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ID1406302000

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14063

  • date_rangeDatum: 28. Oktober 1999

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    Plenarprotokoll 14/63 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 I n h a l t : Gedenkworte für die Opfer des Terroran- schlages auf das Parlament von Armenien....... 5569 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 5569 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 10, 15 und 16 .............................................................. 5569 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Gabriele Iwersen ............................................ 5570 A Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den Ergebnissen der Son- dertagung des Europäischen Rates in Tampere am 15./16. Oktober 1999 Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 5570 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU........................ 5573 B Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD .......................... 5576 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 5578 C Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5579 D Ulla Jelpke PDS............................................... 5581 C Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ ................................................................. 5583 A Manfred Kanther CDU/CSU............................ 5585 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5587 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 5588 D Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 5590 A Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5592 D Otto Schily SPD........................................... 5593 B Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 C Otto Schily SPD........................................... 5593 D Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 D Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5595 B Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5596 C Otto Schily SPD........................................... 5597 D Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 A Otto Schily SPD........................................... 5598 C Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 D Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Für eine umfassende multilaterale Ver- handlungsrunde über eine weitere Li- beralisierung im Welthandel (Drucksache 14/1664) ................................ 5599 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Ursula Lötzer, Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Zukunftsfähiger Handel und umfassen- de Reform der WTO (Drucksache 14/1834) ................................ 5599 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Verbesserung der Kohärenz von EU- Agrarpolitik und Entwicklungspolitik II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 im Rahmen der WTO-II-Verhandlun- gen (Drucksache 14/1860) ................................ 5599 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Dr. Sigrid Skar- pelis-Sperk, Dr. Norbert Wieczorek, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Dr. Uschi Eid, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Transparenz, offene Märkte, Fairness und nachhaltige Entwicklung: Für eine umfassende Weiterentwicklung des Welthandelssystems (Drucksache 14/1861) ................................ 5599 D Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD....................... 5600 A Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU................... 5602 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5605 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5606 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN................................................... 5608 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5608 B Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 5608 D Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 A Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 5609 B Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 B Ursula Lötzer PDS........................................... 6509 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 5610 D Erich G. Fritz CDU/CSU................................. 5612 D Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5614 C Ulrich Heinrich F.D.P...................................... 5615 D Rolf Hempelmann SPD ................................... 5616 D Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD................... 5618 C Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 D Reinhold Hemker SPD..................................... 5619 D Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfah- ren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 18. Mai 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Bezie- hungen (Drucksache 14/1841) ................................ 5621 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Betäu- bungsmittelgesetzes (Drucksache 14/1830) ................................ 5621 B c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuordnung der Statistiken der Schiffahrt und des Güterverkehrs (Drucksache 14/1829) ................................ 5621 B d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu der Vereinbarung vom 19. Mai 1998 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung des Fürstentums Liechtenstein über das Verwaltungsverfahren bei der Anmeldung neuer Stoffe (Drucksache 14/1710) ................................ 5621 B e) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski und der Frak- tion PDS Bau- und Betriebsordnung für Regio- nale Eisenbahnstrecken (Drucksache 14/998) .................................. 5621 C f) Antrag der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Christian Schmidt (Fürth) und der Fraktion CDU/CSU Versöhnung durch Ächtung von Ver- treibung (Drucksache 14/1311) ................................ 5621 C g) Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Hans-Günter Bruckmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN Verbot des Mitführens von Radar- und Laserwarngeräten in Kraftfahrzeugen (Drucksache 14/1351) ................................ 5621 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur Erhöhung der Nutzungsentgelte (Drucksache 14/1718) ................................ 5621 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 III i) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung Bericht über die Wirkungen der Nut- zungsentgeltverordnung sowie zu not- wendigen Änderungen (Drucksache 14/1479) ................................ 5621 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Düngemittelgesetzes (Drucksache 14/1857) ................................ 5622 A b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Weiterentwicklung der deutsch-tsche- chischen Beziehungen (Drucksache 14/1873) ................................ 5622 A Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/440/ EWG zur Entwicklung der Eisenbahn- unternehmen der Gemeinschaft Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zitäten, die Erhebung von Wegeentgel- ten im Eisenbahnverkehr und die Si- cherheitsbescheinigung Arbeitsunterlage der Kommission Erläuterungen zu den einzelnen Arti- keln des Vorschlags für eine Richtlinie über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zität, die Erhebung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Sicher- heitsbescheinigung (Drucksachen 14/74, Nr. 2.102, 14/1332 (neu)).......................................................... 5622 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates Festlegung der Modalitäten und Bedin- gungen für die Strukturmaßnahmen im Fischereisektor (Drucksachen 14/488 Nr. 2.3, 14/1570)..... 5622 C c) – f) Beschlußempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 84, 85, 86, 87 zu Petitionen (Drucksachen 14/1722, 14/1723, 14/1724, 14/1725) ..................................................... 5622 D Weitere Beratungen mit Aussprache Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Petitionsausschusses Bitten und Beschwerden an den Deut- schen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1998 (Drucksache 14/1390) ................................ 5623 A Christel Deichmann SPD................................. 5623 B Hubert Deittert CDU/CSU............................... 5625 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 5626 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5628 B Heidemarie Lüth PDS...................................... 5630 B Marlene Rupprecht SPD.................................. 5632 A Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 5633 D Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5635 A Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5636 B Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5637 D Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5638 B Heidemarie Wright SPD.................................. 5638 D Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5640 C Heidemarie Lüth PDS...................................... 5642 A Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5642 C Dieter Dzewas SPD ......................................... 5642 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu For- derungen, das Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit zu streichen Iris Gleicke SPD .............................................. 