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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14063

  • date_rangeDatum: 28. Oktober 1999

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    Plenarprotokoll 14/63 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 I n h a l t : Gedenkworte für die Opfer des Terroran- schlages auf das Parlament von Armenien....... 5569 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 5569 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 10, 15 und 16 .............................................................. 5569 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Gabriele Iwersen ............................................ 5570 A Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den Ergebnissen der Son- dertagung des Europäischen Rates in Tampere am 15./16. Oktober 1999 Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 5570 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU........................ 5573 B Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD .......................... 5576 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 5578 C Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5579 D Ulla Jelpke PDS............................................... 5581 C Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ ................................................................. 5583 A Manfred Kanther CDU/CSU............................ 5585 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5587 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 5588 D Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 5590 A Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5592 D Otto Schily SPD........................................... 5593 B Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 C Otto Schily SPD........................................... 5593 D Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 D Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5595 B Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5596 C Otto Schily SPD........................................... 5597 D Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 A Otto Schily SPD........................................... 5598 C Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 D Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Für eine umfassende multilaterale Ver- handlungsrunde über eine weitere Li- beralisierung im Welthandel (Drucksache 14/1664) ................................ 5599 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Ursula Lötzer, Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Zukunftsfähiger Handel und umfassen- de Reform der WTO (Drucksache 14/1834) ................................ 5599 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Verbesserung der Kohärenz von EU- Agrarpolitik und Entwicklungspolitik II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 im Rahmen der WTO-II-Verhandlun- gen (Drucksache 14/1860) ................................ 5599 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Dr. Sigrid Skar- pelis-Sperk, Dr. Norbert Wieczorek, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Dr. Uschi Eid, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Transparenz, offene Märkte, Fairness und nachhaltige Entwicklung: Für eine umfassende Weiterentwicklung des Welthandelssystems (Drucksache 14/1861) ................................ 5599 D Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD....................... 5600 A Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU................... 5602 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5605 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5606 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN................................................... 5608 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5608 B Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 5608 D Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 A Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 5609 B Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 B Ursula Lötzer PDS........................................... 6509 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 5610 D Erich G. Fritz CDU/CSU................................. 5612 D Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5614 C Ulrich Heinrich F.D.P...................................... 5615 D Rolf Hempelmann SPD ................................... 5616 D Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD................... 5618 C Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 D Reinhold Hemker SPD..................................... 5619 D Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfah- ren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 18. Mai 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Bezie- hungen (Drucksache 14/1841) ................................ 5621 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Betäu- bungsmittelgesetzes (Drucksache 14/1830) ................................ 5621 B c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuordnung der Statistiken der Schiffahrt und des Güterverkehrs (Drucksache 14/1829) ................................ 5621 B d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu der Vereinbarung vom 19. Mai 1998 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung des Fürstentums Liechtenstein über das Verwaltungsverfahren bei der Anmeldung neuer Stoffe (Drucksache 14/1710) ................................ 5621 B e) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski und der Frak- tion PDS Bau- und Betriebsordnung für Regio- nale Eisenbahnstrecken (Drucksache 14/998) .................................. 5621 C f) Antrag der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Christian Schmidt (Fürth) und der Fraktion CDU/CSU Versöhnung durch Ächtung von Ver- treibung (Drucksache 14/1311) ................................ 5621 C g) Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Hans-Günter Bruckmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN Verbot des Mitführens von Radar- und Laserwarngeräten in Kraftfahrzeugen (Drucksache 14/1351) ................................ 5621 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur Erhöhung der Nutzungsentgelte (Drucksache 14/1718) ................................ 5621 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 III i) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung Bericht über die Wirkungen der Nut- zungsentgeltverordnung sowie zu not- wendigen Änderungen (Drucksache 14/1479) ................................ 5621 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Düngemittelgesetzes (Drucksache 14/1857) ................................ 5622 A b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Weiterentwicklung der deutsch-tsche- chischen Beziehungen (Drucksache 14/1873) ................................ 5622 A Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/440/ EWG zur Entwicklung der Eisenbahn- unternehmen der Gemeinschaft Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zitäten, die Erhebung von Wegeentgel- ten im Eisenbahnverkehr und die Si- cherheitsbescheinigung Arbeitsunterlage der Kommission Erläuterungen zu den einzelnen Arti- keln des Vorschlags für eine Richtlinie über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zität, die Erhebung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Sicher- heitsbescheinigung (Drucksachen 14/74, Nr. 2.102, 14/1332 (neu)).......................................................... 5622 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates Festlegung der Modalitäten und Bedin- gungen für die Strukturmaßnahmen im Fischereisektor (Drucksachen 14/488 Nr. 2.3, 14/1570)..... 5622 C c) – f) Beschlußempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 84, 85, 86, 87 zu Petitionen (Drucksachen 14/1722, 14/1723, 14/1724, 14/1725) ..................................................... 5622 D Weitere Beratungen mit Aussprache Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Petitionsausschusses Bitten und Beschwerden an den Deut- schen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1998 (Drucksache 14/1390) ................................ 5623 A Christel Deichmann SPD................................. 5623 B Hubert Deittert CDU/CSU............................... 5625 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 5626 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5628 B Heidemarie Lüth PDS...................................... 5630 B Marlene Rupprecht SPD.................................. 5632 A Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 5633 D Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5635 A Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5636 B Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5637 D Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5638 B Heidemarie Wright SPD.................................. 5638 D Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5640 C Heidemarie Lüth PDS...................................... 5642 A Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5642 C Dieter Dzewas SPD ......................................... 5642 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu For- derungen, das Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit zu streichen Iris Gleicke SPD .............................................. 5644 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 5645 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5646 D Dirk Niebel F.D.P. ........................................... 5648 B Sabine Jünger PDS........................................... 5649 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 5650 C Klaus Hofbauer CDU/CSU.............................. 5652 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5653 D Andrea Nahles SPD ......................................... 5654 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 5656 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5657 C Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU....................... 5659 B Engelbert Wistuba SPD ................................... 5660 C Hans Forster SPD............................................. 5662 B Heinz Schmitt (Berg) SPD............................... 5663 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Fortentwicklung der Altersteil- zeit (Drucksache 14/1831) ................................ 5664 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5664 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 5665 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5667 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5669 A Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5670 C Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5670 D Monika Balt PDS............................................. 5671 B Renate Rennebach SPD ................................... 5672 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 5673 B Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, Dr. Jürgen Rüttgers, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu- nigung von Strafverfahren (Strafver- fahrensbeschleunigungsgesetz) (Drucksache 14/1714) ................................ 5675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 5675 C Hermann Bachmaier SPD................................ 5677 A Jörg van Essen F.D.P. ...................................... 5678 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5679 C Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 5680 C Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der F.D.P. Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Drucksache 14/1335) ................................ 