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ID1407203000

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    Vokabeln: 6
    1. Kollege: 1
    2. Gerhardt,bitte: 1
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    6. Schluß.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/72 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 72. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetzes 2000) (Drucksachen 14/1400, 14/1680) ...................................... 6505 A b) Beschlußempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 1999 bis 2003 (Drucksachen 14/1401, 14/1680, 14/1925) ...................................... 6505 B 14. Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/1904, 14/1922) ............... 6505 B Michael Glos CDU/CSU ................................. 6505 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ..................................................... 6510 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 6512 A Dr. Helmut Kohl CDU/CSU ........................ 6515 D Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 6517 D Michael Glos CDU/CSU ................................. 6518 C Dr. Peter Struck SPD ....................................... 6518 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ......................... 6519 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6523 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ..................... 6527 B Dr. Gregor Gysi PDS ....................................... 6528 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 6533 A Volker Rühe CDU/CSU .................................. 6539 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 6543 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD .................... 6544 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6548 B Cornelia Pieper F.D.P....................................... 6550 C Jörg Tauss SPD ........................................... 6552 A Lothar Mark SPD ............................................ 6552 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU .................... 6555 D Lothar Mark SPD ............................................ 6556 A Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thü- ringen) .............................................................. 6556 C Rolf Schwanitz SPD ........................................ 6559 C Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thü- ringen) .............................................................. 6560 A Klaus Hagemann SPD ..................................... 6560 B Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK ...... 6562 D Namentliche Abstimmung ............................... 6564 A Ergebnis ........................................................... 6566 C 15. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/1905, 14/1922) ..................................................... 6564 B Herbert Frankenhauser CDU/CSU .................. 6564 B Uta Titze-Stecher SPD .................................... 6569 A Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 6573 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 6575 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU ..................... 6577 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 6577 C Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 6577 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU .............. 6579 C Dr. Eberhard Brecht SPD ............................ 6581 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD ................ 6581 D Peter Hintze CDU/CSU ................................... 6583 C Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 6585 D Ulrich Irmer F.D.P. ...................................... 6586 D Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU .......... 6587 B Peter Hintze CDU/CSU ................................... 6590 D 16. Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/1913, 14/1922) .............. 6591 C Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 6591 C Volker Kröning SPD ........................................ 6594 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 6598 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 6600 B Heidi Lippmann PDS ....................................... 6602 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 6603 C Paul Breuer CDU/CSU .................................... 6605 B Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg ...... 6608 D Paul Breuer CDU/CSU ................................ 6610 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. ................ 6610 D Helmut Rauber CDU/CSU .............................. 6613 C Namentliche Abstimmung ............................... 6614 A Ergebnis ........................................................... 6614 C 17. Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/1917, 14/1922) .............. 6617 A Michael von Schmude CDU/CSU ................... 6617 B Dr. Emil Schnell SPD ...................................... 6618 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU ...... 6620 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 6622 B Dr. R. Werner Schuster SPD ........................... 6623 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 6624 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ................................................................. 6624 C Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 6626 C Carsten Hübner PDS ....................................... 6627 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU ................... 6628 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ ........................................................... 6629 D Nächste Sitzung ............................................... 6632 D Berichtigungen ................................................ 6632 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 6633 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 6505 (A) (C) (B) (D) 72. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigungen 71. Sitzung, Seite 6448 D, zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich frage Sie, wie das mit § 33c des Einkommenssteuergesetzes ist.“ 71. Sitzung, Seite 6484 B, erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie von der Opposition ha- ben an dieser Stelle gerügt, daß der Haushaltsansatz für die Bereitschaftspolizei um 3 Millionen DM gesenkt wird.“ Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 1999 6633 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Balt, Monika PDS 24.11.99 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.11.99 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 24.11.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 24.11.99 * Bury, Hans Martin SPD 24.11.99 Frick, Gisela F.D.P. 24.11.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 24.11.99 Gebhardt, Fred PDS 24.11.99 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 24.11.99 Hofmann (Volkach), Frank SPD 24.11.99 Hovermann, Eike SPD 24.11.99 Kanther, Manfred CDU/CSU 24.11.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Kossendey, Thomas CDU/CSU 24.11.99 Lamers, Karl CDU/CSU 24.11.99 Leutheusser-Schnarren- berger, Sabine F.D.P. 24.11.99 Müller (Berlin), Manfred PDS 24.11.99 Ostrowski, Christine PDS 24.11.99 Röttgen, Norbert CDU/CSU 24.11.99 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.11.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 24.11.99 Schulz (Leipzig), Werner BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.11.99 Simm, Erika SPD 24.11.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 24.11.99 Stübgen, Michael CDU/CSU 24.11.99 Voßhoff, Andrea CDU/CSU 24.11.99 Wieczorek (Duisburg), Helmut SPD 24.11.99 ————— * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 0228/3 82 08 40, Telefax: 0228/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! Auch ich will – wie der
    Kollege Struck – unserem Kollegen Schäuble gute Ge-
    nesungswünsche übermitteln. Wir wünschen ihm, daß er
    bald wieder hier im Parlament mitwirken kann.


