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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Theodor Waigel.............................. 2761 A Eintritt des Abgeordneten Wolfgang Steiger in den Deutschen Bundestag............................ 2761 A Erweiterung der Tagesordnung.......... 2761 B, 2817 A Absetzung des Punktes 8 von der Tagesord- nung ................................................................. 2762 A Tagesordnungspunkt 5: a) Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers anläßlich des 50. Jah- restages der Gründung der Nordatlan- tikpakt-Organisation................................ 2762 B b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN NATO-Gipfel in Washington und Wei- terentwicklung des Bündnisses (Druck- sache 14/599) ............................................. 2762 B c) Antrag der Fraktion der CDU/CSU Die Handlungsfähigkeit der Nordatlan- tischen Allianz für das 21. Jahrhundert sichern (Drucksache 14/316)..................... 2762 B d) Antrag der Fraktion PDS Europäische Sicherheitsarchitektur statt Dominanz der Nordatlantischen Allianz (Drucksache 14/454 (neu)) ........................... 2762 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P. 50 Jahre Nordatlantisches Bündnis (Drucksache 14/792) .................................. 2762 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 2762 C Volker Rühe..................................................... 2766 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2770 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 2773 A Joseph Fischer, Bundesminister AA................ 2776 A Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 2779 A Markus Meckel SPD.................................... 2781 B Michael Glos CDU/CSU ................................. 2781 D Gernot Erler SPD............................................. 2784 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2786 C Markus Meckel SPD........................................ 2787 C Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU... 2789 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 2791 B Peter Zumkley SPD ......................................... 2792 D Dr. Christoph Zöpel SPD................................. 2794 B Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Friedrich Merz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Deutschland muß verläßlicher Partner in europäischer Raumfahrt bleiben (Drucksache 14/655) .................................. 2795 C Ilse Aigner CDU/CSU..................................... 2795 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 2797 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 Thomas Rachel CDU/CSU .......................... 2799 C Dr.Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU.. 2801 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 2801 B Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2801 D Jürgen W. Möllemann F.D.P. .......................... 2804 B Jörg Tauss SPD............................................ 2805 C Thomas Rachel CDU/CSU .............................. 2806 D Stephan Hilsberg SPD ................................. 2807 A Lothar Fischer (Homburg) SPD....................... 2809 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. ..................... 2809 D Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU .................. 2811 B Bodo Seidenthal SPD....................................... 2812 D Thomas Rachel CDU/CSU .............................. 2815 B Tagesordnungspunkt 15: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Reform des Staatsangehörig- keitsrechts (Drucksache 14/744)............... 2815 C b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Über- weisungsgesetzes (Drucksache 14/745) .... 2815 C c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 8. Dezem- ber 1997 über wirtschaftliche Partner- schaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Euro- päischen Gemeinschaft und ihren Mit- gliedstaaten einerseits und den Ver- einigten Mexikanischen Staaten ande- rerseits (Drucksache 14/684)..................... 2815 D d) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (Arbeits- gerichtsbeschleunigungsgesetz) (Druck- sache 14/626) ............................................. 2815 D e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), weiteren Abgeord- neten und der Fraktion CDU/CSU einge- brachten Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Verkehrswege- planungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 14/544) .................................. 2815 D f) Antrag der Fraktion der CDU/CSU Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache 14/542) ....................................................... 2816 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Dezember 1995 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schwe- den zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (Drucksache 14/748) .................................. 2816 A b) Antrag der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P. Für eine sofortige Verhängung umfas- sender Handelssanktionen gegen Jugo- slawien (Drucksache 14/793) .................... 2816 A c) Antrag der Abgeordneten Gabriele Fogra- scher, Adelheid Tröscher, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster- Loßack, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN UN-Sondergeneralversammlung – 5 Jah- re nach der Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung in Kairo – Aktive Be- völkerungspolitik in der Entwicklungs- zusammenarbeit (Drucksache 14/797)......... 2816 B d) Antrag der Abgeordneten Fred Gebhardt, Heidi Lippmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Ausschluß des Eintritts Minderjähriger in die Bundeswehr (Drucksache 14/551) . 2816 B e) Antrag der Abgeordneten Fred Gebhardt, Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Einsatz von Kindern als Soldaten wirk- sam verhindern (Drucksache 14/552) ...... 2816 C f) Antrag der Abgeordneten Karin Kort- mann, Brigitte Adler, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion SPD sowie der Ab- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 III geordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele, Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gegen den Einsatz von Kindern als Soldaten in bewaffneten Konflikten (Drucksache 14/806) .................................. 2816 C Tagesordnungspunkt 16: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Techno- logie zu der Verordnung der Bundesregie- rung Aufhebbare Einhundertachtunddrei- ßigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirt- schaftsgesetz – (Drucksachen 14/264, 14/305 Nr. 2.2, 14/729) ....................................................... 2816 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung Privatisierung von Bundesbeteiligungen hier: Veräußerung der Geschäftsan- teile an der Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH, Organ der staatlichen Woh- nungspolitik, Mainz (Drucksachen 14/186, 14/305 Nr. 1.1, 14/657) ....................................................... 2817 A Zusatztagesordnungspunkt 12: a) bis e) Beschlußempfehlungen des Peti- tionsausschusses Sammelübersichten 38, 39, 40, 41, 42 (Drucksachen 14/814, 14/815, 14/816, 14/817 und 14/818) .................................... 2817 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes (Drucksa- chen 14/389, 14/474, 14/820)..................... 2817 C Brigitte Lange SPD.......................................... 2817 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU .......... 2819 B Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 2820 D Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ........................... 2821 D Dr. Klaus Grehn PDS....................................... 2822 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung als Bauherr zu Schwarzarbeit und außertariflicher Be- schäftigung auf den Baustellen des Bundes in Berlin und zu den Auswir- kungen auf die Beschäftigungssituation im Baugewerbe Berlins und Branden- burgs sowie die ostdeutsche Bauwirt- schaft insgesamt ....................................... 2823 D Petra Pau PDS.................................................. 2823 D Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVB ............................................................. 