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ID1405001600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1999 I n h a l t : Festlegung der Zahl und Zusammensetzung der zur Mitwirkung an den Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten der Eu- ropäischen Union berechtigten Mitglieder des Europäischen Parlaments ................................. 4321 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 4321 B Begrüßung der Oberbürgermeisterin von Bonn, Frau Bärbel Dieckmann, sowie des Altbundes- präsidenten Richard von Weizsäcker, der ehemaligen Präsidenten des Deutschen Bun- destages Annemarie Renger und Richard Stücklen, der ehemaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Helmuth Becker, Dieter-Julius Cronenberg, Lieselotte Funcke und Dr. Burkhard Hirsch, des früheren polni- schen Außenministers Professor Wladyslaw Bartuszewski, des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Professor Dr. Karl Lehmann, des Metropoliten von Deutschland Augoustinos Labardakis, des früheren Frak- tions- und Parteivorsitzenden der SPD Dr. Hans-Jochen Vogel und des ehemaligen Ober- bürgermeisters von Bonn, Dr. Hans Daniels....... 4325 A, ........................................ 4344 C, 4348 D, 4349 D, 4352 D, Tagesordnungspunkt 14: e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Überweisungsgesetzes (Drucksachen 14/745, 14/1067, 14/1301) .. 4321 D Zusatztagesordnungspunkt 4: a – h) Beschlußempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66 zu Petitionen (Drucksachen 14/1320, 14/1321, 14/1322, 14/1323, 14/1324, 14/1325, 14/1326, 14/1327) ..................................................... 4322 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Dreiunddreißig- sten Gesetzes zur Änderung des La- stenausgleichsgesetzes (Drucksache 14/866) .................................. 4322 C Tagesordnungspunkt 12: Vereinbarte Debatte „50 Jahre Demokratie – Dank an Bonn“ Wolfgang Thierse SPD.................................... 4322 D Dr. Helmut Kohl CDU/CSU............................ 4325 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 4332 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 4334 C Dr. Christa Luft PDS ....................................... 4336 B Wolfgang Clement, Ministerpräsident (Nord- rhein-Westfalen) .............................................. 4337 C Michael Glos CDU/CSU ................................. 4340 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 4342 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ........................ 4344 D Angela Marquardt PDS ................................... 4346 B Iris Gleicke SPD .............................................. 4347 B Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 4349 A Hans-Ulrich Klose SPD................................... 4349 D Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister (Berlin) ................................................................ 4352 D Nächste Sitzung ............................................... 4354 C Berichtigung .................................................... 4354 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1999 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 4355 A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Hartmut Ko- schyk (CDU/CSU) zur namentlichen Ab- stimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Schulhoff, Dirk Fischer (Hamburg) und weiterer Abgeor- dneter, Drucksache 14/1269, zu Abschnitt II der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (Drucksache 14/ 1238) zu den Anträgen zur Errichtung eines Mahn- mals oder Denkmals für die ermordeten Juden in Europa ......................................................... 