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ID1403203300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/32 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 32. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 I n h a l t : Eintritt der Abgeordneten Gudrun Roos in den Deutschen Bundestag................................ 2619 A Nachträgliche Glückwünsche zum Geburts- tag der Abgeordneten Carl-Dieter Spran- ger, Dr. Martin Pfaff, Hans-Eberhard Ur- baniak ............................................................. 2619 B Tagesordnungspunkt 1: Eidesleistung des Bundesministers der Finanzen .................................................... 2619 B Präsident Wolfgang Thierse............................. 2619 C Hans Eichel, Bundesminister BMF............ 2619 D Dank an den ausgeschiedenen Bundesminister der Finanzen, Oskar Lafontaine .................... 2619 D Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers Aktuelle Lage im Kosovo ......................... 2620 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 2620 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 2623 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 2627 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 2629 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2632 C Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 2634 D Joseph Fischer, Bundesminister AA.......2638 B, 2641 D Dr. Gregor Gysi PDS................................... 2641 B Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bay- ern)................................................................... 2642 B Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2645 C Heidi Lippmann PDS................................... 2648 C Karl Lamers CDU/CSU................................... 2649 A Gernot Erler SPD............................................. 2650 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2653 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU.............. 2654 A Dr. Eberhard Brecht SPD ................................ 2654 D Otto Schily, Bundesminister BMI ..........2656 B, 2658 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU..................... 2658 B Nächste Sitzung ............................................... 2659 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 2661 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 32. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 2619 (A) (C) (B) (D) 32. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Bundesminister Otto Schily Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 32. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 2661 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.4.99 Behrendt, Wolfgang SPD 15.4.99 * Belle, Meinrad CDU/CSU 15.4.99 Bindig, Rudolf SPD 15.4.99 * Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 15.4.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15.4.99 * Dzembritzki, Detlef SPD 15.4.99 Eichhorn, Maria CDU/CSU 15.4.99 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 15.4.99 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 15.4.99 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 15.4.99 Haack (Extertal), Karl-Hermann SPD 15.4.99 Hasenfratz, Klaus SPD 15.4.99 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 15.4.99 Hornung, Siegfried CDU/CSU 15.4.99 * Hübner, Carsten PDS 15.4.99 Ibrügger, Lothar SPD 15.4.99 Imhof, Barbara SPD 15.4.99 Irber, Brunhilde SPD 15.4.99 Jaffke, Susanne CDU/CSU 15.4.99 Jelpke, Ulla PDS 15.4.99 Dr. Jens, Uwe SPD 15.4.99 Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 15.4.99 von Klaeden, Eckart CDU/CSU 15.4.99 Kolbow, Walter SPD 15.4.99 Lehn, Waltraud SPD 15.4.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 15.4.99 Manzewski, Dirk SPD 15.4.99 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 15.4.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Müller (Berlin), Manfred PDS 15.4.99 Müller (Kirchheim), Elmar CDU/CSU 15.4.99 Neumann (Bramsche), Volker SPD 15.4.99 Nolte, Claudia CDU/CSU 15.4.99 Ostrowski, Christine PDS 15.4.99 Raidel, Hans CDU/CSU 15.4.99 Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 15.4.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 15.4.99 Schenk, Christina PDS 15.4.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 15.4.99 Schloten, Dieter SPD 15.4.99 ** Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 15.4.99 von Schmude, Michael CDU/CSU 15.4.99 Schnieber-Jastram, Birgit CDU/CSU 15.4.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 15.4.99 Dr. Schwarz-Schilling, Christian CDU/CSU 15.4.99 Seiters, Rudolf CDU/CSU 15.4.99 Singhammer, Johannes CDU/CSU 15.4.99 Steen, Antje-Marie SPD 15.4.99 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 15.4.99 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 15.4.99 Vaatz, Arnold CDU/CSU 15.4.99 Wiefelspütz, Dieter SPD 15.4.99 Willner, Gert CDU/CSU 15.4.99 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 15.4.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 15.4.99 Wolf, Aribert CDU/CSU 15.4.99 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 15.4.99 Zapf, Uta SPD 15.4.99 ——————* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union 2662 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 32. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 (A) (C) (B) (D) Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl Lamers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Verehrte
    Kolleginnen und Kollegen! Ich scheue mich nicht, es zu
    sagen: Der eindrucksvolle Auftritt des Bundesverteidi-
    gungsministers belegt noch einmal sehr nachdrücklich,
    daß es nur äußerst selten – wenn überhaupt jemals –
    eine kriegerische Auseinandersetzung gegeben hat, die
    so ausschließlich von moralischen Motiven getragen
    war, wie das im Kosovo-Konflikt für die NATO-Länder
    zutrifft. Selbst in den USA – sonst gut für jeden Ver-
    dacht – wird von keinem Ernstzunehmendem ein
    geostrategisches Interesse oder ähnliches unterstellt –
    welches wohl auch?

