Rede von
Thomas
Dörflinger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat uns ei-
nen „Sparhaushalt“ auf den Tisch gelegt. In der Tat: Sie
haben wirklich gespart: an Kreativität, an Konsequenz
und letztlich auch an Klugheit.
Nach den gebetsmühlenartigen Vorträgen dieser Tage
von der Erblast möchte ich in diesem Zusammenhang
ein Zitat in Erinnerung rufen, das mir sehr bemerkens-
wert erscheint. Vor einem knappen Jahr hörte sich das in
der Regierungserklärung vom 10. November 1998 noch
so an. Ich zitiere Gerhard Schröder:
Unsere Gesellschaft erwirtschaftet genug, um sich
den Sozialstaat leisten zu können. ... Wir brauchen
die Menschen in Deutschland nicht auf „Blut,
Schweiß und Tränen einzustimmen“.
Vermutlich war das der Teil seiner Rede, für den Oskar
Lafontaine die Ghostwriter-Rolle übernommen hatte.
Vor einem guten Jahr waren die Schulden fast genau-
so hoch wie heute. Damals war man auf der Regie-
rungsbank offensichtlich noch der Meinung, man müsse
nur richtig verteilen, dann wäre alles in Ordnung. Aber
jetzt, da Sie in dieser irrigen Annahme im Etat 1999
schon viel Geld ausgegeben haben, müssen Sie es wie-
der einsammeln. So einfach ist der Sachverhalt.
Dabei legen Sie die Meßlatte recht unterschiedlich an.
In der Rangliste der Einzelpläne, die am meisten bluten
müssen, liegt der Einzelplan 17 auf Platz vier. Dies ist
ein ziemlich unrühmlicher Spitzenplatz, Frau Ministerin.
Es ist unbestritten, daß sich der Staat in puncto Aus-
gaben zurücknehmen muß. Aber der Begriff Staat meint
Bund, Länder, Gemeinden und die Sozialversicherungs-
systeme. Die Ausgaben der öffentlichen Hand insgesamt
müssen also zurückgefahren werden, damit volkswirt-
schaftlich eine Entlastung entsteht und damit die Staats-
quote sinkt.
Sie tun aber genau das nicht. Sie haben es sich ver-
dammt einfach gemacht. Sie sparen nur bei sich selbst,
bürden aber die entstehenden Lasten anderen auf. Für
Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum bringt das letzt-
lich überhaupt nichts. Aber rein optisch sind die Zahlen
des Bundeshaushalts 2000 etwas niedriger als die des
Haushalts 1999. So erweckt man den Eindruck, als sei
etwas gespart worden. Aber Sie sparen nicht; Sie schie-
ben Rechnungen durch die Republik.
Lassen Sie mich das an Hand von drei Beispielen
nachweisen:
Erstens. Die Änderungen beim Zivildienst. Die Dau-
er des Zivildienstes wird von 13 auf 11 Monate verkürzt.
Die Zahl der Stellen sinkt von 140 000 auf 110 000 im
Jahr 2003. Die Unionsfraktion hatte vor wenigen Tagen
die Fachverbände zu einer Anhörung eingeladen. Das
Ergebnis war: Unisono rechnen die Verbände durch die
Pläne der Bundesregierung mit Mehrkosten; schließlich
müssen die Personalpläne neu geordnet werden. So weit,
so schlecht. Jetzt erhebt sich die Frage, wie diese Mehr-
kosten bei den Verbänden kompensiert werden sollen.
Nehmen Sie beispielsweise ein Krankenhaus, in wel-
cher Trägerschaft auch immer. Angesichts der gedek-
kelten Kosten im Gesundheitswesen – über diesen Punkt
sprechen wir nachher – wird die Lösung wohl nur in ei-
ner Ausdünnung der Leistungen liegen können. Nehmen
Sie beispielsweise ein Alten- und Pflegeheim. Ich habe
vor zwei Wochen eines besucht. Dort gehen die Mehr-
kosten zu Lasten der Patienten, zu Lasten der Pflegever-
sicherung oder zu Lasten der Kommunen als Sozialhil-
feträger. Das heißt: Ihre vermeintlichen Sparerfolge,
Frau Ministerin, lassen Sie sich von den Landkreisen,
Städten und Gemeinden und von der Sozialversicherung
bezahlen. So einfach ist das.