4355 C Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dr. Willfried Penner (SPD) zur namentlichen Schlußab- stimmung über Abschnitt II der Be- schlußempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (Gestaltungsentwurf II), Druck- sache 14/1238 .................................................. 4355 D Anlage 4 Amtliche Mitteilungen..................................... 4355 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1999 4321 (A) (C) (B) (D) 50. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 49. Sitzung, Seite 4259 B, vorletzter Absatz: In der vor- letzten Zeile ist das Wort „Inflationsrate“ durch das Wort „Lohnsteigerung“ zu ersetzen. Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1999 4355 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmann (Aurich), Gila BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 1.7.99 Bleser, Peter CDU/CSU 1.7.99 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 1.7.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 1.7.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 1.7.99 Gebhardt, Fred PDS 1.7.99 Gilges, Konrad SPD 1.7.99 Hartenbach, Alfred SPD 1.7.99 Hovermann, Eike SPD 1.7.99 Hübner, Carsten PDS 1.7.99 Ibrügger, Lothar SPD 1.7.99 Irmer, Ulrich F.D.P. 1.7.99 Klinkert, Ulrich CDU/CSU 1.7.99 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 1.7.99 Lensing, Werner CDU/CSU 1.7.99 Ostrowski, Christine PDS 1.7.99 Reiche, Katherina CDU/CSU 1.7.99 Roos, Gudrun SPD 1.7.99 Rübenkönig, Gerhard SPD 1.7.99 Scheffler, Siegfried SPD 1.7.99 Schindler, Norbert CDU/CSU 1.7.99 Dr. Schmidt-Jortzig, Edzard F.D.P. 1.7.99 Schöler, Walter SPD 1.7.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 1.7.99 Schulz (Everswinkel), Reinhard SPD 1.7.99 Schurer, Ewald SPD 1.7.99 Sothmann, Bärbel CDU/CSU 1.7.99 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 1.7.99 Uldall, Gunnar CDU/CSU 1.7.99 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ände- rungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Schulhoff, Dirk Fischer (Hamburg), und weite- rer Abgeordneter, Drucksache 14/1269, zu Ab- schnitt II der Beschlußempfehlung des Aus- schusses für Kultur und Medien (Drucksache 14/1238) zu den Anträgen zur Errichtung eines Mahn- mals oder Denkmals für die ermordeten Juden in Europa (48. Sitzung, Seite 4129 D ff) Ich habe an der namentlichen Abstimmung zum Än- derungsantrag auf Drucksache 14/1269 während der 48. Sitzung des Deutschen Bundestages am 25. Juni 1999 teilgenommen und mit Ja gestimmt, womit ich den Antrag auf Drucksache 14/1269, der sich für den soge- nannten Richard-Schröder-Entwurf für das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin ausgesprochen hat, unter- stützt habe. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dr. Willfried Penner (SPD) zur namentlichen Schlußabstimmung über Ab- schnitt II der Beschlußempfehlung des Aus- schusses für Kultur und Medien (Gestaltungs- entwurf II), Drucksache 14/1238 (48. Sitzung, Seite 4135 A) Im Protokoll des Deutschen Bundestages für o. a. Sit- zung ist für die letzte namentliche Abstimmung (Schlußabstimmung) mein Abstimmungsverhalten mit ungültig vermerkt. Hiermit erkläre ich, daß ich in der letzten namentli- chen Abstimmung (Schlußabstimmung über den Ge- staltungsentwurf II) mit Nein gestimmt habe. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Innenausschuß – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bun-destag gemäß § 5 Abs. 3 Bundesstatistikgesetz(BStatG) für die Jahre 1997 und 1998 – Drucksachen 14/732, 14/829 Nr. 3 – 4356 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1999 (A) (C) (B) (D) Haushaltsausschuß – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1997 Über- und außerplanmäßige Ausgaben im erstenVierteljahr des Haushaltsjahres 1997 – Drucksachen 13/8299, 14/272 Nr. 73 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1997 Über- und außerplanmäßige Ausgaben im zweitenVierteljahr des Haushaltsjahres 1997 – Drucksachen 13/8408, 14/272 Nr. 74 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1997 Über- und außerplanmäßige Ausgaben im drittenVierteljahr des Haushaltsjahres 1997 – Drucksachen 13/9264, 14/272 Nr. 75 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1997 Über- und außerplanmäßige Ausgaben im viertenVierteljahr des Haushaltsjahres 1997 – Drucksachen 13/9984, 14/272 Nr. 76 – Amtliche Mitteilung ohne Verlesung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 14/488 Nr. 2.47 Innenausschuß Drucksache 14/671 Nr. 2.1 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/488 Nr. 2.4Drucksache 14/488 Nr. 2.5Drucksache 14/488 Nr. 2.6Drucksache 14/488 Nr. 2.7Drucksache 14/488 Nr. 2.10Drucksache 14/488 Nr. 2.11Drucksache 14/488 Nr. 2.12Drucksache 14/488 Nr. 2.18Drucksache 14/488 Nr. 2.21 Drucksache 14/488 Nr. 2.23Drucksache 14/671 Nr. 2.6.Drucksache 14/671 Nr. 2.11Drucksache 14/671 Nr. 2.16Drucksache 14/671 Nr. 2.33Drucksache 14/839 Nr. 1.2Drucksache 14/839 Nr. 2.1Drucksache 14/839 Nr. 2.4Drucksache 14/839 Nr. 2.5Drucksache 14/839 Nr. 2.6Drucksache 14/839 Nr. 2.7Drucksache 14/839 Nr. 2.8Drucksache 14/839 Nr. 2.9Drucksache 14/1016 Nr. 2.3Drucksache 14/1016 Nr. 2.4Drucksache 14/1016 Nr. 2.6Drucksache 14/1016 Nr. 2.8Drucksache 14/1016 Nr. 2.13Drucksache 14/1016 Nr. 2.15Drucksache 14/1016 Nr. 2.17Drucksache 14/1016 Nr. 2.21Drucksache 14/1016 Nr. 2.22 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 14/272 Nr. 112Drucksache 14/309 Nr. 2.9Drucksache 14/309 Nr. 2.19Drucksache 14/309 Nr. 2.24Drucksache 14/342 Nr. 1.9Drucksache 14/342 Nr. 2.25Drucksache 14/342 Nr. 2.41Drucksache 14/488 Nr. 2.13 Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/272 Nr. 145Drucksache 14/272 Nr. 148Drucksache 14/309 Nr. 1.4Drucksache 14/488 Nr. 1.3Drucksache 14/488 Nr. 2.40Drucksache 14/488 Nr. 2.45Drucksache 14/671 Nr. 2.7Drucksache 14/671 Nr. 2.13 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/74 Nr. 1.20Drucksache 14/74 Nr. 2.97Drucksache 14/342 Nr. 2.42Drucksache 14/671 Nr. 1.4Drucksache 14/671 Nr. 2.17Drucksache 14/1016 Nr. 2.20 Ausschuß für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung Drucksache 14/839 Nr. 2.10Drucksache 14/839 Nr. 2.13Drucksache 14/839 Nr. 2.16Drucksache 14/1016 Nr. 2.14 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Guido Westerwelle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte
    mich als Bonner Abgeordneter bei Ihnen, beim Haus
    und beim Präsidium, sehr herzlich dafür bedanken, daß
    Sie uns mit diesem Tag, auch mit der Vereidigung des
    neuen Bundespräsidenten hier in Bonn, gewissermaßen
    ein Abschiedsgeschenk machen. Ich habe gelesen, daß
    das vom Regierenden Bürgermeister von Berlin sogleich
    ein wenig neidisch beäugt wurde. Wir Rheinländer
    sagen dazu: Man muß auch gönnen können. Deswegen
    mein ganz herzlicher Dank als Bonner an Sie, daß Sie
    uns diese Ehre geben.


