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    Plenarprotokoll 14/63 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 I n h a l t : Gedenkworte für die Opfer des Terroran- schlages auf das Parlament von Armenien....... 5569 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 5569 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 10, 15 und 16 .............................................................. 5569 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Gabriele Iwersen ............................................ 5570 A Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den Ergebnissen der Son- dertagung des Europäischen Rates in Tampere am 15./16. Oktober 1999 Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 5570 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU........................ 5573 B Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD .......................... 5576 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 5578 C Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5579 D Ulla Jelpke PDS............................................... 5581 C Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ ................................................................. 5583 A Manfred Kanther CDU/CSU............................ 5585 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5587 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 5588 D Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 5590 A Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5592 D Otto Schily SPD........................................... 5593 B Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 C Otto Schily SPD........................................... 5593 D Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 D Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5595 B Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5596 C Otto Schily SPD........................................... 5597 D Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 A Otto Schily SPD........................................... 5598 C Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 D Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Für eine umfassende multilaterale Ver- handlungsrunde über eine weitere Li- beralisierung im Welthandel (Drucksache 14/1664) ................................ 5599 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Ursula Lötzer, Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Zukunftsfähiger Handel und umfassen- de Reform der WTO (Drucksache 14/1834) ................................ 5599 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Verbesserung der Kohärenz von EU- Agrarpolitik und Entwicklungspolitik II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 im Rahmen der WTO-II-Verhandlun- gen (Drucksache 14/1860) ................................ 5599 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Dr. Sigrid Skar- pelis-Sperk, Dr. Norbert Wieczorek, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Dr. Uschi Eid, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Transparenz, offene Märkte, Fairness und nachhaltige Entwicklung: Für eine umfassende Weiterentwicklung des Welthandelssystems (Drucksache 14/1861) ................................ 5599 D Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD....................... 5600 A Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU................... 5602 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5605 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5606 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN................................................... 5608 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5608 B Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 5608 D Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 A Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 5609 B Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 B Ursula Lötzer PDS........................................... 6509 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 5610 D Erich G. Fritz CDU/CSU................................. 5612 D Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5614 C Ulrich Heinrich F.D.P...................................... 5615 D Rolf Hempelmann SPD ................................... 5616 D Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD................... 5618 C Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 D Reinhold Hemker SPD..................................... 5619 D Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfah- ren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 18. Mai 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Bezie- hungen (Drucksache 14/1841) ................................ 5621 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Betäu- bungsmittelgesetzes (Drucksache 14/1830) ................................ 5621 B c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuordnung der Statistiken der Schiffahrt und des Güterverkehrs (Drucksache 14/1829) ................................ 5621 B d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu der Vereinbarung vom 19. Mai 1998 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung des Fürstentums Liechtenstein über das Verwaltungsverfahren bei der Anmeldung neuer Stoffe (Drucksache 14/1710) ................................ 5621 B e) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski und der Frak- tion PDS Bau- und Betriebsordnung für Regio- nale Eisenbahnstrecken (Drucksache 14/998) .................................. 5621 C f) Antrag der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Christian Schmidt (Fürth) und der Fraktion CDU/CSU Versöhnung durch Ächtung von Ver- treibung (Drucksache 14/1311) ................................ 5621 C g) Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Hans-Günter Bruckmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN Verbot des Mitführens von Radar- und Laserwarngeräten in Kraftfahrzeugen (Drucksache 14/1351) ................................ 5621 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur Erhöhung der Nutzungsentgelte (Drucksache 14/1718) ................................ 5621 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 III i) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung Bericht über die Wirkungen der Nut- zungsentgeltverordnung sowie zu not- wendigen Änderungen (Drucksache 14/1479) ................................ 5621 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Düngemittelgesetzes (Drucksache 14/1857) ................................ 5622 A b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Weiterentwicklung der deutsch-tsche- chischen Beziehungen (Drucksache 14/1873) ................................ 5622 A Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/440/ EWG zur Entwicklung der Eisenbahn- unternehmen der Gemeinschaft Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zitäten, die Erhebung von Wegeentgel- ten im Eisenbahnverkehr und die Si- cherheitsbescheinigung Arbeitsunterlage der Kommission Erläuterungen zu den einzelnen Arti- keln des Vorschlags für eine Richtlinie über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zität, die Erhebung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Sicher- heitsbescheinigung (Drucksachen 14/74, Nr. 2.102, 14/1332 (neu)).......................................................... 5622 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates Festlegung der Modalitäten und Bedin- gungen für die Strukturmaßnahmen im Fischereisektor (Drucksachen 14/488 Nr. 2.3, 14/1570)..... 5622 C c) – f) Beschlußempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 84, 85, 86, 87 zu Petitionen (Drucksachen 14/1722, 14/1723, 14/1724, 14/1725) ..................................................... 5622 D Weitere Beratungen mit Aussprache Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Petitionsausschusses Bitten und Beschwerden an den Deut- schen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1998 (Drucksache 14/1390) ................................ 5623 A Christel Deichmann SPD................................. 5623 B Hubert Deittert CDU/CSU............................... 5625 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 5626 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5628 B Heidemarie Lüth PDS...................................... 5630 B Marlene Rupprecht SPD.................................. 5632 A Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 5633 D Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5635 A Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5636 B Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5637 D Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5638 B Heidemarie Wright SPD.................................. 5638 D Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5640 C Heidemarie Lüth PDS...................................... 5642 A Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5642 C Dieter Dzewas SPD ......................................... 5642 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu For- derungen, das Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit zu streichen Iris Gleicke SPD .............................................. 5644 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 5645 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5646 D Dirk Niebel F.D.P. ........................................... 