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ID1407205700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/72 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 72. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetzes 2000) (Drucksachen 14/1400, 14/1680) ...................................... 6505 A b) Beschlußempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 1999 bis 2003 (Drucksachen 14/1401, 14/1680, 14/1925) ...................................... 6505 B 14. Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/1904, 14/1922) ............... 6505 B Michael Glos CDU/CSU ................................. 6505 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ..................................................... 6510 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 6512 A Dr. Helmut Kohl CDU/CSU ........................ 6515 D Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 6517 D Michael Glos CDU/CSU ................................. 6518 C Dr. Peter Struck SPD ....................................... 6518 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ......................... 6519 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6523 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ..................... 6527 B Dr. Gregor Gysi PDS ....................................... 6528 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 6533 A Volker Rühe CDU/CSU .................................. 6539 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 6543 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD .................... 6544 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6548 B Cornelia Pieper F.D.P....................................... 6550 C Jörg Tauss SPD ........................................... 6552 A Lothar Mark SPD ............................................ 6552 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU .................... 6555 D Lothar Mark SPD ............................................ 6556 A Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thü- ringen) .............................................................. 6556 C Rolf Schwanitz SPD ........................................ 6559 C Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thü- ringen) .............................................................. 6560 A Klaus Hagemann SPD ..................................... 6560 B Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK ...... 6562 D Namentliche Abstimmung ............................... 6564 A Ergebnis ........................................................... 6566 C 15. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/1905, 14/1922) ..................................................... 6564 B Herbert Frankenhauser CDU/CSU .................. 6564 B Uta Titze-Stecher SPD .................................... 6569 A Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 6573 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 6575 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU ..................... 6577 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 6577 C Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 6577 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU .............. 6579 C Dr. Eberhard Brecht SPD ............................ 6581 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD ................ 6581 D Peter Hintze CDU/CSU ................................... 6583 C Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 6585 D Ulrich Irmer F.D.P. ...................................... 6586 D Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU .......... 6587 B Peter Hintze CDU/CSU ................................... 6590 D 16. Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/1913, 14/1922) .............. 6591 C Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 6591 C Volker Kröning SPD ........................................ 6594 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 6598 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 6600 B Heidi Lippmann PDS ....................................... 6602 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 6603 C Paul Breuer CDU/CSU .................................... 6605 B Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg ...... 6608 D Paul Breuer CDU/CSU ................................ 6610 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. ................ 6610 D Helmut Rauber CDU/CSU .............................. 6613 C Namentliche Abstimmung ............................... 6614 A Ergebnis ........................................................... 6614 C 17. Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/1917, 14/1922) .............. 6617 A Michael von Schmude CDU/CSU ................... 6617 B Dr. Emil Schnell SPD ...................................... 6618 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 6620 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 6622 B Dr. R. Werner Schuster SPD ........................... 6623 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 6624 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6624 C Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 6626 C Carsten Hübner PDS ....................................... 6627 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU ................... 6628 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ ........................................................... 6629 D Nächste Sitzung ............................................... 6632 D Berichtigungen ................................................ 6632 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 6633 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 6505 (A) (C) (B) (D) 72. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigungen 71. Sitzung, Seite 6448 D, zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich frage Sie, wie das mit § 33c des Einkommenssteuergesetzes ist.“ 71. Sitzung, Seite 6484 B, erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie von der Opposition ha- ben an dieser Stelle gerügt, daß der Haushaltsansatz für die Bereitschaftspolizei um 3 Millionen DM gesenkt wird.“ Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 6633 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Balt, Monika PDS 24.11.99 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.11.99 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 24.11.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 24.11.99 * Bury, Hans Martin SPD 24.11.99 Frick, Gisela F.D.P. 24.11.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 24.11.99 Gebhardt, Fred PDS 24.11.99 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 24.11.99 Hofmann (Volkach), Frank SPD 24.11.99 Hovermann, Eike SPD 24.11.99 Kanther, Manfred CDU/CSU 24.11.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Kossendey, Thomas CDU/CSU 24.11.99 Lamers, Karl CDU/CSU 24.11.99 Leutheusser-Schnarren- berger, Sabine F.D.P. 24.11.99 Müller (Berlin), Manfred PDS 24.11.99 Ostrowski, Christine PDS 24.11.99 Röttgen, Norbert CDU/CSU 24.11.99 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.11.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 24.11.99 Schulz (Leipzig), Werner BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.11.99 Simm, Erika SPD 24.11.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 24.11.99 Stübgen, Michael CDU/CSU 24.11.99 Voßhoff, Andrea CDU/CSU 24.11.99 Wieczorek (Duisburg), Helmut SPD 24.11.99 ————— * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 0228/3 82 08 40, Telefax: 0228/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sie sollten die Gelegen-
    heit nutzen, von Berlin aus möglichst viel in die neuen
    Bundesländer zu fahren. Natürlich muß in einer ganzen
    Generation noch vieles getan werden. Wenn Sie mich
    gefragt hätten, was dort in zehn Jahren geschaffen wer-
    den könnte, dann hätte ich Ihnen geantwortet, daß ich all
    das, was an Investitionen und Modernisierungen im Zu-
    ge der deutschen Einheit geschehen ist, nicht für mög-
    lich gehalten hätte.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In diesem Zusammenhang – Helmut Kohl ist zu