    (Beifall bei der F.D.P. und der SPD)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Bonner

    waren in den letzten 50 Jahren sehr gerne Gastgeber für
    die Bundespolitik. Wir bleiben das auch weiterhin gerne.
    Was nämlich vergessen wird, ist: Wir sind auch in
    Zukunft Gastgeber für die Bundespolitik, wenn auch in
    einem kleineren Rahmen.

    Ich bin als Bonner sehr dankbar dafür, daß meine
    Heimatstadt für mehr als 50 Jahre das Gesicht des de-
    mokratischen Deutschlands mit prägen durfte. Wenn der
    Gastgeber ein gutes Verhältnis zu seinen Gästen hat,
    fällt natürlich auch der Abschied schwer.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Deswegen gebe ich ganz offen zu, es schwingt viel

    persönliche Melancholie mit. Ich weiß auch von vielen,
    die hier ihre zweite Heimat gehabt haben, daß sie am

    Volker Beck (Köln)







    (A) (C)



    (B) (D)


    heutigen Tag durchaus melancholisch sind. Man sieht
    die Umzugskartons, fast an jeder Straße stehen Um-
    zugswagen, und man sieht viele leergeräumte Gebäude.
    Bei aller Freude, die mancher im Hinblick auf das neue
    Großstadtleben haben mag, werden Sie verstehen: Wir
    sind natürlich heute auch ein wenig melancholisch.


    (Beifall des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])

    Deswegen sage ich ganz offen: Ich fand die Rede des

    Altbundeskanzlers Helmut Kohl nicht nur im Hinblick
    auf das, was er an Historischem gesagt hat, sehr bewe-
    gend, ich bin ihm auch dafür richtig dankbar, daß er die
    passenden Dankesworte an Bonn gefunden hat. Ich
    wünschte mir, auch der neue Bundeskanzler würde in
    dieser Debatte das Wort ergreifen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das gehört sich so.

    Man mag sich in dieser oder einer anderen Stadt
    wohler fühlen, aber ich glaube, es ist nicht so toll – das
    werden Sie mir nachsehen müssen –, daß an einem sol-
    chen Tag, bei einer solchen Debatte vom ganzen Kabi-
    nett nur ein Minister anwesend ist. Bei allem Respekt
    vor den Staatssekretären – es sind alles großartige Per-
    sönlichkeiten –: Die Bundesregierung hätte an diesem
    Tag wirklich stärker präsent sein können.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das Umfeld, in dem Politik gemacht wird, bleibt nie
    ohne Einfluß auf die Entscheidungen der Politik. Die
    Bescheidenheit Bonns, das freiheitliche Klima unserer
    Universitätsstadt und eine gewisse Portion rheinischen
    Frohsinns haben auf die Bonner Politik im Positiven
    abgefärbt.

    Bonn hat sich weit über ein Provisorium hinaus ent-
    wickelt. Es hat der deutschen Politik meiner Einschät-
    zung nach stets gutgetan, daß in Bonn nicht Politik
    sozusagen aus dem Wartesaal betrieben wurde. Bonn hat
    in diesen fünf Jahrzehnten – 40 Jahre davon zu Zeiten
    der deutschen Teilung und nunmehr beinahe zehn Jahre
    seit dem Fall der Mauer – selbst ein Gewicht in dieser
    Republik bekommen.

    Wenn nun die Bezeichnung „Bonner Republik“
    verwendet wird, so ist dies für die Bonner nur sehr vor-
    dergründig schmeichelhaft; denn im Grunde genommen
    soll mit diesem Begriff eine Tradition abgelegt und die
    sogenannte Berliner Republik eingeläutet werden. Das
    ist sehr gefährlich. Das ist weit mehr als Sprache. Das ist
    Inhalt. Das ist Botschaft: gewissermaßen von der Wei-
    marer Republik kommend über die Bonner Republik in
    der Berliner Republik ankommend, als hätte Geschichte
    einen Endpunkt, als sei die Bonner Republik so unterge-
    gangen, wie die Weimarer Republik untergegangen ist.
    Als ein überzeugter Demokrat sage ich Ihnen: Ich hoffe,
    daß uns allen gemeinsam bewußt ist: Die Bonner Repu-
    blik – das unterscheidet sie von der Weimarer Republik
    – ist nicht untergegangen und gescheitert. Sie wird nicht
    abgelegt. Im Gegenteil, es wird darum gehen, das Beste
    dieser Bonner Zeit nach Berlin mitzunehmen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das Deutschland, das mit Bonn verbunden wird, ist
    das europäisch eingebundene, regional gegliederte und
    demokratische Deutschland. Das sind die Charakteristi-
    ka für die deutsche Politik in den letzten 50 Jahren ge-
    wesen, und das sollten sie auch in den nächsten 50 Jah-
    ren bleiben. Wer die Berliner Republik ausruft, stellt die
    Grundkoordinaten, die sich in Bonn bewährt haben, in
    Frage. Das ist ein Fehler.