5648 B Sabine Jünger PDS........................................... 5649 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 5650 C Klaus Hofbauer CDU/CSU.............................. 5652 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5653 D Andrea Nahles SPD ......................................... 5654 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 5656 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5657 C Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU....................... 5659 B Engelbert Wistuba SPD ................................... 5660 C Hans Forster SPD............................................. 5662 B Heinz Schmitt (Berg) SPD............................... 5663 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Fortentwicklung der Altersteil- zeit (Drucksache 14/1831) ................................ 5664 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5664 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 5665 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5667 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5669 A Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5670 C Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5670 D Monika Balt PDS............................................. 5671 B Renate Rennebach SPD ................................... 5672 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 5673 B Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, Dr. Jürgen Rüttgers, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu- nigung von Strafverfahren (Strafver- fahrensbeschleunigungsgesetz) (Drucksache 14/1714) ................................ 5675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 5675 C Hermann Bachmaier SPD................................ 5677 A Jörg van Essen F.D.P. ...................................... 5678 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5679 C Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 5680 C Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der F.D.P. Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Drucksache 14/1335) ................................ 5681 A Dirk Niebel F.D.P............................................ 5681 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5682 C Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5683 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5683 B Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5684 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5684 B Heinz Schemken CDU/CSU............................ 5685 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5686 A Tagesordnungspunkt 9: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Günter Baumann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Verkehrswegeplanungsbe- schleunigungsgesetzes (Drucksache 14/544) .................................. 5687 A – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Verkehrs- wegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1517) ................................ 5687 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper, Dr. Karl- heinz Guttmacher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungs- beschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1540) ................................ 5687 B Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen (Drucksache 14/1876)...................................... 5687 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU .......................... 5687 C Wieland Sorge SPD......................................... 5689 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. .................... 5691 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5691 C Dr. Winfried Wolf PDS ................................... 5692 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5693 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 V Tagesordnungspunkt 11: a) Beschlußempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Besteuerung von Luxusgegenständen (Drucksachen 14/27, 14/1613) ................... 5694 B b) Beschlußempfehlung und Berichts des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Wiedererhebung der Vermögensteuer (Drucksachen 14/11, 14/1614) ................... 5694 B Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 5694 C Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5695 C Dr. Gregor Gysi PDS ................................... 5696 A Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5696 A Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 5697 D Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5698 A Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 5698 B Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 A Dr. Barbara Höll PDS .................................. 5700 D Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 D Gisela Frick F.D.P. .......................................... 5701 B Namentliche Abstimmung (Ergebnis siehe 64. Sitzung) ............................ 5702 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Drucksache 14/1856) ................................ 5702 C Nächste Sitzung ............................................... 5702 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5703 A Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen 33 und 34 (Drucksa- che 14/1836) .................................................... 5703 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke PDS .............................................. 5704 C Anlage 4 Zu Protokoll abgegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verord- nung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobe- nen Daten und zur Änderung des Rindfleisch- etikettierungsgesetzes (Zusatztagesordnungs- punkt 7) Jella Teuchner SPD ......................................... 5705 A Franz Obermeier CDU/CSU ........................... 5706 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5706 D Kersten Naumann PDS .................................... 5707 B Karsten Schönfeld SPD ................................... 5707 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5569 (A) (C) (B) (D) 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 4 Gisela Frick Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5703 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 28.10.99 * Altmaier, Peter CDU/CSU 28.10.99 Austermann, Dietrich CDU/CSU 28.10.99 Balt, Monika PDS 28.10.99 Behrendt, Wolfgang SPD 28.10.99 * Bleser, Peter CDU/CSU 28.10.99 Böttcher, Maritta PDS 28.10.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 28.10.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28.10.99 * Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Enders, Peter SPD 28.10.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 28.10.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 28.10.99 Gebhardt, Fred PDS 28.10.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 28.10.99 Herzog, Gustav SPD 28.10.99 Homburger, Birgit F.D.P. 28.10.99 Hovermann, Eike SPD 28.10.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 28.10.99 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 28.10.99 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 28.10.99 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 28.10.99 Kumpf, Ute SPD 28.10.99 Kutzmutz, Rolf PDS 28.10.99 Leidinger, Robert SPD 28.10.99 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 28.10.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 28.10.99 * Nolting, Günther F.D.P. 28.10.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 28.10.99 Prof. Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 28.10.99 Roos, Gudrun SPD 28.10.99 Rühe, Volker CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 28.10.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.10.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Schily, Otto SPD 28.10.99 Schloten, Dieter SPD 28.10.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 28.10.99 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 28.10.99 Schwanhold, Ernst SPD 28.10.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 28.10.99 Tauss, Jörg SPD 28.10.99 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 28.10.99 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 28.10.99 Wieczorek (Böhlen), Jürgen SPD 28.10.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 28.10.99 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Zierer, Benno CDU/CSU 28.10.99 * ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) (Drucksache 14/1836 Fragen 33 und 34): Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, körperlichPflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pflegeversi-cherung zu erschweren, um die erwünschte Hilfe für Demenz-kranke gegenzufinanzieren, und wenn ja, wie soll das gesche-hen? Wie haben sich die Leistungen der Pflegeversicherung imVergleich zu den Leistungen der Beihilfe bei vergleichbarenPflegefällen entwickelt, zum einen bei der ambulanten Pflege,zum anderen bei der stationären Hilfe? Zu Frage 33: Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, körperlich Pflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pfle- geversicherung zu erschweren. Jedoch sind der Bundes- regierung Pressemitteilungen bekannt, wonach eine Verbesserung der Hilfe für Demenzkranke durch einen erschwerten Zugang zu Leistungen der Pflegeversiche- rung für rein körperlich Pflegebedürftige erreicht wer- den solle. 