    Von den Kosten, die uns im Prinzip vorher bekannt
    waren, will ich ganz schweigen. Damit meine ich nicht
    in erster Linie die finanziellen Kosten, obwohl sie be-
    trächtlich sind; vielmehr meine ich die politischen und
    vor allem die psychischen Kosten. Nein, dieser Konflikt
    ist für den Westen, ist für seine Völker und ihren Zu-
    sammenhalt eine außerordentliche Herausforderung. Er
    ist eine große Anstrengung, deren Ergebnis ungewiß ist
    und die im besten Fall in ziemlicher Zukunft erst nach
    weiteren großen Anstrengungen Früchte tragen wird.

    Also könnte doch trotz aller Mühen oder gerade um
    ihretwillen unser Gewissen ruhig sein. Das sagt uns un-
    ser Verstand. Aber unser Herz will nicht recht darauf
    hören. Wir alle sind unsicher und unruhig. Ich meine
    nicht nur jene Unruhe, welche die Ungewißheit jeden
    Krieges erzeugt. Es gibt noch eine andere Form von Un-
    sicherheit in uns. Ich glaube, wir nähern uns ihr, wenn
    wir uns die Frage stellen und zu beantworten suchen,
    weshalb wir nicht von Krieg sprechen wollen, wenn wir
    die Gewaltanwendung der NATO gegen Milosevic mei-
    nen.

    Wir verstehen unter Krieg die Auseinandersetzungen,
    die von Motiven und Zielen im Sinne handfester Interes-
    sen getragen sind und die hier eben fehlen. Auch die
    Terminologie vom „gerechten“ Krieg ist uns verleidet,
    hat sie doch allzuoft nur zur Bemäntelung solcher hand-
    festen Interessen gedient. Aber natürlich müssen wir uns
    darüber im klaren sein –, auch wenn dies kein Krieg im
    herkömmlichen Sinne ist – daß doch die Regeln, die den
    Krieg bestimmen, gelten. Etwa, daß erstens das Unvor-
    hergesehene das Wahrscheinliche ist, daß zweitens der
    Krieg zum Äußersten neigt und daß schließlich drittens
    Klarheit und Wirklichkeitsnähe seiner Ziele über seinen
    Erfolg oder Mißerfolg entscheiden. Das erste haben wir
    bereits erlebt; vor dem zweiten erschrecken wir, und an
    dem dritten mangelt es uns.

    Ja, wir haben uns getäuscht, vielleicht weil wir es
    wollten. Milosevic hat nicht schnell eingelenkt. Es mag
    ebensogut sein, daß er es schnell tut oder daß es noch
    sehr lange dauert. Es funktioniert nicht wie in Bosnien.
    Das Unvorhergesehene war eben nicht das Unwahr-
    scheinliche.

    Böse überrascht sind wir durch das Anschwellen der
    Flüchtlingszahlen seit den NATO-Luftschlägen. Zornig
    sind wir wegen der Zahlen und des dahinterstehenden
    Elends, des Leids und der Not, und zutiefst konsterniert
    sind wir, weil Milosevic die NATO-Luftschläge nutzt,
    um die schon lange geplante Vertreibung der Albaner
    mit brutaler Konsequenz umzusetzen und so auch noch

    den Schein eines ursächlichen Zusammenhangs zwi-
    schen beiden herzustellen, der NATO das Gefühl zu
    vermitteln, als habe sie das Gegenteil von dem erreicht,
    was sie bewirken wollte. Meine verehrten Kolleginnen
    und Kollegen von der PDS, genau diesen Eindruck be-
    fördern Sie mit Ihrem Antrag. Deswegen bin ich übri-
    gens dafür, daß wir ihn ablehnen und ihn nicht noch in
    die Ausschüsse überweisen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P.)


