Gesetz war also nicht mehr als eine Tigerin ohne
Zähne und hat es nicht vermocht, dem gesteckten Ziel
gerecht zu werden.
Zum Zeitpunkt des ersten Gremienberichtes – im Jah-
re 1991 – war noch die Hälfte aller Gremien frauenfrei,
sieben Jahre später sind es trotz gesetzlicher Vorgaben
immer noch 30 Prozent. Das heißt, jedes dritte Gremium
ist auch heute noch ein reines Männergremium.
Lediglich 25 der insgesamt 500 Bundesgremien ver-
dienen das Prädikat „geschlechtergerecht“. Sie sind pari-
tätisch besetzt. Dieses völlig unbefriedigende Ergebnis
wird dem Auftrag des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes
nicht gerecht. Solange Frauen ihre Einflussmöglichkei-
ten in Beratungs- und Entscheidungsgremien nicht an-
gemessen wahrnehmen können, ist ihre verfassungsmä-
ßig garantierte Gleichberechtigung im politischen, ge-
sellschaftlichen wie kulturellen Leben nicht verwirk-
licht.
Die rotgrüne Kolalition hat es sich deshalb zur Auf-
gabe gemacht, dem Bundesgremienbesetzungsgesetz –
welch ein Ungetüm von Name – den nötigen Biss zu
verleihen. Auch Länder und Verbände sollen zukünftig
dringlicher aufgefordert werden, Frauen zu benennen.
Unser Ziel ist es, dass Frauen zu gleichen Teilen in
Bundesgremien vertreten sind. Das verstehen wir unter
Geschlechterdemokratie. Die Änderung des Gremienbe-
setzungsgesetzes ist dazu eine notwendige Vorausset-
zung. Unklarheiten bei den Vorschlagsverfahren müssen
beseitigt und die Vielzahl der zahlreichen Ausnahmetat-
bestände muss verringert werden. Denkbar ist auch die
Zurückweisung eines Besetzungsvorschlags bei nicht
ausreichender Begründung. Zu diskutieren ist auch da-
rüber, ob nicht eine Doppelbenennung entfallen kann,
wenn die Unterrepräsentanz eines Geschlechtes eklatant
ist, das heißt, wenn weniger als 30 Prozent eines Ge-
schlechtes in einem Gremium vertreten sind. Die vor-
schlagsberechtigte Stelle könnte dann nur eine Frau für
den einzigen zu vergebenden Gremiensitz benennen.
Daneben ist es notwendig, dass die Gleichstellungsbe-
auftragten in die Gremienbesetzungsverfahren einbezo-
gen werden. Mithilfe von ständig aktualisierten Daten-
banken würde endlich dem Argument Abhilfe geschaf-
fen, es gebe keine qualifizierten Frauen.
Wenn wir auf unserem Weg zu einer Gesellschaft der
Geschlechtergerechtigkeit weiterkommen wollen, müs-
sen wir da beginnen, wo wir selbst die Entscheidung
treffen können.
Neben der Änderung auf der gesetzgeberischen Ebe-
ne müssen aber auch weitere Maßnahmen zur Förderung
des gleichberechtigten Zugangs von Frauen und Män-
nern am politischen Leben erfolgen, wie sie auch die
Konferenz der EU-Gleichstellungsausschüsse in Madrid
im letzten Jahr gefordert hat. Kreativität ist angesagt.
Wie das ausehen kann, zeigt uns unser Nachbarland
Frankreich. Dort erhalten Parteien, die ihre Wahllisten
nicht paritätisch mit Frauen Männern besetzt haben, we-
niger Zuwendung aus der Staatskasse für die Parteienfi-
nanzierung.
Die Beteiligung von Frauen und Männern an Ent-
scheidungsprozessen ist ein demokratischer Grundsatz.
Daher stellt die Unterrepräsentanz von Frauen die Legi-
timität aller demokratischen Systeme in Frage. Dies dür-
fen wir nicht länger zulassen.
Anlage 3_5
Ina Lenke (F.D.P.) : Die F.D.P.-Bundestagsfraktion
stimmt der Beschlussempfehlung zu, Anstrengungen zur
Durchsetzung des Gesetzes besonders bei der Besetzung
von eigenen Gremiensitzen des Bundes zu unterneh-
men.Allerdings ist das meines Erachtens auch ohne ein
Gesetz möglich. Auch wir sind einverstanden, positiv zu
unterstützen, dass Frauen mehr in Beratungs- und Ent-
scheidungsgremien weiterleiten und die Frauenraten in
Auswahl- und Prüfungskommissionen sich deutlich er-
höhen.
Die Wirksamkeit dieses Gesetzes ist allerdings nicht
besonders stark, wenn wir uns die Steigerungszahlen an-
sehen. Der Anstieg von 1990 bis 1997 von 7,2 % auf
12,2 % Gremien im Einflussbereich des Bundes ist un-
zureichend. Ich bin der Ansicht, dass die dargestellten
positiven Entwicklungen auch ohne gesetzliche Rege-
lungen stattgefunden hätte.
Ein Erfolg des Gesetzes basiert jedoch in der Offen-
legung der Zusammensetzung der Beiräte und Sachver-
ständigenkommissionen, der gremien der Organe von
Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Aufsichts-
7588 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
gremien in Gesellschaften und anderen Institutionen so-
wie Gremien im internationalen Bereich.
Die Tranzparenz der Verteilung von Sitzen auf Män-
ner und Frauen läßt vieles vergleichbarer machen und
hoffentlich ein positives Konkurrenzverhalten entstehen.
