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ID1407203800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/72 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 72. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetzes 2000) (Drucksachen 14/1400, 14/1680) ...................................... 6505 A b) Beschlußempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 1999 bis 2003 (Drucksachen 14/1401, 14/1680, 14/1925) ...................................... 6505 B 14. Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/1904, 14/1922) ............... 6505 B Michael Glos CDU/CSU ................................. 6505 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ..................................................... 6510 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 6512 A Dr. Helmut Kohl CDU/CSU ........................ 6515 D Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 6517 D Michael Glos CDU/CSU ................................. 6518 C Dr. Peter Struck SPD ....................................... 6518 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ......................... 6519 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6523 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ..................... 6527 B Dr. Gregor Gysi PDS ....................................... 6528 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 6533 A Volker Rühe CDU/CSU .................................. 6539 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 6543 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD .................... 6544 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6548 B Cornelia Pieper F.D.P....................................... 6550 C Jörg Tauss SPD ........................................... 6552 A Lothar Mark SPD ............................................ 6552 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU .................... 6555 D Lothar Mark SPD ............................................ 6556 A Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thü- ringen) .............................................................. 6556 C Rolf Schwanitz SPD ........................................ 6559 C Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thü- ringen) .............................................................. 6560 A Klaus Hagemann SPD ..................................... 6560 B Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK ...... 6562 D Namentliche Abstimmung ............................... 6564 A Ergebnis ........................................................... 6566 C 15. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/1905, 14/1922) ..................................................... 6564 B Herbert Frankenhauser CDU/CSU .................. 6564 B Uta Titze-Stecher SPD .................................... 6569 A Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 6573 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 6575 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU ..................... 6577 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 6577 C Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 6577 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU .............. 6579 C Dr. Eberhard Brecht SPD ............................ 6581 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD ................ 6581 D Peter Hintze CDU/CSU ................................... 6583 C Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 6585 D Ulrich Irmer F.D.P. ...................................... 6586 D Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU .......... 6587 B Peter Hintze CDU/CSU ................................... 6590 D 16. Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/1913, 14/1922) .............. 6591 C Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 6591 C Volker Kröning SPD ........................................ 6594 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 6598 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 6600 B Heidi Lippmann PDS ....................................... 6602 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 6603 C Paul Breuer CDU/CSU .................................... 6605 B Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg ...... 6608 D Paul Breuer CDU/CSU ................................ 6610 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. ................ 6610 D Helmut Rauber CDU/CSU .............................. 6613 C Namentliche Abstimmung ............................... 6614 A Ergebnis ........................................................... 6614 C 17. Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/1917, 14/1922) .............. 6617 A Michael von Schmude CDU/CSU ................... 6617 B Dr. Emil Schnell SPD ...................................... 6618 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 6620 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 6622 B Dr. R. Werner Schuster SPD ........................... 6623 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 6624 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6624 C Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 6626 C Carsten Hübner PDS ....................................... 6627 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU ................... 6628 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ ........................................................... 6629 D Nächste Sitzung ............................................... 6632 D Berichtigungen ................................................ 6632 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 6633 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 6505 (A) (C) (B) (D) 72. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigungen 71. Sitzung, Seite 6448 D, zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich frage Sie, wie das mit § 33c des Einkommenssteuergesetzes ist.“ 71. Sitzung, Seite 6484 B, erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie von der Opposition ha- ben an dieser Stelle gerügt, daß der Haushaltsansatz für die Bereitschaftspolizei um 3 Millionen DM gesenkt wird.“ Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 6633 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Balt, Monika PDS 24.11.99 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.11.99 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 24.11.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 24.11.99 * Bury, Hans Martin SPD 24.11.99 Frick, Gisela F.D.P. 24.11.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 24.11.99 Gebhardt, Fred PDS 24.11.99 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 24.11.99 Hofmann (Volkach), Frank SPD 24.11.99 Hovermann, Eike SPD 24.11.99 Kanther, Manfred CDU/CSU 24.11.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Kossendey, Thomas CDU/CSU 24.11.99 Lamers, Karl CDU/CSU 24.11.99 Leutheusser-Schnarren- berger, Sabine F.D.P. 24.11.99 Müller (Berlin), Manfred PDS 24.11.99 Ostrowski, Christine PDS 24.11.99 Röttgen, Norbert CDU/CSU 24.11.99 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.11.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 24.11.99 Schulz (Leipzig), Werner BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.11.99 Simm, Erika SPD 24.11.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 24.11.99 Stübgen, Michael CDU/CSU 24.11.99 Voßhoff, Andrea CDU/CSU 24.11.99 Wieczorek (Duisburg), Helmut SPD 24.11.99 ————— * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 0228/3 82 08 40, Telefax: 0228/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rezzo Schlauch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben offensichtlich nicht begriffen, daß Sie sich mit
    dem, was ich zitiert habe, gegen den Begriff der sozialen
    Marktwirtschaft ausgesprochen haben. Sie wollen der
    reinen Marktwirtschaft bestenfalls eine soziale Funktion
    zukommen lassen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])


    Das ist nun wirklich verkürzt. Deshalb setze ich mich
    jetzt auch nicht weiter mit Ihnen auseinander.

