Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999 7111
(A) (C)
(B) (D)
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
3.12.99
Behrendt, Wolfgang SPD 3.12.99 *
Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 3.12.99
Bodewig, Kurt SPD 3.12.99
Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 3.12.99
Brunnhuber, Georg CDU/CSU 3.12.99
Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 3.12.99 **
Büttner (Schönebeck),
Hartmut
CDU/CSU 3.12.99
Bulling-Schröter,
Eva-Maria
PDS 3.12.99
Catenhusen, Wolf-Michael SPD 3.12.99
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
3.12.99
Formanski, Norbert SPD 3.12.99
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 3.12.99
Friedrich (Altenburg),
Peter
SPD 3.12.99
Fritz, Erich G. CDU/CSU 3.12.99
Fuchs (Köln), Anke SPD 3.12.99
Gebhardt, Fred PDS 3.12.99
Graf (Friesoythe), Günter SPD 3.12.99
Grill, Kurt-Dieter CDU/CSU 3.12.99
Gröhe, Hermann CDU/CSU 3.12.99
Großmann, Achim SPD 3.12.99
Günther (Plauen),
Joachim
F.D.P. 3.12.99
Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev
CDU/CSU 3.12.99
Hauser (Bonn), Norbert CDU/CSU 3.12.99
Hollerith, Josef CDU/CSU 3.12.99
Ibrügger, Lothar SPD 3.12.99
Jung (Düsseldorf), Volker SPD 3.12.99
Kampeter, Steffen CDU/CSU 3.12.99
Kemper, Hans-Peter SPD 3.12.99
Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 3.12.99
Lengsfeld, Vera CDU/CSU 3.12.99
Dr. Leonhard, Elke SPD 3.12.99
Leutheuser-Schnarren-
berger, Sabine
F.D.P. 3.12.99
Lintner, Eduard CDU/CSU 3.12.99 **
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Dr. Lippold (Offenbach),
Klaus W.
CDU/CSU 3.12.99
Maaß (Wilhelmshaven),
Erich
CDU/CSU 3.12.99 **
Neuhäuser, Rosel PDS 3.12.99
Neumann (Gotha),
Gerhard
SPD 3.12.99 **
Ohl, Eckhard SPD 3.12.99
Pau, Petra PDS 3.12.99
Dr. Penner, Willfried SPD 3.12.99
Pofalla, Ronald CDU/CSU 3.12.99
Ronsöhr, Heinrich-
Wilhelm
CDU/CSU 3.12.99
Rühe, Volker CDU/CSU 3.12.99
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 3.12.99
Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 3.12.99
Scharping, Rudolf SPD 3.12.99
Schmitz (Baesweiler),
Hans Peter
CDU/CSU 3.12.99 **
von Schmude, Michael CDU/CSU 3.12.99 **
Schösser, Fritz SPD 3.12.99
Dr. Schwall-Düren,
Angelica
SPD 3.12.99
Siebert, Bernd CDU/CSU 3.12.99 **
Simm, Erika SPD 3.12.99
Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 3.12.99
Störr-Ritter, Dorothea CDU/CSU 3.12.99
Stünker, Joachim SPD 3.12.99
Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 3.12.99
Uldall, Gunnar CDU/CSU 3.12.99
Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
3.12.99
Volquartz, Angelika CDU/CSU 3.12.99
Dr. Wieczorek, Norbert SPD 3.12.99
Wieczorek (Duisburg),
Helmut
SPD 3.12.99
Wieczorek-Zeul,
Heidemarie
SPD 3.12.99
Wiesehügel, Klaus SPD 3.12.99
Willner, Gert CDU/CSU 3.12.99
Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 3.12.99
Wolf (Frankfurt),
Margareta
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
3.12.99
Zierer, Benno CDU/CSU 3.12.99 **
—————
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarates
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
7112 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Dr. Gerd Müller (CDU/CSU)
zur Abstimmung über den Entschließungsan-
trag zu der Regierungserklärung des Bundes-
kanzlers zum bevorstehenden Europäischen Rat
in Helsinki am 10./11. Dezember 1999 (Tages-
ordnungspunkt 13)
Mein ablehnendes Stimmverhalten ist durch folgende
Gründe bestimmt:
Das weitere Voranschreiten des Europäischen Inte-
grationsprozesses darf nicht an den Bürgern und Parla-
menten vorbei erfolgen. Da sich der europäische Recht-
setzungsprozeß immer mehr innenpolitisch höchst rele-
vanten Kernfragen zuwendet, müssen die Mitwirkungs-
rechte der nationalen Parlamente und des Deutschen
Bundestages verstärkt werden. Den nationalen Parla-
menten müssen bei grundlegenden Richtungsentschei-
dungen im sekundärrechtlichen Rechtsetzungsprozeß
Mitwirkungs- und Kontrollrechte zuerkannt werden.
Die Erweiterung der Europäischen Union muß sich
an den auf dem Europäischen Rat in Kopenhagen ver-
einbarten politischen und wirtschaftlichen Kriterien aus-
richten. Es muß sichergestellt sein, daß in den Politikbe-
reichen, wo die Erweiterung nachhaltige wirtschaftliche
und soziale Folgen hat, etwa in der Landwirtschaft, auf
dem Arbeitsmarkt, im Dienstleistungssektor und bei den
sozialen Sicherungssystemen, ausreichend bemessene
Übergangsfristen auch im Sinne der Beitrittskandidaten
vereinbart werden.
Für die EU-Osterweiterung sollte auch der Weg einer
differenzierten Integration geprüft werden. Die Vollmit-
gliedschaft wird und kann nicht in jedem Fall das richti-
ge Angebot einer Zusammenarbeit der Europäischen
Union mit den Staaten Mittel- und Osteuropas sein.
Überprüft werden sollte auch ein Konzept, das auf eine
differenzierte Teilhabe der Mittel- und Osteuropäischen
Staaten am Binnenmarkt ohne eine volle Mitgliedschaft
in der EU hinausläuft. Die Osterweiterung ist auf der
Basis der Beschlüsse zur Agenda 2000, zur Finanz-
struktur, zur Reform der Agrarpolitik und zur Struktur-
reform nicht umsetzbar.
Gegenüber der Türkei muß es im Interesse der EU
und Deutschlands liegen, eine verstärkte wirtschaftliche
und politische Zusammenarbeit zu forcieren. Notwendig
ist dabei die Einlösung der Verpflichtungen aus den
Finanzprotokollen und ein weiterer Ausbau der Wirt-
schafts- und Handelsbeziehungen. Die Perspektive einer
EU-Vollmitgliedschaft ist nicht realistisch.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
zur
Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fort-
entwicklung der Altersteilzeit (Tagesordnungs-
punkt 15)
Renate Rennebach (SPD): Ausgangspunkt für die
Fortentwicklung der Altersteilzeit ist die gemeinsame
Erkenntnis von Arbeitgebern, Gewerkschaften und der
Bundesregierung, daß die Altersteilzeit ein sinnvolles
Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist. Im
„Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfä-
higkeit“ wurde Einigung darüber erzielt, daß die beste-
henden Regelungen den arbeitsmarktpolitischen Erfor-
dernissen nicht genügen und die Altersteilzeit angepaßt
werden muß.
Die Grundidee der Altersteilzeit beruht darauf, älteren
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen gleitenden
Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand zu er-
möglichen und die frei gewordenen Stellen neu zu be-
setzen.
An dieser Grundidee hält die Koalition fest. Aller-
dings führen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
wesentliche Verbesserungen ein, um die arbeitsmarkt-
politischen Effekte zielgruppenorientiert zu erhöhen.