    (Beifall bei der F.D.P., der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Als zweites möchte ich zu der Rede des Kollegen
    Struck folgendes sagen: Jeder bekommt ja Briefe, sogar
    sehr viele. Sie, Herr Kollege Struck, haben einen Brief
    vorgetragen, in dem Ihnen ein CSU-Mitglied geschrie-
    ben hat, Ihre Politik sei richtig, und die Politik der Uni-
    on sei falsch.

    Auch ich habe Briefe erhalten. Mir hat ein Mann ge-
    schrieben, er habe sich bei der letzten Bundestagswahl
    verwählt. Er habe SPD gewählt und bedauere das. Er hat
    einen 500-DM-Scheck beigelegt und versichert, er wer-
    de das nicht wiederholen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Ich darf diese Spende hiermit ganz offiziell anzeigen.
    Meine Damen und Herren, wollen wir doch einmal

    eines festhalten: Trotz des vielen Pulverdampfes heute
    morgen spüren wir doch, daß das abgelaufene Jahr selbst
    bei SPD und Grünen nicht gerade als Erfolgsjahr öffent-
    lich bekanntgegeben wird. Das ist überall nachzulesen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es gibt ganz gemischte Gefühle. Ich erinnere mich an
    den Start. Ich habe mich schon gewundert, weil es doch
    Kollegen waren, die lange politisch tätig waren. Sie ha-
    ben erklärt, man bräuchte jetzt sehr wahrscheinlich kei-
    ne Koalitionsgespräche mehr. Die Koalitionsvereinba-
    rung sei so gut. Nun gehe es voran. Es ging dann auch
    voran!

    Bevor es aber überhaupt voranging, kam der in Aus-
    sicht genommene Wirtschaftsminister abhanden. Als es
    dann voranging, wurde die erste Phase bemäntelt mit
    Kommunikationsschwierigkeiten. Als diese vorbei war,
    bequemte man sich zu der Aussage, man habe sich wohl
    etwas übernommen. Man habe zuviel des Guten und das
    alles gleichzeitig gewollt, und das sei auch alles viel zu
    schnell gegangen.

    Das haben wir auch gespürt. Der Bundeskanzler ist ja
    förmlich von seinem eigenen Schwung mitgerissen wor-
    den in den ersten Erklärungen zu den 630-Mark-

    Verträgen. Dann hat er gemerkt, daß es mit dieser
    Brummkreiselpolitik nicht weitergeht, und hat Nachbes-
    serungen angekündigt. Die verbale Nachbesserungspha-
    se hat zwei bis drei Monate gedauert. Als die Nachbes-
    serungsphase real wurde, wurde nichts besser. Das war
    eine Phase der Verschlimmbesserung aller Gesetze, die
    vorliegen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nun hatten wir nach einigen Monaten gedacht, das
    Schlimmste sei nun vorüber, jedenfalls soweit es diese
    Koordinationsmängel betrifft. Im letzten Plenum und
    auch gestern haben wir erfahren, daß der eigentliche
    Höhepunkt die Gesundheitsreformgesetzgebung ge-
    wesen ist. Da geht es doch nicht nur um die fehlenden
    20 Seiten. Wenn es das nur wäre! Ihrer Politik, Herr
    Bundeskanzler, fehlen doch nicht nur 20 Seiten. Ihr fehlt
    das Ziel, die Grundlage, das Konzept, das, was an politi-
    schen Begründungen notwendig ist.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen!)