    Sie haben – das gilt für die gesamte Opposition – aus
    kurzfristigen parteipolitischen Erwägungen heraus die
    Veränderungsbereitschaft der Bevölkerung ins Leere
    laufen lassen. Der Herr Kollege Schäuble, dem ich von
    hier aus beste Genesung und Besserung wünsche, und
    auch der Herr Kollege Merz reden immer wieder von
    der Veränderungsbereitschaft der Menschen in diesem
    Land. Sie haben diese Veränderungsbereitschaft ins Lee-
    re laufen lassen. Ja, schlimmer noch: Sie haben sogar
    den Eindruck erweckt, als brauche es diese Veränderun-
    gen gar nicht. Das ist neben der finanziellen Erblast die
    noch größere geistig-moralische Erblast Ihrer Politik, die
    Sie uns hinterlassen haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Gestatten Sie mir einen Satz zu dem beantragten Un-
    tersuchungsausschuß. Wir von der Fraktion der Grü-
    nen haben diesen Untersuchungsausschuß von Anfang
    an gewollt. Wir finden gut, daß er jetzt eingesetzt wird.
    Aber eines muß ich Ihnen schon sagen, meine Damen
    und Herren von der Union: Sie verkehren die Rollen et-
    was. Nicht wir, sondern Sie haben etwas zu erklären.
    Und dazu hatten Sie Zeit genug, aber Sie haben ge-
    schwiegen!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Bei Herrn Kohl hat sich das vorhin etwas anders ange-
    hört.


    (V o r s i t z : Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)


    Die notwendigen Veränderungen für ein dauerhaftes
    Mehr an Sicherheit führen jedoch kurzfristig zu einem
    Mehr an Unsicherheit. So erscheint den Menschen das
    Festhalten am Status quo kurzfristig besser und sicherer
    als der mutige Weg der Erneuerung und dauerhaften Si-
    cherung der Zukunft. Dieser Teufelskreis ist das größte
    Handicap, das die alte Regierung zurückgelassen hat.
    Das ist die geistig-moralische Erblast von Schwarzgelb.
    Sie zu überwinden ist noch schwieriger, als einen Haus-
    halt zu sanieren und aus der Schuldenfalle herauszu-
    kommen


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Trotz dieses schwierigen Erbes haben wir uns für den
    Wandel und gegen den Stillstand entschieden. Dafür
    zahlen wir – das zeigen die letzten Wahlen – kurzfristig
    einen hohen Preis. Aber wir sind uns sicher, daß es nur
    so gelingen kann, den Menschen die soziale Sicherheit
    zurückzugeben, die die Grundlage für die individuelle
    Freiheit bildet, Herr Gerhardt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir öffnen mit unserer Politik die Zukunft. Wir er-
    neuern das Land heute so, daß wir es morgen guten Ge-
    wissens an unsere Kinder übergeben können. Deshalb
    belassen wir es nicht wie die Opposition bei der Be-
    schreibung der Probleme, sondern wir haben uns an die
    Lösung gemacht.

    Rezzo Schlauch






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Meine Damen und Herren, die Bilanz der letzten
    Monate liest sich kurz wie folgt: Wir wollten das alte
    Staatsbürgerschaftsrecht modernisieren, ein Unterneh-
    men, zu dem Sie über Jahre hinweg keine Lust hatten,
    an dem die F.D.P. gescheitert ist. Wir haben es getan.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der F.D.P.)


    Wir wollten durch die Ökosteuer Arbeit billiger und
    Umweltverbrauch teurer machen. Wir haben es getan.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir wollten Eingangs- und Spitzensteuersatz senken,
    meine Damen und Herren von der F.D.P. Wir haben es
    getan, Sie nicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der F.D.P.)


    Wir wollten das Existenzminimum und das Kindergeld
    erhöhen. Wir haben das getan.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir wollten arbeitslosen Jugendlichen endlich wieder
    eine Perspektive geben. In fast 200 000 Fällen haben wir
    es getan, während Sie das Thema ignoriert haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir wollten mehr in Bildung investieren. Wir haben es
    getan. Wir wollten regenerative Energien fördern. Wir
    haben es getan. Und wir wollten die Staatsfinanzen in
    Ordnung bringen. Mit dem Haushaltssanierungsgesetz
    vor zwei Wochen und mit dem Haushalt heute haben wir
    das in einem ersten Schritt getan. Weitere Schritte wer-
    den folgen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das alles zeigt: Diese Regierung ist handlungsfähig,
    meine Damen und Herren von der Opposition.


    (Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.: Oh!)


    – Ja, das macht mir besondere Freude –: Sie ist trotz ge-
    änderter Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat handlungs-
    fähig. Das haben Sie über Jahre hinweg nicht geschafft.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das zeigt auch: Wir haben unsere Probleme hinter uns.
    Sie von der Opposition haben sie vor sich!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir werden auch im nächsten Jahr unseren Kurs der
    finanziellen Seriosität, der sozialen Gerechtigkeit und
    der ökologischen Erneuerung fortsetzen. Ich bin sicher,
    wir werden wie heute auch beim Haushalt 2001 sagen
    können: Dies ist ein guter Tag für unser Land.