In der Verantwortung stehen die, die über die Besetzung
ihres Gremiums entscheiden, aber auch die Frauen, die
sich für diese Tätigkeiten entscheiden könnten, aber den
Schritt nicht tun.
Im Anschluss habe ich die Parlamentarische Staats-
sekretärin Dr. Niehuis gebeten, mir Auskunft zu geben,
welche Gründe in den Fällen der Bundesregierung ge-
nannt werden, wenn bei unzureichender weiblichen Be-
setzung, trotzdem ein Mann bestimmt wurde. Denn trotz
zahlreicher anstehender Nachbesetzungsmöglichkeiten
hat sich in vielen Gremien der Frauenanteil nicht we-
sentlich erhöht. In den Ausschussberatungen habe ich
die PStJ aufgefordert, die schriftlichen Stellungnahmen
zu prüfen, ob die Begründungen stichhaltig sind. Eine
Antwort dazu habe ich nicht erhalten.
Wer sich mit dem Bereich intensiv auseinandersetzt,
wird auch gute Beispiele finden, zum Beispiel den Ver-
waltungsrat der Deutschen Ausgleichsbank. Aus 23
Mitgliedern besteht das Gremium. Von 1990 – keine
Frau – bis 1997 – stieg der Anteil auf 5 Frauen. Im
Auswahl-Ausschuss für Filmförderung stieg der Anteil
im untersuchten Zeitraum von 15 auf 30 bei einer Ge-
samtzahl von 59.
Meine Damen und Herren, der Bericht soll in einigen
Jahren wieder vorgelegt werden. Lassen Sie uns hoffen
und mittun, dass die Frauen, die Verantwortung in Gre-
mien im Einflussbereich des Bundes tragen wollen, auch
diese Arbeit künftig leisten.
Petra Bläss (PDS): In puncto gleichberechtigte Teil-
habe von Frauen in den Gremien des Bundes kommen
wir nur im Schneckentempo voran.
Nur gut jedes zehnte Mitglied in Vorständen, Beirä-
ten, Kommissionen, in Ausschüssen, Verwaltungs- und
Aufsichtsräten, in die der Bund Mitglieder beruft oder
entsendet, ist eine Frau. Und an vielen Tischen sitzt
noch immer keine Einzige. Dies gilt insbesondere auch
für die Gremien, die für die neuen Bundesländer wichtig
sind wie für die Kreditanstalt für Wiederaufbau, den
Beirat für Fördermaßnahmen in den Bundesländern
beim Finanzministerium und den Verwaltungsrat der
Bundesanstalt für die vereinigungsbedingten Sonderauf-
gaben.
Eine einseitig auf die männliche Sicht orientierte Po-
litik und Politikberatung bringt für Frauen Nachteile.
Wer wollte das heute noch ernstlich bestreiten? Dennoch
schleicht der Bund weit hinter den Lebensentwürfen und
Anforderungen von Frauen hinterher. Eine derart gerin-
ge Beteiligung von Frauen kennen wir sonst nur aus den
Manageretagen in der Privatwirtschaft und bei der Pro-
fessorenschaft an den Universitäten.
Dass der Bund selbst seine Hausaufgaben so schlecht
macht, ist peinlich. Für das miserable Ergebnis, das uns
heute beschäftigt, trägt die im Herst 1998 abgewählte
schwarz-gelbe Regierungskoalition die Hauptverantwor-
tung. Aber ich finde es müßig, über das Schneckentem-
po der alten Bundesregierung bei der Frauenpolitik zu
diskutieren. Ich möchte viel lieber von der jetzigen Re-
gierung erfahren, durch welche Maßnahmen sie die Si-
tuation verbessern will. Welche weiteren Fördermaß-
nahmen plant die Bundesregierung, um den Anteil von
Frauen in den Gremien, auf die der Bund Einfluss hat,
auf 50 Prozent zu erhöhen.
Das Gesetz fordert die gleichberechtigte Teilhabe von
Männern und Frauen. Was soll „gleichberechtigt“ ande-
res heißen, als dass Männer und Frauen jeweils zur Hälf-
te vertreten sein müssen? In welchen Zeitraum möchten
Sie dieses Ziel erreicht haben? Wir sind auch für eine
Novellierung des Gesetzes. Aber wir wollen, dass dort
verbindliche Quoten festgelegt werden.
Und wir erwarten unbedingt, dass bis zu einer Novel-
lierung überall dort, wo weniger Frauen als Männer ver-
treten sind, bei Neubesetzungen ausschließlich Frauen
zum Zuge kommen.
Um tatsächlich Chancengleichheit für Frauen zu er-
reichen, brauchen wir auch ein Gleichstellungsgesetz für
die Privatwirtschaft. Auch diese Diskussion werden wir
hier demnächst wieder führen müssen.
Wir fordern, dass der Bund mit gutem Beispiel vo-
rangeht und beweist, dass die hohen Männerquoten, die
wir heute in einflussreichen Gremien und auf wichtigen
Posten haben, durchaus zu verändern sind.
Dr. Edith Niehuis, Parl. Staatssekretärin bei der
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend: Heute debattieren wir den 2. Bericht der Bundes-
regierung über den Anteil von Frauen in wesentlichen
Gremien im Einflussbereich des Bundes. Viel zu lange
war die Politik oder präziser die jeweilige Bundesregie-
rung desinteressiert an der Frage, wie viele Frauen oder
Männer in den Gremien, die im Zusammenhang mit der
Bundespolitik stehen, vertreten sind.