5704 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Die Sozialdemokratische Partei Deutschland und Bündnis 90/Die Grünen haben in der Koalitionsverein- barung vom 20. Oktober 1998 vereinbart zu prüfen, wie die Betreuung vor allem Demenzkranker bei der Fest- stellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden kann. In diesem Zusammenhang wurden im Bundesmi- nisterium für Gesundheit Gespräche mit verschiedenen Beteiligten geführt. Dabei kam auch der in der Presse zitierte Vorschlag zur Sprache. Diesen hat sich das Bun- desministerium für Gesundheit jedoch nicht zu eigen gemacht. In der Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Ziel gesetzt, die Qualität der Pflege und Betreuung zu erhalten und angesichts be- grenzter Finanzspielräume weiter zu verbessern. Dazu sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. So soll geprüft werden, wie die Menschen mit einem höhe- ren Beaufsichtigungs- und Betreuungsumfang bei der Festlegung der Pflegebedürftigkeit besser als bisher be- rücksichtigt werden können. Damit nimmt die Bundes- regierung die immer wieder geäußerte Kritik ernst, daß die Pflegeversicherung den Belangen psychisch kranker und altersverwirrter Menschen nicht hinreichend Rech- nung trage. Wegen der möglichen finanziellen Auswirkungen der Einbeziehung eines höheren Beaufsichtigungs- und Be- treuungsumfangs Demenzkranker in der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist die Prüfung noch nicht abge- schlossen. Zu Frage 34: Die Leistungen der Pflegeversicherung sind – ausge- nommen die Leistungen für Tages- und Nachtpflege – seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung nicht erhöht worden. Dies gilt auch für die Beihilfeleistungen bei Pflegebedürftigkeit. Im Rahmen der ambulanten Pflege unterscheiden sich die Sachleistungen der sozialen Pflegeversicherung von der Beihilfe dadurch, daß Sach- leistungen je nach Pflegestufe bis zu festgelegten Leistungsbeträgen in Anspruch genommen werden kön- nen, während in der Beihilfe eine bestimmte Zahl von Einsätzen – bezogen auf die Pflegestufe 30, 60 oder 90 Pflegesätze – festgelegt ist. Dies kann dazu führen, daß aufgrund von Preissteigerungen bei den Einsätzen ambulanter Pflegedienste Pflegebedürftige, die in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, wenige Einsätze einkaufen können, während in der Beihilfe trotz Preissteigerungen die Zahl der Einsätze konstant bleibt. Zur Preisentwicklung bei den ambulanten Pflegedien- sten läßt sich keine allgemeine Aussage treffen. Sie dif- feriert zwischen den Bundesländern und darüber hinaus innerhalb der Bundesländer regional und zwischen den Pflegediensten. Die künftige Ausgestaltung des Beihilferechts wird, wie schon bei den bisherigen Änderungen des SGB XI jeweils zeitnah und in möglichst enger Anlehnung an die Vorgaben der Pflegeversicherung erfolgen. Das ist in- zwischen bewährte Praxis. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeits- erlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke (PDS): Die Fraktion der PDS wird den vorliegenden Antrag der F.D.P. unterstützen. Die Ab- schaffung des rassistischen sog. Inländerprivilegs bei der Arbeitsaufnahme und Arbeitsvermittlung ist seit langem eine Forderung der PDS. Deshalb gehen wir selbstver- ständlich mit, wenn dieses Anliegen nun auch von der F.D.P. übernommen wird. Wir unterstützen auch, daß die F.D.P. damit das noch zu ihren Regierungszeiten erlassene Arbeitsverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber wieder abschaf- fen will. Selbstkritik ist immer etwas gutes. Wie ich hö- re, prüft die Regierung auch gerade, ob sie dieses Verbot nicht wieder aufhebt. Vielleicht gelingt es uns ja, die Prüfung durch die Regierung zu beschleunigen und zu einem guten Ende zu führen. Die Millionen Migrantinnen und Migranten aus den EU-Ländern und den sog. „Drittstaaten“ werden uns eine solche überfällige Gleichstellung sicher danken. Im übrigen erfüllt eine solche Änderung auch eine der Maßgaben von Tampere, über die wir heute vormittag gesprochen haben, nämlich den Auftrag, bei dem Recht auf Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Arbeitsaufnahme, die sog. „Drittstaatenangehörigen“ gleichzustellen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern. Ein bißchen Wasser muß ich ihnen von der F.D.P. aber doch in den Wein gießen. Alle Beamtenstellen im öffent- lichen Dienst, an Schulen, in der Sozialarbeit, bei Polizei, Bundesgrenzschutz, Finanzämtern und dergleichen, sowie alle Berufe, bei denen eine Approbation erforderlich ist, Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte, sogar Psychotherapeuten bleiben auch nach der hier geforderten Änderung weiter „deutschen Staatsbürgern“ vorbehalten. Eine wirklich freie Berufswahl, ein wirklich „freier Zugang zum Arbeitsmarkt“, wie es in der Begründung heißt, soll also trotz des sonst begrüßenswerten Antrags auch in Zukunft nur echten, kernigen Deutschen vorbe- halten sein. Noch ärgerlicher finde ich, das will ich hier auch sa- gen, einige Passagen in der Begründung ihres Antrags. Wenn sie schreiben, Arbeitgeber könnten Arbeits- plätze nicht besetzen, weil angeblich inländische Arbeits- kräfte „zu wenig motiviert“ seien, weil die Arbeit zu ge- ringe intellektuelle Ansprüche erfüllt, zu hohe körperli- che Belastungen mit sich bringt, so ist das ein starkes Stück. Erstens haben wir in diesem Land 4 Millionen offi- zielle Arbeitslose, denen es aufgrund der von ihnen in vielen Jahren beschlossenen Sozialkürzungen oft so schlecht geht, daß sie schon lange von Sozialhilfe leben, während die von ihnen so mitfühlend geschilderten Ar- beitgeber an der Börse eine Schampusparty nach der nächsten feiern. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5705 (A) (C) (B) (D) Zweitens erwecken sie den Eindruck, als seien Mi- grantinnen und Migranten besonders geeignet, wenn es um schwere und intellektuell einfache Arbeit geht. Ich finde das Rassismus pur. Arbeit ist ein Menschenrecht – für alle Menschen. Freie Berufswahl ist ein Menschenrecht – für alle Men- schen. Warum können sie es nicht einfach dabei be- lassen, statt das rassistische Klagelied von den armen Arbeitgebern, vom faulen deutschen Arbeitslosen und vom dummen, aber starken Ausländer anzustimmen? Noch einmal: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, trotz der Begründung, die sie damit verbinden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbei- tung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erho- benen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Zusatztagesord- nungspunkt 7) Jella Teuchner (SPD): Wir sind dabei, eine Daten- bank einzurichten, die es ermöglicht, ein Rind eindeutig zu identifizieren und seine Herkunft, seine Aufent- haltsorte und seine bisherigen Halter zurückzuverfolgen. Die Daten sollen zur Bekämpfung von Tierseuchen, zur Abwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfere- gelungen und für die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen verwendet werden. Die rechtlichen Grundlagen für die Datenerhebung liegen mittlerweile vor. Seit dem 26. 9. 1999 müssen Rinderhalter Angaben zum Bestand und zu Veränderun- gen in ihrem Bestand melden. Der vorliegende Gesetz- entwurf regelt nun die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten. Er regelt den Zugriff der zuständigen Behörden insbesondere auf die Daten, die nicht in ihrem Zu- ständigkeitsbereich erhoben worden sind. Er regelt die Auskunftsrechte der einzelnen Tierhalter, die auch auf Daten ausgeweitet werden, die er nicht selbst gemeldet hat, an denen er jedoch ein berechtigtes Interesse hat. Er paßt das Rindfleischetikettierungsgesetz an die Vor- schriften der Rinder- und Schafprämien-Verordnung an und trägt insoweit den Erfordernissen Rechnung, diese Daten zu Etikettierungszwecken verwenden zu können. Primär dient diese Datenbank der Tierseuchenbe- kämpfung und der Herkunftssicherung. Die Datenbank erlaubt es, bei Ausbruch einer Rinderseuche eventuelle Kontaktbetriebe rasch ausfindig zu machen und die ent- sprechenden Maßnahmen unverzüglich ergreifen zu können. Spätestens seit der BSE-Krise wurde deutlich, daß Herkunftsbezeichnungen von Rindern und damit für die von ihnen stammenden Erzeugnisse ein ganz ent- scheidendes Kriterium ist, das Vertrauen der Ver- braucherinnen und Verbraucher zu gewinnen. Mit dem Gesetzentwurf wird die Rückverfolgbarkeit national ab nächstem Jahr sichergestellt. Nutznießer dieser Her- kunftssicherung sind alle Marktteilnehmer, vom Land- wirt bis zum Verbraucher. Die Bekämpfung von Tier- seuchen wird erleichtert, die Sicherheit für Verbrauche- rinnen und Verbraucher erhöht und damit die Vermark- tung von Rindfleisch unterstützt. Wir haben mit dieser Datenbank verschiedene Bau- steine. Die Auszahlung von Prämien und deren Kon- trolle wird erleichtert, mit dem gesicherten Herkunfts- nachweis leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Be- kämpfung von Tierseuchen, und den Verbraucherinnen und Verbrauchern geben wir eindeutige Informationen über das von ihnen gekaufte Fleisch. Mit diesem Ge- setzentwurf setzen wir die Bausteine zusammen und machen die Daten nutzbar. Ein Verzicht auf die Ver- wendung der Daten würde die Prämienzahlung und de- ren Kontrolle erschweren. Die Tierseuchenbekämpfung und den Verbraucherschutz würde er empfindlich tref- fen. Wir schaffen die Grundlage für die Sicherheit und für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Qualität des gekauften Fleisches. Darauf aufbauend brauchen wir allerdings ein wirksames und möglichst einheitliches Etikettierungssystem, das