2825 A Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU................. 2826 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 2827 C Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ........................... 2828 B Renate Rennebach SPD ................................... 2829 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 2830 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2831 C Dr. Klaus Grehn PDS ...................................... 2832 D Gabriele Iwersen SPD ..................................... 2833 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 2834 D Wolfgang Weiermann SPD ............................. 2835 D Konrad Gilges SPD ......................................... 2837 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...................... 2838 B Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Entschuldungsinitiative anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels der G-7/G-8- Staaten in Köln (Drucksache 14/794) ...... 2839 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Christian Ruck, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion CDU/CSU Entschuldung armer Entwicklungs- länder – Initiativen zum G-8-Gipfel in Köln (Drucksache 14/785)......................... 2839 A b) Antrag der Abgeordneten Carsten Hübner, Fred Gebhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS Umfassender Schuldenerlaß für einen Neuanfang (Drucksache 14/800) .............. 2839 A IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ ........................................................... 2839 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU.................... 2841 C Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 2842 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 2844 A Joachim Günther (Plauen) F.D.P. .................... 2845 B Adelheid Tröscher SPD ................................... 2847 A Carsten Hübner PDS........................................ 2848 C Frank Hempel SPD .......................................... 2850 B Dr. Ralf Brauksiepe CDU/CSU ....................... 2851 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ ...... 2853 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU.................... 2854 D Dagmar Schmidt (Meschede) SPD .................. 2855 B Zusatztagesordnungspunkt 7: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neurege- lung des Schutzes parlamentarischer Beratungen (Drucksache 14/183) ............. 2856 D b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Sabine Jünger und der Fraktion PDS eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Bannmeilenregelung (Drucksache 14/516) ....................................................... 2857 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. ...................... 2857 A Dieter Wiefelspütz SPD................................... 2858 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. .................. 2859 C Dieter Wiefelspütz SPD................................... 2859 D Joachim Hörster CDU/CSU............................. 2860 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 2861 B Roland Claus PDS ........................................... 2862 B Dieter Wiefelspütz SPD............................... 2862 D Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Hartmut Büttner (Schönebeck), Margarete Späte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Beteiligung des Bundes an Gedenkstät- ten und Mahnmalen zur Erinnerung an die beiden deutschen Diktaturen und ihre Opfer (Drucksache 14/656) ............... 2863 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Gert Weisskir- chen (Wiesloch), Angelika Krüger-Leiß- ner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion SPD sowie der Abgeordneten Antje Vollmer, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Konzeption zur Förderung und Festi- gung der demokratischen Erinnerungs- kultur (Drucksache 14/796) ...................... 2864 A Hartmut Koschyk CDU/CSU .......................... 2864 B Angelika Krüger-Leißner SPD ........................ 2865 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P. ........... 2867 D Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 2869 A Dr. Heinrich Fink PDS .................................... 2870 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD ................ 2871 D Margarete Späte CDU/CSU............................. 2873 C Zusatztagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Keine weitere Unterstützung der Atom- kraftwerke Khmelnytsky 2 und Rivne 4 in der Ukraine (Drucksache 14/795) ........ 2875 C b) Antrag der Abgeordneten Angela Mar- quardt, Eva-Maria Bulling-Schröter, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion PDS Investitionen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in Khmelnystky 2 und Rivne 4 (Drucksa- che 14/708) ................................................ 2875 C c) Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU Festhalten an den Zusagen zum Bau von sichereren Ersatzreaktoren in der Ukraine (Drucksache 14/819) ................... 2875 C Monika Griefahn SPD ..................................... 2875 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU............................ 2876 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 2878 A Ulrike Flach F.D.P........................................... 2879 B Eva-Maria Bulling-Schröter PDS .................... 2880 B Horst Kubatschka SPD .................................... 2881 A Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, weite- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 V ren Abgeordneten und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Ge- setzbuchs (Verjährung Schadensersatz- forderungen für Zwangsarbeit) (Druck- sache 14/554) ............................................. 2882 B Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 2882 B Joachim Stünker SPD ...................................... 2883 B Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU ..................... 2885 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 2886 B Rainer Funke F.D.P. ........................................ 2887 C Nächste Sitzung ............................................... 2887 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 2889 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 2761 (A) (C) (B) (D) 35. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Winfried Nachtwei Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 2889 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Binding (Heidelberg), Lothar SPD 22.4.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 22.4.99* Fink, Ulf CDU/CSU 22.4.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 22.4.99 Dr. Gysi, Gregor PDS 22.4.99 Hasenfratz, Klaus SPD 22.4.99 Ibrügger, Lothar SPD 22.4.99 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 22.4.99 Kolbow,Walter SPD 22.4.99 Moosbauer, Christoph SPD 22.4.99 Müller (Berlin), Manfred PDS 22.4.99 Müntefering, Franz SPD 22.4.99 Nolte, Claudia CDU/CSU 22.4.99 Dr. Paziorek, Peter CDU/CDU 22.4.99 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 22.4.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Raidel, Hans CDU/CSU 22.4.99 Ronsöhr, Heinrich-Wilhelm CDU/CSU 22.4.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 22.4.99 Schmidbauer (Nürnberg), Horst SPD 22.4.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 22.4.99 Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 22.4.99 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 22.4.99 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.4.99 Weisskirchen (Wiesloch), Gert SPD 22.4.99 Willner, Gert CDU/CSU 22.4.99 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 22.4.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 22.4.99 Wolf, Aribert CDU/CSU 22.4.99 –––––––– *) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 2890 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. April 1999 (A) (C) (B) (D)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine
    sehr verehrten Damen und Herren Parlamentarische
    Staatssekretärinnen und Staatssekretäre! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Ich kann gut verstehen, daß die
    Regierung den Saal verläßt, wenn die PDS spricht. Ich
    muß aber daran erinnern, daß es eine Rede des Partners
    in Mecklenburg-Vorpommern, eine Rede des Wunsch-
    partners in Thüringen und eine Rede des Tolerierungs-
    partners aus Sachsen-Anhalt war.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Beginn