Lassen Sie uns auf den Kern dessen gehen, worüber
wir in dieser Debatte reden; wir reden im Grunde über
die Qualität unserer Demokratie. Eine Demokratie kann
nur dann für sich in Anspruch nehmen, eine gute Demo-
kratie zu sein, wenn Frauen und Männer gleichermaßen
teilhaben. Darum ist es zum einen wesentlich, wie viele
Frauen in den Parlamenten vertreten sind, zum anderen
aber auch, wie viele Frauen über Gremien in die Vorbe-
reitungen politischer Entscheidungen einbezogen sind.
Wenn wir also über die Zusammensetzung der Gremien
reden, seien es Beiräte, Ausschüsse, Kommissionen,
Verwaltungsräte usw., dann reden wir über die Qualität
der Politikberatung in der Republik. Und wie es in der
Politikberatung hinsichtlich der Frauenrepräsentanz aus-
sieht, darüber gibt uns der vorliegende Bericht Aus-
kunft.
Es ist gut, dass die Bundesregierung in jeder Legisla-
turperiode solch einen Bericht vorlegen muss. Der jetzt
vorliegende Bericht ist eine statistische Bestandsauf-
nahme des Jahres 1997. Er fällt somit noch in die Zu-
ständigkeit der vorherigen Bundesregierung, also der
Kohl-Regierung. Die Zahlen sind mehr als erschütternd.
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7589
(A)
(B)
(C)
(D)
355 Gremien wurden untersucht. Der durchschnittliche
Frauenanteil betrug 12,2 Prozent. In 28,7 Prozent der
Gremien gibt es gar keine weiblichen Mitglieder, abso-
lut trifft dieses für 102 Gremien zu. Das ist keine zu-
frieden stellende Bilanz.
Innerhalb von sieben Jahren nach der ersten Be-
standsaufnahme aus dem Jahr 1990, die einen Frauenan-
teil von 7,2 Prozent aufzeigte, ist ein Zuwachs von 5
Prozentpunkten auf sehr niedrigem Niveau keine Er-
folgsbilanz. Ein 12,2-prozentiger Frauenanteil ist hin-
sichtlich der Qualität von Politikberatung aus der ge-
schlechtsspezifischen Sicht nahezu ohne Wert. Wir wis-
sen, das erst von einem bestimmten Frauenanteil an eine
Marke erreicht ist, ab der eine fachliche Einflussnahme
auf ein Gremium möglich ist. Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler sehen diese Marke bei 30 Prozent, wo-
von im Übrigen auch der Bericht der EU-Kommission
zur „Chancengleichheit für Frauen und Männer in der
EU“ vom März 1999 ausgeht. 12,2-prozentiger Frauen-
anteil bedeutet darum, dass faktisch aufgrund dieses ge-
ringen weiblichen Mitgliederanteils noch keine effektive
Einflussnahme auf die Politikberatung möglich ist.
Nun ist ja innerhalb des Zeitraums zwischen dem
1. Bericht, 1990, und dem 2. Bericht, 1997, hinsichtlich
der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Besetzung
der Gremien eine Veränderung eingetreten. 1994 trat das
Zweite Gleichberechtigungsgesetz in Kraft, das in Art.
11 ein Bundesgremienbesetzungsgesetz enthält. Ich
kann mich noch sehr gut an die öffentliche und auch
parlamentarische Debatte über dieses Zweite Gleichbe-
rechtigungsgesetz erinnern. Es war damals die überwie-
gende Meinung – im Übrigen auch von den Sachver-
ständigen in der öffentlichen Anhörung des damaligen
Ausschusses für Frauen und Jugend –, dass dieses Zwei-
te Gleichberechtigungsgesetz zahn- und bisslos bleiben
wird. Der hier vorliegende 2. Gremienbericht zeigt, dass
die damalige Kritik berechtigt war.
Dennoch bestand die Kohl-Regierung mit den sie tra-
genden Fraktionen darauf, dieses von vornherein als
nicht sehr wirkungsvoll eingeschätzte Zweite Gleichbe-
rechtigungsgesetz zu verabschieden.
Dies ist noch heute bedauerlich, weil wir auch auf-
grund dessen jetzt Jahre verloren haben, die Politikbera-
tung demokratischer und aus Frauensicht effektiver zu
machen.
Dass die Gleichstellungspolitik der Kohl-Regierung
so halbherzig war, mag auch daran liegen, dass bis heute
die Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. eine erhebli-
che Unterrepräsentanz von Frauen aufweisen und unter
der 30-Prozent-Marke bleiben – der Frauenanteil bei der
CDU/CSU liegt bei 18,4 Prozent, bei der F.D.P. bei 20,9
Prozent.
Bei allen Unzulänglichkeiten, die bei unserer Vor-
gängerregierung zu finden sind, bleibt allerdings auch
festzustellen, dass die Steigerung des Frauenanteils in
Gremien keine leichte politische Aufgabe ist. So ein
mangelhaftes Ergebnis, wie wir es heute debattieren, ist
auch ein Indiz dafür, dass in unserer Gesellschaft, im
Beruf und im Privatleben, die Gleichstellung von Frau
und Mann noch nicht durchgesetzt ist. Wie die Gremien
besetzt werden, darüber entscheidet die Bundesregie-
rung, aber vorschlagsberechtigt sind Stellen, insbesonde-
re Verbände, aus der Gesellschaft, Wirtschaft, Wissen-
schaft usw. In deren jeweiligen Leitungsbereichen sind
Männer ebenfalls erheblich überrepräsentiert. Sie neigen
dazu, sich selbst per Amt vorzuschlagen oder eben ü-
berwiegend Männer vorzuschlagen, weil das „old boy´s
network“ eben immer noch gut funktioniert.