die Verbraucher objektiv informiert und den Landwirten und Verarbei- tern die Chance bietet, ihre Kunden von der Qualität ih- rer Produkte zu überzeugen. Mit den vorgesehenen Aus- kunftspflichten und Erhebungsmöglichkeiten könnte zwar das „gläserne Rind“ für die Produzenten und für die Behörden Wirklichkeit werden, darüber hinaus ha- ben aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch darauf, zu erfahren, von welchem Rind das Fleisch stammt, um entscheiden zu können, was sie essen wollen. Der Erfolg der bei uns praktizierten freiwilligen Eti- kettierung macht deutlich, daß eine transparente Kenn- zeichnung von Rindfleisch von den Verbraucherinnen und den Verbrauchern gewünscht und honoriert wird. Wir haben uns bisher dafür eingesetzt und werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen. Auf nationaler Ebene bedeutet dies, daß wir an der freiwilligen Etikettierung festhalten. Regionale Herkunftsbezeichnungen liegen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und werden von diesen auch gewünscht. Auf europäischer Ebene bedeutet dies, daß wir uns dafür stark machen, daß eine obligatorische Kennzeichnung für Rindfleisch nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Eine zögerliche Umsetzung von EU-Recht durch ein- zelne Mitgliedstaaten darf nicht dazu führen, daß der Herkunftsnachweis für Rinder nicht mehr geführt wer- den kann. Eine EU-weite, obligatorische Herkunfts- kennzeichnung darf nicht verhindert und damit das Ver- trauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Rind- fleischprodukte verspielt werden. Die Herkunftsbe- zeichnung „EU“ ist dazu nicht ausreichend. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf regelt zwar le- diglich die Verwendung von Daten, die bereits erhoben wurden. Ich denke, daß wir damit aber ein wichtiges verbraucherpolitisches Projekt auf den Weg bringen. Wir sind damit noch nicht am Ziel, ohne dieses Gesetz können wir es jedoch nicht erreichen. 5706 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Franz Obermeier, (CDU/CSU): Es ist richtig, daß die jetzige Bundesregierung den von Bundeslandwirt- schaftsminister Borchert eingeschlagenen Weg zu mehr Verbraucherschutz fortführt. Dies gilt insbesondere nach dem BSE-Rinderskandal für den Fleischbereich. Und leider gibt es schon wieder aktuelle Meldungen, wonach es in Großbritannien erkrankte Rinder gibt. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, daß der Sonntagsbraten rundherum zum Genuß wird – dafür sind die Köche verantwortlich – und der Ge- sundheit nicht schadet – dafür sind die Landwirte und wir, die Politiker, verantwortlich –. Deshalb muß der Weg jedes frischen, gekühlten oder gefrorenen Stückes Fleisch vom Ursprung bis zur Ladentheke lückenlos zu- rückverfolgt werden können. Diesem Ziel dient bereits das erste Rindfleischetikettierungsgesetz, das auf eine Initiative von Minister Borchert zurückgeht und erstmals eine EU-weite Rindfleischetikettierung zur Folge hatte. In Deutschland ist ein dem Rinderpaß vergleichbares Begleitpapier übrigens bereits seit Oktober 1995 vorge- schrieben. Folgerichtig sieht der vorliegende Gesetzentwurf jetzt vor, daß Deutschland – wie alle EU-Länder – eine zen- trale elektronische Datenbank einrichtet, die zur kom- menden Jahrtausendwende voll betriebsfähig sein muß. Als bayerischer Abgeordneter freut mich natürlich ganz besonders daß dieser HIT – in diesem Falle (Herkunfts- sicherungs- und Informationssystem für Tiere) – bei uns in München im bayerischen Landwirtschaftsministerium ansässig ist. Schon deshalb hege ich keinerlei Zweifel und es wurde mir auch so bestätigt, daß diese Vorgabe von deutscher Seite bis zum Jahresende voll und ganz erfüllt wird. Es mag Landwirte geben, die in der Meldepflicht nur einen weiteren Mühlstein um ihren Hals erkennen. In Versammlungen ist das Stichwort Bürokratie stets ein Anlaß für mittleren bis schweren Aufruhr – auch in länd- licher Umgebung. Es bleibe, so die Klagen, bald nichts mehr übrig als sich den Computer in den Stall zu stellen. Ich erwidere: So ist der Lauf der Zeit. Der Landwirt von heute ist nicht mehr der Bauer von gestern. Angesichts von etwa 15 Millionen Rindern in Deutschland kann die vollständige und lückenlose Erfassung auf Dauer nur mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens erreicht werden. Ich denke, es ist auch eine Chance für den einzelnen, sich der Technik von heute nicht verschließen zu können und einfach mit zu müssen. Ein Aspekt ist mir besonders wichtig: Es geht hier nicht um überzogenen Verbraucherschutz. Es geht um die Gesundheit. Aber es geht auch um die Zukunft der Landwirte. Was war geschehen, als in England Rinder plötzlich BSE-verseucht waren? In Deutschland ging der Fleischabsatz dramatisch zurück. Leidtragende waren die deutschen Erzeuger, die deutschen Metzger. Um den existenzbedrohenden Nachfragerückgang zu stoppen, mußte der Vertrauensverlust der Verbraucher gestoppt und – viel schwerer noch – zurückgewonnen werden. Hier spielt die Rindfleischetikettierung eine Schlüssel- rolle. Mit ihr wird ein Maximum an Transparenz und Si- cherheit beim Rindfleischkauf gewährleistet. Daß das Vertrauen der Verbraucher in das hochwertige Lebens- mittel Rindfleisch wiedergekehrt ist, zeigen die Absatz- zahlen, auch wenn sich der Rindfleischmarkt im BSE- freien Deutschland bis heute noch nicht wieder ganz er- holt hat. Also lohnt sich der Aufwand in mehrfacher Hinsicht, gerade auch für die Landwirtschaft. Mit der EU-weiten Regelung kann zukünftig der komplette Lebensweg eines Rindes auch über Länder- grenzen hinweg umfassend und schnell ermittelt werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können erken- nen und selbst bestimmen, was sie kaufen. EU-Querelen um Importverbote behindern nicht mehr die notwendige Transparenz und verhindern Kaufverweigerung. Gewünschte Nebeneffekte sind auch die Tierseu- chenbekämpfung und die Kontrolle unberechtigt bezo- gener landwirtschaftlicher Prämien. Auch dies sind Faktoren, die sowohl den Landwirten selbst als auch der Allgemeinheit zugute kommen. Denn schließlich zahlen wir alle drauf, wenn Existenzen durch Tierkrankheiten (wie beispielsweise bei der Rinderseuche) aufs Spiel ge- setzt werden oder Steuermittel in die falschen Taschen fließen. Es gibt auch hier einen unmittelbaren positiven Effekt für die Landwirte: Da eine Verbindung zu den Daten für die Prämiensysteme hergestellt werden kann, wird zu- künftig bei der Abrechnung der Schlachtprämien ein vereinfachtes Antragsverfahren genügen, eine Arbeits- und Kostenersparnis für die Betriebe. So sehr ich inhaltlich diese EU-weite Regelung be- grüße möchte ich doch auf einen Punkt hinweisen, der ebenfalls die Herkunftsbezeichnung betrifft und mir Sorge bereitet. Die Europäische Union erarbeitet derzeit Leitlinien, die unter dem Rubrum freier und gleicher Wettbewerb unsere regionalen Qualitätssiegel „Bayeri- scher Weidemastbulle aus bäuerlichem Familienbetrieb“ oder ähnliches – bedrohen. Das halte ich für falsche Gleichmacherei. Wenn schon Transparenz, dann konse- quent. Ich fasse zusammen: Unsere deutschen Landwirte produzieren hochwertiges Rindfleisch. Es gibt keine Alternative zur umfassenden verbrauchergerechten Rindfleischetikettierung und zur zentralen Datenbank. Sie dient den Verbrauchern und der Landwirtschaft. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist ein Skandal, daß die EU-Mitgliedsstaaten die Kenn- zeichnungs- und Etikettierungsvorschriften zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor BSE von 1997 nicht ausreichend umgesetzt haben – insbesondere auch im BSE-Ursprungsland Großbritannien, obwohl doch Kommissionspräsident Romano Prodi den Ver- braucherschutz zum höchsten Ziel erklärt hat. Vor allem der Tierpaß ist hier von Bedeutung. Auch in Großbritan- nien ist die Herkunft der Tiere nicht lückenlos nachzu- vollziehen. Die zuständigen EU-Kommissare halten es aber für unumgänglich, die Umsetzungsfrist für die Kennzeichnungs- und Etikettierungsrichtlinie, die eigent- lich bis zum 31. Dezember 1999 läuft, um weitere drei Jahre zu verlängern. Das Bundeslandwirtschaftsministe- rium hat diese Entwicklung nachdrücklich bedauert. In dieser Frage wird erstaunlicherweise kein Vertragsver- letzungsverfahren eingeleitet. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5707 (A) (C) (B) (D) Dabei ist es übrigens wahrlich erstaunlich, wenn die Fleischindustrie sich gegen die Umsetzung der Etikettie- rung sträubt. Die Bezeichnung „Herkunft: EG“ oder „Herkunft: EG und Drittlandserzeugnis“ dürfte kaum besondere Anstrengungen verlangen. Eher sind die Vorlagen der EU-Kommission Anlaß, Verbesserungen und Konkretisierungen einzufordern. Gleichzeitig sollen die Exportverbote für britisches Rindfleisch wieder fallen. Dafür allerdings ist die Zeit noch nicht reif. Die Verbraucherinnen und Verbraucher – und die Bundesländer, die einer solchen Aufhebung des Importverbots zustimmen müßten – sind gegenwär- tig gegen die Einfuhr britischen Rindfleischs. Das Ver- trauen in die Produkte ist noch nicht wiederhergestellt. Kein Wunder angesichts der immer neuen Dioxinfunde und immer neuer Futtermittelskandale, die die Futter- mittel sämtlich diskreditieren. Wenn durch die EU-Kommission nicht einmal die Voraussetzungen für eine bessere Kontrolle durch die Herkunftskennzeichnung geschaffen werden, dann kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Aufhebung des Importverbots wohl kaum zugemutet werden. Die Lösung des britisch-europäischen Handelskonflikts sollte im Schulterschluß mit Frankreich und den Bun- desländern erfolgen. Die Grenzöffnung allerdings müßte abhängig gemacht werden von der Umsetzung der EU- Kennzeichnung und Etikettierungsrichtlinie. Erst dann kann der Verbraucher die Herkunft der Produkte nach- vollziehen. Was übrigens nicht geht, ist, daß Großbri- tannien die Richtlinie zur Kennzeichnungs- und Etiket- tierung nicht erfüllt und bloß Exportprodukte kenn- zeichnen will. Das ist dann wieder ein Einfallstor für Mißbrauch und Intransparenz. Ebenso hat Großbritannien seine Bereitschaft erklärt, BSE-Tests durchzuführen, wie sie die nordrhein- westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn einsetzt. Hier liegen Möglichkeiten zu Kompromissen mit Großbritannien. Mit der heutigen Erweiterung des Rindfleischetiket- tierungsgesetzes schafft Deutschland die notwendige Voraussetzung zur fristgerechten Umsetzung der EU- Richtlinie. Die Bundesregierung sollte jetzt die obligato- rische Kennzeichnung und Etikettierung zum 1. Januar 2000 national umsetzen und darauf hinwirken, daß der bisherige Vorschlag der Kommission weiter verbessert und auf andere Tierarten ausgedehnt wird. Ebenso ist die Forschung bezüglich der Optimierung der Tests EU-weit zu intensivieren. Die Fleischwirtschaft hatte drei Jahre Zeit zur Vorbe- reitung. Die Landwirtschaft hat ihre Hausaufgaben mit erheblichen Aufwendungen gemacht und die Tierpässe und Ohrmarken längst eingeführt. Mit der Verabschie- dung dieses Gesetzes werden auch die Voraussetzungen für mehr Transparanz und damit Kontrollmöglichkeiten geschaffen. Kersten Naumann (PDS): Eine Debatte zu den Pro- blemen der Rindfleischetikettierung halte ich für drin- gend notwendig, besonders wenn ich an die nicht ab- reißenden und gerade wieder heiß debattierten BSE- Meldungen und den Streit über die Aufhebung des Im- portverbots denke. Die Meldung der letzten Tage über die Absicht der EU-Kommission, die obligatorische Rindfleischetiket- tierung um drei Jahre zu verschieben, trägt zwar den un- genügenden Vorbereitungsmaßnahmen in verschiedenen EU-Ländern Rechnung. Diese Absicht ist aber nicht vereinbar mit den Interessen der Verbraucher, die Si- cherheit beim Einkauf von Rindfleisch fordern. Wir halten die Ansicht von Minister Funke für abwe- gig, trotz kostenintensiver Vorbereitungen auch in Deutschland die obligatorische Etikettierung zu ver- schieben. Auch in drei Jahren gilt sicher noch sein Ar- gument, eine lückenlose Rückverfolgung der Herkunft sei nicht vollständig gesichert. Um so dringender ist es, erstens möglichst schnell mit einem funktionsfähigen System Erfahrungen zu sammeln und zweitens die un- vermeidlichen Schwachstellen zu finden. Ein Kernproblem ist doch der ständig zunehmende Rindertourismus. Und Fakt bleibt, daß Produktionskapa- zitäten weder mit Schlachtkapazitäten noch mit dem Be- darf der Verbraucher übereinstimmen. Doch die Libera- lisierung der Agrarmärkte wird nicht nur die Disparität weiter verschärfen, sondern auch weitere Schlupflöcher für den Herkunftsnachweis schaffen. Sie wird eine wei- tere Bürokratisierung der Rinderproduktion nach sich ziehen, wenn es nicht gelingt, die Produktion und die Verarbeitung auf regionale Versorgung auszurichten. Nicht zuletzt soll der Herkunftsnachweis nicht nur dem Schutz vor BSE, Dioxin und vor hormonbehandel- tem Fleisch dienen. Die Produzenten von Rindfleisch brauchen den regionalen und nationalen Herkunfts- nachweis auch zur Werbung für die Qualität ihrer Pro- dukte. Denn immer mehr Verbraucher wollen mit ihrer gezielten Kaufentscheidung auch einen Beitrag für tier- gerechte Haltung und den Schutz der Umwelt leisten. Aus all diesen Gründen treten wir für die terminge- rechte Einführung der obligatorischen Rindfleischeti- kettierung ein. Für die Verbraucher erhöht sich damit die Ernährungssicherheit, und mit ihrem bewußten Kauf- verhalten festigt sich das Vertrauensverhältnis zu den Produzenten. Die Verschiebung des Einführungstermins würde er- stens das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel setzen. Zweitens zu unnötigen Spekulationen Anlaß geben und drittens natürlich die Glaubwürdigkeit in die Politik be- schädigen. Unter der Bedingung der planmäßigen Ein- führung der Etikettierung wird auch die termingerechte und zuverlässige Dokumentation der Daten notwendig, wie sie mit dem vorliegenden Durchführungsgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 820/97 geregelt werden soll. Und auch hier sollten wir keine Verschiebung der parlamen- tarischen Behandlung zulassen. Karsten Schönfeld (SPD): zunächst möchte ich Ih- nen, meine Damen und Herren von der Opposition, herzlich für die Gelegenheit danken, über eine der we- sentlichsten Fragen bundesdeutscher Politik debattieren zu können. Ich greife diese Gelegenheit gerne auf, weil die ganze Debatte sehr entlarvend ist für Ihr Verständnis 5708 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) von Oppositionspolitik. Es geht Ihnen nicht um sachli- che Verbesserungsvorschläge; es geht Ihnen ausschließ- lich darum, angebliche Versäumnisse der Bundesregie- rung öffentlich breitzutreten. Weil sie in anderen Politik- bereichen offensichtlich nicht einmal Ansätze für unsach- liche, an den Haaren herbeigezogene Kritik sehen, muß jetzt das Rindfleischetikettierungsgesetz debattiert wer- den. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich Ihren neuen Realitätssinn loben, denn unsere Bundesre- gierung ist einfach gut und sachlich kaum zu kritisieren. Zur Sache: Seit dem 1. Januar 1998 haben unsere Landwirte die rechtliche Möglichkeit, einen vollständi- gen Herkunftsnachweis für Rindfleisch auf dem Etikett aufzuführen. Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher kann ihre bzw. seine individuelle Kaufentscheidung dar- an ausrichten, wo und unter welchen Bedingungen das Rindfleisch erzeugt worden ist. Das ist ein großer Fort- schritt für den Verbraucherschutz. Und es gibt unseren Landwirten die Möglichkeit, ihre regional erzeugten ge- sunden Nahrungsmittel auch als solche auszuzeichnen. Die Landwirte erzielen in aller Regel und zu Recht auch einen besseren Preis für die regional erzeugten Produkte, als es mit billiger und nicht ausgezeichneter Massenware möglich wäre. Wir Sozialdemokraten setzen uns gezielt für die För- derung regional erzeugter Nahrungsmittel ein und haben das auch als einen neuen Fördergrundsatz bei der Ge- meinschaftsinitiative aufgenommen. Um es deutlich zu sagen, die SPD-Bundestagsfraktion und die Bundesre- gierung – sind für eine obligatorische Etikettierung von Rindfleisch. Außerdem – daran besteht kein Zweifel – muß die Herkunftsregion auch künftig eindeutig auf den Etiketten aufgeführt werden. In dieser Frage sind wir uns mit den Verbraucherverbänden vollständig einig. Wir setzen – auch bei der Rindfleischetikettierung – auf die Marktkräfte und auf mündige Verbraucherinnen und Verbraucher. Die freiwillige Etikettierung ist eine sinn- volle Maßnahme. Schon heute kann jede Verbraucherin und jeder Verbraucher eine individuelle Kaufentschei- dung an der Ladentheke treffen. Jetzt fordert die F.D.P. eine rasche und, wie viele meinen, überstürzte Umsetzung eines Etikettierungs- zwangs. Die Begründung dafür ist dürftig, und ein Nut- zen ist weder für die Erzeuger noch für die Konsumen- ten zu erkennen. Der Deutsche Raiffeisenverband hat erst kürzlich in einer Pressemitteilung betont, daß eine Verschiebung der obligatorischen Etikettierung eine sinnvolle Maßnahme ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich erkenne Sie nicht wieder. Sie sprechen in Sonntagsreden immer gerne von Eigenverantwortung, Freiheit der Un- ternehmer, Abbau überflüssiger Bürokratie, Sie reden in aller Regel einer Globalisierung ohne große Einschrän- kungen das Wort, und jetzt fordern Sie uns auf, in der Landwirtschaft möglichst rasch mehr und eventuell so- gar überflüssige Bürokratie aufzubauen. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Dinge regelt, die jetzt zu regeln sind. Meine Kollegin, Frau Teuchner, hat alles Notwendige dazu gesagt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land sind – und das will ich nochmals ausdrücklich be- tonen – in aller Regel gut informiert und können selb- ständig und eigenverantwortlich beurteilen, welche Nah- rungsmittel sie verbrauchen wollen. Das sagt auch ein Bericht der Europäischen Kommission. Die Verbrauche- rinnen und Verbraucher in unserem Land beurteilen die freiwillige Rindfleischetikettierung in ihrer jetzigen Ausgestaltung positiv. Eine Verlängerung der bestehenden Regelung bis zum 31. Dezember 2000 ist deshalb in meinen Augen unproblematisch. Jedenfalls wäre diese zeitliche Ver- schiebung, sollte sie denn tatsächlich kommen, kein Grund für hektische Aktivitäten der Opposition im Par- lament. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hubert Deittert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin!
    Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir unter-
    halten uns heute über den Jahresbericht 1998 des Peti-
    tionsausschusses des Bundestages. Gestern haben wir in
    einer eindrucksvollen Feier Rückblick auf 50 Jahre des
    Bestehens dieses Ausschusses genommen. Ich denke,
    uns allen ist bei dieser Feier die Bedeutung dieses Aus-
    schusses noch einmal vor Augen geführt worden. Dieser
    Ausschuß ist das Bindeglied zwischen den Bürgern im
    Lande, dem Parlament und der Regierung. Ich denke,
    man muß sehr großen Wert darauf legen, diese Verbin-
    dung zu pflegen.