    dieser Woche hat der Deutsche Bundestag erstmals im
    Reichtstag in Berlin getagt. Es war ein Tag der Freude.
    Gemeinsam haben wir den Fall der Mauer und die
    glücklich wiedererlangte Vereinigung unseres Vaterlan-
    des gewürdigt. Die Einheit Deutschlands in Freiheit
    wurde erst durch die NATO ermöglicht; daran müssen
    wir an diesem Tag denken. Deswegen sind 50 Jahre
    NATO fünf gute Jahrzehnte für Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Wolfgang Gehrcke






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht an
    erster Stelle nicht eine Schmähung der NATO, sondern
    ein aufrichtiger und tiefempfundener Dank an unsere
    Partner und Freunde: Danke, daß ihr auch in schwieriger
    Zeit verläßlich an der Seite der Bundesrepublik
    Deutschland gestanden seid und die Bündnisverpflich-
    tungen in keiner Krise in Frage gestellt habt.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sagen auch den Soldaten des Bündnisses danke,

    die auf deutschem Boden stationiert und bereit waren,
    notfalls mit ihrem Leben für unsere Freiheit einzustehen.
    Danke sagen wir vor allen Dingen auch den amerikani-
    schen Soldaten, die weitab von ihrer Heimat – teilweise
    ohne ihre Familie – lange Zeit in unserem Land geblie-
    ben sind. Sie sind heute eine wichtige transatlantische
    Brücke. Der Umzug in das ferne Deutschland hat für sie
    sehr oft Opfer bedeutet.

    Ich weiß aus persönlicher Anschauung aus meinem
    Wahlkreis, wo immer große amerikanische Garniso-
    nen waren und heute noch sind, daß die amerikanischen
    Soldaten geschätzte Mitbürger und Mitbürgerinnen wa-
    ren und sind. Ich denke in dieser Stunde vor allen Din-
    gen an die drei gekidnappten amerikanischen Soldaten,
    die normalerweise in Schweinfurt in meinem Wahlkreis
    stationiert sind, die jetzt aber in serbischer Gefangen-
    schaft sind und deren Bilder wir im Fernsehen vorge-
    führt bekommen haben.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur unter
    dem Schutzschild NATO war der Wiederaufstieg unse-
    res Landes in Frieden und in Freiheit zum wirtschaftli-
    chen und sozialen Wohlstand denkbar. Ich glaube, auch
    daran sollten wir denken.

    Ich erinnere mich sehr genau, daß die erste Demon-
    stration meines Lebens, an der ich teilgenommen habe,
    nicht gegen die NATO, sondern für die Amerikaner war,
    die damals sehr viele Truppen aus Kitzingen nach Ku-
    weit verlegt haben. Wir haben spontan eine Demonstra-
    tion für diejenigen organisiert, die dort Freiheit und
    Menschenwürde verteidigt haben. Der damalige SPD-
    Oberbürgermeister Kitzingens hat sich geweigert mit-
    zutun. Das möchte ich erwähnen; wenn wir schon bei
    der Geschichte sind, müssen wir auch mit geschichtli-
    chen Wahrheiten operieren.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere
    Mitgliedschaft bei der NATO war ein Meilenstein für
    unsere Souveränität nach der Katastrophe des zweiten
    Weltkrieges. Wir feiern den 50. Jahrestag der NATO in
    einer schwierigen Zeit. Wir müssen uns daran erinnern,
    daß Bündnisse keine Schönwetterveranstaltungen sind.
    Unsere Bündnispartner haben die Bündnisverpflich-
    tungen in der Zeit des kalten Krieges eingehalten. Des-
    wegen muß auch das geeinte Deutschland zu seinen
    Bündnisverpflichtungen stehen. Wir haben inzwischen
    als ganz normales Land gleichberechtigt und gleichge-
    wichtig Verantwortung für das Bündnis übernommen.
    Das ist heute im Deutschen Bundestag – Gott sei Dank –
    Konsens zwischen allen demokratischen Parteien.