5644 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 5645 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5646 D Dirk Niebel F.D.P. ........................................... 5648 B Sabine Jünger PDS........................................... 5649 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 5650 C Klaus Hofbauer CDU/CSU.............................. 5652 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5653 D Andrea Nahles SPD ......................................... 5654 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 5656 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5657 C Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU....................... 5659 B Engelbert Wistuba SPD ................................... 5660 C Hans Forster SPD............................................. 5662 B Heinz Schmitt (Berg) SPD............................... 5663 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Fortentwicklung der Altersteil- zeit (Drucksache 14/1831) ................................ 5664 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5664 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 5665 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5667 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5669 A Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5670 C Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5670 D Monika Balt PDS............................................. 5671 B Renate Rennebach SPD ................................... 5672 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 5673 B Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, Dr. Jürgen Rüttgers, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu- nigung von Strafverfahren (Strafver- fahrensbeschleunigungsgesetz) (Drucksache 14/1714) ................................ 5675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 5675 C Hermann Bachmaier SPD................................ 5677 A Jörg van Essen F.D.P. ...................................... 5678 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5679 C Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 5680 C Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der F.D.P. Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Drucksache 14/1335) ................................ 5681 A Dirk Niebel F.D.P............................................ 5681 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5682 C Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5683 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5683 B Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5684 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5684 B Heinz Schemken CDU/CSU............................ 5685 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5686 A Tagesordnungspunkt 9: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Günter Baumann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Verkehrswegeplanungsbe- schleunigungsgesetzes (Drucksache 14/544) .................................. 5687 A – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Verkehrs- wegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1517) ................................ 5687 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper, Dr. Karl- heinz Guttmacher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungs- beschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1540) ................................ 5687 B Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen (Drucksache 14/1876)...................................... 5687 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU .......................... 5687 C Wieland Sorge SPD......................................... 5689 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. .................... 5691 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5691 C Dr. Winfried Wolf PDS ................................... 5692 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5693 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 V Tagesordnungspunkt 11: a) Beschlußempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Besteuerung von Luxusgegenständen (Drucksachen 14/27, 14/1613) ................... 5694 B b) Beschlußempfehlung und Berichts des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Wiedererhebung der Vermögensteuer (Drucksachen 14/11, 14/1614) ................... 5694 B Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 5694 C Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5695 C Dr. Gregor Gysi PDS ................................... 5696 A Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5696 A Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 5697 D Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5698 A Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 5698 B Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 A Dr. Barbara Höll PDS .................................. 5700 D Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 D Gisela Frick F.D.P. .......................................... 5701 B Namentliche Abstimmung (Ergebnis siehe 64. Sitzung) ............................ 5702 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Drucksache 14/1856) ................................ 5702 C Nächste Sitzung ............................................... 5702 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5703 A Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen 33 und 34 (Drucksa- che 14/1836) .................................................... 5703 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke PDS .............................................. 5704 C Anlage 4 Zu Protokoll abgegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verord- nung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobe- nen Daten und zur Änderung des Rindfleisch- etikettierungsgesetzes (Zusatztagesordnungs- punkt 7) Jella Teuchner SPD ......................................... 5705 A Franz Obermeier CDU/CSU ........................... 5706 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5706 D Kersten Naumann PDS .................................... 5707 B Karsten Schönfeld SPD ................................... 5707 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5569 (A) (C) (B) (D) 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 4 Gisela Frick Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5703 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 28.10.99 * Altmaier, Peter CDU/CSU 28.10.99 Austermann, Dietrich CDU/CSU 28.10.99 Balt, Monika PDS 28.10.99 Behrendt, Wolfgang SPD 28.10.99 * Bleser, Peter CDU/CSU 28.10.99 Böttcher, Maritta PDS 28.10.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 28.10.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28.10.99 * Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Enders, Peter SPD 28.10.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 28.10.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 28.10.99 Gebhardt, Fred PDS 28.10.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 28.10.99 Herzog, Gustav SPD 28.10.99 Homburger, Birgit F.D.P. 28.10.99 Hovermann, Eike SPD 28.10.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 28.10.99 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 28.10.99 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 28.10.99 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 28.10.99 Kumpf, Ute SPD 28.10.99 Kutzmutz, Rolf PDS 28.10.99 Leidinger, Robert SPD 28.10.99 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 28.10.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 28.10.99 * Nolting, Günther F.D.P. 28.10.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 28.10.99 Prof. Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 28.10.99 Roos, Gudrun SPD 28.10.99 Rühe, Volker CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 28.10.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.10.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Schily, Otto SPD 28.10.99 Schloten, Dieter SPD 28.10.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 28.10.99 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 28.10.99 Schwanhold, Ernst SPD 28.10.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 28.10.99 Tauss, Jörg SPD 28.10.99 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 28.10.99 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 28.10.99 Wieczorek (Böhlen), Jürgen SPD 28.10.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 28.10.99 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Zierer, Benno CDU/CSU 28.10.99 * ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) (Drucksache 14/1836 Fragen 33 und 34): Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, körperlichPflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pflegeversi-cherung zu erschweren, um die erwünschte Hilfe für Demenz-kranke gegenzufinanzieren, und wenn ja, wie soll das gesche-hen? Wie haben sich die Leistungen der Pflegeversicherung imVergleich zu den Leistungen der Beihilfe bei vergleichbarenPflegefällen entwickelt, zum einen bei der ambulanten Pflege,zum anderen bei der stationären Hilfe? Zu Frage 33: Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, körperlich Pflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pfle- geversicherung zu erschweren. Jedoch sind der Bundes- regierung Pressemitteilungen bekannt, wonach eine Verbesserung der Hilfe für Demenzkranke durch einen erschwerten Zugang zu Leistungen der Pflegeversiche- rung für rein körperlich Pflegebedürftige erreicht wer- den solle. 