    Jetzt geht es auf das Jahresende zu. Meine Kollegin-
    nen und Kollegen von der SPD, erinnern Sie sich doch
    einmal wirklich: Was haben Sie denn in diesem Jahr al-
    les genannt? Den Transrapid auf einer Schiene. Dann die
    voll budgetierten Patienten. Reden Sie doch nicht über
    die Ärzte, deren Budget beschnitten wird. Wenn deren
    Budget beschnitten wird, wird die medizinische Versor-
    gung der Patienten in Deutschland beschnitten. Das ist
    der Weg, den Sie gehen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Auf gleicher Schiene liegen das Abkassiermodell Öko-
    steuer, ein völlig strangulierter Arbeitsmarkt, die starke
    Subventionierung der Steinkohle und die Gefährdung
    der Braunkohle, ein Sparprogramm, das auf Verschiebe-
    bahnhöfen basiert, die unendliche Geschichte des Kern-
    energieausstiegs, die Rente nach Kassenlage und das
    Gesetzgebungsverfahren für die vermaledeite Gesund-
    heitsreform. Wenn es überhaupt jemals eine Gelegenheit
    gegeben hat, um den Ausdruck von Joseph Fischer an-
    zuwenden, dann jetzt: „Avanti, dilettanti!“ – das kenn-
    zeichnet die Sachlage in diesem Jahr am besten.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    Der Bundeskanzler hatte in der Nacht – manche erin-
    nern sich vielleicht noch – nach seinem Wahlsieg er-
    klärt, er sei am Ziel. Das war falsch. Sie waren am An-
    fang. Jetzt stehen Sie da wieder. Sie waren nicht am
    Ziel. Sie hätten wissen müssen, daß Sie Verantwortung
    übernehmen. Heute spüren Sie es. Sie alle, meine Da-
    men und Herren von der rotgrünen Koalition, wissen es:
    Die Arbeitslosenquote liegt nach wie vor hoch, die
    Zustimmung zu Ihrer Politik ist stark gesunken. Jeder
    spürt es; das ist doch nicht nur die Wahrnehmung von
    draußen.

    Dr. Peter Struck






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Sie, Herr Bundeskanzler, wissen es selbst – ich sage
    das hier ganz offen –, daß in diesem Jahr so manches
    gewaltig schiefgelaufen ist. Ich bezweifle, ob Sie heute
    noch einmal solche Gesetzvorhaben wie das zu den 630-
    Mark-Arbeitsverhältnissen auf den Weg bringen wür-
    den. Es kann Ihnen doch nicht verborgen geblieben sein,
    daß Sie mit diesen Gesetzen genau die kleinen Leute
    getroffen haben,


    (Zuruf von der SPD: Ach komm, hör auf!)

    als deren Schutzpatron Sie sich im Bundestagswahl-
    kampf ausgegeben haben.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie haben die Menschen getroffen, die sich anstrengen
    müssen, die ein Haus gebaut haben, die noch etwas
    dazuverdienen müssen, die Kindern eine besonders qua-
    lifizierte Ausbildung geben möchten oder die eine An-
    schaffung getätigt haben. Diese Menschen sind doch auf
    Zuverdienste angewiesen, sie haben doch nicht verzwei-
    felt nach Lücken auf dem Arbeitsmarkt gesucht, sondern
    waren bereit zu arbeiten.

    Ich glaube auch nicht, Herr Bundeskanzler, daß Sie
    noch einmal den gleichen gesetzgeberischen Weg ein-
    schlagen würden wie bei der Bekämpfung der
    Scheinselbständigkeit. Ihnen muß doch klargeworden
    sein, daß das zu nichts führt, daß Sie damit Existenz-
    gründer treffen und Attentismus auslösen. Daß Sie das
    heute nicht zugeben wollen, verstehe ich ja, aber ich
    unterstelle Ihnen, daß Sie das ganz genau wissen.

