Plenarprotokoll 14/63
Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
63. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
I n h a l t :
Gedenkworte für die Opfer des Terroran-
schlages auf das Parlament von Armenien....... 5569 A
Erweiterung der Tagesordnung........................ 5569 B
Absetzung der Tagesordnungspunkte 10, 15
und 16 .............................................................. 5569 C
Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau
Gabriele Iwersen ............................................ 5570 A
Tagesordnungspunkt 3:
Abgabe einer Erklärung der Bundes-
regierung zu den Ergebnissen der Son-
dertagung des Europäischen Rates in
Tampere am 15./16. Oktober 1999
Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 5570 B
Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU........................ 5573 B
Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD .......................... 5576 B
Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 5578 C
Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN......................................................... 5579 D
Ulla Jelpke PDS............................................... 5581 C
Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin
BMJ ................................................................. 5583 A
Manfred Kanther CDU/CSU............................ 5585 C
Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN......................................................... 5587 B
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 5588 D
Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 5590 A
Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5592 D
Otto Schily SPD........................................... 5593 B
Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 C
Otto Schily SPD........................................... 5593 D
Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 D
Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 5595 B
Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5596 C
Otto Schily SPD........................................... 5597 D
Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 A
Otto Schily SPD........................................... 5598 C
Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 D
Tagesordnungspunkt 4:
Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz,
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU
Für eine umfassende multilaterale Ver-
handlungsrunde über eine weitere Li-
beralisierung im Welthandel
(Drucksache 14/1664) ................................ 5599 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 2:
Antrag der Abgeordneten Ursula Lötzer,
Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion PDS
Zukunftsfähiger Handel und umfassen-
de Reform der WTO
(Drucksache 14/1834) ................................ 5599 C
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 3:
Antrag der Fraktionen SPD und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Verbesserung der Kohärenz von EU-
Agrarpolitik und Entwicklungspolitik
II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
im Rahmen der WTO-II-Verhandlun-
gen
(Drucksache 14/1860) ................................ 5599 D
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 4:
Antrag der Abgeordneten Dr. Sigrid Skar-
pelis-Sperk, Dr. Norbert Wieczorek, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion SPD
sowie der Abgeordneten Margareta Wolf
(Frankfurt), Dr. Uschi Eid, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN
Transparenz, offene Märkte, Fairness
und nachhaltige Entwicklung: Für eine
umfassende Weiterentwicklung des
Welthandelssystems
(Drucksache 14/1861) ................................ 5599 D
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD....................... 5600 A
Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU................... 5602 A
Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN......................................................... 5605 A
Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5606 D
Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN................................................... 5608 A
Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5608 B
Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 5608 D
Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 A
Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 5609 B
Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 B
Ursula Lötzer PDS........................................... 6509 D
Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 5610 D
Erich G. Fritz CDU/CSU................................. 5612 D
Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN............................................ 5614 C
Ulrich Heinrich F.D.P...................................... 5615 D
Rolf Hempelmann SPD ................................... 5616 D
Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 A
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD................... 5618 C
Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 D
Reinhold Hemker SPD..................................... 5619 D
Tagesordnungspunkt 17:
Überweisungen im vereinfachten Verfah-
ren
a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Abkommen vom 18. Mai
1999 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und dem Staat Kuwait zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung
auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-
kommen und vom Vermögen und zur
Belebung der wirtschaftlichen Bezie-
hungen
(Drucksache 14/1841) ................................ 5621 A
b) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Drit-
ten Gesetzes zur Änderung des Betäu-
bungsmittelgesetzes
(Drucksache 14/1830) ................................ 5621 B
c) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Neuordnung der Statistiken der
Schiffahrt und des Güterverkehrs
(Drucksache 14/1829) ................................ 5621 B
d) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu der Vereinbarung vom 19. Mai
1998 zwischen der Regierung der Bun-
desrepublik Deutschland und der Re-
gierung des Fürstentums Liechtenstein
über das Verwaltungsverfahren bei der
Anmeldung neuer Stoffe
(Drucksache 14/1710) ................................ 5621 B
e) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried
Wolf, Christine Ostrowski und der Frak-
tion PDS
Bau- und Betriebsordnung für Regio-
nale Eisenbahnstrecken
(Drucksache 14/998) .................................. 5621 C
f) Antrag der Abgeordneten Hartmut
Koschyk, Christian Schmidt (Fürth) und
der Fraktion CDU/CSU
Versöhnung durch Ächtung von Ver-
treibung
(Drucksache 14/1311) ................................ 5621 C
g) Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit
Wetzel, Hans-Günter Bruckmann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion SPD
sowie der Abgeordneten Albert Schmidt
(Hitzhofen), Kerstin Müller (Köln) und
der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ-
NEN
Verbot des Mitführens von Radar- und
Laserwarngeräten in Kraftfahrzeugen
(Drucksache 14/1351) ................................ 5621 C
h) Antrag der Abgeordneten Dr. Evelyn
Kenzler, Roland Claus, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion PDS
Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit
zur Erhöhung der Nutzungsentgelte
(Drucksache 14/1718) ................................ 5621 D
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 III
i) Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung
Bericht über die Wirkungen der Nut-
zungsentgeltverordnung sowie zu not-
wendigen Änderungen
(Drucksache 14/1479) ................................ 5621 D
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 5:
Weitere Überweisungen im vereinfachten
Verfahren
a) Erste Beratung des von den Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Düngemittelgesetzes
(Drucksache 14/1857) ................................ 5622 A
b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Weiterentwicklung der deutsch-tsche-
chischen Beziehungen
(Drucksache 14/1873) ................................ 5622 A
Tagesordnungspunkt 18:
Abschließende Beratungen ohne Aussprache
a) Beschlußempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen zu der Unterrichtung durch
die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates
zur Änderung der Richtlinie 91/440/
EWG zur Entwicklung der Eisenbahn-
unternehmen der Gemeinschaft
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates
zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG
über die Erteilung von Genehmigungen
an Eisenbahnunternehmen
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates
über die Zuweisung von Fahrwegkapa-
zitäten, die Erhebung von Wegeentgel-
ten im Eisenbahnverkehr und die Si-
cherheitsbescheinigung
Arbeitsunterlage der Kommission
Erläuterungen zu den einzelnen Arti-
keln des Vorschlags für eine Richtlinie
über die Zuweisung von Fahrwegkapa-
zität, die Erhebung von Wegeentgelten
im Eisenbahnverkehr und die Sicher-
heitsbescheinigung
(Drucksachen 14/74, Nr. 2.102, 14/1332
(neu)).......................................................... 5622 B
b) Beschlußempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Forsten zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung (EG)
des Rates
Festlegung der Modalitäten und Bedin-
gungen für die Strukturmaßnahmen im
Fischereisektor
(Drucksachen 14/488 Nr. 2.3, 14/1570)..... 5622 C
c) – f) Beschlußempfehlungen des Petitions-
ausschusses
Sammelübersichten 84, 85, 86, 87 zu
Petitionen
(Drucksachen 14/1722, 14/1723, 14/1724,
14/1725) ..................................................... 5622 D
Weitere Beratungen mit Aussprache
Tagesordnungspunkt 5:
Bericht des Petitionsausschusses
Bitten und Beschwerden an den Deut-
schen Bundestag
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses
des Deutschen Bundestages im Jahr
1998
(Drucksache 14/1390) ................................ 5623 A
Christel Deichmann SPD................................. 5623 B
Hubert Deittert CDU/CSU............................... 5625 A
Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 5626 C
Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN............................................ 5628 B
Heidemarie Lüth PDS...................................... 5630 B
Marlene Rupprecht SPD.................................. 5632 A
Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 5633 D
Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5635 A
Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5636 B
Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5637 D
Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5638 B
Heidemarie Wright SPD.................................. 5638 D
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5640 C
Heidemarie Lüth PDS...................................... 5642 A
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5642 C
Dieter Dzewas SPD ......................................... 5642 D
Zusatztagesordnungspunkt 6:
Aktuelle Stunde betr.
