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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetz 2000) (Drucksache 14/1400) ..................................................... 4999 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1999 bis 2003 (Drucksache 14/1401) ................................ 4999 B c) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts – Haushaltssanierungsgesetz (Drucksache 14/1523) ..................................................... 4999 B Einzelplan 17 Bundesministerium für Familien, Se- nioren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 4999 C Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5003 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5005 A Ina Lenke F.D.P. .......................................... 5006 B Klaus Haupt F.D.P. .......................................... 5007 A Sabine Jünger PDS........................................... 5009 D Hildegard Wester SPD..................................... 5011 B Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5014 A Hildegard Wester SPD..................................... 5014 C Thomas Dörflinger CDU/CSU ........................ 5015 D Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5016 D Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5017 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5018 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5020 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5021 B Dieter Dzewas SPD ......................................... 5021 C Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5023 D Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 5024 D Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5028 B Karl Diller SPD ............................................... 5030 A Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5031 A Dr. Ilja Seifert PDS.......................................... 5032 A Eckhart Lewering SPD .................................... 5032 B Detlef Parr F.D.P. ............................................ 5034 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 5036 C Helga Kühn-Mengel SPD................................ 5037 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 5039 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5041 B Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5041 D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 5042 C Rudolf Dreßler SPD..................................... 5043 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Dr. Martin Pfaff SPD....................................... 5045 B Jürgen Koppelin F.D.P................................. 5046 B Wolfgang Zöller CDU/CSU ........................ 5047 C Hans Eichel, Bundesminister BMF.................. 5048 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS............................ 5049 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU......................... 5052 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5057 D Jürgen Koppelin F.D.P..................................... 5061 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS................................ 5063 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 5065 C Dr. Christa Luft PDS ................................... 5057 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 5068 A Nächste Sitzung ............................................... 5069 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5071 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen..................................... 5071 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 4999 (A) (C) (B) (D) 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 5071 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17.9.99 Bernhardt, Otto CDU/CSU 17.9.99 Bertl, Hans-Werner SPD 17.9.99 Bläss, Petra PDS 17.9.99 Blank, Renate CDU/CSU 17.9.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 17.9.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 17.9.99 Bulmahn, Edelgard SPD 17.9.99 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 17.9.99 Dautzenberg, Leo CDU/CSU 17.9.99 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Ernstberger, Petra SPD 17.9.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 17.9.99 Fritz, Erich G. CDU/CSU 17.9.99 Gebhardt, Fred PDS 17.9.99 Goldmann, Hans-Michael F.D.P. 17.9.99 Grasedieck, Dieter SPD 17.9.99 Gröhe, Hermann CDU/CSU 17.9.99 Dr. Gysi, Gregor PDS 17.9.99 Hartnagel, Anke SPD 17.9.99 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17.9.99 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 17.9.99 Hovermann, Eike SPD 17.9.99 Jacoby, Peter CDU/CSU 17.9.99 Jelpke, Ulla PDS 17.9.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 17.9.99 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 17.9.99 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.9.99 * Lennartz, Klaus SPD 17.9.99 Müller (Kiel), Klaus Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Ost, Friedhelm CDU/CSU 17.9.99 Pützhofen, Dieter CDU/CSU 17.9.99 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 17.9.99 Rühe, Volker CDU/CSU 17.9.99 Schily, Otto SPD 17.9.99 Schmidt-Zadel, Regina SPD 17.9.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 17.9.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 17.9.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 17.9.99 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Schultz (Köln), Volkmar SPD 17.9.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 17.9.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Teuchner, Jella SPD 17.9.99 Dr. Thalheim, Gerald SPD 17.9.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 17.9.99 Wiefelspütz, Dieter SPD 17.9.99 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 17.9.99 Dr. Zöpel, Christoph SPD 17.9.99 ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- lung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/342 Nr. 1.14Drucksache 14/595 Nr. 2.3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, jetzt nicht.
    Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren:

    Sie verwischen die Grenzen in dem sozialen Sicherungs-
    system. Sie werden an der letzten Stufe Ihrer Ökosteuer-
    reform im Rentensystem einen Bundeszuschuß in Höhe
    von 160 Milliarden DM haben.