    Sie brauchen uns doch nicht zu erzählen, daß die
    Rente nach Kassenlage ein Erfolgsstück gewesen sei.
    Ich selbst habe mindestens dreimal mitverfolgen kön-
    nen, wie Sie sich im Fernsehen beim deutschen Volk für
    die Fehler bei der Führung Ihres Bundestagswahlkamp-
    fes entschuldigt haben. Herr Bundeskanzler, das war nur
    ein Fehler, aber ich glaube, Sie sind sich heute darüber
    im klaren, daß Sie völlig unvorbereitet in den Bundes-
    tagswahlkampf und in die nachfolgenden Koalitionsver-
    handlungen zu den großen sozialen Fragen der Bundes-
    republik Deutschland gegangen sind. Das ist der Sach-
    verhalt. Das haben Sie nicht gesehen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nun wartet die Zukunft nicht, bis Sie und die SPD ih-
    re Gedanken sortiert haben. Das Jahrtausend wechselt.
    Wenn sich die SPD bis dahin nicht klar darüber ist, wie
    sie ihre Sozialpolitik gestalten will, werden Sie in
    Schwierigkeiten kommen. Die Sozialdemokratische
    Partei Deutschlands steht vor einem zweiten Bad Go-
    desberg, diesmal sozialpolitischer Art. Es reicht nicht
    aus, daß Sie wie ein Auslandskorrespondent zusammen
    mit Tony Blair der SPD Signale übermitteln, über die
    Sie im übrigen noch vor zwei Jahren gesagt haben, daß
    sie aus dem Giftschrank der bösen Neoliberalen kämen.
    Wenn Sie die Grundgedanken aus dem gemeinsam mit
    Tony Blair verfaßten Papier an die deutschen Verhält-
    nisse anpassen, kommen Sie zu Konzepten, die wir
    schon seit langem vertreten. Sagen Sie doch Ihren Ge-
    nossen, daß sie sich den Schlagabtausch mit den bösen

    Neoliberalen sparen können. In wenigen Jahren wird auf
    Gewerkschaftstagen ein Themenpaket diskutiert werden
    müssen, das heute Beschlußlage der Freien Demokrati-
    schen Partei ist. Anders geht es nämlich nicht; die welt-
    weite Entwicklung wird Sie dazu zwingen.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Die alten Systeme – das hat Herr Riester schon er-

    kannt – tragen so nicht mehr. Ich möchte aber wissen,
    welche neuen tragen. In der heutigen Debatte möchte ich
    von Ihnen eine Auskunft darüber haben, wie Ihr Renten-
    konzept wirklich aussieht. Dies möchte ich im übrigen
    auch von den Grünen erfahren. Deren Haltung ist ja
    völlig gespalten: Man braucht nur die öffentlichen Äu-
    ßerungen und das Abstimmungsverhalten im Bundestag
    zu vergleichen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn man hört, was Frau Scheel zur Steuerpolitik sagt,
    dann frage ich mich, warum sie diesem Haushalt und der
    bisherigen Steuergesetzgebung zustimmen kann.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wenn man die Jüngeren unter den Grünen zu den
    Altersvorsorgesystemen reden hört, dann wundert man
    sich, daß sie Rente nach Kassenlage überhaupt mitma-
    chen konnten. Es ist doch absurd, was sich bei den Grü-
    nen abspielt: eine komplette Identitätsverlustlinie seit
    einem Jahr Regierungsbeteiligung. Sie brechen nahezu
    jedes Wahlversprechen, das Sie Ihrer Wählerschaft ge-
    geben haben. Sie haben nichts von dem erreicht, was
    vorher angekündigt worden ist.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, das ist die Situation einer

    Regierung nach einem Jahr, die angetreten war, vieles
    besser zu machen, einen Aufbruch zu vermitteln,
    Deutschland nach vorne zu führen und die Fehler der
    Vergangenheit nicht zu wiederholen. Sie sind mit einem
    öffentlichen Image angetreten, das im Laufe eines Jahres
    völlig zu Staub geworden ist. Noch niemals in der Ge-
    schichte der Bundesrepublik hat eine Bundesregierung
    einen derartigen Ansehensverlust innerhalb eines Jahres
    erlitten,


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    weil die Menschen spüren, daß Sie nicht vorbereitet wa-
    ren, daß Sie ihnen Falsches versprochen haben und daß
    Sie Versprechen nicht halten können.

    Die heutige Debatte sollte sich nicht nur mit der Fra-
    ge beschäftigen, wann wir einen Untersuchungsaus-
    schuß zustande bringen können. Ich erkläre für meine
    Fraktion, daß wir die Einsetzung dieses Ausschusses am
    Freitag beschließen können. Er kann sofort in Gang
    kommen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig!)