    Unvorhergesehen – ich sage auch hier nicht: unvor-
    hersehbar – ist schließlich die – soweit erkennbar – fast
    totale Solidarisierung der Serben mit Milosevic. Wir alle
    betonen – und dies vollkommen zu Recht –: Wir führen
    keinen Krieg gegen die Serben. Aber die Serben sehen
    das anders. Sie glauben zweifelsfrei, einen gerechten
    Krieg zu führen. Sicher ist das eine der gefährlichsten
    Folgen.

    Wie sind diese Reaktionen möglich? Ich werde dar-
    auf zurückkommen. Doch zuvor will ich auf die zweite
    Regel des Krieges zu sprechen kommen, seine Neigung
    zum Äußersten, wie Clausewitz sagt, was in unserem
    Fall den Einsatz von Bodentruppen meint. Im Sinne der
    grausamen Logik des Krieges läge es, zu behaupten:
    Wer „A“ sagt, muß auch „B“ sagen. Brecht dagegen
    meint: Wer „A“ sagt, muß nicht „B“ sagen. Er muß es in
    der Tat jedenfalls dann nicht, wenn er es nicht kann. Die
    demokratisch verfaßten Völker, die wohlhabenden Völ-
    ker des Westens können es nicht, weil ihnen die psychi-
    sche Disposition abgeht, die zum Kriegführen mit Toten
    notwendig ist, wenn es nicht unmittelbar um ihre eigene
    Existenz geht. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob das
    ein Zeichen von Schwäche oder gar Dekadenz oder im
    Gegenteil von Reife ist. Es kommt darauf an, wie wir
    damit umgehen. Jedenfalls will ich nachdrücklich fest-
    stellen: Niemandes Verantwortung reicht weiter als sei-
    ne Möglichkeiten reichen. Niemand muß mehr, als er
    kann. Diejenigen, die uns jetzt sagen: „Dann hättet ihr
    gar nicht erst anfangen sollen, überhaupt etwas zu tun“,
    sind doch zumeist dieselben, die uns aufgefordert haben:
    „Jetzt müßt ihr endlich etwas tun.“ Ich bin sicher, es wä-
    ren auch dieselben, die uns auffordern würden, ganz
    schnell Schluß zu machen, wenn es Tote gäbe. Daß es
    diese in einer bestimmten Größenordnung gäbe, die ich
    nicht näher bezeichnen will, dessen bin ich mir sicher.
    Das gehört zur Ambivalenz der Stimmungen in demo-
    kratisch verfaßten Gesellschaften. Weil das so ist, ver-
    ehrte Kolleginnen und Kollegen, bin ich, wie Wolfgang
    Schäuble, gegenüber einer allzu emotionalen Rhetorik
    und einem gewissen moralischen Überschuß skeptisch.
    Beide sind Elemente in dem Prozeß, der den Krieg zum
    Äußersten treibt. Sie drohen damit, das außer acht zu
    lassen, was möglich und damit das Eigentliche ist, das
    heißt, das politisches Ziel sein soll und sein kann. Über
    dieses kann man in den Verlautbarungen der NATO-
    Länder nicht allzuviel lesen. Ich meine damit natürlich
    nicht die klare und vollkommen selbstverständliche For-
    derung nach dem Ende der Kämpfe, dem Abzug der
    Streitkräfte der Serben, der Rückkehr der Flüchtlinge
    und der Stationierung einer internationalen Schutz-
    truppe. Ich meine nicht alle Anstrengungen zur Beendi-
    gung von Vertreibungen und der Kämpfe und auch nicht






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    das, was jetzt etwas großspurig, wie ich finde, „Frie-
    densplan“ genannt wird. Das alles ist richtig. Wir unter-
    stützen dies einschließlich der Bemühungen, die Russen
    wieder stärker einzubeziehen. Nein, ich meine das, was
    danach kommt, den politischen Zustand nach dem Ende
    der Kämpfe. Ich meine eine tragfähige Grundlage für
    den Frieden. Dazu reichen auch nicht – so richtig es ist
    und sosehr wir es unterstützen – all die Pläne zur Unter-
    stützung dieses Zustandes des Friedens, also das, was
    jetzt unter den Stichwörtern Stabilitätsvereinbarungen
    und Stabilitätspakt läuft. Solche Vorkehrungen können
    nur ein Fundament sichern helfen, welches das Einver-
    ständnis der Betroffenen findet, auch der Serben. Wie
    wäre es um dieses Einverständnis aller Betroffenen be-
    stellt, würden wir unsere Ziele nur gegen diese durch-
    kämpfen, etwa mit Bodentruppen?