    Recht besonders gewürdigt worden – möchte ich einmal
    ein Wort des Dankes an Theo Waigel richten. Er ist der
    Finanzminister der deutschen Einheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Später war er auch der Finanzminister der europäischen
    Einheit. Ich erinnere mich noch gut daran, welche Pro-
    phezeiungen es auch von Wirtschaftsgurus gegeben hat:
    Wenn ihr diese Einheit herbeiführt, dann wird die Infla-
    tionsrate auf 10, 11 oder 12 Prozent steigen usw. Eichel
    ist die Antwort auf Lafontaine, aber nicht auf Waigel.
    Der ist eine andere Gewichtsklasse.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Eichel, daß es nicht nur um Sparen, sondern

    auch um Investieren geht, das hat auch Theo Waigel
    immer deutlich gemacht. Übrigens, Sparen ist nicht Ihre
    Erfindung. Wie hätten wir denn sonst die Maastricht-
    Bedingungen erfüllen können?


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans Georg Wagner [SPD]: Weil die Länder und Gemeinden mitgemacht haben. – Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Der Euro war ja auch eine Mißgeburt!)


    Im Vergleich zu Lafontaine muß man anerkennen,
    daß Sie niemand für das Sparen an sich schilt. Wir kriti-
    sieren zum Beispiel, daß vielfach bei Investitionen ge-
    spart wird. Der Bundeskanzler wird mir nach 20 Minu-
    ten Rede zustimmen, wenn ich behaupte, daß es für
    Holzmann ganz gut gewesen wäre, wenn das Ems-
    Sperrwerk durch grüne Widerstände nicht blockiert
    worden wäre. Dasselbe gilt für andere Investitionen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje! – Joachim Poß [SPD]: Der Rühe stammelt zusammenhangloses Zeug!)


    Sparen und Investieren, das ist der Punkt. Der jetzige
    Sparkurs ist rein fiskalisch orientiert.


    (Joachim Poß [SPD]: Eine schwache Rede!)

    – Für eine schwache Rede sind Sie aber ziemlich aufge-
    regt, Herr Kollege Poß.


    (Joachim Poß [SPD]: Überhaupt nicht! Das ist doch zusammenhangloses Zeug, was Sie erzählen!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Es ist unbestritten, daß für eine qualitative Konsoli-
    dierung die Initiativen notwendig sind, die ich angespro-
    chen habe, allen voran eine Steuerreform.


    (Joachim Poß [SPD]: Den beschwert die Koffer-Affäre auch sehr! Der ist überhaupt nicht in Form! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich will nicht näher vertiefen, wer da aufgeregt ist!)


