Plenarprotokoll 14/69
            Deutscher Bundestag
            Stenographischer Bericht
            69. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
            I n h a l t :
            Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
            neten Brigitte Lange ....................................... 6103 A
            Eintritt des Abgeordneten Albrecht Feibel in
            den Deutschen Bundestag ................................ 6103 A
            Erweiterung der Tagesordnung ....................... 6103 B
            Absetzung der Tagesordnungspunkte 9 und 13 6104 A
            Tagesordnungspunkt 3:
            a) Regierungserklärung des Bundeskanz-
            lers zum Stand der Deutschen Einheit .... 6104 A
            b) Unterrichtung durch die Bundesregierung
            Jahresbericht 1999 der Bundesregie-
            rung zum Stand der Deutschen Einheit
            (Drucksache 14/1825) ................................ 6104 A
            c) Antrag der Abgeordneten Dr. Michael
            Luther, Dr.-Ing. Paul Krüger, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU
            Weiterführung des Jahresberichtes der
            Bundesregierung zum Stand der Deut-
            schen Einheit (Drucksache 14/1715) ........ 6104 A
            d) Beschlußempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für die Angelegenheiten der
            neuen Länder
            – zu dem Antrag der Fraktionen SPD
            und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
            Die wirtschaftliche Stärkung der
            neuen Länder – Voraussetzung für
            die Gestaltung der Deutschen Ein-
            heit
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr.
            Michael Luther, Dr. Angela Merkel,
            weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion CDU/CSU
            Aufbau Ost endlich wieder richtig
            machen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Jür-
            gen Türk, Rainer Brüderle, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.
            Aufbau Ost muß weitergehen
            – zu dem Antrag der Fraktion PDS
            Fahrplan zur Angleichung der Le-
            bensverhältnisse und zur Herstel-
            lung von mehr Rechtssicherheit in
            Ostdeutschland – „Chefsache Ost“
            (Drucksachen 14/1210, 14/1277,
            14/1542, 14/1551, 14/2032) ................. 6104 B
            e) Beschlußempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
            nungswesen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Nor-
            bert Otto (Erfurt), Dirk Fischer (Ham-
            burg), weiterer Abgordneter und der
            Fraktion CDU/CSU
            Realisierung des Verkehrsprojektes
            Deutsche Einheit (VDE) Nr. 8
            Schienenneubaustrecke Nürnberg-
            Erfurt-Halle/Leipzig-Berlin
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Cor-
            nelia Pieper, Dr. Karlheinz Guttma-
            cher, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion F.D.P.
            Verkehrsprojekte Deutsche Einheit
            müssen zügig realisiert werden
            (Drucksachen 14/1208, 14/1543,
            14/2047) ............................................... 6104 C
            Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 6104 D
            Arnold Vaatz CDU/CSU ................................. 6110 A
            II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
            Dr. Peter Struck SPD ........................................ 6113 C
            Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ......................... 6117 A
            Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ......................................................... 6120 D
            Dr. Michael Luther CDU/CSU .................... 6122 D
            Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ............. 6125 A
            Dr. Gregor Gysi PDS........................................ 6126 B
            Dr. Harald Ringstorff, Ministerpräsident
            (Mecklenburg-Vorpommern) .......................... 6130 B
            Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU.................. 6132 B
            Rolf Schwanitz, Staatsminister BK .................. 6135 D
            Cornelia Pieper F.D.P. ...................................... 6138 C
            Markus Meckel SPD ........................................ 6140 A
            Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU. 6141 C
            Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 6142 D
            Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN ................................................. 6145 A
            Günter Nooke CDU/CSU ................................ 6146 A
            Sabine Kaspereit SPD ...................................... 6147 D
            Dr. Michael Luther CDU/CSU ........................ 6149 C
            Frank Hempel SPD .......................................... 6152 D
            Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU ...................... 6155 C
            Frank Hempel SPD .......................................... 6156 A
            Tagesordnungspunkt 4:
            Große Anfrage der Abgeordneten Maria
            Eichhorn, Hannelore Rönsch (Wiesba-
            den), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion CDU/CSU
            Lebenssituation von Seniorinnen und
            Senioren in der Bundesrepublik
            Deutschland (Drucksachen 14/679,
            14/1717) ..................................................... 6157 A
            Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 6157 B
            Christel Hanewinckel SPD .......................... 6159 A
            Dr. Klaus Grehn PDS ...................................... 6160 A
            Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 6160 A
            Dr. Edith Niehuis, Parl. Staatssekretärin
            BMFSFJ ........................................................... 6160 B
            Ina Lenke F.D.P. .............................................. 6162 B
            Dr. Edith Niehuis SPD ..................................... 6164 C
            Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 6164 D
            Dr. Edith Niehuis SPD ..................................... 6165 A
            Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ......................................................... 6165 B
            Dr. Ilja Seifert PDS ......................................... 6167 A
            Arne Fuhrmann SPD ....................................... 6168 B
            Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU ........... 6171 A
            Kurt Bodewig SPD .......................................... 6172 C
            Erika Reinhardt CDU/CSU ......................... 6173 D
            Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ........................................................ 6174 B
            Renate Diemers CDU/CSU ............................. 6175 C
            Christa Lörcher SPD ....................................... 6177 B
            Erika Reinhardt CDU/CSU ......................... 6178 D
            Vizepräsident Rudolf Seiters ........................... 6172 D
            Tagesordnungspunkt 14:
            Überweisungen im vereinfachten Ver-
            fahren
            a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zur Änderung und Ergänzung ver-
            mögensrechtlicher und anderer Vor-
            schriften (Vermögensrechtsergänzungs-
            gesetz) (Drucksache 14/1932) ................... 6179 D
            b) Erste Beratung des von den Abgeordneten
            Fred Gebhardt, Dr. Heinrich Fink, weite-
            ren Abgeordneten und der Fraktion PDS
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            über den Tag des Gedenkens an
            die Befreiung vom Nationalsozialis-
            mus (Drucksache 14/1002) ....................... 6179 D
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 2:
            Weitere Überweisung im vereinfachten
            Verfahren
            Antrag der Abgeordneten Ursula Bur-
            chardt, Monika Griefahn, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion SPD sowie der
            Abgeordneten Angelika Beer, Matthias
            Berninger, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
            Förderung der Friedens- und Konflikt-
            forschung (Drucksache 14/1963) ............. 6180 A
            Tagesordnungspunkt 15:
            a) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Zehnten Gesetzes zur Änderung
            des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksa-
            chen 14/1415, 14/2017) ............................. 6180 A
            b) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Änderung des Me-
            liorationsanlagengesetzes (Drucksachen
            14/1832, 14/2045) ...................................... 6180 C
            Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 III
            c) Zweite und dritte Beratung des von den
            Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes über die Verarbeitung und
            Nutzung der zur Durchführung der
            Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates
            erhobenen Daten und zur Änderung des
            Rindfleischetikettierungsgesetzes (Ver-
            ordnung (EG) Nr. 820/97 – Durchfüh-
            rungsgesetz) (Drucksachen 14/1856,
            14/2001) ..................................................... 6180 D
            d) Zweite und dritte Beratung des von den
            Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes zur Änderung des Dünge-
            mittelgesetzes (Drucksachen 14/1857,
            14/2002) ..................................................... 6181 A
            e) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
            tokoll zur Änderung des Übereinkom-
            mens vom 23. Juli 1990 über die Besei-
            tigung der Doppelbesteuerung im Falle
            von Gewinnberichtigungen zwischen
            verbundenen Unternehmen (Drucksa-
            chen 14/1653, 14/1846, 14/1897) .............. 6181 B
            f) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrachten
            Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkom-
            men vom 3. Dezember 1997 zwischen
            der Bundesrepublik Deutschland und
            der Republik Belarus über den Luftver-
            kehr (Drucksache 14/1026, 14/1964) ......... 6181 C
            g) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
            kommen vom 23. April 1998 zwischen
            der Regierung der Bundesrepublik
            Deutschland und der Regierung der
            Tschechischen Republik über den Luft-
            verkehr (Drucksachen 14/1025, 14/1965) 6181 D
            h) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
            kommen vom 29. Mai 1998 zwischen
            der Regierung der Bundesrepublik
            Deutschland und der Regierung der
            Mongolei über den Fluglinienverkehr
            (Drucksachen 14/1024, 14/1966) ............... 6181 D
            i) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
            kommen vom 10. März 1998 zwischen
            der Bundesrepublik Deutschland und
            der Republik Südafrika über den Luft-
            verkehr (Drucksachen 14/1023, 14/1967) 6182 A
            j) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
            tokoll vom 12. November 1997 zur Er-
            gänzung des Abkommens vom 2. No-
            vember 1987 zwischen der Bundesre-
            publik Deutschland und Neuseeland
            über den Luftverkehr (Drucksachen
            14/1022, 14/1968) ...................................... 6182 A
            k) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
            Protokoll vom 15. Juni 1998 zur Ergän-
            zung des Luftverkehrsabkommens vom
            2. März 1994 zwischen der Bundesre-
            publik Deutschland und den Vereinig-
            ten Arabischen Emiraten (Drucksachen
            14/1021, 14/1969) ...................................... 6182 B
            l) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
            Abkommen vom 4. Mai 1998 zwischen
            der Regierung der Bundesrepublik
            Deutschland und der Regierung der
            Republik Armenien über den Luftver-
            kehr (Drucksachen 14/1020, 14/1970) ..... 6182 C
            m) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu den Än-
            derungen vom 24. April 1998 des Über-
            einkommens vom 3. September 1976
            über die Internationale Organisation
            für mobile Satellitenkommunikation
            (Inmarsat-Übereinkommen) (Drucksa-
            chen 14/1089, 14/1974) ............................. 6182 C
            n) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
            trag vom 21. Dezember 1995 zwischen
            der Bundesrepublik Deutschland und
            der Republik Armenien über die
            Förderung und den gegenseitigen
            Schutz von Kapitalanlagen (Drucksa-
            chen 14/1008, 14/1975) ............................. 6182 D
            o) Zweite Beratung und Schlußabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
            Europa-Mittelmeer-Abkommen vom
            24. November 1997 zur Gründung einer
            Assoziation zwischen den Europäischen
            Gemeinschaften und ihren Mitglied-
            staaten einerseits und dem Haschemiti-
            schen Königreich Jordanien anderer-
            seits (Drucksachen 14/1006, 14/1976) ...... 6183 A
            p) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für Wirtschaft und Technologie zu
            der Verordnung der Bundesregierung
            Aufhebbare Sechsundneunzigste Ver-
            ordnung zur Änderung der Ausfuhrli-
            ste – Anlage AL zur Außenwirtschafts-
            verordnung – (Drucksachen 14/1414,
            14/1616 Nr. 2.1, 14/2034) ......................... 6183 B
            IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
            q) Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung,
            Immunität und Geschäftsordnung zu den
            Verfahren nach § 44b Abgeordnetengesetz
            Überprüfung auf Tätigkeit oder politi-
            sche Verantwortung für das Ministe-
            rium für Staatssicherheit/Amt für Na-
            tionale Sicherheit der ehemaligen
            Deutschen Demokratischen Republik
            (Drucksache 14/1900) ................................ 6183 C
            r) und s)
            Beschlußempfehlungen des Petitionsaus-
            schusses
            Sammelübersichten 92 und 93 zu Peti-
            tionen (Drucksachen 14/1980, 14/1981) ... 6183 C
            Zusatztagesordnungspunkt 3:
            Weitere abschließende Beratung ohne
            Aussprache
            Zweite und dritte Beratung des von den
            Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes zur Änderung des Gesetzes
            zur Entlastung des Bundesfinanzhofs
            (Drucksachen 14/1666, 14/2038) ............... 6183 D
            Tagesordnungspunkt 5:
            – Zweite und dritte Beratung des Ent-
            wurfs eines Gesetzes zur Fortfüh-
            rung der ökologischen Steuerreform
            (Drucksachen 14/1524, 14/1668,
            14/2027, 14/2044, 14/2049, 14/2050) .. 6184 A
            – Zweite und dritte Beratung des von
            den Abgeordneten Dr. Hermann Otto
            Solms, Hildebrecht Braun (Augsburg),
            weiteren Abgeordneten und der Frak-
            tion F.D.P. eingebrachten Entwurfs ei-
            nes Gesetzes über eine ökologisch
            wirklich wirksame Umstellung der
            Besteuerung ohne Mehrbelastung
            für Bürger und Wirtschaft (Druck-
            sachen 14/399, 14/2027, 14/2044,
            14/2049, 14/2050) ................................ 6184 A
            Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD .............. 6184 C
            Hartmut Schauerte CDU/CSU ..................... 6185 B
            Heinz Seiffert CDU/CSU ................................ 6187 D
            Ulrich Heinrich F.D.P. ................................. 6188 D
            Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD .......... 6189 B
            Hans Michelbach CDU/CSU ....................... 6189 C
            Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ......................................................... 6190 C
            Jürgen W. Möllemann F.D.P. ........................... 6192 D
            Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN ................................................................. 6194 C
            Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD ............. 6195 A
            Jürgen W. Möllemann F.D.P. .......................... 6195 B
            Dr. Gregor Gysi PDS ....................................... 6195 D
            Peter Rauen CDU/CSU ................................... 6197 B
            Horst Kubatschka SPD .................................... 6198 D
            Birgit Homburger F.D.P................................... 6200 C
            Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU ....................... 6201 A
            Joachim Poß SPD ............................................ 6202 B
            Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ........................................................ 6202 D
            Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU ....................... 6203 B
            Dr. Hermann Scheer SPD (Erklärung nach
            § 31 GO) .......................................................... 6203 D
            Kurt Bodewig SPD (Erklärung nach § 31 GO) 6204 D
            Namentliche Abstimmung über den Ände-
            rungsantrag der CDU/CSU-Fraktion ............... 6205 A
            Ergebnis ........................................................... 6205 D
            Namentliche Abstimmung über den Ände-
            rungsantrag der F.D.P.-Fraktion ...................... 6208 A
            Ergebnis ........................................................... 6208 C
            Namentliche Abstimmung über den Ände-
            rungsantrag der SPD-Fraktion ......................... 6211 A
            Ergebnis ........................................................... 6213 C
            Tagesordnungspunkt 6:
            a) Erste Beratung des von den Fraktionen
            SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            zur Errichtung einer „Stiftung Denk-
            mal für die ermordeten Juden Euro-
            pas“ (Drucksache 14/2013) ....................... 6211 C
            b) Erste Beratung des von den Abgeordneten
            Hans-Joachim Otto, Dr. Wolfgang Ger-
            hardt, weiteren Abgeordneten und der
            Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes über die Gründung einer
            „Stiftung Denkmal für die ermordeten
            Juden Europas“ (Drucksache 14/1996) ... 6211 D
            c) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN
            „Stiftung Denkmal für die ermordeten
            Juden Europas“ (Drucksache 14/2014) ... 6211 D
            Monika Griefahn SPD ..................................... 6212 A
            Dr. Norbert Lammert CDU/CSU .................... 6215 B
            Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN ................................................................. 6217 D
            Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. ................. 6218 D
            Dr. Heinrich Fink PDS .................................... 6220 B
            Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 V
            Michael Roth (Heringen) SPD ......................... 6220 D
            Dr. Norbert Lammert CDU/CSU ................. 6221 A
            Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU ......................... 6222 A
            Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN ............................................................. 6222 D
            Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ..................................................... 6223 B
            Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK ...... 6224 B
            Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU ..................... 6225 B
            Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. .................. 6226 A
            Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK ....... 6226 B
            Eckhardt Barthel (Berlin) SPD ........................ 6226 D
            Zusatztagesordnungspunkt 4:
            Aktuelle Stunde betr. Pläne der Bun-
            desregierung zur Erhöhung der Erb-
            schaftssteuer .............................................. 6226 D
            Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 6228 A
            Joachim Poß SPD ............................................ 6229 C
            Elke Wülfing CDU/CSU ................................. 6230 C
            Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS
            90/DIE GRÜNEN ............................................ 6231 D
            Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 6233 A
            Gisela Frick F.D.P. .......................................... 6234 B
            Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin
            BMF ................................................................. 6235 C
            Otto Bernhardt CDU/CSU ............................... 6237 A
            Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN ................................................................. 6238 B
            Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 6239 C
            Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/
            CSU .................................................................. 6240 D
            Nicolette Kressl SPD ....................................... 6242 A
            Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 6243 A
            Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD .............. 6244 B
            Tagesordnungspunkt 7:
            Erste Beratung des von den Abgeordneten
            Dr. Guido Westerwelle, Günther Friedrich
            Nolting, weiteren Abgeordneten und der
            Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Änderung des
            Grundgesetzes (Artikel 12a) (Drucksa-
            che 14/1728 (neu)) ..................................... 6245 B
            Ina Lenke F.D.P. .............................................. 6245 C
            Anni Brandt-Elsweier SPD .............................. 6246 D
            Irmgard Karwatzki CDU/CSU ........................ 6249 A
            Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ........................................................ 6250 C
            Birgit Homburger F.D.P. ............................. 6251 A
            Birgit Homburger F.D.P. ................................. 6252 C
            Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ........................................................ 6253 A
            Petra Bläss PDS ............................................... 6253 C
            Cornelia Pieper F.D.P. ................................. 6253 D
            Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. ............... 6254 C
            Verena Wohlleben SPD ................................... 6254 D
            Paul Breuer CDU/CSU .................................... 6256 A
            Verena Wohlleben SPD ................................... 6256 C
            Annette Widmann-Mauz CDU/CSU ............... 6256 C
            Tagesordnungspunkt 8:
            Beschlußempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
            nungswesen zu dem Antrag der Abgeord-
            neten Dr. Winfried Wolf, Monika Balt,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            der PDS
            Kein Bau einer Magnetschwebebahn
            Hamburg-Berlin – Transrapid-För-
            derung einstellen (Drucksachen 14/38,
            14/339) ....................................................... 6258 A
            Dr. Winfried Wolf PDS ................................... 6258 B
            Reinhard Weis (Stendal) SPD ......................... 6259 A
            Georg Brunnhuber CDU/CSU ........................ 6260 C
            Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS
            90/DIE GRÜNEN ............................................ 6262 C
            Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. ................... 6264 A
            Zusatztagesordnungspunkt 5:
            Beschlußemfehlung und Bericht des Aus-
            wärtigen Ausschusses
            – zu dem Antrag der Fraktionen SPD,
            CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN und F.D.P.
            OSZE-Gipfel in Istanbul – für eine
            Stärkung der Handlungsfähigkeit
            der OSZE
            – zu dem Antrag der Fraktion PDS
            Neue europäische Sicherheitsarchi-
            tektur (Drucksachen 14/1771,
            14/1959) ............................................... 6265 A
            Tagesordnungspunkt 10:
            Große Anfrage der Abgeordneten Ulla
            Lötzer, Rolf Kutzmutz, weiterer Abgeord-
            neter und der Fraktion PDS
            Internationales Kartellrecht, Unter-
            nehmensfusionen und -konzentrationen
            (Drucksachen 14/1403, 14/1824) .............. 6265 C
            VI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
            Nächste Sitzung ............................................... 6265 C
            Anlage 1
            Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 6267 A
            Anlage 2
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Leo Dautzenberg (CDU/CSU) zur Abstim-
            mung über den Änderungsantrag der Fraktion
            CDU/CSU zum Entwurf eines Gesetzes zur
            Fortführung der Ökologischen Steuerreform
            Drucksache 14/2065 (Tagesordnungspunkt 5) 6267 C
            Anlage 3
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Ulrich Adam (CDU/CSU) zur Abstimmung
            über den Änderungsantrag der Fraktion
            CDU/CSU zum Entwurf eines Gesetzes zur
            Fortführung der Ökologischen Steuerreform
            Drucksache 14/2065 (Tagesordnungspunkt 5) 6267 D
            Anlage 4
            Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
            Norbert Formanski, Volker Jung (Düssel-
            dorf), Jutta Müller (Völklingen), Ulla Bur-
            chardt, Christel Humme, Reinhard Schultz
            (Everswinkel), Nicolette Kressl, Jörg-Otto
            Spiller, Jochen Welt, Uwe Göllner, Michael
            Müller (Düsseldorf), Hans-Eberhard Urbani-
            ak, Dieter Grasedieck, Dieter Dzewas, Adolf
            Ostertag, Hans-Günter Bruckmann, Wolfgang
            Weiermann, Hans-Peter Kemper, Klaus Ha-
            senfratz, Marianne Klappert, Dagmar Schmidt
            (Meschede), Rainer Fornahl, Dr. Angelica
            Schwall-Düren, Ingrid Arndt-Brauer, Fried-
            helm Julius Beucher, Rolf Hempelmann,
            Walter Schöler, Ingrid Becker-Inglau, Peter
            Enders und Waltraud Lehn (alle SPD) zur
            namentlichen Abstimmung über den Entwurf
            eines Gesetzes zur Fortführung der ökologi-
            schen Steuerreform (Tagesordnungspunkt 5) .. 6268 A
            Anlage 5
            Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
            Anni Brandt-Elsweier, Kurt Bodewig, Regina
            Schmidt-Zadel, Klaus Brandner, Reinhold
            Hemker, Rolf Stöckel, Dr. Rainer Wend,
            Wolfgang Grotthaus, Hans-Werner Bertl,
            Willi Brase, Helga Kühn-Mengel, Fritz
            Schösser, Lilo Friedrich (Mettmann), Karin
            Kortmann, Dagmar Freitag, Bernd Scheelen,
            Dietmar Nietan (alle SPD) zur namentlichen
            Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
            zes zur Fortführung der ökologischen Steuer-
            reform (Tagesordnungspunkt 5) ...................... 6268 B
            Anlage 6
            Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
            Ulrich Adam (CDU/CSU), Barbara Wittig
            (SPD), Klaus Lennartz (SPD) zur Abstim-
            mung über den Änderungsantrag der Fraktion
            CDU/CSU zum Entwurf eines Gesetzes
            zur Fortführung der Ökologischen Steuerre-
            form Drucksache 14/2065 (Tagesordnungs-
            punkt 5) ............................................ 6268 C
            Anlage 7
            Erklärung des Abgeordneten Hans-Peter
            Kemper (SPD) zur Abstimmung über den
            Entwurf eines Gesetzes zur Fortführung der
            ökologischen Steuerreform (Tagesordnungs-
            punkt 5) ............................................................ 6270 B
            Anlage 8
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            der Beschlußempfehlung und des Berichts zu
            den Anträgen:
            – OSZE-Gipfel in Istanbul – für eine Stär-
            kung der Handlungsfähigkeit der OSZE
            und
            – Neue europäische Sicherheitsarchitektur
            (Zusatztagesordnungspunkt 5)
            Uta Zapf SPD .................................................. 6270 C
            Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU ............. 6271 B
            Rita Grießhaber (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN ................................................................. 6271 D
            Walter Hirche F.D.P. ...................................... 6272 B
            Wolfgang Gehrcke PDS ................................... 6273 A
            Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN ................................................................. 6273 D
            Anlage 9
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            der Großen Anfrage: Internationales Kartell-
            recht, Unternehmensfusionen und -konzentra-
            tionen (Tagesordnungspunkt 10)
            Ursula Lötzer PDS .......................................... 6274 D
            Dr. Uwe Jens SPD ........................................... 6275 C
            Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN ......................................................... 6276 A
            Gudrun Kopp F.D.P ......................................... 6277 A
            Siegmar Mosdorf SPD ..................................... 6277 B
            Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6103
            (A) (C)
            (B) (D)
            69. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
            Beginn: 9.00 Uhr
        
        
        
        
          
          
        *) Anlage 9
        Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6267
        (A) (C)
        (B) (D)
        Anlagen zum Stenographischen Bericht
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
        Andres, Gerd SPD 11.11.99
        Balt, Monika PDS 11.11.99
        Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        11.11.99
        Böttcher, Maritta PDS 11.11.99
        Büttner (Ingolstadt),
        Hans
        SPD 11.11.99
        Ehlert, Heidemarie PDS 11.11.99
        Friedrich (Altenburg),
        Peter
        SPD 11.11.99
        Gebhardt, Fred PDS 11.11.99
        Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 11.11.99
        Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 11.11.99 *
        Gröhe, Hermann CDU/CSU 11.11.99
        Haupt, Klaus F.D.P. 11.11.99
        Dr. Hendricks, Barbara SPD 11.11.99
        Hovermann, Eike SPD 11.11.99
        Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 11.11.99
        Dr. Lamers (Heidelberg),
        Karl A.
        CDU/CSU 11.11.99 *
        Lippmann, Heidi PDS 11.11.99
        Nietan, Dietmar SPD 11.11.99
        Oesinghaus, Günter SPD 11.11.99
        Ohl, Eckhard SPD 11.11.99
        Otto (Frankfurt),
        Hans-Joachim
        F.D.P. 11.11.99
        Pflug, Johannes SPD 11.11.99
        Polenz, Ruprecht CDU/CSU 11.11.99
        Rachel, Thomas CDU/CSU 11.11.99
        Rühe, Volker CDU/CSU 11.11.99
        Schöler, Walter SPD 11.11.99
        Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 11.11.99
        Simm, Erika SPD 11.11.99
        Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 11.11.99
        —————
        *) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
        lung der NATO
        Anlage 2
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Leo Dautzenberg (CDU/
        CSU)
        zur Abstimmung über den Änderungsantrag
        der Fraktion CDU/CSU zum Entwurf eines
        Gesetzes zur Fortführung der Ökologischen
        Steuerreform – Drucksache 14/2065 –
        (Tagesordnungspunkt 5)
        Durch den vorliegenden Antrag der Fraktion der
        CDU/CSU soll die Begünstigung (völlige Befreiung
        von der Heizstoffsteuer) gestrichen werden. Dies
        betrifft ausnahmslos GuD-Anlagen. Durch die be-
        sondere Situation meines Wahlkreises Heinsberg in
        Bezug zu Garzweiler II kann ich diesen Punkt nicht
        mittragen. Da ich die Ökosteuer in der vorliegenden
        Form für falsch halte, enthalte ich mich deshalb der
        Stimme.