    Bei der heutigen Debatte möchte – neben den Tatbe-
    ständen, die der Untersuchungsausschuß aufzuklären hat
    – die deutsche Öffentlichkeit wissen, welches die Stand-
    orte der Parteien sind und wer für was steht, damit über-

    Dr. Wolfgang Gerhardt






    (A) (C)



    (B) (D)


    haupt erkennbar wird, in welche Richtung wir gehen
    können. Das will ich jetzt beantworten.


    (Beifall des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])

    „Die sozialen Sicherungssysteme“ – so hat Klaus von

    Dohnanyi, ein Mitglied der SPD, das in diesem Zusam-
    menhang immer zitiert wird und das ich übrigens gern
    zitiere, gesagt – „haben sich zu einer Barriere gegen Ar-
    beitsplätze entwickelt.“ Ich füge hinzu: Unser strangu-
    lierter Arbeitsmarkt hat sich ebenfalls zu einer Barriere
    gegen Arbeitsplätze entwickelt. Das weiß doch jeder.
    Ich kann sogar noch hinzufügen: Die hohe Steuerlast,
    bei der Sie überhaupt keine Anstrengung unternehmen,
    von ihr quer durch alle Einkommensgruppen herunter-
    zukommen,


    (Walter Schöler [SPD]: Was?)

    hat sich zu einer Barriere gegen Arbeitsplätze entwik-
    kelt. Was ist denn eigentlich wirklich sozial?


    (Joachim Poß [SPD]: Eine Entlastung um 40 Milliarden DM bis 2002!)


    Sind denn diejenigen sozial, die das meiste Geld in die
    soziale Begleitung von Arbeitslosigkeit stecken? Oder
    haben auch diejenigen soziales Bewußtsein, die die
    Kernfrage der sozialen Sicherheit in Deutschland mit
    dem Hinweis auf Arbeitsplätze beantworten? Im Unter-
    schied zu sozialpolitischen Vorstellungen der SPD sage
    ich für die Freien Demokraten, die größte soziale
    Sicherheit ist ein Arbeitsplatz und nicht die Höhe der
    Sozialhilfe, der Arbeitslosenhilfe und des Arbeitslosen-
    geldes.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb ist der erste Schritt moderner Sozialpolitik,
    Angebotsbedingungen in Deutschland so zu gestalten,
    daß Kapital und Technologie in Deutschland bleiben
    oder nach Deutschland eingeladen werden.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Anders ist soziale Sicherheit überhaupt nicht zu gestal-
    ten.

    15 Prozent Eingangssteuersatz bei der Einkommen-
    steuer und der Lohnsteuer, 25 Prozent mittlerer Steuer-
    satz und 35 Prozent oberer Steuersatz ohne Ausnahme-
    möglichkeiten – das ist ein Weg zu mehr Gerechtigkeit
    in Deutschland. Wir schlagen das vor. Wir sind bereit,
    das im Deutschen Bundestag zu beschließen. Der Kolle-
    ge Struck hat es als Weg zu mehr Gerechtigkeit be-
    zeichnet. Wir bitten Sie um Zustimmung, wenn wir ent-
    sprechende Initiativen einbringen.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Das ist ein Stück Weg für die Bundesrepublik Deutsch-
    land, mit niedrigen Steuern Arbeitsplätze zu sichern,
    neue Arbeitsplätze möglich zu machen und damit den
    Menschen und der Gesellschaft soziale Stabilität und so-
    ziale Sicherheit zu geben.

    Sie wissen wie wir, Herr Bundeskanzler – Sie reden
    ja dauernd davon –, daß die mittleren und kleinen Un-
    ternehmen eigentlich die Wachstumsträger der Volks-

    wirtschaft sind, die Dynamik entfalten. Bei ihnen wer-
    den Existenzen gegründet, 85 Prozent der Jugendlichen
    ausgebildet, über 60 Prozent der Steuern gezahlt und
    über 50 Prozent des Bruttosozialproduktes erwirtschaf-
    tet. Aber Sie strangulieren die mittleren und kleinen Be-
    triebe doch. Sie waren ihnen doch keine Hilfe. Sie haben
    sie mit den 630-DM-Verträgen kujoniert. Sie haben sie
    doch eher bedrängt, als daß Sie ihnen freie Luft zum
    Atmen gegeben hätten.