    Herr Bundeskanzler, liebe Kolleginnen und Kollegen,
    lassen Sie mich noch ein Wort zur Rente sagen. Nach
    meiner Meinung wäre es ein großer Fehler, wenn Sie im
    Rahmen der politischen Auseinandersetzung das unge-
    wöhnliche Angebot ausschlagen, das die Opposition Ih-
    nen ungeachtet unserer unterschiedlichen Auffassungen
    über Ihre willkürlichen Eingriffe in die Rentenversiche-
    rung in den letzten beiden Jahren gemacht hat. Wir sind
    bereit, mit Ihnen auf höchster politischer Ebene über die
    konkreten Probleme zu sprechen und in dieser Legisla-
    turperiode Beschlüsse im Deutschen Bundestag zur
    Sicherung der Sozialversicherungssysteme zu verab-
    schieden. Ich möchte festhalten: Es geht um das Ange-
    bot einer Arbeitsgemeinschaft.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Der Vertrauensverlust ist riesig. Sie, Herr Bundes-
    kanzler, werden registriert haben, wie völlig einheitlich
    die junge Generation auf das Hin und Her um die Rente
    mit 60 reagiert hat, die jungen Gewerkschaftsmitglieder,
    die Mitglieder der Jungen Union, die Jungsozialisten
    und die jungen Banker


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Junge Liberale!)

    – natürlich auch die jungen Liberalen; dies ist doch klar;
    diese hatte ich in meiner Aufzählung indirekt schon
    erwähnt, weil es überall Liberale gibt.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Bei uns haben sie die Mehrheit!)


    – Glückwunsch! Wir werden dafür sorgen, daß wir auch
    in Schleswig-Holstein gemeinsam die Mehrheit haben.


    (Lachen bei der SPD)

    – Ich habe Schleswig-Holstein nicht angeführt. – Dann
    muß Ihnen klar sein, daß das Mißtrauen bezüglich der
    Zukunftsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme groß
    ist. Ich glaube, die Aufgabe, dieses Mißtrauen abzubau-
    en, läßt sich nur schultern, wenn sich neben den kleine-
    ren Parteien auch die beiden großen Volksparteien mit
    allem Ernst um eine Vertrauensgrundlage für die
    Zukunft bemühen. Dieses Angebot sollten Sie, Herr
    Bundeskanzler, nicht leichtfertig ausschlagen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Hans Georg Wagner [SPD]: Hat er doch gar nicht!)


    Herr Struck, wir haben kein halbes Jahr verloren;
    denn Sie haben unsere moderate Rentenreform rückgän-
    gig gemacht, weil sie Ihnen zu weit ging. Das, was Sie
    jetzt machen, ist zum Teil nicht zustimmungspflichtig.
    Wir haben Sie nicht daran hindern können, unsere
    Reform rückgängig zu machen. Deshalb haben wir keine

    Zeit verloren. Ich möchte nicht weiter über das rechten,
    was Sie gemacht haben. Ich sage nur: Es ist hohe Zeit,
    wenn wir eine Reform noch in dieser Legislaturperiode
    schaffen wollen. Es wäre für die Demokratie und für
    unseren Staat ungeheuer wichtig, daß wir hier vorankä-
    men.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich möchte jetzt nichts zur Gesundheitsreform sagen,

    obwohl dieses Thema sehr wichtig ist.

    (Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie doch etwas dazu!)