    In den fünf Jahrzehnten, die vergangen sind, haben
    die Mitglieder des Petitionsausschusses und die Mitar-
    beiterinnen und Mitarbeiter des Ausschußdienstes einen
    unvorstellbaren Berg an Akten und persönlichen Schick-
    salen bewegt. Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbei-
    terinnen und Mitarbeitern des Ausschußdienstes herz-
    lich für die gewissenhafte Zuarbeit danken!


    (Beifall im ganzen Hause)

    Für mich selbst ist die Arbeit im Petitionsausschuß

    ein ganz wichtiger Bestandteil meiner parlamentarischen
    Arbeit; denn hier ist eine schnelle Rückkoppelung der
    gesetzgeberischen Entscheidungen mit den Auswirkun-
    gen im Lande gegeben. Ich war langjährig Kommunal-
    politiker und 20 Jahre Bürgermeister. Da ist es so, daß
    eine Entscheidung, die den Bürger belastet, am dritten
    Tag wieder auf dem Schreibtisch liegt. Ähnlich ist es im
    Petitionsausschuß. Die Rückkoppelung funktioniert her-
    vorragend.

    Ich denke, daß gerade der Petitionsausschuß mithel-
    fen kann, da ein Stück Vertrauen in die Politik zurück-
    zugewinnen, wo es verlorengegangen ist. Auch da sehe
    ich für mich eine wichtige Aufgabe.

    Aber zurück zu unserem Jahresbericht. Nach unserem
    Grundgesetz hat jeder Bürger das Recht, sich mit Anre-
    gungen und Beschwerden an den Deutschen Bundestag
    zu wenden. In den letzten Jahren haben im Schnitt etwa
    20 000 Bürger von diesem Recht Gebrauch gemacht. Es
    ist erfreulich, festzustellen, daß es sich dabei nicht im-
    mer nur um persönliche Probleme handelt, sondern daß
    durchaus auch Anregungen für Gesetzesänderungen
    im allgemeinen Interesse gegeben werden. Das ist ein
    sehr positives Zeichen: Neben der Politikverdrossenheit
    gibt es eine große Zahl von Frauen und Männern, die be-
    reit sind, konstruktiv mitzudenken und Anregungen zu
    geben.

    Nun zur Herkunft der einzelnen Petitionen. Es ist
    in der Tat so – wie auch Frau Kollegin Deichmann an-
    gedeutet hat –, daß überproportional viele Petitionen aus
    den neuen Bundesländern kommen. Das ist nach den
    gewaltigen Umbrüchen, die im Zuge der deutschen Ein-
    heit vollzogen werden mußten, verständlich. Ich will
    aber auf Einzelheiten nicht eingehen. Das wird meine
    Kollegin Frau Katherina Reiche im weiteren Verlauf der
    Debatte übernehmen.

    Interessant ist allerdings die unterschiedliche regio-
    nale Verteilung in den alten Bundesländern. Dazu
    möchte ich folgende Beispiele anführen: Im Freistaat
    Bayern gibt es 114 Petitionen pro 1 Million Einwohner,
    in Nordrhein-Westfalen sind es 177 Eingaben pro 1 Mil-
    lion Einwohner. Mich würde es reizen, einmal nachzu-
    forschen, ob die politische Farbe der jeweiligen Landes-
    regierung Einfluß auf Zufriedenheit oder Unzufrieden-
    heit der Bürger in dem betreffenden Bundesland hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die von mir genannten Beispiele lassen das jedenfalls
    vermuten.

    Die Petitionen selbst betreffen im Grunde alle Le-
    bensbereiche der Bevölkerung. Einen besonderen
    Schwerpunkt nehmen hier die Bereiche der Sozialversi-
    cherung ein, insbesondere Krankenversicherung und
    Rentenversicherung. Diese Tatsache verwundert nicht;
    denn wir haben hier ein außerordentlich kompliziertes
    Rechtsystem, das nicht für jeden Bürger auf den ersten
    Blick nachvollziehbar ist. Es ist vor allem so, daß der
    Bürger in manchen Fällen, auch wenn sie nach den
    Buchstaben des Gesetzes korrekt abgewickelt sind, die
    Entscheidung nicht nachvollziehen kann. Hier liegt eine
    Aufgabe des Petitionsausschusses. Es gilt hier, nachzu-
    forschen, ob im Laufe des Verfahrens wirklich irgendwo
    ein Fehler gemacht worden ist oder ob es möglicherwei-
    se einen Ermessensspielraum gibt, den man zugunsten
    des Petenten nutzen kann.

    Ich denke, da geht es den Kolleginnen und Kollegen
    genau wie mir: Wenn man jemandem konkret helfen
    kann, dann ist das ein tolles Erfolgserlebnis, das dafür
    entschädigt, daß man morgens um halb acht mit den
    Ausschußsitzungen beginnen muß.

    Meine Damen und Herren, im Bereich Sozialversi-
    cherung gibt es natürlich auch eine Reihe von Bitten um
    Gesetzesänderungen, denen der Ausschuß aber nur in
    wenigen Fällen entsprechen kann.