    Danke schön.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt der Fraktionsvorsitzende der PDS, Gregor Gysi.


(Gernot Erler [SPD]: Der 50-MilliardenMann!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Herr Schlauch, Sie haben viel Bei-
    fall von der Regierungskoalition bekommen. Es war ja
    auch eine erstaunliche Erfolgsbilanz, die Sie hier vorge-
    tragen haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich warne nur ein bißchen vor der Haltung, die dahinter-
    steckt: Was die Partei sagt, wird morgen sein. Das kenne
    ich.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich finde, Ihre Bilanz ist sehr einseitig ausgefallen. Die
    Selbstkritik, die auch erforderlich gewesen wäre, fehlte
    mir.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kriegen Sie jetzt!)


    Ein Satz hat mich besonders stutzig gemacht, Herr
    Schlauch. Sie haben Ihr Sparprogramm gewürdigt und
    in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen – und das
    der Union vorgehalten –, daß Ihr Sparprogramm von
    Ministerpräsident Biedenkopf, vom Präsidenten des
    Deutschen Industrie- und Handelstags, Stihl, von der
    Deutschen Bank und von der „FAZ“ gelobt wird. Früher
    hätte es die Grünen stutzig gemacht, wenn sie gerade
    von den vier so gewürdigt worden wären.


    (Beifall bei der PDS)

    Heute empfinden Sie das als Bestätigung. Ich finde, Sie
    sollten darüber nachdenken.

    Ich möchte eine Bemerkung zu dem machen, was
    Herr Struck gesagt hat. Sie haben am Anfang Ihrer Rede
    den Brief eines CSU-Mitglieds als Bestätigung Ihrer
    Politik zitiert. Vor dieser Methode kann ich nur warnen.
    Was glauben Sie, wie viele Briefe ich von SPD-
    Mitgliedern bekomme? Ich käme aber nie auf die Idee,
    sie hier als Nachweis zu zitieren. Das sollten wir nicht
    einführen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der PDS – Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr! Wo der Gysi recht hat, hat er recht!)


    Sie haben auch über die Spendenaffäre der Union
    gesprochen. Ich meine, alles, was damit in Zusammen-
    hang steht, ist schon ein starkes Stück. Es fängt mit einer
    Spende von einem Waffenhändler an. Es geht damit
    weiter, daß die Spende bar erfolgte. Ich frage: Warum
    wurde sie eigentlich nicht überwiesen? Warum wurde
    sie als Bargeld in einem Koffer überreicht? Warum
    wurde sie nicht auf ein normales Konto eingezahlt?
    Warum wurde ein eigenes Konto dafür eingerichtet?
    Hier ist Aufklärung wirklich dringend geboten.

    Rezzo Schlauch






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ich sage Ihnen aber auch: Wenn sich der Bundestag
    entscheidet, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen,
    dann ist der Untersuchungsausschuß das Gremium, in
    dem die Fragen geklärt werden. Dann ist es nicht fair,
    das vorher im Plenum zu versuchen und mit Vermutun-
    gen zu operieren und sie als Tatsachen darzustellen.
    Dann lassen Sie uns das alles im Untersuchungs-
    ausschuß klären!

    An die Adresse der Union möchte ich sagen: Könnten
    Sie sich in etwa die Überschrift in der „Bild“-Zeitung
    vorstellen, wenn ein führender PDS-Politiker 1 Million
    DM in bar in einem Koffer bekommen hätte? Ich kann
    sie mir vorstellen. Glauben Sie im Ernst, daß Sie nach
    dem Motto vorgegangen wären, es gilt zunächst die Un-
    schuldsvermutung,


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    oder wären Sie nicht minuten- oder sogar stundenlang
    über uns hergezogen? Ich bin für Fairneß und Recht-
    staatlichkeit. Deshalb werde ich mich an Vorverurtei-
    lungen nicht beteiligen. Ich bitte Sie nur, in umgekehr-
    ten Fällen – und nicht nur als Betroffene – diese Prinzi-
    pien ebenfalls gelten zu lassen.


    (Beifall bei der PDS)

    Lassen Sie mich dazu noch eine Bemerkung machen.

    Die Frage, die der Kollege Dr. Kohl hier gestellt hat,
    kann Herr Struck überhaupt nicht beantworten. Wenn
    wir den Untersuchungsausschuß ernst nehmen, dann
    entscheidet der Untersuchungsausschuß über die Be-
    weisaufnahme und darüber, wann welche Zeugen gehört
    werden. Es wäre schon eine Verletzung der Regeln des
    Untersuchungsausschusses, wenn er hier etwas zusi-
    chert, was der Untersuchungsausschuß zu entscheiden
    hat. Dort muß es geklärt werden, und das muß zügig ge-
    hen; da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu.

    Herr Struck, Sie haben uns – eigentlich der ganzen
    Opposition – gnadenlosen Opportunismus vorgewor-
    fen. Sie haben gesagt, wir fordern lauter Dinge und sa-
    gen nicht, wie sie finanziert werden sollen.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Ja, richtig!)