Mir scheint, vielen vorschlagsberechtigten Stellen ist
nicht ausreichend bewusst, dass die Vorschriften des
Bundesgremienbesetzungsgesetzes auch für sie Geltung
haben, was dazu führt, dass der Ehrgeiz, Frauen vorzu-
schlagen, nicht ausgeprägt genug ist. Auf der anderen
Seite können die wenigen Frauen, die es in den vor-
schlagsberechtigten Bereichen mit Zugang zur jeweili-
gen Leitung dennoch gibt, aus zeitlichen Gründen nicht
alle Gremiensitze besetzen, die mit einer Frau besetzt
werden müssten.
Aus dieser Situation folgt zweierlei: Erstens ermahne
ich alle vorschlagsberechtigten Stellen, ihrer gleichstel-
lungspolitischen Verantwortung gerecht zu werden.
Auch das Bundesgremienbesetzungsgesetz ist ein Ge-
setz, das es zu befolgen gilt. Für manche vorschlagsbe-
rechtigte Stelle mag es hilfreich sein, sich zu vergewis-
sern, dass vorschlagsberechtigt zu sein kein konstitutives
Recht ist, sonder die Vorschlagsberechtigung aufgrund
einer politischen Entscheidung auf Zeit verliehen wird;
das heißt, auch genommen werden kann.
Zweitens bedarf die Durchsetzung des Bundesgre-
mienbesetzungsgesetzes sehr stark des Engagements der
Personen, insbesondere im Bereich des Bundes, die an
den Auswahlverfahren beteiligt sind und die Entschei-
dungen vorbereiten. Auch hier kann man sicherlich
mehr tun. Um diese Motivation der Personen im Bereich
des Bundes zu fördern, liegt es nahe, die Gleichstel-
lungsbeauftragte obligatorisch einzubeziehen, eine Re-
gelung, die das gültige Gesetz bisher nicht vorsieht, die
wir aber gedenken einzuführen. Sie kann der vor-
schlagsberechtigten Stelle, die vorgibt, keine Frau vor-
schlagen zu können, Hilfestellung bei der Erfüllung der
Verpflichtung zur Doppelbenennung leisten.
Die Bundesregierung bemüht sich von Anfang an im
verstärkten Maße, bei der Besetzung frei werdender
Gremiensitze Frauen zu berufen. So ergab eine interne
Kurzauswertung von 118 Fällen der Neubesetzung Mitte
1999 einen Frauenanteil von 26 Prozent. Schließlich
werden wir das Bundesgremienbesetzunggesetz verbes-
sern und wirksame Änderungen zur verbesserten Teil-
habe von Frauen in Gremien einbringen, wozu eben
auch die schon genannte Beteilung der Gleichstellungs-
beauftragten gehört.
Das geltende Bundesgremienbesetzungsgesetz lädt
vorschlagsberechtigte Stellen durch übermäßige Formu-
lierungen von Ausnahmeregelungen geradezu ein, sich
davor zu drücken, eine Frau vorzuschlagen, und unter-
gräbt auf diese Weise das Prinzip der Doppelbenennung.
Hier bedarf es einer Klarstellung im Gesetz. Ich glaube
auch, dass das Prinzip der Doppelbenennungen, also
immer einen Frauen- und einen Männervorschlag zu
7590 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
fordern, nicht zu einem durchgängigen Prinzip werden
darf, wie es das geltende Gesetz vorsieht.
Wenn eine vorschlagsberechtigte Stelle auf die Unter-
repräsentanz von Frauen aufmerksam gemacht wird,
dann muss darauf hingewirkt werden, dass ein Personal-
vorschlag kommt, der die erhebliche Unterrepräsentanz
beseitigt. Als Maßstab für die erhebliche Unterrepräsen-
tanz könnte die als kritische Masse bezeichnete 30-
Prozent-Marke dienen. Wenn die vorschlagsberechtigte
Stelle sich nicht in der Lage sieht, einen Personalvor-
schlag zu machen, der die erhebliche Unterrepräsentanz
beseitigt, sollte geprüft werden, ob es möglich ist, diesen
Sitz unbesetzt zu lassen, wenn nicht zwingende andere
rechtliche Gründe dagegenstehen.
Wir werden im Rahmen der notwendigen Reform des
Zweiten Gleichberechtigungsgesetzes dem Deutschen
Bundestag ein verbessertes Bundesgremienbesetzungs-
gesetz vorlegen. Wie ich der Beschlussempfehlung des
zuständigen Bundestagsausschusses entnehme, sehen
auch die jetzigen Oppositionsfraktionen eine Notwen-
digkeit, das geltende Gesetz zu ändern. Insofern hoffe
ich, dass es uns gelingen wird, diese für die Qualität un-
serer Demokratie fundamentalen Fragen einhellig im
Deutschen Bundestag zu entscheiden.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts: Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für
arbeitsintensive Leistungen (Tagesordnungs-
punkt 12)
Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Die Union
spricht sich gegen den Entschliessungsantrag aus, weil
er nicht praktikabel ist.
Es gibt erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten, wel-
che Dienstleistungen konkret davon erfasst werden soll-
ten und welche nicht. Schon die Verwendung der unbe-
stimmten Rechtsbegriffe in der Richtlinie und dem An-
trag macht dies deutlich: Es soll die Anwendung eines
ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive
Dienstleistungen – insbesondere auf Reparaturarbeiten
des Handwerks – ermöglicht werden.