    Deshalb kann man hier auch nicht um bestimmte
    Themen herumreden. Diese mittleren und kleinen
    Unternehmen brauchen mehr Optionen, mehr Öffnun-
    gen, mehr Korridore im Rahmen der alten Flächentarife.
    Es ist einfach wahr, daß diese mittleren und kleinen Be-
    triebe politische Anwälte brauchen, die es ihnen auch
    ermöglichen, Betriebsvereinbarungen zu schließen,
    wenn der Betrieb nicht anders gehalten werden kann.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn die Tarifvertragsparteien nicht in der Lage
    sind, der Arbeitnehmerschaft der mittleren und kleineren
    Betrieben Tarifvereinbarungen zu ermöglichen, mit de-
    nen sie ihre Existenz behaupten können, dann muß der
    Deutsche Bundestag politisch aktiv werden.

    Für die Freien Demokraten sage ich: Wenn die Tarif-
    vertragsparteien nicht in der Lage sind, den mittleren
    und kleinen Unternehmen im Rahmen von Korridoren
    bei Tarifen und Regelungen eigene Betriebsvereinba-
    rungen zu ermöglichen, dann werden wir gesetzgebe-
    risch aktiv werden müssen. Darin steckt ein Stück Wirt-
    schaftskraft. Sie müssen solche Möglichkeiten erhalten.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    In seinem Herbstgutachten des letzten Jahres hat der

    Sachverständigenrat der Bundesregierung ins Stamm-
    buch geschrieben, daß es in den sozialen Sicherungssy-
    stemen keine Fairneß und auch keine Generationenge-
    rechtigkeit gibt. Dies gilt für das Rentensystem wie für
    das Gesundheitswesen.

    Um dies ganz verständlich auszudrücken, meine Da-
    men und Herren: Gegen große Lebensrisiken muß es
    immer solidarische, gemeinschaftliche Versicherungen
    geben. Das steht völlig außer Zweifel. Eine schwerwie-
    gende Krankheit ist eines der großen Lebensrisiken, für
    die ein solidarischer Schutz unabdingbar ist. In solchen
    Fällen steht man füreinander ein. Das ist überhaupt kei-
    ne Frage. Gilt das aber für jeden Husten, für jede Grip-
    pewelle, für jede Kur? Ich glaube, daß wir den Bürge-
    rinnen und Bürgern, wenn wir ihnen eine umfassende
    Steuersenkung zugute kommen lassen, zumuten können,
    das Ausmaß ihrer Versorgung über die Absicherung von
    Grundrisiken hinaus selbst zu regeln und auch selbst zu
    bestimmen. Sie sollten Wahlmöglichkeiten haben.

    Es ist der große Irrtum der deutschen Linken, daß
    Wettbewerb, Markt, freie Entscheidung und Eigenver-
    antwortung nicht ausreichend zur Versorgung mit Gü-
    tern beitragen. Ich bin der Überzeugung: Wenn man den
    Menschen mehr vom Ertrag ihrer Leistung beläßt und
    sie bittet, mit diesem Mehrertrag ihrer Leistung ein
    Stück eigene Vorsorge zu treffen, um der nachfolgenden

    Dr. Wolfgang Gerhardt






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    jungen Generation mehr Arbeitsmarktchancen zu geben,
    werden sie das tun.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


    Dies ist aber das glatte Gegenstück zu der Politik, die
    Sie, Herr Bundeskanzler, mit Rotgrün machen. Sie müs-
    sen Steuern und Abgaben senken, und Sie müssen Spiel-
    raum für eigenverantwortliche Altersvorsorge schaffen.
    Die Formel – Sie kennen sie auch; nur, Sie sollten einen
    Gesetzentwurf vorlegen – lautet: Weniger Umlage plus
    mehr Vermögensbildung gleich Sicherung des Lebens-
    standards im Alter.

    Bis heute liegt diesem Haus kein Rentenreformmo-
    dell der SPD und keines der Bundesregierung vor. Die
    Generationen in Deutschland haben aber nach einem
    Jahr Regierung von SPD und Grünen allmählich An-
    spruch darauf zu erfahren, worüber bei diesem wichti-
    gen sozialen Thema verhandelt werden soll. Wir erklä-
    ren wie auch die Union unsere Bereitschaft, über einen
    großen Generationenvertrag zu reden. Eine unerläßliche
    Voraussetzung hierfür ist es aber, daß Sie endlich etwas
    vorlegen und uns sagen, wohin es mit einem der größten
    sozialen Sicherungssysteme gehen soll.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht aber nicht
    nur um die traditionellen sozialen Sicherungssysteme.
    Sie wissen alle, daß soziale Sicherheit, gesellschaftliche
    und demokratische Stabilität in Deutschland dringend
    voraussetzen, daß sich dieses Land auch im nächsten
    Jahrtausend seine technologische Höchstleistungskom-
    petenz bewahrt.

