Rede:
ID1403104800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. der: 2
    2. Das: 1
    3. Wort: 1
    4. hatjetzt: 1
    5. Fraktionsvorsitzende: 1
    6. PDS,: 1
    7. Gregor: 1
    8. Gysi.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. März 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Stif- tungsrechts (Drucksache 14/336) ............. 2561 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P.............. 2561 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU.................................................... 2562 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ ..... 2563 A Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN..................................................... 2564 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. ........ 2564 B Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU .............. 2564 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD.............. 2564 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. ................. 2565 A Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU.......................... 2565 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 2567 A Dr. Heinrich Fink PDS..................................... 2568 B Jörg Tauss SPD................................................ 2569 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P.......... 2569 D Tagesordnungspunkt 14: Abgabe einer Erklärung der Bundesre- gierung zur aktuellen Lage im Kosovo nach dem Eingreifen der NATO und zu den Ergebnissen der Sondertagung des Europäischen Rates in Berlin Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 2571 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 2575 C Dr. Peter Struck SPD....................................... 2579 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ........................ 2581 D Joseph Fischer, Bundesminister AA................ 2583 D Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 2586 D Dr. Norbert Wieczorek SPD............................ 2589 D Ulrich Heinrich F.D.P. .................................... 2594 A Dr. Norbert Wieczorek SPD............................ 2594 C Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bayern) 2595 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 2598 C Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ....................... 2599 D Dr. Gerald Thalheim SPD................................ 2601 A Peter Hintze CDU/CSU ................................... 2602 D Günter Verheugen, Staatsminister AA ............ 2604 A Dr. Gerd Müller CDU/CSU............................. 2606 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2607 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2607 D Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 2610 A Paul Breuer CDU/CSU.................................... 2610 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2611 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2611 D Gernot Erler SPD............................................. 2612 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2613 C Nächste Sitzung ............................................... 2614 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 2615 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Ent- wurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungs- punkt 12) Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 2615 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Entwurf eines Gesetzes über die allgemeine und die reprä- sentative Wahlstatistik bei der Wahl der Abge- ordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Zusatzpunkt 6) Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.... 2616 C Anlage 4 Amtliche Mitteilungen..................................... 2617 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 2561 (A) (C) (B) (D) 31. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. März 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Hans-Christian Ströbele Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 2615 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmann (Aurich), Gila BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.3.99 Austermann, Dietrich CDU/CSU 26.3.99 Belle, Meinrad CDU/CSU 26.3.99 Dr. Bergmann-Pohl, Sabine CDU/CSU 26.3.99 Bernhardt, Otto CDU/CSU 26.3.99 Bulmahn, Edelgard SPD 26.3.99 Burchardt, Ulla SPD 26.3.99 Buwitt, Dankward CDU/CSU 26.3.99 Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 26.3.99 Diemers, Renate CDU/CSU 26.3.99 Formanski, Norbert SPD 26.3.