Die zu begünstigenden Leistungen werden wie folgt
näher eingegrenzt: Reparaturarbeiten an beweglichen
körperlichen Gegenständen, einschließlich Fahrräder,
aber ausgenommen andere Beförderungsmittel; Reno-
vierungsarbeiten- und Reparaturarbeiten im Wohnungs-
bau, außer Neubau; Freizeitparks, Reinigungs- und Wä-
schereidienstleistungen, Pflegeleistung in der Wohnung,
das heißt Pflege von Kindern, alten Leuten oder Behin-
derten.
Was sind „kleine Reparaturdienstleistungen ein-
schließlich Ausbesserung und Änderung“? Ausbesse-
rung und Änderung können es nicht sein, sonst hätten
sie nicht durch den Wortlaut der Richtlinie ausdrücklich
einbezogen werden müssen. Annähen eines Knopfes am
Hemd wird sicher als Kleinreparatur einzustufen sein.
Wenn aber Dreiangel gestopft werden muss, ist das dann
noch eine Kleinreparatur oder eine Großreparatur? Be-
zieht sich „klein“ und „groß“ auf den absoluten Wert der
Arbeit oder steht es in einer Relation zum Gesamtpreis
der entsprechenden Textile?
Arbeiten in Privatwohnungen werden begünstigt sein.
Wer kann das kontrollieren? Wo liegt die Abgrenzung
bei Mischnutzung? Bei den Materialien sollen solche
von der Steuervergünstigung ausgeschlossen sein, die
einen bedeutenden Teil des Wertes der Dienstleistung
ausmachen. Was heißt „bedeutender Teil des Wertes“?
Was heißt zum Beispiel bei häuslichen Pflegediensten
die Betreuung von Kindern sowie älteren, kranken und
behinderten Personen? Wer will die Abgrenzung vor-
nehmen?
Ich erinnere hier an die unsäglichen Beispiele in der
Vergangenheit, als wir unterschiedliche Umsatzsteuer-
sätze für Groß- und Einzelhandel im Rahmen der Brut-
toallphasenumsatzsteuer hatten. Es war nicht kontrol-
lierbar, ob ein Einzelhändler bei einem Großhändler
kaufte oder ein Endverbraucher. Ich erinnere auch an die
vielfältigen Abgrenzungsprobleme zwischen privaten
und betrieblichen Kosten bzw. Leistungen.
Die Grauzone zur Schwarzarbeit würde erweitert,
Quellen für Streitigkeiten eröffnet, aber nicht verbessert.
Das würde eher die Tendenz zur Schwarzarbeit auswei-
ten, weil man die Ausrede der Kleinreparaturen hätte.
Hier würde ein neues Fass für Missbrauchsmöglich-
keiten eröffnet. Nur durch intensivste Kontrollen könnte
man dies begrenzen, aber nicht ausschließen. Das würde
zwar Arbeitsplätze bei der Kontrolle und Bürokratie
schaffen. Das kann aber nicht das Ziel sein.
Dass ein solches Programm wenig Wirkung entfalten
kann, macht der Bericht des Finanzministeriums vom
29. Dezember 1999 auf Ausschussdrucksache 14/212
deutlich. Hier wird aufgezeigt, welche Einzelanträge in
den Mitgliedsstaaten gestellt worden. Aus den geringen
Haushaltsauswirkungen kann und muss geschlossen
werden, dass nur wenig als Volumen hinter den Einzel-
anträgen steht. Damit ist eine Beschäftigungswirksam-
keit nicht mehr gegeben.
Als Ziel wird angegeben, durch die verlängerte Le-
bensdauer von Produkten bis zum Jahre 2050 die primä-
re Energie um 50 Prozent und den Verbrauch der Roh-
stoffe für die stoffliche Nutzung um 80 Prozent bis 90
Prozent herabzusenken. Dies würde aber nur funktionie-
ren, wenn die Reparaturleistungen durch einen ermäßig-
ten Mehrwertsteuersatz so stark begünstigt würden, dass
eine Reparatur während der verlängerten Nutzung wirt-
schaftlicher wäre als der Neukauf. Das ist schon ange-
sichts des relativ geringen Wertes der in Rede stehenden
Güter nicht zu erwaren.
Dies macht deutlich, welche Klimm- und Winkelzüge
mit diesem Antrag verbunden sind. Es gibt überhaupt
kein Anzeichen dafür, dass hier nennenswerte Umwelt-
effekte erzielt werden können. Gerade Modeartikel wie
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7591
(A)
(B)
(C)
(D)
Schuhe erfüllen dieses nicht, weil sie modischen Strö-
mungen unterliegen und dadurch ihre Nutzungsdauer in
der Regel auch in Zukunft nicht ausgeschöpft werden
wird
Ob niedrigere Mehrwertsteuersätze tatsächlich zu
niedrigeren Verbraucherpreisen führen oder zu vermehr-
ten Gewinnen genutzt werden, lässt sich überhaupt nicht
abschätzen. Fallen beispielsweise bei einer Schuhrepara-
tur im Gegenwert von 30 DM 4,80 DM Mehrwertsteuer
an, dann würde ein halbierter Mehrwertsteuersatz einen
Einspareffekt von 2,40 DM ausmachen. Das ist kein An-
reiz. Ich glaube, durch eine solche Maßnahme entsteht
kein bisschen Mehrarbeit. Es geht auch kein Anreiz da-
von aus, Schuhe einmal mehr reparieren zu lassen, statt
neue zu kaufen.