Haltung der Bundesregierung zu For-
derungen, das Sofortprogramm gegen
Jugendarbeitslosigkeit zu streichen
Iris Gleicke SPD .............................................. 5644 D
Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 5645 C
IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN................................................................. 5646 D
Dirk Niebel F.D.P. ........................................... 5648 B
Sabine Jünger PDS........................................... 5649 C
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 5650 C
Klaus Hofbauer CDU/CSU.............................. 5652 D
Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5653 D
Andrea Nahles SPD ......................................... 5654 D
Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 5656 B
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5657 C
Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU....................... 5659 B
Engelbert Wistuba SPD ................................... 5660 C
Hans Forster SPD............................................. 5662 B
Heinz Schmitt (Berg) SPD............................... 5663 B
Tagesordnungspunkt 6:
Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Fortentwicklung der Altersteil-
zeit
(Drucksache 14/1831) ................................ 5664 B
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5664 B
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 5665 D
Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN................................................................. 5667 B
Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5669 A
Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5670 C
Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5670 D
Monika Balt PDS............................................. 5671 B
Renate Rennebach SPD ................................... 5672 C
Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 5673 B
Tagesordnungspunkt 7:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Norbert Geis, Ronald Pofalla, Dr. Jürgen
Rüttgers, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der CDU/CSU eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu-
nigung von Strafverfahren (Strafver-
fahrensbeschleunigungsgesetz)
(Drucksache 14/1714) ................................ 5675 C
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 5675 C
Hermann Bachmaier SPD................................ 5677 A
Jörg van Essen F.D.P. ...................................... 5678 D
Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN......................................................... 5679 C
Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 5680 C
Tagesordnungspunkt 8:
Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr.
Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der F.D.P.
Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht
(Drucksache 14/1335) ................................ 5681 A
Dirk Niebel F.D.P............................................ 5681 B
Olaf Scholz SPD.............................................. 5682 C
Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5683 B
Olaf Scholz SPD.............................................. 5683 B
Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5684 B
Olaf Scholz SPD.............................................. 5684 B
Heinz Schemken CDU/CSU............................ 5685 A
Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ........................................................ 5686 A
Tagesordnungspunkt 9:
– Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Dr.-Ing.
Joachim Schmidt (Halsbrücke), Günter
Baumann, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion CDU/CSU eingebrachten Ent-
wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än-
derung des Verkehrswegeplanungsbe-
schleunigungsgesetzes
(Drucksache 14/544) .................................. 5687 A
– Zweite und dritte Beratung des vom Bun-
desrat eingebrachten Entwurfs eines ...
Gesetzes zur Änderung des Verkehrs-
wegeplanungsbeschleunigungsgesetzes
(Drucksache 14/1517) ................................ 5687 B
– Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Cornelia Pieper, Dr. Karl-
heinz Guttmacher, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion F.D.P. eingebrachten
Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Verkehrswegeplanungs-
beschleunigungsgesetzes
(Drucksache 14/1540) ................................ 5687 B
Beschlußempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen
(Drucksache 14/1876)...................................... 5687 B
Wolfgang Dehnel CDU/CSU .......................... 5687 C
Wieland Sorge SPD......................................... 5689 B
Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. .................... 5691 A
Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN................................................. 5691 C
Dr. Winfried Wolf PDS ................................... 5692 C
Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN................................................. 5693 B
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 V
Tagesordnungspunkt 11:
a) Beschlußempfehlung und Bericht des Fi-
nanzausschusses zu dem Antrag der Ab-
geordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa
Luft, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion PDS
Besteuerung von Luxusgegenständen
(Drucksachen 14/27, 14/1613) ................... 5694 B
b) Beschlußempfehlung und Berichts des Fi-
nanzausschusses zu dem Antrag der
Wiedererhebung der Vermögensteuer
(Drucksachen 14/11, 14/1614) ................... 5694 B
Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 5694 C
Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5695 C
Dr. Gregor Gysi PDS ................................... 5696 A
Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5696 A
Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 5697 D
Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5698 A
Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 5698 B
Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN................................................. 5700 A
Dr. Barbara Höll PDS .................................. 5700 D
Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN................................................. 5700 D
Gisela Frick F.D.P. .......................................... 5701 B