    (Beifall bei der F.D.P. – Iris Gleicke [SPD]: Wer macht das denn?)


    – Das ist nicht nur an diejenigen adressiert, die das in
    der Politik tun. Sehr viele Intellektuelle tun dies, sehr
    viele Feuilletonisten schreiben so etwas. Ich möchte
    nicht, daß sich diese Gedankenwelt in unserem täglichen
    Sprachgebrauch ausdrückt.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Unsere Verfassung und unsere Republik bleiben die

    gleichen. Neue Fragen werden mit unserer Verfassung,
    dem bewährten Grundgesetz, beantwortet werden müs-
    sen. Das gilt für vieles gerade in Zeiten der Globalisie-
    rung.

    In Berlin ist alles größer, manchmal geradezu pom-
    pös. Die Sprache spricht Bände. Bonn war stets die
    Bundeshauptstadt. Berlin dagegen wird kurz Haupt-
    stadt genannt. Das ist mehr als Semantik. Es ist zugleich
    auch föderatives Selbstverständnis. Für mich ist Berlin
    immer noch die Bundeshauptstadt, meine sehr geehrten
    Damen und Herren.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Bonn hat nie den Rest der Republik zur Provinz werden
    lassen. Auch Berlin darf nicht die anderen Teile
    Deutschlands zur Provinz werden lassen.


    (Beifall bei der F.D.P., der SPD, der CDU/ CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Dieses kleine Bonn ist nicht provinziell. Maßvoll ist
    nicht mäßig und erst recht nicht mittelmäßig. Im Ge-
    genteil, es ist eine Tugend.

    Ich habe in dieser Woche einen von mir sehr ge-
    schätzten Intellektuellen, einen Buchautoren, im Fernse-
    hen gehört, der den Umzug mit den Worten kommen-
    tierte, jetzt ziehe der Bundestag zum Volk. Waren wir in
    Bonn nicht beim Volk?


    (Dr. Elke Leonhard [SPD]: Nein!)

    Kann man so tun, als bestünde das deutsche Volk nur
    aus Großstädtern? Wer als Parlamentarier in Bonn das
    Volk nicht treffen wollte, der wird es auch in Berlin
    nicht finden.


    (Beifall bei der F.D.P., der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Angela Marquardt [PDS])


    Die Fußläufigkeit des Regierungssitzes in Bonn ist
    oft belächelt und bespöttelt worden. Sie wird uns noch
    fehlen: nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil die tat-
    sächliche Nähe auch konfliktreduzierend gewirkt hat.
    Man konnte sich in Bonn niemals lange aus dem Wege

    Dr. Guido Westerwelle






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    gehen. Das zwang auch nach heftigem Streit zur rheini-
    schen Lösung von manchem Problem.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich empfehle das Fahrrad!)


    Kurz gesagt: Ich hoffe, daß wir uns auch in Berlin die
    rheinischen Tugenden, den Pragmatismus und die aus-
    geprägte Toleranzkultur, bewahren werden und daß wir
    uns nicht nur in der „Ständigen Vertretung“ bei rheini-
    schen Köstlichkeiten treffen werden. Die deutsche Poli-
    tik muß auch in Berlin durch Bescheidenheit geziert
    werden. Klaus Bölling hat wunderbar dazu geschrieben:

    Bonn hat der Welt Vertrauen eingeflößt. In Bonn
    hatte die „Wir sind wieder wer“-Mentalität niemals
    eine Chance. Sie darf auch in Berlin keine bekom-
    men.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der SPD)