Von den 6,1 Millionen Beschäftigten im deutschen
Handwerk wurde 1994 ein durchschnittlicher Umsatz
von 131 600 DM erwirtschaftet. Wenn der volle Auf-
wand dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz, zum Beispiel
der Hälfte, unterliegen würde, bedeutete das eine Ein-
sparung von rund 10 500 DM. eine Verbilligung dieser
Leistungen um 8 Prozent schlägt nicht so stark zu Bu-
che, dass zusätzliche Arbeiten geleistet werden. Allein
diese Größenordnung macht deutlich, dass dadurch
praktisch keine zusätzliche Arbeit entstehen kann. Des-
wegen ist dies ein ungeeigneter Weg zur Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit.
Schwarzarbeit kann auf diesem Wege nicht bekämpft
werden. Das hohe Schwarzarbeitsvolumen beruht auf
der großen Preisdifferenz zwischen legaler und illegaler
Beschäftigung. Der halbe Mehrwertsteuersatz reicht
nicht aus, um diese Differenz so nennenswert zu ver-
kleinern, dass es zu einer wesentlichen Einschränkung
der Schwarzarbeit kommen würde.
Die SPD hat insbesondere mit Blick auf die geplanten
steuerpolitischen Maßnahmen den Vorschlag abgelehnt.
Sie war der Auffassung, dass einerseits die Steuerausfäl-
le nicht verkraftet werden können, weil sie
Milliardenbeträge ausmachen würden, weil es nur
sektorale Lösungen seien, die abgelehnt würden. Man
wolle globale Lösungen. Dabei hat sie insbesondere auf
die Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums und
die mittelstandsbezogenen Entlastungen hingewiesen.
All diese Maßnahmen seien ermäßigten
Mehrwertsteuersätzen für arbeitsintensive Dienstlei-
stungen vorzuziehen.
Die Grünen haben zusätzlich darauf hingewiesen,
dass die Senkung der Lohnnebenkosten im Rahmen der
ökologischen Steuerreform der erfolgversprechendere
Weg zur Schaffung von Arbeitsplätzen gegenüber dem
reduzierten Mehrwertsteuersatz sei.
Dabei ist zu fragen, was aus diesem Vorhaben ge-
worden ist.
Mittelstandsbezogene Entlastungen stellen sich so
dar, dass im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes der
Mittelstand um 30 Milliarden DM belastet wurde und
dieses im Rahmen der Unternehmenssteuerreform nicht
einmal nach den Zahlen der Regierung zurückgegeben
wird. Der Entlasutnseffekt für gesamte Wirtschaft be-
trägt 8 Millionen DM. Es ist also immer noch weniger,
als genommen wurde. Dabei kommt die Masse der Ent-
lastungen nur der Großindustrie zugute, sodass für den
arbeitsplatzträchtigen Mittelstand nur ein Verlust zu
verzeichnen ist.
Die Ökosteuer hat nicht dazu geführt, dass die Lohn-
nebenkosten sinken. Sie hat lediglich dazu geführt, dass
eine Umfinanzierung erfolgt. Also wird an dem Übel
nichts beseitigt, es wird lediglich an den Folgen etwas
kaschiert. Für den Bürger ist dabei nichts herausge-
kommen. Das haben wir gestern ausführlich diskutiert.
Dass alle Ihre Maßnahmen zur Belebung des Ar-
beitsmarktes nichts genutzt haben, macht die Zahl der
Sozialversicherungspflichtbeschäftigten deutlich. Zwar
wird sie nicht mehr, wie in der Vergangenheit, regelmä-
ßig gemessen, aber die veröffentlichten Zahlen weisen
einen Rückgang aus. Wenn Ihre Steuerpolitik so gut ge-
wesen wäre, hätte diese Zahl steigen müssen.
Dass die Zahl der Arbeitslosen optisch gesunken ist,
ändert nichts daran, dass nicht mehr Beschäftigung ent-
standen ist. Dies hat andere Ursachen. Sie liegen in der
geographischen Entwicklung: Wenn mehr Menschen aus
dem Arbeitsprozess ausscheiden, als auf den Arbeits-
markt drängen, dann sinkt die Zahl der arbeitslos Ge-
meldeten, ohne dass sich an den wirtschaftlichen Ver-
hältnissen etwas geändert hat. Genau dieser Prozess fin-
det in Deutschland statt. Die „Schröder-Uhr“ der „Wirt-
schaftswoche“ macht dies mit 2000 Erwerbstätigen we-
niger deutlich.
Ich finde es in diesem Zusammenhang übrigens be-
merkenswert, dass die Bundesregierung, die ausweislich
der Regierungserklärung und aller politischen Hand-
lungsmaßstab gemacht hat, diesen wichtigen Indikator
nicht mehr feststellen lässt. Dabei liegt es in ihrer Hand,
denn es ist Aufgabe des Bundesarbeitsministeriums und
nicht der Bundesanstalt für Arbeit, diese Zahl zu ermit-
teln. In der Vergangenheit wurde sie regelmäßig veröf-
fentlicht. Wenn dies nun nicht mehr ist, kann daraus nur
ein einziger Schluss gezogen werden: Sie haben keine
guten Werte und würden mit der Veröffentlichung dieser
Zahl Ihre eigene Fehlleistung dokumentieren. Um dieses
nicht tun zu müssen, wird diese wichtige Messlatte Ihres
Handelns einfach abgeschafft. Das kommt mir vor wie
das kleine Kind, das sich die Augen zuhält, in der Hoff-
nung, dass die Mutter es nicht sieht. Glauben Sie nicht,
dass die Bevölkerung darauf hineinfällt.