    Mir bleibt nur übrig, das aufzugreifen, was Hans-Peter
    Repnik gestern so wunderbar geschildert hat: Wenn die
    Reform schon formal so schwach ist, daß im Gesetzes-
    text von einem „maoistischen“ System gesprochen wird,
    dann zeigt dies: Diese Reform ist gescheitert. Herr Bun-
    deskanzler, wir brauchen einen Neuanfang in der Ge-
    sundheitspolitik! Wir sind bereit, darüber zu sprechen,
    wie ein modernes Gesundheitssystem geschaffen werden
    kann. Jeder könnte von einem solchen System profitie-
    ren, wenn er in eine schwierige gesundheitliche Situati-
    on gerät. Dies kann einem schneller passieren, als einem
    lieb ist. Deswegen ist dies ein sehr ernstes Thema. Es
    gibt kaum einen anderen Bereich in der Politik, von dem
    die Menschen so existentiell betroffen sind. Deswegen
    fordere ich: Kehren Sie von Ihrem falschen Weg ab!
    Seien Sie bereit, das Gesundheitswesen so zu moderni-
    sieren, daß es dort mehr Selbstverantwortung, mehr
    Eigenständigkeit und mehr Freiheit gibt. In einem sol-
    chen System darf es keine obrigkeitstaatliche Regle-
    mentierung mehr geben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Gernot Erler [SPD]: Das ist der neue Hoffnungsträger!)


    Lassen Sie mich zum Schluß noch einige Bemerkun-
    gen zur Außen- und Sicherheitspolitik machen. Ich
    möchte mit der Bundeswehr beginnen. Als ehemaliger
    Verteidigungsminister weiß ich aus eigener Erfahrung,
    Herr Kollege Scharping, wie schwer das Amt ist. Des-
    wegen respektiere ich meine Vorgänger und Nachfolger.
    Dies ist eine gute Tradition der Verteidigungsminister
    der Bundesrepublik Deutschland. Das beste für die
    Streitkräfte ist, wenn sie die nötige Finanzierung und
    Klarheit über den zukünftigen konzeptionellen Kurs
    haben. In der rotgrünen Regierung scheint es keine
    Mehrheit für eine solche finanzielle Ausstattung der
    Bundeswehr zu geben. Ich bestreite gar nicht, daß Theo
    Waigel und ich harte Auseinandersetzungen hatten. Du,
    Theo, warst genauso für die Bundeswehr wie ich. Du
    hattest nur ein anderes Amt inne. Aber am Ende unserer
    Auseinandersetzungen stand immer eine berechenbare
    Finanzplanung, die der Bundeswehr den Weg in die Zu-
    kunft ermöglicht hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Eines geht nicht: Wenn man der Bundeswehr schon

    das Geld verweigert, dann darf man ihr nicht die Klar-
    heit verweigern.


    (Lachen bei der SPD)


    Volker Rühe






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Woche für Woche, Monat für Monat geht Zeit für die
    Bundeswehr verloren, sich auf die Zukunft einzustellen.


    (Zuruf von der SPD: Die hatten doch bei Ihnen keine Zukunft!)


    Deswegen sage ich Ihnen – fragen Sie die Soldaten –:
    Das hat einen enormen Vertrauensverlust zur Folge, und
    es hat schon zu viel Resignation geführt. Deswegen,
    Herr Bundeskanzler, ist das ein Thema, das auch Sie an-
    geht; denn die Bundeswehr ist nicht irgendeine Instituti-
    on in unserem Staat. Wir alle haben ein großes Interesse
    daran, daß sie für das 21. Jahrhundert zukunftssicher
    gemacht wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Diese Rede zeigt die ganze Hilflosigkeit der CDU!)


    Im übrigen, Herr Bundeskanzler, lieber Gerhard
    Schröder:


    (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein weiteres Angebot!)


    Über die Rollenverteilung zwischen Ihnen und dem
    Verteidigungsminister, wenn der Crash eingetreten ist,
    dürfen Sie sich keine Illusionen machen. Er hat sehr fe-
    ste Vorstellungen darüber, wo die Schurkenrolle liegt.
    Er sieht sich in dieser Situation doch mehr als Robin
    Hood und Sie so ein bißchen mehr als Sheriff von Not-
    tingham. Ich glaube, es ist hohe Zeit, den Vertrauens-
    verlust zu stoppen.


    (Joachim Poß [SPD]: So etwas Schwaches wurde dem Bundestag lange nicht zugemutet! Schlechter als Herr Glos!)