Mit der Fortentwicklung der Altersteilzeitarbeit ver-
bindet sich die Zielsetzung, daß die Altersteilzeit stär-
ker in Anspruch genommen werden wird als bisher und
die Wiederbesetzungsquote von zuletzt 1:7 nachhaltig
verbessert werden kann. Dazu werden im wesentlichen
zwei Neuregelungen eingeführt, durch die erstens der
Personenkreis für den Zugang zur Altersteilzeitarbeit
erweitert und zweitens das Verfahren für die Wieder-
besetzung der frei gewordenen Stellen vereinfacht
wird.
Nach dem Gesetzentwurf der Koalition können auch
Teilzeitbeschäftigte in Altersteilzeit gehen. Sie müssen
wie bisher die Vollzeitbeschäftigten ihre Arbeitszeit
halbieren und trotz geringerer Stundenzahl versiche-
rungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung bleiben.
Wir reagieren damit auf die Entwicklungen auf dem Ar-
beitsmarkt und eröffnen den mittlerweile sechs Millio-
nen überwiegend weiblichen Teilzeitbeschäftigten über-
haupt die Möglichkeit, von den Regelungen der Al-
tersteilzeit zu profitieren. Das ist längst überfällig, denn
wir erreichen damit fast 20 Prozent der Beschäftigten in
Deutschland, für die der Zugang zur Altersteilzeit und
damit zum gleitenden Übergang in den Ruhestand ver-
sperrt war. Wir kommen damit den Interessen der vor-
wiegend teilzeitbeschäftigten Frauen nach und setzen
gleichzeitig effektive Anreize dafür, daß Altersteilzeit-
arbeit in höherem Maße genutzt wird als bisher.
Mit dem zweiten Kernpunkt unseres Gesetzentwurfs
beabsichtigen wir, die praktischen Probleme bei der
Umsetzung der bestehenden Altersteilzeitregelung auf-
zuheben. Wir sind uns mit den Sozialpartnern einig, daß
es zwingend notwendig ist, die Voraussetzungen für die
Wiederbesetzung der durch Altersteilzeit frei geworde-
nen Stellen zu verbessern. Weil erst mit der Wiederbe-
setzung die Förderung durch die Bundesanstalt für Ar-
beit eintritt, können beschäftigungspolitische Impulse
nur durch eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbe-
dingungen gesetzt werden. Darum wird die Neubeset-
zung nicht mehr an den zwingenden Nachweis einer
konkreten Umsetzungskette gebunden sein. Die Diffe-
renzierung zwischen kleinen und großen Betrieben soll
besonders den kleinen und mittleren Unternehmen bei
der Umsetzung helfen und dazu beitragen, den Umfang
der Altersteilzeit zu erhöhen.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999 7113
(A) (C)
(B) (D)
Die Neuregelungen sehen außerdem die Berücksich-
tigung von arbeitslosen Jugendlichen und Auszubilden-
den bei der Besetzung der frei gewordenen Stellen vor.
Damit schafft die Koalition die Voraussetzung dafür,
daß Auszubildende zukünftig übernommen werden kön-
nen und junge Arbeitslose neue Beschäftigungsmöglich-
keiten erhalten. Gemeinsam mit dem Jugendsofortpro-
gramm JUMP, das nach dem ersten erfolgreichen Jahr
auch 2000 auf gleichem Niveau weitergeführt werden
wird, eröffnet sich die Perspektive für Jugendliche, zu-
künftig einen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu er-
halten.
Die Koalition belegt mit der Fortentwicklung der Al-
tersteilzeit, daß sie sich zielgenau an den strukturellen
Ursachen der Arbeitslosigkeit orientiert und dafür die
einzelnen Bausteine der aktiven Arbeitsmarktpolitik
Schritt für Schritt zusammensetzt. Zusammen mit der er-
reichten Wiedereinführung des Schlechtwettergeldes
und den Verbesserungen in der Arbeitsförderung für
ältere Arbeitnehmer haben wir die Instrumente in den
ersten Schritten neu ausgerichtet und an die Bedingun-
gen der Arbeitslosigkeit angepaßt.
Um das Arbeitsförderungsrecht langfristig wirksamer
zu gestalten, wird die Koalition in naher Zukunft eine
grundlegende Reform der Arbeitsförderung vorlegen,
mit der wir die Voraussetzung für eine Verzahnung der
Arbeitsförderung mit der regionalen Strukturpolitik, für
den Ausbau der Frauenförderung und für präventive Ar-
beitsmarktpolitik schaffen.
Die Verantwortlichkeit für die Arbeitslosigkeit kann
letztlich jedoch nicht allein bei der Politik liegen. Ar-
beitgeber, die Subventionen oder Fördermittel abschöp-
fen und Privilegien in unserer Gesellschaft einfordern,
müssen auch Verantwortung für mehr Beschäftigung in
unserem Land übernehmen. Aber diese Verantwortung
kann nicht so aussehen, daß ein Arbeitgeberpräsident
alle vier Wochen weitere Verschlechterungen des Ar-
beitsrechts oder wie gestern zu hören war, der Präsident
des DIHT, Stihl, erneut die 40-Stunden-Woche einfor-
dert. Diese Forderungen werden auch durch Wiederho-
lungen nicht besser. Im Gegenteil: Neben den Verbesse-
rungen der arbeitsmarktpolitischen Instrumente wird
auch darüber zu reden sein, die Arbeitszeit der Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland zu ver-
kürzen, um dadurch Beschäftigung auf mehrere Schul-
tern zu verteilen.
Die Fortentwicklung der Altersteilzeit ist ein Projekt
der Vernunft. Es wird von Arbeitgebern wie Gewerk-
schaften gleichermaßen getragen und braucht nun die
Zustimmung des Bundestages.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Oppositi-
on, ich lade Sie sehr herzlich ein, den gesellschaftlichen
Konsens in dieser Frage auch im Abstimmungsergebnis
zum Ausdruck zu bringen und mit uns gemeinsam für
das Gesetz zu stimmen.
Vielen Dank.
Heinz Schemken (CDU/CSU): Mit dem Gesetz
schreibt Rotgrün eine Regelung fort, die in der Regie-
rungszeit von Helmut Kohl eingeführt wurde. Es ist eine
der wenigen Taten, die der Regierung Schröder im Jahr
1999 gelungen sind; es ist ja auch eine Nachfolgerege-
lung. Daß nunmehr stärker die mittelständische Wirt-
schaft, kleinere und mittlere Betriebe in ihren speziellen
Problemen der Personalgestaltung berücksichtigt wer-
den, ist die Folge dieser Fortschreibung.
In Deutschland gab es im Jahr 1998 schon 5,9 Millio-
nen Teilzeitbeschäftigte. Das waren 18,5 Prozent aller
Arbeitnehmer. Mit anderen Worten: Etwa jeder fünfte
abhängig Beschäftigte hat einen Teilzeitjob.
Am weitesten verbreitet ist diese Form der Arbeits-
gestaltung im Dienstleistungsbereich. So zum Beispiel
bei der Post, wo rund ein Drittel der Mitarbeiter Teil-
zeitkräfte sind.
Diese Fortentwicklung der Altersteilzeit trägt zu
einem Teil dem Rechnung, daß wir im Arbeitsmarkt
mehr Flexibilität brauchen, um auf die Herausforderun-
gen auf Mobilität und Technikabfolge am Arbeitsplatz,
der Rationalisierung und der Teilzeitarbeit und ihrer
Auswirkungen eine Antwort zu geben. Das Gesetz gibt
keine abschließende Antwort auf die Langzeitarbeits-
losigkeit, die gerade bei älteren Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern ein folgenschweres Schicksal bedeutet.
