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    Plenarprotokoll 14/63 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 I n h a l t : Gedenkworte für die Opfer des Terroran- schlages auf das Parlament von Armenien....... 5569 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 5569 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 10, 15 und 16 .............................................................. 5569 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Gabriele Iwersen ............................................ 5570 A Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den Ergebnissen der Son- dertagung des Europäischen Rates in Tampere am 15./16. Oktober 1999 Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 5570 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU........................ 5573 B Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD .......................... 5576 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 5578 C Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5579 D Ulla Jelpke PDS............................................... 5581 C Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ ................................................................. 5583 A Manfred Kanther CDU/CSU............................ 5585 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5587 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 5588 D Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 5590 A Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5592 D Otto Schily SPD........................................... 5593 B Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 C Otto Schily SPD........................................... 5593 D Peter Altmaier CDU/CSU................................ 5593 D Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5595 B Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5596 C Otto Schily SPD........................................... 5597 D Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 A Otto Schily SPD........................................... 5598 C Michael Stübgen CDU/CSU............................ 5598 D Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Für eine umfassende multilaterale Ver- handlungsrunde über eine weitere Li- beralisierung im Welthandel (Drucksache 14/1664) ................................ 5599 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Ursula Lötzer, Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Zukunftsfähiger Handel und umfassen- de Reform der WTO (Drucksache 14/1834) ................................ 5599 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Verbesserung der Kohärenz von EU- Agrarpolitik und Entwicklungspolitik II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 im Rahmen der WTO-II-Verhandlun- gen (Drucksache 14/1860) ................................ 5599 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Dr. Sigrid Skar- pelis-Sperk, Dr. Norbert Wieczorek, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Dr. Uschi Eid, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Transparenz, offene Märkte, Fairness und nachhaltige Entwicklung: Für eine umfassende Weiterentwicklung des Welthandelssystems (Drucksache 14/1861) ................................ 5599 D Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD....................... 5600 A Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU................... 5602 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5605 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5606 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN................................................... 5608 A Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5608 B Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 5608 D Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 A Hans Büttner (Ingolstadt) SPD .................... 5609 B Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 5609 B Ursula Lötzer PDS........................................... 6509 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi .... 5610 D Erich G. Fritz CDU/CSU................................. 5612 D Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5614 C Ulrich Heinrich F.D.P...................................... 5615 D Rolf Hempelmann SPD ................................... 5616 D Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD................... 5618 C Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5618 D Reinhold Hemker SPD..................................... 5619 D Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfah- ren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 18. Mai 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Bezie- hungen (Drucksache 14/1841) ................................ 5621 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Betäu- bungsmittelgesetzes (Drucksache 14/1830) ................................ 5621 B c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuordnung der Statistiken der Schiffahrt und des Güterverkehrs (Drucksache 14/1829) ................................ 5621 B d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu der Vereinbarung vom 19. Mai 1998 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung des Fürstentums Liechtenstein über das Verwaltungsverfahren bei der Anmeldung neuer Stoffe (Drucksache 14/1710) ................................ 5621 B e) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski und der Frak- tion PDS Bau- und Betriebsordnung für Regio- nale Eisenbahnstrecken (Drucksache 14/998) .................................. 5621 C f) Antrag der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Christian Schmidt (Fürth) und der Fraktion CDU/CSU Versöhnung durch Ächtung von Ver- treibung (Drucksache 14/1311) ................................ 5621 C g) Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Hans-Günter Bruckmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN Verbot des Mitführens von Radar- und Laserwarngeräten in Kraftfahrzeugen (Drucksache 14/1351) ................................ 5621 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur Erhöhung der Nutzungsentgelte (Drucksache 14/1718) ................................ 5621 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 III i) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung Bericht über die Wirkungen der Nut- zungsentgeltverordnung sowie zu not- wendigen Änderungen (Drucksache 14/1479) ................................ 5621 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Düngemittelgesetzes (Drucksache 14/1857) ................................ 5622 A b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Weiterentwicklung der deutsch-tsche- chischen Beziehungen (Drucksache 14/1873) ................................ 5622 A Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/440/ EWG zur Entwicklung der Eisenbahn- unternehmen der Gemeinschaft Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zitäten, die Erhebung von Wegeentgel- ten im Eisenbahnverkehr und die Si- cherheitsbescheinigung Arbeitsunterlage der Kommission Erläuterungen zu den einzelnen Arti- keln des Vorschlags für eine Richtlinie über die Zuweisung von Fahrwegkapa- zität, die Erhebung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Sicher- heitsbescheinigung (Drucksachen 14/74, Nr. 2.102, 14/1332 (neu)).......................................................... 5622 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates Festlegung der Modalitäten und Bedin- gungen für die Strukturmaßnahmen im Fischereisektor (Drucksachen 14/488 Nr. 2.3, 14/1570)..... 5622 C c) – f) Beschlußempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 84, 85, 86, 87 zu Petitionen (Drucksachen 14/1722, 14/1723, 14/1724, 14/1725) ..................................................... 5622 D Weitere Beratungen mit Aussprache Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Petitionsausschusses Bitten und Beschwerden an den Deut- schen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1998 (Drucksache 14/1390) ................................ 5623 A Christel Deichmann SPD................................. 5623 B Hubert Deittert CDU/CSU............................... 5625 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 5626 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 5628 B Heidemarie Lüth PDS...................................... 5630 B Marlene Rupprecht SPD.................................. 5632 A Katherina Reiche CDU/CSU ........................... 5633 D Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5635 A Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5636 B Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin BMG... 5637 D Aribert Wolf CDU/CSU .................................. 5638 B Heidemarie Wright SPD.................................. 5638 D Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5640 C Heidemarie Lüth PDS...................................... 5642 A Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . 5642 C Dieter Dzewas SPD ......................................... 5642 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu For- derungen, das Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit zu streichen Iris Gleicke SPD .............................................. 5644 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 5645 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5646 D Dirk Niebel F.D.P. ........................................... 