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 26.3.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 26.3.99 Götz, Peter CDU/CSU 26.3.99 Gröhe, Hermann CDU/CSU 26.3.99 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 26.3.99 Hasenfratz, Klaus SPD 26.3.99 Kampeter, Steffen CDU/CSU 26.3.99 Kunik, Konrad SPD 26.3.99 Kutzmutz, Rolf PDS 26.3.99 Lennartz, Klaus SPD 26.3.99 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 26.3.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 26.3.99 Meckel, Markus SPD 26.3.99 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 26.3.99 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 26.3.99 Neuhäuser, Rosel PDS 26.3.99 Ostrowski, Christine PDS 26.3.99 Pau, Petra PDS 26.3.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 26.3.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 26.3.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 26.3.99 Ronsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 26.3.99 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 26.3.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schütze (Berlin), Diethard CDU/CSU 26.3.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 26.3.99 Schulz (Everswinkel), Reinhard SPD 26.3.99 Seiters, Rudolf CDU/CSU 26.3.99 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 26.3.99 Steinbach, Erika CDU/CSU 26.3.99 Streb-Hesse, Rita SPD 26.3.99 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 26.3.99 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.3.99 Dr. Wegner, Konstanze SPD 26.3.99 Willner, Gert CDU/CSU 26.3.99 Wissmann, Matthias CSU/CSU 26.3.99 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungs- punkt 12) (vgl. 30. Sitzung, Seite 2542 A und Seite 2557, Anlage 4) Hans Michelbach (CDU/CSU): Der Entwurf der PDS zur Änderung des Einkommensteuergesetzes geht an dem eigentlichen Ziel von Entschädigungszahlungen grundlegend vorbei. Ziel kann es doch nur sein, den Zwangsarbeitern möglichst schnell und unkompliziert zu helfen. Dies ist um so wichtiger, da viele dieser Geschä- digten bereits ein hohes Alter erreicht haben. Die Frage der Entschädigung sollte daher nicht zu einer reinen steuerrechtlichen Frage degradiert werden, sondern sollte ohne langfristige Steuermaßnahmen den Opfern Abhilfe für das erlittene Unrecht verschaffen. Steuer- rechtliche Aspekte sollte man in anderen Zusammen- hängen erörtern, jedoch nicht im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Grausamkeiten. Wichtig ist daher allein die effiziente Errichtung ei- nes Entschädigungsfonds, der sich auf die humanitären und nicht auf die steuertechnischen Aspekte konzen- triert. Die ehemalige DDR, wie sie als Nachfolgepartei der SED wissen sollten, hat ihren Beitrag dazu übrigens nicht geleistet. Bis heute verweigern ehemalige kommu- nistisch regierte Länder, Schadensausgleich für Unrecht und Vertreibung zu leisten. Die Bundesrepublik Deutschland dagegen war und ist stets bemüht gewesen, durch umfangreiche Entschädigungsregeln das zugefügte 2616 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 (A) (C) (B) (D) Unrecht wiedergutzumachen, insofern dies überhaupt möglich ist. Ausdruck dieses Entschädigungswillens ist sehr deutlich in der Erklärung ,,Stiftungsinitiative deutscher Unternehmen“ zu sehen. Es wird ein Zeichen gesetzt, welches als eine unmittelbare gesellschaftliche Ergän- zung der staatlichen Wiedergutmachungspolitik anzuse- hen ist. Bislang erfolgte diese allein aus öffentlichen Steuermitteln. Eine Beteiligung deutscher Firmen an dieser Wiedergutmachungspolitik erfolgte somit bereits indirekt. Schon in der Nachkriegszeit hat die deutsche Wirtschaft aus den erwirtschafteten Erträgen einen ho- hen Steuerbeitrag für die staatliche Wiedergutma- chungspolitik geleistet. Schon bald werden sich deutsche Firmen auch direkt an dieser Wiedergutmachungspolitik beteiligen. We- sentlich ist daher die Unterstützung für die Einrichtung solcher Entschädigungsfonds statt langwieriger Diskus- sionen über eine verfassungsrechtlich bedenkliche Än- derung des deutschen