    Zunächst will ich an folgendes erinnern: Dieser Vorwurf
    trifft jede Opposition. 16 Jahre lang ist Ihnen vorgehal-
    ten worden, daß Sie Dinge vorschlagen, ohne die Finan-
    zierung zu sichern. Irgendwie scheint mir das ein Dau-
    erthema zwischen Regierung und Opposition zu sein.


    (Beifall bei der PDS)

    Aber in diesem Fall irren Sie sich einfach, was Ihre Kri-
    tik an der PDS angeht.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das kann nicht sein!)

    Wir haben zur zweiten Lesung Ihres Haushaltsgesetz-

    entwurfs Änderungsanträge gestellt. Wenn Sie den An-
    trägen stattgeben würden, würde das Mehrausgaben in
    Höhe von 9,907 Milliarden DM und Mehreinnahmen in
    Höhe von 9,933 Milliarden DM bedeuten. Die Vor-
    schläge sind also gegenfinanziert, ja sogar überfinan-
    ziert. Insofern ist Ihr Vorwurf in dieser Hinsicht unbe-
    gründet.


    (Beifall bei der PDS)


    Wenn man die Gesamtbilanz Ihrer Regierungsarbeit,
    Herr Bundeskanzler, für ein Jahr zieht, muß man die
    Beurteilung differenziert vornehmen. Ich will wenig-
    stens ganz kurz versuchen, etwas zur Außenpolitik zu
    sagen. Diese war lange Zeit und wird auch noch lange
    Zeit von der Tatsache geprägt sein, daß Deutschland
    unter Ihrer Verantwortung erstmalig nach 1945 an einem
    völkerrechtswidrigen Angriffskrieg teilgenommen hat.
    Sie wissen, daß wir ganz entschieden und – wie wir
    meinen – aus sehr guten Gründen dagegen waren: als
    Lehre aus der deutschen Geschichte, in Respekt vor dem
    Völkerrecht und weil wir vor allem der Meinung sind,
    daß Krieg kein Mittel der Politik werden darf.

    Heute geht es mir um etwas anderes – das ist bekannt,
    und ich will die Debatte nicht wiederholen –, nämlich
    um die Ergebnisse. Wir haben damals, vor Beginn des
    Krieges, gesagt: Das Schicksal der Kosovo-Albaner
    wird sich während des Krieges nicht verbessern, sondern
    verschlimmern. Dies ist leider eine traurige Wahrheit
    geworden. Jetzt muß ich in den Zeitungen lesen, daß die
    Zahlen, die der Bundesverteidigungsminister Scharping
    vor Beginn des Krieges über Massaker etc. angegeben
    hat, offensichtlich falsch waren. Jetzt möchte ich
    irgendwann Aufklärung darüber haben: Waren die
    Quellen falsch? Dann muß man über die Art der Quellen
    nachdenken. Oder hat er bewußt falsch informiert? Dann
    bedarf auch das der Aufklärung.

    Heute besteht nach wie vor eine extrem komplizierte
    Situation im Kosovo. Man kann eben nicht mit Krieg
    Menschenrechte herstellen. Das zeigen auch jetzt die
    Vertreibung, Verfolgung und Tötung von Serben und
    anderen Minderheiten, die genauso zu verurteilen sind.

    Sie haben gesagt: Das Ganze dient der Schwächung
    von Milosevic. Milosevic muß gestoppt werden. Er muß
    aus seinem Amt heraus. Der Krieg soll in erster Linie
    ihn treffen. Ich stelle fest: Der sitzt immer noch im Amt.
    Wer friert, das ist die jugoslawische Bevölkerung. Die
    Lebensmittelknappheit gibt es bei der jugoslawischen
    Bevölkerung. Deshalb habe ich eine ganz entschiedene
    Bitte: Beenden Sie bezüglich dieser Leistungen das Em-
    bargo. Es trifft nicht Milosevic, es friert doch die Bevöl-
    kerung. Das muß aufhören.


    (Beifall bei der PDS)

    Sie haben damals ganz häufig von Kollateralschä-

    den gesprochen. Wenn es denn Kollateralschäden wa-
    ren, dann heißt dies: ungewollte Schäden. Aber wenn
    man ungewollte Schäden nach dem Krieg nicht besei-
    tigt, dann werden sie irgendwann zu gewollten Schäden.
    Deshalb sage ich Ihnen: Lassen Sie uns die Heizkraft-
    werke wiederaufbauen, lassen Sie uns dafür sorgen, daß
    wenigstens die einfachsten Lebensbedingungen der ju-
    goslawischen Bevölkerung wiederhergestellt werden.
    Das müßte eine Selbstverständlichkeit sein. Wir dürfen
    die Bevölkerung nicht in eine Art Geiselhaft für Milose-
    vic nehmen. Das ist einfach nicht zu verantworten, das
    ist nicht fair. Das schwächt auch nicht diesen Mann, das
    schwächt nur die Bevölkerung.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich habe damals gesagt: Es wird ein Schaden für die

    Charta der Vereinten Nationen, für die UNO, sein. Sie

    Dr. Gregor Gysi






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    wird geschwächt sein. Es wird weltweit eine Dominanz
    des Militärischen geben. Ich glaube, daß Blicke nach In-
    dien, Pakistan oder in andere Regionen das bestätigen.
    Dies gilt übrigens auch für die neue Doktrin der NATO.