5648 B Sabine Jünger PDS........................................... 5649 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 5650 C Klaus Hofbauer CDU/CSU.............................. 5652 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5653 D Andrea Nahles SPD ......................................... 5654 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 5656 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5657 C Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU....................... 5659 B Engelbert Wistuba SPD ................................... 5660 C Hans Forster SPD............................................. 5662 B Heinz Schmitt (Berg) SPD............................... 5663 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Fortentwicklung der Altersteil- zeit (Drucksache 14/1831) ................................ 5664 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 5664 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 5665 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5667 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5669 A Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU ..................... 5670 C Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 5670 D Monika Balt PDS............................................. 5671 B Renate Rennebach SPD ................................... 5672 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 5673 B Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, Dr. Jürgen Rüttgers, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu- nigung von Strafverfahren (Strafver- fahrensbeschleunigungsgesetz) (Drucksache 14/1714) ................................ 5675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 5675 C Hermann Bachmaier SPD................................ 5677 A Jörg van Essen F.D.P. ...................................... 5678 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5679 C Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 5680 C Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der F.D.P. Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Drucksache 14/1335) ................................ 5681 A Dirk Niebel F.D.P............................................ 5681 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5682 C Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5683 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5683 B Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 5684 B Olaf Scholz SPD.............................................. 5684 B Heinz Schemken CDU/CSU............................ 5685 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5686 A Tagesordnungspunkt 9: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Günter Baumann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Verkehrswegeplanungsbe- schleunigungsgesetzes (Drucksache 14/544) .................................. 5687 A – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Verkehrs- wegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1517) ................................ 5687 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper, Dr. Karl- heinz Guttmacher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungs- beschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/1540) ................................ 5687 B Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen (Drucksache 14/1876)...................................... 5687 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU .......................... 5687 C Wieland Sorge SPD......................................... 5689 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. .................... 5691 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5691 C Dr. Winfried Wolf PDS ................................... 5692 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5693 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 V Tagesordnungspunkt 11: a) Beschlußempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Besteuerung von Luxusgegenständen (Drucksachen 14/27, 14/1613) ................... 5694 B b) Beschlußempfehlung und Berichts des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Wiedererhebung der Vermögensteuer (Drucksachen 14/11, 14/1614) ................... 5694 B Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 5694 C Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5695 C Dr. Gregor Gysi PDS ................................... 5696 A Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5696 A Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 5697 D Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 5698 A Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 5698 B Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 A Dr. Barbara Höll PDS .................................. 5700 D Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 5700 D Gisela Frick F.D.P. .......................................... 5701 B Namentliche Abstimmung (Ergebnis siehe 64. Sitzung) ............................ 5702 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Drucksache 14/1856) ................................ 5702 C Nächste Sitzung ............................................... 5702 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5703 A Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen 33 und 34 (Drucksa- che 14/1836) .................................................... 5703 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeitserlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke PDS .............................................. 5704 C Anlage 4 Zu Protokoll abgegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung der Verord- nung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobe- nen Daten und zur Änderung des Rindfleisch- etikettierungsgesetzes (Zusatztagesordnungs- punkt 7) Jella Teuchner SPD ......................................... 5705 A Franz Obermeier CDU/CSU ........................... 5706 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 5706 D Kersten Naumann PDS .................................... 5707 B Karsten Schönfeld SPD ................................... 5707 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5569 (A) (C) (B) (D) 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 4 Gisela Frick Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5703 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 28.10.99 * Altmaier, Peter CDU/CSU 28.10.99 Austermann, Dietrich CDU/CSU 28.10.99 Balt, Monika PDS 28.10.99 Behrendt, Wolfgang SPD 28.10.99 * Bleser, Peter CDU/CSU 28.10.99 Böttcher, Maritta PDS 28.10.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 28.10.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28.10.99 * Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Enders, Peter SPD 28.10.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 28.10.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 28.10.99 Gebhardt, Fred PDS 28.10.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 28.10.99 Herzog, Gustav SPD 28.10.99 Homburger, Birgit F.D.P. 28.10.99 Hovermann, Eike SPD 28.10.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 28.10.99 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 28.10.99 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 28.10.99 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 28.10.99 Kumpf, Ute SPD 28.10.99 Kutzmutz, Rolf PDS 28.10.99 Leidinger, Robert SPD 28.10.99 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 28.10.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 28.10.99 * Nolting, Günther F.D.P. 28.10.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 28.10.99 Prof. Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 28.10.99 Roos, Gudrun SPD 28.10.99 Rühe, Volker CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 28.10.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.10.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Schily, Otto SPD 28.10.99 Schloten, Dieter SPD 28.10.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 28.10.99 Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 28.10.99 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 28.10.99 Schwanhold, Ernst SPD 28.10.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 28.10.99 Tauss, Jörg SPD 28.10.99 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 28.10.99 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 28.10.99 Wieczorek (Böhlen), Jürgen SPD 28.10.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 28.10.99 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.99 Zierer, Benno CDU/CSU 28.10.99 * ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) (Drucksache 14/1836 Fragen 33 und 34): Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, körperlichPflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pflegeversi-cherung zu erschweren, um die erwünschte Hilfe für Demenz-kranke gegenzufinanzieren, und wenn ja, wie soll das gesche-hen? Wie haben sich die Leistungen der Pflegeversicherung imVergleich zu den Leistungen der Beihilfe bei vergleichbarenPflegefällen entwickelt, zum einen bei der ambulanten Pflege,zum anderen bei der stationären Hilfe? Zu Frage 33: Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, körperlich Pflegebedürftigen den Zugang zu Leistungen der Pfle- geversicherung zu erschweren. Jedoch sind der Bundes- regierung Pressemitteilungen bekannt, wonach eine Verbesserung der Hilfe für Demenzkranke durch einen erschwerten Zugang zu Leistungen der Pflegeversiche- rung für rein körperlich Pflegebedürftige erreicht wer- den solle. 