    Herr Eichel, bitte beantworten Sie mir einmal – mei-
    netwegen unter vier Augen; was Herr Riester sagt, ist
    relativ egal – eine Frage: Wohin möchten Sie mit dem
    Rentensystem? Möchten Sie bei der leistungsbezogenen
    Rente bleiben? Wollen Sie eine steuerfinanzierte Grund-
    sicherung? Wollen Sie eine beitragsfinanzierte Grundsi-
    cherung? Wir kennen Ihre Richtung nicht. Der Bürger
    kennt sie nicht. Das ist ein ziemlich schwieriger Zustand
    in Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist nicht so, daß wir hierzu keine Vorschläge oder

    Ideen hätten. Ein Mann wie Peter Müller hat im Saar-
    land mit außerordentlich unbequemen Botschaften ge-
    wonnen, nämlich unter anderem mit der Botschaft, daß
    dort der Steinkohlebergbau beendet wird. Herr Eichel, in
    Ihrem Bundesland gibt es keine Steinkohle. Ich erinnere
    mich aber noch sehr genau daran, wie es war, als wir die
    Subventionen für den Steinkohlebergbau gekürzt ha-
    ben. Vorreiter war Herr Scharping mit flammenden Re-
    den gegen jede Subventionskürzung.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Fischer!)


    Gleich nebenan war Herr Fischer. Beide haben geschrie-
    en, was das Zeug hielt, daß wir die Steinkohlesubven-
    tionen ja nicht in irgendeiner Weise antasten. Sie leben
    heute davon und sind glücklich, daß der Plafond wenig-
    stens einigermaßen abgesenkt wird. Das muß ganz klar
    gesagt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir haben auch Fehler

    gemacht. Meiner Meinung nach haben wir manche Re-

    form zu spät angefangen. Wir hätten die Steuerreform
    gleich 1994 machen sollen. Ich glaube, das wäre besser
    gewesen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Dann hatten wir auch nicht Oskar Lafontaine die Mög-
    lichkeit gegeben, das zusammen mit Ihnen, Herr Schrö-
    der und allen anderen SPD-Ministerpräsidenten, die
    heute, im Gegensatz zu Lafontaine, noch aktiv politisch
    tätig sind, zu blockieren.


    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Lafontaine kommt wieder!)


    Aber dann, meine Damen und Herren, war es 1998.
    Jetzt haben Sie wegen dieser Obstruktionspolitik – Herr
    Schröder würde das „schnöde Parteipolitik“ nennen, die
    dann aber zu einem Wahlerfolg auf tönernen Füßen ge-
    führt hat – die Verantwortung, endlich eine Unterneh-
    menssteuerreform zu machen. Dann war es 1998. Dann
    ist der Finanzminister weggerannt. Dann haben Sie die
    Reform bis zum Jahre 2000 nicht geschafft. Nun stellen
    Sie uns für 2001 etwas in Aussicht. Von 1994 bis 2001
    gehen zwei Jahre auf uns, aber auf Ihre Kappe gehen
    fünf Jahre, in denen die Bundesrepublik Deutschland
    anständige Einnahmen verloren hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist mit Sicherheit wichtig, daß wir gemeinsam

    darüber diskutieren, wie wir auf die neuen Herausfor-
    derungen des 21. Jahrhunderts reagieren. Dabei ist
    der Haushalt eine Sache. Die an uns alle gerichtete Fra-
    ge heißt: Wie können wir die Mechanismen der sozialen
    Marktwirtschaft in dieser veränderten Welt durchsetzen,
    in der auf den Finanz- und Wirtschaftsmärkten interna-
    tional agiert wird und die sozialen Ausgleichsmecha-
    nismen national organisiert werden müssen?


    (Jörg Tauss [SPD]: Dann macht Vorschläge!)

    – Ich mache Ihnen einen Vorschlag und sage Ihnen als
    erstes: Ich wäre im Traum nicht darauf gekommen, daß
    der von Rotgrün am zweitstärksten geschröpfte Haushalt
    der Haushalt des Entwicklungsministeriums ist.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Eine Schande!)


    Wenn die internationalen Probleme der Zukunft nicht
    mehr die Probleme der klassischen Sicherheitspolitik
    sind, sondern die Probleme von Umweltverschmutzung
    und Überbevölkerung – Sie halten demnächst große
    Veranstaltungen zum Thema „6 Milliarden Menschen
    dieser Erde“ ab –, die Probleme der globalen Erhaltung
    unserer Ressourcen, dann muß ich Sie doch fragen: Was
    reitet Sie, in diesem Einzelplan an vielen Stellen, bei In-
    stitutionen und bei privaten Initiativen, derart zu strei-
    chen? Ich verstehe es nicht, und Sie haben es auch noch
    nicht erklären können.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie wollen private Initiative stärken, Sie wollen das
    Eigenengagement fördern – und Sie treten allen privaten
    Organisationen in diesem Lande, die sich mit Ent-

    Dr. Angela Merkel






    (A) (C)



    (B) (D)


    wicklungs- und Umwelthilfe beschäftigen, vor das
    Schienbein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch Unsinn! Das ist doch Demagogie!)