5704 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Die Sozialdemokratische Partei Deutschland und Bündnis 90/Die Grünen haben in der Koalitionsverein- barung vom 20. Oktober 1998 vereinbart zu prüfen, wie die Betreuung vor allem Demenzkranker bei der Fest- stellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden kann. In diesem Zusammenhang wurden im Bundesmi- nisterium für Gesundheit Gespräche mit verschiedenen Beteiligten geführt. Dabei kam auch der in der Presse zitierte Vorschlag zur Sprache. Diesen hat sich das Bun- desministerium für Gesundheit jedoch nicht zu eigen gemacht. In der Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Ziel gesetzt, die Qualität der Pflege und Betreuung zu erhalten und angesichts be- grenzter Finanzspielräume weiter zu verbessern. Dazu sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. So soll geprüft werden, wie die Menschen mit einem höhe- ren Beaufsichtigungs- und Betreuungsumfang bei der Festlegung der Pflegebedürftigkeit besser als bisher be- rücksichtigt werden können. Damit nimmt die Bundes- regierung die immer wieder geäußerte Kritik ernst, daß die Pflegeversicherung den Belangen psychisch kranker und altersverwirrter Menschen nicht hinreichend Rech- nung trage. Wegen der möglichen finanziellen Auswirkungen der Einbeziehung eines höheren Beaufsichtigungs- und Be- treuungsumfangs Demenzkranker in der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist die Prüfung noch nicht abge- schlossen. Zu Frage 34: Die Leistungen der Pflegeversicherung sind – ausge- nommen die Leistungen für Tages- und Nachtpflege – seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung nicht erhöht worden. Dies gilt auch für die Beihilfeleistungen bei Pflegebedürftigkeit. Im Rahmen der ambulanten Pflege unterscheiden sich die Sachleistungen der sozialen Pflegeversicherung von der Beihilfe dadurch, daß Sach- leistungen je nach Pflegestufe bis zu festgelegten Leistungsbeträgen in Anspruch genommen werden kön- nen, während in der Beihilfe eine bestimmte Zahl von Einsätzen – bezogen auf die Pflegestufe 30, 60 oder 90 Pflegesätze – festgelegt ist. Dies kann dazu führen, daß aufgrund von Preissteigerungen bei den Einsätzen ambulanter Pflegedienste Pflegebedürftige, die in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, wenige Einsätze einkaufen können, während in der Beihilfe trotz Preissteigerungen die Zahl der Einsätze konstant bleibt. Zur Preisentwicklung bei den ambulanten Pflegedien- sten läßt sich keine allgemeine Aussage treffen. Sie dif- feriert zwischen den Bundesländern und darüber hinaus innerhalb der Bundesländer regional und zwischen den Pflegediensten. Die künftige Ausgestaltung des Beihilferechts wird, wie schon bei den bisherigen Änderungen des SGB XI jeweils zeitnah und in möglichst enger Anlehnung an die Vorgaben der Pflegeversicherung erfolgen. Das ist in- zwischen bewährte Praxis. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeits- erlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke (PDS): Die Fraktion der PDS wird den vorliegenden Antrag der F.D.P. unterstützen. Die Ab- schaffung des rassistischen sog. Inländerprivilegs bei der Arbeitsaufnahme und Arbeitsvermittlung ist seit langem eine Forderung der PDS. Deshalb gehen wir selbstver- ständlich mit, wenn dieses Anliegen nun auch von der F.D.P. übernommen wird. Wir unterstützen auch, daß die F.D.P. damit das noch zu ihren Regierungszeiten erlassene Arbeitsverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber wieder abschaf- fen will. Selbstkritik ist immer etwas gutes. Wie ich hö- re, prüft die Regierung auch gerade, ob sie dieses Verbot nicht wieder aufhebt. Vielleicht gelingt es uns ja, die Prüfung durch die Regierung zu beschleunigen und zu einem guten Ende zu führen. Die Millionen Migrantinnen und Migranten aus den EU-Ländern und den sog. „Drittstaaten“ werden uns eine solche überfällige Gleichstellung sicher danken. Im übrigen erfüllt eine solche Änderung auch eine der Maßgaben von Tampere, über die wir heute vormittag gesprochen haben, nämlich den Auftrag, bei dem Recht auf Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Arbeitsaufnahme, die sog. „Drittstaatenangehörigen“ gleichzustellen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern. Ein bißchen Wasser muß ich ihnen von der F.D.P. aber doch in den Wein gießen. Alle Beamtenstellen im öffent- lichen Dienst, an Schulen, in der Sozialarbeit, bei Polizei, Bundesgrenzschutz, Finanzämtern und dergleichen, sowie alle Berufe, bei denen eine Approbation erforderlich ist, Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte, sogar Psychotherapeuten bleiben auch nach der hier geforderten Änderung weiter „deutschen Staatsbürgern“ vorbehalten. Eine wirklich freie Berufswahl, ein wirklich „freier Zugang zum Arbeitsmarkt“, wie es in der Begründung heißt, soll also trotz des sonst begrüßenswerten Antrags auch in Zukunft nur echten, kernigen Deutschen vorbe- halten sein. Noch ärgerlicher finde ich, das will ich hier auch sa- gen, einige Passagen in der Begründung ihres Antrags. Wenn sie schreiben, Arbeitgeber könnten Arbeits- plätze nicht besetzen, weil angeblich inländische Arbeits- kräfte „zu wenig motiviert“ seien, weil die Arbeit zu ge- ringe intellektuelle Ansprüche erfüllt, zu hohe körperli- che Belastungen mit sich bringt, so ist das ein starkes Stück. Erstens haben wir in diesem Land 4 Millionen offi- zielle Arbeitslose, denen es aufgrund der von ihnen in vielen Jahren beschlossenen Sozialkürzungen oft so schlecht geht, daß sie schon lange von Sozialhilfe leben, während die von ihnen so mitfühlend geschilderten Ar- beitgeber an der Börse eine Schampusparty nach der nächsten feiern. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5705 (A) (C) (B) (D) Zweitens erwecken sie den Eindruck, als seien Mi- grantinnen und Migranten besonders geeignet, wenn es um schwere und intellektuell einfache Arbeit geht. Ich finde das Rassismus pur. Arbeit ist ein Menschenrecht – für alle Menschen. Freie Berufswahl ist ein Menschenrecht – für alle Men- schen. Warum können sie es nicht einfach dabei be- lassen, statt das rassistische Klagelied von den armen Arbeitgebern, vom faulen deutschen Arbeitslosen und vom dummen, aber starken Ausländer anzustimmen? Noch einmal: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, trotz der Begründung, die sie damit verbinden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbei- tung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erho- benen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Zusatztagesord- nungspunkt 7) Jella Teuchner (SPD): Wir sind dabei, eine Daten- bank einzurichten, die es ermöglicht, ein Rind eindeutig zu identifizieren und seine Herkunft, seine Aufent- haltsorte und seine bisherigen Halter zurückzuverfolgen. Die Daten sollen zur Bekämpfung von Tierseuchen, zur Abwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfere- gelungen und für die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen verwendet werden. Die rechtlichen Grundlagen für die Datenerhebung liegen mittlerweile vor. Seit dem 26. 9. 1999 müssen Rinderhalter Angaben zum Bestand und zu Veränderun- gen in ihrem Bestand melden. Der vorliegende Gesetz- entwurf regelt nun die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten. Er regelt den Zugriff der zuständigen Behörden insbesondere auf die Daten, die nicht in ihrem Zu- ständigkeitsbereich erhoben worden sind. Er regelt die Auskunftsrechte der einzelnen Tierhalter, die auch auf Daten ausgeweitet werden, die er nicht selbst gemeldet hat, an denen er jedoch ein berechtigtes Interesse hat. Er paßt das Rindfleischetikettierungsgesetz an die Vor- schriften der Rinder- und Schafprämien-Verordnung an und trägt insoweit den Erfordernissen Rechnung, diese Daten zu Etikettierungszwecken verwenden zu können. Primär dient diese Datenbank der Tierseuchenbe- kämpfung und der Herkunftssicherung. Die Datenbank erlaubt es, bei Ausbruch einer Rinderseuche eventuelle Kontaktbetriebe rasch ausfindig zu machen und die ent- sprechenden Maßnahmen unverzüglich ergreifen zu können. Spätestens seit der BSE-Krise wurde deutlich, daß Herkunftsbezeichnungen von Rindern und damit für die von ihnen stammenden Erzeugnisse ein ganz ent- scheidendes Kriterium ist, das Vertrauen der Ver- braucherinnen und Verbraucher zu gewinnen. Mit dem Gesetzentwurf wird die Rückverfolgbarkeit national ab nächstem Jahr sichergestellt. Nutznießer dieser Her- kunftssicherung sind alle Marktteilnehmer, vom Land- wirt bis zum Verbraucher. Die Bekämpfung von Tier- seuchen wird erleichtert, die Sicherheit für Verbrauche- rinnen und Verbraucher erhöht und damit die Vermark- tung von Rindfleisch unterstützt. Wir haben mit dieser Datenbank verschiedene Bau- steine. Die Auszahlung von Prämien und deren Kon- trolle wird erleichtert, mit dem gesicherten Herkunfts- nachweis leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Be- kämpfung von Tierseuchen, und den Verbraucherinnen und Verbrauchern geben wir eindeutige Informationen über das von ihnen gekaufte Fleisch. Mit diesem Ge- setzentwurf setzen wir die Bausteine zusammen und machen die Daten nutzbar. Ein Verzicht auf die Ver- wendung der Daten würde die Prämienzahlung und de- ren Kontrolle erschweren. Die Tierseuchenbekämpfung und den Verbraucherschutz würde er empfindlich tref- fen. Wir schaffen die Grundlage für die Sicherheit und