    Wir müssen auch daran erinnern, daß wir beim Ein-
    satz unserer Soldaten im Kosovo Bündnisverpflichtun-

    gen übernommen haben. Es ist gut, daß alle demokrati-
    schen Parteien – die PDS lasse ich aus gutem Grund
    weg –


    (Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das hätte mich auch gewundert, Herr Glos, wenn Sie uns einbezogen hätten!)


    hinter unseren Soldaten stehen. Ob dies allerdings noch
    bei allen Fußtruppen der Regierungsparteien so ist, das
    weiß ich nicht.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist die Frage!)


    Zu Äußerungen zum Beispiel aus Amerika heißt es,
    das seien Übersetzungsfehler. Aber auch, wenn ich mir
    Äußerungen von Parlamentarischen Staatssekretären
    und Staatssekretärinnen anhöre, muß ich sagen – ohne
    das überbewerten zu wollen –, daß die Unterstützung
    unserer Soldaten inzwischen leider stark in Zweifel ge-
    zogen worden ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist schon vom Kollegen Gerhardt angesprochen

    worden: Unsere Soldaten haben Anspruch darauf, daß
    sie nicht in einer rechtlichen Grauzone operieren. Es gibt
    derzeit – jeder kann es nachverfolgen – sehr viele Dis-
    kussionen darüber, in welcher Form wir uns in Albanien
    mit unseren Soldaten stärker beteiligen sollen und, wie
    ich meine, auch müssen, insbesondere zur Abwendung
    humanitärer Katastrophen.

    Ich habe mich gewundert, daß wir heute im Deut-
    schen Bundestag keinen Antrag auf den Tisch bekom-
    men haben, der die Dinge eindeutig und genau regelt.
    Der wäre von uns unterstützt worden. Da frage ich mich
    schon, ob nicht auch deswegen auf den Antrag verzich-
    tet worden ist – man kann das gerne anschließend rich-
    tigstellen –, weil man sich der Gefolgschaft der eigenen
    Fußtruppen nicht mehr sicher gewesen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Bündnisverpflichtung Deutschlands ist ein hohes

    Gut. Sie ist das Fundament deutscher Außenpolitik. Ich
    freue mich, daß wir einen zumindest verbal lernfähigen
    Außenminister haben. Deutsche Sonderwege darf es
    nach der Lehre der Geschichte nicht mehr geben. Das
    sehen Gott sei Dank auch die Bürgerinnen und Bürger
    unseres Landes so. Auf die Frage, ob Deutschland wei-
    terhin der NATO angehören soll, antworteten jüngst
    82 Prozent uneingeschränkt mit Ja. Das halte ich für er-
    freulich. Vor allem die Jugend sagt ja zur NATO. Die
    Zustimmung der 18- bis 24jährigen – gerade die jungen
    Männer dieses Alters müßten notfalls dafür einstehen –
    liegt bei 90 Prozent. Auch das ist, so glaube ich, ein
    Grund zur Freude. Das läßt hoffen, daß wir als
    Deutschland im nächsten Jahrhundert einen besseren
    Weg gehen, als das in diesem Jahrhundert der Fall war,
    daß wir auf der richtigen Seite mit dabei sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Für uns von der CSU war die NATO zu allen Zeiten

    die Überlebensversicherung für Frieden und Freiheit.
    Zentrale Fragen waren im Bundestag oft umstritten; ich

    Michael Glos






    (A) (C)



    (B) (D)


    will das hier nicht noch einmal alles aufzählen. Aber es
    gehört nun einmal zur geschichtlichen Wahrheit, Herr
    Bundeskanzler, daß Ihre Partei gegen die Westintegra-
    tion und gegen die Wiederbewaffnung unseres Landes
    gewesen ist. Die heutigen Regierungsparteien haben ve-
    hement den historischen NATO-Doppelbeschluß be-
    kämpft und in Kauf genommen, daß ihr eigener Bundes-
    kanzler gehen mußte.


    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Na, na, na!)

    – War es anders?


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So war es doch!)


    Dann können Sie es anschließend vielleicht erklären.
    Ich freue mich jedenfalls darüber, daß sich diese

    Überzeugungen geändert haben. Zumindest den führen-
    den Politikerinnen und Politikern traue ich dies zu. Ich
    traue denen, die vorne sitzen, auch zu, daß sie die Angst,
    die sie vor den eigenen Reihen haben, ein Stück über-
    winden. Gerade deswegen hätte ich mir gewünscht, daß
    wir hier im Deutschen Bundestag über das vorhin Ange-
    sprochene abstimmen. Ich könnte jetzt noch einmal die
    Mittel und Methoden aufzählen, mit denen die NATO
    früher bekämpft worden ist. Das führt uns letztendlich
    nicht weiter. Wir als Christen wissen: Im Himmel ist
    mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über
    99 Gerechte.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Bundeskanzler Gerhard Schröder: Daß ich von Ihnen noch einmal Absolution erhalte!)


    – Wenn Sie es so sehen, dann verzichte ich darauf, vor-
    zulesen – ich habe die „Frankfurter Allgemeine“ vom
    5. März 1990 dabei –, was Lafontaine dazu gesagt hat.


    (Dr. Theodor Waigel [CDU/CSU]: Schade!)

    Lassen wir es weg, daß Sie, Herr Schröder, ihm damals
    beigepflichtet haben. Letztendlich geht es immer um die
    Zukunft. Wir müssen die Zukunft aus der Erfahrung der
    Vergangenheit heraus bewältigen.