        Anlage 3
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Ulrich Adam (CDU/CSU)
        zur Abstimmung über den Änderungsantrag
        der Fraktion CDU/CSU zum Entwurf eines
        Gesetzes zur Fortführung der Ökologischen
        Steuerreform – Drucksache 14/2065 –
        (Tagesordnungspunkt 5)
        Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung festge-
        legte Beschränkung der Steuerentlastung auf Kraftwerke
        mit einem Wirkungsgrad der Energieausnutzung von
        57,5 Prozent könnte erhebliche Auswirkungen auf das in
        Lubmin bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern
        geplante Großkraftwerk haben. Entgegen dem eigent-
        lichen Vorschlag wurde der Monatsnutzungsgrad von
        den ursprünglich vorgesehenen 57 Prozent auf 57,5 Pro-
        zent angehoben. Es dürfte schwierig sein, ein Unter-
        nehmen auszumachen, das den sehr hohen Wirkungs-
        grad von 57,5 Prozent zu ökonomisch vertretbaren
        Konditionen garantieren könnte. Dies könnte den Fort-
        gang des Projektes um Monate aufhalten bzw. ganz ge-
        fährden.
        Die im Änderungsantrag nur geplante nochmalige
        Erhöhung des Monatsnutzungsgrades auf mindestens
        70 Prozent macht die 400-Milliarden-Investition am
        Standort Lubmin faktisch unmöglich. Daher lehne ich
        diesen Änderungsantrag ab.
        6268 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
        (A) (C)
        (B) (D)
        Anlage 4
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Norbert Formanski, Volker
        Jung (Düsseldorf), Jutta Müller (Völklingen),
        Ulla Burchardt, Christel Humme, Reinhard
        Schultz (Everswinkel), Nicolette Kressl, Jörg-
        Otto Spiller, Jochen Welt, Uwe Göllner,
        Michael Müller (Düsseldorf), Hans-Eberhard
        Urbaniak, Dieter Grasedieck, Dieter Dzewas,
        Adolf Ostertag, Hans-Günter Bruckmann,
        Wolfgang Weiermann, Hans-Peter Kemper,
        Klaus Hasenfratz, Marianne Klappert, Dagmar
        Schmidt (Meschede), Rainer Fornahl, Dr.
        Angelica Schwall-Düren, Ingrid Arndt-Brauer,
        Friedhelm Julius Beucher, Rolf Hempelmann,
        Walter Schöler, Ingrid Becker-Inglau, Peter
        Enders und Waltraud Lehn (alle SPD)
        zur namentlichen Abstimmung über den Ent-
        wurf eines Gesetzes zur Fortführung der ökolo-
        gischen Steuerreform
        (Tagesordnungspunkt 5)
        Die Unterzeichner der Erklärung stimmen der Fort-
        führung der ökologischen Steuerreform zu, weil sie die
        Maßnahmen zur Verteuerung des Energieverbrauchs bei
        gleichzeitiger Entlastung der Kosten der Arbeit für rich-
        tig und zukunftsweisend halten.
        Hinter dieser Bewertung muß die Ablehnung der in
        dem Gesetz vorgesehenen Befreiung von hochwirk-
        samen GuD-Kraftwerken von der Mineralölsteuer auf
        Erdgas zurückstehen. Diese Steuerbefreiung begünstigt
        Verstromung von Gas in der Grundlast zulasten von
        Braun- und Steinkohle.
        Die Unterzeichner erklären, daß sie einer Nachfolge-
        regelung für diesen zeitlich befristeten Beihilfetatbe-
        stand nicht zustimmen werden.
        Anlage 5
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Anni Brandt-Elsweier, Kurt
        Bodewig, Regina Schmidt-Zadel, Klaus Brand-
        ner, Reinhold Hemker, Rolf Stöckel, Dr. Rainer
        Wend, Wolfgang Grotthaus, Hans-Werner
        Bertl, Willi Brase, Helga Kühn-Mengel, Fritz
        Schösser, Lilo Friedrich (Mettmann), Karin
        Kortmann, Dagmar Freitag, Bernd Scheelen,
        Dietmar Nietan (alle SPD)
        zur namentlichen Abstimmung über den Ent-
        wurf eines Gesetzes zur Fortführung der ökolo-
        gischen Steuerreform
        (Tagesordnungspunkt 5)
        Die Unterzeichner dieser Erklärung stimmen der
        Fortführung der ökologischen Steuerreform zu, weil sie
        die Maßnahmen zur Verteuerung des Energieverbrauchs
        bei gleichzeitiger Entlastung der Kosten der Arbeit für
        richtig und zukunftsweisend halten.
        Hinter dieser Bewertung muß die Ablehnung der in
        dem Gesetz vorgesehenen Befreiung von hochwirk-
        samen GuD-Kraftwerken von der Mineralölsteuer auf
        Erdgas zurückstehen. Diese Steuerbefreiung begünstigt
        Verstromung von Gas in der Grundlast möglicherweise
        zulasten von Braun- und Steinkohle.
        Die Unterzeichner erklären, daß sie einer Nachfolge-
        regelung für diesen zeitlich befristeten Beihilfetatbe-
        stand nicht zustimmen werden.
        Anlage 6
        Erklärung nach § 31 GO
        Zur Abstimmung über den Entwurf eines
        Gesetzes zur Fortführung der ökologischen
        Steuerreform
        (Tagesordnungspunkt 5)
        Ulrich Adam (CDU/CSU): Im Hinblick auf die 2./3.
        Lesung des von den Fraktionen SPD und Bündnis 90/
        Die Grünen eingebrachten Entwurfs eines „Gesetzes zur
        Fortführung der ökologischen Steuerreform“ gebe ich
        bekannt, daß ich einerseits aufgrund der bekannten Ar-
        gumente der CDU/CSU-Fraktion gegen dieses Gesetz
        stimmen werde, andererseits aber vor allem auch hin-
        sichtlich der nach den Gesetzentwürfen der Koalitions-
        fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie
        der Bundesregierung geplanten Begünstigung (Vergü-
        tung der vollen Heizstoffsteuer) in Anlagen mit Gastur-
        binen von netto mindestens 57,5 Prozent. Entgegen dem
        eigentlichen Vorschlag wurde die Beschränkung der
        Steuerentlastung auf Kraftwerke mit einem Wirkungs-
        grad der Energieausnutzung von den ursprünglich vor-
        gesehenen 57 Prozent auf 57,5 Prozent angehoben. Der
        nun im Gesetzentwurf festgelegte Wirkungsgrad von
        57,5 Prozent könnte erhebliche Auswirkungen auf das in
        Lubmin bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern
        geplante Großkraftwerk haben.
        Es dürfte schwierig sein, ein Unternehmen auszuma-
        chen, das den sehr hohen Wirkungsgrad von 57,5 Pro-
        zent zu ökonomisch vertretbaren Konditionen garantie-
        ren könnte. Dies könnte den Fortgang des Projektes um
        Monate aufhalten bzw. ganz gefährden.
        Barbara Wittig (SPD): Eine Befreiung von GuD-
        Anlagen von der Mineralölsteuer hat meines Erachtens
        mittel- und langfristig folgenschwere Konsequenzen,
        insbesondere für die ostdeutsche Braunkohlewirtschaft
        und die Verstromung der Braunkohle. Ich kann nicht
        nachvollziehen, daß auf sichere heimische Energieträger
        zugunsten einer stärkeren Importabhängigkeit verzichtet
        werden soll. Wenn GuD-Anlagen mit einer wesentlich
        geringeren Beschäftigungsintensität in der Gesamtkette
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6269
        (A) (C)
        (B) (D)
        gegenüber der Braunkohleverstromung diese mittel- und
        langfristig zurückdrängt oder ablöst, stellt sich für mich
        die Frage der Kompensation, d.h. es muß geklärt wer-
        den, wie entsprechende Arbeitsplatzverluste kompen-
        siert werden und Strukturprobleme in den betroffenen
        Braunkohleregionen gelöst werden sollen.
        Verschärft wird die Beschäftigungslage in den betrof-
        fenen ostdeutschen Ländern noch durch das am 22. Ok-
        tober dieses Jahres von den VEAG-Eignern, deren Vor-
        stand und Bundeswirtschaftsminister Müller ausgehan-
        delte Modell hinsichtlich der Verstromung der ostdeut-
        schen Braunkohle. Dies ist zwar ein Schritt in eine
        mögliche Richtung im Zusammenhang mit der Anpas-
        sung der Strompreise in Ost und West. Mit dem Ver-
        zicht auf den Gesprächsbereich Vermarktung wird aber
        in Wirklichkeit die unternehmerische Eigenständigkeit
        und Handlungsfähigkeit der VEAG drastisch reduziert,
        und ein weiterer erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen
        ist vorprogrammiert.
        Ostdeutsche Bundesländer wären also doppelt betrof-
        fen. Das kann ich angesichts einer Arbeitslosigkeit von
        durchschnittlich 25 Prozent im Lausitzer Revier nicht
        mittragen.
        Klaus Lennartz (SPD): Das Gesetz zur Fortführung
        der ökologischen Steuerreform beinhaltet die Mineral-
        ölsteuerbefreiung für Gas- und Dampfkraftwerke mit
        einem Wirkungsgrad von 57,5 Prozent. Da dieser Wir-
        kungsgrad nach dem heutigen Stand der Technik bereits
        erreicht werden kann, handelt es sich hierbei um eine
        Subventionszahlung, ohne daß damit technologische In-
        novationen verbunden wären. Um tatsächliche technolo-
        gische Erneuerungen bei GuD-Anlagen auszulösen,
        hätte das Erreichen des Wirkungsgrads von 57,5 Prozent
        (elektrisch) von dem Jahresnutzungsgrad abhängig ge-
        macht werden müssen. Dieser Konsens war innerhalb
        der Koalition nicht zu erzielen, da in dieser Frage Bünd-
        nis 90/Die Grünen keinerlei Kompromißbereitschaft
        zeigten und nicht bereit waren, sachliche und fachliche
        Argumente zu akzeptieren.
        Durch die Mineralölsteuerbefreiung von GuD-
        Anlagen mit einem Wirkungsgrad von 57,5 Prozent ent-
        steht ein Kostenvorteil von 0,7 Pfennig je Kilowatt-
        stunde bei den Brennstoffkosten, was die Wettbewerbs-
        situation aller anderen Stromerzeugungsarten, d.h. auch
        KWK und regenerative Energien, verschlechtern wird.
        Dies hätte nach internen Kostenabschätzungen des
        Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur
        Folge, daß GuD-Anlagen bis in den oberen Grundlast-
        bereich wirtschaftlich wären. Dadurch wird ein Ver-
        drängungswettbewerb eingeleitet, der insbesondere zu
        Lasten der ost- und westdeutschen Braunkohle gehen
        wird. Fakt ist, daß bereits jetzt eine GuD-Anlage von
        2 500 MW in Greifswald geplant ist, die den Wirkungs-
        grad von 57,5 Prozent nach Auffassung aller Experten
        bereits nach dem heutigen Stand der Technik erreichen
        kann. Ein weiterer Ausbau entsprechender Anlagen wird
        folgen, ohne daß damit technologische Innovationen
        verbunden sind. Tatsächlich handelt es sich hierbei um
        steuerliche Mitnahmeeffekte zu Lasten der Steuerzahler
        durch einseitige Subventionierung.
        In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuwei-
        sen, daß die Braunkohle in den neuen Bundesländern
        einen beispiellosen Anpassungsprozeß hinter sich hat.
        Seit der Wiedervereinigung ging die Braunkohle von
        300 Mio. t/a auf jetzt 64 Mio. t/a zurück. Die Zahl der
        Beschäftigten sank von 130 000 um 90 Prozent auf jetzt
        13 000. Diese verbliebenen Arbeitsplätze konzentrieren
        sich auf strukturschwache Gebiete und bilden dort den
        industriellen Rückhalt. Durch die steuerlichen Subven-
        tionen der geplanten GuD-Anlagen sind diese 13 000
        Arbeitsplätze in Gefahr.
        Auch im rheinischen Revier steht die Braunkohle
        unter einem enormen Anpassungs- und Wettbewerbs-
        druck. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen
        hat mit den Unternehmen RWE und Rheinbraun ein
        20-Milliarden-Programm vereinbart, daß Braunkohle-
        kraftwerke mit der BoA-Technik nachgerüstet werden,
        damit einerseits ein höherer Wirkungsgrad und anderer-
        seits eine erhebliche Reduktion von Schadstoffen erzielt
        werden können. Dieses umfangreiche Investitionsvor-
        haben zur Effizienzsteigerung der Braunkohlekraft-
        werke wird die Wettbewerbssituation der heimischen
        Braunkohle erheblich verbessern und Arbeitsplätze
        sichern. Insgesamt sind bei den Unternehmen Rhein-
        braun 11 000 Menschen und bei RWE allein im Kraft-
        werksbereich 6 000 Menschen beschäftigt. Unter Be-
        rücksichtigung der Sekundärarbeitsplätze, die mittelbar
        und unmittelbar von der Braunkohle abhängen, sind ca.