für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Qualität des gekauften Fleisches. Darauf aufbauend brauchen wir allerdings ein wirksames und möglichst einheitliches Etikettierungssystem, das die Verbraucher objektiv informiert und den Landwirten und Verarbei- tern die Chance bietet, ihre Kunden von der Qualität ih- rer Produkte zu überzeugen. Mit den vorgesehenen Aus- kunftspflichten und Erhebungsmöglichkeiten könnte zwar das „gläserne Rind“ für die Produzenten und für die Behörden Wirklichkeit werden, darüber hinaus ha- ben aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch darauf, zu erfahren, von welchem Rind das Fleisch stammt, um entscheiden zu können, was sie essen wollen. Der Erfolg der bei uns praktizierten freiwilligen Eti- kettierung macht deutlich, daß eine transparente Kenn- zeichnung von Rindfleisch von den Verbraucherinnen und den Verbrauchern gewünscht und honoriert wird. Wir haben uns bisher dafür eingesetzt und werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen. Auf nationaler Ebene bedeutet dies, daß wir an der freiwilligen Etikettierung festhalten. Regionale Herkunftsbezeichnungen liegen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und werden von diesen auch gewünscht. Auf europäischer Ebene bedeutet dies, daß wir uns dafür stark machen, daß eine obligatorische Kennzeichnung für Rindfleisch nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Eine zögerliche Umsetzung von EU-Recht durch ein- zelne Mitgliedstaaten darf nicht dazu führen, daß der Herkunftsnachweis für Rinder nicht mehr geführt wer- den kann. Eine EU-weite, obligatorische Herkunfts- kennzeichnung darf nicht verhindert und damit das Ver- trauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Rind- fleischprodukte verspielt werden. Die Herkunftsbe- zeichnung „EU“ ist dazu nicht ausreichend. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf regelt zwar le- diglich die Verwendung von Daten, die bereits erhoben wurden. Ich denke, daß wir damit aber ein wichtiges verbraucherpolitisches Projekt auf den Weg bringen. Wir sind damit noch nicht am Ziel, ohne dieses Gesetz können wir es jedoch nicht erreichen. 5706 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Franz Obermeier, (CDU/CSU): Es ist richtig, daß die jetzige Bundesregierung den von Bundeslandwirt- schaftsminister Borchert eingeschlagenen Weg zu mehr Verbraucherschutz fortführt. Dies gilt insbesondere nach dem BSE-Rinderskandal für den Fleischbereich. Und leider gibt es schon wieder aktuelle Meldungen, wonach es in Großbritannien erkrankte Rinder gibt. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, daß der Sonntagsbraten rundherum zum Genuß wird – dafür sind die Köche verantwortlich – und der Ge- sundheit nicht schadet – dafür sind die Landwirte und wir, die Politiker, verantwortlich –. Deshalb muß der Weg jedes frischen, gekühlten oder gefrorenen Stückes Fleisch vom Ursprung bis zur Ladentheke lückenlos zu- rückverfolgt werden können. Diesem Ziel dient bereits das erste Rindfleischetikettierungsgesetz, das auf eine Initiative von Minister Borchert zurückgeht und erstmals eine EU-weite Rindfleischetikettierung zur Folge hatte. In Deutschland ist ein dem Rinderpaß vergleichbares Begleitpapier übrigens bereits seit Oktober 1995 vorge- schrieben. Folgerichtig sieht der vorliegende Gesetzentwurf jetzt vor, daß Deutschland – wie alle EU-Länder – eine zen- trale elektronische Datenbank einrichtet, die zur kom- menden Jahrtausendwende voll betriebsfähig sein muß. Als bayerischer Abgeordneter freut mich natürlich ganz besonders daß dieser HIT – in diesem Falle (Herkunfts- sicherungs- und Informationssystem für Tiere) – bei uns in München im bayerischen Landwirtschaftsministerium ansässig ist. Schon deshalb hege ich keinerlei Zweifel und es wurde mir auch so bestätigt, daß diese Vorgabe von deutscher Seite bis zum Jahresende voll und ganz erfüllt wird. Es mag Landwirte geben, die in der Meldepflicht nur einen weiteren Mühlstein um ihren Hals erkennen. In Versammlungen ist das Stichwort Bürokratie stets ein Anlaß für mittleren bis schweren Aufruhr – auch in länd- licher Umgebung. Es bleibe, so die Klagen, bald nichts mehr übrig als sich den Computer in den Stall zu stellen. Ich erwidere: So ist der Lauf der Zeit. Der Landwirt von heute ist nicht mehr der Bauer von gestern. Angesichts von etwa 15 Millionen Rindern in Deutschland kann die vollständige und lückenlose Erfassung auf Dauer nur mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens erreicht werden. Ich denke, es ist auch eine Chance für den einzelnen, sich der Technik von heute nicht verschließen zu können und einfach mit zu müssen. Ein Aspekt ist mir besonders wichtig: Es geht hier nicht um überzogenen Verbraucherschutz. Es geht um die Gesundheit. Aber es geht auch um die Zukunft der Landwirte. Was war geschehen, als in England Rinder plötzlich BSE-verseucht waren? In Deutschland ging der Fleischabsatz dramatisch zurück. Leidtragende waren die deutschen Erzeuger, die deutschen Metzger. Um den existenzbedrohenden Nachfragerückgang zu stoppen, mußte der Vertrauensverlust der Verbraucher gestoppt und – viel schwerer noch – zurückgewonnen werden. Hier spielt die Rindfleischetikettierung eine Schlüssel- rolle. Mit ihr wird ein Maximum an Transparenz und Si- cherheit beim Rindfleischkauf gewährleistet. Daß das Vertrauen der Verbraucher in das hochwertige Lebens- mittel Rindfleisch wiedergekehrt ist, zeigen die Absatz- zahlen, auch wenn sich der Rindfleischmarkt im BSE- freien Deutschland bis heute noch nicht wieder ganz er- holt hat. Also lohnt sich der Aufwand in mehrfacher Hinsicht, gerade auch für die Landwirtschaft. Mit der EU-weiten Regelung kann zukünftig der komplette Lebensweg eines Rindes auch über Länder- grenzen hinweg umfassend und schnell ermittelt werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können erken- nen und selbst bestimmen, was sie kaufen. EU-Querelen um Importverbote behindern nicht mehr die notwendige Transparenz und verhindern Kaufverweigerung. Gewünschte Nebeneffekte sind auch die Tierseu- chenbekämpfung und die Kontrolle unberechtigt bezo- gener landwirtschaftlicher Prämien. Auch dies sind Faktoren, die sowohl den Landwirten selbst als auch der Allgemeinheit zugute kommen. Denn schließlich zahlen wir alle drauf, wenn Existenzen durch Tierkrankheiten (wie beispielsweise bei der Rinderseuche) aufs Spiel ge- setzt werden oder Steuermittel in die falschen Taschen fließen. Es gibt auch hier einen unmittelbaren positiven Effekt für die Landwirte: Da eine Verbindung zu den Daten für die Prämiensysteme hergestellt werden kann, wird zu- künftig bei der Abrechnung der Schlachtprämien ein vereinfachtes Antragsverfahren genügen, eine Arbeits- und Kostenersparnis für die Betriebe. So sehr ich inhaltlich diese EU-weite Regelung be- grüße möchte ich doch auf einen Punkt hinweisen, der ebenfalls die Herkunftsbezeichnung betrifft und mir Sorge bereitet. Die Europäische Union erarbeitet derzeit Leitlinien, die unter dem Rubrum freier und gleicher Wettbewerb unsere regionalen Qualitätssiegel „Bayeri- scher Weidemastbulle aus bäuerlichem Familienbetrieb“ oder ähnliches – bedrohen. Das halte ich für falsche Gleichmacherei. Wenn schon Transparenz, dann konse- quent. Ich fasse zusammen: Unsere deutschen Landwirte produzieren hochwertiges Rindfleisch. Es gibt keine Alternative zur umfassenden verbrauchergerechten Rindfleischetikettierung und zur zentralen Datenbank. Sie dient den Verbrauchern und der Landwirtschaft. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist ein Skandal, daß die EU-Mitgliedsstaaten die Kenn- zeichnungs- und Etikettierungsvorschriften zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor BSE von 1997 nicht ausreichend umgesetzt haben – insbesondere auch im BSE-Ursprungsland Großbritannien, obwohl doch Kommissionspräsident Romano Prodi den Ver- braucherschutz zum höchsten Ziel erklärt hat. Vor allem der Tierpaß ist hier von Bedeutung. Auch in Großbritan- nien ist die Herkunft der Tiere nicht lückenlos nachzu- vollziehen. Die zuständigen EU-Kommissare halten es aber für unumgänglich, die Umsetzungsfrist für die Kennzeichnungs- und Etikettierungsrichtlinie, die eigent- lich bis zum 31. Dezember 1999 läuft, um weitere drei Jahre zu verlängern. Das Bundeslandwirtschaftsministe- rium hat diese Entwicklung nachdrücklich bedauert. In dieser Frage wird erstaunlicherweise kein Vertragsver- letzungsverfahren eingeleitet. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5707 (A) (C) (B) (D) Dabei ist es übrigens wahrlich erstaunlich, wenn die Fleischindustrie sich gegen die Umsetzung der Etikettie- rung sträubt. Die Bezeichnung „Herkunft: EG“ oder „Herkunft: EG und Drittlandserzeugnis“ dürfte kaum besondere Anstrengungen verlangen. Eher sind die Vorlagen der EU-Kommission Anlaß, Verbesserungen und Konkretisierungen einzufordern. Gleichzeitig sollen die Exportverbote für britisches Rindfleisch wieder fallen. Dafür allerdings ist die Zeit noch nicht reif. Die Verbraucherinnen und Verbraucher – und die Bundesländer, die einer solchen Aufhebung des Importverbots zustimmen müßten – sind gegenwär- tig gegen die Einfuhr britischen Rindfleischs. Das Ver- trauen in die Produkte ist noch nicht wiederhergestellt. Kein Wunder angesichts der immer neuen Dioxinfunde und immer neuer Futtermittelskandale, die die Futter- mittel sämtlich diskreditieren. Wenn durch die EU-Kommission nicht einmal die Voraussetzungen für eine bessere Kontrolle durch die Herkunftskennzeichnung geschaffen werden, dann kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Aufhebung des Importverbots wohl kaum zugemutet werden. Die Lösung des britisch-europäischen Handelskonflikts sollte im Schulterschluß mit Frankreich und den Bun- desländern erfolgen. Die Grenzöffnung allerdings müßte abhängig gemacht werden von der Umsetzung der EU- Kennzeichnung und Etikettierungsrichtlinie. Erst dann kann der Verbraucher die Herkunft der Produkte nach- vollziehen. Was übrigens nicht geht, ist, daß Großbri- tannien die Richtlinie zur Kennzeichnungs- und Etiket- tierung nicht erfüllt und bloß Exportprodukte kenn- zeichnen will. Das ist dann wieder ein Einfallstor für Mißbrauch und Intransparenz. Ebenso hat Großbritannien seine Bereitschaft erklärt, BSE-Tests durchzuführen, wie sie die nordrhein- westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn einsetzt. Hier liegen Möglichkeiten zu Kompromissen mit Großbritannien. Mit der heutigen Erweiterung des Rindfleischetiket- tierungsgesetzes schafft Deutschland die notwendige Voraussetzung zur fristgerechten Umsetzung der EU- Richtlinie. Die Bundesregierung sollte jetzt die obligato- rische Kennzeichnung und Etikettierung zum 1. Januar 2000 national umsetzen und darauf hinwirken, daß der bisherige Vorschlag der Kommission weiter verbessert und auf andere Tierarten ausgedehnt wird. Ebenso ist die Forschung bezüglich der Optimierung der Tests EU-weit zu intensivieren. Die Fleischwirtschaft hatte drei Jahre Zeit zur Vorbe- reitung. Die Landwirtschaft hat ihre Hausaufgaben mit erheblichen Aufwendungen gemacht und die Tierpässe und Ohrmarken längst eingeführt. Mit der Verabschie- dung dieses Gesetzes werden auch die Voraussetzungen für mehr Transparanz und damit Kontrollmöglichkeiten geschaffen. Kersten Naumann (PDS): Eine Debatte zu den Pro- blemen der Rindfleischetikettierung halte ich für drin- gend notwendig, besonders wenn ich an die nicht ab- reißenden und gerade wieder heiß debattierten BSE- Meldungen und den Streit über die Aufhebung des Im- portverbots denke. Die Meldung der letzten Tage über die Absicht der EU-Kommission, die obligatorische Rindfleischetiket- tierung um drei Jahre zu verschieben, trägt zwar den un- genügenden Vorbereitungsmaßnahmen in verschiedenen EU-Ländern Rechnung. Diese Absicht ist aber nicht vereinbar mit den Interessen der Verbraucher, die Si- cherheit beim Einkauf von Rindfleisch fordern. Wir halten die Ansicht von Minister Funke für abwe- gig, trotz kostenintensiver Vorbereitungen auch in Deutschland die obligatorische Etikettierung zu ver- schieben. Auch in drei Jahren gilt sicher noch sein Ar- gument, eine lückenlose Rückverfolgung der Herkunft sei nicht vollständig gesichert. Um so dringender ist es, erstens möglichst schnell mit einem funktionsfähigen System Erfahrungen zu sammeln und zweitens die un- vermeidlichen Schwachstellen zu finden. Ein Kernproblem ist doch der ständig zunehmende Rindertourismus. Und Fakt bleibt, daß Produktionskapa- zitäten weder mit Schlachtkapazitäten noch mit dem Be- darf der Verbraucher übereinstimmen. Doch die Libera- lisierung der Agrarmärkte wird nicht nur die Disparität weiter verschärfen, sondern auch weitere Schlupflöcher für den Herkunftsnachweis schaffen. Sie wird eine wei- tere Bürokratisierung der Rinderproduktion nach sich ziehen, wenn es nicht gelingt, die Produktion und die Verarbeitung auf regionale Versorgung auszurichten. Nicht zuletzt soll der Herkunftsnachweis nicht nur dem Schutz vor BSE, Dioxin und vor hormonbehandel- tem Fleisch dienen. Die Produzenten von Rindfleisch brauchen den regionalen und nationalen Herkunfts- nachweis auch zur Werbung für die Qualität ihrer Pro- dukte. Denn immer mehr Verbraucher wollen mit ihrer gezielten Kaufentscheidung auch einen Beitrag für tier- gerechte Haltung und den Schutz der Umwelt leisten. Aus all diesen Gründen treten wir für die terminge- rechte Einführung der obligatorischen Rindfleischeti- kettierung ein. Für die Verbraucher erhöht sich damit die Ernährungssicherheit, und mit ihrem bewußten Kauf- verhalten festigt sich das Vertrauensverhältnis zu den Produzenten. Die Verschiebung des Einführungstermins würde er- stens das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel setzen. Zweitens zu unnötigen Spekulationen Anlaß geben und drittens natürlich die Glaubwürdigkeit in die Politik be- schädigen. Unter der Bedingung der planmäßigen Ein- führung der Etikettierung wird auch die termingerechte und zuverlässige Dokumentation der Daten notwendig, wie sie mit dem vorliegenden Durchführungsgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 820/97 geregelt werden soll. Und auch hier sollten wir keine Verschiebung der parlamen- tarischen Behandlung zulassen. Karsten Schönfeld (SPD): zunächst möchte ich Ih- nen, meine Damen und Herren von der Opposition, herzlich für die Gelegenheit danken, über eine der we- sentlichsten Fragen bundesdeutscher Politik debattieren zu können. Ich greife diese Gelegenheit gerne auf, weil die ganze Debatte sehr entlarvend ist für Ihr Verständnis 5708 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) von Oppositionspolitik. Es geht Ihnen nicht um sachli- che Verbesserungsvorschläge; es geht Ihnen ausschließ- lich darum, angebliche Versäumnisse der Bundesregie- rung öffentlich breitzutreten. Weil sie in anderen Politik- bereichen offensichtlich nicht einmal Ansätze für unsach- liche, an den Haaren herbeigezogene Kritik sehen, muß jetzt das Rindfleischetikettierungsgesetz debattiert wer- den. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich Ihren neuen Realitätssinn loben, denn unsere Bundesre- gierung ist einfach gut und sachlich kaum zu kritisieren. Zur Sache: Seit dem 1. Januar 1998 haben unsere Landwirte die rechtliche Möglichkeit, einen vollständi- gen Herkunftsnachweis für Rindfleisch auf dem Etikett aufzuführen. Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher kann ihre bzw. seine individuelle Kaufentscheidung dar- an ausrichten, wo und unter welchen Bedingungen das Rindfleisch erzeugt worden ist. Das ist ein großer Fort- schritt für den Verbraucherschutz. Und es gibt unseren Landwirten die Möglichkeit, ihre regional erzeugten ge- sunden Nahrungsmittel auch als solche auszuzeichnen. Die Landwirte erzielen in aller Regel und zu Recht auch einen besseren Preis für die regional erzeugten Produkte, als es mit billiger und nicht ausgezeichneter Massenware möglich wäre. Wir Sozialdemokraten setzen uns gezielt für die För- derung regional erzeugter Nahrungsmittel ein und haben das auch als einen neuen Fördergrundsatz bei der Ge- meinschaftsinitiative aufgenommen. Um es deutlich zu sagen, die SPD-Bundestagsfraktion und die Bundesre- gierung – sind für eine obligatorische Etikettierung von Rindfleisch. Außerdem – daran besteht kein Zweifel – muß die Herkunftsregion auch künftig eindeutig auf den Etiketten aufgeführt werden. In dieser Frage sind wir uns mit den Verbraucherverbänden vollständig einig. Wir setzen – auch bei der Rindfleischetikettierung – auf die Marktkräfte und auf mündige Verbraucherinnen und Verbraucher. Die freiwillige Etikettierung ist eine sinn- volle Maßnahme. Schon heute kann jede Verbraucherin und jeder Verbraucher eine individuelle Kaufentschei- dung an der Ladentheke treffen. Jetzt fordert die F.D.P. eine rasche und, wie viele meinen, überstürzte Umsetzung eines Etikettierungs- zwangs. Die Begründung dafür ist dürftig, und ein Nut- zen ist weder für die Erzeuger noch für die Konsumen- ten zu erkennen. Der Deutsche Raiffeisenverband hat erst kürzlich in einer Pressemitteilung betont, daß eine Verschiebung der obligatorischen Etikettierung eine sinnvolle Maßnahme ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich erkenne Sie nicht wieder. Sie sprechen in Sonntagsreden immer gerne von Eigenverantwortung, Freiheit der Un- ternehmer, Abbau überflüssiger Bürokratie, Sie reden in aller Regel einer Globalisierung ohne große Einschrän- kungen das Wort, und jetzt fordern Sie uns auf, in der Landwirtschaft möglichst rasch mehr und eventuell so- gar überflüssige Bürokratie aufzubauen. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Dinge regelt, die jetzt zu regeln sind. Meine Kollegin, Frau Teuchner, hat alles Notwendige dazu gesagt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land sind – und das will ich nochmals ausdrücklich be- tonen – in aller Regel gut informiert und können selb- ständig und eigenverantwortlich beurteilen, welche Nah- rungsmittel sie verbrauchen wollen. Das sagt auch ein Bericht der Europäischen Kommission. Die Verbrauche- rinnen und Verbraucher in unserem Land beurteilen die freiwillige Rindfleischetikettierung in ihrer jetzigen Ausgestaltung positiv. Eine Verlängerung der bestehenden Regelung bis zum 31. Dezember 2000 ist deshalb in meinen Augen unproblematisch. Jedenfalls wäre diese zeitliche Ver- schiebung, sollte sie denn tatsächlich kommen, kein Grund für hektische Aktivitäten der Opposition im Par- lament. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsi-
    dentin! Meine Damen und Herren! Ich empfinde es als
    einen erfreulichen Sachverhalt, daß es unter den demo-
    kratischen Parteien in Deutschland einen lebhaften
    Wettbewerb um den Einsatz für die europäische Eini-
    gung gibt. Dieser Wettbewerb ist um so positiver zu
    werten, als leider in einigen unserer Nachbarstaaten
    besorgniserregende Tendenzen einer Rückkehr zu na-
    tionalistisch-antieuropäischen Positionen sichtbar wer-
    den.