    – Genau so ist es. Unterhalten Sie sich doch mit den ent-
    sprechenden Stellen! Wenn man in der Verantwor-
    tung war, soll man sich bei der Beurteilung seines Nach-
    folgers zunächst ein ganzes Jahr zurückhalten. Das Jahr
    ist fast herum, nun wollen wir mal nicht so scharf agie-
    ren.

    Was ich aber über die internationale Umweltpolitik
    der Bundesrepublik Deutschland höre, spricht nun für
    alles andere als dafür, daß man sich überhaupt für diesen
    Bereich interessiert.


    (Beifall bei der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was haben Sie uns denn hinterlassen?)


    Herr Trittin interessiert sich für die Abschaltung von
    zwei – am besten noch mehr – nationalen Kernkraftwer-
    ken. Er interessiert sich vielleicht marginal noch für die
    Ökosteuer – aber auch das machen andere für ihn –, und
    ansonsten interessiert ihn das alles überhaupt nicht. So
    hinterläßt man ein fürchterliches Bild, wenn es um Kli-
    maschutz, Naturschutz und Ressourcenschutz in der
    Welt geht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD)


    – Ich kenne meine Schwächen, ich kenne meine Stärken.
    Ich weiß nur, daß Deutschland in diesen Fragen im Pro-
    zeß der internationalen Verhandlungen eine absolut
    wichtige Rolle spielt.


    (Jörg Tauss [SPD]: Kohl und Rio!)

    Alle, die schon einmal dabei waren, wissen, wie wichtig
    es wäre, daß dies auch weiter der Fall ist.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sagen Sie doch einmal etwas zum Konsolidierungsprogramm!)


    Wir brauchen also internationales Engagement.
    Aber natürlich brauchen wir auch nationale Verände-

    rungen. Deshalb zu einem weiteren Punkt, den ich für
    außerordentlich wichtig halte: Wie organisieren wir
    Mehrheiten für Reformen, für Veränderungen in die-
    sem Lande? Ohne Glaubwürdigkeit wird es auf keinen
    Fall gehen. Dafür ist es ganz wichtig, sich noch einmal
    darüber klar zu werden, was wir in diesem Lande unter
    „Gemeinwohl“ verstehen. Herr Bundeskanzler, Sie ste-
    hen für ein Bild, das den Eindruck vermittelt: Der Staat
    bin ich, der Rest sind Partikularinteressen – „schnöde
    Parteipolitik“.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das müssen Sie nun gerade sagen! Ausgerechnet Sie!)


    Herr Bundeskanzler, mit dieser Einstellung werden Sie
    keine Mehrheiten gewinnen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jetzt meinen Sie aber die Zeit von Kanzler Kohl!)


    Es ist bedauerlich, wie Sie auf dem Bauerntag in
    Cottbus aufgetreten sind. Sie haben nur für die Kameras
    gesprochen und sich überhaupt nicht dafür interessiert,
    welche Probleme die einzelnen Bauern – die kleinen aus
    dem Allgäu und die großen aus den neuen Bundeslän-
    dern – haben. Sie wollten einfach nur zeigen, daß Sie
    gegen die sogenannten Partikularinteressen in diesem
    Lande vorgehen. So schafft man – das sage ich Ihnen
    voraus – keinen Interessenausgleich.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deshalb: Niemand hat behauptet, daß das Gemein-

    wohl die „Summe“ aller Einzelinteressen ist, wie der
    Bundeskanzler gestern unterstellt hat. Das war es noch
    nie, das wird es nie sein. Trotzdem sind die Einzel-
    interessen wichtig. Es wird darauf ankommen – ich sage
    Ihnen zu: wir werden uns beteiligen –,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das klang jetzt aber gerade die ganze Zeit nicht so!)


    in einem vernünftigen Ausgleichsmechanismus nach den
    Maßstäben der Gerechtigkeit eben diesen Ausgleich der
    Interessen im Lande zu finden. Das war der Charme der
    sozialen Marktwirtschaft zu Zeiten Ludwig Erhards, und
    das muß wieder so werden in einer Welt, die offen und
    globalisiert ist. Wir werden uns dieser Herausforderung
    stellen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sage Ihnen: Weder die Regelung für die 630-