    Wie steht es also mit diesem politischen Ziel, dessen
    Klarheit und Wirklichkeitsnähe nicht nur über den Er-
    folg und Mißerfolg des Krieges entscheidet – das zeigen
    alle historischen Erfahrungen –, sondern natürlich auch
    die Aussichten auf ein Ende der Kämpfe verbessert oder
    verschlechtert? Wir lesen von einem demokratischen,
    multiethnischen Kosovo auf der Basis des Rambouillet-
    Abkommens.

    Das multiethnische Kosovo wie auch das multiethni-
    sche Ex-Jugoslawien gab es nur unter Druck, also un-
    demokratisch. Wie soll ein solches erst nach alldem, was
    vorgefallen ist, wieder möglich sein? Niemand kann
    daran noch glauben. Das hat übrigens für die albanische
    Seite der Außenminister Albaniens soeben in Bonn aus-
    drücklich bestätigt. Welche Folgen hat das für den poli-
    tischen Rahmen von Rambouillet, also für die Autono-
    mie und die völkerrechtliche bzw. staatsrechtliche Zu-
    gehörigkeit des Kosovo zu Jugoslawien? Beides haben
    die Albaner, was ich absolut verstehen kann, nie wirk-
    lich akzeptiert. Sie haben das Abkommen von Ram-
    bouillet unterschrieben, weil sie wußten, daß die Serben
    dies nicht tun würden. Aus ein und demselben Grund
    haben die einen unterschrieben und die anderen nicht.
    Von der vorgesehenen Stationierung einer NATO-
    Truppe befürchteten die Serben, was die Kosovaren er-
    hofften: daß dies ein erster Schritt zur Loslösung des
    Kosovo von Jugoslawien sein könnte. In einem solchen
    unabhängigen Kosovo als Zwischenschritt zu einem An-
    schluß an Albanien würde mit Sicherheit kein Serbe
    mehr leben wollen, selbst wenn wir jedem von ihnen
    versprächen, ihm einen westlichen Polizisten an die
    Seite zu stellen.

    Übrigens gibt es auch kaum mehr Serben in der kroa-
    tischen Krajina – etwas, was wir stillschweigend hinge-
    nommen haben.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


    Und wie es mit der dauerhaften Rückkehr der bosni-
    schen Flüchtlinge in ihre jeweiligen Heimatorte mit
    einer inzwischen anderen ethnischen Zusammensetzung
    bestellt ist, will ich, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
    nur als Frage aufwerfen.

    Die Erinnerung an diese Tatsachen weist übrigens auf
    den Zusammenhang der einzelnen Konfliktfelder im

    früheren Jugoslawien hin. Deswegen brauchen wir end-
    lich ein Konzept für den Balkan insgesamt, so verständ-
    lich der Versuch war und ist, die einzelnen Brandherde
    zu isolieren. Dies haben wir zuletzt im Dayton-
    Abkommen mit der Ausklammerung des Kosovo ver-
    sucht. Den Erfolg sehen wir jetzt.

    Was also bleibt als Lösung für den Kosovo: etwa sei-
    ne Teilung? Ich will dieser hier nicht das Wort reden,
    sondern nur darauf aufmerksam machen, daß sowohl
    unser moralisches Unbehagen, von dem ich eingangs
    sprach, als auch die Unklarheit über unser politisches
    Ziel ein und demselben Dilemma entspringen, nämlich
    der Unvereinbarkeit unserer wechselseitigen Grundvor-
    stellungen vom Zusammenleben der Menschen unter-
    schiedlicher Herkunft in politischen Gemeinschaften.
    Alle Völker dort, die Kroaten, die Serben, die Bosniaken
    und die Albaner, wollen nicht gemeinsam in einem Staat
    zusammenleben. Sie halten diese Einstellung, ein-
    schließlich der Bereitschaft zu Repression und Gewalt,
    für moralisch ebenso legitim wie wir das Umgekehrte.