        40 000 Arbeitsplätze betroffen. Zählt man die Familien
        der Beschäftigten hinzu, sind somit rund 100 000 Men-
        schen betroffen. Für die westdeutsche Steinkohle gilt
        das im verschärften Umfang. Auch hier steht die
        Existenz von 100 000 Menschen auf dem Spiel.
        Die Befreiung von GuD-Anlagen von der Mineral-
        ölsteuer wird auch nach Einschätzung des Bundes-
        ministeriums für Wirtschaft und Technologie – wie im
        Schreiben vom 10. September 1999 mitgeteilt – mittel-
        und langfristig folgenschwere Konsequenzen für die
        rheinische Braunkohle und deutsche Steinkohle haben.
        Nach meiner Überzeugung muß es das erste Ziel jeder
        Bundesregierung sein, Arbeitsplätze zu erhalten und zu
        schaffen. Dies gilt selbstverständlich für die alten und
        neuen Bundesländer.
        Aufgrund der Gesamtsituation muß man die Äuße-
        rungen der betroffenen Unternehmen RWE und Rhein-
        braun, die aufgrund der Steuerbefreiung für GuD-
        Anlagen ihre Investitionsvorhaben und unternehmeri-
        schen Planungen auf den Prüfstand stellen wollen, sehr
        ernst nehmen. Im Klartext bedeutet das, daß die Er-
        schließung von Garzweiler II und die Durchführung des
        Modernisierungsprogramms auf dem Prüfstand stehen.
        Denn auch Unternehmen brauchen sichere und verläßli-
        che Rahmenbedingungen für ihre Investitionsentschei-
        dungen.
        Durch die einseitige steuerliche Bevorteilung ist da-
        von auszugehen, daß der Anteil des Erdgases an der
        Stromerzeugung deutlich steigen wird. Bei der politi-
        schen Betrachtungsweise ist jedoch die Frage der Liefer-
        sicherheit und Preisstabilität außer acht gelassen wor-
        den. Die Erdgasversorgung in der Bundesrepublik ist
        von drei Lieferantenländern abhängig. Dies sind die
        6270 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
        (A) (C)
        (B) (D)
        Niederlande, Norwegen und Rußland. Wie die Ent-
        wicklung im Osten sein wird, ist nicht vorauszusehen.
        Insofern ist eine Liefersicherheit nicht gewährleistet.
        Dies gilt auch für die Preissicherheit. Durch die enge
        Anbindung der Erdgaspreise an das Öl ist auch hier kei-
        ne langfristige Kalkulation möglich. In der Konsequenz
        bedeutet das für den Endverbraucher ein erhebliches
        Preisrisiko.
        Neben den erwähnten ökonomischen Nachteilen
        kommen die ökologischen Aspekte hinzu. Für den Fall,
        daß das Unternehmen RWE ganz oder teilweise aus
        dem Modernisierungsprogramm aussteigt, bleiben die
        alten Kraftwerke mit einem geringen Wirkungsgrad von
        35 Prozent und einem relativ hohen Schadstoffausstoß
        erhalten. Bei der Durchführung des Modernisierungs-
        programms hingegen wird durch eine verbesserte Tech-
        nologie eine drastische Reduzierung des Schadstoffaus-
        stoßes erzielt und die Effizienzsteigerung der Kraftwer-
        ke bei der Stromerzeugung auf 46 bis 51 Prozent erhöht.
        Persönlich bin ich der Auffassung, daß die Politik, wenn
        sie für eine Steuerbefreiung eintritt, die Frage be-
        antworten muß, wie drohende Arbeitsplatzverluste kom-
        pensiert und Strukturprobleme gelöst werden können.
        Mein Ziel ist es, Arbeitsplätze zu schaffen und nicht zu
        vernichten.
        Aus diesen Gründen und weil ich die Existenz von
        Arbeitsplätzen und vielen Familien unmittelbar bedroht
        sehe, ist es für mich eine Gewissensentscheidung, diesem
        Gesetz nicht zuzustimmen. Meinen Kolleginnen und
        Kollegen von der CDU sei ins politische Stammbuch
        geschrieben, daß ich eine solche abgrundtiefe Heuchelei
        in dieser Frage selten erlebt habe. Im Finanzausschuß
        des Deutschen Bundestages haben die CDU/CSU-
        Abgeordneten von einem Investitionsverhinderungsge-
        setz gesprochen und gefordert, den Wirkungsgrad her-
        abzusetzen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken,
        daß die Forderung der CDU/CSU nach einer Herabset-
        zung des Wirkungsgrades in der Tat der Braunkohle den
        Todesstoß versetzt hätte. Diese Forderung wird von dem
        NRW-Landesvorsitzenden der CDU, Jürgen Rüttgers,
        tunlichst verschwiegen. Abschließend anzumerken ist,
        daß durch Drängen der SPD im Finanzausschuß der
        Wirkungsgrad von 55 auf 57,5 Prozent angehoben wor-
        den ist.
        Anlage 7
        Erklärung
        des Abgeordneten Hans-Peter Kemper (SPD)
        zur Abstimmung über den Entwurf eines Ge-
        setzes zur Fortführung der ökologischen Steu-
        erreform
        (Tagesordnungspunkt 5)
        Bei der namentlichen Abstimmung habe ich verse-
        hentlich mit Ja gestimmt.
        Mein Votum lautet Nein.
        Anlage 8
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlußempfehlung und des
        Berichts zu den Anträgen:
        – OSZE-Gipfel in Istanbul – für eine Stärkung
        der Handlungsfähigkeit der OSZE und
        – Neue europäische Sicherheitsarchitektur
        (Zusatztagesordnungspunkt 5)
        Uta Zapf (SPD): Der Istanbuler Gipfel der OSZE
        steht kurz bevor. Vor einer Woche haben wir dieses
        Thema schon einmal diskutiert. Dabei sind unsere Sor-
        gen deutlich geworden, ob dieser Gipfel ein Erfolg sein
        wird. Die Sorgen sind eher größer geworden. Das
        Problem des Krieges in Tschetschenien bedrückt uns.
        Die Situation in Tschetschenien ist nicht besser ge-
        worden. Zwar kann sich mittlerweile eine Mission der
        OSZE mit der Lage in Tschetschenien befassen, aber
        eine Bereitschaft Rußlands, die militärischen Opera-
        tionen einzustellen, die ja vor allem die Zivilbevöl-
        kerung treffen, zeichnet sich nicht ab. Rußland verstößt
        mit diesem Krieg massiv gegen die Prinzipien der
        OSZE, die wir auch auf diesem Gipfel gestärkt sehen
        wollen.
        Der Krieg in Tschetschenien zeigt auch, daß Instru-
        mente der Krisenprävention immer noch nicht ausrei-
        chend ausgebaut sind, um Gewalteskalation zu verhin-
        dern.
        Wir haben in der letzten Woche ausdrücklich das
        Recht eines Staates unterstrichen, den Terrorismus zu
        bekämpfen. Aber in Tschetschenien sehen wir einem
        Drama zu, in dem ein ganzes Volk bekämpft wird, um
        Terroristen zu treffen. Wir sehen ein neues Beispiel, wie
        Mißachtung von Menschenrechten, Diskriminierung von
        Minderheiten und das Schüren ethnischer und religiöser
        Konflikte zu Krieg führen können. Die instabilen staatli-
        chen Strukturen in den ehemaligen Staaten der Sowjet-
        union und der mangelhaft fortschreitende Prozeß der
        Demokratie sind ein zusätzliches Krisenrisiko. Kann
        man den Vertrag zur konventionellen Abrüstung in Eu-
        ropa und neue politische Grundsätze wie die Sicher-
        heitscharta unterschreiben, wenn gleichzeitig ein Ver-
        tragspartner den Vertrag und die politischen Prinzipien
        der OSZE massiv verletzt?
        Welche Folgen hätte ein Scheitern des Gipfels? Ein
        Scheitern würde die OSZE als Organisation entschieden
        schwächen, eine Organisation, die zur Stabilität in Euro-
        pa beigetragen hat, die zur Entspannung und gemeinsa-
        men Sicherheit beigetragen hat durch Vertrauensbil-
        dung, Transparenz, Abrüstung und Rüstungskontrolle,
        eine Organisation, die einen Beitrag zur Demokrati-
        sierung und zur Achtung und Rüstungskontrolle, eine
        Organisation, die einen Beitrag zur Demokratisierung
        und zur Achtung der Menschenrechte geleistet hat, der
        nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, eine Orga-
        nisation, die sich Krisenprävention und Friedenserhal-
        tung auf die Fahnen geschrieben hat und dafür Institu-
        tionen und Instrumente entwickelt hat und weiterent-
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6271
        (A) (C)
        (B) (D)
        wickelt, eine Organisation, die schon oft erfolgreich ge-
        wirkt hat. Diese Organisation darf nicht destabilisiert
        werden.
        Deshalb stimmen wir, glaube ich, alle überein, daß
        wir alles tun müssen, um den Gipfel nicht zu gefährden.
        Deshalb ist es auch richtig, daß die Regierung gestern
        im Kabinett dem KSE-Vertrag zugestimmt hat. Dieser
        Vertrag ist in unserem ureigensten Interesse. Wir ver-
        binden damit auch die Hoffnung, daß die russische Un-
        terschrift unter den Vertrag ein Mittel in die Hand gibt,
        zu einer politischen Lösung im Tschetschenien-Konflikt
        zu kommen.
        Der Vertrag trägt den neuen sicherheitspolitischen
        Bedürfnissen in Europa Rechnung. Nach dem Ende der
        Blockkonfrontation und der NATO-Osterweiterung
        führt er zu angepaßten Strukturen, die Stabilität in Euro-
        pa sichern.
        Ein wichtiges Instrument des Krisenmanagements
        sind die Missionen der OSZE. Es ist zu begrüßen, daß
        Rußland jetzt eine solche Mission in Tschetschenien
        zuläßt. Wir wollen dieses Instrument stärken, und der
        Gipfel wird einen Beitrag dazu leisten, indem er erste
        Schritte zum Aufbau eines Pools qualifizierten Personals
        für diese Aufgaben macht. Wir haben dies lange gefor-
        dert, weil nur gut geschulte Missionsteilnehmer die
        schwere und verantwortungsvolle Aufgabe der Ver-
        mittlung in Konflikten leisten können.
        Auch die Sicherheitscharta, die in Istanbul beschlos-
        sen werden soll, wäre ein Fortschritt. Sie soll als poli-
        tisch bindendes Dokument die Zusammenarbeit der Si-
        cherheitsorganisationen stärken und die bestehenden rü-
        stungskontrollpolitischen sowie vertrauens- und sicher-
        heitsbildenden Maßnahmen verbessern und festigen.
        Damit wird kooperative Sicherheit in Europa gestärkt.
        Wir sind auf diese Kooperation angewiesen, weil wir
        mit Rußland, der Ukraine und allen anderen Staaten
        vertrauensvoll zusammenarbeiten wollen. Besonders
        wichtig ist es, neue Trennlinien in Europa zu vermei-
        den, die nach der NATO-Erweiterung zu entstehen
        drohten.
        Auch und gerade weil innerstaatliche Konflikte in
        Europa zugenommen haben, bleibt die Stärkung und
        Fortentwicklung der OSZE wichtig. Ein kooperatives
        System der Konfliktprävention kann eher den virulenten
        Gegensatz des Völkerrechtes zwischen Souveränitäts-
        rechten des Staates und dem Selbstbestimmungsrecht
        der Völker ausgleichen. Nichteinmischung in innere
        Angelegenheiten und Schutz der Menschenrechte dürfen
        nicht länger unversöhnliche Prinzipien bleiben. Ange-
        sichts des Konfliktpotentials in Europa, insbesondere in
        den Transformationsstaaten, ist eine Stärkung der OSZE
        als kooperativer Sicherheitsorganisation wichtiger denn
        je.
        Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Das Gip-
        feltreffen der OSZE in Istanbul findet zu einem Zeit-
        punkt statt, zu dem das massive Vorgehen der russischen
        Armee in Tschetschenien gegen die Zivilbevölkerung
        mit großer Brutalität andauert. Es handelt sich nicht um
        gezielte Aktionen gegen terroristische Aktivitäten, son-
        dern um eine Strategie der Vertreibung der Bevölkerung
        durch Bombenangriffe, die hohe Verluste unter Zivili-
        sten zur Folge haben. Damit wird nicht nur die Genfer
        Konvention mißachtet, sondern auch die von der OSZE
        selbst aufgestellten Regeln.