Steuerrechts. Nachdem die Größenordnung der Zahlungen noch nicht feststeht, kann zu den fiskalischen Auswirkungen eigentlich keine Bewertung stattfinden. Einige Firmen haben schon aus Eigeninitiative versucht, den Opfern di- rekt und unmittelbar durch schnelle Zahlungen zu hel- fen. Hier ist insbesondere die Firma Diehl in Nürnberg zu nennen, die unkompliziert, ohne daß eine Rechts- pflicht vorgelegen hätte, an die ehemaligen Zwangsar- beiter Entschädigungsgelder gezahlt hat. Auch sollte man berücksichtigen, daß fast immer auch die Entschei- dungsträger und Eigentümer der Firmen ebenso wie alle anderen den unmenschlichen Zwangsmaßnahmen des totalitären Nazi-Regimes unterworfen waren. Die Errichtung des Entschädigungsfonds ,,Stiftungs- initiative deutscher Unternehmen“ zeigt, deutsche Fir- men scheuen sich nicht, die soziale und moralische Ver- antwortung zu übernehmen. Damit wird der Anerken- nung Deutschlands als freiheitlicher Demokratie ge- dient. Darüber hinaus würde eine Veränderung des Ein- kommensteuerrechts ein falsches Signal für andere Be- reiche aussenden: Das deutsche Recht darf nicht beliebig veränderbar sein. Der sogenannte Betriebsausgabenab- zug ist keine Steuervergünstigung, die einfach gestri- chen werden kann, er beruht vielmehr auf einem Grund- prinzip des Steuerrechts. Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt worden sind, wozu auch die Entschädigungszahlungen an Zwangsarbeiter gehören. Eine Abzugsbeschränkung für Entschädigungszahlungen würde eine Gesetzesänderung voraussetzen, eine solche wäre verfassungsrechtlich nicht haltbar. Hintergrund dieser Vorschrift (§ 4 Abs. 5 EStG) ist, daß die Durchbrechung des im Steuerrecht geltenden Nettoprinzips ausnahmsweise auch gerecht- fertigt ist bei Aufwendungen mit Bezug zu einem recht- lich oder moralisch verwerflichen Verhalten. Bei den Leistungen an die NS-Zwangsarbeiter han- delt es sich um Wiedergutmachungsleistungen, die einen entstandenen Schaden ausgleichen sollen. Sie stellen somit Schadensersatzleistungen dar, da ihr Rechtsgrund in der beruflichen Sphäre der Banken liegt. Auf das Ver- schulden kommt es bei Schadensersatzleistungen nicht an; ansonsten dürften auch Leistungen für ärztliche Kunstfehler z.B. nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sein. Diese Steuerdebatte trägt zynische Züge gegenüber den Opfern der NS-Schreckensherrschaft. Die PDS schießt hiermit gerade als Nachfolgepartei der SED ein schwerwiegendes Eigentor. Die CDU/CSU-Fraktion dankt den Unternehmen für ihre Bereitschaft zur Mit- wirkung an der Einrichtung eines Entschädigungsfonds ohne eine Rechtspflicht. Damit wird die humanitäre Verpflichtung und Verantwortung wahrgenommen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Entwurf eines Gesetzes über die allge- meine und die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutsch- land (Zusatzpunkt 6) (vgl. 30. Sitzung, Seite 2544 B und Seite 2557, Anlage 6) Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So- wohl 1994 als auch 1998 mußten die Bürgerinnen und Bürger nach den Bundestagswahlen auf eine Auswer- tung und eine umfassende Analyse des Wahlverhaltens nach Alter und Geschlecht verzichten. Der 12. Bundes- tag hatte Sonderauszählungen ausgesetzt, und der ge- ballte Sachverstand der deutschen Wahlforschung konnte die dadurch entstandene Erkenntnislücke nicht schließen. Wir wollen unter strenger Wahrung des Da- tenschutzes die amtliche Statistik wieder einführen. Sie ist nach einhelliger Auffassung von Experten, Wissen- schaftlern und Meinungsforschern unverzichtbar. Ich darf in diesem Zusammenhang übrigens an Entschlie- ßungen des Bundesrates erinnern: Die Landesregierun- gen haben uns schon 1994 und 1998 gedrängt, hier tätig zu werden. Bei Wahlen artikulieren sich die Bürgerinnen und Bürger. Das Ergebnis müssen wir formal hinnehmen: Darum sitzen wir hier in diesem wunderbaren Saal in dieser Zusammensetzung. Wir müssen uns bei unserer Arbeit aber auch im klaren sein, was hinter den Wahler- gebnissen steckt, wie die Parteipräferenzen sind, z.B. von jungen Menschen. Hier können wir Hinweise zur Nei- gung von Jungwählern zu Extremisten in bestimmten Wählergruppen erhalten. Die Meinungsforschung liefert uns nur ein ungenaues Bild. Sie erhebt nicht die tatsäch- lich abgegebenen Stimmen. Als