    Nicht, daß ich hier einem moralischen Neutralismus
    das Wort rede. Die Frage ist nur: Lassen sich andere zu
    ihrem Glück zwingen? Gibt es ein objektives Glück?
    Oder bescheidener: Gibt es zumindest eine objektive
    Vernünftigkeit?

    Wir, der Westen, stoßen auf dem Balkan auf eine an-
    dere Welt. Es ist die Ungleichzeitigkeit zweier Welten,
    die die Lösung des Problems, vor dem wir im Kosovo
    und in ganz Ex-Jugoslawien stehen, für uns so unglaub-
    lich schwermacht. Wir werden es nur lösen, wenn wir
    die Welt auch mit den Augen derjenigen zu sehen versu-
    chen, die uns so fremd sind und doch so nah – nicht nur
    räumlich, sondern auch in bezug auf unsere eigene Ver-
    gangenheit. Müssen wir nicht auch Lösungen suchen,
    die der jeweiligen Zeit entsprechen?

    Ich hoffe wirklich sehr, verehrte Kolleginnen und
    Kollegen, die emotionale, die moralische Erregung, in
    der wir uns alle befinden, läßt Sie meine Worte nicht
    mißverstehen, sondern läßt sie begreifen als die Auffor-
    derung, auch das Schwerste zu wagen, um den Krieg,
    die Vertreibung, das Elend und Leid zu beenden und
    Frieden dauerhaft zu begründen, nämlich die eigenen
    Vorstellungen in ihrer Absolutheit in Frage zu stellen:


    (Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    nicht unsere Werte, sondern unsere Vorstellung von ih-
    rer Umsetzung in einer ihnen feindlichen Welt.

    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächster Redner hat der Kollege Gernot Erler von der
SPD-Fraktion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gernot Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Von dieser Debatte muß ein dop-

    Karl Lamers






    (A) (C)



    (B) (D)


    peltes Signal der Entschlossenheit ausgehen: einerseits,
    weiter dem Feldzug der serbischen Führung gegen die
    eigene Bevölkerung entgegenzutreten, auch mit militäri-
    schen Mitteln, bis Milosevic seine Entvölkerungspolitik
    im Kosovo aufgibt; andererseits, alles zu tun, daß die
    Notwendigkeit der Luftangriffe so schnell wie möglich
    durch internationale politische Anstrengungen abgelöst
    wird.

    Der Friedensplan der Bundesregierung – es ist wirk-
    lich ein Friedensplan, Kollege Lamers – kommt im rich-
    tigen Moment. Es gibt Ernüchterung darüber, was die
    Luftangriffe nach drei Wochen haben bewirken können.
    Die Feststellung, daß die Ziele, die damit verbunden wa-
    ren, nicht erreicht worden sind, ist richtig. Aber die Un-
    nachgiebigkeit, die Entschlossenheit von Milosevic, das
    verbrecherische Vorgehen fortzusetzen, dauert an. Auch
    diese Erfahrung mußte der Kollege Gysi in Belgrad
    noch einmal machen. Das bedeutet: Der Druck muß
    fortgesetzt werden, weil es sonst überhaupt keine politi-
    sche Lösung gibt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das Nadelöhr ist nach wie vor die Beendigung der mili-
    tärischen Aktionen von Milosevic gegen die eigene Be-
    völkerung und die Zulassung, daß ein sicheres Umfeld
    für die Rückkehr der Flüchtlinge geschaffen wird. So-
    lange dazu keine Bereitschaft besteht – die gibt es leider
    bis heute nicht –, muß der militärische Druck fortgesetzt
    werden.

    Wenn es in dieser Düsternis einen Lichtblick gibt,
    dann ist es der, daß in den letzten Tagen die Dynamik in
    den politischen Prozeß hineingekommen ist, die wir uns
    schon lange wünschen. Fast im Stundentakt finden Be-
    gegnungen statt: zwischen Albright und Iwanow, zwi-
    schen Fischer und Tarasjuk, zwischen den europäischen
    Regierungschefs und Kofi Annan. Im Zentrum steht nun
    ein deutscher Vorschlag, der ein UN-Mandat will, der
    Rußland in die politische Arbeit zurückbringen will und
    der eine Feuerpause bei Beginn des Abzugs der jugo-
    slawischen Truppen vorsieht.

