Rede:
ID1404104100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Dienstag, den 8. Juni 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: a) Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers Ergebnisse des Europäischen Rates am 3. und 4. Juni 1999 in Köln und zum Stand der Friedensbemühungen im Ko- sovo-Konflikt ............................................ 3483 A b) Antrag der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an einer interna- tionalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleistung eines sicheren Um- feldes für die Flüchtlingsrückkehr und zur militärischen Absicherung einer Friedensregelung für das Kosovo (Drucksache 14/1111) ................................ 3483 B Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 3483 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 3488 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg ...... 3492 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 3495 D Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA ........... 3497 C Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 3501 C Michael Glos CDU/CSU.................................. 3504 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN................................................... 3505 A Gernot Erler SPD............................................. 3507 D Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 3509 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 3511 C Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU...................... 3512 B Günter Verheugen, Staatsminister AA............. 3514 B Dr. Norbert Wieczorek SPD ............................ 3516 C Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Ankündigun- gen einer Mehrwertsteuererhöhung und einer fortlaufenden Erhöhung der Mi- neralölsteuer durch den Bundesfinanz- minister ..................................................... 3519 C Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 3519 D Jörg-Otto Spiller SPD...................................... 3520 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 3522 A Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 3522 D Heidemarie Ehlert PDS.................................... 3524 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF.............. 3525 A Friedrich Merz CDU/CSU............................... 3526 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 3527 D Dr. Günter Rexrodt F.D.P................................ 3528 D Wolfgang Grotthaus SPD ................................ 3529 D Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 3531 A Lydia Westrich SPD ........................................ 3532 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 3533 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD.............. 3534 C Nächste Sitzung ............................................... 3535 C Berichtigungen................................................. 3535 B Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 3537 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. Juni 1999 3483 (A) (C) (B) (D) 41. Sitzung Bonn, Dienstag, den 8. Juni 1999 Beginn: 9.30 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigungen 40. Sitzung am Freitag, 7. Mai 1999, Seite 3414 D, na- mentliche Abstimmung zum Entschließungsantrag auf Drucksache 14/997: Abgeordneter Dr. Reinhard Loske (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) hat sich bei der namentli- chen Abstimmung nicht, wie angegeben, der Stim- me enthalten, sondern mit Nein gestimmt. Dement- sprechend ändert sich das endgültige Ergebnis der Abstimmung. Die Zahl der Nein-Stimmen beträgt tatsächlich 567 und der Enthaltungen 8. Im selben Plenarprotokoll ist auf Seite III sowie auf Seite 3473 A jeweils bei Anlage 6 statt Günter Veit ,,Rüdiger Veit“ zu lesen. Bei den unter Anlage 6 aufgeführten Namen gehört die Abgeordnete Claudia Roth (Hamburg) nicht der SPD- Fraktion an, sondern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Auf Seite 3478 D ist bei dem Rednerkopf Petra Ernstberger statt PDS ,,SPD“ zu lesen. Reinhard Schultz (Everswinkel) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. Juni 