    Sehen Sie, nach dem Kosovo-Krieg gab es doch eine
    Chance für einen neuen Konsens für die Bundeswehr in
    Deutschland. Das Verständnis der Menschen auch für
    militärische Ausgaben ist gewachsen. Deswegen ist es
    jetzt in Ihrer Verantwortung, die notwendigen finanzi-
    ellen, aber auch die notwendigen konzeptionellen Ent-
    scheidungen zu treffen, damit wir Streitkräfte haben, die
    den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Nach dieser Rede werden Sie dem Bundestag wohl erhalten bleiben!)


    Was man nicht machen kann, ist folgendes: über
    europäische Identität und von einer größeren Rolle der
    Europäer gegenüber den Amerikanern zu sprechen, zu
    Hause aber in dieser Weise zu versagen. Wir müssen
    uns darauf vorbereiten, daß wir im 21. Jahrhundert ein
    anderes Verhältnis zwischen den USA und Europa
    haben werden. Ich denke, wir stimmen – bis auf wenige
    Ausnahmen – vielleicht alle darin überein, daß wir die
    Amerikaner auch im 21. Jahrhundert in Europa haben
    wollen. Aber Sie werden nur in Europa bleiben, wenn
    wir ein relevanter Partner sind, wenn wir ein strategisch
    interessanter Partner sind,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: So ist es!)


    wenn es eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen
    Europa und Amerika gibt. Eine solche kann es nicht
    geben, wenn in Deutschland in dieser Weise Sicher-
    heitsstrukturen abgebaut werden. Darum geht es.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir werden auch im 21. Jahrhundert ungleiche

    Fähigkeiten haben. Das will ich einmal einigen sagen,
    die immer so tun, als ob es notwendig wäre, daß wir die-
    selben militärischen Fähigkeiten wie die Amerikaner
    erwerben und dringend jeglichen technologischen Rück-
    stand aufholen müßten. Nein, wir werden ungleiche mi-
    litärische Fähigkeiten haben. Die Amerikaner sind eine
    militärische Weltmacht.


    (Jörg Tauss [SPD]: Jetzt kommt er aber ins Blubbern! – Heiterkeit bei der SPD)


    Europa ist es nicht, sollte es im 21. Jahrhundert auch
    nicht sein.

    Aber die Arbeitsteilung – das hat es auch schon in
    einigen Situationen im Kosovo-Krieg gegeben –, daß die
    Amerikaner für den Krieg und die Europäer für Frieden
    und seine Absicherung verantwortlich sind, funktioniert
    nicht. Deswegen muß das größte Land in Europa, muß
    Deutschland mit seiner Bundeswehr den Beitrag leisten,
    der von uns zu Recht erwartet werden kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Bundeskanzler, ich möchte mich in einer ande-

    ren Frage direkt an Sie wenden. Das ist der Punkt, der
    von den Grünen, heute morgen aber auch von Herrn
    Struck angesprochen worden ist, nämlich daß behauptet
    wird, Entscheidungen der Organe dieses Staates – Bun-
    deskanzler, Bundessicherheitsrat – zur Lieferung von
    Waffen nach Saudi-Arabien seien käuflich gewesen.
    Wenn das ein Herr Ströbele von den Grünen sagt, dann
    ist das eine Sache. Aber wenn das der Fraktionsvorsit-
    zende der Volkspartei SPD macht, dann muß ich Ihnen
    sagen: Wenn es darum geht, das Ansehen dieses Staates
    zu beschädigen, dann ist auch der Bundeskanzler und
    der Parteivorsitzende der SPD gefordert, hier ein deutli-
    ches Wort zu sprechen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Hans Georg Wagner [SPD]: Sie haben doch das Geld kassiert!)


    Wir werden auch nicht zulassen, daß in einer uner-
    träglichen Weise versucht wird, das Ansehen Ihres
    Amtsvorgängers zu beschädigen, Herr Bundeskanzler.
    Ich bin fest davon überzeugt


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Wo ist die Million?)