        Wir begrüßen es, daß eine OSZE-Beobachtermission
        jetzt in Tschetschenien tätig wird, wenn auch reichlich
        spät. Das neue Sicherheitskonzept, das in Istanbul auf
        der Tagesordnung steht, wird allerdings durch die Art
        dieser Mission von Anfang an unglaubwürdig. Künftig
        soll die OSZE eigenständig friedenserhaltende Maß-
        nahmen durchführen können. Die Regierung in Moskau
        hat der OSZE-Mission in Tschetschenien jedoch nur
        unter der Bedingung zugestimmt, daß sie auf rein huma-
        nitäre Aufgaben und die Betreuung von Flüchtlingen be-
        schränkt bleibt. Der Gipfel droht daher zu einer Doku-
        mentation der Diskrepanz zwischen Anspruch und
        Wirklichkeit der OSZE zu werden. Das kann uns nicht
        gleichgültig sein, weil die Autorität der OSZE als Orga-
        nisation, die mehr Sicherheit und Stabilität in Europa
        ermöglichen soll, einmal mehr nachhaltig beschädigt
        wird.
        Wird der neue KSE-Vertrag nächste Wochen nun
        unterzeichnet oder nicht? Wir können diese Frage heute
        nicht beantworten. Können wir uns überhaupt wün-
        schen, daß ein Vertrag unterzeichnet wird, der schon bei
        der Unterschrift ad absurdum geführt wird? Das Argu-
        ment, Abrüstung sei ein langfristiges Thema, deshalb
        bräuchten wir einen Erfolg in Istanbul, obwohl Rußland
        mit seinem Krieg den OSZE-Regeln Hohn spricht, ist
        gefährlich. Um die OSZE zu stärken, brauchen wir kei-
        nen Erfolg auf dem Papier, sondern eine handlungsfähi-
        ge Organisation, die Krisenprävention und Krisenreak-
        tion im Ernstfall leisten kann, weil sie einen gemein-
        samen politischen Willen hat, die erforderlichen politi-
        schen und militärischen Instrumente gemeinsam einzu-
        setzen.
        Diese Handlungsfähigkeit besitzt heute nur die
        NATO. Wir hoffen, daß der OSZE-Gipfel in Istanbul
        dazu benutzt wird, unserem Partner Rußland eindring-
        lich klarzumachen, daß er seinen eigenen Interessen
        schadet, wenn der Vernichtungskrieg in Tschetschenien
        fortgesetzt wird.
        Rita Grießhaber (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
        Zweifel, ob der Istanbuler OSZE-Gipfel gelingen kann,
        sind in den letzten Tagen nicht weniger geworden. Die
        Bilder aus den Flüchtlingslagern vermitteln eine Ahnung
        von dem Ausmaß des Elends, das der Tschetschenien-
        krieg verursacht. Genaueres werden wir leider in näch-
        ster Zukunft nicht erfahren. Es ist kein gutes Zeichen,
        daß Rußland heute der OSZE-Delegation die Einreise
        nach Tschetschenien verweigert hat.
        Um so wichtiger ist es – und wir unterstützen die
        Bundesregierung darin –, weiterhin diplomatischen
        Druck auf Rußland auszuüben, damit dieser Krieg so
        schnell wie möglich beendet wird.
        Wir appellieren auch heute noch einmal an die russi-
        sche Staatsduma, sich für eine Verhandlungslösung ein-
        zusetzen.
        6272 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
        (A) (C)
        (B) (D)
        Daß unsere Möglichkeiten, auf Rußland einzuwirken,
        sehr begrenzt sind, ist kein Geheimnis. Wir wissen auch,
        daß Rußland im Nordkaukasus die Flankenobergrenzen
        überschreitet und die OSZE-Konvention verletzt. Aber
        deshalb in Istanbul den KSE-Anpassungsvertrag nicht
        zu unterzeichnen wäre ein Fehler.
        Wir müssen uns weiterhin für Rüstungskontrolle und
        Abrüstung einsetzen. Und dafür ist die jetzige Anpas-
        sung des KSE-Vertrags ein wichtiger Schritt.
        Bei allen Bedenken wegen des Zeitpunkts und der
        Umstände möchte ich Sie eines fragen: Wären wir in
        Abrüstungsfragen je so weit gekommen, wenn bei den
        Vorgängerverträgen den damals noch größeren Zweifeln
        nachgegeben worden wäre?
        Ich denke, wir sollten die Unterzeichnung des Ver-
        trags – hoffentlich auch durch Rußland – nutzen, um
        dann Druck zu machen: Zum einen, daß Rußland ratifi-
        ziert, und zum anderen, daß es sich dann auch an das
        hält, was es unterschrieb. Die Erfahrung hat uns doch
        gezeigt, wie wichtig die Berufungsmöglichkeit auf un-
        terschriebene Verträge war, um Fortschritte zu erzielen,
        beispielsweise im Helsinki-Prozeß bei Menschenrechts-
        fragen.
        Wir dürfen bei aller aktuellen Sorge um die Ent-
        wicklung in Tschetschenien – oder gerade auch deshalb
        – nicht vergessen, wie wichtig dieser Gipfel in Istanbul
        für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur ist.
        Es bleibt eine Herkulesaufgabe, die Rolle der OSZE
        im Prozeß hin zu einer gesamteuropäischen Friedens-
        ordnung zu stärken. Die OSZE ist die einzige -euro-
        asiatische Organisation, die in diesem Raum durch be-
        harrlichen Einsatz für die Durchsetzung der verbrieften
        Menschen-, Minderheiten- und demokratischen Rechte
        steht. Und diese bilden die Wurzeln für Frieden und
        Sicherheit.
        Der Hauptverdienst der OSZE lag bisher in ihrer
        dialogischen Struktur. Manche bezeichnen das als ihre
        Schwäche. Es könnte aber, indem sie in Istanbul klare
        Worte gegenüber Rußland findet, auch ihre Stärke sein.
        Walter Hirche (F.D.P.): Der vorliegende gemeinsa-
        me Antrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bünd-
        nis 90/Die Grünen und F.D.P. soll der Bundesregierung
        breite Unterstützung des Bundestages signalisieren,
        wenn sie sich in Istanbul für eine neue europäische
        Sicherheitsarchitektur einsetzt. Es ist nach Auffassung
        der F.D.P. in bestem deutschen Interesse, die Fortent-
        wicklung der Systeme kooperativer Sicherheit wie UNO
        und OSZE gemeinsam zu betreiben – gut wäre es, wenn
        dies auch für die Systeme kollektiver Verteidigung wie
        NATO und WEU gelten würde, wo sich aber insbeson-
        dere die Grünen schwertun.
        Für Istanbul gilt, wenn schon die UN-Reform auf der
        Stelle tritt, kommt hoffentlich die OSZE Schritte voran.
        Gerade die Ereignisse im Kosovo haben uns ja gelehrt,
        wie wichtig es ist, die OSZE handlungsfähiger zu ma-
        chen. Deshalb ist es gut, daß die Bundesregierung den
        KSE-Änderungsvertrag unterzeichnen will. Zugleich
        macht die Tragödie in Tschetschenien schneidend klar,
        welche Gratwanderungen die Bundesregierung hier
        geht. Weder die Diskussionen über den KSE-Vertrag
        noch der Gipfel von Istanbul hindern Rußland offenkun-
        dig daran, in Tschetschenien die eigenen Bürger mit
        Krieg zu überziehen und das als innere Angelegenheit
        zu betrachten.
        Ist es nicht eine Farce, wenn dieser Krieg unbehelligt
        fortgesetzt wird, aber gleichzeitig ein Dokument für Be-
        grenzung von Streitkräften unterschrieben wird? Man
        schaudert bei der Erinnerung an den alten Satz: Papier
        ist geduldig. Aber so paradox und schwierig es ist, wir
        werden dieses Risiko auf dem Weg zu einer neuen euro-
        päischen Sicherheitsarchitektur wohl eingehen müssen.
        Denn wenn Istanbul scheiterte, würde sich in Tsche-
        tschenien nichts ändern. Es ist eher umgekehrt. Die
        Fortsetzung de OSZE-Verhandlungen bringt immerhin
        für die Zukunft eine Chance, solche Vorgänge beein-
        flussen oder unterbinden zu können. Daß Rußland jetzt
        der Entsendung einer OSZE-Mission in die abtrünnige
        Kaukasusrepublik zugestimmt hat, ist ein Hoffnungs-
        schimmer. Die Tür ist offen geblieben, wir sollten sie
        nicht zuschlagen.
        Positiv ist auch die Zulassung des Zutritts internatio-
        naler Hilfsorganisationen wie Internationales Rotes
        Kreuz, Cap Anamur und UN-Flüchtlingshilfswerk. Da-
        mit können wir natürlich nicht zufrieden sein. Der freie
        Zugang von Medienvertretern muß folgen.
        Vor allem besteht die F.D.P. darauf, daß die Bundes-
        regierung in Istanbul eine offizielle Diskussion des
        Tschetschenienkonflikts durchsetzt. Die Bundesregie-
        rung muß auch in Istanbul offiziell auf einen Stopp des
        russischen Krieges gegen die eigenen Bürger dringen.
        Wir erwarten klare Worte und Taten und ein entspre-
        chendes Schlußdokument. Wir alle sind uns sicher be-
        wußt, daß die deutsche OSZE-Politik eine schwierige
        Gratwanderung ist: Notwendig ist es, Istanbul zu nutzen,
        um einen gesamteuropäischen Sicherheitsraum ohne
        Trennlinien zu schaffen, eine – wie es im Vorspann des
        Antrags heißt – europäische Sicherheitscharta, die alle
        OSZE-Teilnehmerstaaten „zur Förderung der Men-
        schenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ ver-
        pflichtet.
        Ich will auch daran erinnern, daß zu Beginn wie zur
        Mitte des KSZE-Prozesses niemand das Schlußergebnis
        für möglich gehalten hätte. Von daher nährt sich meine
        Hoffnung, daß Istanbul die OSZE ein Stück voranbringt.
        „Der Prozeß, den Menschen in den Mittelpunkt des Völ-
        kerrechts zu rücken“, wie es mein Kollege Werner Hoy-
        er am 4. November hier im Plenum formuliert hat, kann
        vielleicht in Istanbul ein Stück vorankommen. Ein Stopp
        wäre ein Schritt zurück.
        Die F.D.P. erhofft und erwartet von Istanbul:
        1. Die Unterzeichnung des KSE-Änderungsvertrages.
        2. Die Verabschiedung der Europäischen Sicherheits-
        charta.
        3. Die Stärkung der OSZE als Institution, damit zum Bei-
        spiel künftig ein kriegerischer Konflikt wie in Tsche-
        tschenien nicht mehr als innere Angelegenheit eines
        Staates angesehen werden kann. Dazu muß eine Re-
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6273
        (A) (C)
        (B) (D)
        form kommen, die bei Beschlüssen das Konsens-
        Minus-Eins-Prinzip durchsetzt, um gegen einen Völ-
        kerrechtsverbrecher vorgehen zu können.
        4. In Istanbul sollte der Tschetschenienkonflikt klar zur
        Sprache kommen.
        5. Schließlich hoffen wir, daß nach Istanbul ein positive-
        res Verhältnis von OSZE und NATO gefunden wird.
        Hoffentlich gibt es auch dabei eine große Gemein-
        samkeit in diesem Hause.
        Wolfgang Gehrcke (PDS): In den Absichtserklärun-
        gen unterscheiden sich die beiden vorliegenden Anträge
        zum OSZE-Gipfel nur graduell. Wesentlich unterschei-
        den sie sich in ihrem Geist; ihnen liegt eine unterschied-
        liche strategische Konzeption zugrunde. Die liegt in der
        Frage: Begnügt sich der Bundestag, begnügt sich die
        deutsche Außenpolitik in Fragen eines zukunftsfähigen
        Sicherheitssystems mit Absichtserklärungen, oder drängt
        sie auf eine Verrechtlichung der internationalen Sicher-
        heitsbeziehungen? Also Völkerrecht, rechtsverbindliche
        Normen oder mehr oder weniger guter Wille?
        Die guten Vorsätze reichen nicht aus, sie können sich
        in den Grauzonen zwischen Völkerrecht und guter Ab-
        sicht verirren. Jene Grauzonen sind nur ein beschöni-
        gender Ausdruck für einen rechtsfreien Raum oder zu-
        gespitzt: für einen Raum ohne Recht, für ein Terrain, in
        dem Willkür oder die Opportunität des Augenblicks
        herrschen kann. Sie muß nicht herrschen, aber sie kann
        es. Deshalb ist meine Fraktion für die strikte Verrechtli-
        chung internationaler Beziehungen, und sei es wegen
        der einfachen Einsicht, daß es so – wie wir Norddeut-
        schen sagen – kein Vertun gibt.