5704 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Die Sozialdemokratische Partei Deutschland und Bündnis 90/Die Grünen haben in der Koalitionsverein- barung vom 20. Oktober 1998 vereinbart zu prüfen, wie die Betreuung vor allem Demenzkranker bei der Fest- stellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden kann. In diesem Zusammenhang wurden im Bundesmi- nisterium für Gesundheit Gespräche mit verschiedenen Beteiligten geführt. Dabei kam auch der in der Presse zitierte Vorschlag zur Sprache. Diesen hat sich das Bun- desministerium für Gesundheit jedoch nicht zu eigen gemacht. In der Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Ziel gesetzt, die Qualität der Pflege und Betreuung zu erhalten und angesichts be- grenzter Finanzspielräume weiter zu verbessern. Dazu sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. So soll geprüft werden, wie die Menschen mit einem höhe- ren Beaufsichtigungs- und Betreuungsumfang bei der Festlegung der Pflegebedürftigkeit besser als bisher be- rücksichtigt werden können. Damit nimmt die Bundes- regierung die immer wieder geäußerte Kritik ernst, daß die Pflegeversicherung den Belangen psychisch kranker und altersverwirrter Menschen nicht hinreichend Rech- nung trage. Wegen der möglichen finanziellen Auswirkungen der Einbeziehung eines höheren Beaufsichtigungs- und Be- treuungsumfangs Demenzkranker in der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist die Prüfung noch nicht abge- schlossen. Zu Frage 34: Die Leistungen der Pflegeversicherung sind – ausge- nommen die Leistungen für Tages- und Nachtpflege – seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung nicht erhöht worden. Dies gilt auch für die Beihilfeleistungen bei Pflegebedürftigkeit. Im Rahmen der ambulanten Pflege unterscheiden sich die Sachleistungen der sozialen Pflegeversicherung von der Beihilfe dadurch, daß Sach- leistungen je nach Pflegestufe bis zu festgelegten Leistungsbeträgen in Anspruch genommen werden kön- nen, während in der Beihilfe eine bestimmte Zahl von Einsätzen – bezogen auf die Pflegestufe 30, 60 oder 90 Pflegesätze – festgelegt ist. Dies kann dazu führen, daß aufgrund von Preissteigerungen bei den Einsätzen ambulanter Pflegedienste Pflegebedürftige, die in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, wenige Einsätze einkaufen können, während in der Beihilfe trotz Preissteigerungen die Zahl der Einsätze konstant bleibt. Zur Preisentwicklung bei den ambulanten Pflegedien- sten läßt sich keine allgemeine Aussage treffen. Sie dif- feriert zwischen den Bundesländern und darüber hinaus innerhalb der Bundesländer regional und zwischen den Pflegediensten. Die künftige Ausgestaltung des Beihilferechts wird, wie schon bei den bisherigen Änderungen des SGB XI jeweils zeitnah und in möglichst enger Anlehnung an die Vorgaben der Pflegeversicherung erfolgen. Das ist in- zwischen bewährte Praxis. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag über die Abschaffung der Arbeits- erlaubnispflicht (Tagesordnungspunkt 8) Ulla Jelpke (PDS): Die Fraktion der PDS wird den vorliegenden Antrag der F.D.P. unterstützen. Die Ab- schaffung des rassistischen sog. Inländerprivilegs bei der Arbeitsaufnahme und Arbeitsvermittlung ist seit langem eine Forderung der PDS. Deshalb gehen wir selbstver- ständlich mit, wenn dieses Anliegen nun auch von der F.D.P. übernommen wird. Wir unterstützen auch, daß die F.D.P. damit das noch zu ihren Regierungszeiten erlassene Arbeitsverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber wieder abschaf- fen will. Selbstkritik ist immer etwas gutes. Wie ich hö- re, prüft die Regierung auch gerade, ob sie dieses Verbot nicht wieder aufhebt. Vielleicht gelingt es uns ja, die Prüfung durch die Regierung zu beschleunigen und zu einem guten Ende zu führen. Die Millionen Migrantinnen und Migranten aus den EU-Ländern und den sog. „Drittstaaten“ werden uns eine solche überfällige Gleichstellung sicher danken. Im übrigen erfüllt eine solche Änderung auch eine der Maßgaben von Tampere, über die wir heute vormittag gesprochen haben, nämlich den Auftrag, bei dem Recht auf Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Arbeitsaufnahme, die sog. „Drittstaatenangehörigen“ gleichzustellen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern. Ein bißchen Wasser muß ich ihnen von der F.D.P. aber doch in den Wein gießen. Alle Beamtenstellen im öffent- lichen Dienst, an Schulen, in der Sozialarbeit, bei Polizei, Bundesgrenzschutz, Finanzämtern und dergleichen, sowie alle Berufe, bei denen eine Approbation erforderlich ist, Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte, sogar Psychotherapeuten bleiben auch nach der hier geforderten Änderung weiter „deutschen Staatsbürgern“ vorbehalten. Eine wirklich freie Berufswahl, ein wirklich „freier Zugang zum Arbeitsmarkt“, wie es in der Begründung heißt, soll also trotz des sonst begrüßenswerten Antrags auch in Zukunft nur echten, kernigen Deutschen vorbe- halten sein. Noch ärgerlicher finde ich, das will ich hier auch sa- gen, einige Passagen in der Begründung ihres Antrags. Wenn sie schreiben, Arbeitgeber könnten Arbeits- plätze nicht besetzen, weil angeblich inländische Arbeits- kräfte „zu wenig motiviert“ seien, weil die Arbeit zu ge- ringe intellektuelle Ansprüche erfüllt, zu hohe körperli- che Belastungen mit sich bringt, so ist das ein starkes Stück. Erstens haben wir in diesem Land 4 Millionen offi- zielle Arbeitslose, denen es aufgrund der von ihnen in vielen Jahren beschlossenen Sozialkürzungen oft so schlecht geht, daß sie schon lange von Sozialhilfe leben, während die von ihnen so mitfühlend geschilderten Ar- beitgeber an der Börse eine Schampusparty nach der nächsten feiern. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5705 (A) (C) (B) (D) Zweitens erwecken sie den Eindruck, als seien Mi- grantinnen und Migranten besonders geeignet, wenn es um schwere und intellektuell einfache Arbeit geht. Ich finde das Rassismus pur. Arbeit ist ein Menschenrecht – für alle Menschen. Freie Berufswahl ist ein Menschenrecht – für alle Men- schen. Warum können sie es nicht einfach dabei be- lassen, statt das rassistische Klagelied von den armen Arbeitgebern, vom faulen deutschen Arbeitslosen und vom dummen, aber starken Ausländer anzustimmen? Noch einmal: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, trotz der Begründung, die sie damit verbinden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes über die Verarbei- tung und Nutzung der zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erho- benen Daten und zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Zusatztagesord- nungspunkt 7) Jella Teuchner (SPD): Wir sind dabei, eine Daten- bank einzurichten, die es ermöglicht, ein Rind eindeutig zu identifizieren und seine Herkunft, seine Aufent- haltsorte und seine bisherigen Halter zurückzuverfolgen. Die Daten sollen zur Bekämpfung von Tierseuchen, zur Abwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfere- gelungen und für die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen verwendet werden. Die rechtlichen Grundlagen für die Datenerhebung liegen mittlerweile vor. Seit dem 26. 9. 1999 müssen Rinderhalter Angaben zum Bestand und zu Veränderun- gen in ihrem Bestand melden. Der vorliegende Gesetz- entwurf regelt nun die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten. Er regelt den Zugriff der zuständigen Behörden insbesondere auf die Daten, die nicht in ihrem Zu- ständigkeitsbereich erhoben worden sind. Er regelt die Auskunftsrechte der einzelnen Tierhalter, die auch auf Daten ausgeweitet werden, die er nicht selbst gemeldet hat, an denen er jedoch ein berechtigtes Interesse hat. Er paßt das Rindfleischetikettierungsgesetz an die Vor- schriften der Rinder- und Schafprämien-Verordnung an und trägt insoweit den Erfordernissen Rechnung, diese Daten zu Etikettierungszwecken verwenden zu können. Primär dient diese Datenbank der Tierseuchenbe- kämpfung und der Herkunftssicherung. Die Datenbank erlaubt es, bei Ausbruch einer Rinderseuche eventuelle Kontaktbetriebe rasch ausfindig zu machen und die ent- sprechenden Maßnahmen unverzüglich ergreifen zu können. Spätestens seit der BSE-Krise wurde deutlich, daß Herkunftsbezeichnungen von Rindern und damit für die von ihnen stammenden Erzeugnisse ein ganz ent- scheidendes Kriterium ist, das Vertrauen der Ver- braucherinnen und Verbraucher zu gewinnen. Mit dem Gesetzentwurf wird die Rückverfolgbarkeit national ab nächstem Jahr sichergestellt. Nutznießer dieser Her- kunftssicherung sind alle Marktteilnehmer, vom Land- wirt bis zum Verbraucher. Die Bekämpfung von Tier- seuchen wird erleichtert, die Sicherheit für Verbrauche- rinnen und Verbraucher erhöht und damit die Vermark- tung von Rindfleisch unterstützt. Wir haben mit dieser Datenbank verschiedene Bau- steine. Die Auszahlung von Prämien und deren Kon- trolle wird erleichtert, mit dem gesicherten Herkunfts- nachweis leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Be- kämpfung von Tierseuchen, und den Verbraucherinnen und Verbrauchern geben wir eindeutige Informationen über das von ihnen gekaufte Fleisch. Mit diesem Ge- setzentwurf setzen wir die Bausteine zusammen und