    Im Rahmen eines Wettbewerbs um die beste Europa-
    politik ist es durchaus legitim, daß die Opposition die
    Regierung zu noch mehr europäischem Engagement auf-
    fordert und Kritik an vermeintlichen Versäumnissen übt.
    Aber Kritik sollte nicht anmaßend werden. Ich sage das
    vor allem deshalb, weil die Kritik, die Sie, Herr Kollege
    Rüttgers, an den Ergebnissen von Tampere üben, sich
    zugleich gegen die finnische Präsidentschaft und alle
    übrigen Mitgliedstaaten Europas richtet. Das müssen Sie
    sich einmal vor Augen führen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Entschuldigen Sie, daß ich folgendes sage: Ich glaube
    nicht, daß sich irgend jemand in Europa für den Rede-
    beitrag heute morgen von Herrn Rüttgers interessieren
    wird.


    (Beifall des Abg. Dieter Wiefelspütz [SPD] – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Da täuschen Sie sich aber!)


    Falls dennoch jemand in Europa Ihre Rede nachlesen
    sollte – das ist unwahrscheinlich –, wird der fatale Ein-
    druck entstehen, daß die CDU/CSU ihre beachtenswerte
    europapolitische Kompetenz eingebüßt hat.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das wäre zu bedauern; denn viele in der CDU/CSU
    kennen sich besser aus als Sie, Herr Kollege Rüttgers.
    Der von mir sehr geschätzte Kollege Kanther hat heute
    morgen bewiesen, wie man aus der Opposition heraus
    einen sachlichen Beitrag leisten kann, ohne der Regie-
    rung zuzujubeln.

    Herr Kollege Rüttgers, Sie haben einige Dinge ange-
    sprochen, die ich zurechtrücken will. Sie haben die Be-
    hauptung aufgestellt, es gebe eine Vereinsamung der
    Bundesregierung auf der europäischen Ebene, und zwar
    bei denjenigen Feldern, die in Tampere zu bestellen wa-
    ren. Ich weiß nicht, ob Sie sich über Ihre Äußerungen
    vergewissert haben. Wir, Frankreich, das Vereinigte
    Königreich und Deutschland, haben für Tampere ein
    gemeinsames Papier vorgelegt zu einem wichtigen
    Thema, nämlich Asyl-, Migration- und Bürgerkriegs-
    flüchtlinge. Ist das Ausdruck von Vereinsamung?

    Ich weiß aus vielen Gesprächen, die ich auf den Kon-
    ferenzen der Innen- und Justizminister der Europäischen
    Union geführt habe, welches Lob und welche Anerken-
    nung die Bundesregierung für ihre Staatsangehörig-
    keitsreform erworben hat. Auch das ist kein Ausdruck
    von Vereinsamung, sondern Ausdruck einer gemeinsa-
    men europäischen Politik, wie sie die Bundesrepublik
    vertritt – aber in einer modernen und nicht in einer
    rückwärtsgewandten Form, wie Sie sie vertreten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich komme im Laufe meines Beitrages auf einige The-
    men zurück, zu denen Sie weitere Unwahrheiten und
    Unrichtigkeiten vorgetragen haben.

    Meine Damen und Herren, an der Schwelle zum
    21. Jahrhundert steht Europa wahrlich vor richtung-
    weisenden und weitreichenden Entscheidungen, die be-
    stimmend und gestaltend für unsere Zukunft wirken
    werden. Im Zeitalter der Globalisierung und der von ihr
    ausgehenden Dynamik wird immer deutlicher, daß der
    nationalstaatliche Rahmen für die Erfüllung der öffent-
    lichen Aufgaben und die Gestaltung der Zukunft nicht
    mehr ausreicht. Die Verwirklichung des vereinten Euro-
    pa, zu der uns bereits das Grundgesetz verpflichtet, ist
    die notwendige, erfolgreiche und zugleich faszinierende
    Antwort auf Umbruch und Wandel in Europa und in der
    gesamten Welt.

    Bereits in unserer Koalitionsvereinbarung haben wir
    die herausragende Bedeutung der Einbindung Deutsch-
    lands in die Europäische Union und die Notwendigkeit
    unterstrichen, den europäischen Integrationsprozeß mit
    neuen Initiativen voranzutreiben, um der Vertiefung und
    Erweiterung der Europäischen Union neue Impulse zu
    verleihen.

    Auch im Bereich der Innenpolitik ist die Bedeutung
    der europäischen Politik und des europäischen Rechts in
    den vergangenen 50 Jahren stetig gewachsen und zu ei-
    nem überragenden Faktor geworden. Die Ergebnisse des
    Europäischen Rates in Tampere haben in eindrucksvol-
    ler Weise unterstrichen, welche erhebliche Intensivie-
    rung die bisherige innenpolitische Zusammenarbeit der
    Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit dem In-
    krafttreten des Vertrages von Amsterdam am 1. Mai
    1999 erfahren hat.

    Frau Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger, ich habe
    überhaupt kein Problem damit, die Verdienste der alten
    Bundesregierung am Zustandekommen des Vertrages
    von Amsterdam, dem meine Fraktion ausdrücklich zu-

    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger






    (A) (C)



    (B) (D)


    gestimmt hat, anzuerkennen. Die Fairneß sollte es auch
    gebieten, daß wir nicht alles, was Sie in der alten Regie-
    rung gemacht haben, einer Kritik unterziehen. Ich habe
    auch keine Probleme anzuerkennen, daß mein sehr
    geschätzter Kollege Kanther wichtige Vorarbeiten zu
    Dingen geleistet hat, die wir während der deutschen
    Präsidentschaft abschließen konnten.