        Die Alternativen zu unserem Antrag sind bereits prä-
        sent. An ihnen wird gearbeitet, und sie sind derzeit stär-
        ker, weil sie die Macht des Faktischen in die Waag-
        schale werfen. Sie sind schon da als starke Organisatio-
        nen. Die NATO ist schon da. In den Sicherheitskonzep-
        ten der anderen im Bundestag vertretenen Parteien
        nimmt die NATO einen zentralen Platz ein, auch und
        gerade die neue NATO, die sich selbst mandatiert.
        Kein Zweifel: Sie buchstabieren Sicherheit noch im-
        mer militärisch. Es heißt bei Ihnen immer: NATO first.
        Aber die NATO ist und bleibt ein Militärbündnis. Kol-
        legen haben hier in der Debatte auf den Unterschied
        zwischen Verteidigungsbündnis und kollektivem Sicher-
        heitssystem verwiesen. Der ist mir wohl bewußt. Eben
        deshalb plädiere ich für die Perspektive eines europäi-
        schen Systems mit russischer und transatlantischer
        Komponente, das den Sicherheitsbedürfnissen der euro-
        päischen Staaten primär durch zivile, politische und
        ökonomische Potentiale gerecht wird.
        Hier ist die grundlegende Logik eine zivile und damit
        auch nachhaltigere, als es die in einem völlig anders
        strukturierten und orientierten Militärbündnis ist, daß
        sich bei ausreichendem Sicherheitsgefühl dann wirklich
        erübrigte. Das ist unser eigentlicher Dissens. Wir
        möchten die OSZE so stabil gestalten – auch rechtlich –,
        daß sie Sicherheit umfassend gewährleistet. Auch wenn
        es den einen Schlüssel, den Stein der Weisen im System
        der europäischen Sicherheit nicht gibt, so gibt es doch
        Prioritäten, es gibt Organe, deren Stärkung andere Pro-
        zesse positiv beeinflussen könnte. Und in diesem be-
        scheidenen Sinne fordern wir: OSZE first.
        Strukturen sind auch da in der Europäischen Union.
        Die EU hat längst das Stadium einer EWG, einer Wirt-
        schaftsgemeinschaft hinter sich gelassen, als die sie in
        den Römischen Verträgen noch konzipiert war. Die EU
        wird zu einer europäischen Wirtschafts-, Währungs- und
        – so ist meine Hoffnung – vielleicht auch Sozialunion.
        Sie steht aber vor der Gefahr, tagespolitisch instrumen-
        talisiert und militarisiert zu werden. Über die Hintertür
        soll eine EU-Militärorganisation entstehen und die
        NATO einen Platz in der EU finden. Damit wird eine
        nicht militärische Organisation in Europa in Militär-
        strukturen eingebunden. Damit würde die EU ihren
        Charakter als Wirtschafts- und Sozialunion verlieren.
        Und dagegen sind wir.
        Ich denke, daß wir im PDS-Antrag zur konkreten
        Ausgestaltung der OSZE Vorschläge gemacht haben.
        Genau dies – das Fehlen konkreter Vorschläge zur Stär-
        kung der OSZE – ist ein Mangel des vorliegenden inter-
        fraktionellen Antrages. Deshalb werden wir uns bei der
        Abstimmung der Stimme enthalten.
        In bezug auf den anstehenden Gipfel in Istanbul spielt
        natürlich auch die Frage der KSE-Anpassung eine große
        Rolle. Wir begrüßen, daß es hier zu einer Vereinbarung
        kommt. Dennoch müssen wir uns darüber im klaren
        sein, daß damit Festlegungen getroffen werden, die im
        wesentlichen nur den derzeitigen Realitäten entsprechen.
        Es findet also real keine Abrüstung statt. Und ein Ab-
        rüstungsprozeß wird ebensowenig eingeleitet. Auch
        deshalb haben wir in unserem Antrag eine Politik des
        guten Beispiels gefordert, einseitige Abrüstungsschritte,
        die hier beschlossen werden können, und die Abrüstung
        als Prozeß wieder in Gang zu bringen. Das wäre auch
        ein guter Beitrag zur Unterstützung des Verhandlungs-
        systems bei der OSZE.
        Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen
        Amt: Vor einer knappen Woche hat dieses Hohe Haus
        unter reger Beteiligung aller Fraktionen über Stand und
        Zukunft der OSZE debattiert. Ich konnte dabei erfreut
        feststellen, daß wir uns in den grundlegenden Gesichts-
        punkten durchaus einig sind. Daher begrüße ich den ge-
        meinsamen Antrag von SPD, CDU/CSU, Bünd-
        nis 90/Die Grünen und F.D.P. zum Gipfel in Istanbul
        und zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der OSZE.
        Dieser Antrag beschreibt den Charakter der OSZE als
        einzigartiger übergreifender Sicherheitsarchitektur euro-
        päischer und nichteuropäischer Staaten. Er legt die
        Möglichkeiten dar, die die effiziente Nutzung und der
        Ausbau dieses Instruments bieten. Der Antrag macht
        verständlich, welch hohe Bedeutung die Bundesregie-
        rung wie auch dieses Haus dem OSZE-Gipfel in Istanbul
        am 17./18. November 1999 beimessen. Wir setzen große
        Hoffnungen in ihn.
        Leider überschattet der Tschetschenien-Konflikt den
        Gipfel; auch dazu habe ich mich vor diesem Hause in
        der letzten Woche geäußert. In der Zwischenzeit hat sich
        aber zu unser aller Sorge weder der massive militärische
        6274 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
        (A) (C)
        (B) (D)
        Gewalteinsatz Rußlands vermindert, der sogar eine im-
        mer weiter steigende Zahl ziviler Opfer fordert, noch hat
        sich die aus Flucht und Flüchtenden resultierende huma-
        nitäre Notlage im Nordkaukasus, und insbesondere in
        Inguschetien, gebessert.
        Seit Beginn des Konflikts hat die Bundesregierung im
        Interesse der betroffenen Menschen immer wieder zu
        einer Deeskalation der Kämpfe und zum politischen
        Dialog aufgerufen und darauf gedrängt, rasch ausrei-
        chende humanitäre Hilfe zuzulassen. Die Bundesregie-
        rung begrüßt daher ausdrücklich, daß eine Delegation
        der OSZE unter Leitung des norwegischen OSZE-Vor-
        sitzes in diesen Tagen sich ein eigenes Bild von der
        Lage vor Ort machen konnte. Um so enttäuschter sind
        wir, daß sich die in die Mission gesetzten Erwartungen
        nicht erfüllen konnten, weil der Beobachtergruppe eine
        Einreise nach Tschetschenien selbst nicht möglich war.
        Wir warten jetzt auf den Bericht der Gruppe. Es wäre
        fatal, die Unterstützung der OSZE auszuschlagen, die
        bereit ist, kurzfristig zur humanitären Hilfe und zur
        Beendigung der Gewalt, langfristig auch zum Aufbau
        demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen beizu-
        tragen.
        Die Bundesregierung wird auch weiterhin in Zusam-
        menarbeit mit ihren Partnern alles tun, um zu einer Bei-
        legung des Konflikts zu kommen. Aber die russische
        Regierung muß wissen, daß die OSZE-Staats- und Re-
        gierungschefs in Istanbul mit ihrer Autorität nicht
        Rechte und Prinzipien bekräftigen können, die zugleich
        im OSZE-Gebiet massiv verletzt werden. Die Gebote, in
        einem Konflikt nicht übermäßige Gewalt anzuwenden,
        humanitäre Hilfe zu erleichtern und ernsthaft eine fried-
        liche Lösung anzustreben, gehören zum Kernbestand
        von Verpflichtungen, die auch Rußland im Rahmen der
        OSZE eingegangen ist. Ich appelliere daher an dieser
        Stelle erneut eindringlich an Rußland: Stellen Sie den
        unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt ein, der das
        Leben so vieler unschuldiger Zivilisten fordert und
        nehmen Sie einen politischen Dialog auf. Nur dadurch
        kann eine dauerhafte Lösung gefunden werden. Aller-
        dings dürfen wird nicht vergessen: Es geht in Istanbul,
        über den Konflikt in Tschetschenien hinaus, darum, Sta-
        bilität und Sicherheit in Europa voranzutreiben. Beide
        sind untrennbar miteinander verbunden.
        Wir haben die Chance, eine wirksame europäische
        Sicherheitscharta zu erreichen, die Rolle der OSZE in
        Krisenprävention, Demokratisierung und Aufbau von
        Zivilgesellschaften zu stärken. Konkrete Fortschritte im
        Bereich von Rüstungskontrolle und Abrüstung scheinen
        greifbar nahe: Unser Ziel ist ein erfolgreicher Abschluß
        der Verhandlungen zur Anpassung des Wiener Doku-
        ments über Vertrauensbildende Maßnahmen und die
        Anpassung des KSE-Vertrags. Wir haben ein unmittel-
        bares Interesse an einer neuen Vereinbarung mit Ruß-
        land, das derzeit die zukünftig vorgesehenen KSE-
        Flankenobergrenzen überschreitet. Die Bundesregierung
        will diesen Kurs halten, denn für die europäische Si-
        cherheit insgesamt und für das internationale Rüstungs-
        kontrollsystem steht viel auf dem Spiel: Eine Nichtun-
        terzeichnung des KSE-Änderungsvertrags wäre ein emp-
        findlicher Rückschlag in den weltweiten Bemühungen
        um Abrüstung und Rüstungskontrolle.
        Der neue KSE-Vertrag wird hingegen die konventio-
        nelle Stabilität in ganz Europa durch ein historisch bei-
        spielloses Begrenzungssystem und durch erhöhte Trans-
        parenz erheblich stärken. Die bei den Wiener Verhand-
        lungen noch offenen Fragen sind bei gutem Willen aller
        Beteiligten lösbar. Dies entspricht in hohem Maße unse-
        ren nationalen Interessen. Wir können dies über die
        Parteigrenzen hinweg mit Zufriedenheit feststellen.
        Die Bundesregierung bekräftigt ihr Bekenntnis zur
        Stärkung der OSZE als zentralen Pfeiler der multilate-
        ralen Bemühungen bei Konfliktprävention, Krisenmana-
        gement und bei der Wiederherstellung demokratischer
        und ziviler Institutionen. Die in Istanbul zu verabschie-
        dende Sicherheitscharta soll diese Zielrichtung und
        Rolle der OSZE innerhalb der europäischen Sicherheits-
        architektur zum gemeinsamen Anliegen machen. Wir
        haben mit dem Programm zur Ausbildung von zivilem
        Friedenspersonal, das zur schnellen Krisenreaktionsfä-
        higkeit beitragen soll, einen ersten Schritt zur Stärkung
        dieses Pfeilers getan und sehen erfreut, daß andere Län-
        der ebenfalls in diese Richtung denken.
        Ich bin zuversichtlich, daß die OSZE ihre Rolle in der
        europäischen Sicherheitsarchitektur tatsächlich und
        wirksam spielen kann, auch wenn die Geschichte seit
        1990 ebenfalls Rückschläge aufweist. Am Beispiel
        Tschetschenien sehen wir erneut, daß wir auf dem Weg
        zu einem gemeinsamen Sicherheitsraum in Europa, ge-
        gründet auf die Achtung und Umsetzung gemeinsamer
        Werte, noch ein gutes Stück zurückzulegen haben.
        Die Bundesregierung wird auch weiterhin alles tun,
        um die OSZE nach Kräften zu unterstützen. Daher freue
        ich mich besonders über den breiten Konsens in diesem
        Hause zu diesem Antrag und zu dieser Thematik.
        Anlage 9
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Großen Anfrage: Internatio-
        nales Kartellrecht, Unternehmensfusionen und
        -konzentrationen
        (Tagesordnungspunkt 10)
        Ursula Lötzer (PDS): Daimler-Chrysler, Deutsche
        Bank und Bankers Trust sind bereits Geschichte. Viag
        und Veba und viele andere sind aktuell. Jeder redet mit
        jedem, und es scheint, als könnte morgen jedes Unter-
        nehmen – ja, jeder Arbeitsplatz – mit in den Fusionswir-
        bel gezogen werden. Diese Fusionen werfen viele wett-
        bewerbsrechtliche Fragen auf, da sind wir uns mit Ihnen
        einig. Aber nicht nur diese.
        Vor etwa zwei Jahren tagten in Dortmund die höch-
        sten Mitbestimmungsgremien über Vorschläge der Ar-
        beitnehmervertreter über die Zukunft des Stahlstandorts.
        Mitten in diese Gespräche platzte eine Tickermeldung:
        Krupp plant mit der Deutschen Bank eine „feindliche
        Übernahme“. Alles was in den paritätischen Mitbestim-
        mungsgremien verhandelt wurde, war vom Tisch.
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6275
        (A) (C)
        (B) (D)
        Demokratische Verhandlungen über Unternehmens-
        entscheidungen unter Berücksichtigung soziales Interes-
        sen werden in die Banken und an die Börse verlagert,
        wo nur eins zählt, die Rendite.