    Ich möchte an dieser Stelle zweifach gratulieren: Ich
    gratuliere Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl zur Aus-
    zeichnung in den Vereinigten Staaten zum „Mann des
    Jahrzehntes“.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)


    Ich gratuliere dazu, daß er der einzige Amerikaner ist,
    der die Freiheitsmedaille – –


    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Noch ist er Deutscher! – Gernot Erler [SPD]: Hat er schon die doppelte Staatsbürgerschaft?)


    – Es ist gut, daß wir wachsame Parlamentarierinnen und
    Parlamentarier haben: Er ist der einzige Nichtamerika-
    ner – wenn ich das „Nicht“ verschluckt habe, verzeihen
    Sie es mir bitte –, der die Freiheitsmedaille erhalten
    hat. Ich finde, das ist gleichzeitig eine Auszeichnung für
    Deutschland, daß wir zu unseren Zeiten – ich hoffe, das

    bleibt so – immer ein kalkulierbarer Partner gewesen
    sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich gratuliere auch Theo Waigel, der heute seinen
    60. Geburtstag feiert. Er gehört zu den Staatsmännern,
    die es ermöglicht haben, daß Helmut Kohl diese Politik
    hat gestalten können. Er stand an seiner Seite, war im
    Kaukasus dabei und hat entscheidende Weichenstellun-
    gen unseres Landes, vor allen Dingen die festere Inte-
    gration in Europa durch die Einführung des Euro, gelei-
    stet. Ich bedanke mich selbstverständlich auch bei Herrn
    Kinkel.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurück zu diesem
    elenden Krieg, dessen Zeugen wir ständig sind. Das
    Bündnis steht heute in der Bewährungsprobe, auch als
    Wertegemeinschaft. Milosevic führt Krieg gegen das
    eigene Volk, und Milosevic darf diesen Krieg nicht ge-
    winnen. Die Bilder der letzten Wochen führen uns vor
    Augen, wie grausam das Verbrechen der Vertreibung
    ist.


    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das stimmt! Ja!)


    Bei vielen Vertriebenen in unserem Land werden wieder
    Erinnerungen an die Schrecken, die man selbst durchlebt
    hat, wach. Deutschland steht hier ohne Zweifel an der
    Seite der Bündnispartner, und die CDU/CSU-Bundes-
    tagsfraktion hat die Bundesregierung in dieser Frage
    unterstützt. Unser gemeinsames Ziel muß es natürlich
    sein, eine weitere Eskalation dieses Krieges mit ganzer
    Kraft zu vermeiden.

    Es gehört zu den bitteren Realitäten dieser Welt, daß
    sich Gewalt oft nur mit Gegengewalt stoppen läßt. Al-
    lerdings sind nicht alle Krisen immer nur gewaltsam zu
    bewältigen. Deswegen sollten wir auch nach friedlichen
    Lösungen suchen und um friedliche Lösungen ringen.
    Aber das muß dann in der Weise geschehen, daß die
    Vorschläge dort vertreten werden, wo sie vertreten wer-
    den können. Ich wünsche dem Außenminister mehr Er-
    folg, als er bis jetzt gehabt hat. Es hat keinen Sinn, Vor-
    schläge zu verkünden, von denen man den Eindruck hat,
    sie würden manchmal nur „just for show“ für die Presse
    oder aber auch zur Beruhigung der eigenen Partei ge-
    macht.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Ich glaube, wir sollten an dieser Stelle auch einmal
    daran denken, daß sich viele Menschen bei uns im Land
    Sorgen machen – auch auf Grund der geschichtlichen
    Dimensionen, die gerade auf dem Balkan immer mit-
    spielen. Deswegen finde ich es gut, wenn das Verhältnis
    zu Rußland wieder gepflegt wird, wenn man sich nicht
    chauvinistisch benimmt, wenn man dort vor Ort ist, und
    wenn man nicht mehr sagt: Schluß mit dem Scheckbuch;

    Michael Glos






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    wir wollen nicht mehr einfach nur zahlen wie Kohl. –
    Was weiß ich, wie die Sprüche alle gelautet haben.

    Ich begrüße es, daß Stoiber dort war und mit den rus-
    sischen Partnern gesprochen hat. Es ist sicher auch gut,
    wenn Herr Tschernomyrdin sich jetzt auch bemüht, die-
    ses slawische Brudervolk – es handelt sich nicht um die
    Menschen dort; es handelt sich in erster Linie um Herrn
    Milosevic – davon zu überzeugen, daß es so, wie es jetzt
    läuft, nicht weitergehen kann.