machen die Daten nutzbar. Ein Verzicht auf die Ver- wendung der Daten würde die Prämienzahlung und de- ren Kontrolle erschweren. Die Tierseuchenbekämpfung und den Verbraucherschutz würde er empfindlich tref- fen. Wir schaffen die Grundlage für die Sicherheit und für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Qualität des gekauften Fleisches. Darauf aufbauend brauchen wir allerdings ein wirksames und möglichst einheitliches Etikettierungssystem, das die Verbraucher objektiv informiert und den Landwirten und Verarbei- tern die Chance bietet, ihre Kunden von der Qualität ih- rer Produkte zu überzeugen. Mit den vorgesehenen Aus- kunftspflichten und Erhebungsmöglichkeiten könnte zwar das „gläserne Rind“ für die Produzenten und für die Behörden Wirklichkeit werden, darüber hinaus ha- ben aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch darauf, zu erfahren, von welchem Rind das Fleisch stammt, um entscheiden zu können, was sie essen wollen. Der Erfolg der bei uns praktizierten freiwilligen Eti- kettierung macht deutlich, daß eine transparente Kenn- zeichnung von Rindfleisch von den Verbraucherinnen und den Verbrauchern gewünscht und honoriert wird. Wir haben uns bisher dafür eingesetzt und werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen. Auf nationaler Ebene bedeutet dies, daß wir an der freiwilligen Etikettierung festhalten. Regionale Herkunftsbezeichnungen liegen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und werden von diesen auch gewünscht. Auf europäischer Ebene bedeutet dies, daß wir uns dafür stark machen, daß eine obligatorische Kennzeichnung für Rindfleisch nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Eine zögerliche Umsetzung von EU-Recht durch ein- zelne Mitgliedstaaten darf nicht dazu führen, daß der Herkunftsnachweis für Rinder nicht mehr geführt wer- den kann. Eine EU-weite, obligatorische Herkunfts- kennzeichnung darf nicht verhindert und damit das Ver- trauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Rind- fleischprodukte verspielt werden. Die Herkunftsbe- zeichnung „EU“ ist dazu nicht ausreichend. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf regelt zwar le- diglich die Verwendung von Daten, die bereits erhoben wurden. Ich denke, daß wir damit aber ein wichtiges verbraucherpolitisches Projekt auf den Weg bringen. Wir sind damit noch nicht am Ziel, ohne dieses Gesetz können wir es jedoch nicht erreichen. 5706 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) Franz Obermeier, (CDU/CSU): Es ist richtig, daß die jetzige Bundesregierung den von Bundeslandwirt- schaftsminister Borchert eingeschlagenen Weg zu mehr Verbraucherschutz fortführt. Dies gilt insbesondere nach dem BSE-Rinderskandal für den Fleischbereich. Und leider gibt es schon wieder aktuelle Meldungen, wonach es in Großbritannien erkrankte Rinder gibt. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, daß der Sonntagsbraten rundherum zum Genuß wird – dafür sind die Köche verantwortlich – und der Ge- sundheit nicht schadet – dafür sind die Landwirte und wir, die Politiker, verantwortlich –. Deshalb muß der Weg jedes frischen, gekühlten oder gefrorenen Stückes Fleisch vom Ursprung bis zur Ladentheke lückenlos zu- rückverfolgt werden können. Diesem Ziel dient bereits das erste Rindfleischetikettierungsgesetz, das auf eine Initiative von Minister Borchert zurückgeht und erstmals eine EU-weite Rindfleischetikettierung zur Folge hatte. In Deutschland ist ein dem Rinderpaß vergleichbares Begleitpapier übrigens bereits seit Oktober 1995 vorge- schrieben. Folgerichtig sieht der vorliegende Gesetzentwurf jetzt vor, daß Deutschland – wie alle EU-Länder – eine zen- trale elektronische Datenbank einrichtet, die zur kom- menden Jahrtausendwende voll betriebsfähig sein muß. Als bayerischer Abgeordneter freut mich natürlich ganz besonders daß dieser HIT – in diesem Falle (Herkunfts- sicherungs- und Informationssystem für Tiere) – bei uns in München im bayerischen Landwirtschaftsministerium ansässig ist. Schon deshalb hege ich keinerlei Zweifel und es wurde mir auch so bestätigt, daß diese Vorgabe von deutscher Seite bis zum Jahresende voll und ganz erfüllt wird. Es mag Landwirte geben, die in der Meldepflicht nur einen weiteren Mühlstein um ihren Hals erkennen. In Versammlungen ist das Stichwort Bürokratie stets ein Anlaß für mittleren bis schweren Aufruhr – auch in länd- licher Umgebung. Es bleibe, so die Klagen, bald nichts mehr übrig als sich den Computer in den Stall zu stellen. Ich erwidere: So ist der Lauf der Zeit. Der Landwirt von heute ist nicht mehr der Bauer von gestern. Angesichts von etwa 15 Millionen Rindern in Deutschland kann die vollständige und lückenlose Erfassung auf Dauer nur mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens erreicht werden. Ich denke, es ist auch eine Chance für den einzelnen, sich der Technik von heute nicht verschließen zu können und einfach mit zu müssen. Ein Aspekt ist mir besonders wichtig: Es geht hier nicht um überzogenen Verbraucherschutz. Es geht um die Gesundheit. Aber es geht auch um die Zukunft der Landwirte. Was war geschehen, als in England Rinder plötzlich BSE-verseucht waren? In Deutschland ging der Fleischabsatz dramatisch zurück. Leidtragende waren die deutschen Erzeuger, die deutschen Metzger. Um den existenzbedrohenden Nachfragerückgang zu stoppen, mußte der Vertrauensverlust der Verbraucher gestoppt und – viel schwerer noch – zurückgewonnen werden. Hier spielt die Rindfleischetikettierung eine Schlüssel- rolle. Mit ihr wird ein Maximum an Transparenz und Si- cherheit beim Rindfleischkauf gewährleistet. Daß das Vertrauen der Verbraucher in das hochwertige Lebens- mittel Rindfleisch wiedergekehrt ist, zeigen die Absatz- zahlen, auch wenn sich der Rindfleischmarkt im BSE- freien Deutschland bis heute noch nicht wieder ganz er- holt hat. Also lohnt sich der Aufwand in mehrfacher Hinsicht, gerade auch für die Landwirtschaft. Mit der EU-weiten Regelung kann zukünftig der komplette Lebensweg eines Rindes auch über Länder- grenzen hinweg umfassend und schnell ermittelt werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können erken- nen und selbst bestimmen, was sie kaufen. EU-Querelen um Importverbote behindern nicht mehr die notwendige Transparenz und verhindern Kaufverweigerung. Gewünschte Nebeneffekte sind auch die Tierseu- chenbekämpfung und die Kontrolle unberechtigt bezo- gener landwirtschaftlicher Prämien. Auch dies sind Faktoren, die sowohl den Landwirten selbst als auch der Allgemeinheit zugute kommen. Denn schließlich zahlen wir alle drauf, wenn Existenzen durch Tierkrankheiten (wie beispielsweise bei der Rinderseuche) aufs Spiel ge- setzt werden oder Steuermittel in die falschen Taschen fließen. Es gibt auch hier einen unmittelbaren positiven Effekt für die Landwirte: Da eine Verbindung zu den Daten für die Prämiensysteme hergestellt werden kann, wird zu- künftig bei der Abrechnung der Schlachtprämien ein vereinfachtes Antragsverfahren genügen, eine Arbeits- und Kostenersparnis für die Betriebe. So sehr ich inhaltlich diese EU-weite Regelung be- grüße möchte ich doch auf einen Punkt hinweisen, der ebenfalls die Herkunftsbezeichnung betrifft und mir Sorge bereitet. Die Europäische Union erarbeitet derzeit Leitlinien, die unter dem Rubrum freier und gleicher Wettbewerb unsere regionalen Qualitätssiegel „Bayeri- scher Weidemastbulle aus bäuerlichem Familienbetrieb“ oder ähnliches – bedrohen. Das halte ich für falsche Gleichmacherei. Wenn schon Transparenz, dann konse- quent. Ich fasse zusammen: Unsere deutschen Landwirte produzieren hochwertiges Rindfleisch. Es gibt keine Alternative zur umfassenden verbrauchergerechten Rindfleischetikettierung und zur zentralen Datenbank. Sie dient den Verbrauchern und der Landwirtschaft. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist ein Skandal, daß die EU-Mitgliedsstaaten die Kenn- zeichnungs- und Etikettierungsvorschriften zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor BSE von 1997 nicht ausreichend umgesetzt haben – insbesondere auch im BSE-Ursprungsland Großbritannien, obwohl doch Kommissionspräsident Romano Prodi den Ver- braucherschutz zum höchsten Ziel erklärt hat. Vor allem der Tierpaß ist hier von Bedeutung. Auch in Großbritan- nien ist die Herkunft der Tiere nicht lückenlos nachzu- vollziehen. Die zuständigen EU-Kommissare halten es aber für unumgänglich, die Umsetzungsfrist für die Kennzeichnungs- und Etikettierungsrichtlinie, die eigent- lich bis zum 31. Dezember 1999 läuft, um weitere drei Jahre zu verlängern. Das Bundeslandwirtschaftsministe- rium hat diese Entwicklung nachdrücklich bedauert. In dieser Frage wird erstaunlicherweise kein Vertragsver- letzungsverfahren eingeleitet. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 5707 (A) (C) (B) (D) Dabei ist es übrigens wahrlich erstaunlich, wenn die Fleischindustrie sich gegen die Umsetzung der Etikettie- rung sträubt. Die Bezeichnung „Herkunft: EG“ oder „Herkunft: EG und Drittlandserzeugnis“ dürfte kaum besondere Anstrengungen verlangen. Eher sind die Vorlagen der EU-Kommission Anlaß, Verbesserungen und Konkretisierungen einzufordern. Gleichzeitig sollen die Exportverbote für britisches Rindfleisch wieder fallen. Dafür allerdings ist die Zeit noch nicht reif. Die Verbraucherinnen und Verbraucher – und die Bundesländer, die einer solchen Aufhebung des Importverbots zustimmen müßten – sind gegenwär- tig gegen die Einfuhr britischen Rindfleischs. Das Ver- trauen in die Produkte ist noch nicht wiederhergestellt. Kein Wunder angesichts der immer neuen Dioxinfunde und immer neuer Futtermittelskandale, die die Futter- mittel sämtlich diskreditieren. Wenn durch die EU-Kommission nicht einmal die Voraussetzungen für eine bessere Kontrolle durch die Herkunftskennzeichnung geschaffen werden, dann kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Aufhebung des Importverbots wohl kaum zugemutet werden. Die Lösung des britisch-europäischen Handelskonflikts sollte im Schulterschluß mit Frankreich und den Bun- desländern erfolgen. Die Grenzöffnung allerdings müßte abhängig gemacht werden von der Umsetzung der EU- Kennzeichnung und Etikettierungsrichtlinie. Erst dann kann der Verbraucher die Herkunft der Produkte nach- vollziehen. Was übrigens nicht geht, ist, daß Großbri- tannien die Richtlinie zur Kennzeichnungs- und Etiket- tierung nicht erfüllt und bloß Exportprodukte kenn- zeichnen will. Das ist dann wieder ein Einfallstor für Mißbrauch und Intransparenz. Ebenso hat Großbritannien seine Bereitschaft erklärt, BSE-Tests durchzuführen, wie sie die nordrhein- westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn einsetzt. Hier liegen Möglichkeiten zu Kompromissen mit Großbritannien. Mit der heutigen Erweiterung des Rindfleischetiket- tierungsgesetzes schafft Deutschland die notwendige Voraussetzung zur fristgerechten Umsetzung der EU- Richtlinie. Die Bundesregierung sollte jetzt die obligato- rische Kennzeichnung und Etikettierung zum 1. Januar 2000 national umsetzen und darauf hinwirken, daß der bisherige Vorschlag der Kommission weiter verbessert und auf andere Tierarten ausgedehnt wird. Ebenso ist die Forschung bezüglich der Optimierung der Tests EU-weit zu intensivieren. Die Fleischwirtschaft hatte drei Jahre Zeit zur Vorbe- reitung. Die Landwirtschaft hat ihre Hausaufgaben mit erheblichen Aufwendungen gemacht und die Tierpässe und Ohrmarken längst eingeführt. Mit der Verabschie- dung dieses Gesetzes werden auch die Voraussetzungen für mehr Transparanz und damit Kontrollmöglichkeiten geschaffen. Kersten Naumann (PDS): Eine Debatte zu den Pro- blemen der Rindfleischetikettierung halte ich für drin- gend notwendig, besonders wenn ich an die nicht ab- reißenden und gerade wieder heiß debattierten BSE- Meldungen und den Streit über die Aufhebung des Im- portverbots denke. Die Meldung der letzten Tage über die Absicht der EU-Kommission, die obligatorische Rindfleischetiket- tierung um drei Jahre zu verschieben, trägt zwar den un- genügenden Vorbereitungsmaßnahmen in verschiedenen EU-Ländern Rechnung. Diese Absicht ist aber nicht vereinbar mit den Interessen der Verbraucher, die Si- cherheit beim Einkauf von Rindfleisch fordern. Wir halten die Ansicht von Minister Funke für abwe- gig, trotz kostenintensiver Vorbereitungen auch in Deutschland die obligatorische Etikettierung zu ver- schieben. Auch in drei Jahren gilt sicher noch sein Ar- gument, eine lückenlose Rückverfolgung der Herkunft sei nicht vollständig gesichert. Um so dringender ist es, erstens möglichst schnell mit einem funktionsfähigen System Erfahrungen zu sammeln und zweitens die un- vermeidlichen Schwachstellen zu finden. Ein Kernproblem ist doch der ständig zunehmende Rindertourismus. Und Fakt bleibt, daß Produktionskapa- zitäten weder mit Schlachtkapazitäten noch mit dem Be- darf der Verbraucher übereinstimmen. Doch die Libera- lisierung der Agrarmärkte wird nicht nur die Disparität weiter verschärfen, sondern auch weitere Schlupflöcher für den Herkunftsnachweis schaffen. Sie wird eine wei- tere Bürokratisierung der Rinderproduktion nach sich ziehen, wenn es nicht gelingt, die Produktion und die Verarbeitung auf regionale Versorgung auszurichten. Nicht zuletzt soll der Herkunftsnachweis nicht nur dem Schutz vor BSE, Dioxin und vor hormonbehandel- tem Fleisch dienen. Die Produzenten von Rindfleisch brauchen den regionalen und nationalen Herkunfts- nachweis auch zur Werbung für die Qualität ihrer Pro- dukte. Denn immer mehr Verbraucher wollen mit ihrer gezielten Kaufentscheidung auch einen Beitrag für tier- gerechte Haltung und den Schutz der Umwelt leisten. Aus all diesen Gründen treten wir für die terminge- rechte Einführung der obligatorischen Rindfleischeti- kettierung ein. Für die Verbraucher erhöht sich damit die Ernährungssicherheit, und mit ihrem bewußten Kauf- verhalten festigt sich das Vertrauensverhältnis zu den Produzenten. Die Verschiebung des Einführungstermins würde er- stens das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel setzen. Zweitens zu unnötigen Spekulationen Anlaß geben und drittens natürlich die Glaubwürdigkeit in die Politik be- schädigen. Unter der Bedingung der planmäßigen Ein- führung der Etikettierung wird auch die termingerechte und zuverlässige Dokumentation der Daten notwendig, wie sie mit dem vorliegenden Durchführungsgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 820/97 geregelt werden soll. Und auch hier sollten wir keine Verschiebung der parlamen- tarischen Behandlung zulassen. Karsten Schönfeld (SPD): zunächst möchte ich Ih- nen, meine Damen und Herren von der Opposition, herzlich für die Gelegenheit danken, über eine der we- sentlichsten Fragen bundesdeutscher Politik debattieren zu können. Ich greife diese Gelegenheit gerne auf, weil die ganze Debatte sehr entlarvend ist für Ihr Verständnis 5708 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 1999 (A) (C) (B) (D) von Oppositionspolitik. Es geht Ihnen nicht um sachli- che Verbesserungsvorschläge; es geht Ihnen ausschließ- lich darum, angebliche Versäumnisse der Bundesregie- rung öffentlich breitzutreten. Weil sie in anderen Politik- bereichen offensichtlich nicht einmal Ansätze für unsach- liche, an den Haaren herbeigezogene Kritik sehen, muß jetzt das Rindfleischetikettierungsgesetz debattiert wer- den. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich Ihren neuen Realitätssinn loben, denn unsere Bundesre- gierung ist einfach gut und sachlich kaum zu kritisieren. Zur Sache: Seit dem 1. Januar 1998 haben unsere Landwirte die rechtliche Möglichkeit, einen vollständi- gen Herkunftsnachweis für Rindfleisch auf dem Etikett aufzuführen. Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher kann ihre bzw. seine individuelle Kaufentscheidung dar- an ausrichten, wo und unter welchen Bedingungen das Rindfleisch erzeugt worden ist. Das ist ein großer Fort- schritt für den Verbraucherschutz. Und es gibt unseren Landwirten die Möglichkeit, ihre regional erzeugten ge- sunden Nahrungsmittel auch als solche auszuzeichnen. Die Landwirte erzielen in aller Regel und zu Recht auch einen besseren Preis für die regional erzeugten Produkte, als es mit billiger und nicht ausgezeichneter Massenware möglich wäre. Wir Sozialdemokraten setzen uns gezielt für die För- derung regional erzeugter Nahrungsmittel ein und haben das auch als einen neuen Fördergrundsatz bei der Ge- meinschaftsinitiative aufgenommen. Um es deutlich zu sagen, die SPD-Bundestagsfraktion und die Bundesre- gierung – sind für eine obligatorische Etikettierung von Rindfleisch. Außerdem – daran besteht kein Zweifel – muß die Herkunftsregion auch künftig eindeutig auf den Etiketten aufgeführt werden. In dieser Frage sind wir uns mit den Verbraucherverbänden vollständig einig. Wir setzen – auch bei der Rindfleischetikettierung – auf die Marktkräfte und auf mündige Verbraucherinnen und Verbraucher. Die freiwillige Etikettierung ist eine sinn- volle Maßnahme. Schon heute kann jede Verbraucherin und jeder Verbraucher eine individuelle Kaufentschei- dung an der Ladentheke treffen. Jetzt fordert die F.D.P. eine rasche und, wie viele meinen, überstürzte Umsetzung eines Etikettierungs- zwangs. Die Begründung dafür ist dürftig, und ein Nut- zen ist weder für die Erzeuger noch für die Konsumen- ten zu erkennen. Der Deutsche Raiffeisenverband hat erst kürzlich in einer Pressemitteilung betont, daß eine Verschiebung der obligatorischen Etikettierung eine sinnvolle Maßnahme ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich erkenne Sie nicht wieder. Sie sprechen in Sonntagsreden immer gerne von Eigenverantwortung, Freiheit der Un- ternehmer, Abbau überflüssiger Bürokratie, Sie reden in aller Regel einer Globalisierung ohne große Einschrän- kungen das Wort, und jetzt fordern Sie uns auf, in der Landwirtschaft möglichst rasch mehr und eventuell so- gar überflüssige Bürokratie aufzubauen. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Dinge regelt, die jetzt zu regeln sind. Meine Kollegin, Frau Teuchner, hat alles Notwendige dazu gesagt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land sind – und das will ich nochmals ausdrücklich be- tonen – in aller Regel gut informiert und können selb- ständig und eigenverantwortlich beurteilen, welche Nah- rungsmittel sie verbrauchen wollen. Das sagt auch ein Bericht der Europäischen Kommission. Die Verbrauche- rinnen und Verbraucher in unserem Land beurteilen die freiwillige Rindfleischetikettierung in ihrer jetzigen Ausgestaltung positiv. Eine Verlängerung der bestehenden Regelung bis zum 31. Dezember 2000 ist deshalb in meinen Augen unproblematisch. Jedenfalls wäre diese zeitliche Ver- schiebung, sollte sie denn tatsächlich kommen, kein Grund für hektische Aktivitäten der Opposition im Par- lament. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das Wort hat nun die
    Kollegin Claudia Roth, Bündnis 90/Die Grünen.

    Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE
    GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
    Kollegen! Herr Rüttgers, ich muß zuallererst auf Ihre
    Äußerungen zur Türkeipolitik des Außenministers rea-
    gieren. Diese Äußerungen waren wirklich schwer zu er-
    tragen, lieber Herr Rüttgers; denn in der Vergangenheit
    war doch gerade Ihre Türkeipolitik doppelbödig und
    heuchlerisch. Von Menschenrechten war immer nur
    dann die Rede, wenn es politisch opportun war. Gleich-
    zeitig haben die Rüstungsgeschäfte floriert. Es wurden
    der Türkei ja sogar die alten NVA-Gerätschaften in ei-
    nem großen Akt der Freundschaft geschenkt, weil das
    billiger war, als diese NVA-Geräte hier zu verschrotten.
    Das ist heuchlerisch, Herr Rüttgers.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/ CSU]: Sie haben sich aufgeregt, und was machen Sie heute?)


    Dr. Helmut Hausmann






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Über 30 Jahre lang wurde der Türkei keine glaub-
    würdige Beitrittsperspektive eröffnet.


    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Was machen Sie heute?)


    In Luxemburg wurde ihr die rote Karte gezeigt.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Was ma chen Sie heute?)

    – Hören Sie einmal zu! –


    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Ich höre zu!)


    Es wurde gerade in Ihren Kreisen, Herr Rüttgers, laut
    darüber spekuliert – ich finde das gar nicht so amüsant –,
    ob ein Land, dessen Bevölkerung in der Mehrheit mos-
    lemisch ist, überhaupt Platz in der Europäischen Union
    hat, ob also die Europäische Union der Hort des christli-
    chen Abendlandes ist.

    Ich glaube, die Europäische Union basiert nicht auf
    der Religion, sie basiert auf Laizismus, auf Demokratie,
    auf Menschenrechten und auf Rechtsstaatlichkeit. Ihre
    Politik war heuchlerisch, deswegen Vorsicht mit solchen
    Bemerkungen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS – Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Sie weichen aus!)


    Es geht also darum, verspielten Einfluß zurückzuge-
    winnen, um in der Türkei wieder eine Dynamik der Ver-
    änderung hin zu Demokratie und Menschenrechten zu
    schaffen. Genau das soll der Kandidatenstatus verdeutli-
    chen. Es geht darum, daß Einfluß zurückgewonnen wird,
    daß dieser Status Impulse in der Türkei für den Demo-
    kratisierungsprozeß gibt. Der Kandidatenstatus ist nicht
    der Beitritt. Der Kandidatenstatus ist keinesfalls der
    Stempel, mit dem die Türkei zur Demokratie erklärt
    wird. Deswegen besteht kein Widerspruch zu einer
    restriktiven Rüstungsexportpolitik. Das war meine
    Anmerkung, Herr Rüttgers. Ich kann es Ihnen, wenn
    Sie einmal nicht telefonieren, auch persönlich erklä-
    ren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Als Europaabgeordnete konnte ich viele Jahre lang
    leidvoll erfahren, wie weit Europa von den Menschen
    weg ist. Spätestens bei den Europawahlen hat sich mein
    Eindruck bestätigt, daß Europa in ziemlich schlechter
    Verfassung ist. Die Wahlbeteiligung war auf einem histo-
    rischen Tiefpunkt angekommen. Dabei sind die Europäe-
    rinnen und Europäer keineswegs demokratiemüde, wie so
    oft beklagt wird. Ich glaube, das Problem liegt woanders:
    Die Demokratie in Europa wurde bislang noch gar nicht
    richtig geweckt. Die europäische Demokratie schläft, und
    wenn sie alle fünf Jahre einmal an einem Sonntag auf-
    wacht, kann man nicht erwarten, daß alle Leute parat ste-
    hen, um sie jubelnd zu begrüßen.

    Die Zukunft dieses Europas basiert eben nicht auf
    dem Wechselkurs des Euro, sondern darauf, daß die
    Bürgerinnen und Bürger beim Zusammenwachsen Eu-

    ropas ihre Ideen und ihre Kreativität überhaupt einbrin-
    gen können. Dafür braucht die Europäische Union schon
    sehr lange eine regelrechte Demokratieoffensive. Sie
    braucht ein bürgerrechtliches Fundament, und sie
    braucht einen verfassungsgebenden Prozeß, der identi-
    tätsstiftend wirken kann.

    Die Erweiterung und Vertiefung der Europäischen
    Union sind eben nicht nur eine Frage der Quantität der
    teilnehmenden Länder, sondern sie sind auch eine Frage
    der Qualität – der Qualität dessen, was man an Werten
    postuliert und was man den Bürgerinnen und Bürgern an
    Rechten garantiert. Das wird dann dazu beitragen, daß
    die Menschen wieder wissen, warum sie dieses Europa
    überhaupt wollen sollen.

    Wann ist ein Gipfel erfolgreich? Ich messe den Erfolg
    von Tampere nicht nur daran, ob man in feierlichen Er-
    klärungen und Reden bzw. in den Präambeln von
    Schlußfolgerungen der Verwirklichung des Europas der
    Bürgerinnen und Bürger tatsächlich näherkommt, son-
    dern auch daran, ob er ganz konkrete Schritte hin zum
    Europa der Bürgerinnen und Bürger macht.

    In Tampere ging es, wie es die Vorredner schon an-
    gesprochen haben, um die Schaffung eines Raums der
    Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem „die
    Grundsätze der Transparenz und der demokratischen
    Kontrolle tragende Elemente sein sollen“ und in dem
    „ein offener Dialog mit der Bürgergesellschaft über die
    Ziele und Grundsätze dieses Raums entwickelt werden
    muß, um eine bessere Akzeptanz und mehr Unterstüt-
    zung seitens der Bürger zu erreichen“. – Die Herausfor-
    derungen und die Anforderungen sind richtig beschrie-
    ben. Denn Partizipation, demokratische Teilhabe und
    Demokratie sind in Europa keine Vision, sondern eine
    Überlebensfrage.

    Der Weg dorthin ist noch sehr weit. Ich glaube, auf
    Grund wichtiger Entscheidungen in Richtung Demokra-
    tisierung kann Tampere wirklich Erfolge vermelden. Die
    Grundrechtscharta zum Beispiel bedeutet ein gemein-
    sames Bewußtsein von Rechten. Professor Meyer hat
    sich bei Bundeskanzler Schröder bedankt; lassen Sie
    mich nachdrücklich die Initiative von Joschka Fischer in
    Köln erwähnen – wir danken also beiden –, die dazu
    beigetragen hat, daß es zu einem Ja zur Erarbeitung
    einer solchen Charta gekommen ist und daß nun in
    Tampere sehr konkrete Strukturen beschlossen worden
    sind, der Startschuß also gemacht worden ist.

    Ich habe fünf Wünsche, die bei der konkreten Ausar-
    beitung dieser Charta verwirklicht werden sollten. Er-
    stens. Sie muß glasklar, verständlich und einklagbar
    sein. Sie sollte allen EU-Vertragswerken vorangestellt
    werden, und sie sollte die Europäische Menschenrechts-
    konvention zur Basis haben.