Ihr Versagen in diesem Punkte wird sich auch so he-
rumsprechen. Im Übrigen habe ich schon lange nieman-
den mehr davon reden hören, wie viele Arbeitsplätze
durch die Politik der Regierung geschaffen wurden. Das
haben Sie aber selbst zum Handlungsmaßstab gemacht
und deshalb müssen Sie es auch ganz konkret belegen.
Weil Sie gemerkt haben, dass Ihre Politik nicht wei-
terführt, übernehmen Sie immer stärker die Position der
Union. Das kritisiere ich nicht. Denn was ich für richtig
halte, ist richtig und bleibt richtig, und zwar ohne Rück-
sicht darauf, wer letztendlich die formelle Vorlage ein-
bringt. Die Urheberschaft der Union bleibt sowieso er-
halten. Der Weg, durch Senkung der Staatsquote und der
7592 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000
Steuern die Bedingungen für das Wirtschaften zu ver-
bessern und mehr Geld in die Taschen der Bürger zu
lassen, damit sie dieses in den Wirtschaftskreislauf zu-
rückgeben, ist richtig. So ist beispielsweise richtig, was
wir über die Körperschaften im Rahmen der Unterneh-
menssteuereform vorgeschlagen haben.
Es ist ja ganz schön, dass Sie zu der neuen Erkenntnis
kommen, doch Sie kommen viel zu spät dazu. Das Gan-
ze hätten wir in der vorherigen Wahlperiode haben kön-
nen, als der Deutsche Bundestag zweimal mit Kanzler-
mehrheit ein entsprechendes Konzept beschlossen hat.
Sie haben das, was Sie heute selber teilweise einbringen,
seinerzeit im Bundesrat blockiert. Damit tragen Sie die
Verantwortung dafür, dass die wirklich wirksamen
Maßnahmen immer noch nicht ins Werk gesetzt worden
sind und mit vierjähriger Verzögerung überhaupt erst in
Kraft treten können. Sie tragen die Verantwortung für
die Arbeitslosen, die dadurch schon längst hätten in
Lohn und Brot stehen können. Ihre Politik bewirkt bis-
weilen das Gegenteil. Die Ökosteuer führt zum massi-
ven Arbeitsplatzabbau, beispielsweise Transportgewer-
be. Aus der Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
bleibt es deshalb bei der Beschlussempfehlung des Fi-
nanzausschusses vom 30. Juni 1999 , Drucksache
14/1333; Ablehnung. Die Ziele werden alle nicht er-
reicht.
Nun kommen wir zu SPD. Es ist gut, dass wir uns im
Ergebnis einig sind und diesen Antrag gemeinsam ab-
lehnen wollen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang
Ihre Begründung aus der Sitzung des Finanzausschusses
recht interessant. Sie haben den Mund reichlich voll ge-
nommen und darauf verwiesen, dass Ihre „Reformen“
viel wirksamer für den Arbeitsmarkt sein würden.
Klaus Wolfgang Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Die Debatte über den ermäßigten Mehrwertsteu-
ersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen haben wir
schon mehrmals geführt. Die Argumente sind inzwi-
schen hinlänglich bekannt: Zunächst bestehen natürlich
Bedenken hinsichtlich der Durchführbarkeit; das ist an
vielen anschaulichen Beispielen ausgeführt worden.
Darüber hinaus frage ich mich, welche Branche man
denn hätte begünstigen sollen. Der Katalog, den die EU
vorgelegt hat, war ziemlich groß. Eine gerechte Ent-
scheidung hätte es hier kaum geben können. Von bünd-
nisgrüner Seite hätte man sich vielleicht für die Schuh-
macher und Fahrradreparaturwerkstätten entschieden,
weil sie die Fortbewegung ohne Auto fördern, aber Spaß
beiseite!
Auch kennt man das Beharrungsvermögen von sol-
chen Steuervergünstigungen. Selbst für den Fall, dass es
keine Beschäftigungseffekte gäbe, wäre es nur unter
großen Schwierigkeiten möglich, diese Vergünstigungen
zurückzunehmen. Schmerzhaftes Lehrgeld mussten wir
im Zuge des Steuerentlastungsgesetzes zahlen.
Viel gewichtiger erscheinen mir aber übergeordnete
Einwände zu sein: Sowohl der Antrag der PDS als auch
der Antrag der CDU/CSU zum gastgewerblichen Mehr-
wertsteuersatz weisen meiner Meinung nach in die fal-
sche Richtung. Sonderregelungen bei der Mehrwertsteu-
er bedeuten Steuerpolitik nach dem Muster „klein –
klein“. Die rot-grüne Steuerpolitik hat ebenso wie Sie,
verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Beschäftigungs-
politik im Blick. Wir haben uns aber nun auf einen wirk-
lich großen Wurf in der Steuerpolitik geeinigt; nur so
kommen wir aus der jahrelangen Talsohle im Arbeits-
markt heraus. Arbeitsintensive Betriebe werden im Zuge
der Ökosteuer durch die Senkung der Rentenbeiträge
deutlich entlastet. Realistische Modellrechnungen gehen
davon aus, dass im dritten Jahr der Ökosteuer, also im
nächsten Jahr, auf Grund der Preisverschiebung circa
100 000 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Vom Ge-
danken her ist dies ein sehr viel fundamentalerer Ansatz
als der, den Sie vorschlagen.