1999 3537 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmann (Aurich), Gila BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8.6.99 Blank, Renate CDU/CSU 8.6.99 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 8.6.99 Braun (Augsburg), Hildebrecht F.D.P. 8.6.99 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 8.6.99 Bruckmann, Hans-Günter SPD 8.6.99 Bulmahn, Edelgard SPD 8.6.99 Eichhorn, Maria CDU/CSU 8.6.99 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 8.6.99 Fischer (Berlin), Andrea BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8.6.99 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8.6.99 Frick, Gisela F.D.P. 8.6.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 8.6.99 Friedrich (Bayreuth), Horst F.D.P. 8.6.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 8.6.99 Funke, Rainer F.D.P. 8.6.99 Gebhardt, Fred PDS 8.6.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 8.6.99 Gradistanac, Renate SPD 8.6.99 Günther (Plauen), Joachim F.D.P. 8.6.99 Hartenbach, Alfred SPD 8.6.99 Heinrich, Ulrich F.D.P. 8.6.99 Dr. Höll, Barbara PDS 8.6.99 Hoffmann (Wismar), Iris SPD 8.6.99 Hornung, Siegfried CDU/CSU 8.6.99 Hübner, Carsten PDS 8.6.99 Jäger, Renate SPD 8.6.99 Janz, Ilse SPD 8.6.99 Jüttermann, Gerhard PDS 8.6.99 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 8.6.99 Kampeter, Steffen CDU/CSU 8.6.99 Kasparick, Ulrich SPD 8.6.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Köster-Lößack, Angelika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8.6.99 Kolbow, Walter SPD 8.6.99 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 8.6.99 Kumpf, Ute SPD 8.6.99 Leidinger, Robert SPD 8.6.99 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 8.6.99 Lensing, Werner CDU/CSU 8.6.99 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine F.D.P. 8.6.99 Mante, Winfried SPD 8.6.99 Dr. Mayer (Siegertsbrunn), Martin CDU/CSU 8.6.99 Meckel, Markus SPD 8.6.99 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 8.6.99 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 8.6.99 Moosbauer, Christoph SPD 8.6.99 Müller (Jena), Bernward CDU/CSU 8.6.99 Müller (Kirchheim), Elmar CDU/CSU 8.6.99 Nahles, Andrea SPD 8.6.99 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 8.6.99 Oswald, Eduard CDU/CSU 8.6.99 Otto (Frankfurt), Hans-Joachim F.D.P. 8.6.99 Philipp, Beatrix CDU/CSU 8.6.99 Reiche, Katherina CDU/CSU 8.6.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 8.6.99 Rönsch (Wiesbaden), Hannelore CDU/CSU 8.6.99 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 8.6.99 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 8.6.99 Rübenkönig, Gerhard SPD 8.6.99 Schaich-Walch, Gudrun SPD 8.6.99 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 8.6.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 8.6.99 Schmidt-Zadel, Regina SPD 8.6.99 von Schmude, Michael CDU/CSU 8.6.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 8.6.99 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 8.6.99 3538 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. Juni 1999 (A) (C) (B) (D) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 8.6.99 Seehofer, Horst CDU/CSU 8.6.99 Späte, Margarete CDU/CSU 8.6.99 Spanier, Wolfgang SPD 8.6.99 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 8.6.99 Dr. Staffelt, Ditmar SPD 8.6.99 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 8.6.99 Tappe, Joachim SPD 8.6.99 Tauss, Jörg SPD 8.6.99 Teuchner, Jella SPD 8.6.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Uldall, Gunnar CDU/CSU 8.6.99 Voß, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8.6.99 Weißgerber, Gunter SPD 8.6.99 Wiesehügel, Klaus SPD 8.6.99 Willner, Gert CDU/CSU 8.6.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 8.6.99 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 8.6.99 Wolf, Aribert CDU/CSU 8.6.99 Wolff (Zielitz), Waltraud SPD 8.6.99 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 8.6.99 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Als
    nächster Redner hat der Kollege Klaus Müller von
    Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