    Zweitens. Für die Demokratisierung der EU ist es un-
    erläßlich, daß dem EuGH auch in den eingriffsintensi-
    ven Bereichen der polizeilichen Kooperation und im
    Ausländer- und Flüchtlingsrecht uneingeschränkt Kon-
    trollrechte eingeräumt werden. Ich finde es sehr überle-
    genswert, den Straßburger Menschenrechtsgerichtshof in
    den Instanzenweg des Grundrechtsschutzes der EU mit

    Claudia Roth (Augsburg)







    (A) (C)



    (B) (D)


    einzubinden, wie es Professor Simitis jüngst vorgeschla-
    gen hat.

    Drittens. Die Grundrechte müssen für alle Menschen
    in der Europäischen Union gelten. Es darf keine Hierar-
    chisierung in Menschen erster, zweiter und dritter Klas-
    se geben. Alle Menschen in der Europäischen Union
    müssen gleich sein. Die Unionsbürger sind nicht glei-
    cher.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Viertens. Die Grundrechtscharta darf den gesell-
    schaftlichen Entwicklungen nicht hinterherhinken. Sie
    darf nicht als geschlossenes, statisches Projekt begriffen
    werden. Grund- und Menschenrechte sind weiterzuent-
    wickeln, zum Beispiel in den Bereichen der ökologi-
    schen Rechte oder der neuen Technologien, wo es keine
    hinreichenden Schutzinstrumente gibt.

    Fünftens. Alte Fehler dürfen nicht wiederholt werden:
    Die Ausarbeitung einer solchen Charta kann nicht nur
    Sache von Regierungsvertretern, Abgeordneten und
    Verfassungsrichtern sein. Sie muß vielmehr von einer
    breiten europäischen Öffentlichkeit geschrieben werden.
    Sie muß Ergebnis eines großen Diskussions- und – im
    besten Sinne des Wortes – Aneignungsprozesses sein.
    Vorgesehen ist leider lediglich, daß das Erarbeitungs-
    gremium gesellschaftliche Gruppen oder Sachverständi-
    ge anhören kann. Die mit diesem Thema befaßten Aus-
    schüsse im Bundestag waren in ihren Empfehlungen
    weitergegangen.

    Lassen Sie mich kurz einige Punkte zur europäischen
    Flüchtlingspolitik nach Tampere erwähnen. Ende letz-
    ten Jahres hat der Europäische Rat die sogenannte
    „Hochrangige Gruppe Asyl und Migration“ eingesetzt,
    die jetzt Ergebnisse in Form von Aktionsplänen präsen-
    tiert hat. Der Aktionsplan Irak wurde unter Federfüh-
    rung des deutschen Auswärtigen Amtes erarbeitet. Er
    ergänzt den letztjährigen Aktionsplan der EU durch be-
    grüßenswerte Eckpunkte für eine humane Flüchtlings-
    und Migrationspolitik dadurch, daß Menschenrechte in
    den Herkunftsländern ebenso gestärkt werden sollen wie
    Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Konfliktprävention
    und Versöhnungsarbeit sollen unterstützt, und die so-
    ziale und wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder soll
    gefördert werden. Darin wird eine Politik beschrieben,
    die an den Fluchtursachen ansetzt, die die Fluchtursa-
    chen bekämpfen will und die sich auf das individuelle
    Grundrecht auf Asyl und auf das Prinzip der Schutzge-
    währung zurückbesinnt.

    Ich möchte zum Schluß herzlich darum bitten, daß
    wir uns nicht in ein paar Stunden zurückzulehnen und
    sagen: Der Gipfel ist vorbei. Wir haben eine gute Euro-
    padebatte geführt. Zurück zur eigentlichen Politik! Gut
    ist eine Europadebatte nämlich nur dann, wenn wir es
    schaffen, das auf nationaler Ebene umzusetzen, was wir
    von Europa verlangen: eine Renaissance, eine Neuwer-
    tigkeit der Grundrechte. Europa fängt zu Hause an. Wer
    nämlich von den Rechten aus dem Grundgesetz nicht
    begeistert ist, wird sich auch für Grundrechte in Europa
    nicht begeistern lassen.

    In diesen Zeiten wird häufig von Modernität gespro-
    chen. Diese Grundrechte sind das Allermodernste, was
    wir haben. Ohne sie ist Europa nicht zukunftsfähig.

    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat nun die
Kollegin Ulla Jelpke, PDS-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Damen
    und Herren! Liebe Kollegin Roth, natürlich teile ich Ihre
    Kritik an den Scharfmacherthesen, die Herr Rüttgers
    heute morgen vorgetragen hat. Sie sind aber gleichzeitig
    in einem Spagat dem Außenminister zur Seite gesprun-
    gen, obwohl gerade die grüne Partei bezüglich der ersten
    Lieferung von Leopard-Panzern – nicht zu vergessen die
    deutsche Hilfe bei der Herstellung von chemischen Waf-
    fen – an die Türkei eingeknickt ist. Das ist kein Ruh-
    mesblatt für diese rotgrüne Bundesregierung.


    (Beifall bei der PDS)

    In der Antwort auf eine Kleine Anfrage zum Einsatz

    chemischer Waffen in der Türkei ist nachzulesen, wo
    Herr Fischer gelogen hat. Er hat gesagt, daß er von der
    deutschen Beteiligung nichts wußte. All das konnte man
    gestern abend an Hand der Recherchen von „Kennzei-
    chen D“ verfolgen.

    Manchmal muß man sich fragen, über welche Konfe-
    renz wir hier eigentlich diskutieren. Die Konferenz hatte
    sich die Aufgabe gestellt, einen einheitlichen Raum der
    Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäi-
    schen Union in Angriff zu nehmen. Was hat der Gipfel
    tatsächlich gebracht?

    Ich beginne mit dem Beschluß zur Grundrechte-
    charta. Eine solche Grundrechtecharta ist meines Er-
    achtens längst überfällig. Deshalb ist es wichtig, daß sie
    erneut beschlossen wurde. Ich möchte einmal aus der
    „Süddeutschen Zeitung“ zitieren. Dort hieß es:

    Solange die EU so konstruiert ist, dass sie, wenn sie
    Beitrittskandidat wäre, mangels demokratischer
    Verfasstheit abgelehnt werden müsste, kann man
    ihr guten Gewissens Straf- und Eingriffsrechte
    nicht geben.

    Ich komme noch einmal zur Grundrechtecharta, weil
    ich meine, daß es wichtig wäre, eine breite öffentliche
    Beteiligung und Mitwirkung gesellschaftlicher Organi-
    sationen an der Erarbeitung dieser Charta zu erreichen.
    Wir wollen verhindern, daß am Ende eine feierliche De-
    klaration herauskommt, wie es beispielsweise noch auf
    dem Gipfel in Köln geheißen hat. Die EU-Charta der
    Grundrechte muß vielmehr für alle in der EU lebenden
    Menschen soziale und politische Grundrechte verbind-
    lich und einklagbar festschreiben. Sie muß also Be-
    standteil der EU-Verträge werden. So weit, so gut.

    Der Schwerpunkt auf dem Gipfel in Tampere war je-
    doch ein anderer. Im Vordergrund stand die Migra-
    tions- und Flüchtlingspolitik. Hier dominierte eine re-

    Claudia Roth (Augsburg)







    (B)



    (A) (C)



    (D)


    pressive Politik, nämlich der Ausbau des Repressions-
    apparates und letztendlich die Verfolgung von Flücht-
    lingen. In Tampere war es Aufgabe, eine Harmonisie-
    rung der Flüchtlings- und Migrationspolitik in der EU,
    wie sie im Amsterdamer Vertrag festgeschrieben ist, in
    Angriff zu nehmen. Für uns heißt das: Verbesserung der
    wirtschaftlichen und rechtlichen Situation der Flüchtlin-
    ge in Europa sowie offene Grenzen für Menschen in
    Not. Das bedeutet ganz konkret: keine Abschiebungshaft
    für Flüchtlinge, Aufhebung des Arbeitsverbots für
    Flüchtlinge, Verbesserung der Situation von Kindern
    und jugendlichen Flüchtlingen, Anerkennung frauenspe-
    zifischer Fluchtgründe, Anerkennung nichtstaatlicher
    Verfolgung als Fluchtgrund – also entsprechende Ände-
    rung des § 51 des Ausländergesetzes.