    Aber am schlimmsten – das habe ich damals gesagt –
    ist die Sache mit dem Verhältnis zu Rußland. Ohne
    Rußland gibt es keine Stabilität, keine wirkliche Ent-
    wicklung, keinen Frieden in Europa. Das ist, glaube ich,
    eine allgemein anerkannte Tatsache. Ich habe damals
    gesagt: Ich befürchte, daß die Demütigung Rußlands, die
    Negierung des Vetorechts, dazu führen wird, daß das
    Militärische in Rußland wieder in den Vordergrund tritt,
    weil man Rußland gezeigt hat, daß es nur mit entspre-
    chender Militärmacht eine Großmacht ist. Ich habe da-
    vor gewarnt, daß das Militär in Rußland das Primat
    übernehmen wird.

    Jetzt schauen Sie sich die heutige Situation in Ruß-
    land an! Selbst wenn es eine ernstzunehmende politische
    Kraft in Rußland gäbe, die diesen entsetzlichen Tsche-
    tschenien-Krieg beenden wollte, sie könnte das heute
    gegen den Willen der Militärführung überhaupt nicht
    mehr. So hat sich die Situation in Rußland verändert, so-
    sehr haben wir es jetzt mit dem Primat des Militärischen
    zu tun, was ich für kreuzgefährlich halte.


    (Beifall bei der PDS)

    Es mag schon sein – ich finde, in dem Punkt hat Herr

    Glos recht –, Herr Lippelt, daß Sie viele öffentliche Ver-
    anstaltungen zu Tschetschenien durchführen. Aber der
    Bundestag schweigt im wesentlichen. Das geht eigent-
    lich nicht.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir müssen hier viel deutlicher Farbe gegen diesen
    Krieg, der in Tschetschenien geführt wird, bekennen.

    Sie, Herr Bundesaußenminister Fischer, haben den
    früheren Außenminister Kinkel immer dafür kritisiert,
    daß er Menschenrechte nicht in den Mittelpunkt der
    Außenpolitik gestellt hat. Was hat sich denn diesbezüg-
    lich im Verhältnis zum Iran, zur Türkei oder zu anderen
    Ländern in der Außenpolitik geändert? Ich kann nichts
    erkennen.

    Ich mache mir auch über etwas anderes Sorgen. Noch
    nie war das Verhältnis zwischen Deutschland und
    Frankreich so distanziert wie heute. Aber nur bei einem
    wirklich guten Verhältnis zwischen Deutschland und
    Frankreich wird es möglich sein, den europäischen Eini-
    gungsprozeß voranzubringen. Sie können die Beziehun-
    gen zu Frankreich durch Beziehungen zu Großbritannien
    nicht ersetzen.

    Was hat sich bei den Rüstungsexporten getan? Alle
    haben doch gedacht, daß Rüstungsexporte reduziert
    werden, wenn SPD und Grüne regieren. Manche hatten
    vielleicht sogar die Illusion, Rüstungsexporte würden
    gestoppt. Diese Illusion hatte ich nicht. Jetzt muß ich
    feststellen, daß es in diesem Jahr mehr Rüstungsexporte
    als im letzten Regierungsjahr von Kanzler Kohl gab.
    Das ist geradezu absurd. Es stellt die Welt doch irgend-
    wie auf den Kopf. Der Panzer für die Türkei ist dabei ja
    nur die Spitze des Eisberges.

    Wir hatten uns vorgestellt und gehofft, daß die Ent-
    wicklungshilfe ausgebaut wird, schon um Fluchtursa-
    chen zu bekämpfen. Statt dessen werden die Mittel für
    die Entwicklungshilfe zurückgeschraubt. Damit wird
    auch die Bekämpfung von Fluchtursachen zurückge-
    schraubt.

    Hat sich wenigstens die Lage der Flüchtlinge in
    Deutschland verbessert? Sie hat sich nicht verbessert; es
    ist maximal beim Ist-Zustand geblieben. Nun beginnt
    auch noch der Innenminister, über das Grundrecht auf
    Asyl zu fabulieren. Was soll das? Wir wissen doch alle,
    wohin solche Asyldebatten führen. Wir erinnern uns
    doch noch an die brennenden Asylheime. Lassen Sie ei-
    ne solche gesellschaftliche Debatte nicht zu!