    Insoweit ist der Transrapid nur ein äußeres Beispiel
    eines inneren Denkzustandes. Den Transrapid haben Sie,
    meine Damen und Herren von den Grünen, nie gewollt.
    Sie haben anfangs umfangreich, über alle Felder hinweg,
    kritisiert. Diese Kritik mußten Sie dann aber langsam
    zurückziehen, weil der Transrapid weniger Energie und
    weniger Fläche für den Fahrweg verbraucht, schneller
    und leiser fährt und genauso sicher ist wie die Bahn. Sie
    haben sich dann auf einen Kostenrahmen von
    6,1 Milliarden DM eingelassen. Herr Bundeskanzler,
    damals war klar – und die Grünen haben es auch er-
    klärt –: Dies ist die stille Beerdigung des Transrapid. Ich
    stelle mir vor, daß sich so ungefähr auch die Gegner der
    ersten deutschen Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg
    und Fürth verhalten haben. Mit einem solchen Verhalten
    kommt ein technisches Projekt niemals zustande.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Weltweit gibt es 400 Kernkraftwerke. Viele sind
    gegenwärtig im Bau, im übrigen auch in den osteuropäi-
    schen Ländern. Nahezu alle im Bau befindlichen Kern-
    kraftwerke weisen nicht den Sicherheitsstandard auf,
    den die deutschen Kernkraftwerke haben. Wenn Sie sie
    abschalten wollen, müssen Sie der Bevölkerung auch
    klar sagen, wieviel Tausende Tonnen Schwefeldioxid,
    Stickoxide, Staub und Kohlendioxid mehr in die Luft
    geblasen werden. Damit erreichen Sie Ihr Klimaziel
    nicht, und Sie vernichten damit Arbeitsplätze in For-

    schung und Entwicklung. So vernichtet man in der Bun-
    desrepublik Deutschland zugunsten einer Ideologie von
    gestern Arbeitsplätze von morgen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Kernenergie ist mehr als eine Technologie. Ihre
    Beherrschbarkeit muß gesichert sein. Aber sie muß im
    Interesse der hochtechnologischen Leistungsfähigkeit
    einer großen Industrienation erhalten bleiben. Deshalb
    ist das kein Spielball für rotgrüne Vereinbarungen.

    Die junge Generation, verehrte Kolleginnen und
    Kollegen von den Grünen, ist im übrigen immer eine
    neue junge Generation. Sie spüren das ja gegenwärtig.
    Sie laufen Ihnen nicht mehr scharenweise zu.


    (Jörg Tauss [SPD]: Aber auch nicht der F.D.P.!)


    Das ist auch keine 68er-Bewegung im Nachklapp mehr.
    Diese junge Generation, mit der wir es heute zu tun ha-
    ben, ist technisch interessiert. Sie legt Wert darauf, in
    absehbarer Zeit zu einem Abschluß zu kommen. Sie will
    verkürzte Studienzeiten. Sie war auf der Straße, um zu
    protestieren, weil die Bibliotheken zu gering ausgestattet
    sind, die Praktika nicht ausreichend angeboten werden
    und weil sie wollten, daß Vorlesungen auch freitags an-
    geboten werden und nicht nur dienstags, mittwochs und
    donnerstags.

    Das ist eine sehr ehrgeizige, qualitätsbewußte junge
    Generation. Ihr ist mit Technologiefeindlichkeit, mit al-
    ter Bildungspolitik und mit alter Hochschulpolitik, wie
    Sie sie betreiben, nicht mehr beizukommen. Ich wage
    die Behauptung, Frau Bulmahn, daß diese junge Gene-
    ration gern bereit ist, an deutschen Universitäten Studi-
    engebühren zu bezahlen, wenn sie nur die Sicherheit
    hätte, in einem Studiengang in absehbarer Zeit einen
    qualitativ hochwertigen Abschluß zu bekommen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb ist diese Wettbewerbsfeindlichkeit im Sy-
    stem der Hochschulpolitik, die Rotgrün ausprägt, so
    falsch. Wir brauchen mehr Autonomie, mehr Dezentra-
    lität, mehr Wettbewerb und Hochschulen, die sich ihre
    Studenten selbst aussuchen können. Wenn wir über
    Autonomie reden, gehört dazu: Die Hochschulen sollen
    selbst entscheiden können, ob sie Studiengebühren erhe-
    ben oder nicht.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Diese Bevormundung, diese Gängelei, dieses Bestre-