5681 A Dirk Niebel F.D.P............................................ 5681 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5682 C Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5683 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5683 B Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5684 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5684 B Heinz Schemken CDU/CSU............................ 5685 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5686 A Tagesordnungspunkt 9: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Günter Baumann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Verkehrswegeplanungsbe- schleunigungsgesetzes (Drucksache 14/544) .................................. 5687 A – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Verkehrs- wegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1517) ................................ 5687 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper, Dr. Karl- heinz Guttmacher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungs- beschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1540) ................................ 5687 B Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen (Drucksache 14/1876)...................................... 5687 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU .......................... 5687 C Wieland Sorge SPD......................................... 5689 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. .................... 5691 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5691 C Dr. Winfried Wolf PDS ................................... 5692 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5693 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 V Tagesordnungspunkt 11: a) Beschlußempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Besteuerung von Luxusgegenständen (Drucksachen 14/27, 14/1613) ................... 5694 B b) Beschlußempfehlung und Berichts des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Wiedererhebung der Vermögensteuer (Drucksachen 14/11, 14/1614) ................... 5694 B Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 5694 C Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5695 C Dr. Gregor Gysi PDS ................................... 5696 A Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5696 A Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 5697 D Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5698 A Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 5698 B Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 A Dr. Barbara Höll PDS .................................. 5700 D Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 D Gisela Frick F.D.P. .......................................... 5701 B Namentliche Abstimmung (Ergebnis siehe 64. Sitzung) ............................ 5702 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Drucksache 14/1856) ................................ 5702 C Nächste Sitzung ............................................... 5702 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5703 A Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen 33 und 34 (Drucksa- che 14/1836) .................................................... 5703 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke PDS .............................................. 5704 C Anlage 4 Zu Protokoll abgegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verord- nung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobe- nen Daten und zur Änderung des Rindfleisch- etikettierungsgesetzes (Zusatztagesordnungs- punkt 7) Jella Teuchner SPD ......................................... 5705 A Franz Obermeier CDU/CSU ........................... 5706 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5706 D Kersten Naumann PDS .................................... 5707 B Karsten Schönfeld SPD ................................... 5707 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5569 (A) (C) (B) (D) 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 4 Gisela Frick Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5703 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 28.10.99 * Altmaier, Peter CDU/CSU 28.10.99 Austermann, Dietrich CDU/CSU 28.10.99 Balt, Monika PDS 28.10.99 Behrendt, Wolfgang SPD 28.10.99 * Bleser, Peter CDU/CSU 28.10.99 Böttcher, Maritta PDS 28.10.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 28.10.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28.10.99 * Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Enders, Peter SPD 28.10.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 28.10.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 28.10.99 Gebhardt, Fred PDS 28.10.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 28.10.99 Herzog, Gustav SPD 28.10.99 Homburger, Birgit F.D.P. 28.10.99 Hovermann, Eike SPD 28.10.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 28.10.99 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 28.10.99 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 28.10.99 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 28.10.99 Kumpf, Ute SPD 28.10.99 Kutzmutz, Rolf PDS 28.10.99 Leidinger, Robert SPD 28.10.99 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 28.10.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 28.10.99 * Nolting, Günther F.D.P. 28.10.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 28.10.99 Prof. Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 28.10.99 Roos, Gudrun SPD 28.10.99 Rühe, Volker CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 28.10.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.10.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Schily, Otto SPD 28.10.99 Schloten, Dieter SPD 28.10.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 28.10.99 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 28.10.99 Schwanhold, Ernst SPD 28.10.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 28.10.99 Tauss, Jörg SPD 28.10.99 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 28.10.99 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 28.10.99 Wieczorek (Böhlen), Jürgen SPD 28.10.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 28.10.99 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Zierer, Benno CDU/CSU 28.10.99 * ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) (Drucksache 14/1836 Fragen 33 und 34): Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, körperlichPflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pflegeversi-cherung zu erschweren, um die erwünschte Hilfe für Demenz-kranke gegenzufinanzieren, und wenn ja, wie soll das gesche-hen? Wie haben sich die Leistungen der Pflegeversicherung imVergleich zu den Leistungen der Beihilfe bei vergleichbarenPflegefällen entwickelt, zum einen bei der ambulanten Pflege,zum anderen bei der stationären Hilfe? Zu Frage 33: Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, körperlich Pflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pfle- geversicherung zu erschweren. Jedoch sind der Bundes- regierung Pressemitteilungen bekannt, wonach eine Verbesserung der Hilfe für Demenzkranke durch einen erschwerten Zugang zu Leistungen der Pflegeversiche- rung für rein körperlich Pflegebedürftige erreicht wer- den solle. 5704 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Die Sozialdemokratische Partei Deutschland und Bündnis 90/Die Grünen haben in der Koalitionsverein- barung vom 20. Oktober 1998 vereinbart zu prüfen, wie die Betreuung vor allem Demenzkranker bei der Fest- stellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden kann. In diesem Zusammenhang wurden im Bundesmi- nisterium für Gesundheit Gespräche mit verschiedenen Beteiligten geführt. Dabei kam auch der in der Presse zitierte Vorschlag zur Sprache. Diesen hat sich das Bun- desministerium für Gesundheit jedoch nicht zu eigen gemacht. In der Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Ziel gesetzt, die Qualität der Pflege und Betreuung zu erhalten und angesichts be- grenzter Finanzspielräume weiter zu verbessern. Dazu sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. So soll geprüft werden, wie die Menschen mit einem höhe- ren Beaufsichtigungs- und Betreuungsumfang bei der Festlegung der Pflegebedürftigkeit besser als bisher be- rücksichtigt werden können. Damit nimmt die Bundes- regierung die immer wieder geäußerte Kritik ernst, daß die Pflegeversicherung den Belangen psychisch kranker und altersverwirrter Menschen nicht hinreichend Rech- nung trage. Wegen der möglichen finanziellen Auswirkungen der Einbeziehung eines höheren Beaufsichtigungs- und Be- treuungsumfangs Demenzkranker in der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist die Prüfung noch nicht abge- schlossen. Zu Frage 34: Die Leistungen der Pflegeversicherung sind – ausge- nommen die Leistungen für Tages- und Nachtpflege – seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung nicht erhöht worden. Dies gilt auch für die Beihilfeleistungen bei Pflegebedürftigkeit. Im Rahmen der ambulanten Pflege unterscheiden sich die Sachleistungen der sozialen Pflegeversicherung von der Beihilfe dadurch, daß Sach- leistungen je nach Pflegestufe bis zu festgelegten Leistungsbeträgen in Anspruch genommen werden kön- nen, während in der Beihilfe eine bestimmte Zahl von Einsätzen – bezogen auf die Pflegestufe 30, 60 oder 90 Pflegesätze – festgelegt ist. Dies kann dazu führen, daß aufgrund von Preissteigerungen bei den Einsätzen ambulanter Pflegedienste Pflegebedürftige, die in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, wenige Einsätze einkaufen können, während in der Beihilfe trotz Preissteigerungen die Zahl der Einsätze konstant bleibt. Zur Preisentwicklung bei den ambulanten Pflegedien- sten läßt sich keine allgemeine Aussage treffen. Sie dif- feriert zwischen den Bundesländern und darüber hinaus innerhalb der Bundesländer regional und zwischen den Pflegediensten. Die künftige Ausgestaltung des Beihilferechts wird, wie schon bei den bisherigen Änderungen des SGB XI jeweils zeitnah und in möglichst enger Anlehnung an die Vorgaben der Pflegeversicherung erfolgen. Das ist in- zwischen bewährte Praxis. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeits- erlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke (PDS): Die Fraktion der PDS wird den vorliegenden Antrag der F.D.P. unterstützen. Die Ab- schaffung des rassistischen sog. Inländerprivilegs bei der Arbeitsaufnahme und Arbeitsvermittlung ist seit langem eine Forderung der PDS. Deshalb gehen wir selbstver- ständlich mit, wenn dieses Anliegen nun auch von der F.D.P. übernommen wird. Wir unterstützen auch, daß die F.D.P. damit das noch zu ihren Regierungszeiten erlassene Arbeitsverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber wieder abschaf- fen will. Selbstkritik ist immer etwas gutes. Wie ich hö- re, prüft die Regierung auch gerade, ob sie dieses Verbot nicht wieder aufhebt. Vielleicht gelingt es uns ja, die Prüfung durch die Regierung zu beschleunigen und zu einem guten Ende zu führen. Die Millionen Migrantinnen und Migranten aus den EU-Ländern und den sog. „Drittstaaten“ werden uns eine solche überfällige Gleichstellung sicher danken. Im übrigen erfüllt eine solche Änderung auch eine der Maßgaben von Tampere, über die wir heute vormittag gesprochen haben, nämlich den Auftrag, bei dem Recht auf Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Arbeitsaufnahme, die sog. „Drittstaatenangehörigen“ gleichzustellen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern. Ein bißchen Wasser muß ich ihnen von der F.D.P. aber doch in den Wein gießen. Alle Beamtenstellen im öffent- lichen Dienst, an Schulen, in der Sozialarbeit, bei Polizei, Bundesgrenzschutz, Finanzämtern und dergleichen, sowie alle Berufe, bei denen eine Approbation erforderlich ist, Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte, sogar Psychotherapeuten bleiben auch nach der hier geforderten Änderung weiter „deutschen Staatsbürgern“ vorbehalten. Eine wirklich freie Berufswahl, ein wirklich „freier Zugang zum Arbeitsmarkt“, wie es in der Begründung heißt, soll also trotz des sonst begrüßenswerten Antrags auch in Zukunft nur echten, kernigen Deutschen vorbe- halten sein. Noch ärgerlicher finde ich, das will ich hier auch sa- gen, einige Passagen in der Begründung ihres Antrags. Wenn sie schreiben, Arbeitgeber könnten Arbeits- plätze nicht besetzen, weil angeblich inländische Arbeits- kräfte „zu wenig motiviert“ seien, weil die Arbeit zu ge- ringe intellektuelle Ansprüche erfüllt, zu hohe körperli- che Belastungen mit sich bringt, so ist das ein starkes Stück. Erstens haben wir in diesem Land 4 Millionen offi- zielle Arbeitslose, denen es aufgrund der von ihnen in vielen Jahren beschlossenen Sozialkürzungen oft so schlecht geht, daß sie schon lange von Sozialhilfe leben, während die von ihnen so mitfühlend geschilderten Ar- beitgeber an der Börse eine Schampusparty nach der nächsten feiern. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5705 (A) (C) (B) (D) Zweitens erwecken sie den Eindruck, als seien Mi- grantinnen und Migranten besonders geeignet, wenn es um schwere und intellektuell einfache Arbeit geht. Ich finde das Rassismus pur. Arbeit ist ein Menschenrecht – für alle Menschen. Freie Berufswahl ist ein Menschenrecht – für alle Men- schen. Warum können sie es nicht einfach dabei be- lassen, statt das rassistische Klagelied von den armen Arbeitgebern, vom faulen deutschen Arbeitslosen und vom dummen, aber starken Ausländer anzustimmen? Noch einmal: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, trotz der Begründung, die sie damit verbinden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbei- tung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erho- benen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Zusatztagesord- nungspunkt 7) Jella Teuchner (SPD): Wir sind dabei, eine Daten- bank einzurichten, die es ermöglicht, ein Rind eindeutig zu identifizieren und seine Herkunft, seine Aufent- haltsorte und seine bisherigen Halter zurückzuverfolgen. Die Daten sollen zur Bekämpfung von Tierseuchen, zur Abwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfere- gelungen und für die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen verwendet werden. Die rechtlichen Grundlagen für die Datenerhebung liegen mittlerweile vor. Seit dem 26. 9. 1999 müssen Rinderhalter Angaben zum Bestand und zu Veränderun- gen in ihrem Bestand melden. Der vorliegende Gesetz- entwurf regelt nun die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten. Er regelt den Zugriff der zuständigen Behörden insbesondere auf die Daten, die nicht in ihrem Zu- ständigkeitsbereich erhoben worden sind. Er regelt die Auskunftsrechte der einzelnen Tierhalter, die auch auf Daten ausgeweitet werden, die er nicht selbst gemeldet hat, an denen er jedoch ein berechtigtes Interesse hat. Er paßt das Rindfleischetikettierungsgesetz an die Vor- schriften der Rinder- und Schafprämien-Verordnung an und trägt insoweit den Erfordernissen Rechnung, diese Daten zu Etikettierungszwecken verwenden zu können. Primär dient diese Datenbank der Tierseuchenbe- kämpfung und der Herkunftssicherung. Die Datenbank erlaubt es, bei Ausbruch einer Rinderseuche eventuelle Kontaktbetriebe rasch ausfindig zu machen und die ent- sprechenden Maßnahmen unverzüglich ergreifen zu können. Spätestens seit der BSE-Krise wurde deutlich, daß Herkunftsbezeichnungen von Rindern und damit für die von ihnen stammenden Erzeugnisse ein ganz ent- scheidendes Kriterium ist, das Vertrauen der Ver- braucherinnen und Verbraucher zu gewinnen. Mit dem Gesetzentwurf wird die Rückverfolgbarkeit national ab nächstem Jahr sichergestellt. Nutznießer dieser Her- kunftssicherung sind alle Marktteilnehmer, vom Land- wirt bis zum Verbraucher. Die Bekämpfung von Tier- seuchen wird erleichtert, die Sicherheit für Verbrauche- rinnen und Verbraucher erhöht und damit die Vermark- tung von Rindfleisch unterstützt. Wir haben mit dieser Datenbank verschiedene Bau- steine. Die Auszahlung von Prämien und deren Kon- trolle wird erleichtert, mit dem gesicherten Herkunfts- nachweis leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Be- kämpfung von Tierseuchen, und den Verbraucherinnen und Verbrauchern geben wir eindeutige Informationen über das von ihnen gekaufte Fleisch. Mit diesem Ge- setzentwurf setzen wir die Bausteine zusammen und machen die Daten nutzbar. Ein Verzicht auf die Ver- wendung der Daten würde die Prämienzahlung und de- ren Kontrolle erschweren. Die Tierseuchenbekämpfung und den Verbraucherschutz würde er empfindlich tref- fen. Wir schaffen die Grundlage für die Sicherheit und für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Qualität des gekauften Fleisches. Darauf aufbauend brauchen wir allerdings ein wirksames und möglichst einheitliches Etikettierungssystem, das die Verbraucher objektiv informiert und den Landwirten und Verarbei- tern die Chance bietet, ihre Kunden von der Qualität ih- rer Produkte zu überzeugen. Mit den vorgesehenen Aus- kunftspflichten und Erhebungsmöglichkeiten könnte zwar das „gläserne Rind“ für die Produzenten und für die Behörden Wirklichkeit werden, darüber hinaus ha- ben aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch darauf, zu erfahren, von welchem Rind das Fleisch stammt, um entscheiden zu können, was sie essen wollen. Der Erfolg der bei uns praktizierten freiwilligen Eti- kettierung macht deutlich, daß eine transparente Kenn- zeichnung von Rindfleisch von den Verbraucherinnen und den Verbrauchern gewünscht und honoriert wird. Wir haben uns bisher dafür eingesetzt und werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen. Auf nationaler Ebene bedeutet dies, daß wir an der freiwilligen Etikettierung festhalten. Regionale Herkunftsbezeichnungen liegen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und werden von diesen auch gewünscht. Auf europäischer Ebene bedeutet dies, daß wir uns dafür stark machen, daß eine obligatorische Kennzeichnung für Rindfleisch nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Eine zögerliche Umsetzung von EU-Recht durch ein- zelne Mitgliedstaaten darf nicht dazu führen, daß der Herkunftsnachweis für Rinder nicht mehr geführt wer- den kann. Eine EU-weite, obligatorische Herkunfts- kennzeichnung darf nicht verhindert und damit das Ver- trauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Rind- fleischprodukte verspielt werden. Die Herkunftsbe- zeichnung „EU“ ist dazu nicht ausreichend. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf regelt zwar le- diglich die Verwendung von Daten, die bereits erhoben wurden. Ich denke, daß wir damit aber ein wichtiges verbraucherpolitisches Projekt auf den Weg bringen. Wir sind damit noch nicht am Ziel, ohne dieses Gesetz können wir es jedoch nicht erreichen. 5706 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Franz Obermeier, (CDU/CSU): Es ist richtig, daß die jetzige Bundesregierung den von Bundeslandwirt- schaftsminister Borchert eingeschlagenen Weg zu mehr Verbraucherschutz fortführt. Dies gilt insbesondere nach dem BSE-Rinderskandal für den Fleischbereich. Und leider gibt es schon wieder aktuelle Meldungen, wonach es in Großbritannien erkrankte Rinder gibt. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, daß der Sonntagsbraten rundherum zum Genuß wird – dafür sind die Köche verantwortlich – und der Ge- sundheit nicht schadet – dafür sind die Landwirte und wir, die Politiker, verantwortlich –. Deshalb muß der Weg jedes frischen, gekühlten oder gefrorenen Stückes Fleisch vom Ursprung bis zur Ladentheke lückenlos zu- rückverfolgt werden können. Diesem Ziel dient bereits das erste Rindfleischetikettierungsgesetz, das auf eine Initiative von Minister Borchert zurückgeht und erstmals eine EU-weite Rindfleischetikettierung zur Folge hatte. In Deutschland ist ein dem Rinderpaß vergleichbares Begleitpapier übrigens bereits seit Oktober 1995 vorge- schrieben. Folgerichtig sieht der vorliegende Gesetzentwurf jetzt vor, daß Deutschland – wie alle EU-Länder – eine zen- trale elektronische Datenbank einrichtet, die zur kom- menden Jahrtausendwende voll betriebsfähig sein muß. Als bayerischer Abgeordneter freut mich natürlich ganz besonders daß dieser HIT – in diesem Falle (Herkunfts- sicherungs- und Informationssystem für Tiere) – bei uns in München im bayerischen Landwirtschaftsministerium ansässig ist. Schon deshalb hege ich keinerlei Zweifel und es wurde mir auch so bestätigt, daß diese Vorgabe von deutscher Seite bis zum Jahresende voll und ganz erfüllt wird. Es mag Landwirte geben, die in der Meldepflicht nur einen weiteren Mühlstein um ihren Hals erkennen. In Versammlungen ist das Stichwort Bürokratie stets ein Anlaß für mittleren bis schweren Aufruhr – auch in länd- licher Umgebung. Es bleibe, so die Klagen, bald nichts mehr übrig als sich den Computer in den Stall zu stellen. Ich erwidere: So ist der Lauf der Zeit. Der Landwirt von heute ist nicht mehr der Bauer von gestern. Angesichts von etwa 15 Millionen Rindern in Deutschland kann die vollständige und lückenlose Erfassung auf Dauer nur mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens erreicht werden. Ich denke, es ist auch eine Chance für den einzelnen, sich der Technik von heute nicht verschließen zu können und einfach mit zu müssen. Ein Aspekt ist mir besonders wichtig: Es geht hier nicht um überzogenen Verbraucherschutz. Es geht um die Gesundheit. Aber es geht auch um die Zukunft der Landwirte. Was war geschehen, als in England Rinder plötzlich BSE-verseucht waren? In Deutschland ging der Fleischabsatz dramatisch zurück. Leidtragende waren die deutschen Erzeuger, die deutschen Metzger. Um den existenzbedrohenden Nachfragerückgang zu stoppen, mußte der Vertrauensverlust der Verbraucher gestoppt und – viel schwerer noch – zurückgewonnen werden. Hier spielt die Rindfleischetikettierung eine Schlüssel- rolle. Mit ihr wird ein Maximum an Transparenz und Si- cherheit beim Rindfleischkauf gewährleistet. Daß das Vertrauen der Verbraucher in das hochwertige Lebens- mittel Rindfleisch wiedergekehrt ist, zeigen die Absatz- zahlen, auch wenn sich der Rindfleischmarkt im BSE- freien Deutschland bis heute noch nicht wieder ganz er- holt hat. Also lohnt sich der Aufwand in mehrfacher Hinsicht, gerade auch für die Landwirtschaft. Mit der EU-weiten Regelung kann zukünftig der komplette Lebensweg eines Rindes auch über Länder- grenzen hinweg umfassend und schnell ermittelt werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können erken- nen und selbst bestimmen, was sie kaufen. EU-Querelen um Importverbote behindern nicht mehr die notwendige Transparenz und verhindern Kaufverweigerung. Gewünschte Nebeneffekte sind auch die Tierseu- chenbekämpfung und die Kontrolle unberechtigt bezo- gener landwirtschaftlicher Prämien. Auch dies sind Faktoren, die sowohl den Landwirten selbst als auch der Allgemeinheit zugute kommen. Denn schließlich zahlen wir alle drauf, wenn Existenzen durch Tierkrankheiten (wie beispielsweise bei der Rinderseuche) aufs Spiel ge- setzt werden oder Steuermittel in die falschen Taschen fließen. Es gibt auch hier einen unmittelbaren positiven Effekt für die Landwirte: Da eine Verbindung zu den Daten für die Prämiensysteme hergestellt werden kann, wird zu- künftig bei der Abrechnung der Schlachtprämien ein vereinfachtes Antragsverfahren genügen, eine Arbeits- und Kostenersparnis für die Betriebe. So sehr ich inhaltlich diese EU-weite Regelung be- grüße möchte ich doch auf einen Punkt hinweisen, der ebenfalls die Herkunftsbezeichnung betrifft und mir Sorge bereitet. Die Europäische Union erarbeitet derzeit Leitlinien, die unter dem Rubrum freier und gleicher Wettbewerb unsere regionalen Qualitätssiegel „Bayeri- scher Weidemastbulle aus bäuerlichem Familienbetrieb“ oder ähnliches – bedrohen. Das halte ich für falsche Gleichmacherei. Wenn schon Transparenz, dann konse- quent. Ich fasse zusammen: Unsere deutschen Landwirte produzieren hochwertiges Rindfleisch. Es gibt keine Alternative zur umfassenden verbrauchergerechten Rindfleischetikettierung und zur zentralen Datenbank. Sie dient den Verbrauchern und der Landwirtschaft. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist ein Skandal, daß die EU-Mitgliedsstaaten die Kenn- zeichnungs- und Etikettierungsvorschriften zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor BSE von 1997 nicht ausreichend umgesetzt haben – insbesondere auch im BSE-Ursprungsland Großbritannien, obwohl doch Kommissionspräsident Romano Prodi den Ver- braucherschutz zum höchsten Ziel erklärt hat. Vor allem der Tierpaß ist hier von Bedeutung. Auch in Großbritan- nien ist die Herkunft der Tiere nicht lückenlos nachzu- vollziehen. Die zuständigen EU-Kommissare halten es aber für unumgänglich, die Umsetzungsfrist für die Kennzeichnungs- und Etikettierungsrichtlinie, die eigent- lich bis zum 31. Dezember 1999 läuft, um weitere drei Jahre zu verlängern. Das Bundeslandwirtschaftsministe- rium hat diese Entwicklung nachdrücklich bedauert. In dieser Frage wird erstaunlicherweise kein Vertragsver- letzungsverfahren eingeleitet. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5707 (A) (C) (B) (D) Dabei ist es übrigens wahrlich erstaunlich, wenn die Fleischindustrie sich gegen die Umsetzung der Etikettie- rung sträubt. Die Bezeichnung „Herkunft: EG“ oder „Herkunft: EG und Drittlandserzeugnis“ dürfte kaum besondere Anstrengungen verlangen. Eher sind die Vorlagen der EU-Kommission Anlaß, Verbesserungen und Konkretisierungen einzufordern. Gleichzeitig sollen die Exportverbote für britisches Rindfleisch wieder fallen. Dafür allerdings ist die Zeit noch nicht reif. Die Verbraucherinnen und Verbraucher – und die Bundesländer, die einer solchen Aufhebung des Importverbots zustimmen müßten – sind gegenwär- tig gegen die Einfuhr britischen Rindfleischs. Das Ver- trauen in die Produkte ist noch nicht wiederhergestellt. Kein Wunder angesichts der immer neuen Dioxinfunde und immer neuer Futtermittelskandale, die die Futter- mittel sämtlich diskreditieren. Wenn durch die EU-Kommission nicht einmal die Voraussetzungen für eine bessere Kontrolle durch die Herkunftskennzeichnung geschaffen werden, dann kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Aufhebung des Importverbots wohl kaum zugemutet werden. Die Lösung des britisch-europäischen Handelskonflikts sollte im Schulterschluß mit Frankreich und den Bun- desländern erfolgen. Die Grenzöffnung allerdings müßte abhängig gemacht werden von der Umsetzung der EU- Kennzeichnung und Etikettierungsrichtlinie. Erst dann kann der Verbraucher die Herkunft der Produkte nach- vollziehen. Was übrigens nicht geht, ist, daß Großbri- tannien die Richtlinie zur Kennzeichnungs- und Etiket- tierung nicht erfüllt und bloß Exportprodukte kenn- zeichnen will. Das ist dann wieder ein Einfallstor für Mißbrauch und Intransparenz. Ebenso hat Großbritannien seine Bereitschaft erklärt, BSE-Tests durchzuführen, wie sie die nordrhein- westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn einsetzt. Hier liegen Möglichkeiten zu Kompromissen mit Großbritannien. Mit der heutigen Erweiterung des Rindfleischetiket- tierungsgesetzes schafft Deutschland die notwendige Voraussetzung zur fristgerechten Umsetzung der EU- Richtlinie. Die Bundesregierung sollte jetzt die obligato- rische Kennzeichnung und Etikettierung zum 1. Januar 2000 national umsetzen und darauf hinwirken, daß der bisherige Vorschlag der Kommission weiter verbessert und auf andere Tierarten ausgedehnt wird. Ebenso ist die Forschung bezüglich der Optimierung der Tests EU-weit zu intensivieren. Die Fleischwirtschaft hatte drei Jahre Zeit zur Vorbe- reitung. Die Landwirtschaft hat ihre Hausaufgaben mit erheblichen Aufwendungen gemacht und die Tierpässe und Ohrmarken längst eingeführt. Mit der Verabschie- dung dieses Gesetzes werden auch die Voraussetzungen für mehr Transparanz und damit Kontrollmöglichkeiten geschaffen. Kersten Naumann (PDS): Eine Debatte zu den Pro- blemen der Rindfleischetikettierung halte ich für drin- gend notwendig, besonders wenn ich an die nicht ab- reißenden und gerade wieder heiß debattierten BSE- Meldungen und den Streit über die Aufhebung des Im- portverbots denke. Die Meldung der letzten Tage über die Absicht der EU-Kommission, die obligatorische Rindfleischetiket- tierung um drei Jahre zu verschieben, trägt zwar den un- genügenden Vorbereitungsmaßnahmen in verschiedenen EU-Ländern Rechnung. Diese Absicht ist aber nicht vereinbar mit den Interessen der Verbraucher, die Si- cherheit beim Einkauf von Rindfleisch fordern. Wir halten die Ansicht von Minister Funke für abwe- gig, trotz kostenintensiver Vorbereitungen auch in Deutschland die obligatorische Etikettierung zu ver- schieben. Auch in drei Jahren gilt sicher noch sein Ar- gument, eine lückenlose Rückverfolgung der Herkunft sei nicht vollständig gesichert. Um so dringender ist es, erstens möglichst schnell mit einem funktionsfähigen System Erfahrungen zu sammeln und zweitens die un- vermeidlichen Schwachstellen zu finden. Ein Kernproblem ist doch der ständig zunehmende Rindertourismus. Und Fakt bleibt, daß Produktionskapa- zitäten weder mit Schlachtkapazitäten noch mit dem Be- darf der Verbraucher übereinstimmen. Doch die Libera- lisierung der Agrarmärkte wird nicht nur die Disparität weiter verschärfen, sondern auch weitere Schlupflöcher für den Herkunftsnachweis schaffen. Sie wird eine wei- tere Bürokratisierung der Rinderproduktion nach sich ziehen, wenn es nicht gelingt, die Produktion und die Verarbeitung auf regionale Versorgung auszurichten. Nicht zuletzt soll der Herkunftsnachweis nicht nur dem Schutz vor BSE, Dioxin und vor hormonbehandel- tem Fleisch dienen. Die Produzenten von Rindfleisch brauchen den regionalen und nationalen Herkunfts- nachweis auch zur Werbung für die Qualität ihrer Pro- dukte. Denn immer mehr Verbraucher wollen mit ihrer gezielten Kaufentscheidung auch einen Beitrag für tier- gerechte Haltung und den Schutz der Umwelt leisten. Aus all diesen Gründen treten wir für die terminge- rechte Einführung der obligatorischen Rindfleischeti- kettierung ein. Für die Verbraucher erhöht sich damit die Ernährungssicherheit, und mit ihrem bewußten Kauf- verhalten festigt sich das Vertrauensverhältnis zu den Produzenten. Die Verschiebung des Einführungstermins würde er- stens das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel setzen. Zweitens zu unnötigen Spekulationen Anlaß geben und drittens natürlich die Glaubwürdigkeit in die Politik be- schädigen. Unter der Bedingung der planmäßigen Ein- führung der Etikettierung wird auch die termingerechte und zuverlässige Dokumentation der Daten notwendig, wie sie mit dem vorliegenden Durchführungsgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 820/97 geregelt werden soll. Und auch hier sollten wir keine Verschiebung der parlamen- tarischen Behandlung zulassen. Karsten Schönfeld (SPD): zunächst möchte ich Ih- nen, meine Damen und Herren von der Opposition, herzlich für die Gelegenheit danken, über eine der we- sentlichsten Fragen bundesdeutscher Politik debattieren zu können. Ich greife diese Gelegenheit gerne auf, weil die ganze Debatte sehr entlarvend ist für Ihr Verständnis 5708 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) von Oppositionspolitik. Es geht Ihnen nicht um sachli- che Verbesserungsvorschläge; es geht Ihnen ausschließ- lich darum, angebliche Versäumnisse der Bundesregie- rung öffentlich breitzutreten. Weil sie in anderen Politik- bereichen offensichtlich nicht einmal Ansätze für unsach- liche, an den Haaren herbeigezogene Kritik sehen, muß jetzt das Rindfleischetikettierungsgesetz debattiert wer- den. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich Ihren neuen Realitätssinn loben, denn unsere Bundesre- gierung ist einfach gut und sachlich kaum zu kritisieren. Zur Sache: Seit dem 1. Januar 1998 haben unsere Landwirte die rechtliche Möglichkeit, einen vollständi- gen Herkunftsnachweis für Rindfleisch auf dem Etikett aufzuführen. Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher kann ihre bzw. seine individuelle Kaufentscheidung dar- an ausrichten, wo und unter welchen Bedingungen das Rindfleisch erzeugt worden ist. Das ist ein großer Fort- schritt für den Verbraucherschutz. Und es gibt unseren Landwirten die Möglichkeit, ihre regional erzeugten ge- sunden Nahrungsmittel auch als solche auszuzeichnen. Die Landwirte erzielen in aller Regel und zu Recht auch einen besseren Preis für die regional erzeugten Produkte, als es mit billiger und nicht ausgezeichneter Massenware möglich wäre. Wir Sozialdemokraten setzen uns gezielt für die För- derung regional erzeugter Nahrungsmittel ein und haben das auch als einen neuen Fördergrundsatz bei der Ge- meinschaftsinitiative aufgenommen. Um es deutlich zu sagen, die SPD-Bundestagsfraktion und die Bundesre- gierung – sind für eine obligatorische Etikettierung von Rindfleisch. Außerdem – daran besteht kein Zweifel – muß die Herkunftsregion auch künftig eindeutig auf den Etiketten aufgeführt werden. In dieser Frage sind wir uns mit den Verbraucherverbänden vollständig einig. Wir setzen – auch bei der Rindfleischetikettierung – auf die Marktkräfte und auf mündige Verbraucherinnen und Verbraucher. Die freiwillige Etikettierung ist eine sinn- volle Maßnahme. Schon heute kann jede Verbraucherin und jeder Verbraucher eine individuelle Kaufentschei- dung an der Ladentheke treffen. Jetzt fordert die F.D.P. eine rasche und, wie viele meinen, überstürzte Umsetzung eines Etikettierungs- zwangs. Die Begründung dafür ist dürftig, und ein Nut- zen ist weder für die Erzeuger noch für die Konsumen- ten zu erkennen. Der Deutsche Raiffeisenverband hat erst kürzlich in einer Pressemitteilung betont, daß eine Verschiebung der obligatorischen Etikettierung eine sinnvolle Maßnahme ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich erkenne Sie nicht wieder. Sie sprechen in Sonntagsreden immer gerne von Eigenverantwortung, Freiheit der Un- ternehmer, Abbau überflüssiger Bürokratie, Sie reden in aller Regel einer Globalisierung ohne große Einschrän- kungen das Wort, und jetzt fordern Sie uns auf, in der Landwirtschaft möglichst rasch mehr und eventuell so- gar überflüssige Bürokratie aufzubauen. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Dinge regelt, die jetzt zu regeln sind. Meine Kollegin, Frau Teuchner, hat alles Notwendige dazu gesagt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land sind – und das will ich nochmals ausdrücklich be- tonen – in aller Regel gut informiert und können selb- ständig und eigenverantwortlich beurteilen, welche Nah- rungsmittel sie verbrauchen wollen. Das sagt auch ein Bericht der Europäischen Kommission. Die Verbrauche- rinnen und Verbraucher in unserem Land beurteilen die freiwillige Rindfleischetikettierung in ihrer jetzigen Ausgestaltung positiv. Eine Verlängerung der bestehenden Regelung bis zum 31. Dezember 2000 ist deshalb in meinen Augen unproblematisch. Jedenfalls wäre diese zeitliche Ver- schiebung, sollte sie denn tatsächlich kommen, kein Grund für hektische Aktivitäten der Opposition im Par- lament. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Die Bundesregierung hat sich auf dem Gipfel in Köln
    bei der Entschuldungsfrage und bei der Erarbeitung ei-