    (Beifall bei der PDS)

    Zur Innenpolitik. Die Dezembergesetze Ihrer Regie-

    rung gehen in Ordnung. Ich bedauere nur, daß Sie da-
    mals, zum Beispiel im Hessen-Wahlkampf, nicht vehe-
    ment damit gepowert haben. Ich hatte immer das Ge-
    fühl, daß sie Ihnen so richtig gar nicht gefallen haben.
    Aber inzwischen greifen Sie in Ihren politischen Äuße-
    rungen immer häufiger auf die Dezembergesetze von
    1998 zurück. Das geht auch in Ordnung. All das haben
    wir unterstützt. Es waren alles Schritte in die richtige
    Richtung, auch wenn der eine oder andere vielleicht zu
    kurz war: Aussetzung der Senkung des Rentenniveaus,
    Kündigungsschutzerweiterung, Reduzierung der Zu-
    zahlung für Medikamente, Lohnfortzahlung im Krank-
    heitsfall, Kindergelderhöhung etc.

    Wir haben zwar Bedenken gegen Ihr Jugendpro-
    gramm, weil es nicht so greift, wie Sie es hier immer
    darstellen. Trotzdem ist auch das ein Schritt in die rich-
    tige Richtung. Nur lieber Herr Schlauch, in dieser Frage
    kommen Sie irgendwann um das Problem der Umlage-
    finanzierung nicht herum. Immer noch gibt es Tausen-
    de Jugendliche ohne Lehrstelle und ohne Ausbildung.
    Immer noch sind es die kleinen und mittelständischen
    Unternehmen, die weit über ihre Möglichkeiten ausbil-
    den, während sich die Großen immer mehr aus der Aus-
    bildung zurückziehen. Deshalb werden wir diese Umla-
    gefinanzierung benötigen. Wir kommen nicht umhin.

    Ihre Regierung hat zum Teil wichtige Probleme auf-
    gegriffen. Die diesbezüglichen Angriffe von CDU/CSU
    und F.D.P. sind, was die Problematik betrifft, regelrecht
    falsch: 630-Mark-Jobs, Scheinselbständigkeit. Es be-
    stand doch die Tendenz, daß immer mehr Arbeitsver-
    hältnisse in 630-Mark-Jobs aufgegliedert wurden, daß
    dadurch vorwiegend die Arbeitnehmerinnen – auch ei-
    nige Arbeitnehmer – nicht abgesichert waren und daß
    dadurch die Versicherungskassen immer leerer wurden.
    Also bedurfte dieses Problem einer Lösung. Dasselbe
    gilt für die Scheinselbständigkeit.

    Daß Sie dabei nicht konsequent waren, daß es auch
    zu Überziehungen kam – Stichwort Übungsleiter im
    Sport etc. –, ist ein anderes Thema. Das hätte man aber
    wissen können und wissen müssen. Insofern gibt es Kor-
    rekturbedarf. Aber es ist richtig, daß man die Probleme
    im Prinzip einer Lösung zuführt.

    Ich möchte etwas zur neoliberalen Tendenz sagen, die
    leider in allen Parteien um sich greift, nicht nur in der

    Dr. Gregor Gysi






    (A) (C)



    (B) (D)


    F.D.P. und in der CDU/CSU, sondern auch bei den Grü-
    nen und zum Teil auch in der SPD.


    (Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Auch in der PDS! – Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Wir fordern weniger Staat!)


    – An dieser Stelle kommt immer der Ruf von Herrn
    Gerhardt nach weniger Staat. Machen wir es einmal
    konkret, nehmen wir einmal Holzmann! Die jetzige Si-
    tuation ist so, daß alle auf den Kanzler setzen. Am lieb-
    sten soll er die Schulden selber bezahlen. Der Staat soll
    die Löhne bezahlen; auf jeden Fall soll der Staat Bürg-
    schaften übernehmen. Herr Bundeskanzler, ich sage Ih-
    nen schon heute: Wir werden alles, was Sie dort zusi-
    chern, unterstützen, wenn es die Arbeitsplätze der Be-
    schäftigten rettet.


    (Beifall bei der PDS)

    Aber eines sage ich ganz deutlich: Wenn der Staat für

    die Schulden zuständig wird, dann muß mit dem Gerede
    über die Beteiligung privater Gewinne an der Finanzie-
    rung des Allgemeinwohls Schluß sein. Das muß aufhö-
    ren.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Privatwirtschaftliche Gewinne bleiben immer in privaten
    Händen, während privatwirtschaftliche Schulden soziali-
    siert werden sollen. Die Steuerzahlerinnen und Steuer-
    zahler müssen die Tilgung dieser Schulden auf sich
    nehmen. Sie sprechen davon, wie unproduktiv die Ver-
    mögensteuer ist usw.; aber jetzt soll die Politik helfen,
    jetzt soll der Staat eingreifen. Wir müssen da jetzt ein-
    mal eine Symmetrie herstellen.

