Rede von
Oswald
Metzger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kollege Austermann, es ist unglaublich, mit welchen
Argumenten Sie als Obmann der größten Oppositions-
fraktion im Haushaltsausschuß hier im deutschen Parla-
ment die Leute für dumm verkaufen.
Erstens. Sie sprechen von der Ökosteuer und verwei-
sen einfach auf die Nominalpreise an den Tankstellen.
Sie müssen doch wissen, daß die OPEC derzeit mit mehr
als 22 Dollar pro Barrel den höchsten Rohölpreis seit
vielen Jahren durchgesetzt hat. Der Anteil der Mineral-
ölsteuererhöhung schlägt nur mit 7 Pfennig – eine ver-
gleichsweise bescheidene Zahl – durch, während die Er-
höhung der Rohölpreise mehr als 25 Pfennig ausmacht.
Das ist die Wahrheit. Für diese 25 Pfennig kann die Re-
gierung nichts; die Mineralölkonzerne geben diese Er-
höhung einfach nur weiter. Das müßten sie auch tun,
wenn Sie an der Regierung wären.
Zweitens. Sie behaupten hier frank und frei, diese
Regierung plane, im Zeitraum der mittelfristigen Fi-
nanzplanung mehr als 220 Milliarden DM neue Schul-
den zu machen. Rechnen Sie doch einmal die Nettokre-
ditaufnahme der nächsten vier Jahre zusammen! Ich
komme da auf etwa 160 Milliarden DM. Dagegen hat
die CDU/CSU-Regierung, Kollege Austermann, in den
letzten vier Jahren 260 Milliarden DM Schulden aufge-
nommen. Das ist die Wahrheit, und das muß man der
Bevölkerung sagen.
Außerdem – Ihre Aussagen werden auch durch
x-malige Wiederholung nicht wahrer –: Die Haushalte
sind nur vergleichbar, wenn die Vorbelastungen auf
Grund der Steuergesetzgebung, die die alte Koalition
mit zu vertreten hat, hineingerechnet werden. Sie haben
am 1. April des letzten Jahres die Mehrwertsteuer er-
höht, um genau das zu tun, was wir dieses Jahr mit der
Einführung der Ökosteuer zum 1. April beabsichtigt ha-
ben: den Anstieg des Rentenversicherungsbeitrages –
damals von 20,3 auf 21,0 Prozent – zu verhindern. Wir
haben dieses Jahr den Rentenversicherungsbeitrag von
20,3 auf 19,5 Prozent gesenkt und damit mit der Sen-
kung der Lohnnebenkosten ernst gemacht.
Das Ganze hat eine weitere finanzielle Konsequenz:
Eine Mehrwertsteuererhöhung in diesem Umfang bringt
innerhalb eines Dreivierteljahres rund 6 Milliarden DM
weniger als eine Erhöhung für ein ganzes Jahr. Dieses
Jahr greift die Mehrwertsteuererhöhung, die Sie be-
schlossen haben, erstmals für das ganze Jahr. Also ist es
logisch, daß das Volumen dieses Haushalts um 6 Milli-
arden DM höher sein mußte als das des letzten Jahres.
Hinzu kommen Unteretatisierungen von Posten, von de-
nen Sie genau wußten, daß sie nach dem Grundsatz von
Haushaltsklarheit und -wahrheit korrigiert werden muß-
ten, zum Beispiel die Unterstützungshilfen für Bremen
und das Saarland oder die Postunterstützungskassen in
Höhe von 8 Milliarden DM.
Deshalb sind Ihre Aussage, die Aussage des Kollegen
Merz und der Inhalt auf der Internetseite der Bundesge-
schäftsstelle Ihrer Partei nicht wahr. Das Konzept mit
einem Volumen von 30 Milliarden DM, das wir jetzt
vorlegen, hat in der Tat eine echte Konsolidierungs-
wirkung. Deshalb reagiert die wirtschaftsnahe Presse,
die sonst Sie hochjubelt, so positiv, genauso wie In-
vestmentfonds. Wenn wir eine Scheinbuchung machen
würden, würden die Märkte nicht reagieren, wären Euro
und DAX am Montag, nach Ihren Wahlerfolgen, nicht
abgestürzt. Nach Ihrer Lesart hätte die Wirtschaftspresse
jubeln müssen, weil die Union endlich wieder in der La-
ge ist, vernünftige ökonomische Konzepte durchzuset-
zen.
Also: Bleiben Sie bei der Wahrheit! Dazu, daß Politik
in der Bevölkerung ein schlechtes Image hat, hat Ihre
Rede wieder anschaulich beigetragen.