    Mark-Jobs noch die Regelung zur Scheinselbständigkeit
    haben dazu beigetragen, genauso wenig die Verschie-
    bung der Unternehmensteuerreform und die Tatsache,
    daß Sie erst den Mittelstand belastet haben, auch wenn
    Sie jetzt sagen, er werde irgendwann entlastet. Das ko-
    stet uns über Jahre hinweg Arbeitsplätze. All dies waren
    keine sinnvollen Beiträge. Aber ich verspreche Ihnen:
    Sollten Sie sich besinnen,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist so arrogant wie nur was!)


    sollten Sie neben all dem Addieren und Subtrahieren
    versuchen, vor den wirklichen Herausforderungen der
    Zukunft zu bestehen, dann werden wir Sie tatkräftig un-
    terstützen, dort wo wir gefragt sind.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für Bündnis 90/Die
Grünen gebe ich jetzt der Kollegin Antje Hermenau das
Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Hermenau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen
    und Kollegen! Frau Merkel, man merkt Ihnen richtig an,

    Dr. Angela Merkel






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    wie erleichtert Sie sind, daß Ihre Partei in der Opposi-
    tion jetzt die Chance hat, sich zu erneuern.


    (Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir haben die Chance wahrgenommen!)


    Ich gönne Ihnen das und wünsche Ihnen die nötige
    Kraft, um das all den alten Männern in Ihrer Partei bei-
    zubringen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Die Schulden müssen runter. In den letzten Tagen
    wurde viel gestritten. CDU und SPD führten einen
    Schlagabtausch darüber, wer die ganzen Schulden ver-
    ursacht hat und wer dafür zuständig ist. Dann wurde
    noch etwas über die sozialliberale Koalition – die war
    schon fast vor meiner Zeit – erzählt; dann wurde etwas
    von einer christlichliberalen Koalition erzählt, die noch
    mehr Schulden angehäuft hat. Das alles ist richtig. Übri-
    gens waren wir Ossis an den ungefähr 750 Milliarden
    DM Schulden, die in der Regierungszeit Kohl angehäuft
    sind, nicht beteiligt; das ist nicht unsere Erblast. Aber
    dazu kommen wir später noch, um die Zahl von 1,5 Bil-
    lionen DM vollzumachen. Egal, wie man das bewertet:
    Sie haben die Schulden nicht gesenkt, und Sie haben
    auch nicht die Nettokreditaufnahme gesenkt. Diese bei-
    den Schritte haben Sie nicht vollzogen.

    Mir ist noch etwas aufgefallen. Es ist eindeutig und
    auch historisch belegt, wer beim Schuldenmachen am
    besten gewesen ist. Die F.D.P. war – einmal mit der
    SPD, einmal mit der CDU – seit 1969 immer an der Re-
    gierung.


    (Zuruf des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.])

    Es sind auf jeden Fall liberale Schulden, Herr Koppelin.


    (Beifall und Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Es sind auf gar keinen Fall grüne Schulden. Auch das
    steht fest, denn wir sind das erste Mal an der Regierung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    In der ganzen Debatte wurde immer behauptet, an
    Staatsschulden könne man nicht mit der Denkweise ei-
    nes privaten Schuldners herangehen. Das sei kindisch,
    der Staat sei ganz anders. Sinn macht diese Argumenta-
    tion dann, wenn man auf die Einflüsse der Wirtschaft
    schaut. Aber die Grundprinzipien gelten trotzdem, egal
    ob private oder staatliche Schuldnerschaft. Diese
    Grundprinzipien besagen, daß man einen Kredit nur
    dann aufnehmen darf, wenn man etwas erwirbt, von des-
    sen Nutzung man länger etwas hat, als man Zinsen zah-
    len muß. Das macht doch die Debatte aus, die wir füh-
    ren. Wir reden doch davon, daß es nicht mehr angeht,
    jeden Tag einen Kredit für die Bedürfnisse des täglichen
    Lebens aufzunehmen. Doch das ist das, was wir gerade
    machen. Wir leben über unsere Verhältnisse.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Herr Merz hat sich vor zwei Tagen darin gefallen,
    darzustellen, wie eisern gespart worden sei. Für die Ära
    Stoltenberg ist das auch richtig.


    (Zuruf von der SPD: Na ja!)