    ner gemeinsamen EU-Position für die Ministerkonferenz
    in Seattle nachdrücklich für die ärmsten Entwicklungs-
    länder eingesetzt und verdient dafür ausdrücklich die
    Unterstützung des Deutschen Bundestages.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In Seattle werden wir auch die Grundlagen für eine
    neue multilaterale Welthandelsrunde festlegen. In man-
    chen Bereichen sind wir durch vorangegangene Ver-
    pflichtungen aus dem Marrakesch-Abkommen aber
    nicht mehr frei. Auf der Tagesordnung stehen da zum
    Beispiel Landwirtschaft sowie Handel und Dienstlei-
    stungen. Zusätzlich müssen vereinbarungsgemäß zahl-
    reiche wichtige Abkommen über Anti-Dumping, Streit-
    schlichtungsverfahren, Importlizenzen, Ursprungsregeln,
    sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen, technische
    Handelshemmnisse und vieles mehr überprüft werden.

    All dieses hat erhebliche Konsequenzen auch für un-
    ser Land und seine Arbeitsplätze. Deswegen kann die
    Weiterentwicklung der Welthandelsordnung nicht,
    wie das bei früheren Abkommen vielfach der Fall war,
    als bloß handelstechnische Abkommen angesehen wer-
    den – was sie nie waren –, die am besten in den Händen
    der Experten bleiben. Nein, wir, das gesamte deutsche
    Parlament und seine Ausschüsse, müssen uns, anders als
    in der Uruguay-Runde, intensiv mit den Vorbereitungen
    befassen, und ihre Ergebnisse und die Ausarbeitung des
    EU-Verhandlungsmandats müssen wir in einen zentralen
    Punkt unserer parlamentarischen Arbeit verwandeln.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Nach der Ministerkonferenz in Seattle, wenn wir
    wissen, was genau auf der Tagesordnung stehen wird,
    wird es an der Zeit sein, sich detailliert mit der Vorbe-
    reitung eines Verhandlungsmandats der Europäischen
    Union zu befassen. Dies jetzt schon zu tun – ich habe
    dazu in einem Antrag schon viele Details gesehen – er-
    schiene mir auch verhandlungstaktisch verfrüht. Man
    muß nicht schon vor Beginn einer Pokerrunde alle Kar-
    ten auf den Tisch des Hauses legen.


    (Gunnar Uldall [CDU/CSU]: Hören Sie doch auf! Lächerlich!)


    Gleichwohl muß der Deutsche Bundestag seine Grund-
    sätze für eine Weiterentwicklung des Welthandelsy-
    stems definieren und diese dann unserer Regierung für
    den Brüsseler Ministerrat und die Konferenz in Seattle
    mitgeben.