    – jetzt lassen Sie mich das einmal sagen –, daß die von
    Helmut Kohl im September 1990 vorgenommenen Wei-
    chenstellungen richtig gewesen sind. Wir haben mit
    bestimmten Systemen nicht nur Israel und der Türkei
    militärisch enorm geholfen, sondern auch den arabi-
    schen Opferstaaten des Iraks.


    (Zuruf von der SPD: Darum geht es doch gar nicht!)


    Volker Rühe






    (A) (C)



    (B) (D)


    Diese Weichenstellungen waren richtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P.)

    Ich bin auch davon überzeugt, daß der Bundessicher-
    heitsrat die außen- und sicherheitspolitischen Interessen
    der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen hat
    und sonst gar nichts. Herr Bundeskanzler, ich wäre sehr
    daran interessiert von Ihnen zu hören, wie Sie das Ver-
    halten der Organe dieses Staates in einer so wichtigen
    Frage einschätzen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir ja herausfinden!)


    Das ist ganz wichtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Jörg Tauss [SPD]: Wo ist denn der Pfahls abgeblieben?)


    Ich möchte hier auch eine persönliche Bemerkung an-
    fügen. Ende Januar 1990, als der Golf-Krieg in seiner
    heißen Phase war, bin ich in einer Delegation mit Bun-
    desaußenminister Genscher und Bundesminister Spran-
    ger – wir haben uns eben noch einmal vergewissert und
    glauben, es war am 25./26. Januar 1990 – in Jerusalem
    und Tel Aviv gewesen.


    (Jörg Tauss [SPD]: War Herr Pfahls dabei?)

    Wir haben die Wirkung der eingeschlagenen Raketen
    gesehen und mitbekommen, daß die Menschen in Tel
    Aviv nicht in die Keller gegangen sind, weil die Spreng-
    kraft der Raketen weniger gefährlich war als die mögli-
    cherweise von ihnen freigesetzten chemischen Kampf-
    stoffe, sondern statt dessen die obersten Stockwerke
    aufgesucht haben.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja!)


    – Einen Moment, hören Sie doch einmal zu und verge-
    genwärtigen Sie sich, was für eine existentielle Bedro-
    hung in der damaligen Situation bestand! – Als wir dann
    bei einem offiziellen Abendessen mit den Israelis in Je-
    rusalem zusammensaßen – Sie können sich das vom
    Kollegen Genscher bestätigen lassen –, hatte jeder von
    uns eine Gasmaske dabei. Während dieses Essens gab es
    Alarm, die Warnung vor einem Angriff auf Jerusalem.


    (Zuruf von der SPD: Was soll das denn?)

    Wir haben das Essen verlassen und sind gemeinsam mit
    unseren israelischen Gastgebern – –


    (Joachim Poß [SPD]: Das hat doch mit der Spende nichts zu tun!)


    – Ich finde es schon ziemlich unerträglich, wie Sie dar-
    auf reagieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Jörg Tauss [SPD]: Ablenkungsmanöver! – Weiterer Zuruf von der SPD: Was hat das mit dem Koffer zu tun?)


    Am nächsten Morgen haben wir das Ergebnis der
    Einschläge der Scud-Raketen gesehen. All das läßt sich
    nachvollziehen. Sie können sich gerne die Bilder an-

    schauen. Ebensolche Scud-Raketen sind auch auf Saudi-
    Arabien abgefeuert worden, dort aufgeschlagen und ha-
    ben dort Menschen getötet. Hier hat – ich war damals
    noch nicht Verteidigungsminister – unser Land seine
    außen- und sicherheitspolitische Verantwortung wahr-
    genommen.