    Ich gebe dem Kollegen Merz ausdrücklich recht: Unter
    Stoltenberg wurde versucht, den Haushalt zu konsolidie-
    ren. Im Sommer 1989 kam dann die Wende, aber nicht
    die ostdeutsche und gemeinsame, sondern die Wende in
    der christlich-liberalen Finanzpolitik. Im Sommer 1989,
    also vor der deutschen Einheit, hat Herr Waigel die
    Wende in der Finanzpolitik vorgenommen. Damals sind
    in der mittelfristigen Finanzplanung, bei der Nettokre-
    ditaufnahme und bei der Verschuldung deutliche Erhö-
    hungen vorgesehen worden. Das wurde ein Jahr vor der
    Bundestagswahl 1990 und vor der deutschen Einheit ge-
    plant, um – panem et circenses – die Bundestagswahl zu
    gewinnen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Als Ossi lasse ich es deshalb nicht auf mir sitzen, wir
    seien schuld daran, daß die Schulden nach der Wende so
    stark angestiegen sind. Die Folgen der Wiedervereini-
    gung kommen hinzu; das stimmt.

    Kommen wir zu dem Tafelsilber! Wir müssen uns
    beim Einsparen heute sehr hart anstrengen, weil – so
    leid mir das auch manchmal tut – das ganze Tafelsilber
    bereits verjuxt ist. Sie haben das 1997 und 1998 aufge-
    braucht. Deswegen haben wir gar keine Alternative: Wir
    müssen richtig einsparen, denn wir haben nichts mehr zu
    verkaufen. Sie wissen ganz genau, wie hoch die Risiken
    sind: Wenn die Zinsen um einen Prozentpunkt steigen,
    dann haben wir im Jahr darauf über 3 Milliarden DM
    mehr an Zinsen zu zahlen. Das müssen Sie sich einmal
    überlegen. Deswegen ist es genau richtig, jetzt die Not-
    bremse zu ziehen, bevor wir in die Zahlungsunfähigkeit
    kommen.

    Jetzt sage ich etwas als jemand, der 25 Jahre in dem
    anderen Teil Deutschlands aufgewachsen ist. Ich habe
    einmal erlebt, wie das ist, wenn ein Staat zusammen-
    bricht und nicht mehr handlungsfähig ist. Ich bitte Sie
    herzlich: Tun Sie mir das nicht ein zweites Mal an!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Es kommt hinzu, daß ich auch noch ein junger Mensch
    bin und eigentlich vorhabe, dieses Land nicht zu verlas-
    sen. Auch da sollten wir uns Chancen erarbeiten.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Angst ist aber ein schlechter Ratgeber!)


    Nun machen Sie es für mich attraktiv, hier als Rentnerin
    zu leben, hier mehrere Kinder zu bekommen, so daß ich
    mich hier wohlfühlen kann!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie haben das nicht geschafft; ich bin sehr stolz dar-
    auf, daß wir in der Koalition genau diese Fragen, die die

    Antje Hermenau






    (A) (C)



    (B) (D)


    Zukunft betreffen – sie beschäftigen mich auch politisch
    – wirklich anpacken.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich habe hier in den letzten zwei, drei Tagen von Ihnen
    ständig nur Radio Jerewan gehört: „Im Prinzip sind wir
    dafür, aber…“ Sie haben im Bundesrat die Möglichkeit,
    Ihr gesamtes Aber in kleinen Anträgen vorzulegen. Wir
    werden uns jeden einzelnen anschauen und bewerten.
    Wenn vernünftige Vorschläge dabei sind, glaube ich so-
    gar, daß sie eine Chance haben, durchzukommen.


    (Zuruf von der SPD: Das ist nicht zu erwarten!)


    Die Lage ist verzweifelt, das gebe ich gerne zu. Sich
    hinzustellen und nach dem Sankt-Florians-Prinzip zu
    sagen: „Zünde bitte die andere Hütte an“, das halte ich
    nicht für redlich. Sie haben in den letzten Jahren selber
    eigene Einsparvorschläge gemacht; gegen sie hatten wir
    politisch zum Teil etwas. Das war alles der normale
    Schlagabtausch in der Politik. Aber jetzt unterstellen Sie
    etwas. Sie unterstellen, daß wir nicht wirklich sparen
    wollen. Das ist falsch; das stimmt nicht. Wir meinen es
    ernst, und es ist das Grundprinzip unseres Handelns. Wir
    wollen wirklich sparen, weil wir darin die einzige Mög-
    lichkeit sehen, diesen Staat handlungsfähig zu erhalten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie haben auch – das finde ich ebenfalls unredlich –
    in der Debatte immer wieder darauf hingewiesen, daß
    das ja eigentlich nur die 30 Milliarden DM aus dem La-
    fontaine-Haushalt seien. Das ist zumindest die Auffas-
    sung, die Sie draußen verbreiten; intern wissen es die
    meisten von Ihnen besser. Es ist unredlich, die Auf-
    wüchse aus dem Haushalt 1999 jetzt mit dem Sparpaket
    und dem Haushalt 2000 zu vergleichen. Was wollen Sie
    denn wieder zurücknehmen? Die Bundesergänzungszu-
    weisungen an das Saarland, die Sie nicht ordentlich in
    den Haushalt eingestellt hatten? Nach dem Machtwech-
    sel wahrscheinlich nicht mehr. Wollen Sie die Kinder-
    gelderhöhung zurücknehmen? Da ist das BVG davor.
    Wollen Sie die Postunterstützungskassen verschweigen?
    Die Leute haben einen Rechtsanspruch auf ihr Geld.