Bürgerrechtspartei nehmen Bündnis 90/Die Grü- nen die datenschutzrechtlichen Einwände sehr, sehr ernst. Wir waren noch nie Freunde der staatlichen Da- tensammelwut. Die Anlage von staatlichen Daten- sammlungen und überflüssigen Datenbeständen haben wir immer abgelehnt. Wir werden das auch in Zukunft ablehnen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 2617 (A) (C) (B) (D) Bei der Wahlstatistik handelt es sich jedoch nicht um eine flächendeckende Abfrage wie bei einer Volkszäh- lung, sondern um eine sorgfältig erhobene Stichprobe. Hier hat es seit 1953 keine Probleme gegeben, und wir erwarten zukünftig auch keine. Ganz klar sei aber hier gesagt: Wir haben in das Gesetz strenge Sicherungen eingebaut, die es in den alten gesetzlichen Regelungen nicht gab. Zusätzlich haben wir mit der Mindestgröße der Wahlbezirke von 400 Wahlberechtigten auch eine hin- reichende Sperre gegen die Aushebelung des Wahlge- heimnisses. Weniger wäre problematisch. Eine größere Zahl – etwa 500 – wäre datenschutzrechtlich wün- schenswert. Für die Statistik wäre das allerdings pro- blematisch, da dann kleine Gemeinden, und ländliche Gebiete nicht berücksichtigt werden könnten. Dem Schutz des Wahlgeheimnisses dient auch die gesetzliche Festschreibung von zehn Geburtsjahrgangs- gruppen mit jeweils drei Jahrgängen. Weniger Gruppen lassen sich nicht bilden, da wir sonst beispielsweise nichts über das Wahlverhalten junger Erwachsene von 18 bis 21 Jahren in Erfahrung bringen. Bei diesem Gesetzentwurf haben wir sowohl die Be- dürfnisse der Wahlstatistik berücksichtigt als auch die des Datenschutzes. Wir haben also ein vernünftiges Ge- setz zustande gebracht, das sicherlich die begeisterte Zu- stimmung des gesamten hohen Hauses finden wird. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 736. Sitzung am 19. März 1999 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform – Gesetz zur Änderung von Zuständigkeiten nach demSorgerechtsübereinkommens-Ausführungsgesetz – Gesetz zur Öffnung der Sozial- und Steuerverwaltung für denEuro (Zweites Euro-Einführungsgesetz) – Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisse – Gesetz zur Änderung der Berücksichtigung von Entlassungs-entschädigungen im Arbeitsförderungsrecht (Entlassungsent-schädigungs-Änderungsgesetz – EEÄndG) – Gesetz zu dem Abkommen vom 18. August 1998 zwischender Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Ver-einten Nationen und dem Sekretariat des Übereinkom-mens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wü-stenbildung über den Sitz des Ständigen Sekretariats desÜbereinkommens – Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat fol- gende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat begrüßt das vorliegende Steuerentlastungsge-setz 1999/2000/2002, das insbesondere darauf ausgerichtetist, Wachstum und Beschäftigung zu verbessern sowie Ar-beitnehmer/innen und Familien spürbar zu entlasten. Der Bundesrat stellt fest, daß in dem nun vom DeutschenBundestag beschlossenen Gesetzentwurf wesentliche steuerli-che Belange der mittelständischen Unternehmen eine ange-messene Berücksichtigung gefunden haben. Der Bundesratverweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Bei-behaltung der Teilwertabschreibung, des Verlustrücktragesund der Ansparabschreibung sowie auf die Freibetragsrege-lung bei Veräußerungsgewinnen. Der Bundesrat erwartet, daß die Reform der Unternehmens-besteuerung ab dem Jahr 2000 umgesetzt wird. 2. Der Bundesrat weist – wie schon gegenüber der alten Bundes-regierung – auf den Ausgleichsanspruch der Länder aus derNeuregelung des Familienleistungsausgleichs hin, wonach derBund einen Anteil von 74 vom Hundert und die Länder einenAnteil von 26 vom Hundert der Lasten aus der Berücksichti-gung von Kindern im Einkommensteuerrecht zu tragen haben.Allein aus der Leistungsverbesserung beim Kindergeld abdem Jahr 1999 haben die Länder einen Anspruch von rund1,8 Mrd. DM. Zur Herstellung des vorgesehenen Lasten-teilungsverhältnisses haben die Länder darüber hinausAnsprüche von rund 2,4 Mrd. DM für das Jahr 1999 und vonrund 5,7 Mrd. DM für die Jahre 1996 bis 1998. Insgesamtbeläuft sich der Anspruch der Länder daher auf rund10 Mrd. DM. Die Länder halten daher ihre Forderung aufrecht, daß derBund der im Grundgesetz festgelegten Ausgleichspflicht ge-genüber