Namentliche Abstimmung
(Ergebnis siehe 64. Sitzung) ............................ 5702 C
Zusatztagesordnungspunkt 7:
Erste Beratung des von den Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Verarbeitung und Nutzung der
zur Durchführung der Verordnung
(EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen
Daten und zur Änderung des Rind-
fleischetikettierungsgesetzes
(Drucksache 14/1856) ................................ 5702 C
Nächste Sitzung ............................................... 5702 D
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5703 A
Anlage 2
Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa
Nickels auf die Fragen 33 und 34 (Drucksa-
che 14/1836) .................................................... 5703 D
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über
die Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht
(Tagesordnungspunkt 8)
Ulla Jelpke PDS .............................................. 5704 C
Anlage 4
Zu Protokoll abgegebene Reden zum Entwurf
eines Gesetzes über die Verarbeitung und
Nutzung der zur Durchführung der Verord-
nung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobe-
nen Daten und zur Änderung des Rindfleisch-
etikettierungsgesetzes (Zusatztagesordnungs-
punkt 7)
Jella Teuchner SPD ......................................... 5705 A
Franz Obermeier CDU/CSU ........................... 5706 A
Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5706 D
Kersten Naumann PDS .................................... 5707 B
Karsten Schönfeld SPD ................................... 5707 D
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5569
(A) (C)
(B) (D)
63. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
Beginn: 9.00 Uhr
*) Anlage 4
Gisela Frick
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5703
(A) (C)
(B) (D)
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Adam, Ulrich CDU/CSU 28.10.99 *
Altmaier, Peter CDU/CSU 28.10.99
Austermann, Dietrich CDU/CSU 28.10.99
Balt, Monika PDS 28.10.99
Behrendt, Wolfgang SPD 28.10.99 *
Bleser, Peter CDU/CSU 28.10.99
Böttcher, Maritta PDS 28.10.99
Brudlewsky, Monika CDU/CSU 28.10.99
Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28.10.99 *
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
28.10.99
Enders, Peter SPD 28.10.99
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 28.10.99
Friedrich (Altenburg),
Peter
SPD 28.10.99
Gebhardt, Fred PDS 28.10.99
Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 28.10.99
Herzog, Gustav SPD 28.10.99
Homburger, Birgit F.D.P. 28.10.99
Hovermann, Eike SPD 28.10.99
Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 28.10.99
Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 28.10.99
Knoche, Monika BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
28.10.99
Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 28.10.99
Kors, Eva-Maria CDU/CSU 28.10.99
Kumpf, Ute SPD 28.10.99
Kutzmutz, Rolf PDS 28.10.99
Leidinger, Robert SPD 28.10.99
Dr. Lippold (Offenbach),
Klaus W.
CDU/CSU 28.10.99
Maaß (Wilhelmshaven),
Erich
CDU/CSU 28.10.99 *
Nolting, Günther F.D.P. 28.10.99
Reinhardt, Erika CDU/CSU 28.10.99
Prof. Dr. Riesenhuber,
Heinz
CDU/CSU 28.10.99
Roos, Gudrun SPD 28.10.99
Rühe, Volker CDU/CSU 28.10.99
Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 28.10.99
Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.10.99
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Schily, Otto SPD 28.10.99
Schloten, Dieter SPD 28.10.99
Schmitz (Baesweiler),
Hans Peter
CDU/CSU 28.10.99
Dr. Schockenhoff,
Andreas
CDU/CSU 28.10.99
Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 28.10.99
Dr. Schwall-Düren,
Angelica
SPD 28.10.99
Schwanhold, Ernst SPD 28.10.99
Dr. Frhr. von Stetten,
Wolfgang
CDU/CSU 28.10.99
Tauss, Jörg SPD 28.10.99
Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 28.10.99
Wettig-Danielmeier,
Inge
SPD 28.10.99
Wieczorek (Böhlen),
Jürgen
SPD 28.10.99
Wissmann, Matthias CDU/CSU 28.10.99
Wolf (Frankfurt),
Margareta
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
28.10.99
Zierer, Benno CDU/CSU 28.10.99 *
—————
*) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen
des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/CSU)
(Drucksache 14/1836 Fragen 33 und 34):
Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, körperlichPflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pflegeversi-cherung zu erschweren, um die erwünschte Hilfe für Demenz-kranke gegenzufinanzieren, und wenn ja, wie soll das gesche-hen?
Wie haben sich die Leistungen der Pflegeversicherung imVergleich zu den Leistungen der Beihilfe bei vergleichbarenPflegefällen entwickelt, zum einen bei der ambulanten Pflege,zum anderen bei der stationären Hilfe?
Zu Frage 33:
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, körperlich
Pflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pfle-
geversicherung zu erschweren. Jedoch sind der Bundes-
regierung Pressemitteilungen bekannt, wonach eine
Verbesserung der Hilfe für Demenzkranke durch einen
erschwerten Zugang zu Leistungen der Pflegeversiche-
rung für rein körperlich Pflegebedürftige erreicht wer-
den solle.
5704 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
(A) (C)
(B) (D)
Die Sozialdemokratische Partei Deutschland und
Bündnis 90/Die Grünen haben in der Koalitionsverein-
barung vom 20. Oktober 1998 vereinbart zu prüfen, wie
die Betreuung vor allem Demenzkranker bei der Fest-
stellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden
kann. In diesem Zusammenhang wurden im Bundesmi-
nisterium für Gesundheit Gespräche mit verschiedenen
Beteiligten geführt. Dabei kam auch der in der Presse
zitierte Vorschlag zur Sprache. Diesen hat sich das Bun-
desministerium für Gesundheit jedoch nicht zu eigen
gemacht.
In der Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und
Bündnis 90/Die Grünen zum Ziel gesetzt, die Qualität
der Pflege und Betreuung zu erhalten und angesichts be-
grenzter Finanzspielräume weiter zu verbessern. Dazu
sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. So
soll geprüft werden, wie die Menschen mit einem höhe-
ren Beaufsichtigungs- und Betreuungsumfang bei der
Festlegung der Pflegebedürftigkeit besser als bisher be-
rücksichtigt werden können. Damit nimmt die Bundes-
regierung die immer wieder geäußerte Kritik ernst, daß
die Pflegeversicherung den Belangen psychisch kranker
und altersverwirrter Menschen nicht hinreichend Rech-
nung trage.