    ben, daß im Bildungswesen alles gleich sein muß, alles
    flächendeckend, alles einheitlich, alles kollektiv, daß
    sich da nichts an der Seite entwickelt, daß man sogar
    eher Angst hat, wenn sich einige schneller entwickeln,
    daß man um den Zusammenhalt von Klassenverbänden
    fürchtet, daß man Neid entwickelt, wenn besondere Ta-
    lente auftreten – das ist das Falsche an Ihrer Politik. Sie
    zerstören ein Stück Zukunftsfähigkeit des Landes. Das
    müssen Sie ändern.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dr. Wolfgang Gerhardt






    (A) (C)



    (B) (D)


    Schließlich, Herr Kollege Schily: Ob Deutschland ein
    Einwanderungsland ist oder nicht, kann man mit der
    Union hin- und herdiskutieren. Tatsache ist: Es findet
    Einwanderung statt. Deshalb reicht mir Ihre Äußerung,
    daß Sie nicht glauben, daß das deutsche Asylrecht
    Grundlage europäischer Harmonisierungsbestrebungen
    sein kann, ernsthaft nicht. Diesem Haus liegt ein Zu-
    wanderungsbegrenzungsgesetz der F.D.P. vor. Sie wis-
    sen wie ich, daß die Zuwanderung begrenzt werden
    muß, weil wir nicht die sozialen Probleme aller Welt in
    Deutschland lösen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wenn Sie das wissen, müssen Sie konstruktiv den

    Gesetzentwurf beraten, den wir eingebracht haben. Ich
    spreche das heute an, weil ich der Überzeugung bin, daß
    wir darüber ehrlich diskutieren müssen. Es ist an der
    Zeit, nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts of-
    fen, wenn nötig streitig, aber klar über eine Begrenzung
    der Zuwanderung nach Deutschland zu reden, weil wir
    nicht die Probleme aller Welt auf dem Boden der Bun-
    desrepublik Deutschland lösen können. Das gesetzlich
    zu regeln ist notwendig und unumgänglich.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Zum Abschluß: Nachhaltige Veränderungen, die wir

    vor uns haben, brauchen einen Grundkonsens, aber sie
    brauchen auch eine Streitkultur. „Neoliberal“ ist kein
    Schimpfwort, sondern die klarste Positionsbestimmung
    freiheitlicher und erfolgreicher Wirtschafts- und Gesell-
    schaftsmodelle. Als Ludwig Erhard als Neoliberaler kri-
    tisiert worden ist, hat er sich klar zur Schule der neoli-
    beralen Ordnungspolitik bekannt – wie auch ich. Es
    gibt weltweit kein erfolgreicheres Modell. Alle Alterna-
    tiven dazu sind vor einem Jahrzehnt vor unseren Augen
    wie ein Kartenhaus zusammengefallen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb führt kein Weg an Eigenverantwortlichkeit,
    Privateigentum, Gewerbe- und Vertragsfreiheit und of-
    fenen Märkten vorbei. Wir gewinnen die Zukunft nicht
    mit einem Vorsorgestaat, nicht mit Verteilung, nicht mit
    genereller Interventionsbereitschaft. Das ist bequemer,
    aber falsch. Ich glaube, daß wir weg müssen von einem
    Vollkaskodenken und vom Anspruchsdenken. Das ist
    unbequemer, aber richtig. Es ist jedenfalls das Zeichen
    der Qualität einer Gesellschaft und die Grundlage einer
    freiheitlichen Ordnung.



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Kollege Gerhardt,
bitte kommen Sie zum Schluß.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich bin fertig.

    (Jörg Tauss [SPD]: Er hat fertig!)


    Das ist das Programm der F.D.P. Sie sagen immer,
    die Opposition habe kein Konzept. Ich lege es Ihnen vor.
    Sie können sich darauf auf allen Feldern einlassen. Das
    wäre besser für Deutschland.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)