den Ländern und ihren Gemeinden nachkommt. Die Fraktion der PDS hat mit Schreiben vom 18. März 1999 ihren Antrag „Verlängerung der Pachtver- träge für ehemals volkseigene Flächen“ – Drucksache 14/291 – zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Innenausschuß – Unterrichtung durch die Bundesregierung Umfassender Bericht über bisherige Wiedergutma-chungsleistungen deutscher Unternehmen – Drucksachen 13/4787, 14/272 Nr. 6 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Ab-wicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungenan jüdische Verfolgte – Drucksachen 13/8684, 14/272 Nr. 7 – Ausschuß für Wirtschaft und Technologie – Fünfter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Zu-kunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft –Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“ zum Thema Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft – Drucksachen 13/11003, 14/272 Nr. 81 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzipsim Jahr 1997 („Subsidiaritätsbericht 1997“) – Drucksachen 13/11074, 14/272 Nr. 82 – Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zum Stand der Planungen für umweltfreundli-che Ansätze bei den Bauten des Bundes in Berlin – Drucksachen 13/11211, 14/69 Nr. 1.3 – Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand derDeutschen Einheit 1998 – Drucksachen 13/10823, 14/272 Nr. 172 – 2618 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 (A) (C) (B) (D) – Unterrichtung durch die Bundesregierung Perspektivbericht der Bundesregierung „Vorrang fürAufbau Ost“ – Drucksachen 13/11073, 14/272 Nr. 173 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 14/272 Nr. 2 Innenausschuß Drucksache 14/272 Nr. 10Drucksache 14/272 Nr. 11Drucksache 14/272 Nr. 12Drucksache 14/342 Nr. 1.1Drucksache 14/342 Nr. 2.43 Rechtsausschuß Drucksache 14/272 Nr. 22Drucksache 14/309 Nr. 2.3Drucksache 14/309 Nr. 2.40Drucksache 14/488 Nr. 2.14 Finanzausschuß Drucksache 14/342 Nr. 2.19Drucksache 14/488 Nr. 2.22Drucksache 14/488 Nr. 2.35Drucksache 14/488 Nr. 2.41 Ausschuß für Wirtschaft und Technologie Drucksache 14/342 Nr. 1.7Drucksache 14/342 Nr. 2.1Drucksache 14/342 Nr. 2.2Drucksache 14/342 Nr. 2.4Drucksache 14/342 Nr. 2.8Drucksache 14/342 Nr. 2.14Drucksache 14/342 Nr. 2.15Drucksache 14/342 Nr. 2.30Drucksache 14/342 Nr. 2.31Drucksache 14/342 Nr. 2.52Drucksache 14/342 Nr. 2.56Drucksache 14/342 Nr. 2.57 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/272 Nr. 103Drucksache 14/272 Nr. 104Drucksache 14/272 Nr. 105 Drucksache 14/272 Nr. 108Drucksache 14/272 Nr. 109Drucksache 14/272 Nr. 1.10Drucksache 14/309 Nr. 2.23Drucksache 14/309 Nr. 2.27Drucksache 14/309 Nr. 2.33Drucksache 14/309 Nr. 2.34Drucksache 14/309 Nr. 2.56Drucksache 14/309 Nr. 2.59Drucksache 14/309 Nr. 2.64Drucksache 14/309 Nr. 2.67Drucksache 14/309 Nr. 2.68Drucksache 14/342 Nr. 2.7Drucksache 14/342 Nr. 2.10Drucksache 14/342 Nr. 2.11Drucksache 14/342 Nr. 2.13Drucksache 14/342 Nr. 2.26Drucksache 14/342 Nr. 2.27Drucksache 14/342 Nr. 2.28Drucksache 14/342 Nr. 2.29Drucksache 14/342 Nr. 2.32Drucksache 14/342 Nr. 2.33Drucksache 14/342 Nr. 2.35Drucksache 14/342 Nr. 2.44Drucksache 14/342 Nr. 2.46Drucksache 14/342 Nr. 2.47Drucksache 14/342 Nr. 2.48Drucksache 14/342 Nr. 2.49Drucksache 14/342 Nr. 2.51Drucksache 14/342 Nr. 2.53Drucksache 14/342 Nr. 2.55Drucksache 14/431 Nr. 2.4Drucksache 14/488 Nr. 2.28 Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/272 Nr. 147Drucksache 14/272 Nr. 150Drucksache 14/272 Nr. 155Drucksache 14/272 Nr. 158Drucksache 14/309 Nr. 1.3Drucksache 14/309 Nr. 2.48 Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/74 Nr. 2.21Drucksache 14/74 Nr. 2.38 Ausschuß für Kultur und Medien Drucksache 14/74 Nr. 1.19Drucksache 14/74 Nr. 2.101Drucksache 14/272 Nr. 215 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Uni-on Drucksache 14/309 Nr. 2.63 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war und
    ist eine historische Woche für Europa. Wir haben es mit
    einem sehr ungewöhnlichen Zusammentreffen dreier
    Krisen, dreier großer Herausforderungen zu tun, die auf
    dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs
    in Berlin räumlich zusammengefügt wurden: Das war
    die durch den Rücktritt der Kommission ausgelöste in-
    stitutionelle Krise der Europäischen Kommission; das