    Streiten Sie über Parteienfinanzierung! Wir haben an
    allererster Stelle Interesse an der Aufklärung – das wur-
    de hier schon gesagt – und wollen, daß dieser Fall
    schnell aufgeklärt wird. Im übrigen erinnere ich mich
    auch noch an den Schmuddelwahlkampf in Schleswig-
    Holstein, bei dem es Ausforschungen auch des persönli-
    chen Bereiches durch sozialdemokratische Pressespre-
    cher gab.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Ich hätte das unter anderen Umständen nicht angespro-
    chen, aber ich lasse mir von Ihnen nichts gefallen, son-
    dern erwarte, daß Sie mit Anstand verlieren, wenn die
    Wähler in Schleswig-Holstein das so entscheiden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Sie haben sich hier doch mit einer so schwachen Rede heute entzaubert! Ihre Grenzen wurden deutlich! Der Mann ist wirklich von der Rolle! – Weitere Zurufe von der SPD)


    Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist sehr
    wichtig, daß wir uns in dieser Haushaltsdebatte neben
    den politischen Auseinandersetzungen immer bewußt
    machen, welche Verantwortung wir für unseren Staat
    tragen – jeder an seiner Stelle. Deshalb begrüße ich die
    Bereitschaft, gemeinsam eine Rentenreform durchzufüh-
    ren.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So eine Schleimerei ist nicht mehr auszuhalten!)


    Lassen Sie uns hart über Politik streiten,

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Aber nicht schleimen!)

    aber unfaire Angriffe werden auf die geschlossene Ab-
    wehr der Union stoßen. Das gilt insbesondere dann,
    wenn Sie unseren Bundeskanzler Kohl angreifen. Darauf
    können Sie sich verlassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Zuruf des Abg. Joachim Poß [SPD])




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege
Rühe, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Ströbele?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, denn ich komme
    zum letzten Satz. – Es ist gar keine Frage, daß es harte
    politische Auseinandersetzungen geben muß. Das nützt
    auch der Demokratie.


    (Zuruf von der SPD: Reden Sie bitte zum Parlament! Haben Sie ein wenig Anstand!)


    Volker Rühe






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Meine herzliche Bitte ist aber, dabei Anstand zu bewah-
    ren.

    Ich habe noch in Erinnerung, wie Herr Ströbele und
    seine Kollegen während des Golf-Krieges durch Berlin
    gezogen sind und eine Blutspur gelegt haben. Ihre Pa-
    role lautete damals: „Blut für Benzin“. Herrn Außen-
    minister Fischer, der leider gerade nicht da ist, möchte
    ich sagen, daß die rechtliche Grundlage für das Eingrei-
    fen im Golf-Krieg besser war als die für das Eingreifen
    im Kosovo. Dazu will ich aber nichts weiter sagen, da
    auch ich letztlich ja dazu gesagt habe. Damals hat man
    einen Staat von der Landkarte getilgt, nämlich Kuwait.
    Daraufhin haben die Vereinten Nationen eingegriffen,
    und auf dieser Grundlage ist gehandelt worden. Herr
    Schlauch, Sie und Ihre Genossen


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe keine Genossen!)


    haben damals noch gesagt, das sei „Blut für Benzin“.
    Dafür sollten Sie sich schämen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der CDU/CSU: Pfui! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nostalgia!)


    Meine herzliche Bitte

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine herzliche Bitte mehr! Diese herzliche Bitte können Sie sich in die Haare schmieren!)


    ist, daß Sie sich noch einmal überlegen, welche Rolle
    der Fraktionsvorsitzende Struck heute morgen gespielt
    hat. Greifen Sie uns als Partei an; das ist normal. Wir
    können uns verteidigen. Aber hören Sie auf, den Ein-
    druck zu erwecken, als sei in unserem Staat eine
    so schwerwiegende außenpolitische Entscheidung käuf-
    lich!


    (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn den Eindruck erweckt?)


    Leisten Sie Ihren Beitrag dazu, daß solche infamen Ver-
    dächtigungen zurückgewiesen werden!

    Vielen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Volker Rühe hat sich entzaubert! So eine schwache Rede war gut für uns! Da wird sich Frau Simonis aber freuen!)