    Es wäre eventuell denkbar, daß Sie beim Zuschuß an
    die Bundesanstalt für Arbeit kürzen. Aber dann fiele
    zum Beispiel das JUMP-Programm weg, das gerade
    jungen Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt
    geben soll. Das fände ich völlig falsch. Wir stehen dazu,
    daß wir uns für die Zukunft der jungen Leute verschul-
    den. Das ist ordentlich; das ist vernünftig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU]: Dafür streichen Sie 30 000 Zivildienststellen! Sind das keine Jugendlichen?)


    Wir können jetzt auch jene Nebelkerzen wegräumen,
    die Sie werfen, wenn Sie sagen, wir würden unsere Ein-
    sparmaßnahmen nicht richtig benennen und die Men-
    schen darüber im dunkeln lassen. Ich meine die globalen
    Minderausgaben, von denen immer die Rede ist. Wir

    lassen Sie über keine einzige globale Minderausgabe im
    unklaren. Ich selber habe gestern im Auswärtigen Amt
    ein Berichterstattergespräch gehabt. Wir haben alles he-
    runtergebrochen, bis auf die letzte müde Mark. Sie wis-
    sen ganz genau, daß das schmerzhafte Prozesse sind.
    Aber es wird jede einzelne Sparmaßnahme


    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das stimmt doch gar nicht!)


    in dem Haushalt, den wir als Gesetz verabschieden,
    deutlich belegt und ausgewiesen. So muß es auch sein.
    Denn es ist wichtig, daß die Leute ganz genau einschät-
    zen können, was auf uns alle zukommt.


    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Dann gucken wir uns mal bei Verteidigung um!)


    Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition,
    werfe ich, ehrlich gesagt, einen gewissen Opportunis-
    mus vor. Auch Sie haben eine demokratische Verant-
    wortung. Ich werde abwarten, wie Sie sie im Bundesrat
    wahrnehmen werden. Eigentlich stehen Sie im Moment
    daneben und reiben sich die Hände. Sie diffamieren die
    Umbruchstimmung auch als Chaos, was ich nicht red-
    lich finde. Sie schämen sich auch nicht für diese zum
    Teil etwas billig errungenen Wahlsiege.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist ja Wählerbeleidigung, was Sie betreiben!)


    Sie würden doch nur weniges anders machen. Viel-
    leicht haben Sie es nicht immer ehrlich gemeint, wenn
    Sie sagten, daß Sie jetzt gleich an die Macht zurückkeh-
    ren wollen. Denn Sie müßten dann mit jenen Maßstäben
    in der Politik weiter operieren, die wir in diesem Jahr
    setzen. Daran können Sie sich nicht vorbeimogeln; das
    wissen Sie auch. Deswegen glaube ich, daß es sehr in-
    teressant sein wird, zu sehen, was Sie im Bundesrat an-
    zubieten haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich werde mir dann genausoviel Zeit nehmen wie heute
    und werde in Ruhe auf Ihre Argumente eingehen.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]:Wenn Sie die Redezeit bekommen!)


    Denn Sie werden dann offenlegen müssen, was substan-
    tielle und tragfähige Vorschläge sind und was nicht.

    Ich komme noch einmal auf den Generationenkon-
    flikt zu sprechen, der manchmal ein wenig unglücklich
    aufgebaut wird. Wenn wir uns einmal anschauen, wie
    hoch die Jugendarbeitslosigkeit in den anderen europäi-
    schen Ländern ist, dann muß ich sagen, daß wir in
    Deutschland sehr gut dastehen. Das hat nicht zuletzt
    damit etwas zu tun, daß wir uns erkühnt haben, Kredite
    dafür aufzunehmen, um den jungen Leuten zusätzliche
    Chancen auf dem Arbeitsmarkt geben zu können. Dieses
    JUMP-Programm für junge Leute ist steuerfinanziert.
    Das stimmt; das steckt im Zuschuß der Bundesanstalt
    für Arbeit. Aber ich finde das völlig in Ordnung – was
    für eine Familie gilt, kann auch in einem Gemeinwesen
    gelten –, wenn die Oma Hilde nun dabei hilft – das ge-
    schieht dadurch, daß wir ihre Rente nur um einen Infla-