Sie wissen auch von dem massiven Steuerentlas-
tungsprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
SPD: Gerade die deutliche Steuersatzsenkung im Ein-
gangsbereich von 25,9 Prozent auf 15 Prozent und die
deutliche Anhebung des steuerfreien Existenzminimums
im Jahre 2005 werden zu dem führen, was Sie mit Ihren
beiden Einzelregelungen erreichen wollen. Die Beschäf-
tigungsbedingungen werden erheblich verbessert. Gera-
de für kleine und mittlere Einkommen – dies ist gerade
beim Gastgewerbe von Bedeutung – entsteht damit eine
längst überfällige Entlastung. Auch das von Ihnen er-
wähnte Ziel, der Schwarzarbeit den Kampf anzusagen,
wird man auf diese Weise sehr viel besser erreichen.
Zudem werden die kleinen Handwerksbetriebe, die
nach Meinung der PDS von der Maßnahme hätten profi-
tieren sollen, trefflich durch die Unternehmensteuerre-
form entlastet. Auch wenn es von Seiten der Union ger-
ne bestritten wird, hat die Reform eine deutliche Mit-
telstandskomponente: Zum einen besteht für Personen-
gesellschaften, die sich wie Kapitalgesellschaften be-
steuern lassen wollen, ein Optionsrecht. Wenn ein Un-
ternehmer, zum Beispiel ein Schuhmacher, dieses Wahl-
recht nicht für günstig hält, dann kann er pauschaliert
die Gewerbesteuer auf seine Einkommensteuerschuld
anrechnen. Und wenn das Unternehmen dafür zu klein
ist – Gewerbesteuer zahlt man erst, wenn der Gewinn
die 48 000 DM im Jahr überschreitet –, dann kommt es
zu einer deutlichen Entlastung durch die Senkung der
Einkommensteuertarife. Die Zahlen sprechen an dieser
Stelle für sich: Um 17,1 Milliarde DM sollen die mittel-
ständischen Unternehmen bis 2005 entlastet werden, die
privaten Haushalte sogar um 54,3 Milliarden DM.
Ich kann mir nun vorstellen, sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen von der PDS, dass Sie dieser Steuerentlas-
tung vorwerfen, sie sei nicht zielgenau und viel zu teuer.
Nehmen wir einmal an, Ihr Vorschlag hätte durchschla-
genden Erfolg, dann müsste die logische Schlussfolge-
rung eigentlich sein, die Regelung auf alle arbeitsinten-
siven Dienstleistungen auszuweiten. Im BMF beziffert
man die zu erwartenden Mindereinnahmen auf rund 38
Milliarden DM. Kein Pappenstiel, möchte ich meinen.
Wenn man tatsächlich ein solch deutliches Entlastungs-
paket schnürt, sollte es eine systematische Änderung
beinhalten. Das Herumdrehen am Mehrwertsteuersatz
entspricht dieser Anforderung leider nicht.
Allerdings weiß ich nicht, ob Sie sich der Petition an-
schließen, die wir auch im Finanzausschuss zur Kennt-
nis bekamen. Die Finanzausfälle könnten dann vermie-
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Januar 2000 7593
(A) (C) den werden, wenn der Mehrwertsteuersatz auf industriell
gefertigte Massenprodukte auf 25 Prozent angehoben
werden würde. Vielleicht ist das eine Idee für Ihre
nächst Initiative, denn mit der Mehrwertsteuer haben Sie
es ja.
Gisela Frick (F.D.P.): Auch nach der Entscheidung
aus Brüssel, für bestimmte arbeitsintensive Dienstleis-
tungen den ermäßigten Steuersatz zuzulassen, spricht
sich die F.D.P. gegen neue Sondertatbestände aus. Die
Gründe dafür sind im Wesentlichen alle bekannt:
1. Es ist zu bezweifeln, dass ein ermäßigter Mehrwerts-
teuersatz auf arbeitsintensive Dienstleistungen tat-
sächlich zu neuen Arbeitsplätzen und einer Reduzie-
rung der Schattenwirtschaft führt. Die Umsatzsteuer
ist nur ein Preisbestandteil unter vielen. Es kann von
staatlicher Seite nicht beeinflusst werden, ob der Un-
ternehmer den steuerlichen Vorteil an seine Kunden
weitergibt. Ein effektiveres Instrument zur Schaffung
von mehr Arbeitsplätzen ist neben der Senkung ho-
hen Lohnnebenkosten eine drastische Reduzierung
der Steuerbelastung.
2. Selbst bei Umsetzung der von Brüssel eingeräumten
Ausnahmen bleibt es bei Abgrenzungsschwierigkei-
ten. So müssten zum Beispiel Reparaturen an alten
Wohngebäuden umfassend definiert werden. En er-
heblicher Verwaltungsmehraufwand für die betroffe-
nen Handwerker und auch für die Finanzverwaltung
ist absehbar.
3. Seit langem eine umfassende Steuerreform gefordert,
die das Steuerrecht grundlegend vereinfacht. Neue
Ausnahmetatbestände widersprechen dem in eklatan-
ter Weise. Zudem gilt auch für die Umsatzsteuer, dass
eine schmale Bemessungsgrundlage und viele Aus-
nahmen den Steuersatz zwangsläufig hoch halten. Die
Ausnahmen aus Brüssel werden von vornherein als
Versuch bezeichnet. Die F.D.P. ist der Auffassung,
dass von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht
werden sollte. Wir verfolgen unser Ziel weiter: Im
Rahmen einer wirklichen Steuerreform muss die
Steuerbelastung gesenkt und das Steuerrecht grundle-
gend vereinfacht werden.
Reinhard Klimmt, Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
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