    Der Europäische Rat in Tampere hatte das Ziel, dem
    im Amsterdamer Vertrag niedergelegten Arbeitspro-
    gramm zur Errichtung eines Raumes der Freiheit, der
    Sicherheit und des Rechts innerhalb von fünf Jahren zu
    einem guten Start zu verhelfen. Dieses Ziel hat er er-
    reicht. Die in Tampere gefundenen europäischen Lösun-
    gen für den Bereich der Innenpolitik machen von den
    neuen Möglichkeiten des Amsterdamer Vertrages um-
    fassend Gebrauch und stellen, wie bereits Außenminister
    Fischer einleitend dargestellt hat, neben dem Binnen-
    markt und der einheitlichen europäischen Währung ein
    neues, weitreichendes Integrationsprojekt dar.

    Die vom Europäischen Rat in den Bereichen Asyl,
    Migration und Kriminalitätsbekämpfung erteilten Ar-
    beitsaufträge an die Kommission, den Rat und die Mit-
    gliedstaaten sind wahrlich wichtige Bestandteile zur
    Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit
    und des Rechts in Europa.

    Mir war besonders daran gelegen, daß wir zu Ergeb-
    nissen kommen, die den Mehrwert der europäischen
    Zusammenarbeit für die Bürgerinnen und Bürger un-
    mittelbar erkennbar werden lassen. Angesichts der
    schwierigen Fragen in den Bereichen Asyl, Migration
    und Kriminalitätsbekämpfung muß es unbedingt eine
    engere Zusammenarbeit in Europa geben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Mit dem Amsterdamer Vertrag haben wir bereits für

    den Bereich Asyl, Migration mit der Vergemeinschaf-
    tung, das heißt Europäisierung, begonnen, auch wenn
    dies für einen Übergangszeitraum noch in einer be-
    stimmten Verfahrensweise aufgehoben ist. Diese Mög-
    lichkeiten müssen wir nun offensiv nutzen. Tampere hat
    dafür die Richtung vorgegeben.

    Aus innenpolitischer Sicht möchte ich auf folgende
    Leitlinien und Aufträge des Europäischen Rates beson-
    ders eingehen:

    Eine der prioritären Maßnahmen ist die Bekämpfung
    der politischen und wirtschaftlichen Fluchtursachen
    durch eine starke Verzahnung der Einwanderungspolitik
    mit anderen Politikfeldern wie der Außen- und Sicher-
    heitspolitik oder, wie man im europäischen Vokabular
    sagt, durch einen säulenübergreifenden Ansatz. Dazu hat
    gerade das Papier von Frankreich, Großbritannien und
    Deutschland wichtige Vorarbeiten geleistet. Denn wir
    kommen bei diesem Thema nicht voran, wenn wir nicht
    eine Differenzierung des Problems nach Asylsuchenden,
    Migranten und Bürgerkriegsflüchtigen erreichen.

    Der Europäische Rat in Tampere hat die von der
    Hochrangigen Gruppe Asyl und Migration für zunächst
    fünf Staaten ausgearbeiteten Aktionspläne ausdrücklich
    begrüßt und stimmte auch der von der Bundesrepublik
    geforderten Verlängerung des Mandats sowie der Aus-

    arbeitung weiterer Aktionspläne zu. Die Berichte über
    die Umsetzung der Aktionspläne soll der Europäische
    Rat in Paris im Dezember 2000 entgegennehmen.

    Das ist der genau richtige Ansatz, ein Ansatz übri-
    gens, der aus einem holländischen Vorschlag entstanden
    ist. Wir wollen die sogenannten Push- und Pullfaktoren
    ins Auge fassen und darangehen, die Lebensverhältnisse
    in den Herkunftsländern der Menschen, die Beweggrün-
    de haben, ihr Heimatland zu verlassen, zu verbessern
    und das Geld lieber dort einzusetzen, als teure Sozial-
    programme in Deutschland aufzulegen. Auf der anderen
    Seite wollen wir aber auch dafür sorgen, daß die Pull-
    faktoren – das sind die Faktoren, die dazu führen, daß
    die Menschen nach Deutschland oder in andere Länder
    kommen – verändert werden. Selbstverständlich schließt
    das, Herr Kollege Kanther, die Grenzsicherung und die
    Verhinderung illegaler Zuwanderung ein.

    Weil Herr Rüttgers und leider auch Herr Kanther – in
    diesem Punkt sind Sie nicht ganz auf dem laufenden –
    Eurodac angesprochen haben, möchte ich sagen: Es ist
    eine große Leistung der deutschen Präsidentschaft und
    der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministe-
    riums, das früher Sie geleitet haben und heute ich leite,
    daß Eurodac abgeschlossen werden konnte. Es geht jetzt
    nur noch um die Frage der rechtlichen Umsetzung – es
    gehört in die erste Säule –, die wir während unserer Prä-
    sidentschaft nicht mehr erreichen konnten. Sie ist aber
    bereits konsentiert; das war eine schwierige Aufgabe,
    aber wir haben sie erfolgreich abgeschlossen.

    Der vorübergehende Schutz für Flüchtlinge ist ent-
    sprechend der Auffassung der Bundesregierung auch
    nach den Dokumenten von Tampere weiterhin an den
    Grundsatz der Solidarität der Mitgliedstaaten gekop-
    pelt. Das ist die berühmte Frage des Solidarausgleichs.
    Das ist eine schwierige Frage. Herr Kanther war so fair,
    zu sagen, daß es auch der alten Bundesregierung nicht
    gelungen ist, dort zu Vereinbarungen zu kommen. Es ist
    deshalb eine so schwierige Frage – da soll man sich
    nichts vormachen –, weil jedes Land in seiner spezifi-
    schen geographischen Situation mit spezifischen Pro-
    blemen zu kämpfen hat.

    Spanien denkt über solche Probleme natürlich ganz
    anders nach als Deutschland. Deutschland hat seine Pro-
    bleme; Sie kennen die Hauptherkunftsländer der Men-
    schen, die nach Deutschland kommen. Spanien hat mit
    illegaler Zuwanderung aus den nordafrikanischen Staa-
    ten zu kämpfen. Für Frankreich gilt das gleiche, und Ita-
    lien ist der Zuwanderung aus dem Balkan und aus Nord-
    afrika ausgesetzt.

    Meine Damen und Herren, wir kommen in Europa
    nicht weiter, wenn wir nicht Verständnis für die Proble-
    me der anderen entwickeln, sondern immer nur Nabel-
    schau betreiben und unsere eigenen Schwierigkeiten
    hervorheben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Dazu gehört auch, Herr Rüttgers, daß wir uns das Ver-
    hältnis zwischen der Zahl der Zuwanderungen von
    Flüchtlingen und der Zahl der Bevölkerung ansehen. Da

    Bundesminister Otto Schily






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    werden Sie ganz merkwürdige Entdeckungen machen.
    Es ist nämlich nicht ganz so, wie Sie es geschildert ha-
    ben; vielmehr sind auch in anderen Staaten Probleme
    vorhanden.

    Ich kann im Rahmen meines kurzen Beitrags nicht
    auf alle Einzelheiten eingehen. Ich wollte nur einige
    Stichworte zum Bereich der Migrations-, Flüchtlings-
    und Asylpolitik nennen. Das ist sicher eine Aufgabe, die
    vor uns steht. Die Kommission hat dabei eine besondere
    Rolle zu spielen.

    Ich will jetzt einige Sätze zu der mir sehr wichtigen
    Frage sagen, die die Kriminalitätsbekämpfung betrifft.
    Hier ist Tampere ein großer Erfolg und ein Schritt nach
    vorn gewesen; denn in einem Raum, der den Bürgerin-
    nen und Bürgern mehr Freizügigkeit erlaubt, in dem die
    Grenzen ihre Bedeutung verloren haben, hat die Be-
    kämpfung von Kriminalität einen anderen Rahmen und
    einen anderen Ansatz als zuvor. Es war immer die Idee
    von Schengen – sie war richtig –, daß wir in der Frage
    der Kriminalitätsbekämpfung eine Kompensation brau-
    chen. Deshalb ist das, was auf diesem Gebiet geschieht
    und geschehen wird, von großer Bedeutung.