    Dr. Wolfgang Gerhardt






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    war die Agenda 2000; und das war der beginnende
    Krieg im Kosovo.


    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Ihr habt den Lafontaine vergessen!)


    Es gibt dabei einen sehr engen inneren Zusammen-
    hang, der sich auf den ersten Blick überhaupt nicht er-
    schließt. Ich wurde oft von Journalisten gefragt, ob denn
    der Einigungsdruck auf die Staats- und Regierungschefs
    wegen der Krise im Kosovo jetzt größer sei. Ich habe
    immer geantwortet: Nein, diesen direkten Zusammen-
    hang gibt es nicht. – Was aber zu spüren war, war das
    größere Maß an Verantwortung, das auf diesem Gipfel
    auf den Schultern der Staats- und Regierungschefs ruhte,
    eben weil es diesen Zusammenhang gab und weil klar
    war, daß der Kosovo direkt und unmittelbar eine Krise
    in Europa ist, durch Europa gelöst werden muß und daß
    wir uns nicht wegdrehen können und dürfen. Vielmehr
    muß uns bewußt sein, daß diese Krise, daß dieser Krieg
    auf dem Balkan, der nicht erst in dieser Woche begon-
    nen hat, sondern seit längerem tobt – mal ein heißer
    Krieg, mal ein weniger heißer Krieg, aber immer gleich
    brutal – ein Teil Europas ist und von den Europäern ge-
    löst werden muß, meine Damen und Herren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Gleichzeitig haben alle gespürt, wie wichtig es ist, die-
    ses Europa voranzubringen. Sicherlich sind Milchquote,
    Interventionspreise und Anteile an den Strukturfonds
    ebenfalls eminent wichtige Fragen. Aber Europa kann
    dabei nicht stehenbleiben. Die Lösung dieser Fragen in
    Verbindung mit der Wahrung der Unverletzlichkeit der
    Menschenrechte, Demokratie und Freiheit des Individu-
    ums, auf denen dieses Europa gründet, ist letztendlich
    die gemeinsame Wertegrundlage. Das war in Berlin zu
    spüren. Beide Bereiche haben die Staats- und Regie-
    rungschefs zum Gegenstand ihrer Beratungen in Berlin
    gemacht. Sie haben eine Erklärung unter Teilnahme der
    neutralen Staaten verfaßt, in der sie klargestellt haben,
    daß wir Europäer eine Politik der Gewalt, eine Politik
    des Mordens und eine Politik des Vertreibens nicht ak-
    zeptieren dürfen und nicht akzeptieren werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.])


    Das sind die Gründe dafür, daß wir einerseits der Ge-
    waltpolitik von Herrn Milosevic Einhalt gebieten müs-
    sen. Auf der anderen Seite müssen wir durch die Lösung
    der EU-Finanzprobleme einen wichtigen Schritt in
    Richtung Aufbau einer Europäischen Union als ein
    handlungsfähiges politisches Subjekt tun. Dieser Zu-
    sammenhang war in Berlin spürbar. Er bestand und be-
    steht.