    Antje Hermenau






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    tionsausgleich erhöhen –, daß ihrem Enkel Mirko nun
    doch noch eine Lehrstelle angeboten werden kann.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie wissen ganz genau, wovon ich rede: Es geht um
    Machtpolitik. Die Anzahl der Personen über 65 Le-
    bensjahre beträgt rund 13 Millionen in Deutschland; das
    sind zirka 16 Prozent der Bevölkerung; die Anzahl der
    Personen zwischen 18 und 25 Jahren beträgt 6 Millio-
    nen; das sind rund 7,5 Prozent. Und wir wissen ganz ge-
    nau, wovon wir reden; wir reden von Wählerstimmen.
    Das ist eine ganz einfache Sache. Wir sagen: Hinsicht-
    lich des Generationenkonfliktes muß man sich über die-
    se Bedenken hinwegsetzen. Es ist wichtig, jungen Leu-
    ten eine Zukunft zu geben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich will nun – das ist eine wirklich neue Leistung der
    Bundesregierung – darüber sprechen, wie wir uns über
    den Aufbau Ost unterhalten. Herr Kollege Schwanitz
    hat es in bemerkenswerter Weise geschafft – das ist in
    den letzten zwei Tagen vielleicht untergegangen; aber es
    ist sehr wichtig, dies herauszustellen –, die überzogene
    Darstellung der Transfers zu beerdigen. Das haben Sie
    über Jahre nicht geschafft. Das ist eine hervorragende
    Leistung, für die wir uns beim Kollegen Schwanitz be-
    danken müssen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich weiß, daß Herr Biedenkopf, der von allen Seiten
    viel gelobt wird, seit mehreren Jahren durchs Land zieht
    und sagt, man müsse die Kosten redlich berechnen und
    man dürfe die Transfers bei der Rente und beim Ar-
    beitslosengeld nicht hineinrechnen. Dieses Geld steht
    den Menschen doch zu. Wir sollten nur über die wirkli-
    chen Investitionen zum Beispiel in den Infrastrukturbe-
    reich und in den Forschungsbereich reden. Dann kommt
    man nur auf eine Summe von 38 Milliarden DM für die
    Aufbauhilfe Ost. Das ist also mitnichten dieser riesige
    Bruttotransfer, der immer als Popanz aufgebaut worden
    ist.

    Herr Schwanitz hat damit der Diskussion an den
    Stammtischen den Nährboden entzogen. Das ist eine
    wirklich große Leistung. Herr Biedenkopf, der sächsi-
    sche Finanzminister Milbradt, selbst Kollegen aus der
    CDU/CSU-Fraktion wie Herr Kolbe haben für diese
    Sichtweise gekämpft, konnten sich aber nicht durchset-
    zen. Herr Schwanitz hat es aber in einem Dreivierteljahr
    geschafft, Redlichkeit einzuführen. Herr Schröder, ich
    bin froh darüber. Ich hatte nämlich befürchtet, daß wir
    so weitermachen wie bisher, weil es sich gut verkaufen
    läßt zu sagen, der Osten komme uns so furchtbar teuer.
    Ich bin dankbar für die Redlichkeit, für die wir hier ste-
    hen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich komme auf die Anregungen der Ländergruppe
    Ost in der Grünen-Fraktion und auf die Erwartungen zu

    sprechen, die wir mit diesem Zukunftsprogramm verfol-
    gen. Wir haben im Osten lange – Herr Gysi hat dies in
    etwas populistischer Art gemacht – über die Ungerech-
    tigkeit im Zusammenhang mit dem Einkommensgefälle
    gesprochen. Es ist schon schwierig, sich damit abfinden
    zu müssen, in fast allen Branchen nur 60 bis 75 Prozent
    des Westgehaltes zu beziehen. Dies ist eine schwierige
    Lebenslage, zumal sie noch Auswirkungen auf die Ren-
    tenansprüche hat.

    Es ist aber, glaube ich, nicht möglich, einen ganz ge-
    nauen Zeitplan festzulegen, wann man die Angleichung
    der Einkommensverhältnisse in Deutschland erreichen
    kann – obwohl dieser Wunsch existiert. Aber eines ist
    möglich: Man kann sich anstrengen, die Wirtschafts-
    struktur zu verbessern. Das ist genau das, was wir vor-
    geschlagen haben, nämlich die Investitionen für die
    wirtschaftsnahe Forschung und für die Infrastruktur im
    Osten zu erhöhen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wenn man durch diese Maßnahmen die wirtschaftliche
    Situation verbessert, dann haben wir die Chance, die
    Einkommen zu erhöhen.