    Dabei müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß es in
    Wirtschaft und Gesellschaft unseres Landes nicht nur
    Befürworter einer weiteren Liberalisierung und eines
    immer rascheren Strukturwandels gibt, sondern daß
    viele Menschen in unserem Land – nicht nur diejenigen,
    die unmittelbar ihre Arbeitsplätze bedroht sehen – mit
    steigendem Unbehagen darauf reagieren. Das hat meines
    Erachtens vier Gründe, über die wir offen reden sollten.

    Erstens. Es gibt eine weitgehende Unkenntnis in der
    Öffentlichkeit über die vergangenen Handelsrunden und
    ihre Konsequenzen.

    Vizepräsidentin Petra Bläss






    (A) (C)



    (B) (D)


    Zweitens. Globalisierung wird in der Öffentlichkeit
    vielfach als ein unentrinnbares Schicksal begriffen, die
    wie ein Naturgesetz wirkt. Das ist sie definitiv nicht. Der
    Globalisierungsprozeß war ein politisch gewollter Pro-
    zeß. Er war politisch gestaltbar, und er wird auch in der
    Zukunft politisch gestaltbar sein.

    Drittens. Ein Problem ist auch, daß der Globalisie-
    rungsprozeß als Instrument zur Durchsetzung wirt-
    schaftspolitischer, sozialpolitischer und tarifpolitischer
    Zielsetzungen benutzt wird.

    Viertens. Der weitgehende Ausschluß der breiten Öf-
    fentlichkeit von den Verfahrensweisen und vom Inhalt
    der internationalen Wirtschaftsverhandlungen in der
    Vergangenheit war nicht vertrauensbildend. Das Schick-
    sal des Multilateralen Abkommens über Investitionen,
    MAI, der OECD ist ein Beleg dafür, daß Verhandlungen
    in Geheimkabinetten unter Ausschluß der Öffentlichkeit
    und der Parlamente schließlich zum Scheitern verurteilt
    sind.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deswegen muß die Bundesregierung erstens eine
    grundlegende Bestandsaufnahme und Analyse der be-
    stehenden Verträge und Konsequenzen der vergangenen
    Handelsrunde, der Uruguay-Runde, vornehmen und die
    bereits vorhandenen Analysen lesbar zusammenfassen –
    die bisher veröffentlichten dickleibigen Bände helfen
    normalen Menschen nicht –, um sie einer breiteren Öf-
    fentlichkeit vorzustellen.

    Zweitens. Nicht nur der Deutsche Bundestag, sondern
    auch die interessierte Öffentlichkeit, insbesondere Ge-
    werkschaften, Wirtschaftsverbände und andere Nichtre-
    gierungsorganisationen, muß umfassend informiert wer-
    den. Wir brauchen einen intensiven Dialog, um die Par-
    tizipation einer möglichst breiten Öffentlichkeit zu ge-
    währleisten. Dafür müssen die Transparenz der Welt-
    handelsorganisation deutlich erhöht und die Beteili-
    gungsrechte der Nichtregierungsorganisationen deutlich
    ausgebaut werden.

    Drittens. Wir müssen darauf drängen, daß darauf ver-
    zichtet wird, Globalisierung als Totschlagargument zum
    allfälligen Gebrauch zu verwenden. Wer unter Berufung
    auf den Globalisierungsprozeß Angst macht, muß sich
    nicht wundern, wenn Abwehrhaltungen und Denkblok-
    kaden entstehen. Blockaden können wir uns in Zeiten
    zunehmender weltweiter Interdependenzen und vertief-
    ter regionaler Integration wirklich nicht mehr leisten.
    Außerdem kennen der weltweit erhöhte Wettbewerb und
    der umfassendere und immer schneller verlaufende
    Strukturwandel – seien wir ehrlich – auch zukünftig
    nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer. Dies muß
    Widerstände und Bedenken auslösen.

    Viele dieser Bedenken sind nicht berechtigt, wie ich
    anfangs schon erklärte; denn wir haben uns im Globali-
    sierungsprozeß gut behauptet und können dies mit einer
    vernünftigen Wirtschaftspolitik auch weiterhin schaffen.
    Deswegen ist eine „Politik des stillen Kämmerleins“ erst
    recht nicht sinnvoll; vielmehr müssen wir einen Dialog
    über unsere zentralen, unmittelbaren Interessen im Hin-

    blick auf Arbeitsplätze, Branchen, Regionen und Be-
    dürfnisse der Konsumenten, die wir in der bevorstehen-
    den Milleniumsrunde vertreten wollen, ebenso führen
    wie über die Zukunftsfragen des Welthandelssystems,
    die ja weit über die klassischen Instrumente wie Zölle
    und Marktzugang hinausgehen. Gesellschaftspolitische
    Wertvorstellungen und Ziele wie Schutz der Umwelt
    und Gesundheit, soziale Gestaltung der Gesellschaft, Si-
    cherung des Wettbewerbs und kulturelle Vielfalt müssen
    bei der Gestaltung einer globalen Ökonomie gleichran-
    gig behandelt werden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Wirtschaft ist nicht das Ziel; sie ist letztlich Die-
    nerin zur Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen.
    Wenn sie das nicht ist, verfehlt sie ihren Zweck. Deswe-
    gen unterstützen wir Sozialdemokraten die Anstrengun-
    gen der EU-Kommission, eine umfassende neue Welt-
    handelsrunde ins Leben zu rufen, die insbesondere eine
    weitere Ausweitung des Handels zum Nutzen aller Län-
    der, für mehr Wachstum, Beschäftigung und Wettbe-
    werb bewirken soll, die aber auch mit einer weltweiten
    nachhaltigen Entwicklung in Einklang stehen sollte.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir unterstützen eine Welthandelsrunde, die zu mehr
    Transparenz, Fairneß und Verläßlichkeit durch die Stär-
    kung der WTO-Regeln und -Verfahren führt und die si-
    cherstellt, daß die vorhandenen weltweiten Abkommen
    über Umwelt- und Sozialstandards nicht Sonntagspre-
    digten bleiben, sondern Schritt für Schritt in das Welt-
    handelssystem integriert werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deswegen begrüßen wir es, daß die neue Bundesre-
    gierung fest zur Forderung nach einer Arbeitsgruppe
    „Handel und Kernarbeitsnormen“ steht. Der vorgestern
    abend in der EU gefundene Kompromiß eines ständigen
    Arbeitsforums zwischen Internationaler Arbeitsorgani-
    sation und Welthandelsorganisation kann uns nicht so
    recht befriedigen. Wichtig ist, daß wir endlich konkrete
    Umsetzungsschritte von der längst etablierten Arbeits-
    gruppe „Handel und Umwelt“ verlangt haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Nur wenn eine weltweite Liberalisierung eine nach-

    haltige Entwicklung fördert und die Risiken der Globali-
    sierung ökologisch und sozial abgefedert werden, wird
    die Welthandelsrunde mit einer breiten Unterstützung
    der Menschen rechnen können. Deswegen war und ist es
    wichtig, daß die Bundesregierung und die EU erfolg-
    reich darauf gedrängt haben, die neue Welthandelsrunde
    unter das Motto besserer Entwicklungsmöglichkeiten für
    möglichst viele Menschen auch in den Entwicklungs-
    ländern zu stellen.

    Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir
    allerdings parallel zu den Verhandlungen der Welthan-
    delsrunde auch die Ursachen der permanenten und mas-
    siven Währungs- und Finanzkrisen angehen, die in
    den vergangenen Jahren zu enormen Wechselkurs-

    Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    schwankungen, zu Abwertungswettläufen und zu einer
    unglaublichen Verarmung von hunderten Millionen
    Menschen in Asien, Lateinamerika und Rußland geführt
    haben und die übrigens durch geringere Wachstumsraten
    auch die Europäische Union negativ betroffen haben.

    Nur mit einer neuen Weltfinanzarchitektur, zu der er-
    ste Schritte auf dem G-7-Gipfel in Köln im Juni dieses
    Jahres gemacht wurden – man kann die Bundesregie-
    rung nur in ihrem Ziel unterstützen, andere Länder daran
    zu erinnern, ihre dort eingegangenen Verpflichtungen in
    den nächsten Jahren auch wirklich umzusetzen –, wer-
    den wir eine Weiterentwicklung des Welthandelssy-
    stems im Interesse aller bewirken und die Gefahren von
    Protektionismus und Handelskriegen abbauen können.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die Fraktion der
CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Dr. Heinz Riesen-
huber.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Riesenhuber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsi-
    dentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe
    Frau Skarpelis-Sperk, Sie haben eingangs die Frage ge-
    stellt: Wo stehen wir eigentlich zwischen Hoffnung und
    Angst? Ich stelle mit Freuden fest, daß Sie eher auf der
    Seite der Zuversicht sind. Dies war nicht in allen Teilen
    Ihrer Fraktion immer ganz selbstverständlich. Ich
    möchte sagen, wir sind hier in der Tat auf der Seite der
    Zuversicht, denn wir haben im nächsten Jahrhundert ei-
    gentlich nur zwei Chancen für eine friedliche Ent-
    wicklung einer wachsenden Menschheit; einerseits die
    Chance des Aufbaus der Wissensgesellschaft, des
    Wachstums aus Intelligenz, des klugen Umgangs mit
    begrenzten Ressourcen und andererseits die Chance der
    Globalisierung, des Zusammenwachsens zu einer einzi-
    gen Welt, in der jeder in der Verantwortung auch für die
    anderen steht. Hier hat uns die Entwicklung der vergan-
    genen Jahre bestätigt, und das ermutigt uns.