    Mein persönlicher Schwerpunkt in der Arbeit des Pe-
    titionsausschusses liegt in den Bereichen Verkehr und
    Landwirtschaft. Ich stelle zwei kurze Beispiele dar, zu-
    nächst eines zum Bereich Verkehr.

    Der Lärmschutz beschäftigt uns sehr häufig. So hat
    eine Bürgerinitiative in ihrer Eingabe zusätzlichen
    Lärmschutz an der Autobahn A 1 begehrt. Die Rechts-
    lage verlangt allerdings, daß beim Lärmschutz auf den
    Zeitpunkt der Planfeststellung abgestellt wird. Die A 1
    wurde 1981 gebaut; damals fuhren auf ihr pro Tag
    39 000 Kraftfahrzeuge. Die Prognose für 1990 war
    57 000. Allerdings fuhren in diesem Jahr dort tatsächlich

    Christel Deichmann






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    schon 64 000, und im zweiten Quartal 1997 sage und
    schreibe 73 430 Fahrzeuge.

    Der Bürger hat in diesem Fall keinen Rechtsanspruch
    auf eine Anpassung des Lärmschutzes. Wir haben diese
    Petition der Regierung zur Erwägung überwiesen. Der
    Verkehrsminister vertritt aber die Auffassung, hier be-
    stehe kein Anspruch. Damit sind wir nicht einverstan-
    den. Wir werden daher das Problem weiter verfolgen.
    Auch bei knapper Kassenlage müssen diese Lebensbe-
    reiche der Menschen gesehen werden.

    Meine Damen und Herren, aus dem Bereich Land-
    wirtschaft ebenfalls ein kurzes Beispiel: Im vergange-
    nen Jahr hat sich ein großer Teil der Petitionen auf
    die Themen Tierschutz und Tiertransporte bezogen. Bei
    diesen Themen ist erfreulicherweise eine wesentliche
    Verbesserung erfolgt, vor allem beim Thema Tiertrans-
    portzeiten. Hier sollte man unserem ehemaligen Land-
    wirtschaftsminister Borchert für seine Initiativen im
    Rahmen des Europäischen Ministerrates herzlich dan-
    ken.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [F.D.P.])


    Ich danke den Kolleginnen und Kollegen aller Frak-
    tionen für die Zusammenarbeit im Petitionsausschuß. In
    diesem Ausschuß ist es möglich, eine sachliche Diskus-
    sion über Parteigrenzen hinweg zu führen und nach der
    für den Petenten besten Lösung zu suchen. An dieser
    Stelle möchte ich aber auch ein kritisches Wort an die
    Vertreter der Regierungskoalition anfügen. Ich bitte Sie,
    in den Bereichen Asyl- und Aufenthaltsrecht den
    Asylkompromiß aus der 12. Wahlperiode als geltendes
    Recht zu respektieren. Es kann nicht angehen, daß man
    sich im Ausschuß als guten Menschen darstellt und dann
    die Ausführenden in Regierung und Verwaltung mit den
    Problemen sitzen läßt; denn diese haben überhaupt keine
    andere Möglichkeit, als nach Recht und Gesetz zu ent-
    scheiden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dieter Dzewas [SPD])


    Ich fordere Sie auf, sich entweder an das geltende Recht
    zu halten oder aber mit der neuen Mehrheit, die Sie hier
    haben, die Gesetze zu ändern. Dann können Sie natür-
    lich auch im Ausschuß die entsprechenden Beschlüsse
    fassen.

    Bei dem, was ich eben sagte, mache ich allerdings
    einen kleinen Unterschied zwischen den beiden Koali-
    tionsfraktionen, denn die SPD ist auf einem guten Wege,
    sich an die Wirklichkeit heranzutasten, während die
    Grünen damit noch erhebliche Probleme haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das geht ja schon in Richtung auf eine große Koalition!)


    Wenn Sie den Mut dazu haben und in der Lage sind, im
    Bundestag und im Bundesrat die entsprechende Mehr-
    heit zu organisieren, dann ändern Sie die Gesetze. Das
    jedenfalls wäre ein Gebot der Ehrlichkeit.

    Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich
    komme zum Schluß und danke abschließend den Mitar-

    beiterinnen und Mitarbeitern des Ausschußdienstes
    herzlich für ihre gewissenhafte Zuarbeit. Trotz mancher
    Meinungsverschiedenheiten bedanke ich mich auch bei
    meinen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen
    Fraktionen. Ich freue mich auf eine weitere Zusammen-
    arbeit und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [F.D.P.])




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile dem
Kollegen Günther Nolting, F.D.P.-Fraktion, das Wort.


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    Rede von Günther Friedrich Nolting


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsiden-
    tin! Meine Damen und Herren! Wir können in diesem
    Jahr – meine beiden Vorredner haben darauf hinge-
    wiesen – auf 50 Jahre Tätigkeit des Petitionsausschusses
    zurückschauen. Ich denke, daß man diese 50 Jahre als
    Erfolgsgeschichte bezeichnen kann. Diesen Erfolg ha-
    ben wir gestern abend in einer Veranstaltung entspre-
    chend gewürdigt. Im Namen der F.D.P.-Bundestags-
    fraktion möchte auch ich mich bei Frau Professor
    Dr. Süssmuth und Herrn Dr. Vogel für die hervorragen-
    den Festreden bedanken.

    In diesen Dank beziehe ich auch den Bundestagsprä-
    sidenten ein, der gestern noch einmal die besondere Be-
    deutung des Petitionsausschusses beschrieben und den
    Mitgliedern des Petitionsausschusses ausdrücklich seine
    Unterstützung zugesagt hat. Von daher hätte ich mir ge-
    wünscht, daß der Herr Bundestagspräsident bis zum
    Schluß der Veranstaltung hätte bleiben können, um noch
    die Dankesworte der Frau Vorsitzenden zu hören.

    Meine Damen und Herren, das Petitionsrecht hat in
    Deutschland eine lange Tradition. Schon im Preußen des
    18. Jahrhunderts gab es ein Eingaberecht. 1848 wurde
    dann durch die Nationalversammlung in der Frankfur-
    ter Paulskirche die Basis für das heute geltende Peti-
    tionsrecht geschaffen. Rund 100 Jahre später wurde ihm
    schließlich der Rang eines Grundrechts eingeräumt,
    nachdem dieses Recht Jahre zuvor von den Nationalso-
    zialisten abgeschafft wurde.

    Hier ist schon der besondere Status des Petitions-
    rechts vorgetragen worden: Das Petitionsrecht haben
    alle Menschen in Deutschland, auch Ausländer, Min-
    derjährige und Strafgefangene. Wie wichtig dieses Recht
    für die Bürger ist, zeigt die aufgeführte große Anzahl
    der Eingaben in den letzten 50 Jahren: mehr als 4 Mil-
    lionen Petitionen. Diese große Anzahl bestätigt sich
    auch für das letzte Jahr, für 1998. Insgesamt gingen fast
    17 000 Petitionen beim Ausschuß ein.

    Meine beiden Vorredner haben schon auf den hohen
    Anteil – 40 Prozent – von Eingaben aus den östlichen
    Bundesländern hingewiesen. Dies freut mich ganz be-
    sonders, weil wir daran sehen, daß gerade die mit großen
    Problemen belasteten ostdeutschen Mitbürger auch
    weiterhin viel Engagement zeigen, um unser Land
    voranzubringen.

    Die Menge der Eingaben verdeutlicht auch, daß eine
    große Anzahl unserer Mitbürger – entgegen dem allge-
    meinen Trend der Politikverdrossenheit – auf diesem

    Hubert Deittert






    (A) (C)



    (B) (D)


    Weg ihre Möglichkeit zur Einflußnahme auf die Politik
    wahrnehmen und so unser Land mitgestalten wollen.
    Das Petitionsrecht ist daher ein empfehlenswertes und
    gutes Instrumentarium für unsere Bürgergesellschaft, die
    wir Liberalen wollen.