    In Richtung PDS sage ich: Sie lagen schon einmal
    daneben, die Produktivität nicht als entscheidenden
    Faktor für Lohnzuwächse zugrunde zu legen. Ich
    möchte dies kein zweites Mal erleben. Ich denke, wir
    sind gut beraten, die Wirtschaftskraft der ostdeutschen
    Länder deutlich zu stärken und darauf unser Hauptau-
    genmerk zu legen. Sie wissen selbst, wie heikel Zeitplä-
    ne sind. Die blühenden Landschaften haben sich auch
    nur sehr verzögert eingestellt.

    Ich komme nun auf den zweiten Punkt, der der Län-
    dergruppe Ost von Bündnis 90/Die Grünen sehr am
    Herzen liegt. Es geht darum, die Diskussion über den
    Länderfinanzausgleich von der Diskussion über den
    Aufbau Ost zu entkoppeln. Die Vermischung bei der
    Diskussion hindert uns an unserer Arbeit. Die erste Dis-
    kussion wurde von Herrn Stoiber und Herrn Teufel an-
    gefangen. Sie sagten, daß man den Ostländern nicht so-
    viel bezahlen könne und daß über den Länderfinanzaus-
    gleich – die Neuregelung steht 2004 an – verhandelt
    werden müsse. Die Angst in den ostdeutschen Ländern
    ist natürlich groß. Ich finde es auch nicht in Ordnung,
    daß man schon Jahre vorher mit dem Teufelaustreiben
    beginnt.

    Mein Vorschlag ist, daß wir im nächsten Jahr eine
    Konferenz abhalten, zu der wir die Landesfinanzminister
    und die Landeswirtschaftsminister der ostdeutschen
    Länder zusammen mit dem Bundesfinanzminister und
    dem Bundeswirtschaftsminister einladen. Auf dieser
    Konferenz soll über die Aufbauhilfe Ost gesprochen
    werden; man könnte dann über vier bis fünf Jahre festle-
    gen, wie sie verlaufen soll. Damit würde die Diskussion
    zum Länderfinanzausgleich vom Aufbau Ost entkoppelt
    werden. Damit schaffen wir einen gewissen psychologi-
    schen Rahmen, weil dann die ostdeutschen Bundeslän-
    der damit rechnen können, wie ihnen der Bund zur Seite
    steht. Man könnte dann entspannt in die Diskussion zum
    Länderfinanzausgleich gehen. Wir können uns im näch-

    Antje Hermenau






    (A) (C)



    (B) (D)


    sten Sommer große Meriten verdienen, indem wir den
    ostdeutschen Bundesländern auf die Beine helfen.

    Ein dritter Punkt ist mir wichtig; ich kämpfe schon
    seit Jahren dafür. Der Haushalt für das Jahr 2000 soll
    endlich ein Haushalt sein, bei dem auch die westdeut-
    sche Steinkohle ihren Sparbeitrag leisten muß.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Hört, hört!)

    Es ist schon fast ein persönliches Anliegen von mir. Wir
    Ostdeutschen erwarten von dem Zukunftspaket, daß
    auch bei der Förderung der westdeutschen Steinkohle
    mindestens ein dreistelliger Millionenbetrag eingespart
    wird. Es kann nicht sein, daß die Steinkohlesubventio-
    nen entgegen den Entwicklungen in anderen Bereichen
    aufrechterhalten werden. Als diese Subventionen damals
    ausgehandelt wurden, herrschten andere Verhältnisse als
    heute. Den Rentnern und Sozialhilfeempfängern sagen
    wir: Heute sind die Verhältnisse anders. Dies müssen
    wir jetzt auch den Bergleuten mitteilen. Da hilft nun al-
    les nichts.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Man wird in zwei Monaten, wenn die abschließende

    Beratung des Haushalts 2000 beginnt, sehen, ob sich die
    Erwartungen von Bündnis 90/Die Grünen an diesen
    Haushalt erfüllt haben. Auf jeden Fall bin ich schon jetzt
    sehr zufrieden und stolz darauf, daß es uns gelungen ist,
    einen redlichen Haushalt aufzustellen. Das ist das erste
    Mal, daß ich dies erlebe, obwohl ich schon seit fünf Jah-
    ren Bundestagsabgeordnete bin.

    Ich bedanke mich bei Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)