    Wir Bonner werden unsere Zukunft meistern und un-

    sere Chancen nutzen. Die Bonner sind dem Bundestag
    für 50 gute Jahre dankbar. Auch der Bundestag zeigt
    heute seine Dankbarkeit, aber bitte nicht nur an diesem
    Tag. Am überzeugendsten kann dieser Dank nun durch
    die Sicherstellung von Planungssicherheit für die Bon-
    nerinnen und Bonner in Stadt und Umland gezeigt wer-
    den. Dieselbe Einmütigkeit, mit der wir in dieser De-
    batte Bonn danken, ist auch nach dem Umzug bei der
    Einhaltung der Bonn/Berlin-Vereinbarungen nötig.
    Wir hoffen nicht, daß der Bundestag nach dem Umzug
    gewissermaßen nach der Devise handelt: Aus den Au-
    gen, aus dem Sinn. Erinnern Sie sich an Bonn, auch in
    Berlin, und erinnern Sie sich in Berlin auch Ihrer Ver-
    antwortung gegenüber Bonn, meine sehr geehrten Da-
    men und Herren, Kolleginnen und Kollegen!


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wenn uns in Berlin gelingt, was in Bonn gelang,
    bleibt Deutschland auf einem guten Weg. Bonn wird Sie
    vermissen, und ich bin sicher, Sie werden manches Mal
    noch Bonn vermissen.


    (Beifall bei der F.D.P., der SPD, der CDU/ CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für die Fraktion der
PDS spricht nun die Abgeordnete Angela Marquardt.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Angela Marquardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Kollege Westerwelle, so be-
    rechtigt Ihre Kritik an der Bundesregierung gewesen ist,
    so kann ich, Frau Oberbürgermeisterin Dieckmann,
    wenn ich mir den gesamten Saal ansehe,


    (Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.]: Das ist wohl wahr!)


    hoffentlich davon ausgehen, daß es sich bei der Abwe-
    senheit von Kolleginnen und Kollegen weniger um Un-

    dankbarkeit handelt als darum, daß diese in anderer
    Form und an anderer Stelle – wahrscheinlich in der Stadt
    – ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.


    (Beifall bei der PDS)

    Wie Sie wissen, hatte ich keine Möglichkeit, 50 Jahre

    Bundesrepublik und damit Demokratie live zu erleben.
    Dafür bin ich zu jung. Aus dem Osten komme ich auch
    noch. Die BRD überkam mich erst 1989 mit der Wende.
    Vielleicht überrascht es einige, aber ich habe den
    Mauerfall und das Ende der DDR als ein sehr positives
    Ereignis empfunden. Gerade für mich bedeutete das Ab-
    danken des Politbüros einen enormen Zugewinn an per-
    sönlicher Freiheit und auch einen Zugewinn an Demo-
    kratie.

    Wenn Sie mich heute fragen, was ich mit Bonn ver-
    binde, dann ist es vor allem die große Demonstration
    gegen die faktische Abschaffung des Asylrechts im
    Jahre 1993.


    (Beifall bei der PDS)

    Fast 350 000 Menschen waren auf der Straße und nah-
    men ihr Recht in Anspruch, laut nein zu sagen. Doch
    was nutzte es? Eine übergroße Koalition strich, davon
    unbeeindruckt, ein wesentliches Grundrecht aus der Ver-
    fassung.

    Wenn wir heute 50 Jahre Demokratie feiern, dann
    sage ich Ihnen: Dies waren und sind auch 50 Jahre der
    Nichtachtung von außerparlamentarischer Opposition
    und damit von einem wichtigen demokratischen Enga-
    gement der Bürgerinnen und Bürger.