    Zu den schon genannten fast 17 000 Eingaben kamen
    noch einmal 13 000 Nachträge der Petenten, von denen
    die meisten Erläuterungen oder Klarstellungen waren.
    Es hat mehr als 8 000 Stellungnahmen der Regierung
    gegeben. Mehr als 3 000 Schreiben von Behörden und
    Abgeordneten wurden verarbeitet. Nahezu 70 000 Briefe
    verließen 1998 den Petitionsausschuß. Dies alles zu be-
    arbeiten war möglich, weil 80 Mitarbeiter des Aus-
    schußdienstes – ich sage: nur 80 Mitarbeiter – diese Ar-
    beit vorbereitet und koordiniert haben. Auch ich möchte
    den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschuß-
    dienstes im Namen der F.D.P.-Fraktion für diese Arbeit
    herzlich danken.


    (Beifall im ganzen Hause)

    In diesen Dank möchte ich auch die Mitarbeiterinnen
    und Mitarbeiter in unseren Büros mit einbeziehen, die
    uns eine Menge Arbeit abnehmen.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Auf den Bereich Arbeit und Soziales entfielen mit

    fast 40 Prozent wieder die meisten Eingaben. Eine große
    Anzahl von Petitionen hier setzte sich mit der geplanten
    schrittweisen Absenkung des Rentenniveaus auseinan-
    der. Vor dem Hintergrund der jetzt von der Bundesregie-
    rung geplanten Abkopplung der Renten von Lohn- und
    Gehaltserhöhungen zwingen diese Zahlen zum Nach-
    denken. Ich fordere die Bundesregierung auf, von die-
    sem Vorhaben Abstand zu nehmen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ein nennenswerter Rückgang ist im Geschäftsbereich

    des Gesundheitsministeriums zu verzeichnen. Ein er-
    heblicher Anteil der Eingaben betraf die Verbesserungen
    des Nichtraucherschutzes, wobei oft ein generelles
    Rauchverbot am Arbeitsplatz gefordert wurde. Wir ha-
    ben gerade gestern gehört, daß es bereits – wenn ich das
    richtig in Erinnerung habe – 1952 eine ähnliche Eingabe
    gab. Allerdings wurde damals, im Jahr 1952, diese Peti-
    tion unter der Rubrik „Kuriositäten“ abgelegt. Ich denke,
    auch hieran zeigt sich, wie sich die Einstellung der Be-
    völkerung zu diesem Thema verändert hat.

    Auch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums
    der Verteidigung gingen die Eingaben im Jahr 1998 ge-
    genüber dem Vorjahr zurück. Schwerpunktmäßig wur-
    den hier, wie in der Vergangenheit, auch Eingaben von
    Soldaten und zivilen Mitarbeitern zu Personalproblemen
    gemacht. Viele Wehrpflichtige schrieben den Petitions-
    ausschuß zu Fragen der Einberufung zum Grundwehr-
    dienst an, um ihre Ausbildung in Betrieben und Univer-
    sitäten mit der Ableistung ihres Grundwehrdienstes
    nicht kollidieren zu lassen. Wir haben auch Petitionen in
    diesem Bereich gehabt, in denen um eine vollständige
    Befreiung vom Wehrdienst gebeten wurde, weil die Be-
    treffenden nach großen Bemühungen endlich einen Ar-
    beitsplatz gefunden oder es geschafft hatten, ein eigenes
    Unternehmen aufzubauen. Aber auch Besoldung und

    Versorgung waren Gegenstand verschiedener Einga-
    ben.

    Es gingen auch Eingaben zum Thema „Frauen in
    der Bundeswehr“ ein, ein Thema, das gerade in diesen
    Tagen durch die Klage einer Frau vor dem EuGH wieder
    an Aktualität gewinnt.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie der Abg. Angelika Volquartz [CDU/CSU])


    Die Frau hatte sich für den Dienst in den Streitkräften
    beworben, wurde aber nur wegen ihres Geschlechts ab-
    gelehnt.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Skandalös!)

    Im Frühjahr wird die Entscheidung des EuGH im Fall
    der deutschen Klägerin gefällt.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Was das den EuGH angeht, frage ich mich!)


    Die Chancen für die Klägerin stehen gut, nachdem sich
    der Generalanwalt beim EuGH in ihrem Sinne geäußert
    hat. Diesem Votum stimmt die F.D.P.-Bundestags-
    fraktion ausdrücklich zu.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Seit Jahren!)

    Es ist nicht nachvollziehbar, daß Frauen einerseits
    bei Polizei, beim Bundesgrenzschutz und in zivilen
    Wachdiensten Dienst an und mit der Waffe tun dürfen,
    dieses ihnen aber in der Bundeswehr nicht gestattet sein
    soll.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wenn Frauen freiwillig Dienst an und mit der Waffe

    leisten wollen, dann soll ihnen das nicht verwehrt blei-
    ben. Es paßt einfach nicht mehr in unsere Zeit, Frauen
    derart zu bevormunden, zumal Deutschland heute unter
    der Mehrheit der NATO-Staaten das Schlußlicht bei der
    Öffnung der Streitkräfte für freiwillige weibliche Be-
    werber bildet. Ich verweise bei dieser Gelegenheit noch
    einmal auf den von der F.D.P.-Bundestagsfraktion ein-
    gereichten Gesetzentwurf zur Klarstellung des Art. 12a
    des Grundgesetzes und hoffe insbesondere, daß die
    Fraktionen von CDU/CSU und SPD der Grundgesetz-
    änderung zustimmen werden,


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Herr Kollege, in der Bundesregierung hocken lauter Wehrdienstverweigerer!)


    so wie Sie das ja zum Teil auch schon in der Öffentlich-
    keit angekündigt haben. Herr Kollege, ich freue mich
    dann auf Ihre Unterstützung, so daß wir dann hier eine
    Mehrheit für unseren Antrag bekommen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich will eine Petition noch besonders erwähnen: Ein
    Wehrdienstleistender bat um eine Versetzung an einen
    heimatnahen Standort, weil seine Mutter schwer an
    Krebs erkrankt war und daher der täglichen Hilfe in der
    Verrichtung einfachster Tätigkeiten bedurfte. Der Vater
    war beruflich so stark eingebunden, daß er diese Hilfe

    Günther Friedrich Nolting






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    nicht übernehmen konnte. Die Versetzung des jungen
    Mannes wurde mit der Begründung abgelehnt, daß seine
    persönliche Situation für eine Versetzung nicht ausrei-
    che. Auf Drängen des Petitionsausschusses ist er dann
    letztlich doch an einen heimatnahen Standort versetzt
    worden. Diese Petition stellt meines Erachtens ein gutes
    Beispiel für die vielen Fälle dar, in denen der Petitions-
    ausschuß im Einzelfall fraktionsübergreifend – ich beto-
    ne ausdrücklich: fraktionsübergreifend – dem Bürger
    helfen konnte.

    Der Petitionsausschuß befindet sich nach wie vor an
    der wichtigen Nahtstelle zwischen der korrekten An-
    wendung unserer Gesetze durch Behörden und andere
    Institutionen einerseits und den Einzelfällen anderer-
    seits, die leider nicht immer alle vom Gesetzgeber be-
    rücksichtigt werden können.

    Den Kollegen und Kolleginnen, die in der Vergan-
    genheit diese Arbeit geleistet haben – gleich aus welcher
    Fraktion; auch das betone ich noch einmal –, möchte ich
    namens der F.D.P.-Bundestagsfraktion danken. Nach
    den ersten 50 Jahren erfolgreicher Arbeit wünsche ich
    auch allen zukünftigen Mitgliedern und Mitarbeitern des
    Ausschusses immer eine glückliche Hand – und dies im
    Interesse der Petenten.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)