    Die Entwicklungshilfe ist nur sehr begrenzt gewach-
    sen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Sehr“! )


    – Ich sage es mit Behutsamkeit und ohne jede Polemik.
    Die Wirtschaft ist gewachsen, gerade in jungen Län-

    dern über lange Zeiten mit beachtlichen Raten. Stärker
    noch als die Wirtschaft ist der Welthandel gewachsen;
    stärker als der Welthandel mit Gütern ist der Welthandel
    mit Dienstleistungen gewachsen. Alles das hat zu einem
    wachsenden Wohlstand in dieser Welt beigetragen. Das
    gilt für die reichen Länder.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, für die, für die anderen nicht!)


    – Ich kann hier nur eines nach dem anderen ansprechen,
    lieber Kollege; Entschuldigung.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P.)


    Eines Tages bekommt man vielleicht ein kleines
    Knopflochmikrophon. Dann bekommen wir eine andere
    und herzlichere Form der Debatte mit menschlicher Nä-
    he und größerer Präzision.

    Ich wiederhole: Das gilt für die reichen Länder. In ei-
    ner Welt, in der die Zahl der Produkte, die Vielfalt der
    Dienstleistungen immer weiter zunimmt, erwächst die
    Chance, an dieser Entwicklung teilzuhaben, nur aus dem
    Handel. Das gilt auch für viele Entwicklungsländer,
    Schwellenländer, die in den vergangenen Jahren zuneh-
    mend Wohlstand aufgebaut haben. Die Direktinvestitio-
    nen übersteigen schon längst die Entwicklungshilfe. Der
    Zufluß von Geldern aus OECD-Ländern in Nicht-
    OECD-Länder hat sich in fünf Jahren verdoppelt. Die
    Chance, Wohlstand über Investitionen aufzubauen und
    über Investitionen auch Technologietransfer vorzuneh-
    men und Verständnis für neue Wirklichkeiten zu gewin-
    nen, liegt im freien Handel.

    Natürlich – Frau Skarpelis-Sperk hat zu Recht darauf
    hingewiesen – gilt dies auch für die ärmsten Länder. Ih-
    re Hoffnung ist in der Tat die Beteiligung am Welthan-
    del, und eines der Ziele der WTO-Konferenz ist ja gera-
    de, daß sie an den Welthandel herangeführt werden, daß
    man ihnen spezielle Chancen gibt, daß man sie schützt,
    soweit ihnen daran liegt, und daß sie einen offeneren
    Zugang bekommen als andere.

    Die WTO-Konferenz in Seattle wird mit einem au-
    ßerordentlichen Katalog an Vorschlägen einen Aus-
    schnitt der Entwicklungschancen unserer Welt verhan-
    deln. In diesem Ausschnitt ist eine Vielfalt einzelner
    Themen enthalten. Vor allem aber steht eine Vision da-
    hinter. Daß die Anträge von Grünen, SPD und
    CDU/CSU in wichtigen Bereichen übereinstimmen,
    zeigt nichts anderes als die Faszinationskraft dieser Idee
    – eine der wenigen Visionen, die von armen und reichen
    Ländern geteilt wird. Es ist die Idee einer Welt, in der
    die Völker der Erde aus eigener Tüchtigkeit ihre Zu-
    kunft aufbauen: in Kooperation und Konkurrenz, mit
    dem Recht für den Starken, aber in Fairneß gegenüber
    dem Schwachen, ein Schutz für alle durch das Recht.

    Es ist die Idee einer Welt, in der die Chance zur
    Nachhaltigkeit deshalb entsteht, weil wir Welthandel
    nicht nur als ökonomischen Vorgang betrachten; viel-
    mehr sehen wir durchaus, wo der Welthandel in einen
    größeren Zusammenhang einzuordnen ist. Es ist die Idee
    einer Welt, in der die Chance auf Frieden besteht; denn
    man führt mit seinen Kunden keinen Krieg. Je intensiver
    der Handel Menschen und Völker verbindet, desto grö-
    ßer ist die Chance – es ist nicht mehr als eine Chance –
    auf eine friedliche Welt.

    Dies sind die Ideen, von denen wir ausgehen, und die
    Ziele, auf die wir zugehen. Der heilige Thomas sagte: In
    den Grundsätzen ist man sich immer einig; schwierig
    wird es, wenn es um die konkrete Einzelentscheidung
    geht.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, war der klug!)


    Natürlich hat er recht.

    (Zuruf der Abg. Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD])


    Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk






    (A) (C)



    (B) (D)


    – Verehrte Frau Skarpelis-Sperk, wenn wir hier über
    Thomismus diskutieren wollen, dann stehe ich Ihnen zur
    Verfügung – aber bitte nicht im Rahmen meiner Rede-
    zeit.


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Ich bin auch katholisch sozialisiert!)


    Wir haben es mit nichts anderem als mit der Konkur-
    renz um die Erreichung eines Zieles zu tun, zugunsten
    dessen ein jeder etwas dranzugeben hat. In der Span-
    nung zwischen – durchaus berechtigten – nationalen In-
    teressen und dem großen Ziel bestand die Schwierigkeit
    der Vorbereitung. In der Europäischen Gemeinschaft
    haben wir in dieser Frage weitgehend Übereinstimmung.
    Es ist eine große Leistung, daß wir weitgehend eine ge-
    meinsame Verhandlungsposition haben erarbeiten kön-
    nen.

    Einige unserer Partner – auch wir selber – haben
    Themen zurückstellen müssen. Die jetzt von der Kom-
    mission vorgeschlagene Formulierung zu den Arbeits-
    normen scheint mir ein realistischer Vorschlag zu sein.
    Diese Formulierung weicht von dem ab, was die Bun-
    desregierung ursprünglich im Sinn hatte. Frankreich
    wollte im audiovisuellen Bereich die Eigenständigkeit
    der Kulturgüter schützen – ein hohes Ziel. Aber der jet-
    zige Text weist aus, daß wir alle nicht mehr daran glau-
    ben, man könne die Kulturgüter durch Protektionismus
    und Abschottung schützen. Nein, man kann die Kultur-
    güter fördern und stützen; aber sie müssen sich in einer
    offenen Welt im Wettbewerb der Besten bewähren.

    Wir haben ein gemeinsames Konzept erarbeitet, mit
    dem wir in die Verhandlungsrunde gehen wollen. Das
    Charakteristikum dieses Konzepts ist, daß die Gemein-
    schaft eine umfassende Verhandlungsrunde will – um-
    fassender, als dies in den anderen Konzepten gefordert
    wird. Die Verhandlungsrunde muß umfassend sein; denn
    sämtliche Märkte hängen zusammen, sie stützen und sie
    bedingen einander.

    Die Gemeinschaft listet in ihrem Papier mehr als ein
    Dutzend verschiedene Sachthemen auf. Diese Sachthe-
    men haben jeweils ihr eigenes spezifisches Gewicht: Es
    geht unter anderem um Landwirtschaft. Wir wissen,
    daß im Beschluß sowohl im Äußeren die Senkung der
    Zölle als auch im Inneren der Abbau von Subventionen
    festgelegt ist. Aber wir wissen auch, daß die Landwirt-
    schaft für uns mehr als eine Güterproduktion ist. Sie ist,
    wie die Fachleute sagen, multifunktional, das heißt, sie
    ist ein Teil unserer Kulturlandschaft und ein Teil unseres
    Landes. Es geht darum, den weisen Kompromiß zu fin-
    den. Für die Entwicklungsländer ist der Zugang zu den
    Agrarmärkten eine essentielle Angelegenheit, die viel
    Klugheit und viel Fingerspitzengefühl verlangt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir werden über Dienstleistungen, der schnellst-

    wachsende Markt, zu reden haben – über Dienstleistun-
    gen nicht nur als Dienstleistungen. Dienstleistungen öff-
    nen zusammen mit der jetzt zur Verfügung stehenden
    Hardware erst die Märkte. Es geht also nicht nur um die
    Frage des stärkeren Wachstums der Dienstleistungs-
    märkte. Erst die Tatsache, daß man Dienstleistungen an-

    bieten kann, öffnet zunehmend die Märkte für Hard-
    ware, in BOT- und BOOT-Modellen, in maßgeschnei-
    derten Umweltanlagen unterschiedlichster Bereiche.
    Beiläufig gesagt: Die Marge bei Dienstleistungen ist we-
    sentlich höher als die Marge bei Hardware.