    Klaus Wolfgang Müller (Kiel) (BÜNDNIS 90/DIE
    GRÜNEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Zum dritten Mal in dieser Legis-
    laturperiode, die noch gar nicht so alt ist – Kollege
    Spiller hat schon den 3. Dezember erwähnt; ich füge
    noch den 24. März hinzu –, herrscht heute verkehrte
    Welt: Oppositionspolitiker versuchen, uns eine Mehr-
    wertsteuererhöhung unterzujubeln. Damals beteiligte
    sich auch Herr Gysi von der PDS; es war also der große
    Klang der Oppositionspolitiker.


    (Zuruf des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.])







    (A) (C)



    (B) (D)


    In Wirklichkeit, Herr Koppelin, pfeifen CDU und F.D.P.
    im dunklen Wald, um von ihrem eigenen peinlichen
    Versagen in der Steuerpolitik abzulenken.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Reden wir doch einmal über Sie und Ihre Steuerpoli-
    tik! Hätten Sie in der letzten Legislaturperiode ein so-
    ziales Steuerkonzept ohne die Mehrwertsteuerfußnote
    vorgelegt, dann wären wir vielleicht schon weiter.


    (Dr. Günter Rexrodt [F.D.P.]: Habt ihr doch blockiert!)


    Oder nehmen Sie die vermeintlich neuen Bremer Be-
    schlüsse der F.D.P. Sie wollen die Steuersätze senken.
    Dafür haben wir volle Sympathie. Wer würde das nicht
    gerne tun! Sie entlasten im oberen Einkommensbereich;
    das können wir nachlesen. Wenn man aber einmal genau
    schaut, was bei Ihnen steht, und wenn man einmal nach-
    rechnet, was mit einem Einkommen von 20 001 DM
    passiert, dann stellt man fest, daß Ihre Steuersätze stei-
    gen. Hier sieht man ganz deutlich, was Ihre Politik ist:
    die Steuern für Reiche senken und für Arme noch erhö-
    hen. Ich finde, Sie sollten sich dafür schämen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Während sich die CDU/CSU zu Beginn der Legisla-
    turperiode eher auf destruktive Kritik beschränkt hat,
    sind wir inzwischen etwas weiter. Ich habe mit großem
    Interesse die Thesen des Kollegen Merz gelesen.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wahrscheinlich haben Sie sie aber nicht verstanden!)


    Bei vielen Punkten werden wir im Rahmen dieser Le-
    gislaturperiode sicherlich noch miteinander reden kön-
    nen. Das Interessante sind aber die Fußnoten. Wir haben
    ja inzwischen gelernt, daß man bei CDU/CSU-
    Steuerkonzepten auf die Fußnoten achten muß.


    (Zuruf von der SPD: Nur auf die Fußnoten achten!)


    Ich habe die 14 Fußnoten durchgelesen und feststellen
    müssen, daß Herr Merz leider noch unseriöser als Herr
    Waigel ist.


    (Zuruf von der SPD: Ist das denn möglich?)

    Herr Waigel hatte in der Fußnote wenigstens ehrlich er-
    klärt, wo die Gegenfinanzierung steckt. Herr Merz
    schreibt nur: „Durch die Verbreiterung der steuerlichen
    Bemessungsgrundlage könnten Steuermehreinnahmen
    von rund 50 Milliarden DM erzielt werden.“ – Könnten!
    Das ist das Prinzip Hoffnung. Das ist fahrlässig und un-
    seriös. Sie sagen den Leuten nicht, wer die Quittung
    zahlen soll. Das finde ich ausgesprochen peinlich.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Friedrich Merz [CDU/ CSU]: Das ist doch nicht das Thema dieser Aktuellen Stunde!)


    Scheinheilig ist die Forderung nach einer europa-
    weiten CO2-Abgabe. Die alte Regierung hat 16 Jahrelang alles zur Verhinderung einer solchen Abgabe getan.

    Frau Kollegin Hasselfeldt hat das gerade noch einmal
    bestätigt: Sie wollen keine Ökologisierung des Steuer-
    systems bei einer gleichzeitigen Entlastung des Fak-
    tors Arbeit. Ich finde, hier sind wir in der Diskussion
    schon wesentlich weiter. Mit einer Steuerpolitik für das
    21. Jahrhundert – ich nehme an, so ist die Überschrift zu
    verstehen – hat Ihre Politik an der Stelle leider nichts zu
    tun.


    (Joachim Poß [SPD]: Aber die Fraktion hat das ja nicht beschlossen!)


    Lassen Sie mich bei der Gelegenheit noch etwas zur
    Unternehmensteuerreform sagen. Wir haben eine
    Kommission mit Fachkompetenz eingesetzt. Wir sind
    aber nicht vorgegangen wie Ihre Regierung, die eben-
    falls eine solche Kommission eingesetzt hat – Herr
    Bareis war damals der Kommissionsvorsitzende –: Sie
    haben die Kommissionsbeschlüsse gelesen und haben
    festgestellt, daß Sie eine solche Reform nicht wollen,
    weil sie Ihnen zu kompliziert ist; also ab in den Papier-
    korb damit. Das war Ihr Vorgehen. Zwei Jahre später
    haben Sie die Kommissionsbeschlüsse wieder hervorge-
    zogen.

    Rotgrün wird das anders machen. Rotgrün wird sich
    an der Stelle Gründlichkeit vor Schnelligkeit leisten;
    denn sonst kämen Sie wieder an und würden sagen: Ihr
    habt alles viel zu schnell gemacht, ihr müßt nachbessern.
    Das ist Ihre scheinheilige Doppelstrategie. Diese werden
    Sie bei der Unternehmensteuerreform nicht anwenden
    können. Die Reform wird gründlich beraten, sie wird
    transparent gestaltet und sie wird zum 1. Januar 2001
    mit niedrigeren Steuersätzen bei einer international ver-
    gleichbaren Bemessungsgrundlage eingeführt. Auf die-
    sem Kurs befinden wir uns im Einklang mit unseren eu-
    ropäischen Nachbarn. Das ist der richtige Weg.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Lassen Sie mich, da Sie ja immer darüber diskutieren
    wollen, auch etwas zum Thema Mehrwertsteuererhö-
    hungen sagen. Der Bundeshaushalt hat einen Konsoli-
    dierungsbedarf, der enorm ist. Der Grund dafür liegt
    darin, daß Sie in der Vergangenheit durch Privatisie-
    rungserlöse und Tilgungsstreckungen dazu beigetragen
    haben, daß wir beim Haushalt ein echtes Chaos vorge-
    funden haben. Dieses Chaos wollen wir beseitigen. Rot-
    grün wird den Haushalt konsolidieren. Jede Steuererhö-
    hungsdebatte, so oft die F.D.P. auch danach rufen mag,
    ist kontraproduktiv.