Wegen der möglichen finanziellen Auswirkungen der
Einbeziehung eines höheren Beaufsichtigungs- und Be-
treuungsumfangs Demenzkranker in der Feststellung der
Pflegebedürftigkeit ist die Prüfung noch nicht abge-
schlossen.
Zu Frage 34:
Die Leistungen der Pflegeversicherung sind – ausge-
nommen die Leistungen für Tages- und Nachtpflege –
seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung nicht erhöht
worden. Dies gilt auch für die Beihilfeleistungen bei
Pflegebedürftigkeit. Im Rahmen der ambulanten Pflege
unterscheiden sich die Sachleistungen der sozialen
Pflegeversicherung von der Beihilfe dadurch, daß Sach-
leistungen je nach Pflegestufe bis zu festgelegten
Leistungsbeträgen in Anspruch genommen werden kön-
nen, während in der Beihilfe eine bestimmte Zahl von
Einsätzen – bezogen auf die Pflegestufe 30, 60 oder
90 Pflegesätze – festgelegt ist. Dies kann dazu führen,
daß aufgrund von Preissteigerungen bei den Einsätzen
ambulanter Pflegedienste Pflegebedürftige, die in der
sozialen Pflegeversicherung versichert sind, wenige
Einsätze einkaufen können, während in der Beihilfe
trotz Preissteigerungen die Zahl der Einsätze konstant
bleibt.
Zur Preisentwicklung bei den ambulanten Pflegedien-
sten läßt sich keine allgemeine Aussage treffen. Sie dif-
feriert zwischen den Bundesländern und darüber hinaus
innerhalb der Bundesländer regional und zwischen den
Pflegediensten.
Die künftige Ausgestaltung des Beihilferechts wird,
wie schon bei den bisherigen Änderungen des SGB XI
jeweils zeitnah und in möglichst enger Anlehnung an die
Vorgaben der Pflegeversicherung erfolgen. Das ist in-
zwischen bewährte Praxis.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Rede
zum Antrag über die Abschaffung der Arbeits-
erlaubnispflicht
(Tagesordnungspunkt 8)
Ulla Jelpke (PDS): Die Fraktion der PDS wird den
vorliegenden Antrag der F.D.P. unterstützen. Die Ab-
schaffung des rassistischen sog. Inländerprivilegs bei der
Arbeitsaufnahme und Arbeitsvermittlung ist seit langem
eine Forderung der PDS. Deshalb gehen wir selbstver-
ständlich mit, wenn dieses Anliegen nun auch von der
F.D.P. übernommen wird.
Wir unterstützen auch, daß die F.D.P. damit das noch
zu ihren Regierungszeiten erlassene Arbeitsverbot für
Asylbewerberinnen und Asylbewerber wieder abschaf-
fen will. Selbstkritik ist immer etwas gutes. Wie ich hö-
re, prüft die Regierung auch gerade, ob sie dieses Verbot
nicht wieder aufhebt. Vielleicht gelingt es uns ja, die
Prüfung durch die Regierung zu beschleunigen und zu
einem guten Ende zu führen.
Die Millionen Migrantinnen und Migranten aus den
EU-Ländern und den sog. „Drittstaaten“ werden uns
eine solche überfällige Gleichstellung sicher danken.
Im übrigen erfüllt eine solche Änderung auch eine der
Maßgaben von Tampere, über die wir heute vormittag
gesprochen haben, nämlich den Auftrag, bei dem Recht
auf Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen
Arbeitsaufnahme, die sog. „Drittstaatenangehörigen“
gleichzustellen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern.
Ein bißchen Wasser muß ich ihnen von der F.D.P. aber
doch in den Wein gießen. Alle Beamtenstellen im öffent-
lichen Dienst, an Schulen, in der Sozialarbeit, bei Polizei,
Bundesgrenzschutz, Finanzämtern und dergleichen, sowie
alle Berufe, bei denen eine Approbation erforderlich ist,
Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte, sogar Psychotherapeuten
bleiben auch nach der hier geforderten Änderung weiter
„deutschen Staatsbürgern“ vorbehalten.
Eine wirklich freie Berufswahl, ein wirklich „freier
Zugang zum Arbeitsmarkt“, wie es in der Begründung
heißt, soll also trotz des sonst begrüßenswerten Antrags
auch in Zukunft nur echten, kernigen Deutschen vorbe-
halten sein.
Noch ärgerlicher finde ich, das will ich hier auch sa-
gen, einige Passagen in der Begründung ihres Antrags.
Wenn sie schreiben, Arbeitgeber könnten Arbeits-
plätze nicht besetzen, weil angeblich inländische Arbeits-
kräfte „zu wenig motiviert“ seien, weil die Arbeit zu ge-
ringe intellektuelle Ansprüche erfüllt, zu hohe körperli-
che Belastungen mit sich bringt, so ist das ein starkes
Stück.
Erstens haben wir in diesem Land 4 Millionen offi-
zielle Arbeitslose, denen es aufgrund der von ihnen in
vielen Jahren beschlossenen Sozialkürzungen oft so
schlecht geht, daß sie schon lange von Sozialhilfe leben,
während die von ihnen so mitfühlend geschilderten Ar-
beitgeber an der Börse eine Schampusparty nach der
nächsten feiern.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5705
(A) (C)
(B) (D)
Zweitens erwecken sie den Eindruck, als seien Mi-
grantinnen und Migranten besonders geeignet, wenn es
um schwere und intellektuell einfache Arbeit geht. Ich
finde das Rassismus pur.
Arbeit ist ein Menschenrecht – für alle Menschen.
Freie Berufswahl ist ein Menschenrecht – für alle Men-
schen. Warum können sie es nicht einfach dabei be-
lassen, statt das rassistische Klagelied von den armen
Arbeitgebern, vom faulen deutschen Arbeitslosen und
vom dummen, aber starken Ausländer anzustimmen?
Noch einmal: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen,
trotz der Begründung, die sie damit verbinden.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbei-
tung und Nutzung der zur Durchführung der
Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erho-
benen Daten und zur Änderung des Rind-
fleischetikettierungsgesetzes (Zusatztagesord-
nungspunkt 7)
Jella Teuchner (SPD): Wir sind dabei, eine Daten-
bank einzurichten, die es ermöglicht, ein Rind eindeutig
zu identifizieren und seine Herkunft, seine Aufent-
haltsorte und seine bisherigen Halter zurückzuverfolgen.