        Wenn die Politik hier nicht handelt, wird ein Stück
        sozialer Demokratie auf dem Müllhaufen der Geschichte
        entsorgt. Klaus Zwickel forderte bei der Demonstration
        der Stahlarbeiter, die Bankenmacht und ihr Mißbrauch
        müßten zu einem großen Thema in der Bundesrepublik
        und in Europa werden. Die Antwort der Bundesregie-
        rung darauf sind Überlegungen zum Schutz der Minder-
        heitsaktionäre.
        Statt dessen sind Reformen gefragt, die den Schutz
        der Beschäftigten, die Wiederherstellung ihrer demo-
        kratischen Mitbestimmungsrechte bei „feindlichen“ oder
        „freundlichen“ Übernahmen, Maßnahmen zur verstärk-
        ten Bankenaufsicht und zur Einschränkung ihrer Macht
        in den Aufsichtsräten in den Mittelpunkt stellen. Auch
        Ihre Darstellung zu Eurobetriebsräten reicht nicht aus.
        Notwendig wäre ein Recht auf Mitbestimmung insbe-
        sondre zur Beschäftigungssicherung in die Revision der
        Richtlinie einzubringen.
        Das würde auch gegen den massiven Arbeitsplatzab-
        bau bei Fusionen helfen. Konzentration auf das Kernge-
        schäft in weltmarktorientierten Wertschöpfungsketten ist
        die Devise. Explodierenden Gewinnen und einer Erhö-
        hung der Dividende bei Thyssen/Krupp standen Ar-
        beitsplatzabbau und Deregulierung durch Outsourcing,
        Verkäufe und jetzt das Aus für den Stahlstandort Dort-
        mund gegenüber.
        Der Bericht der Monopolkommission weist aus, daß
        die 100 größten Unternehmen mit einem Beschäfti-
        gungsrückgang von 8,3 Prozent überproportional am
        Arbeitsplatzabbau beteiligt sind.
        Die Antwort der Bundesregierung, wie sie dem Ab-
        bau der Arbeitsplätze bei Fusionen entgegenwirken
        wollte, heißt kurz zusammengefaßt, die Bundesregie-
        rung werde ihre Politik zur Stärkung der Wettbewerbs-
        fähigkeit fortsetzen. Damit wird sie den beschriebenen
        Herausforderungen nicht gerecht.
        Auch wir sagen, Wettbewerb sorgt für Dynamik,
        Kreativität und Innovation. Wettbewerbsfähigkeit ist er-
        strebenswert, wenn und soweit sie der Verbesserung der
        Lebenschancen dient.
        Wenn freilich im Namen von Wettbewerbsfähigkeit
        Arbeitsplätze vernichtet werden und der Verlust so-
        zialstaatlicher Absicherungen für die meisten Ge-
        sellschaftsmitglieder droht, während die Politik
        achselzuckend auf die Anpassungszwänge der Glo-
        balökonomie verweist, stellt sich die Frage, in wes-
        sen Namen Wettbewerbsfähigkeit überhaupt zur
        Schicksalsfrage erhoben wird …
        Eine Wettbewerbsfähigkeit, aus der nur eine Min-
        derheit der Gesellschaft Vorteile zu ziehen vermag,
        gefährdet den Zusammenhalt von Gesellschaften,
        ja, mehr noch: Die ausschließliche Orientierung am
        Ziel Wettbewerbsfähigkeit würde auf Dauer die
        Grundlagen demokratischer Legitimation bedrohen
        – und damit auch die Demokratie selbst.
        Herrn Mosdorf müßten hier zumindest die Ohren
        klingeln, denn dieses Zitat stammt von ihm. Ich
        wünschte mir, diese Grundsätze würden in die Politik
        der Regierung einziehen.
        Jospin kündigte in den letzten Wochen gesetzliche
        Maßnahmen gegen Konzerne an, die trotz bedeutender
        Gewinne Arbeitsplätze abbauen. Im einzelnen reichten
        die Vorschläge von der Streichung öffentlicher Gelder
        bis hin zur Bestimmung der Beitragshöhe in Abhängig-
        keit von der Haltung zu Entlassungen. Wir fordern Sie
        auf, solche Maßnahmen in ihre Politik gegenüber Fusio-
        nen einzubeziehen.
        Dr. Uwe Jens (SPD): Nur vier knappe Bemerkungen
        zur Großen Anfrage der PDS:
        Erstens. Die PDS beweist mit ihrer Großen Anfrage
        deutliche Aversionen gegen die Globalisierung und In-
        ternationalisierung der Wirtschaft. Sie benimmt sich wie
        Don Quichote und kämpft gegen Windmühlenflügel.
        Diese Entwicklung findet statt und ist nicht aufzu-
        halten. Wer sich gegen den Strukturwandel stemmt, fällt
        zurück, wofür die ehemalige DDR ein lebendiges Bei-
        spiel war. Wichtig ist, das Schiff der Volkswirtschaft
        mit Geschick durch die sicherlich bewegte See der
        Weltwirtschaft zu steuern.
        Zweitens. Es ist schon eigenartig, wenn sich die PDS
        mit ihrer Anfrage offensichtlich für Wettbewerb und
        Marktwirtschaft einsetzt. Wer die Anfrage genauer liest,
        erkennt, daß die PDS noch immer der Marxschen Kon-
        zentrationstheorie huldigt. Es geht ihr um Kontrolle der
        Wirtschaft; die Marktwirtschaft hat für sie keine Zu-
        kunft. Dabei ist diese Betrachtung ein uralter Hut. Die
        PDS muß endlich erkennen: Auch große Unternehmen
        sind wichtig und notwendig. Sie haben zum Teil ekla-
        tante Vorteile bei der Produktion und damit bei der Pro-
        duktivität. Deshalb ist bei uns Größe oder Marktmacht
        per se auch nicht verboten, sondern lediglich der Miß-
        brauch. In der Marktwirtschaft, das zeigt die Erfahrung,
        wachsen im übrigen die ökonomischen Bäume nie in
        den Himmel. Wenn wir nur die Märkte offenhalten,
        dann gibt es immer wieder Wettbewerber. Die techni-
        sche und innovatorische Entwicklung ist heute so rasant,
        daß Monopole nie eine längere Überlebenschance ha-
        ben. Mehr Vertrauen in den Markt, mehr Gelassenheit
        tut Not!
        Drittens. Die PDS verbreitet wie immer auch mit die-
        ser Anfrage Mißtrauen gegenüber der Wirtschaft. Sie
        will statt Wettbewerb – wie es immer wieder deutlich
        wird – mehr Kontrolle über die Wirtschaft. Die PDS
        braucht möglichst bald ihr „Godesberg“. Wenn sie von
        Wettbewerb und Kontrolle marktbeherrschender Unter-
        nehmen spricht, sollte sie sich vorher zum freien Unter-
        nehmertum, zum Gewinnprinzip und dem Bemühen um
        funktionsfähigen Wettbewerb bekennen. Das sind die
        entscheidenden Prinzipien unserer sozialen Marktwirt-
        schaft. Aber darüber haben wir von der PDS noch nichts
        Entscheidendes gehört.
        Viertens. Eine kluge Politik, die Arbeitsplätze erhal-
        ten und neue schaffen will, beachtet die Zwänge, in de-
        nen die sich globalisierende Wirtschaft steckt. Etwas
        6276 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
        (A) (C)
        (B) (D)
        mehr ökonomische Vernunft und Sachkenntnis wäre
        manchmal angebrachter. Wenn wir das Ökonomische
        bei der Vereinigung der beiden Teile Deutschland vor
        zehn Jahren stärker beachtet hätten, würden wir jetzt
        nicht über eine gesamtwirtschaftliche Verschuldung von
        60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verfügen. Wir
        brauchen keine grundlegend neue Wettbewerbs- und
        Wirtschaftspolitik; wir müssen nur stärker unsere be-
        kannten ordnungspolitischen Grundsätze beachten. Aber
        die kennt die PDS gar nicht. Wenn wir stärker diese
        Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft beachten, wäre
        das gut für unsere Volkswirtschaft; wäre das gut für die
        Menschen in unserem Lande.
        Werner Schulz (Leipzig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, daß für
        die Bundesregierung der Wettbewerb ein hohes Gut ist.
        Dabei ist Wettbewerb kein Wert an sich, sondern ein In-
        strument zur Förderung des Gemeinwohls und zur Be-
        wahrung der individuellen Freiheiten der Akteure. Auch
        für Wettbewerb gilt die Einbindung in einen sozialen
        und ökologischen Rahmen. Kartelle bzw. marktbeherr-
        schende Unternehmen – wie Microsoft – können Wett-
        bewerb und Innovationen behindern und kleine und
        mittlere Konkurrenten bedrohen. Gerade die kleinen und
        mittleren Unternehmen sind daher im Interesse von
        Wettbewerb und Vielfalt zu schützen.
        Auch für den von uns angestrebten ökologischen
        Strukturwandel der Wirtschaft spielt der Wettbewerbs-
        gedanke für technische und soziale Innovationen eine
        wichtige Rolle. Er beschleunigt die Entstehung, den Ein-
        satz und die Verbreitung von neuen umweltfreundlichen
        Produkten und Produktionsverfahren.
        Die Erhaltung und Förderung des Wettbewerbs ist
        aber nicht nur aus ökonomischen und ökologischen
        Gründen wichtig. Es geht auch um den Erhalt und den
        Schutz unserer Demokratie. Wir sollten nicht übersehen,
        daß Monopole oder monopolähnliche Unternehmen ge-
        rade im Zeitalter der Globalisierung durchaus in der La-
        ge sind, das Primat der Politik zu gefährden.
        Oder, um mit Ludwig Erhard zu schließen: „Den Ge-
        genpol der wirtschaftlichen Freiheit stellt die Ausprä-
        gung wirtschaftlicher Macht dar. Es ist daher gesetzlich
        sicherzustellen, daß die Vorzüge der Wettbewerbswirt-
        schaft nicht durch historisch erwiesene Nachteile einer
        bedenklichen Machtkonzentration aufgewogen werden.“
        Das A und O der Marktwirtschaft ist der Markt.
        Durch Konkurrenz und Wettbewerb – so lernt man auf
        der Universität – reguliert sich in einer gesunden Wirt-
        schaft der Markt selbst. Gleichwohl: Grau ist alle Theo-
        rie. Die Praxis nicht nur in Deutschland sieht leider an-
        ders aus. Zumindest in einzelnen Branchen – etwa im
        Handel, bei den Banken, bei der Energieversorgung oder
        beim Tourismus – kann von einem funktionierenden
        Wettbewerb nur noch sehr begrenzt gesprochen werden.
        Gleichzeitig erleben wir eine Fusions- und Konzentrati-
        onswelle ohnegleichen.
        Nicht mehr Diversifikation gilt als Ausweis unter-
        nehmerischer Tüchtigkeit, sondern die Beschränkung
        auf das Kerngeschäft. Und diese Kerne werden durch
        Fusionen ständig erweitert. Und zwar nicht nur im Bin-
        nenmarkt, sondern grenzüberschreitend. Oder wie im
        Falle Daimler-Chrysler gleich interkontinental. Dieser
        Entwicklung kann und darf die Politik nicht tatenlos zu-
        sehen.
        Ich darf daran erinnern, daß eine „antimonopolisti-
        sche“ bzw. „antizentralistische“ Wirtschaftspolitik nicht
        nur im eher „linken“ Lager Anhänger hat, sondern gera-
        de von Ludwig Erhard, dem Vater der sozialen Markt-
        wirtschaft, praktiziert wurde. Das Gesetz gegen Wett-
        bewerbsbeschränkungen, GWB, wurde von dem dama-
        ligen Bundeswirtschaftsminister gegen den erbitterten
        Widerstand der Industrie durchgesetzt.
        Und es kommt nicht von ungefähr, daß das GWB die
        Entwicklung des europäischen Wettbewerbsrechts und
        der Rechte in einigen Mitgliedstaaten der EU nachhaltig
        beeinflußt hat. Wir teilen die Auffassung der Bundesre-
        gierung, daß es ein wichtiges Anliegen ist, einen inter-
        nationalen Rahmen für eine angemessene und wirksame
        Wettbewerbspolitik zu schaffen. Eine internationale
        Kartellbehörde allerdings ist weder durchsetzbar noch
        praktikabel. Wir würden damit lediglich ein wettbe-
        werbspolitisches Placebo ohne Durchsetzungsvermögen
        schaffen.