    Die Situation, in der wir jetzt sind, ist natürlich auch
    eine Nagelprobe für die Regierungsfähigkeit nicht nur
    der Sozialdemokraten. Sie, Herr Bundeskanzler, sind ja
    in dieser Beziehung – um ein Wort zu gebrauchen, das
    derzeit umgeht – ein „Scheinselbständiger“, und zwar
    nicht im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Vielmehr meine ich damit, daß Sie nur so weit gehen
    können, wie Frau Radcke, Frau Röstel, Frau Altmann,
    Herr Trittin – wie sie alle heißen – Sie letztendlich ge-
    hen lassen. Ich kann Ihnen nur wünschen, daß Sie Ihre
    Handlungsfähigkeit dort wiedergewinnen. Wir können
    Ihnen nicht alle Probleme abnehmen und für Sie nicht
    alle Probleme lösen. Gerade unsere Soldaten haben An-
    spruch darauf, daß das ganze deutsche Parlament – las-
    sen wir einmal die Kommunisten weg – hinter ihnen
    steht, insbesondere auch die Kolleginnen und Kollegen
    aus den Regierungsparteien.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich möchte zum Schluß noch eine Bitte äußern, Herr

    Bundeskanzler. Wir sollten unsere Soldaten gerade in
    dieser Zeit nachhaltig vor Verunglimpfungen schützen.
    Die politische Konjunktur – Volker Rühe hat ja vorhin
    ein Beispiel dafür gebracht – kann ja wieder einmal um-
    schlagen. Deswegen sollten wir das, was die CDU/CSU
    und die F.D.P. im letzten Bundestag eingebracht haben
    – das ist leider nicht zu Ende beraten worden; es ist der
    Diskontinuität zum Opfer gefallen –, nämlich Bestim-
    mungen für den Ehrschutz der Soldaten, gemeinsam wie-
    der einbringen. Das ist schon im Ausschuß beraten wor-
    den. Das kann man schnell und direkt beschließen, und
    man hat mehr Frieden mit der Gesellschaft als durch eine
    solch komplizierte Geschichte wie die, ein neues Staats-
    bürgerschaftsrecht im Hauruckverfahren zu machen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir Europäer müssen – das ist heute schon gesagt

    worden; insbesondere auch vom Kollegen Rühe und
    vom Kollegen Gerhardt; es hat keinen Widerspruch ge-
    geben; die Regierung ist der gleichen Meinung – sicher
    in Zukunft eine größere, eine stärkere Rolle in der
    NATO übernehmen. Wir sind dazu bereit. Wir sind zu
    allen Zeiten dazu bereit gewesen und werden auch in
    Zukunft bereit sein, die Grundsätze, die der NATO zu-
    grunde liegen und die die Demokratien Europas als
    Stabilitätsinstrumente einsetzen, zu schützen und zu
    verteidigen. Und wenn wir Bündnispartner in der NATO
    bleiben, haben wir eine gute Perspektive für das nächste
    Jahrtausend. Nützen wir sie!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort für die
SPD-Fraktion hat der Kollege Gernot Erler.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gernot Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Runde Geburtstage – das zeigt
    diese Debatte – verleiten zu Rückblicken. Manch einen
    verleiten sie auch zu einem nochmaligen Schlagen ver-
    gangener Schlachten, wie man an den Beiträgen der
    Kollegen Rühe bis Glos in bezug auf Wiederbewaffnung
    und NATO-Doppelbeschluß sehen konnte.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sie mögen das nicht gern hören, das verstehe ich schon! Sagen Sie doch mal, was Sie damals gemacht haben!)


    Ich möchte hier einen Aspekt ansprechen, Herr Glos, der
    uns vielleicht auch in der Erinnerung etwas näher zu-
    sammenbringt.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sie sind doch auch einer von den linken Vögeln! Wo haben Sie denn gestanden?)


    In Deutschland muß ja der Blick auf die besondere Be-
    deutung der NATO-Mitgliedschaft für den deutschen
    Weg in die westliche Staatengemeinschaft fallen.

    Elf Jahre nach dem Krieg holte der Eintritt in die
    NATO die Bundesrepublik von der Strafbank weg,
    machte sie vom Angeklagten zum Partner. Aber da hatte
    der Kalte Krieg schon begonnen. Die DDR wurde Part-
    ner des anderen Bündnisses, das wir „Warschauer
    Pakt“ nannten. Und für 33 Jahre lief die waffenstarren-
    de Systemgrenze mitten durch Deutschland. Mauer und
    Stacheldraht wurden zum Synonym des deutschen
    Schicksals in der Nachkriegszeit, für viele einzelne
    Menschen wurden sie zum Verhängnis.

    Ich behaupte: Für kein anderes NATO-Land hatte die
    Bündnismitgliedschaft eine solche prägende Bedeutung
    wie für Deutschland. Man kann sagen: Unsere Integrati-
    on in die westliche Allianz war für die ganze deutsche
    Nachkriegsgeschichte konstitutiv und existentiell: kon-
    stitutiv im Sinne unserer Rückkehr in eine westliche In-
    teressen- und Wertegemeinschaft nach den Verbrechen
    der Nazi-Zeit und der Ausgrenzung als Folge davon,
    existentiell als einzige Quelle von Sicherheit in unserer
    Position als Frontstaat an der Grenze zweier antagonisti-
    scher Systeme.

    Weil wir über die NATO Reintegration gewonnen
    haben, besteht bei uns ein besonderes Verständnis für
    die Transformationsstaaten in Ost- und in Südosteuropa,
    die heute ihren Wunsch und ihr Drängen nach Mitglied-
    schaft in der Allianz als Chance zur Integration in Euro-
    pa verstehen. Unsere eigene geschichtliche Erfahrung
    auf beiden Seiten der heute verschwundenen System-
    grenze macht uns sensibel, gibt uns eine besondere Ver-
    antwortung, wenn es um den Erweiterungsprozeß der
    NATO geht.