Die Daten sollen zur Bekämpfung von Tierseuchen, zur
Abwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfere-
gelungen und für die Etikettierung von Rindfleisch und
Rindfleischerzeugnissen verwendet werden.
Die rechtlichen Grundlagen für die Datenerhebung
liegen mittlerweile vor. Seit dem 26. 9. 1999 müssen
Rinderhalter Angaben zum Bestand und zu Veränderun-
gen in ihrem Bestand melden. Der vorliegende Gesetz-
entwurf regelt nun die Verarbeitung und Nutzung dieser
Daten. Er regelt den Zugriff der zuständigen Behörden
insbesondere auf die Daten, die nicht in ihrem Zu-
ständigkeitsbereich erhoben worden sind. Er regelt die
Auskunftsrechte der einzelnen Tierhalter, die auch auf
Daten ausgeweitet werden, die er nicht selbst gemeldet
hat, an denen er jedoch ein berechtigtes Interesse hat. Er
paßt das Rindfleischetikettierungsgesetz an die Vor-
schriften der Rinder- und Schafprämien-Verordnung
an und trägt insoweit den Erfordernissen Rechnung,
diese Daten zu Etikettierungszwecken verwenden zu
können.
Primär dient diese Datenbank der Tierseuchenbe-
kämpfung und der Herkunftssicherung. Die Datenbank
erlaubt es, bei Ausbruch einer Rinderseuche eventuelle
Kontaktbetriebe rasch ausfindig zu machen und die ent-
sprechenden Maßnahmen unverzüglich ergreifen zu
können. Spätestens seit der BSE-Krise wurde deutlich,
daß Herkunftsbezeichnungen von Rindern und damit für
die von ihnen stammenden Erzeugnisse ein ganz ent-
scheidendes Kriterium ist, das Vertrauen der Ver-
braucherinnen und Verbraucher zu gewinnen. Mit dem
Gesetzentwurf wird die Rückverfolgbarkeit national ab
nächstem Jahr sichergestellt. Nutznießer dieser Her-
kunftssicherung sind alle Marktteilnehmer, vom Land-
wirt bis zum Verbraucher. Die Bekämpfung von Tier-
seuchen wird erleichtert, die Sicherheit für Verbrauche-
rinnen und Verbraucher erhöht und damit die Vermark-
tung von Rindfleisch unterstützt.
Wir haben mit dieser Datenbank verschiedene Bau-
steine. Die Auszahlung von Prämien und deren Kon-
trolle wird erleichtert, mit dem gesicherten Herkunfts-
nachweis leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Be-
kämpfung von Tierseuchen, und den Verbraucherinnen
und Verbrauchern geben wir eindeutige Informationen
über das von ihnen gekaufte Fleisch. Mit diesem Ge-
setzentwurf setzen wir die Bausteine zusammen und
machen die Daten nutzbar. Ein Verzicht auf die Ver-
wendung der Daten würde die Prämienzahlung und de-
ren Kontrolle erschweren. Die Tierseuchenbekämpfung
und den Verbraucherschutz würde er empfindlich tref-
fen.
Wir schaffen die Grundlage für die Sicherheit und für
das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in
die Qualität des gekauften Fleisches. Darauf aufbauend
brauchen wir allerdings ein wirksames und möglichst
einheitliches Etikettierungssystem, das die Verbraucher
objektiv informiert und den Landwirten und Verarbei-
tern die Chance bietet, ihre Kunden von der Qualität ih-
rer Produkte zu überzeugen. Mit den vorgesehenen Aus-
kunftspflichten und Erhebungsmöglichkeiten könnte
zwar das „gläserne Rind“ für die Produzenten und für
die Behörden Wirklichkeit werden, darüber hinaus ha-
ben aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher
einen Anspruch darauf, zu erfahren, von welchem Rind
das Fleisch stammt, um entscheiden zu können, was sie
essen wollen.
Der Erfolg der bei uns praktizierten freiwilligen Eti-
kettierung macht deutlich, daß eine transparente Kenn-
zeichnung von Rindfleisch von den Verbraucherinnen
und den Verbrauchern gewünscht und honoriert wird.
Wir haben uns bisher dafür eingesetzt und werden uns
auch in Zukunft dafür einsetzen. Auf nationaler Ebene
bedeutet dies, daß wir an der freiwilligen Etikettierung
festhalten. Regionale Herkunftsbezeichnungen liegen im
Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und
werden von diesen auch gewünscht. Auf europäischer
Ebene bedeutet dies, daß wir uns dafür stark machen,
daß eine obligatorische Kennzeichnung für Rindfleisch
nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird.
Eine zögerliche Umsetzung von EU-Recht durch ein-
zelne Mitgliedstaaten darf nicht dazu führen, daß der
Herkunftsnachweis für Rinder nicht mehr geführt wer-
den kann. Eine EU-weite, obligatorische Herkunfts-
kennzeichnung darf nicht verhindert und damit das Ver-
trauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Rind-
fleischprodukte verspielt werden. Die Herkunftsbe-
zeichnung „EU“ ist dazu nicht ausreichend.
Der heute vorgelegte Gesetzentwurf regelt zwar le-
diglich die Verwendung von Daten, die bereits erhoben
wurden. Ich denke, daß wir damit aber ein wichtiges
verbraucherpolitisches Projekt auf den Weg bringen.
Wir sind damit noch nicht am Ziel, ohne dieses Gesetz
können wir es jedoch nicht erreichen.
5706 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
(A) (C)
(B) (D)
Franz Obermeier, (CDU/CSU): Es ist richtig, daß
die jetzige Bundesregierung den von Bundeslandwirt-
schaftsminister Borchert eingeschlagenen Weg zu mehr
Verbraucherschutz fortführt. Dies gilt insbesondere nach
dem BSE-Rinderskandal für den Fleischbereich. Und
leider gibt es schon wieder aktuelle Meldungen, wonach
es in Großbritannien erkrankte Rinder gibt.
Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf,
daß der Sonntagsbraten rundherum zum Genuß wird
– dafür sind die Köche verantwortlich – und der Ge-
sundheit nicht schadet – dafür sind die Landwirte und
wir, die Politiker, verantwortlich –. Deshalb muß der
Weg jedes frischen, gekühlten oder gefrorenen Stückes
Fleisch vom Ursprung bis zur Ladentheke lückenlos zu-
rückverfolgt werden können. Diesem Ziel dient bereits
das erste Rindfleischetikettierungsgesetz, das auf eine
Initiative von Minister Borchert zurückgeht und erstmals
eine EU-weite Rindfleischetikettierung zur Folge hatte.
In Deutschland ist ein dem Rinderpaß vergleichbares
Begleitpapier übrigens bereits seit Oktober 1995 vorge-
schrieben.
Folgerichtig sieht der vorliegende Gesetzentwurf jetzt
vor, daß Deutschland – wie alle EU-Länder – eine zen-
trale elektronische Datenbank einrichtet, die zur kom-
menden Jahrtausendwende voll betriebsfähig sein muß.
Als bayerischer Abgeordneter freut mich natürlich ganz
besonders daß dieser HIT – in diesem Falle (Herkunfts-
sicherungs- und Informationssystem für Tiere) – bei uns
in München im bayerischen Landwirtschaftsministerium
ansässig ist. Schon deshalb hege ich keinerlei Zweifel
und es wurde mir auch so bestätigt, daß diese Vorgabe
von deutscher Seite bis zum Jahresende voll und ganz
erfüllt wird.
Es mag Landwirte geben, die in der Meldepflicht nur
einen weiteren Mühlstein um ihren Hals erkennen. In
Versammlungen ist das Stichwort Bürokratie stets ein
Anlaß für mittleren bis schweren Aufruhr – auch in länd-
licher Umgebung. Es bleibe, so die Klagen, bald nichts
mehr übrig als sich den Computer in den Stall zu stellen.
Ich erwidere: So ist der Lauf der Zeit. Der Landwirt von
heute ist nicht mehr der Bauer von gestern. Angesichts
von etwa 15 Millionen Rindern in Deutschland kann die
vollständige und lückenlose Erfassung auf Dauer nur mit
Hilfe eines automatisierten Verfahrens erreicht werden.
Ich denke, es ist auch eine Chance für den einzelnen,
sich der Technik von heute nicht verschließen zu können
und einfach mit zu müssen.
Ein Aspekt ist mir besonders wichtig: Es geht hier
nicht um überzogenen Verbraucherschutz. Es geht um
die Gesundheit. Aber es geht auch um die Zukunft der
Landwirte. Was war geschehen, als in England Rinder
plötzlich BSE-verseucht waren? In Deutschland ging der
Fleischabsatz dramatisch zurück. Leidtragende waren
die deutschen Erzeuger, die deutschen Metzger. Um den
existenzbedrohenden Nachfragerückgang zu stoppen,
mußte der Vertrauensverlust der Verbraucher gestoppt
und – viel schwerer noch – zurückgewonnen werden.
Hier spielt die Rindfleischetikettierung eine Schlüssel-
rolle. Mit ihr wird ein Maximum an Transparenz und Si-
cherheit beim Rindfleischkauf gewährleistet. Daß das
Vertrauen der Verbraucher in das hochwertige Lebens-
mittel Rindfleisch wiedergekehrt ist, zeigen die Absatz-
zahlen, auch wenn sich der Rindfleischmarkt im BSE-
freien Deutschland bis heute noch nicht wieder ganz er-
holt hat. Also lohnt sich der Aufwand in mehrfacher
Hinsicht, gerade auch für die Landwirtschaft.
Mit der EU-weiten Regelung kann zukünftig der
komplette Lebensweg eines Rindes auch über Länder-
grenzen hinweg umfassend und schnell ermittelt werden.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher können erken-
nen und selbst bestimmen, was sie kaufen. EU-Querelen
um Importverbote behindern nicht mehr die notwendige
Transparenz und verhindern Kaufverweigerung.
Gewünschte Nebeneffekte sind auch die Tierseu-
chenbekämpfung und die Kontrolle unberechtigt bezo-
gener landwirtschaftlicher Prämien. Auch dies sind
Faktoren, die sowohl den Landwirten selbst als auch der
Allgemeinheit zugute kommen. Denn schließlich zahlen
wir alle drauf, wenn Existenzen durch Tierkrankheiten
(wie beispielsweise bei der Rinderseuche) aufs Spiel ge-
setzt werden oder Steuermittel in die falschen Taschen
fließen.
Es gibt auch hier einen unmittelbaren positiven Effekt
für die Landwirte: Da eine Verbindung zu den Daten für
die Prämiensysteme hergestellt werden kann, wird zu-
künftig bei der Abrechnung der Schlachtprämien ein
vereinfachtes Antragsverfahren genügen, eine Arbeits-
und Kostenersparnis für die Betriebe.
So sehr ich inhaltlich diese EU-weite Regelung be-
grüße möchte ich doch auf einen Punkt hinweisen, der
ebenfalls die Herkunftsbezeichnung betrifft und mir
Sorge bereitet. Die Europäische Union erarbeitet derzeit
Leitlinien, die unter dem Rubrum freier und gleicher
Wettbewerb unsere regionalen Qualitätssiegel „Bayeri-
scher Weidemastbulle aus bäuerlichem Familienbetrieb“
oder ähnliches – bedrohen. Das halte ich für falsche
Gleichmacherei. Wenn schon Transparenz, dann konse-
quent.
Ich fasse zusammen: Unsere deutschen Landwirte
produzieren hochwertiges Rindfleisch. Es gibt keine
Alternative zur umfassenden verbrauchergerechten
Rindfleischetikettierung und zur zentralen Datenbank.
Sie dient den Verbrauchern und der Landwirtschaft.