Es kann nur die gravierendsten Fälle des Übergangs in
den verdienten früheren Ruhestand regeln.
Es bleibt nun den Arbeitgebern und Arbeitnehmern
überlassen, wie sie mit der Regelung bei Stützung durch
die Arbeitslosenversicherung umgehen. Den jüngeren
Arbeitslosen bleibt dabei die Hoffnung und Chance auf
einen Arbeits- und Ausbildungsplatz.
Es ist ein Weg, aber sicher nicht der einzige, den wir
unter anderen gehen müssen, um den sozialen, wirt-
schaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüchen im Be-
reich der Arbeitswelt und der demographischen Ent-
wicklung Rechnung zu tragen.
Bei allem bleibt allerdings die vorrangige Aufgabe,
neue Arbeitsplätze zu schaffen, und hier hat die Regie-
rung von Rotgrün nach einem Jahr keine sichtbaren Er-
folge vorzuweisen. Dies schlägt erst recht so negativ in
der Gesellschaft draußen durch, weil der Kanzler nicht
nur im Wahlkampf, sondern auch darüber hinaus vorge-
geben hat, daß er sich an der Zahl der Arbeitslosen in
seiner Amtszeit messen lassen wird.
Das Gegenteil ist der Fall, und es rächen sich nach
und nach die vollmundigen Versprechungen nicht nur in
dieser Frage. Immer mehr läßt erst recht das Angebot an
Arbeitsplätzen nach, und die letzten Zahlen machen
deutlich, wie eine falsche Wirtschafts-, Steuer- und Ar-
beitsmarktpolitik die Arbeitslosen in eine fatale Lage
führt.
So werden wir auf diesem Hintergrund gerade gegen-
über den mittelständischen Betrieben diese Möglichkeit
einer flexiblen Handhabung weiter öffnen. Dies ist das
Positive, das uns die Zustimmung erleichtert.
Allerdings wird dieses Gesetz zwar zur Fortentwick-
lung der Altersteilzeit dienen, aber der Bundesregierung
nicht. Ihr Versagen auf der ganzen Linie in den Ele-
7114 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999
(A) (C)
(B) (D)
mentarbereichen der Wirtschaftspolitik, der Steuerge-
setzgebung und der Arbeitsmarktpolitik wiegt dies nicht
auf. Es kann doch nicht sein, daß es bei ständigen An-
kündigungen bleibt – und dies nach einem Jahr der Pan-
nen und Fehleinschätzungen mit folgenschwerer Wir-
kung für Handwerk, Handel, Wirtschaft und damit gera-
de für die Arbeitslosen. Es war für die Bürgerinnen und
Bürger draußen ein Jahr des politischen Stillstandes.
Es wäre jetzt an der Zeit, nicht nur fortzuschreiben,
sondern deutliche Signale für die Zukunft zu setzen und
damit zumindest ein wenig Vertrauen zu schaffen; denn
diejenigen, die uns Arbeitsplätze schaffen, sind Hand-
werker, Einzelhändler und Dienstleister. Sie brauchen
bessere Rahmenbedingungen und keine weiteren Mehr-
belastungen.
Sie brauchen die Spielräume, um den Wettbewerb zu
bestehen. Erst dann haben wir wieder Erfolge am Ar-
beitsmarkt, und darum geht es mir und meinen Kolle-
ginnen und Kollegen in der CDU/CSU-Fraktion.
Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Altersteilzeit stößt auf breite gesellschaftliche Ak-
zeptanz. Das liegt vor allen Dingen an zwei Aspekten:
erstens der Möglichkeit für ältere Arbeitnehmer, sich in
den letzten Arbeitsjahren vor ihrem Ruhestand durch
Arbeitszeitverkürzung Arbeitserleichterung zu verschaf-
fen, ohne dabei gleichzeitig unvertretbar hohe Einkom-
menseinbußen hinnehmen zu müssen. Das ist ein ausge-
sprochen soziales Angebot an die Betroffenen. Zwei-
tens. Gleichzeitig ist die Idee der Altersteilzeit verknüpft
mit der Aufgabe, neue Beschäftigungsmöglichkeiten für
nachrückende Arbeitskräfte zu eröffnen. Die Förderung
durch die Bundesanstalt für Arbeit, wenn zukünftige
Arbeitskräfte für Altersteilzeitbeschäftigte eingestellt
werden, ist beschäftigungspolitisch deshalb gesamt-
volkswirtschaftlich gesehen ausgesprochen positiv zu
bewerten.
Die zurückliegende Erfahrung in der Praxis der
Altersteilzeit aber hat Mängel aufgewiesen, zu denen
das „Bündnis für Arbeit“ Lösungsvorschläge unterbrei-
tet hat, über die wir hier heute abstimmen.
Zum einen soll die Möglichkeit für Altersteilzeit auch
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eröffnet wer-
den, die zuvor schon in Teilzeit beschäftigt sind. Dies ist
insbesondere unter frauenpolitischen Aspekten ausge-
sprochen sinnvoll. Gerade auch die Lockerung der Wie-
derbesetzungskette für kleinere und mittlere Betriebe er-
folgt mit der Intention, daß dort die Möglichkeiten zur
Anwendung der Altersteilzeit verbessert werden. Wie
weit dieses tatsächlich in der Praxis erreicht werden
wird, wird die Zukunft zeigen. Zusammengenommen
würden beide Änderungsvorschläge dazu führen, daß die
Praxis der Altersteilzeit in der Zukunft besser ange-
nommen wird.
Die Diskussion um die Altersteilzeit ist im „Bündnis
für Arbeit“ aufgenommen worden, und sie ist noch nicht
abgeschlossen. Hier ist die erste Etappe erreicht. Wie die
öffentliche Debatte im Vorfeld der nächsten Sitzung des
„Bündnisses für Arbeit“ im Dezember dieses Jahres
zeigt, wird die weitere Unterstützung der Altersteilzeit
durchaus als Alternative zum von den Gewerkschaften
unterbreiteten Vorschlag zur Rente mit 60 gesehen.
Für meine Fraktion kann ich an dieser Stelle sagen,
daß wir Tariffondsmodelle zur Unterstützung von
Altersteilzeit, von Teilzeit für alle Jahrgänge oder auch
von Modellen des Job-sharings unter beschäftigungspo-
litischen und unter sozialpolitischen Gesichtspunkten für
weitaus fruchtbarer und sinnvoller halten als die Mo-
delle zur Rente mit 60.
Die verschiedenen Formen von Teilzeit – Teilzeit,
Jobrotation, Job-sharing und die Entwicklung von
Lebensarbeitszeitkonten – sind moderne Antworten
einer Arbeitsmarktpolitik der Integration.
Die Altersteilzeit ist ein Element einer solchen Poli-
tik, jedenfalls dann, wenn sie nicht zur Blockbildung,
sondern zur echten Altersteilzeit genutzt wird.
Wir verändern hier die gültige Altersteilzeitregelung,
aber ich denke, damit sind wir auf dem Weg der Weiter-
entwicklung zur Regelung der Altersteilzeit noch nicht
am Ende angelangt. Die Altersteilzeit kann auch in Zu-
kunft flott gemacht werden für ein Modell für die befri-
stete Förderung von Teilzeit in allen Altersgruppen.
Die jetzt gültige Altersteilzeitregelung bietet prakti-
sche Anknüpfungspunkte für eine Teilzeitförderung
durch die Aufstockung des Arbeitsentgeltes auf 70 Pro-
zent und der Rentenbeträge auf 90 Prozent.