    Als das Bündnis im Juli 1997 hierzu Entscheidungen
    zu treffen hatte, wurde die SPD-Bundestagsfraktion die-
    ser Verantwortung gerecht, indem sie eine Entschlie-
    ßung vorlegte, die drei Stichworte hervorhob: Vermei-

    Michael Glos






    (A) (C)



    (B) (D)


    dung neuer Grenzen in Europa, Partnerschaft mit Ruß-
    land und Fortsetzung des Abrüstungsprozesses. Diese
    Positionsbestimmung hat bis heute nichts an Aktualität
    verloren.


    (Beifall bei der SPD)

    Bei dem Erweiterungsprozeß des Bündnisses, der

    jetzt mit der Aufnahme von drei neuen Mitgliedern be-
    gonnen hat, bleibt die Vermeidung neuer Grenzlinien
    quer durch Europa die vordringlichste Aufgabe. Wir
    unterstützen insofern das Konzept, das wir im Gipfel-
    Dokument von Washington erwarten, nachdem die Alli-
    anz für die neuen Mitglieder offenbleibt, aber sich jetzt
    nicht bereits auf eine zweite oder dritte Runde festlegt.
    Diese Behutsamkeit ist klug. Sie vermeidet Rückstel-
    lungseffekte und Ausgrenzungsgefühle. Wir gewinnen
    damit Zeit. Diese müssen wir aktiv nutzen, um ein Ge-
    samtkonzept für Sicherheit und Stabilität in Europa
    zu entwickeln, in das der Erweiterungsprozeß der Alli-
    anz eingebaut ist, und Strategien, wie an den Außen-
    grenzen des Bündnisses als Integrationsraum trennende
    Grenzen zu vermeiden sind.

    Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Zwischen Polen
    und der Ukraine läuft heute die Grenze zwischen NATO
    und Nicht-NATO. Morgen wird dort die Grenze zwi-
    schen EU und Nicht-EU laufen, und damit werden in
    Polen die Regeln des Schengener Abkommens gelten.
    Die Grenze zwischen Polen und der Ukraine ist heute
    aber auch eine Brücke für den Austausch von Menschen
    und Waren, von grenzüberschreitenden Arbeitsverhält-
    nissen, aber auch von politischen Ideen und von Kultu-
    ren. Diese Grenze – und es gibt viele ähnliche Grenzen
    in Osteuropa und in Südosteuropa – darf nicht herme-
    tisch werden. Die Brückenfunktion muß erhalten blei-
    ben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Die Behutsamkeit des Erweiterungsprozesses gibt uns
    und den zahlreichen neuen Kandidaten auch die Chance,
    von jetzt zu sammelnden Erfahrungen zu profitieren.

    Vor wenigen Wochen haben wir Polen, Tschechien
    und Ungarn in das Bündnis aufgenommen. Wir hätten
    uns gewünscht, daß unsere neuen Partner nicht als erstes
    in die bisher schwerste Bewährungsprobe des Bündnis-
    ses geraten, die sich mit dem Namen Kosovo verbindet.
    Ich möchte hier unsere Anerkennung und unseren Dank
    dafür zum Ausdruck bringen, wie die drei neuen Partner
    diese Bewährungsprobe im Moment bestehen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Namentlich möchte ich Ungarn erwähnen, das einzi-
    ge NATO-Land mit einer direkten Grenze zur Bundes-
    republik Jugoslawien, ein Land, das sich Sorgen machen
    muß um 350 000 Landsleute jenseits der Grenze, in der
    Vojvodina, wo heute Bomben einschlagen. Wieviel nä-
    her, wieviel existentieller ist der furchtbare Konflikt in
    diesem Donauland, dieser Konflikt, der doch schon bei
    uns zahlreiche Risse in der öffentlichen Meinung, in den
    Parteien, ja, in den einzelnen Menschen selbst erzeugt!
    Wir haben eine Bringschuld an Solidarität gerade ge-

    genüber diesem Land, das eine so positive Rolle – dies
    ist heute vom Bundeskanzler noch einmal gewürdigt
    worden – bei dem deutschen Einigungsprozeß gespielt
    hat, nun unversehens Nachbar eines schrecklichen Ge-
    schehens wird und die Verantwortung doch voll trägt.
    Ich möchte diese Solidarität – ich hoffe, im Namen des
    ganzen Hauses – hier im Deutschen Bundestag zum
    Ausdruck bringen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Volker Rühe [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.])


    Bezüglich des Kosovo-Konflikts haben wir unseren
    Respekt noch für einen anderen Nachbarn im Osten aus-
    zudrücken – das ist auch in der Debatte in der letzten
    Woche geschehen –, nämlich für die Russische Födera-
    tion. Wir wissen, Moskau lehnt die Luftangriffe auf
    Serbien ab, verhält sich jedoch besonnen und macht
    politische Vermittlungsversuche, auf die sich viele
    Hoffnungen gründen. Das ist nicht selbstverständlich;
    denn wir kennen Rußlands Probleme hinsichtlich der
    Osterweiterung der NATO.

    Zu den guten Erfahrungen, die wir in diesen Tagen
    machen, zählen wir den Erfolg der NATO-Rußland-
    Grundakte vom 27. Mai 1997 und ihre Umsetzung.
    Gerhard Schröder hat es schon gesagt: Der ständige
    NATO-Rußland-Rat hat sich bewährt. Ich erinnere an
    die letzte Irak-Krise. In einer Zeit, wo Moskau die Bot-
    schafter aus Washington und London abzog, ist die All-
    tagsarbeit in dem ständigen NATO-Rußland-Rat fortge-
    setzt worden. Das ist ein guter Weg. Ich möchte das in
    diesem Satz zusammenfassen: Zur Zukunft der NATO
    gehört unverzichtbar die Partnerschaft mit Rußland und
    deren weiterer Ausbau.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das erwarten wir auch von den Dokumenten des bevor-
    stehenden NATO-Gipfels.