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist
ein Skandal, daß die EU-Mitgliedsstaaten die Kenn-
zeichnungs- und Etikettierungsvorschriften zum Schutz
der Verbraucherinnen und Verbraucher vor BSE von
1997 nicht ausreichend umgesetzt haben – insbesondere
auch im BSE-Ursprungsland Großbritannien, obwohl
doch Kommissionspräsident Romano Prodi den Ver-
braucherschutz zum höchsten Ziel erklärt hat. Vor allem
der Tierpaß ist hier von Bedeutung. Auch in Großbritan-
nien ist die Herkunft der Tiere nicht lückenlos nachzu-
vollziehen. Die zuständigen EU-Kommissare halten es
aber für unumgänglich, die Umsetzungsfrist für die
Kennzeichnungs- und Etikettierungsrichtlinie, die eigent-
lich bis zum 31. Dezember 1999 läuft, um weitere drei
Jahre zu verlängern. Das Bundeslandwirtschaftsministe-
rium hat diese Entwicklung nachdrücklich bedauert. In
dieser Frage wird erstaunlicherweise kein Vertragsver-
letzungsverfahren eingeleitet.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5707
(A) (C)
(B) (D)
Dabei ist es übrigens wahrlich erstaunlich, wenn die
Fleischindustrie sich gegen die Umsetzung der Etikettie-
rung sträubt. Die Bezeichnung „Herkunft: EG“ oder
„Herkunft: EG und Drittlandserzeugnis“ dürfte kaum
besondere Anstrengungen verlangen. Eher sind die
Vorlagen der EU-Kommission Anlaß, Verbesserungen
und Konkretisierungen einzufordern.
Gleichzeitig sollen die Exportverbote für britisches
Rindfleisch wieder fallen. Dafür allerdings ist die Zeit
noch nicht reif. Die Verbraucherinnen und Verbraucher
– und die Bundesländer, die einer solchen Aufhebung
des Importverbots zustimmen müßten – sind gegenwär-
tig gegen die Einfuhr britischen Rindfleischs. Das Ver-
trauen in die Produkte ist noch nicht wiederhergestellt.
Kein Wunder angesichts der immer neuen Dioxinfunde
und immer neuer Futtermittelskandale, die die Futter-
mittel sämtlich diskreditieren.
Wenn durch die EU-Kommission nicht einmal die
Voraussetzungen für eine bessere Kontrolle durch die
Herkunftskennzeichnung geschaffen werden, dann kann
den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Aufhebung
des Importverbots wohl kaum zugemutet werden. Die
Lösung des britisch-europäischen Handelskonflikts
sollte im Schulterschluß mit Frankreich und den Bun-
desländern erfolgen. Die Grenzöffnung allerdings müßte
abhängig gemacht werden von der Umsetzung der EU-
Kennzeichnung und Etikettierungsrichtlinie. Erst dann
kann der Verbraucher die Herkunft der Produkte nach-
vollziehen. Was übrigens nicht geht, ist, daß Großbri-
tannien die Richtlinie zur Kennzeichnungs- und Etiket-
tierung nicht erfüllt und bloß Exportprodukte kenn-
zeichnen will. Das ist dann wieder ein Einfallstor für
Mißbrauch und Intransparenz.
Ebenso hat Großbritannien seine Bereitschaft erklärt,
BSE-Tests durchzuführen, wie sie die nordrhein-
westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn
einsetzt. Hier liegen Möglichkeiten zu Kompromissen
mit Großbritannien.
Mit der heutigen Erweiterung des Rindfleischetiket-
tierungsgesetzes schafft Deutschland die notwendige
Voraussetzung zur fristgerechten Umsetzung der EU-
Richtlinie. Die Bundesregierung sollte jetzt die obligato-
rische Kennzeichnung und Etikettierung zum 1. Januar
2000 national umsetzen und darauf hinwirken, daß der
bisherige Vorschlag der Kommission weiter verbessert
und auf andere Tierarten ausgedehnt wird. Ebenso ist die
Forschung bezüglich der Optimierung der Tests EU-weit
zu intensivieren.
Die Fleischwirtschaft hatte drei Jahre Zeit zur Vorbe-
reitung. Die Landwirtschaft hat ihre Hausaufgaben mit
erheblichen Aufwendungen gemacht und die Tierpässe
und Ohrmarken längst eingeführt. Mit der Verabschie-
dung dieses Gesetzes werden auch die Voraussetzungen
für mehr Transparanz und damit Kontrollmöglichkeiten
geschaffen.
Kersten Naumann (PDS): Eine Debatte zu den Pro-
blemen der Rindfleischetikettierung halte ich für drin-
gend notwendig, besonders wenn ich an die nicht ab-
reißenden und gerade wieder heiß debattierten BSE-
Meldungen und den Streit über die Aufhebung des Im-
portverbots denke.
Die Meldung der letzten Tage über die Absicht der
EU-Kommission, die obligatorische Rindfleischetiket-
tierung um drei Jahre zu verschieben, trägt zwar den un-
genügenden Vorbereitungsmaßnahmen in verschiedenen
EU-Ländern Rechnung. Diese Absicht ist aber nicht
vereinbar mit den Interessen der Verbraucher, die Si-
cherheit beim Einkauf von Rindfleisch fordern.
Wir halten die Ansicht von Minister Funke für abwe-
gig, trotz kostenintensiver Vorbereitungen auch in
Deutschland die obligatorische Etikettierung zu ver-
schieben. Auch in drei Jahren gilt sicher noch sein Ar-
gument, eine lückenlose Rückverfolgung der Herkunft
sei nicht vollständig gesichert. Um so dringender ist es,
erstens möglichst schnell mit einem funktionsfähigen
System Erfahrungen zu sammeln und zweitens die un-
vermeidlichen Schwachstellen zu finden.
Ein Kernproblem ist doch der ständig zunehmende
Rindertourismus. Und Fakt bleibt, daß Produktionskapa-
zitäten weder mit Schlachtkapazitäten noch mit dem Be-
darf der Verbraucher übereinstimmen. Doch die Libera-
lisierung der Agrarmärkte wird nicht nur die Disparität
weiter verschärfen, sondern auch weitere Schlupflöcher
für den Herkunftsnachweis schaffen. Sie wird eine wei-
tere Bürokratisierung der Rinderproduktion nach sich
ziehen, wenn es nicht gelingt, die Produktion und die
Verarbeitung auf regionale Versorgung auszurichten.