    Ich glaube, auch hier ist von Herrn Rüttgers völlig
    übersehen worden, was wir an diesem Punkt während
    der deutschen Präsidentschaft erreicht haben. Es ist uns
    nämlich nach schwierigen Vorarbeiten gelungen, daß
    Europol seine Arbeit am 1. Juli aufnehmen konnte. Ich
    habe keinen Anlaß zu zögern, Herrn Kanther für die
    Vorarbeiten, die von der alten Bundesregierung zu die-
    sem Thema geleistet worden sind, meinen Dank zu sa-
    gen. Das gebietet die Fairneß. Aber Sie sollten umge-
    kehrt die Fairneß aufbringen zu sagen, daß es ein Erfolg
    der deutschen Präsidentschaft ist, daß Europol seine Ar-
    beit aufnehmen konnte.


    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Kanther, dazu muß ich eines bemerken:

    Die Finanzierungsgrundlagen haben wir zustande ge-
    bracht. Die haben Sie leider nicht erreicht. Das tadle ich
    nicht; verstehen Sie mich nicht falsch. Aber daß eine Fi-
    nanzierung gesichert ist, ist uns gelungen.

    Frau Jelpke, Sie haben gesagt, es gebe einen Infor-
    mationsaustausch nur über illegale Zuwanderung. Eine
    illegale Zuwanderung ist übrigens sehr stark mit Krimi-
    nalität vermischt. Das wissen vielleicht auch Sie.
    Schleuserbanden sind Schwerkriminelle; damit das klar
    ist. Aber es gibt natürlich auf europäischer Ebene längst
    einen Informationsaustausch im Rahmen der Kriminali-
    tätsbekämpfung. Dazu gehört auch Europol.

    Wichtig ist, daß wir uns in Tampere mit dem Vor-
    schlag durchsetzen konnten, eine europäische Polizei-
    akademie zu errichten. Man sollte die Bedeutung dieses
    Vorhabens nicht unterschätzen. Denn es kommt sehr
    wesentlich darauf an, daß die europäische Polizei ge-
    meinsam ausgebildet wird. Wir haben bei der Bekämp-
    fung der Geldwäsche Fortschritte erreicht. Wir haben er-
    reicht – das ist sehr zu begrüßen –, daß es in Zukunft ei-
    ne operative Task Force der europäischen Polizeichefs
    geben wird. Es gibt eine Vielzahl von anderen Details,
    die wir nicht geringschätzen sollten.

    Sie fahren mit Ihrer Kritik dann am besten, wenn Sie
    konstruktive Vorschläge machen. Solche Vorschläge
    sind immer willkommen. Aber Sie sollten das in einer
    gemeinsamen Anstrengung erreichte Ergebnis dieses
    Gipfels – dies war ein Gipfel, der sich zum erstenmal
    nur der Innen- und Justizpolitik auf europäischer Ebene
    gewidmet hat – wahrlich nicht geringschätzen, sondern
    es in seiner Bedeutung anerkennen. Wenn Sie noch an
    der Regierung wären, würden Sie heute ganz anders von
    diesem Pult aus sprechen, als Sie es heute getan haben.
    Aber daß Sie jetzt so darüber sprechen, liegt daran, daß
    Sie von der Regierung in die Opposition gewechselt
    sind.

    Lassen Sie mich zum Schluß sagen: Ich bin ein
    Mensch, der Superlative normalerweise scheut. Aber die
    Europäische Union ist für mich – das ist mein voller
    Ernst – die größte Erfolgsgeschichte des ausgehenden
    Jahrhunderts.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Deshalb haben wir Grund, dankbar zu sein, daß Europa
    zu einem Raum der Freiheit, des Rechts und der Sicher-
    heit geworden ist. Die deutsche Bundesregierung fühlt
    sich der Verantwortung verpflichtet, diesen Raum der
    Freiheit, des Rechts und der Sicherheit zu erhalten und
    auszubauen.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es spricht jetzt der
Kollege Peter Altmaier, CDU/CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Altmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Mei-
    ne Damen und Herren! Herr Bundesinnenminister
    Schily, niemand hat heute bestritten, daß in Tampere ge-
    rade auch im Bereich der Rechtspolitik eine ganze Reihe
    von positiven Dingen erreicht worden ist. Sie können
    aber mit noch so viel wortreichen Erklärungen nicht
    darüber hinwegtäuschen, daß in dem entscheidenden Be-
    reich der Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen, wo
    Sie seit vielen Monaten gebetsmühlenartig die Forde-
    rung nach einer Quotenregelung nach Lastenteilung und
    „burden sharing“ vor sich hertragen, kein einziger wirk-
    licher Fortschritt erreicht worden ist. Der einzige dies-
    bezügliche Satz in den Schlußfolgerungen, nämlich der,
    daß über irgendeine Form von Finanzreserve nachge-
    dacht werden soll, birgt das Risiko, daß möglicherweise
    ein Fonds eingerichtet wird, in den im wesentlichen
    Deutschland einzahlt und der zum allergrößten Teil in
    anderen Ländern ausgezahlt wird. Sie haben in diesem
    Bereich keine Erfolge nach Hause gebracht, und Sie
    sollten wenigstens den Mut haben, dies vor diesem Ho-
    hen Hause auch zuzugeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, daß der Gipfel von Tam-

    pere überhaupt möglich war und daß wir heute wie
    selbstverständlich über eine europäische Innen- und

    Bundesminister Otto Schily






    (A) (C)



    (B) (D)


    Rechtspolitik diskutieren, das hat einen ganz entschei-
    denden Grund: Das hängt mit einer Entscheidung zu-
    sammen, die vor 15 Jahren von Francois Mitterrand und
    von Helmut Kohl herbeigeführt worden ist, nämlich mit
    der Entscheidung, die europäischen Grenzen zu öffnen
    und die Grenzkontrollen abzuschaffen. Gerade als Ab-
    geordneter aus einer Grenzregion, aus dem Saarland,
    kann ich beurteilen, wie wichtig es für die europäische
    Identität der Menschen ist, daß in einem Zeitraum von
    15 Jahren Grenzkontrollen, Stacheldraht und Schlag-
    bäume völlig verschwunden sind. Dieser Prozeß, der
    Schengen-Prozeß, war der Ausgangspunkt dafür, daß
    wir heute überhaupt darüber sprechen, wie wir auf euro-
    päischer Ebene grenzüberschreitende Banden- und Dro-
    genkriminalität, Schleuserkriminalität und vieles andere
    wirksam bekämpfen können.

    Der Beschluß zur Abschaffung der Grenzkontrollen
    war historisch genauso wichtig wie die Beschlüsse über
    die Einführung des Euro oder des Binnenmarktes.


    (Beifall des Abg. Peter Hintze [CDU/CSU])

    Natürlich hat nicht die Abschaffung der Grenzkontrollen
    dazu geführt, daß Europa unsicherer geworden ist. Das
    hat seine Ursache in der Internationalisierung der Kri-
    minalität durch technischen Fortschritt und Globalisie-
    rung. Aber der Wegfall der Grenzkontrollen hat uns ge-
    zwungen, darüber nachzudenken, wie wir die Sicherheit
    der Bürger in der Europäischen Union effektiv ge-
    währleisten können.

    Es geht nicht nur um die Sicherheit vor Kriminalität.
    Es gehört zu den entscheidenden Errungenschaften des
    modernen Rechtsstaats, daß die Bürger nicht nur be-
    stimmte Rechte haben, sondern diese auch geltend ma-
    chen und einklagen können, und zwar in einem ange-
    messenen Zeitraum. Genau dies ist im europäischen
    Binnenmarkt eben nicht mehr gewährleistet. Wir können
    keinem Bürger in Europa verständlich machen, warum
    ein Prozeß mit Beteiligten aus Maastricht und Aachen,
    wo die Entfernung ganze 30 Kilometer beträgt, zwei-
    bis dreimal so lange dauert wie ein Prozeß mit Beteilig-
    ten aus Hamburg und München, wo die Entfernung
    800 Kilometer beträgt.