    (Beifall bei der PDS)

    Um so erstaunlicher ist es für mich, daß CDU/CSU ge-
    rade jetzt außerparlamentarischen Widerspruch pflegen,
    ja fast schon plebiszitäre Elemente zumindest praktisch
    einführen. Denn Helmut Kohl war es, der als Kanzler
    sagte: „Die demonstrieren, wir regieren.“ Jede Form von
    Arroganz der Macht läßt bei Engagierten Zweifel am
    Sinn demokratischer Freiheiten wie dem Demonstra-
    tionsrecht aufkommen. Gerade dieses ist natürlich den-
    noch besonders schützenswert.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute
    über die Bundesrepublik reden, dann reden wir über
    einen Staat, in dem es Menschen mit unterschiedlichen
    Rechten gibt: Menschen, die wählen dürfen, und sol-
    chen, denen dies untersagt ist, Menschen, die hier leben
    dürfen, und solchen, die an der Grenze zurückgewiesen
    bzw. abgeschoben werden, und das nur, weil sie einen
    falschen Paß haben. Wachsender Rechtsextremismus,
    wachsender Rassismus in der Gesellschaft, die un-
    menschliche Flüchtlingspolitik und eine oft schweigende
    Mehrheit, die rassistischen Pogromen wie zum Beispiel
    in Rostock zuschaut – das alles ist wenig ermutigend.
    Dennoch will ich meine Hoffnung zum Ausdruck brin-
    gen, daß – nach 50 Jahren und mit dem Beginn der so-
    genannten Berliner Republik – die kommenden Jahre
    der rechtlichen und faktischen Gleichstellung aller
    Menschen gehören werden, so wie es in unserem
    Grundgesetz vorgesehen ist. Das wäre für mich konse-

    Dr. Guido Westerwelle






    (A) (C)



    (B) (D)


    quenter als ein billiger Kompromiß zur doppelten
    Staatsbürgerschaft.


    (Beifall bei der PDS)

    Aber zur Freiheit gehören auch soziale Gerechtigkeit

    und Perspektiven für Jugendliche. Jeder Jugendliche
    ohne Berufsausbildung, jeder Mensch ohne Arbeit kann
    nur begrenzt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
    Deshalb ist die gesellschaftliche Realität nicht nur unso-
    zial, sondern faktisch auch undemokratisch. Nicht nur
    zwischen den materiellen Möglichkeiten der Kinder von
    Bundestagsabgeordneten und der Kinder alleinerziehen-
    der Sozialhilfeempfängerinnen liegen mehr als tausend
    Welten, sondern auch zwischen ihren realen Chancen,
    an den gesellschaftlichen und damit an den demokrati-
    schen Mitgestaltungsmöglichkeiten teilzuhaben.


    (Beifall bei der PDS)

    Gerade auch aus diesem Grunde möchte ich zum

    Schluß die Gelegenheit nutzen, einmal nicht den Politi-
    kerinnen und Politikern zu danken, sondern all denen,
    die draußen auf der Straße oder einfach mitten in der
    Gesellschaft immer wieder den Mut und die Kraft fin-
    den, nein zu sagen, wenn es nein zu sagen gilt, denen,
    die sich gegen Intoleranz und Krieg, gegen soziale Un-
    gerechtigkeit und Sexismus engagieren.

    Ich möchte den Menschen danken, die sich vergebens
    auf Demonstrationen die Füße wundgelaufen haben, sich
    in Bürgerinitiativen, in Antifa-Gruppen oder in gewerk-
    schaftlichen Initiativen engagieren, allen, die sich nicht
    damit begnügen wollen, alle vier Jahre wählen zu gehen.
    Ohne diese Menschen, ohne diese außerparlamentari-
    sche Opposition wäre dieses Land und wäre die Demo-
    kratie ärmer.

    Ob in Bonn oder in Berlin, wir Parlamentarierinnen
    und Parlamentarier müssen uns bewußt sein, daß Demo-
    kratie Mitbestimmung heißt. Das sollte in allen gesell-
    schaftlichen Bereichen gelten.

    Danke.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)