Für die Zukunft ist zu diskutieren, ob die Streichung
der bestehenden Altersgrenze von 55 Jahren aus be-
schäftigungspolitischer Perspektive nicht einen sinnvol-
len Weg eröffnen würde. Die Altersteilzeit könnte für
Beschäftigte mit ausreichender Vorbeschäftigungszeit in
eine bis zu fünfjährige Lebensphasen-Teilzeit weiter-
entwickelt werden. Die Ausgleichszahlungen sollten
dann durch die Bundesanstalt für Arbeit den Arbeitge-
bern erstattet werden, wenn für die Dauer der Teilzeit
eine Wiederbesetzung durch einen Arbeitslosen oder
Auszubildenden nachgewiesen werden kann.
Wir stellen dies hier für eine zukünftige Debatte zur
Diskussion, auch im „Bündnis für Arbeit“, mit einem
befristeten Programm der Begünstigung von Lebenspha-
senteilzeit, damit die Teilzeitbarrieren gerade in kleinen
und mittleren Unternehmen durchbrochen werden kön-
nen.
Eine Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln wäre
durch die obligatorische Wiederbesetzung mit einem
hohen Refinanzierungsgrad verbunden und gerechtfer-
tigt. Zugleich würde der Gedanke einer solidarischen
Arbeitsumverteilung gestärkt, denn dieses geförderte 50-
Prozent-Sabbatical betont die Integration von Erwerbs-
losen und nicht die Ausgliederung von älteren Arbeit-
nehmern.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Han-
delstages, Hans-Peter Stihl, fordert im Moment die
Rückkehr zur 40-Stunden-Woche und behauptet, dies
habe positive arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische
Effekte. Die vergangenen 20 Jahre in der Bundesrepu-
blik Deutschland haben gezeigt, daß die schrittweise
Verkürzung der Arbeitszeit ein ganz zentrales Element
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999 7115
(A) (C)
(B) (D)
war, um die Arbeitslosigkeit nicht noch weiter in die
Höhe schnellen zu lassen.
Deshalb sind intelligente Modelle der Arbeitszeitver-
kürzung und der Arbeitsumverteilung, wie sie etwa in
dem Ansatz zur Altersteilzeit enthalten sind, die richti-
gen Anknüpfungspunkte für die Fortentwicklung ar-
beitsmarktpolitisch wirksamer Vorschläge im „Bündnis
für Arbeit“.
Dr. Irmgard Schwaetzer (F.D.P.): Die Änderungen
im Altersteilzeitgesetz, die wir hier heute in zweiter und
dritter Lesung beraten, sind ein gutes Beispiel dafür, daß
Konsensrunden nicht immer das beste Forum sind, um
sinnvolle Ergebnisse zu erarbeiten. Die Verhandler im
sogenannten „Bündnis für Arbeit“ haben sich darauf
verständigt, das Altersteilzeitgesetz zu erweitern. We-
sentliche Änderungen sind, daß auch Teilzeitbeschäf-
tigte einbezogen werden, daß auch die Übernahme von
Auszubildenden die Voraussetzungen des Altersteilzeit-
gesetzes erfüllt, und vor allem entfällt künftig der
Nachweis einer unmittelbaren Nachbesetzungskette zwi-
schen Altersteilzeiter und Wiederbesetzer.
Es verwundert überhaupt nicht, daß die Bundesregie-
rung diese Korrekturen im Altersteilzeitgesetz zu einem
großen Erfolg hochstilisiert. Dieser Gesetzentwurf ist
eines der ganz wenigen Ergebnisse, das sie aus der Ver-
anstaltung „Bündnis für Arbeit“ überhaupt präsentieren
kann. Kurz gesagt: Seit einem Jahr tagen die Spitzen
von Regierung, Arbeitgeberverbänden und Gewerk-
schaften mit dem großen Ziel, die Arbeitslosigkeit in
Deutschland zu bekämpfen, und präsentieren nicht mehr
als einen zweieinhalbseitigen Gesetzentwurf. Hiermit
werden Sie die Arbeitslosigkeit nicht nachhaltig ein-
dämmen. Vielmehr verfeinern Sie ein Instrument, mit
dem die Großkonzerne in der Vergangenheit ihre Um-
strukturierung zu Lasten von Beitrags- und Steuerzah-
lern finanziert haben. Das ist nicht nur mager. Das ist
geradezu ein Witz angesichts von vier Millionen Ar-
beitslosen, die von diesem Bündnis echte Impulse für
den Arbeitsmarkt erwarten und nicht nur Korrekturen
auf Nebenkriegsschauplätzen.
Das Bündnis ist nicht mehr und nicht weniger als eine
pompöse Medienveranstaltung unseres Medienkanzlers,
das bisher keinem einzigen Arbeitslosen einen Job ge-
bracht hat. Die Meßlatte für den Erfolg dieser Regierung
und dieses Kanzlers ist nach ihren eigenen Worten der
Abbau der Arbeitslosigkeit. Nach einem Jahr Rotgrün
stelle ich fest: Die strukturelle Arbeitslosigkeit hat unter
Ihrer Führung zugenommen. Die Perspektiven sind dü-
ster. Nicht ein einziger Impuls für den Arbeitsmarkt ist
erkennbar, wenn wir von der demographischen Ent-
wicklung einmal absehen. Aber hierfür kann nicht ein-
mal die Regierung etwas.
Im übrigen: Ob das Ganze so kostenneutral ist, wie
Sie es in der Gesetzesbegründung behaupten, ist letztlich
auch noch nicht ganz klar. Wenn nicht, haben Sie sich in
Ihrer Konsensrunde auch noch in Form eines Vertrages
zu Lasten Dritter auf Kosten des Beitrags- bzw. Steuer-
zahlers geeinigt.
Sowenig die Altersteilzeit dem Arbeitsmarkt insge-
samt gebracht hat, sowenig werden die von Ihnen vor-
genommenen Verschlimmbesserungen den Arbeitslosen
bringen. Ich möchte daran erinnern, daß die Altersteil-
zeit den Vorruhestand über die vorgezogene Altersrente
ab 60 wegen Arbeitslosigkeit abgelöst hat. Schon diese
Rente ab 60 wegen Arbeitslosigkeit ist von den Arbeit-
gebern unter Duldung der Gewerkschaften ausschließ-
lich dazu mißbraucht worden, die Strukturen in den Un-
ternehmen zu verschlanken und sich zu reorganisieren –
zu immensen Kosten, die auf den Beitrags- und Steuer-
zahler abgewälzt wurden.
Mit dem Altersteilzeitgesetz ist das nicht viel anders
geworden. Auch diese ist vor allem von den Großunter-
nehmen genutzt worden, um sich zu verschlanken. Die
Einstellung neuer Arbeitskräfte stand dabei nie im Vor-
dergrund. Mit der jetzt vorgenommenen Änderung ver-
schlimmern Sie diesen Zustand. Die Handhabung des
Altersteilzeitgesetzes ist eh kompliziert und fast nur von
Großunternehmen mit eigener Personalabteilung hand-
habbar. Dies dürfte erst recht bei Altersteilzeit für Teil-
zeitkräfte gelten. Kleine und mittlere Unternehmen kön-
nen gar nicht daran denken, so etwas bei sich einzufüh-
ren.
Des weiteren wird mit dem Gesetzentwurf auf die
konsequente Wiederbesetzung eines über Altersteilzeit
freigewordenen Arbeitsplatzes zwar nicht verzichtet, die
Kriterien der Wiederbesetzung werden jedoch deutlich
aufgeweicht. Ich prophezeie Ihnen, daß Sie Mitnahme-
effekte im großen Stil damit lostreten. Ihr Bundeswirt-
schaftsminister hat einmal gesagt, nach seinen persön-
lichen Berufserfahrungen komme auf sieben wegen
Alters freigesetzter Arbeitnehmer eine Neueinstellung.