Nicht zuletzt soll der Herkunftsnachweis nicht nur
dem Schutz vor BSE, Dioxin und vor hormonbehandel-
tem Fleisch dienen. Die Produzenten von Rindfleisch
brauchen den regionalen und nationalen Herkunfts-
nachweis auch zur Werbung für die Qualität ihrer Pro-
dukte. Denn immer mehr Verbraucher wollen mit ihrer
gezielten Kaufentscheidung auch einen Beitrag für tier-
gerechte Haltung und den Schutz der Umwelt leisten.
Aus all diesen Gründen treten wir für die terminge-
rechte Einführung der obligatorischen Rindfleischeti-
kettierung ein. Für die Verbraucher erhöht sich damit die
Ernährungssicherheit, und mit ihrem bewußten Kauf-
verhalten festigt sich das Vertrauensverhältnis zu den
Produzenten.
Die Verschiebung des Einführungstermins würde er-
stens das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel setzen.
Zweitens zu unnötigen Spekulationen Anlaß geben und
drittens natürlich die Glaubwürdigkeit in die Politik be-
schädigen. Unter der Bedingung der planmäßigen Ein-
führung der Etikettierung wird auch die termingerechte
und zuverlässige Dokumentation der Daten notwendig,
wie sie mit dem vorliegenden Durchführungsgesetz zur
Verordnung (EG) Nr. 820/97 geregelt werden soll. Und
auch hier sollten wir keine Verschiebung der parlamen-
tarischen Behandlung zulassen.
Karsten Schönfeld (SPD): zunächst möchte ich Ih-
nen, meine Damen und Herren von der Opposition,
herzlich für die Gelegenheit danken, über eine der we-
sentlichsten Fragen bundesdeutscher Politik debattieren
zu können. Ich greife diese Gelegenheit gerne auf, weil
die ganze Debatte sehr entlarvend ist für Ihr Verständnis
5708 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999
(A) (C)
(B) (D)
von Oppositionspolitik. Es geht Ihnen nicht um sachli-
che Verbesserungsvorschläge; es geht Ihnen ausschließ-
lich darum, angebliche Versäumnisse der Bundesregie-
rung öffentlich breitzutreten. Weil sie in anderen Politik-
bereichen offensichtlich nicht einmal Ansätze für unsach-
liche, an den Haaren herbeigezogene Kritik sehen, muß
jetzt das Rindfleischetikettierungsgesetz debattiert wer-
den. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich
Ihren neuen Realitätssinn loben, denn unsere Bundesre-
gierung ist einfach gut und sachlich kaum zu kritisieren.
Zur Sache: Seit dem 1. Januar 1998 haben unsere
Landwirte die rechtliche Möglichkeit, einen vollständi-
gen Herkunftsnachweis für Rindfleisch auf dem Etikett
aufzuführen. Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher
kann ihre bzw. seine individuelle Kaufentscheidung dar-
an ausrichten, wo und unter welchen Bedingungen das
Rindfleisch erzeugt worden ist. Das ist ein großer Fort-
schritt für den Verbraucherschutz. Und es gibt unseren
Landwirten die Möglichkeit, ihre regional erzeugten ge-
sunden Nahrungsmittel auch als solche auszuzeichnen.
Die Landwirte erzielen in aller Regel und zu Recht auch
einen besseren Preis für die regional erzeugten Produkte,
als es mit billiger und nicht ausgezeichneter Massenware
möglich wäre.
Wir Sozialdemokraten setzen uns gezielt für die För-
derung regional erzeugter Nahrungsmittel ein und haben
das auch als einen neuen Fördergrundsatz bei der Ge-
meinschaftsinitiative aufgenommen. Um es deutlich zu
sagen, die SPD-Bundestagsfraktion und die Bundesre-
gierung – sind für eine obligatorische Etikettierung von
Rindfleisch. Außerdem – daran besteht kein Zweifel –
muß die Herkunftsregion auch künftig eindeutig auf den
Etiketten aufgeführt werden. In dieser Frage sind wir
uns mit den Verbraucherverbänden vollständig einig.
Wir setzen – auch bei der Rindfleischetikettierung – auf
die Marktkräfte und auf mündige Verbraucherinnen und
Verbraucher. Die freiwillige Etikettierung ist eine sinn-
volle Maßnahme. Schon heute kann jede Verbraucherin
und jeder Verbraucher eine individuelle Kaufentschei-
dung an der Ladentheke treffen.
Jetzt fordert die F.D.P. eine rasche und, wie viele
meinen, überstürzte Umsetzung eines Etikettierungs-
zwangs. Die Begründung dafür ist dürftig, und ein Nut-
zen ist weder für die Erzeuger noch für die Konsumen-
ten zu erkennen. Der Deutsche Raiffeisenverband hat
erst kürzlich in einer Pressemitteilung betont, daß eine
Verschiebung der obligatorischen Etikettierung eine
sinnvolle Maßnahme ist.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich
erkenne Sie nicht wieder. Sie sprechen in Sonntagsreden
immer gerne von Eigenverantwortung, Freiheit der Un-
ternehmer, Abbau überflüssiger Bürokratie, Sie reden in
aller Regel einer Globalisierung ohne große Einschrän-
kungen das Wort, und jetzt fordern Sie uns auf, in der
Landwirtschaft möglichst rasch mehr und eventuell so-
gar überflüssige Bürokratie aufzubauen.
Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die
Dinge regelt, die jetzt zu regeln sind. Meine Kollegin,
Frau Teuchner, hat alles Notwendige dazu gesagt.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem
Land sind – und das will ich nochmals ausdrücklich be-
tonen – in aller Regel gut informiert und können selb-
ständig und eigenverantwortlich beurteilen, welche Nah-
rungsmittel sie verbrauchen wollen. Das sagt auch ein
Bericht der Europäischen Kommission. Die Verbrauche-
rinnen und Verbraucher in unserem Land beurteilen die
freiwillige Rindfleischetikettierung in ihrer jetzigen
Ausgestaltung positiv.
Eine Verlängerung der bestehenden Regelung bis
zum 31. Dezember 2000 ist deshalb in meinen Augen
unproblematisch. Jedenfalls wäre diese zeitliche Ver-
schiebung, sollte sie denn tatsächlich kommen, kein
Grund für hektische Aktivitäten der Opposition im Par-
lament.
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