    Was sind die besonderen Kennzeichen dieses Frie-
    densplans? Zunächst: Es soll eine weltweite Verant-
    wortung für den Konflikt etabliert werden. Der traditio-
    nelle Freund und Vertrauenspartner Serbiens, nämlich
    Rußland, soll eine entscheidende Rolle spielen. Und –
    ganz wichtig – eine kontrollierte Unterbrechung der
    Luftangriffe soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt mög-
    lich werden. Außerdem sieht dieser Vorschlag der Bun-
    desregierung vor, Garantien gegen die Einseitigkeit zu
    geben. Die UCK soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
    nämlich wenn die internationalen Friedenskräfte im Ko-
    sovo einrücken, entwaffnet werden.

    An dieser Stelle möchte ich einen Appell an die russi-
    sche Regierung richten. Ich möchte zum Ausdruck brin-
    gen, daß wir Grund für einen großen Respekt für die
    Haltung von Primakow und der russischen Regierung
    haben. Es gehört Mut dazu, dem proserbischen Populis-
    mus im eigenen Land Widerstand entgegenzubringen.
    Man muß anerkennen, welche Vermittlungsversuche
    schon gemacht worden sind – mit der Reise von Prima-
    kow selbst, aber auch jetzt mit der Einsetzung seines

    Vorgängers Viktor Tschernomyrdin als Sonderbeauf-
    tragten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Ich appelliere jetzt an die russische Führung, anzuer-
    kennen, daß der Westen bei der Frage der Zusammen-
    setzung der Sicherheitskräfte sich bewegt hat, daß jetzt
    die Forderung nach einer Art von Teilnahmeverbot von
    NATO-Ländern insgesamt keinen Sinn macht, weil ohne
    die technischen Voraussetzungen und Fähigkeiten der
    NATO eine solche große Operation im Kosovo zum
    Schutz der Wehrlosen nicht möglich ist und – darauf
    wurde schon hingewiesen – die Frage des Vertrauens
    der Rückkehrwilligen tangiert ist. Man kann ihnen ja gar
    nicht zumuten, in ein Umfeld zurückzukehren, wo sie
    nicht eine internationale Garantie für ihre Sicherheit ha-
    ben. Ich appelliere an die russische Führung, über ihre
    Zustimmung zu dem Friedensplan nun nicht in Belgrad
    entscheiden zu lassen. Das ist nicht möglich; wir wissen,
    was das bedeutet.

    Ich appelliere auch an die Vereinigten Staaten und an
    unsere westlichen Partner: Es kann jetzt nicht um die
    Frage des Vaterrechts für bestimmte Vorschläge gehen,
    die uns aus dem Dilemma herausführen. Wir sind ja be-
    reit, auch über Änderungen zu reden. Aber ich appelliere
    an sie, daß sie jetzt den Abstimmungsprozeß über diesen
    Friedensplan beschleunigen mögen.

    Das Grundkonzept ist doch vernünftig und muß doch
    konsensfähig sein, nämlich UN-Mandat, Einbeziehung
    der Russischen Föderation und frühestmögliche Feuer-
    pause. Das ist ein Konzept, das jetzt viele Hoffnungen
    weckt, und sie dürfen nicht enttäuscht werden.


    (Beifall bei der SPD)

    Trotz vieler Hoffnungen, liebe Kolleginnen und Kol-

    legen – Herr Lamers hat dies eben auch so ausgedrückt
    –, gibt es ein tiefsitzendes Unbehagen bei vielen von uns
    darüber, wie wir überhaupt in diese Situation geraten
    sind. Wie kam es denn, daß nach und nach die politi-
    schen Optionen immer weniger wurden, daß dann nur
    noch eine militärische Drohung übrigzubleiben schien
    und daß am Ende, weil diese Drohung nicht funktio-
    nierte, das Angedrohte wahrgemacht wurde? Ein Modell
    internationaler Politik, das nach diesen Abläufen funk-
    tioniert, ist defizitär. Das haben wir nach Beendigung
    dieses Konflikts aufzuarbeiten.

    Aber einige wenige Punkte lassen sich heute schon
    feststellen. Es gibt ein Mißverhältnis zwischen unseren
    Fähigkeiten zu einer militärischen Intervention auf der
    einen Seite und den Fähigkeiten zu vorausschauender
    Friedenspolitik und Krisenprävention auf der anderen
    Seite. Das ist eine gefährliche Entwicklung des interna-
    tionalen Systems.