Ich weiß nicht, ob diese Größenordnung realistisch ist.
Sicher ist nur, daß Sie mit dem vorliegenden Gesetzent-
wurf zum Abbau der Arbeitslosigkeit mit Sicherheit we-
nig bis nichts beitragen. Für die Liberalen sehe ich daher
keinen Grund, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Monika Balt (PDS): Wir begrüßen es, wenn dreiein-
halb Jahre nach Inkrafttreten des Altersteilzeitgesetzes
seine arbeitsmarktpolitischen Wirkungen analysiert und
Schlußfolgerungen in Form der uns heute vorliegenden
Novelle gezogen werden.
Es hat sich gezeigt, daß die Erwartungen der
CDU/CSU-geführten Bundesregierung in eine spürbare
Entlastung des Arbeitsmarktes und in die Schaffung
neuer Arbeitsplätze nicht eingetreten sind. Deshalb un-
terstützen wir das Bestreben der jetzigen Bundesregie-
rung, Wege zu suchen, um das Altersteilzeitgesetz in der
Praxis wirksamer greifen zu lassen. Die Einbeziehung
von fortan auch Teilzeitbeschäftigten in die Altersteil-
zeitregelungen entspricht den Forderungen der PDS
nach selbstbestimmten und flexiblen Übergängen aus
dem beruflichen in das nachberufliche Leben. Das be-
trifft immerhin knapp 6 Millionen Teilzeitbeschäftigte
oder – mit anderen Worten – jeden fünften in Deutsch-
land abhängig Beschäftigten. Am stärksten könnte die
Neuregelung im Dienstleistungsbereich greifen, so zum
Beispiel bei der Post, wo rund ein Drittel der Mitarbeiter
Teilzeitkräfte sind. Die Einbeziehung von Teilzeitar-
7116 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999
(A) (C)
(B) (D)
beitnehmern wirkt sich besonders auf Frauen positiv
aus. Sie ermöglicht es, Rentenansprüche zu erhöhen,
und das ist allemal besser, als aus Arbeitslosigkeit in
Rente zu gehen.
Bei der Beschäftigtengruppe aus Teilzeit ist aber ein
großes Problem nicht zu übersehen. Die Halbierung der
bisherigen Teilzeitarbeit ginge bis zur Versicherungs-
pflichtgrenze von 15 Wochenstunden Beschäftigung.
Das daraus resultierende Nettoarbeitsentgelt ist bei ei-
nem durchschnittlichen Monatsbrutto – Vollbeschäfti-
gung und gesamtdeutsch – von 4 180 DM im Jahre 1998
doch arg wenig. Es könnten Einkommenssituationen
entstehen, die äußerst prekär wären. Und da entsteht
doch die Frage: Hat die Novellierung den gewünschten
Effekt, oder verzichten Teilzeitkräfte genau aus diesem
Grund auf Altersteilzeit? Aus unserer Sicht wäre es
sinnvoller gewesen, die Regelungen so zu treffen, daß
Altersteilzeit mindestens die Hälfte der regelmäßigen ta-
riflichen Arbeitszeit betragen würde.
Die Regelungen zur Altersteilzeit sollen tariflich oder
über Betriebsvereinbarungen erfolgen. Das ist in Ord-
nung, schafft die Novelle Erleichterungen für die Ge-
staltung von Tarifverträgen, da sie einvernehmlich sein
müssen. Aber völlig unverständlich ist für uns, daß das
Entgelt bei Altersteilzeit um 20 Prozent, mindestens je-
doch auf 70 Prozent des letzten Nettoentgeltes, aufge-
stockt werden soll. Da viele Tarifverträge 85 Prozent
vorsehen, wäre dieser Prozentsatz auch für die gesetzli-
che Rahmenregelung sinnvoll. Außerdem wäre das ein
größerer Ansatz zur Inanspruchnahme von Altersteilzeit.
Im übrigen wäre es angemessen, das Altersteilzeitbegeh-
ren als individuellen Rechtsanspruch zu regeln, auch
dann, wenn kein Tarifvertrag vorliegt.
Wir begrüßen die geplanten Erleichterungen bei der
Wiederbesetzung von Altersteilzeitstellen. Bislang mußte
ja in Unternehmen bis zu 50 Beschäftigten grundsätzlich
der freigemachte Arbeitsplatz wiederbesetzt werden; bei
Unternehmen über 50 Beschäftigten war der Nachweis
der Umsatzkette im Unternehmen zwingend erforder-
lich, wenn man die Fördergelder des Arbeitsamtes er-
halten wollte. Jetzt soll es ja so werden, daß in Unter-
nehmen bis zu 50 Arbeitnehmern eine beliebige Stelle
wiederbesetzt werden soll. In Unternehmen mit mehr als
50 Beschäftigten soll die Regelung so greifen, daß För-
derleistungen bereits dann gezahlt werden, wenn für ei-
nen in Altersteilzeit gehenden Mitarbeiter ein anderer
Mitarbeiter in seinen Aufgabenbereich nachrückt und
der Wiederbesetzer ein Arbeitsloser oder ein Arbeit-
nehmer ist, der nach der Ausbildung in demselben
Funktionsbereich übernommen wird. Das entspricht
durchaus den Bedürfnissen der Unternehmen nach fle-
xibler innerbetrieblicher Gestaltung von Struktur- und
Funktionsbereichen entsprechend dem technologischen
Fortschritt.
Sehr sinnvoll erscheint uns – angesichts der nach wie
vor bestehenden Ausbildungsmisere –, daß eine Förde-
rung auch dann erfolgt, wenn für einen in Altersteilzeit
Gehenden ein Azubi eingestellt wird. Einmal abgesehen
davon, daß in Großunternehmen und Konzernen – und
nur diese können die Altersteilzeit in größerem Umfange
realisieren – die Ausbildung in Größenordnungen durch
das Arbeitsamt finanziert wird, sehen wir noch eine
weitere Gefahr: Es gibt für die Auszubildenden keine
Weiterbeschäftigungsgarantie, die man doch für minde-
stens ein Jahr hätte gesetzlich regeln können, damit für
die Betroffenen Ansprüche aus der Arbeitslosenver-
sicherung erwachsen würden.
Neben weiteren Unzulänglichkeiten des uns vorlie-
genden Gesetzentwurfes, wie das Fehlen der Präferenz
des „Blockmodells“, das fast 100 Prozent der Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer favorisieren und das
man mit 1 oder 2 Prozent Erhöhung des Altersteilzeit-
entgeltes durch die BfA hätte anreizen können, die feh-
lende Harmonisierung von Altersteilzeitgesetz und Steu-
errecht, die unzureichende Regelung der sozialen Siche-
rung bei Arbeitsunfähigkeit, die fehlende Regelung zur
Insolvenzsicherung, um bereits erworbene Ansprüche
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzlich ab-
zusichern, und anderes, lassen Sie mich zum Schluß sa-
gen: Wenngleich der Gesetzesentwurf nicht das Gelbe
vom Ei ist, so weist er doch in die richtige Richtung.
Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU): Nach einem
Jahr Rotgrün in Deutschland steht die Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit nach wie vor als das zentrale Thema auf
der Tagesordnung der Politik. Eine wesentliche Entla-
stung hat es im ersten Jahr Rotgrün nicht gegeben. Ganz
im Gegenteil: vergleicht man das letzte Jahr der Regie-
rung Kohl mit dem ersten Jahr Schröder, dann sind die
rotgrünen Ergebnisse negativ. Von Oktober 1997 bis
Oktober 1998 ist die Arbeitslosigkeit unter Helmut Kohl
um 400 000 zurückgegangen, von Oktober 1998 bis
Oktober 1999 hat es Schröder auf lediglich 8 000 Ar-
beitslose weniger gebracht. Das entspricht absolut nicht
den Erwartungen, die Schröder als Kandidat im Wahl-
kampf erweckt hat.
Und auch die Aussichten für die kommenden Jahre
sind nicht rosiger. Für die nächsten Jahre sind jährlich
zwar ca. 200 000 Arbeitslose weniger prognostiziert.
Aber dieser Rückgang der Arbeitslosigkeit geht ledig-
lich auf die demographischen Entwicklungen zurück. Es
scheiden jährlich 200 000 ältere Arbeitnehmer mehr aus
dem Arbeitsleben aus, als junge Arbeitnehmer in den
Arbeitsmarkt nachfolgen.
Vor diesem Hintergrund sind alle gesetzlichen Maß-
nahmen und Instrumente daraufhin zu überprüfen, wel-
chen Beitrag sie zur Entlastung des Arbeitsmarktes und
zum Aufbau neuer Arbeitsplätze leisten. Es ist bei jeder
Maßnahme zu fragen: Ist dies ein wirksamer Baustein
zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit?
Das jetzt von der Regierungskoalition vorgelegte Ge-
setz zur Fortentwicklung der Altersteilzeit ist ein solcher
Baustein. Zwar entstehen durch das Gesetz keine neuen
Arbeitsplätze, es trägt aber zur Entlastung des Arbeits-
marktes bei. Angesichts der nach wie vor hohen
Arbeitslosigkeit stimmt die CDU/CSU-Fraktion dem
Gesetz zur Fortentwicklung der Altersteilzeit zu.
Erstens. Blüms Modell der Altersteilzeit bleibt die
Basis. Der Gesetzentwurf der jetzigen Regierungskoali-
tion entwickelt fort, was die Regierung Kohl 1996 ein-
geführt hat. Altersteilzeit hat zur Idee, das Ausscheiden
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999 7117
(A) (C)
(B) (D)
aus dem Arbeitsleben für ältere Menschen gleitend zu
gestalten und gleichzeitig den Eintritt junger Menschen
in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Es ist ein Instru-
ment, bei dem die Tarifparteien im Rahmen gesetzlicher
Vorgaben diesen Prozeß organisieren und öffentlich ge-
fördert werden. Schon 1998 ist die Altersteilzeit unter
der Regierung Kohl erweitert und fortentwickelt wor-
den.
Zweitens. Die Altersteilzeit war und bleibt die Ant-
wort die Politik auf die viel zu kostspieligen Frühver-
rentungsvarianten der Vergangenheit. Die Frühverren-
tungsmöglichkeiten waren als Ausnahme gedacht, An-
fang der neunziger Jahre haben sie sich zu einem perso-
nalpolitischen Instrument der Großbetriebe entwickelt.
Ältere Arbeitnehmer sind auf Kosten der Beitragszahler,
insbesondere des Mittelstandes, in die Frührente ge-
schickt worden. 1991 gab es 54 000 Frührentner, 1995
waren es schon 300 000. Auf die Rentenkasse hatte die-
ses Instrument milliardenschwere Auswirkungen. Wir
haben damals die Frühverrentung gestoppt und das Mo-
dell der Altersteilzeit an seine Stelle gesetzt.
Drittens. Ebenso wie die grundlegende Entscheidung
für das Modell der Altersteilzeit von 1996 ist auch die
jetzt vorzunehmende Fortentwicklung zwischen den Ta-
rifpartnern und der Politik im Bündnis für Arbeit vorbe-
reitet worden. Damit sind die Regelungen des Gesetzes
konsequent auf die Umsetzung in der Praxis orientiert.
Viertens. Die Altersteilzeit ist die bessere Alternative
zur derzeit diskutierten Rente mit 60. Diese ist nicht fi-
nanzierbar, denn sie könnte eine Belastung von 60 bis
70 Milliarden DM umfassen. Allein für die Vorfinanzie-
rung der Frührenten würden die Kosten für die Renten-
versicherung rund 7 Milliarden DM betragen. Dage-
gen liegen die Kosten für Altersteilzeit bei rund
290 Millionen DM (Haushaltsansatz für 1999).
Fünftens. Die bisherigen Erfahrungen mit der Al-
tersteilzeit sind positiv. Das Modell der Altersteilzeit
wird von den Tarifparteien gut angenommen. Das bele-
gen ca. 330 Tarifverträge, die mittlerweile den gleiten-
den Ausstieg aus dem Arbeitsleben regeln. Dies belegen
auch die Zahlen: rund 20 000 Arbeitnehmer in geför-
derter Altersteilzeit, weitere rund 35 000 gestellte För-
deranträge (Stichtag September 1999).
Sechstens. Geförderte Altersteilzeit ist die Variante
des vorzeitigen Renteneintritts eines älteren Arbeitneh-
mers, bei der am meisten sichergestellt ist, daß dafür ein
junger Mensch einen Arbeitsplatz bekommt. Sie kommt
der 1:1-Regelung am nächsten.
Siebtens. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der
Altersteilzeit wird dieses Instrument weiter flexibilisiert
und mittelstandsfreundlicher gestaltet. So sollen z.B.
künftig auch Teilzeitkräfte in Altersteilzeitarbeit wech-
seln können. Bei der Wiederbesetzung freigewordener
Stellen sollen insbesondere für Unternehmen mit bis zu
50 Beschäftigten Erleichterungen erfolgen, z.B. dadurch,
daß die freigewordene Stelle nicht nur durch arbeitslose
Arbeitnehmer, sondern auch durch Auszubildende nach
Abschluß ihrer Ausbildung wiederbesetzt werden kann.
Bei all den Argumenten, die für die Fortentwicklung
der Altersteilzeit sprechen, muß uns klar sein: Dieses
Instrument schafft keine neuen Arbeitsplätze. Es kann
nicht als Ersatz für weiterhin notwendige Anstrengun-
gen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze gelten.
Lassen sie mich, trotz unserer Zustimmung, auch
einige kritische Fragen ansprechen, die wir bei der wei-
teren Umsetzung der Altersteilzeit im Blick behalten
müssen.
Erstens. Wir müssen die Kostenentwicklung genau
beobachten. Zwar sind die Altersteilzeitmodelle über-
haupt nicht vergleichbar mit der teuren Frühverrentung
und der Rente mit 60, aber dennoch stiegen die Ausga-
ben der Bundesanstalt für Arbeit an: von ca. 20 Millio-
nen DM im Jahr 1997 auf 96 Millionen DM im Jahre
1998. Im Jahresverlauf 1999 betrugen sie bis Oktober
bereits rund 165 Millionen.
Zweitens. Altersteilzeit in Form des sogenannten
Blockzeitmodells muß in den kommenden Jahren be-
sonders kritisch begleitet werden. Das Blockzeitmodell
stellt am ehesten eine Variante der Frühverrentung dar.
Sie ist daher am weitesten von der Idee eines gleitenden
Übergangs in die Rente entfernt. Hinzu kommt, daß das
Modell in der Tendenz steigend ist. Hier gilt es, mittel-
fristig den Aspekt des gleitenden Ausscheidens aus dem
Arbeitsleben zu verstärken.