    Meine Kolleginnen und Kollegen, in der Grundakte
    wurden auch Zusagen zur Abrüstung gemacht, nament-
    lich zur konventionellen Abrüstung, zur Anpassung
    des KSE-Vertrages. Das war ein schwieriger Prozeß.
    Ich bin sehr froh, daß es gelungen ist, daß trotz dieser
    Schwierigkeiten noch rechtzeitig vor dem NATO-Gipfel
    ein Kompromiß zustande kam, ein Erfolg der KSE.


    (Beifall bei der SPD)

    Das war möglich auf der Basis von konstruktiven deut-
    schen Beiträgen.

    Ich möchte hier einen Namen nennen. In diesen Ta-
    gen verabschiedet sich der langjährige deutsche Chef-
    abrüster, Botschafter Dr. Rüdiger Hartmann, aus seinem
    politischen Leben im Dienste der Bundesrepublik. Sein
    Name ist eng mit diesem Erfolg verbunden. Ich möchte
    ihm von dieser Stelle aus herzlich für seine Arbeit dan-
    ken.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Gernot Erler






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Der Abrüstungsprozeß muß auf anderen Gebieten
    weitergehen. Es ist trotz mehrerer großer Abrüstungs-
    verträge noch nicht überall der Weg begonnen worden,
    sie auch umzusetzen. Es gibt noch immer viel zu viele
    Atomwaffen auf diesem Planeten. Es ist noch nicht ge-
    lungen, ihre weitere Verbreitung mit allen damit ver-
    bundenen Gefahren aufzuhalten.

    Ob Nonproliferation, wie es genannt wird, eine
    Chance bekommt, hängt auch davon ab, wie überzeu-
    gend die offiziellen Atomstaaten ihren Abrüstungsver-
    pflichtungen nachkommen und welche Rolle das west-
    liche Bündnis den Atomwaffen zumißt. Hier ist die
    NATO-Strategie gefragt.

    Es gibt bei uns eine Sorge: Wenn wir sagen, wir
    brauchen Atomwaffen auch, um Angriffe mit nicht-
    atomaren Waffen abzuwehren, dann stellt sich die Frage,
    wie wir anderen Ländern erklären und sie davon über-
    zeugen können, daß sie keine Atomwaffen brauchen.
    Hier gibt es ein Überzeugungsproblem im Hinblick auf
    das Ziel der Nichtverbreitung. Dieses Problem müssen
    wir lösen. Deshalb haben wir Bedarf an Diskussionen
    über die künftige Strategie der Allianz angemeldet.

    Es ist erfreulich, daß zu diesem Thema jetzt sehr vor-
    sichtige Formulierungen in das Strategiepapier der Alli-
    anz aufgenommen wurden. Es ist noch erfreulicher, daß
    in dem Gipfeldokument – wir begrüßen das – ein Auf-
    trag zur Prüfung genau des Aspekts, der in der Öffent-
    lichkeit „first use“ genannt wird, enthalten sein wird.
    Das ist wichtig; denn wenn die Strategie der Nichtver-
    breitung scheitert, dann werden wir vor neuen
    Rüstungswettläufen stehen. Diese wollen wir alle nicht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zusammenfassend möchte ich hier erklären: Wir sind
    uns der Bedeutung der NATO für den politischen Weg
    Deutschlands nach dem Krieg und für seine europäische
    Reintegration bewußt. Wir sind aus inhaltlicher Über-
    zeugung verläßliche Partner im Bündnis. Wir sehen eine
    gute Zukunft für das westliche Bündnis, einschließlich
    einer breiten öffentlichen Akzeptanz, wenn es gelingt,
    die von mir genannten drei Rahmenbedingungen und
    Begleitstrategien zu stärken. Ich fasse sie zusammen:
    Sie heißen Einbindung in ein europäisches Gesamtkon-
    zept von Sicherheit und Stabilität, mit dem neue Grenz-
    linien quer durch Europa vermieden werden und mit
    dem unsere Fähigkeit zur präventiven Friedenspolitik
    und zur Konfliktprävention verstärkt wird.

    Der zweite Aspekt betrifft den Ausbau der Partner-
    schaft mit der Russischen Föderation und auch mit der
    Ukraine.

    Der dritte Aspekt betrifft schließlich die Fortsetzung
    der Abrüstungspolitik mit neuen Anstrengungen und
    Initiativen, mit dem Ziel der Nichtverbreitung von
    Atomwaffen im Zentrum.

    Wir freuen uns, daß diese Elemente in den Formulie-
    rungen der neuen NATO-Strategie und in anderen Gip-
    feldokumenten in angemessener Weise zum Ausdruck
    kommen werden. Das wissen wir heute schon. Das ist
    ein Erfolg von stiller, aber engagierter Diplomatie zur

    Vorbereitung des Gipfels. Auch hier gab es zahlreiche
    engagierte deutsche Beiträge. Auch für diese Arbeit ha-
    ben wir hier zu danken.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)