    In der Tat war der Konflikt im Kosovo lange voraus-
    zusehen. Er hat – das ist eben noch einmal gesagt wor-
    den – 1989 durch die Abschaffung des Autonomiestatuts
    angefangen. Danach aber hat schon Milosevic eine
    strukturelle Vertreibungspolitik gegen die Kosovo-
    Albaner durchgeführt. Sie hatten keine eigenen Schulen
    mehr, keine eigenen Universitäten mehr; sie wurden aus

    Gernot Erler






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    ihren eigenen Krankenhäusern und von ihren Arbeits-
    plätzen vertrieben. Lange Zeit hat die Vertretung der
    Kosovo-Albaner im Westen dafür geworben, einen
    Blick darauf zu werfen, etwas zu tun. Es handelte sich
    um eine gemäßigte Führung.

    An dieser Stelle möchte ich eine Forderung zum
    Ausdruck bringen: Wir fordern von diesem Platz im
    Deutschen Bundestag die serbische Führung auf, Herrn
    Ibrahim Rugova, der der Führer dieser gemäßigten Ver-
    tretung war, sofort die Freiheit zu geben und seine De-
    mütigung zu beenden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. und des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Wir wissen, daß der Westen nicht die Kraft gefunden
    hat, im Kosovo präventiv einzugreifen. Das hat nachher
    zu der Radikalisierung auch der Kosovo-Vertretung und
    zur Bildung der Ushtria Climentare e Kosoves, das heißt
    der Befreiungsarmee des Kosovo, die wir unter der Ab-
    kürzung UCK kennen, geführt. Das bedeutet: Die Vor-
    geschichte ist auch die Vorgeschichte des Wegsehens,
    des Scheiterns von Prävention gewesen. Anders ausge-
    drückt: Wir sprechen beim Einsatz von militärischen
    Mitteln von der Ultima ratio. Die Frage lautet: Wie ist es
    um die Stärke der Ratio bestellt, die davorzustehen hat?
    Wir stellen fest, sie ist zu nackt.

    Ein Beispiel dafür gibt die OSZE, die Einrichtung,
    die am ehesten in der Lage ist, präventiv tätig zu wer-
    den. In diesem Konflikt war die OSZE nicht in der Lage,
    2 000 unbewaffnete Beobachter innerhalb von fünf Mo-
    naten in den Kosovo zu bringen. Als die Mission been-
    det wurde, waren dort 1 380, das sind nur zwei Drittel.
    Ich klage die OSZE nicht an. Ich sage eher: Für uns ist
    es eine Mahnung, die OSZE endlich zu stärken, damit
    die präventiven Aufgaben wahrgenommen werden kön-
    nen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich begrüße ausdrücklich die wirklich notwendige
    Initiative, einen Stabilitätspakt für den ganzen Balkan
    zu begründen, aber in Zukunft dürfen die Stabili-
    tätspakte nicht auf die Tagesordnung kommen, wenn es
    darum geht, Zerstörungen aufzuarbeiten. Statt dessen
    hätten wir ihn vorher gebraucht, aber auch das zeigt die
    Schwäche der präventiven Fähigkeiten.

    In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen
    Punkt ansprechen: In der Vorgeschichte des Konflikts
    hat es die Isolierung der serbischen Regierung gegeben.
    Die Hauptverantwortung – das möchte ich ausdrücklich
    betonen – trägt dafür die serbische Führung selbst, es
    war ein Akt der Selbstisolierung. Der Westen aber hat es
    nicht vermocht zu verhindern, daß sich Isolierung und
    Selbstisolierung zu einer Situation aufgeschaukelt ha-
    ben, in der man Milosevic mit politischen Argumenten,
    auch mit politischen Drohungen, nicht mehr erreichen
    konnte. Man nennt so etwas eine No-win-Situation. Das
    ist eine Situation, in der bei den besten Argumenten das
    Motiv fehlt, um positiv zu reagieren, weil nichts mehr

    vorhanden ist, mit dem politisches Wohlverhalten prä-
    miert werden kann.