Drittens. Insbesondere muß unser Augenmerk der öf-
fentlich nicht geförderten Altersteilzeit gelten. Auch das
BMA bestätigt die bisherige Beobachtung, daß das AtG
vielfach genutzt wird, um auch ohne Wiederbesetzung
und damit ohne Förderung durch die Bundesanstalt für
Arbeit den Personalbestand in den Betrieben sozialver-
träglich zu reduzieren.
Das Prinzip 1 zu 1 – ein älterer Arbeitnehmer schei-
det aus, ein Arbeitsloser steigt ein – wird in diesen Fäl-
len umgangen.
Viertens. Ob die jetzt geschaffenen Neuregelungen
wirklich zu einer mittelstandsfreundlichen Gestaltung
der Altersteilzeit führen, bleibt abzuwarten. Auf unsere
Anregung hin ist beabsichtigt, im Ausschuß für Arbeit
und Sozialordnung einen Bericht nach einem Jahr vor-
zulegen.
Fünftens. Langfristig müssen wir der demographi-
schen Entwicklung Rechnung tragen. Die Daten sagen
uns, daß wir zukünftig immer mehr ältere und immer
weniger jüngere Arbeitnehmer haben werden. Je mehr
berufserfahrene Ältere wir ausscheiden lassen, desto
mehr Probleme werden wir zu einem gewissen Zeit-
punkt bekommen, weil wir nicht mehr genügend Men-
schen mit Erfahrung im Berufsleben haben. Deshalb
kann es mittelfristig nicht darum gehen, immer mehr
Brücken und immer breitere Wege in die Rente zu
schaffen. Wir müssen vielmehr Konzepte entwickeln,
wie wir ältere Arbeitnehmer stärker in den Arbeitspro-
zeß einbinden können. Hierzu kann auch Altersteilzeit
einen Beitrag leisten, wenn sie stärker zu einem Modell
gleichzeitiger Teilzeitarbeit und Teilzeitrente ausgebaut
wird.
7118 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999
(A) (C)
(B) (D)
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Arbeit: Heute ist ein erfreulicher Tag: für den
Arbeitsmarkt und für die Sozialpolitik, für ältere und für
jüngere Arbeitnehmer. Denn heute nehmen wir die letzte
Hürde, um das Altersteilzeitgesetz zu reformieren. Da-
bei freue ich mich ganz besonders darüber, daß die Neu-
regelung von einer breiten Zustimmung im Deutschen
Bundestag getragen wird. Der zuständige Ausschuß hat
vorgestern mit überwältigender Mehrheit der Neurege-
lung zugestimmt. Eine breite Zustimmung zeichnet sich
ebenfalls im Bundesrat ab. Dort hat der Ausschuß für
Arbeit und Sozialpolitik den Entwurf gestern im Vor-
griff behandelt. Alle 16 Bundesländer haben sich dabei
für diese Neuregelung ausgesprochen. Es ist ein positi-
ves Zeichen, daß hier im Bundestag fast die gesamte
Opposition mit uns gemeinsam den Weg freimachen
will, damit mehr ältere Beschäftigte Altersteilzeit in An-
spruch nehmen können und damit mehr jüngere Men-
schen die Chance für einen neuen Arbeitsplatz bekom-
men.
Die erfreuliche breite Zustimmung hier im Parla-
ment spiegelt auch den Konsens der relevanten gesell-
schaftlichen Gruppen wieder, die sich im Bündnis für
Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit auf die
Neuregelungen bei der Altersteilzeit geeinigt haben.
Was wir hier heute parlamentarisch umsetzen, wird
von den Bündnispartnern gemeinsam getragen. Das ist
ein sehr erfreuliches Ergebnis unserer Bemühungen im
Bündnis. Ich erinnere daran: Die Vertreter der Wirt-
schaft haben im Bündnis verbindlich zugesagt, in die-
sem Jahr für eine ausreichende Zahl von Lehrstellen zu
sorgen. Ein ebenso wichtiger Erfolg des Bündnisses ist,
daß sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften unser
Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit unter-
stützen. Diese Ergebnisse zeigen, daß unser Ansatz
richtig ist, im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und
Wettbewerbsfähigkeit gemeinsam mit Vertretern der
Arbeitgeber und der Gewerkschaften nach Lösungsan-
sätzen im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit zu
suchen.
Das Bündnis funktioniert und arbeitet erfolgreich.
Wenn wir heute die Änderung des Altersteilzeitgesetzes
verabschieden, dann ist das ein guter und sichtbarer Be-
weis dafür – und sicher auch ein gutes Omen für die
weitere Arbeit im Bündnis. Die im Bündnis verabrede-
ten Verbesserungen zur Altersteilzeit hat die Bundesre-
gierung schnell auf den Weg gebracht. Bereits am 1.
September hatte das Kabinett die Eckpunkte beschlos-
sen, durch die das Altersteilzeitgesetz flexibler, prakti-
kabler und attraktiver werden kann.
Am Ende der Neuregelung der Altersteilzeit steht ein
großes Ziel: Künftig sollen mehr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer, aber auch mehr Unternehmen Al-
tersteilzeit nutzen können. Die Altersteilzeit ist bis heute
in über 325 Tarifverträgen verankert. In ihren Geltungs-
bereich fallen fast 13 Millionen Beschäftigte. Aber es
gibt Hinweise auf Umsetzungsprobleme. Das neue Ge-
setz verbessert und vereinfacht, gibt mehr Planungssi-
cherheit und sorgt für weniger Verwaltungsaufwand.
Wir erweitern den Kreis derer, die früher aus dem Er-
werbsleben ausscheiden können, und schaffen gleich-
zeitig einen zusätzlichen Anreiz, neue Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter einzustellen. Damit haben wir die Vor-
aussetzungen dafür geschaffen, daß die Altersteilzeit
wirklich angenommen wird.
Altersteilzeit hat die früher übliche Frühverrentungs-
praxis zu Lasten der Sozialversicherung abgelöst. Ge-
meinsames Ziel von Bundesregierung, Sozialpartnern
und Parlament war es, einen gleitenden Übergang vom
Arbeitsleben in den Ruhestand zu ermöglichen und dies
zu fördern, wenn die freigewordene Stelle mit einem
Arbeitslosen wiederbesetzt wird.
Dieser Gedanke war und ist richtig. Bei den Gesprä-
chen im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbe-
werbsfähigkeit ist jedoch eines deutlich geworden:
Nach Ansicht der Praktiker verhindern bestehende
rechtliche Regelungen, daß Altersteilzeit stärker in An-
spruch genommen wird. Es galt also, die Altersteilzeit
so weiterzuentwickeln, daß sie besser genutzt werden
kann. Dabei bleibt die Voraussetzung zwingend, daß
die sozialen Sicherungssysteme finanziell nicht über-
fordert werden. Vor allem dürfen wir den eigentlichen
Förderungszweck der Altersteilzeit nicht in Frage stel-
len, nämlich die Öffnung von Beschäftigungsperspek-
tiven für sonst arbeitslose Arbeitnehmer. Bundesregie-
rung und Sozialpartner waren sich deshalb einig, daß
eine Förderung durch die Bundesanstalt auch in Zu-
kunft nur dann erfolgen soll, wenn die Altersteilzeit
Beschäftigung schafft.
Was ist neu? Mit der Änderung kommen wir den
Forderungen von vielen Teilzeitbeschäftigten, insbeson-
dere der Frauen, nach. Wir berücksichtigen damit die
große Gruppe der Personen, die bisher keine Altersteil-
zeit in Anspruch nehmen konnte. Der Wechsel in Al-
tersteilzeit soll künftig auch Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern möglich sein, die bereits teilzeitbeschäftigt
sind. Sie sollen dazu – wie Vollzeitbeschäftigte – ihre
bisherige Arbeitszeit halbieren. Auch nach der Vermin-
derung ihrer Arbeitszeit müssen sie voll versicherungs-
pflichtig, also nicht nur geringfügig beschäftigt, sein.