        Mir erscheint es sinnvoller und wirkungsvoller, in der
        WTO Grundsätze für wettbewerbliche Vorschriften zu
        verankern. Notwendig für einen Rahmen multilateraler
        Wettbewerbsregeln wären fundamentale Grundsätze und
        gemeinsame Regeln für den Erlaß wettbewerbsrechtli-
        cher Vorschriften und vor allem für die Durchsetzung
        solcher Vorschriften. Darüber hinaus bedarf es gemein-
        samer Lösungsansätze zur Überwindung wettbewerbs-
        feindlicher Praktiken sowie Bestimmungen über die in-
        ternationale Zusammenarbeit. Ich hoffe, daß die EU die-
        sen Punkt zur Zeit in Genf offensiv und mit Nachdruck
        vorträgt, damit er Aufnahme in die Regeln der WTO
        findet.
        Wir wollen auch eine weitere Stärkung des Wettbe-
        werbsgedankens in Europa. Das Ende April vorgelegte
        Weißbuch der Europäischen Kommission zur Reform
        des europäischen Wettbewerbsverfahrensrechts verfolgt
        grundsätzlich einen richtigen Ansatz. Das Anmelde- und
        Freistellungssystem ist bürokratisch und ineffizient.
        Wir stimmen mit der Bundesregierung überein, daß
        es notwendig ist, die Effizienz zu steigern, den Unter-
        nehmen mehr Rechtssicherheit zu geben und sowohl die
        Kommission als auch die Unternehmen von überflüssi-
        ger Bürokratie zu entlasten.
        Allerdings haben wir Zweifel, ob die Kommission
        mit ihren Vorschlägen einer verfahrenstechnischen
        Aufweichung des Kartellverbots das richtige Zeichen für
        den Schutz des Wettbewerbs setzt. Ein „Kartellverbot
        mit Legalausnahme“ ist nicht nur aus formalen Gründen
        – Vereinbarkeit mit EG-Vertrag – kritisiert worden, es
        gibt auch inhaltliche Bedenken.
        So dürfen grundsätzlich alle Kartelle, die der EG-
        Vertrag als Beispiele für verbotene Wettbewerbsbe-
        schränkungen nennt, zunächst risikolos praktiziert wer-
        den. Und die sogenannten „besonders wichtigen Fälle“,
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999 6277
        (A) (C)
        (B) (D)
        auf welche sich die Kommission konzentrieren möchte,
        könnten sich als Privilegien für industriepolitisch wich-
        tige Großunternehmen erweisen. Mir jedenfalls scheint
        noch Diskussionsbedarf zu bestehen.
        Gudrun Kopp (F.D.P.): Deutsche und ausländische
        Unternehmen suchen mehr Wettbewerb durch Kosten-
        reduzierung, Kooperation und Fusionen. Aufgabe der
        Wettbewerbspolitik ist dabei, das kartellrechtliche In-
        strumentarium den neuen Marktanforderungen anzupas-
        sen, damit der nationale, europäische und internationale
        Wettbewerb erhalten bleibt und gestärkt wird. Weniger
        Wettbewerb mindert die Anpassungsnotwendigkeit und
        geht zu Lasten von Innovation, zu Lasten der Verbrau-
        cher sowie der Gesamtwirtschaft. Als positives Beispiel
        für Vorteile durch mehr Wettbewerb nenne ich die Libe-
        ralisierung im Bereich der Energie, Telekommunikation
        und der Post.
        Im Wettbewerbsbereich der EU-Kommission wurde
        vorgeschlagen, auf die präventive Kartellkontrolle ganz
        zu verzichten. Dies würde jedoch bedeuten, daß das
        europäische Wettbewerbsrecht deutlich hinter dem
        Anspruch dessen zurückbliebe, was im deutschen Wett-
        bewerbsrecht verankert ist.
        Was wir brauchen – und das fordert die F.D.P.-Frak-
        tion nicht erst seit heute – ist ein von der Kommission
        unabhängiges Europäisches Kartellamt. Damit würde
        auch die internationale Fusionskontrolle erleichtert. Hier
        fehlt ein Regelwerk – eine Selbstverpflichtung –, wo die
        wichtigsten Grundsätze des Wettbewerbs verbindlich
        festgeschrieben werden. Dafür sind multinationale Ver-
        einbarungen erforderlich. Die WTO wäre die geeignete
        Institution, um dieses Problem mit viel Sachverstand
        und Erfahrungen zu meistern.
        Die Bundesregierung ist deshalb gefordert, auf der
        Welthandelsrunde in Seattle dem Thema „Internationale
        Wettbewerbsregeln“ höchste Priorität einzuräumen.
        Denn: Neue Arbeitsplätze in Deutschland werden nur
        dann ermöglicht, wenn dem freien internationalen Han-
        del der Atem gelassen wird.
        Im Rahmen der geplanten Enquete-Kommission
        „Globalisierung“ werden wir uns diesem Thema sicher
        ausführlich widmen.
        Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär beim BMWT:
        Wir erleben zur Zeit einen Strukturwandel der interna-
        tionalen Wirtschaft, wie es ihn in dieser Form noch nie
        gab. Die Liberalisierung des Welthandels und die Ver-
        flechtung der internationalen Märkte – Stichwort: Glo-
        balisierung – schreiten in einem enormen Tempo voran.
        Außenhandelsströme und Direktinvestitionen haben sich
        mit großer Dynamik entwickelt und sind erheblich
        schneller gewachsen als die Weltproduktion. Seit 1985
        nahm der Handel mit Waren und Dienstleistungen im
        Jahresdurchschnitt um über 10 Prozent zu. Der IWF
        rechnet auch im Jahr 2000 wieder mit einem starken
        Wachstum von über 6 Prozent.
        Auch die internationalen Finanzmärkte weisen hohe
        Wachstumsraten auf: Seit 1990 wächst das Finanzkapi-
        tal im Jahresdurchschnitt um 18 Prozent.
        Wir können uns nicht vor der Globalisierung verstek-
        ken. In Deutschland wird fast die Hälfte des Umsatzes
        der deutschen Industrie im Ausland erwirtschaftet, und
        auch der Inlandsmarkt wird zu über 40 Prozent von
        ausländischen Unternehmen bedient. Die vielbeschwo-
        rene „Globalisierungsfalle“ würde dann zuschnappen,
        wenn wir vor der Globalisierung wegliefen. Nur eine of-
        fensive Strategie, sowohl von Unternehmen wie auch
        der Politik, kann Wachstum und Beschäftigung sichern.
        Vor diesem Hintergrund ist auch die gegenwärtige
        Fusionswelle zu sehen. Unternehmenskooperation und
        -zusammenschlüsse helfen auch deutschen Unterneh-
        men, sich auf dem Weltmarkt aufzustellen, in andere
        Märkte vorzudringen und dadurch neue Absatz- und
        Wachstumschancen zu bekommen. Dies trägt langfristig
        zur Sicherung zukunftsfähiger Arbeitsplätze in Deutsch-
        land bei. Denn mittlerweile hängt jeder vierte Arbeits-
        platz in der Industrie vom Export ab. Nehmen Sie die
        Fälle Daimler-Chrysler oder Deutsche Bank-Bankers
        Trust. Diese Fusionen hatten verschiedene Gründe, aber
        sicherlich einen gemeinsamen: die Vorbereitung auf den
        Weltmarkt.
        Umgekehrt gilt natürlich das gleiche für den Markt-
        zutritt ausländischer Unternehmen in Deutschland. Aber
        auch die Verbraucher profitieren von der internationalen
        Präsenz von Unternehmen: Das Leistungsangebot wird
        verbessert, der Preiswettbewerb erhöht.
        Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es, auf diesen
        tiefgreifenden Strukturwandel angemessen zu reagieren.
        Zentrales Ziel der Wettbewerbspolitik ist die Gewährlei-
        stung offener Märkte. Verantwortungsvolle Wettbe-
        werbspolitik muß darin bestehen, die Voraussetzungen
        für den Vorstoß aller – und damit auch der deutschen
        Unternehmen – in die internationalen Märkte zu verbes-
        sern. Die Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn Fusio-
        nen zur Marktbeherrschung führen oder sie verstärken.
        Wird der Wettbewerb durch einen Zusammenschluß von
        Unternehmen gefährdet, dann muß das verhindert wer-
        den. Verhindern müssen wir auch Beschränkungen des
        Wettbewerbs durch Vereinbarungen und Absprachen.
        Erst in der letzten Woche haben mehrere Unternehmen
        der Bauwirtschaft eine ganz klare Botschaft erhalten:
        Kartelle dürfen sich nicht auszahlen.
        Wir alle wissen aber: Wettbewerbspolitik darf sich
        nicht auf Fusionskontrolle und Kartellbekämpfung be-
        schränken. Wirtschaftliche Macht bedarf der Kontrolle.
        Wer bereits marktbeherrschend ist, darf seine Macht
        nicht mißbrauchen. Das gilt nicht nur für Softwaregi-
        ganten, das gilt auch für Stromdurchleitungen auf dem
        deutschen Strommarkt.
        Ohne funktionierenden Wettbewerb werden kleine
        und mittlere Unternehmen verdrängt; haben Existenz-
        gründer keine Chance. Ohne funktionierenden Wettbe-
        werb zahlen die Verbraucher den Preis für Monopole
        und Oligopole. Aufgabe der Wettbewerbspolitik bleibt
        es daher auch in Zukunft, einen funktionierenden Wett-
        bewerb auf offenen Märkten zu gewährleisten.
        Internationaler Wettbewerb braucht einen internatio-
        nalen Rahmen. Die Liberalisierung des Welthandels und
        die Globalisierung der Märkte bringen keine Vorteile,
        6278 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. November 1999
        (A) (C)
        (B) (D)
        wenn sie gleich wieder durch privat veranlaßte Wettbe-
        werbsbeschränkungen ausgehöhlt werden. Dies läßt sich
        durch nationale oder regionale Wettbewerbsordnungen
        allein nicht verhindern. Wir brauchen daher ein interna-
        tionales Regelwerk. Wir werden uns auf der Minister-
        konferenz in Seattle dafür einsetzen, daß sich alle WTO-
        Partner darauf verständigen, in die nächste WTO-Runde
        auch internationale Wettbewerbsregeln einzubeziehen.
        Wir unterstützen daher nachdrücklich das 4-Punkte-
        Programm, das die Europäische Kommission für die
        neue WTO-Runde vorgelegt hat. Damit soll ein Grund-
        rahmen internationaler Wettbewerbsregeln geschaffen
        werden. Die WTO-Partner sollen gemeinsam gegen
        Kartelle und andere wettbewerbsbeschränkende Prakti-
        ken vorgehen. Die Regeln für die Zusammenarbeit der
        Wettbewerbsbehörden sollen festgelegt werden. Die
        WTO-Streitschlichtung soll sicherstellen, daß alle
        WTO-Partner die neuen internationalen Regeln respek-
        tieren. Damit wäre ein Anfang gemacht: Das Fundament
        für eine internationale Wettbewerbsordnung könnte ge-
        legt werden.
        Aber wir wissen auch, daß wir in Seattle noch nicht
        mit einem Durchbruch bei der internationalen Fusions-
        kontrolle rechnen können. Hier stehen wir erst am
        Anfang der Diskussion. Dennoch erwarte ich, daß auch
        hier der Nutzen von international abgestimmten Mecha-
        nismen immer besser erkannt wird. Ein erster Schritt ist
        sicherlich auch hier eine verstärkte Kooperation der
        Wettbewerbsbehörden der hauptsächlich betroffenen
        Länder.
        Wo verläuft die Grenze zwischen betriebswirtschaft-
        lich sinnvollen Strukturanpassungen und bloßem „Fusi-
        onsfieber“, der sogenannten „Fusionitis“? Und wer kann
        das bewerten? Nach einer Studie der amerikanischen
        Unternehmensberatung „Mercer“ ist seit Anfang dieses
        Jahrzehnts in den USA fast jede zweite Großfusion ge-
        scheitert – mit zum Teil erheblichen Schäden für Kun-
        den, Aktionäre, Angestellte und Arbeiter. Umgekehrt
        können – wie gesagt – erfolgreiche Unternehmenszu-
        sammenschlüsse zukunftsfähige Arbeitsplätze sichern
        und schaffen. Die Fusion von DASA und Aerospatiale
        ist eine solche Wachstumsfusion. Auch vor diesem
        Hintergrund kann ich gut die gemischten Gefühle ver-
        stehen, die die Fusionswelle in der Öffentlichkeit aus-
        löst. In einer freien Weltwirtschaftsordnung kann es aber
        nicht Aufgabe von Staaten oder Regierungsbehörden
        sein, die Unternehmen vor falschen Unternehmens-
        entscheidungen zu schützen – oder sie von richtigen
        Unternehmensentscheidungen abzuhalten. Für die Wett-
        bewerbspolitik entscheidend ist die Aufrechterhaltung
        des Wettbewerbs als funktionierendes Steuerungs-
        instrument – danach sind Unternehmenszusammen-
        schlüsse zu beurteilen. Diese Aufgabe hat die Wettbe-
        werbspolitik einerseits mit Gelassenheit, andererseits
        mit Wachsamkeit zu erfüllen – sowohl auf deutscher
        und europäischer wie auch auf internationaler Ebene.
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