    Diese Isolierungspolitik hat sich als verhängnisvoll
    erwiesen. Man kann auch sagen: Aus dieser Aufschau-
    kelung ist Serbien zu einem ersten europäischen „Schur-
    kenstaat“ geworden. Ich habe den Bedarf, auch mit un-
    seren amerikanischen Freunden die Rogue-Doktrin, die
    Schurkenstaatstheorie zu diskutieren. Diese Politik hat
    sich als nicht gerade hilfreich erwiesen.

    Nach dem Systembruch von 1989, nach dem Ende
    des kalten Kriegs, das mit soviel positiven Erwartungen
    verknüpft war, müssen wir heute – zehn Jahre danach –
    feststellen: Die Hemmschwelle, militärische Drohungen
    oder sogar die Anwendung militärischer Gewalt zur
    Verfolgung von politischen Zielen zu nutzen, ist gesun-
    ken. Das ist eine sehr nüchterne Bilanz. Das heißt, es ist
    zu einer Alltagserscheinung geworden, aber die Bilanz
    ist fragwürdig und der Weg gefährlich.


    (Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Für mich heißt das: Es gibt keine Alternative zur
    Weiterverfolgung eines Gewaltmonopols für die Ver-
    einten Nationen. Es müssen aber andere Vereinte Natio-
    nen sein als die, die wir jetzt haben. Das Vetorecht der
    fünf Atomstaaten – ein Relikt aus dem zweiten Welt-
    krieg – hat sich als verhängnisvoll erwiesen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


    Das Verhalten der Chinesen ist schon angesprochen
    worden. Wir müssen durch eine Reform der Vereinten
    Nationen, die wirklich auf der Tagesordnung steht, end-
    lich erreichen, daß diese wichtige Weltorganisation, die
    unverzichtbar ist, tatsächlich die Verantwortung, die sie
    über das Gewaltmonopol innehat, wahrnehmen kann.
    Das ist eine wichtige Zwischenbilanz der Erfahrungen
    der letzten Wochen.

    Ich komme zu den Aufgaben des Tages zurück. Der
    Friedensplan der Bundesregierung, die großen Leistun-
    gen zur Flüchtlingshilfe und der perspektivisch ange-
    legte Stabilitätsplan für den Balkan besetzen im Augen-
    blick den Hoffnungsplatz in der aktuellen Situation.
    Diese drei Ansätze sind eine Handschrift dieser Regie-
    rung. Ich finde, sie verdienen das Vertrauen und die
    Unterstützung des Deutschen Bundestages. Die SPD-
    Fraktion jedenfalls unterstützt diesen Weg nachhaltig.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich möchte abschließen, indem ich mich mit einem

    Wort an die etwa 500 000 Serben in der Bundesrepublik
    Deutschland wende: Ich finde, sie sind in einer sehr
    schwierigen Lage. Sie haben zwischen verschiedenen
    Solidaritäten zu entscheiden. Sie erleben übrigens auch
    – das wird leider zu selten erwähnt –, daß Milosevic im
    Windschatten der Kriegsereignisse einen radikalen Pro-
    zeß mit der oppositionellen Intelligenz in Serbien macht
    – ein Verlust, unter dem Serbien noch lange wird leiden
    müssen und den wir ebenso anprangern müssen wie das

    Gernot Erler






    (A) (C)



    (B) (D)


    Vorgehen im Kosovo gegen die dortige albanische Be-
    völkerung.

    Ich möchte hier zum Ausdruck bringen: Wir wollen,
    daß Serbien in Zukunft – so schwer das heute im Kon-
    text der jetzigen Entwicklung und der Erfahrungen mit
    Milosevic zum Ausdruck zu bringen ist – Teil der euro-
    päischen Gesellschaft ist. Wir haben einen hohen Re-
    spekt vor der Kultur der Serben aus vielen Jahrhunder-
    ten, vor ihrem kulturellen Beitrag zur europäischen Ge-
    schichte. Wir wollen den Integrationsprozeß sofort
    nach der Beendigung des Konfliktes – dieser Punkt be-
    trifft auch den Stabilitätspakt – fortsetzen. Das ist eine
    Botschaft an die vielen serbischen Mitbürger unter uns,
    die auch lauten soll: Es wird kein Krieg gegen Serbien
    geführt, sondern ein Krieg gegen ein unverantwortliches
    Regime.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)