    Wenn wir schon über Mehrwertsteuer diskutieren,
    könnten wir auch über das Bestimmungsland- und Ur-
    sprungsprinzip oder über den Güterkanon des ermäßig-
    ten Mehrwertsteuersatzes diskutieren – das wäre okay.
    Nur, die Mehrwertsteuerdebatten, die Sie führen, sind
    verkehrt; genauso ihre Polemik gegen eine Neuordnung
    des Verhältnisses von indirekten Steuern zu direkten
    Sozialabgaben. Ich erinnere mich, daß der Bundestag
    dazu im vergangenen Jahr schon einmal etwas – sogar
    mit großer Mehrheit – beschlossen hat. Ich glaube, das
    war damals ein richtiger Schritt. Nach einer gelungenen
    Ökosteuerreform und nach einer gelungenen Renten-
    reform können Sie das noch einmal aufs Tapet bringen.
    Dann sind wir gern bereit, auch darüber zu reden.

    Klaus Wolfgang Müller (Kiel)







    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Ich komme leider zum Schluß. Ich finde es bedauer-
    lich, daß Ihnen in der Steuerdebatte nichts anderes ein-
    fällt, als uns immer wieder mit Aktuellen Stunden zu
    traktieren. Das ist ausgesprochen wenig. Ich finde, daß
    Sie an der Stelle ein bißchen mehr bieten könnten. Das
    wäre allein im Hinblick auf das Niveau dieser Debatte
    erhellend.

    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächste Rednerin hat die Kollegin Heidemarie Ehlert
von der PDS-Fraktion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heidemarie Ehlert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Sehr ge-
    ehrte Damen und Herren! Die Steuerreform der rotgrü-
    nen Regierung hatte unter anderem die Entlastung der
    Arbeitnehmerinnen und der Familien zum Ziel. Doch
    mit dem Wechsel des Finanzministers wurde offensicht-
    lich auch der Kurs der SPD gewechselt. Während sich
    Herr Waigel in kreativer Buchführung übte, kreiert Herr
    Eichel den Sozialabbau zum Stopfen von Haushaltslö-
    chern. Die Meldungen überbieten sich täglich. Da ist
    nun von Kürzungen der Arbeitslosenhilfe und des Ar-
    beitslosengeldes die Rede. Dabei geht es nicht nur um
    die Reduzierung der vom Bund gezahlten Beiträge zur
    Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung von Ar-
    beitslosen, wodurch Arbeitslose später weniger Rente
    bekommen – dies soll 4 Milliarden DM Einsparungen
    bringen –, sondern auch um Streichung der Zuschläge
    für Bezieher von Arbeitslosenunterstützung mit Kindern
    zur Einsparung von weiteren 2,5 Milliarden DM.

    Die Renten sollen 2000 und 2001 nur halb so stark
    steigen, wie es nach dem Nettolohnanstieg eigentlich er-
    forderlich ist, damit der Bund weitere 4 Milliarden DM
    sparen kann. Ihnen kommt doch das Haushaltsdefizit
    von 30 Milliarden DM gerade recht, um die Familien
    den Familienlastenausgleich selbst finanzieren zu lassen.
    Da aber die bereits genannten Maßnahmen noch immer
    nicht zur Finanzierung der geplanten steuerlichen Entla-
    stung vor allem von großen Unternehmen ausreichen,
    fordert der Finanzminister jetzt eine Erhöhung der
    Mehrwertsteuer und der Mineralölsteuer.


    (Joachim Poß [SPD]: Wo hat er das denn gemacht?)