    Dasselbe gilt für die Diskussion über Arbeitnehme-
    rinnen- und Arbeitnehmerrechte. Immer wieder höre ich
    von der rechten Seite das Argument, wie kontraproduk-
    tiv Arbeitnehmerrechte seien. Die Arbeitnehmer dürf-
    ten sich nicht in die Entscheidungen des Managements
    einmischen. Aber das Problem ist folgendes: Wenn das
    Management falsche Entscheidungen trifft, dann werden
    die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Straße
    geschickt und haben keinen Lohn mehr. Insofern fordern
    wir mehr Mitbestimmungsrechte; denn die Entscheidun-
    gen in den Vorständen betreffen auch das Schicksal der
    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deshalb müssen
    sie stärker in diese Entscheidungen einbezogen werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Sie fordern immer Lohnzurückhaltung. Wissen Sie

    eigentlich, welche Folgen diese Forderung für die Ar-
    beitnehmer hat? Wenn die Arbeitnehmer auf gerechtfer-
    tigte Lohnsteigerungen verzichten und anschließend ar-
    beitslos werden, dann bedeutet dies weniger Arbeitslo-
    sengeld und weniger Arbeitslosenhilfe, vom Rückgang
    der Kaufkraft einmal abgesehen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Es ist etwas komplizierter!)


    Warum hat die Baubranche Schwierigkeiten? Die
    Baubranche hat deshalb Schwierigkeiten, weil Sie, Herr
    Gerhardt, jahrelang nichts gegen Lohndumping auf den

    Baustellen unternommen haben. Dies hat natürlich die
    Bauunternehmen, die noch nach Tarif gezahlt haben, in
    höchstem Maße gefährdet. Aber Sie wollten ja Lohn-
    dumping. Dies ist eine der Folgen, mit der wir uns jetzt
    auseinandersetzen müssen.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich möchte auch noch eine Bemerkung zu den feind-

    lichen Übernahmen machen. Herr Bundeskanzler, ich
    habe mit großer Freude in der Presse gelesen, daß Sie
    jetzt ganz und gar gegen feindliche Übernahmen seien
    und daß Sie eine europäische Regelung fordern, um sol-
    che Übernahmen auszuschließen. Auf Seite 17 der Ant-
    wort Ihrer Regierung auf die Große Anfrage der PDS-
    Fraktion vom 20. Oktober 1999 heißt es zu feindlichen
    Übernahmen:

    Feindliche Übernahmen, das heißt Übernahmen ge-
    gen den Willen des Vorstandes der Zielgesellschaft,
    sind aus volkswirtschaftlicher Sicht grundsätzlich
    nicht negativ zu bewerten. Potentielle Übernahmen
    haben eine wichtige Kontrollfunktion, weil weniger
    effiziente Vorstände mit der Übernahme des Unter-
    nehmens mit ihrer Ablösung rechnen müssen.

    Weiter heißt es, daß es um den Schutz der Aktionäre ge-
    he. Der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
    mer wird in Ihrer Antwort überhaupt nicht erwähnt. Zum
    Schluß heißt es:

    Gesetzliche Maßnahmen bezüglich der Verhinde-
    rung feindlicher Übernahmen sind von der Bundes-
    regierung nicht geplant.

    Sie wissen, es gibt einen großen Unterschied zwi-
    schen freundlichen Übernahmen, bei denen es um mehr
    Effizienz und die Gestaltung des Unternehmens geht –
    auch diese Übernahmen sind leider meistens mit Ar-
    beitsplatzverlusten verbunden –, und feindlichen Über-
    nahmen, in deren Folge ein Konkurrent zumindest im
    wesentlichen vernichtet werden soll, was mit dem Ver-
    lust Tausender Arbeitsplätze verbunden ist. Deshalb sa-
    ge ich Ihnen: Nein, so einfach ist es mit „weniger Staat“
    nicht getan.

    Jetzt regen sich alle über feindliche Übernahmen auf.
    Im Grunde genommen sind solche Übernahmen aber ein
    Resultat der nackten Marktwirtschaft. Wir müssen also
    schon ein bißchen regulieren, wenn wir wollen, daß das
    Ganze sozial verträglich abläuft und Arbeitsplätze ge-
    schaffen und erhalten werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Sie haben Gesetze initiiert, die nach dem Motto „Ja,

    aber“ oder „Nein, aber“ funktionieren. Zur Ökosteuer:
    Natürlich ist es erst einmal richtig – hierin stimme ich
    Ihnen, Herr Schlauch, zu –, daß der Gedanke der Ökolo-
    gie in das Steuersystem eingeführt wird, daß der Res-
    sourcenverbrauch verteuert wird und daß ökologisches
    Verhalten steuerlich begünstigt wird. Aber schauen Sie
    sich doch einmal Ihr Gesetz an! Die ökologische Len-
    kungswirkung ist gleich Null.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Wo er recht hat, hat er recht!)


    Dr. Gregor Gysi






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Wenn Sie eine Energiesteuer einführen und gleich-
    zeitig diejenigen, die die meiste Energie verbrauchen,
    von dieser Steuer befreien, dann müssen Sie doch damit
    rechnen, daß die Wirkung gleich Null ist. Sie haben
    Lobbyismus betrieben. Die Energiesteuer ist sozial ab-
    solut unverträglich, weil sie im wesentlichen von den
    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Rentnerin-
    nen und Rentnern, den Arbeitslosen und den Sozialhil-
    feempfängern gezahlt werden muß.

    Auch beim Thema Mineralölsteuer können Sie einen
    Aspekt nicht ausklammern: Sie können zwar das Auto-
    fahren teurer machen, aber nur unter der Bedingung, daß
    Sie den Menschen eine sozial verträgliche verkehrspoli-
    tische Alternative anbieten. Aber mit Ihrer Ökosteuer
    machen Sie auch Bus und Bahn teurer. Dies ist sozial
    extrem unausgewogen.