Der zweite Punkt betrifft Erleichterungen bei der Wie-
derbesetzung. Wiederbesetzung ist die wichtigste Vor-
aussetzung für die Förderung durch das Arbeitsamt.
Wenn für den ausscheidenden Beschäftigten ein Ar-
beitsloser oder ein neu Ausgebildeter eingestellt wird,
dann ist die Förderung unproblematisch.
In der Praxis ist dies aber häufig nicht der Fall. Des-
halb müssen umfangreiche Wiederbesetzungsketten
nachgewiesen werden – mit einem erheblichem Auf-
wand für die Betriebe. Künftig wird dieser Nachweis
erleichtert. So soll künftig der Nachweis aller Glieder
einer Kette nicht mehr zwingend erforderlich sein, die
bei der Umsetzung zwischen den in Altersteilzeit gehen-
den Mitarbeitern und den neu eingestellten Mitarbeitern
eine Rolle spielen. Für kleine und mittlere Unternehmen
mit bis zu 50 Arbeitnehmern gehen wir noch einen
Schritt weiter, um Bürokratie abzubauen. Bei diesen
Unternehmen ist in der Regel davon auszugehen, daß sie
im Zusammenhang mit dem Ausscheiden eines Mitar-
beiters in Altersteilzeit einen Arbeitslosen als „Ersatz“
einstellen. Hier wird der Nachweis der Wiederbesetzung
einfach unterstellt. Die Wiederbesetzung erfüllen Unter-
nehmen mit bis zu 50 Beschäftigten auch durch die An-
stellung eines Auszubildenden. Bisher war diese Rege-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999 7119
(A) (C)
(B) (D)
lung auf Unternehmen mit bis zu 20 Arbeitnehmern be-
schränkt.
Last but not least vereinfacht der Gesetzentwurf die
Verfahren, um Altersteilzeit zu beantragen und geneh-
migen zu lassen. Das schafft Planungssicherheit bei der
Anwendung des Rechts und vermeidet unnötigen Ver-
waltungsaufwand.
Der Gedanke der Altersteilzeit und die Neuregelung
haben vor allem arbeitsmarktpolitische Aspekte. So ge-
sehen profitieren davon im Ergebnis besonders jüngere
Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen. Aber auch äl-
teren Beschäftigten bringt die Altersteilzeit einen großen
Gewinn. Sie schafft nämlich die Voraussetzungen für
mehr Lebensqualität, ein ganz anderer Aspekt, der in der
Diskussion häufig vernachlässigt wird.
Natürlich können wir heute nur schwer prognostizie-
ren, wie häufig Altersteilzeit zukünftig in Anspruch ge-
nommen wird. Das hängt sowohl vom Verhalten der Ta-
rifparteien als auch der einzelnen Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer ab. Wir verbessern aber mit dem Gesetzent-
wurf die Ausgangsbedingungen, damit Altersteilzeit
breiter genutzt werden kann. Deshalb sind wir zuver-
sichtlich, daß die Praxis das verbesserte Gesetz auch
verstärkt nutzen wird. Die Voraussetzungen dafür wer-
den heute geschaffen. Ich hoffe, daß der Gedanke der
Altersteilzeit im Anschluß daran viele neue Freunde und
Anhänger findet – bei den Tarifparteien, bei den Ver-
antwortlichen in den Unternehmen und bei den Be-
schäftigten. Jetzt kommt es darauf an, daß alle Verant-
wortlichen Werbung machen für dieses Arbeitszeit-
Modell.
Anlage 4
Erklärung
des Abgeordneten Paul K. Friedhoff (F.D.P.)
zur namentlichen Abstimmung über den Ent-
wurf eines Gesetzes über die Feststellung des
Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr
2000 – Drucksachen 14/1400, 14/1680, 14/1901
bis 1924 – Tagesordnungspunkt II (74. Sitzung,
26. November 1999, Seite 6833)
In der Abstimmungsliste ist mein Name unter den Ja-
Stimmen aufgeführt. Ich erkläre, mein Votum lautet
„nein“.
Anlage 5
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 745. Sitzung am 26. No-
vember 1999 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen
zuzustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab-
satz 2 Grundgesetz nicht zu stellen:
– Gesetz zur Sanierung des Bundeshaushalts (Haushaltssanie-rungsgesetz – HSanG)
– Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform
– Gesetz über die Änderung währungsrechtlicher Vorschrifteninfolge der Einführung des Euro-Bargeldes (Drittes Euro-Einführungsgesetz – Drittes EuroEG)
– Gesetz über die Umwandlung der Deutschen Siedlungs- undLandesrentenbank in eine Aktiengesellschaft (DSL Bank-Umwandlungsgesetz – DSLBUmwG)
– Gesetz zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesens-rechtlicher Vorschriften
– Gesetz zur Verleihung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit andie Internationale Kommission zum Schutze des Rheins(KSRRechtsG)
– Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. September 1998 zwi-schen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, derRegierung der Französischen Republik, der Regierung derItalienischen Republik und der Regierung des VereinigtenKönigreichs Großbritannien und Nordirland zur Gründungder Gemeinsamen Organisation für Rüstungskooperation (Or-ganisation Conjointe de Coopération en Matière d’Armement)OCCAR (OCCAR-Übereinkommen)
– Gesetz zu dem Abkommen vom 5. November 1998 zwischender Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Re-gierung der Arabischen Republik Ägypten über ihre gegen-seitigen Seeschiffahrtsbeziehungen
– Zweites Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zumGerichtsverfassungsgesetz
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
nachstehenden Vorlage absieht:
Innenausschuß
– Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für die Un-terlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deut-schen Demokratischen Republik
Vierter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für dieUnterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligenDeutschen Demokratischen Republik – 1999
– Drucksachen 14/1300, 14/1577 Nr. 4 –
Ausschuß für Kultur und Medien
– Erster Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Zukunftder Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – DeutschlandsWeg in die Informationsgesellschaft“ gemäß Beschluß desDeutschen Bundestages vom 7. Dezember 1995
zum Thema
Meinungsfreiheit – Meinungsvielfalt – Wettbewerb
Rundfunkbegriff und Regulierungsbedarf bei den Neu-en Medien
– Drucksachen 13/3219, 13/6000, 14/272 Nr. 13 –
– Schlußbericht der Enquete-Kommission „Zukunft derMedien in Wirtschaft und Gesellschaft – DeutschlandsWeg in die Informationsgesellschaft“
zum Thema
Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft
– Drucksachen 13/11004, 14/272 Nr. 181 –
Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit-
geteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-
Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be-
ratung abgesehen hat.
7120 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 1999
(A) (C)
(B) (D)
Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
Drucksache 14/671 Nr. 2.8Drucksache 14/671 Nr. 2.9Drucksache 14/671 Nr. 2.31Drucksache 14/1276 Nr. 2.24Drucksache 14/1617 Nr. 2.10Drucksache 14/1617 Nr. 2.17Drucksache 14/1617 Nr. 2.21Drucksache 14/1617 Nr. 2.26Drucksache 14/1617 Nr. 2.28Drucksache 14/1617 Nr. 2.34Drucksache 14/1617 Nr. 2.38Drucksache 14/1617 Nr. 2.40Drucksache 14/1617 Nr. 2.41Drucksache 14/1617 Nr. 2.48Drucksache 14/1617 Nr. 2.55Drucksache 14/1617 Nr. 2.56Drucksache 14/1778 Nr. 2.11Drucksache 14/1778 Nr. 2.14
Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44
20