    Ich halte im Gegensatz zu Herrn Loske eine regelmä-
    ßige Anhebung der Mineralölsteuer ohne Maßnahmen
    des ökologischen Umbaus, ohne verkehrsmittelunab-
    hängige Entfernungspauschale und ohne Ausbau des
    ÖPNV nicht für vernünftig und auch nicht für ökolo-
    gisch.


    (Beifall bei der PDS)

    Mit der Forderung von Mehreinnahmen in Höhe von 11
    bis 12 Milliarden DM wird nicht einmal mehr der An-
    schein einer ökologischen Reform gewahrt. Einziges
    Resultat wird sein, daß gerade den Arbeitnehmerinnen
    und Arbeitnehmern, denen bereits bisher immer höhere

    Mobilität abverlangt wurde und immer längere Arbeits-
    wege zugemutet wurden, nun weitere Kosten auferlegt
    werden, ohne ihnen überhaupt die Chance zur verstärk-
    ten Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu
    geben. Gerade für diese Menschen vermissen wir flan-
    kierende Maßnahmen, wie den Ausbau eines bezahlten
    öffentlichen Nahverkehrs.

    Dafür kreieren Sie, Herr Minister Eichel, eine weitere
    Doppelbelastung; denn neben der Mineralölsteuererhö-
    hung fordern Sie auch noch eine Erhöhung der Mehr-
    wertsteuer zur Finanzierung der geplanten Entlastung
    der ertragsstarken Unternehmen. Da Ihnen der Mut zur
    Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und zum Ab-
    bau von steuerlichen Vergünstigungen für Unternehmen
    bzw. zur Wiedererhebung der Vermögensteuer fehlt,
    sollen die Haushaltslöcher durch weitere Anhebungen
    von Steuern gestopft werden.

    Anstatt alle Bürger gleichmäßig ihrer wirtschaftlichen
    Leistungsfähigkeit entsprechend steuerlich heranzuzie-
    hen, wie es in § 3 der Abgabenordnung gefordert wird,
    bezahlen Arbeitslose und Studierende, Sozialhilfebe-
    rechtigte, Rentnerinnen und Rentner die Steuergeschen-
    ke an Unternehmen. Statt über die Einführung einer
    Schwerlastabgabe zur Verlagerung der Transporte von
    der Straße auf die Schiene nachzudenken, denkt die SPD
    über weitere Ausnahmen der Mineralölsteuer für das
    Speditionsgewerbe nach.

    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
    zum Familienlastenausgleich nutzen Sie nicht nur für Ih-
    re scheinheiligen Argumente, sondern auch als Mogel-
    packung; denn eine Erhöhung der Verbrauchsteuern ist
    zutiefst sozial ungerecht, da die Zeche der Endverbrau-
    cher über die Preise zahlt. Es erhöhen sich aber nicht nur
    die Preise für Luxusgüter, wie bei der von uns gefor-
    derten Einführung einer Luxussteuer, sondern alle Prei-
    se, auch die für Waren des täglichen Bedarfs, Kleidung,
    Medikamente und so weiter. Menschen mit geringem
    Einkommen sind davon besonders betroffen.

    Hinzu kommt, daß eine Erhöhung der Verbrauchsteu-
    ern dazu beiträgt, die Kaufkraft und das Wirtschafts-
    wachstum zu schwächen. Sie leisten damit also keinen
    Beitrag zu Wirtschaftswachstum und mehr Beschäfti-
    gung. Phantasielos fordern Sie Ihre Kolleginnen und
    Kollegen zu Einsparungen auf. Den größten Tribut muß
    der Sozialbereich leisten. Sie belasten damit gerade die-
    jenigen Menschen, die noch Herr Lafontaine entlasten
    wollte, nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
    mer sowie die Familien. Doch der neue Steuermann hat
    den Kurs geändert. Das neue Ziel heißt Rotstift bei So-
    zialleistungen und Erhöhung der Steuern.

    Machen Sie Schluß mit der Privilegierung bzw. Dis-
    kriminierung bestimmter Personengruppen. Sorgen Sie
    für die Durchsetzung von Steuergerechtigkeit bei Ar-
    beitnehmern und Unternehmern gleichermaßen, dann
    können Sie nicht nur Ihre Haushaltslücke in Höhe von
    30 Milliarden DM schließen, sondern auch mit unserer
    Unterstützung rechnen. Steuererhöhungen werden wir
    wie bisher nicht zustimmen.