    Wie groß der deutsche Handlungsbedarf gerade hier
    ist, zeigt auch die Kritik anderer Länder an der Bundes-
    republik Deutschland. Die Zeitschrift „Neue Juristische
    Wochenschrift“ berichtet zum Beispiel, daß das höchste
    britische Berufungsgericht am 23. Juli dieses Jahres die
    Bundesrepublik für Flüchtlinge, die vor nichtstaatlicher
    Verfolgung fliehen, als kein sicheres Drittland eingestuft
    hat. Wir hoffen, daß die Revision dieses Urteil bestätigt,
    damit sich die deutsche Bundesregierung endlich Ge-
    danken über diese Kritik macht.

    Hat nun Tampere auf irgendeinem Gebiet eine Ver-
    besserung für Flüchtlinge gebracht? Sicher, denn in
    Tampere wurde beschlossen, die Genfer Flüchtlings-
    konvention uneingeschränkt und allumfassend anzu-
    wenden. Man höre und staune! Eine Haltung, die
    eigentlich seit Jahren selbstverständlich sein sollte, wird
    in Tampere noch einmal durch einen Beschluß bekräf-
    tigt. Ich habe Ihnen aber schon gestern im Innenaus-
    schuß gesagt, daß das nicht alles gewesen sein darf.

    Auf dem praktischen Gebiet der Flüchtlingspolitik
    sollen nach Tampere nun die Arbeiten an einem System
    der Identifizierung – wir haben es heute schon gehört,
    Herr Rüttgers – fortgesetzt werden. Dadurch werden ei-
    nige weitere Verschärfungen vorgenommen. Die Finger-
    abdrücke der Asylbewerber sollen nämlich jetzt auch
    über Europol mit der Datenbank Eurodac erfaßt werden.
    In Deutschland werden Deutsche dieser erkennungs-
    dienstlichen Behandlung eigentlich nur dann unterzo-
    gen, wenn sie für Verbrecher gehalten werden. Das
    schürt nach unserer Meinung Rassismus und Fremden-
    feindlichkeit. Wir lehnen die Anwendung dieser Metho-
    den im Umgang mit Flüchtlingen entschieden ab.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich frage Sie: Warum schaffen Sie eigentlich keine

    EU-weite Datei gegen Konkursbetrüger, Steuerflücht-
    linge und Börsenschinder? Nein, solche Systeme – ich
    wiederhole es – gibt es nur für den Umgang mit Flücht-
    lingen. Nichts dokumentiert deutlicher, daß Tampere für
    die Flüchtlingspolitik keine Besserung gebracht hat,
    sondern statt dessen das Konzept der Abschottung der
    Festung Europa leider weiter Bestand hat. Auch die
    weiteren in Tampere beschlossenen Maßnahmen zur
    Flüchtlingspolitik sind in erster Linie repressiv ausgelegt
    und dienen der Stärkung der Abschottungspolitik. Ich
    nenne die stärkere Kontrolle der Außengrenzen durch

    ausgebildete Fachkräfte und den Auftrag an die Kom-
    mission, Rücknahmeübereinkommen mit Drittländern
    auszuhandeln, um Flüchtlinge schneller abschieben zu
    können.

    Bundeskanzler Gerhard Schröder hat im Zusammen-
    hang mit Tampere erklärt, daß das deutsche Asylrecht
    besonders großzügig sei. Ich möchte Sie daran erinnern:
    Allein in diesem Jahr sind 38 Menschen an der Ostgren-
    ze zu Tode gekommen. Sie ertranken in der Oder, erfro-
    ren im Gebirge oder verunglückten irgendwo in Wäldern
    oder auf Straßen. Wie kann man da von einem großzü-
    gigen Asylrecht sprechen?


    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Wirklich abwegig!)

    Wie die Situation bei von nichtstaatlicher Verfolgung

    Betroffenen aussieht, ist in diesen Tagen wieder in Thü-
    ringen deutlich geworden. Ich möchte Ihnen dazu ein
    Beispiel bringen: Eine in Lettland lebende Frau, die sich
    um KZ-Überlebende kümmerte, selbst als Kind in einem
    deutschen Konzentrationslager überlebte, deren Vater
    von den Nazis in Bergen-Belsen ermordet wurde, war
    nach Deutschland geflohen, weil sie in Lettland von
    Neonazis verfolgt wurde. Ihr Asylantrag wurde abge-
    lehnt, weil keine staatliche Verfolgung erkennbar sei.
    Diese 57 Jahre alte Frau wäre nächsten Montag gewalt-
    sam von der Polizei abgeschoben worden, wenn sie
    nicht aus panischer Angst ihre freiwillige Ausreise be-
    kanntgegeben hätte.

    Auch in bezug auf die Migrationspolitik sind die Er-
    gebnisse unbefriedigend. Immerhin wurde in Tampere
    beschlossen, die Rechtsstellung von Drittstaatangehöri-
    gen an die von EU-Bürgerinnen und -Bürgern anzuglei-
    chen. 30 Jahre und länger leben diese Menschen zum
    Teil in Europa. Trotzdem hat man sie noch nicht gleich-
    berechtigt integriert. Wir werden weiterhin dafür kämp-
    fen, daß diese Menschen wirklich die gleichen Rechte
    und nicht, wie es heißt, annäherungsweise diese Rechte
    erhalten. Trotzdem reicht auch hier das Beschlossene bei
    weitem nicht aus. Wir werden noch viel Arbeit vor uns
    haben.

    Daß in der Innen- und Rechtspolitik der EU die re-
    pressive Seite dominiert, zeigen auch die Beschlüsse zu
    Europol. Wie es zu befürchten war, wird Europol weiter
    ausgebaut. Die Behörde soll künftig auch bei Verdacht
    auf Geldwäsche tätig werden. Bei verschiedenen Straf-
    vorwürfen sollen gemeinsame Ermittlungsteams unter
    Einschluß von Europol-Beamten gebildet werden. Sogar
    eine Task-Force der europäischen Polizeichefs soll es
    geben. Nebenbei frage ich mich, wer eigentlich der
    deutsche Polizeichef ist. Dabei gibt es bis heute keine
    Rechtsschutzlinie für das Schengener Durchführungsab-
    kommen von 1990. Die EU-Datenschutzrichtlinie von
    1995 ist noch nicht in das deutsche Recht umgesetzt
    worden.

    Die Beratung all dieser Punkte wäre auf dem Gipfel
    von Tampere eigentlich wichtig gewesen. Wie soll sich
    künftig eine EU-Bürgerin oder ein EU-Bürger zur Wehr
    setzen, wenn ihre oder seine Daten unberechtigt in den
    Speicher von Europol geraten sind? Wo bleibt die par-
    lamentarische Kontrolle, die gerade die Parteien der jet-
    zigen Regierungskoalition gemeinsam mit uns und mit

    Ulla Jelpke






    (A) (C)



    (B) (D)


    Teilen der F.D.P. in der vergangenen Legislaturperiode
    immer wieder eingefordert haben? Über all diese Punkte
    gab es keine Beschlüsse auf dem Gipfel von Tampere.
    Wir hoffen, daß die nächsten Konferenzen diese Punkte
    auf die Tagesordnung setzen.

    Ich fasse zusammen. Wer sich von Tampere einen
    Fortschritt für die Bürger- und Menschenrechte erhofft
    hatte, der ist im großen und ganzen enttäuscht worden.
    Das Demokratiedefizit der EU dauert an. Die Situation
    von Flüchtlingen wurde nicht verbessert, sondern ver-
    schlechtert. Die Abschottungspolitik der EU gegen
    Menschen, die aus sozialer und politischer Not zu uns
    fliehen, wurde fortgesetzt. Dieses Ergebnis können und
    werden wir nicht akzeptieren. Deswegen haben wir ei-
    nen Entschließungsantrag vorgelegt, dem Sie hoffentlich
    zustimmen werden.

    Danke.

    (Beifall bei der PDS)