    Investitionen sind die eigentliche Triebkraft für die
    Entwicklung der armen Länder, und zwar Investitionen
    unter Bedingungen, die nicht in 1 600 bilateralen Ab-
    kommen unterschiedlicher Art, sondern in einem einzi-
    gen multilateralen System festgelegt werden, so daß
    gleiches Recht für alle gilt und der Mächtigere nicht auf
    Grund seiner Machtposition bilaterale Verträge erzwin-
    gen kann. Es muß ein gemeinsames Konzept für alle
    entstehen.

    Wettbewerb und die Senkung der Zölle:
    Die öffentliche Beschaffung macht in vielen Län-

    dern fast 15 Prozent der relevanten Märkte aus. Die Zu-
    gänge zu den einzelnen Bereichen, das geistige Eigen-
    tum: Wenn wir es nicht schützen, wird es nicht entste-
    hen, oder es entsteht, geht aber nicht in die Länder, die
    es brauchen. Der Schutz des geistigen Eigentums ist
    nicht die Abschottung gegenüber denen, die es noch
    nicht haben, sondern ermöglicht es erst in diesen Län-
    dern, daß es dort wirksam wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Wenn wir hier über die Aufnahme von China in die
    WTO sprechen, wird man solche Fragen von vornherein
    einbeziehen müssen. China ist nicht das klassische arme
    Entwicklungsland. China hat ganz andere Strukturen,
    Funktionen und Möglichkeiten auf den Weltmärkten, so
    daß es zu Bedingungen kommt, die eine dauerhafte und
    fruchtbare Mitgliedschaft ermöglichen.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe
    nur einige der Punkte aufgegriffen, über die wir reden.
    Dies sind gewaltige Ziele. Der Rahmen von drei Jahren,
    den wir uns gesetzt haben, ist ein begrenzter Rahmen.
    Ich hoffe, daß unsere Ziele in dieser Zeit erreichbar sein
    werden. Niemand kann das garantieren. Bei diesen ge-
    waltigen Zielen sollte man – da stimme ich zu – nicht
    von vornherein Abstriche machen. Churchill sagt: Setzt
    keine kleinen Ziele! „They do not have the magic to stir
    the people’s mind.“ – Sie haben nicht die Magie, die
    Herzen der Menschen zu bewegen. –

    Dennoch muß man sich in der realen Welt darüber im
    klaren sein, daß mit dem Weg, den wir vor uns haben,
    nicht alles und nicht alles zu 100 Prozent erreicht wer-
    den kann. Wir müssen mit unseren amerikanischen
    Freunden reden. Ich halte es für eine vorzügliche Sa-
    che, daß Herr Prodi die Initiative ergriffen hat und jetzt
    das Gespräch mit Präsident Clinton sucht, um von
    Mann zu Mann zu klären, was nicht allein auf der Ebene
    unserer hervorragenden, tüchtigen und achtenswerten
    Beamten zu klären ist. Manchmal muß von oben ent-
    schieden werden. Dies ist eine Idee, die bei manchen
    Regierungen etwas ungewöhnlich klingt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber daß dies notwendig ist, um Probleme zu lösen,
    steht außer Streit. Seattle wird wahrscheinlich die letzte

    Dr. Heinz Riesenhuber






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Möglichkeit sein, mit den USA zu einer gemeinsamen
    Strategie zu kommen. Danach ist Wahlkampf.

    Wir haben für diese Agenda auch die Länder der
    Dritten Welt zu gewinnen. Dies ist in keiner Weise tri-
    vial. Wir haben in der ASEM-Vision-Group mit 25 eu-
    ropäischen und asiatischen Ländern über das diskutiert,
    was für unsere gemeinsame Zukunft wichtig sein kann.
    Das Faszinierende dabei war das feste Vertrauen, die tie-
    fe Zuversicht dieser Länder in die eigene Tüchtigkeit,
    sofern man ihnen faire Bedingungen auf den Märkten
    einräumt. Aber spürbar war auch das tiefe Mißtrauen,
    daß die reichen Länder sie mit Protektionismus und un-
    ter dem Vorwand von Sozialnormen und Arbeitsnormen
    von den Märkten fernhalten, daß sie ihnen nicht erlau-
    ben, sich zu entwickeln.

    Wir treten nicht für den Welthandel als Wert an sich
    ein. Wir treten genauso für Werte jenseits von Angebot
    und Nachfrage ein.


    (Dr. R. Werner Schuster [SPD]: Das ist aber neu!)


    – Hören Sie mal; das ist aber eine besonders lustige Be-
    merkung! Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich sie zer-
    pflücken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die opportunistische Politik der derzeitigen Regie-

    rung mit der Nichtabsehbarkeit dessen, was morgen ge-
    schieht, ist sicherlich keine Politik, die sich an Grund-
    sätzen orientiert. Sonst wären diese gelegentlich erkenn-
    bar.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir wünschen ihr allen Erfolg – im Geist der offenen
    Märkte, im Geist von Wettbewerb und Konkurrenz, im
    Geist von Kooperation und Partnerschaft und in einem
    Geist des Rechts, das für alle gleich ist. Schon allein die
    Existenz der Schiedsgerichtsbarkeit ist friedensstiftend
    für alle, die sich in der WTO versammelt haben, und das
    sind 135 Nationen.

    Komplementär dazu gilt ein Zweites: Wir wollen den
    offenen Wettbewerb, wir wollen offene Märkte, aber
    Deutschland muß in diesen Märkten auch bestehen kön-
    nen. Die zweite Hälfte der Sache ist, daß wir im schärfe-
    ren Wind des Wettbewerbs überprüfen müssen, was al-
    les zu geschehen hat, damit wir stark und erfolgreich
    sein können.

    Da gelten im Grunde die gleichen Prinzipien wie für
    die Verhandlungen der WTO. Wir wollen natürlich die
    Zölle senken. Wir wollen in Deutschland aus genau den
    gleichen grundsätzlichen Überlegungen die Steuern für
    Unternehmen und Unternehmer senken. Die aberwitzige
    Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unterneh-
    mern – das eine ist gut; der andere wird diskriminiert –
    ist für das Selbstbewußtsein derer, die wir brauchen,
    verhängnisvoll.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir wollen deregulieren, und wir wollen feste Rah-

    menbedingungen schaffen. Dabei ist es nicht uneinge-
    schränkt hilfreich, daß gestern im Ausschuß die Kor-

    rekturvorschläge zum Korrekturgesetz über die
    Scheinselbständigkeit in einer neuen Vorlage vorgelegt
    wurden. Es ist nicht hilfreich, wenn die Probleme der
    630-Mark-Jobs und der Scheinselbständigkeit über Mo-
    nate hinweg mit großer Liebe diskutiert werden. Der
    Staat vollbringt schon eine großartige Leistung, wenn er
    die Menschen nicht mehr als nötig bei der Arbeit stört.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Müller, ich glaube, Sie denken genauso: Ob Sie

    es zugeben, ist eine andere Frage. Ob das mit der Regie-
    rungspolitik übereinstimmt, ist eine weitere Frage.

    Wir müssen dafür sorgen, die Sache so aufzubauen,
    daß der Mutige ermutigt und der Tüchtige tüchtiger wird
    und der Staat sie nicht bremst.

    Ein Letztes, meine sehr verehrten Damen und Herren:
    Ich stimme in herzlichem Einvernehmen mit der derzei-
    tigen Regierungsfraktion der SPD dem zu, was Frau
    Skarpelis-Sperk gesagt hat. Wir erwarten von der Regie-
    rung, daß sie für diese Ideen wirbt. Die Angst ist ein ge-
    fährlicher Ratgeber. Der Glaube, die Umwelt würde
    durch Handel zerstört, ist irreführend, gefährlich und
    kontraproduktiv. Bevölkerungswachstum und Armut
    zerstören die Umwelt, während der Handel die Mög-
    lichkeit gibt, Armut zu überwinden. Das ist die Idee.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Diese Idee aber auch zu zeigen und ihre Strahlkraft
    sichtbar zu machen ist die Aufgabe der Bundesregie-
    rung, die sich bisher noch nicht durch besondere Strahl-
    kraft auszeichnet.

    Saint-Exupéry sagte: Willst du ein Schiff bauen, dann
    sammle nicht Nägel und Werkzeug und Holz –