    (Beifall bei der PDS)

    Im übrigen verzerren Sie durch die unterschiedliche

    Behandlung der Unternehmen auch noch ganz erheblich
    den Wettbewerb in der Wirtschaft. Die Landwirtschaft
    wird diesbezüglich am meisten getroffen, auch durch Ih-
    re Sozialkürzungen. Die Landwirte erhalten keinen Aus-
    gleich. Bisher sehe ich kein Bemühen, dies zu reparie-
    ren.

    Die Gesundheitsreform ist ein interessantes Bei-
    spiel. Im Gesundheitswesen steigen die Kosten. Nun
    fordern Union und F.D.P., daß die Beiträge nicht erhöht
    werden. Sie denken dabei weniger an die Arbeitnehme-
    rinnen und Arbeitnehmer als vielmehr an die Unterneh-
    mer. Das ist egal. Auf jeden Fall fordern alle Fraktionen
    in diesem Hause – auch SPD, Grüne und PDS –, die
    Beiträge nicht zu erhöhen. Aber die Kosten im Gesund-
    heitswesen steigen. Was tun? Die Opposition zur Rech-
    ten schlägt jetzt vor, die Zuzahlungen der Patientinnen
    und Patienten zu erhöhen. Dies ist nun die unsolida-
    rischste aller denkbaren Varianten; denn damit wird das
    Problem auf Kosten der Kranken gelöst.


    (Beifall bei der PDS sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wir sind der Bundesregierung dankbar, daß sie diesen
    Weg nicht mitgeht.

    Allerdings macht es sich auch die Bundesregierung
    zu leicht, wenn sie den medizinischen Einrichtungen
    vorschreiben möchte, wieviel Geld sie ausgeben dürfen.
    Mehr sei eben nicht da, sie sollten sehen, wie sie zu-
    rechtkämen. Das heißt, Sie verlagern ein gesamtgesell-
    schaftliches Problem auf Ärztinnen und Ärzte und auf
    Schwestern. Das ist natürlich nicht hinnehmbar. Wo
    sollen die denn das Problem lassen? Sie können es letzt-
    lich wiederum nur an Patientinnen und Patienten weiter-
    geben. Wir werden die Schließung von Einrichtungen
    erleben. Deshalb sage ich: Das ist der falsche Weg.

    Wir haben vorgeschlagen, die Finanzierung durch ei-
    ne gerechtere Beitragsbemessungsgrenze zu sichern, da-
    durch, daß mehr und nicht nur die abhängig Beschäftig-
    ten in die Kasse einzahlen müssen, und dadurch, daß die
    Unternehmen nicht länger nach der Lohnsumme ein-
    zahlen, sondern endlich nach ihrer Wertschöpfung, das
    heißt differenziert nach ihrer Leistungsfähigkeit, und in-

    dem wir gleichzeitig eine Strukturreform im Gesund-
    heitswesen durchführen, in dem es viele Spareffekte
    gibt. Die Positivliste ist vernünftig, weil sie auch ein
    bißchen die Gewinne der Pharmaindustrie einschränkt.

    Daß Sie jetzt die Polikliniken wiederentdecken, ist,
    finde ich, ein starkes Stück. Wir haben Ihnen schon
    1990 gesagt, daß sie eine sinnvolle Einrichtung sind.
    Man hätte sie gar nicht erst kaputtmachen sollen. Dieser
    Hinweis muß allerdings an die Adresse der ehemaligen
    Regierung gehen.


    (Beifall bei der PDS)

    Sie hatten das Ziel der Bekämpfung der Arbeitslo-

    sigkeit und nennen jetzt als Hauptziel die Sanierung des
    Haushalts. Ich sage Ihnen: Sie sanieren den Haushalt am
    ehesten, wenn Sie die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Da-
    für aber wäre eine ganz andere Politik erforderlich. Wir
    müssen dem Umstand Rechnung tragen, daß die Ar-
    beitsproduktivität ständig steigt, daß immer weniger
    Menschen in immer kürzerer Zeit immer mehr herstel-
    len. Wir müssen zu Arbeitszeitverkürzungsmodellen
    kommen. Wir müssen Arbeit gerechter verteilen. Mit
    Lohnzurückhaltung lösen Sie auf dieser Strecke kein
    Problem, ganz im Gegenteil. Wir können auch keine
    weitere Schwächung der Kaufkraft hinnehmen. Wir
    brauchen im Non-profit-Sektor einen öffentlich geför-
    derten Beschäftigungssektor. Es ist doch viel sinnvoller,
    Arbeit zu bezahlen statt Arbeitslosigkeit.

    Es wird mir immer gesagt, Jugendarbeit sei teuer. Das
    ist wahr. Aber ich sage Ihnen: Jugendstrafvollzug ist viel
    teurer. Deshalb lassen Sie uns die Mittel an den richti-
    gen Stellen auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen ein-
    setzen.


    (Beifall bei der PDS)