    Ich habe gesagt, daß der Krieg im Kosovo ein Krieg
    in Europa ist und uns deshalb unmittelbar angeht. Las-
    sen Sie mich zu diesem Punkt gerade im Hinblick auf
    die gestrige Debatte, deren Verlauf ich den Zeitungen
    entnommen habe, noch einiges anfügen: Die Bundesre-
    gierung hat gemeinsam mit unseren Partnern nun wirk-
    lich alles versucht, um Belgrad eine Brücke zu bauen –

    und zu diesen Partnern rechne ich ausdrücklich auch
    Rußland; ich habe ständig telefonischen Kontakt mit
    dem russischen Außenminister Iwanow; Herr Kollege
    Gysi, ich möchte Ihnen nicht mitteilen, was er mir über
    seinen Eindruck nach seinem letzten Belgrad-Besuch
    gesagt hat, weil das die Vertraulichkeit verletzen würde;
    aber ich kann soviel sagen, daß seine Einschätzung der
    Motive und der Politik in Belgrad nicht sehr weit von
    meiner entfernt war. Dick Holbrooke, der Sonderbot-
    schafter der USA, den Ihre Partei, Herr Gysi, allzu gerne
    als Kriegstreiber hinstellt, hat Milosevic noch in der
    letzten Sekunde das Angebot gemacht: Stoppe deine
    Soldateska im Kosovo! Führe nicht eine abschließende
    Beschlußfassung des serbischen Parlaments herbei.
    Wenn du das befolgst, dann können wir weiterverhan-
    deln. So sah das Angebot in der letzten Sekunde aus. Es
    ist ausgeschlagen worden, wissend, was dann passiert.
    Insofern trägt Milosevic an dem jetzigen Krieg die allei-
    nige Schuld und eine schwere Verantwortung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Im Rahmen der EU, der OSZE und im UN-
    Sicherheitsrat wurde alles versucht, um eine friedliche
    Lösung zu finden. Es kann doch nicht wahr sein, daß ein
    Krieg gegen die eigene Bevölkerung und die Unterdrük-
    kung einer großen Minderheit im eigenen Land wieder
    zum europäischen Standard des 21. Jahrhunderts gehö-
    ren. Das ist nicht der einzige Punkt. Erinnern wir uns: Es
    begann im Kosovo 1989, und zwar mit der Aufhebung
    des Autonomiestatuts. Ich darf Sie auch an den Krieg
    in Slowenien erinnern, der allerdings auf Grund der ent-
    schiedenen Gegenwehr der Slowenen – Gott sei Dank –
    sehr kurz war. Ich darf Sie an Dubrovnik und an Vukova
    erinnern. Im Rückblick muß man sagen, spätestens nach
    Vukova hätte die internationale Staatengemeinschaft
    eingreifen müssen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Schwarz-Schilling [CDU/CSU])


    Ich darf Sie an die furchtbaren Grausamkeiten im Bos-
    nien-Krieg erinnern. Ich darf Sie immer wieder an die-
    selben Erfahrungen erinnern: Es wurde immer wieder
    versucht, den Krieg zu verhindern.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Späte Erkenntnis!)

    Es wurde immer wieder versucht, einen Friedensver-
    trag auszuhandeln. Die einzige Konsequenz war, daß
    der Vertrag gebrochen wurde und daß die Politik der
    Gewalt weitergegangen ist. Deswegen möchte ich mit
    allem Nachdruck den Vorwurf zurückweisen, daß wir
    hier von deutschem Boden aus eine Politik des Krieges
    betreiben. Wir können nicht zulassen, daß sich in Euro-
    pa eine Politik der Gewalt durchsetzt, eine Politik, die
    keine Skrupel hat, Gewalt einzusetzen, und die bereit ist,
    über Leichen zu gehen, auch wenn es Tausende, Zehn-
    tausende oder Hunderttausende Tote bedeutet. Das ist
    keine Theorie, sondern Praxis auf dem Balkan; sie ist als
    Ergebnis der Politik von Milosevic zu sehen. Wenn das
    geschieht, würde das nicht nur unsägliches Leid für die
    Menschen in der betroffenen Region, sondern auch eine

    Bundesminister Joseph Fischer






    (A) (C)



    (B) (D)


    Gefährdung für Frieden und Sicherheit in dieser Region
    mit fatalen Konsequenzen bedeuten. Deswegen muß
    diesem jetzt Einhalt geboten werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P.)


    Meine Damen und Herren, dies ist nicht mit einer
    Aggressionspolitik vergleichbar, die aus nationalisti-
    scher Überhebung oder gar aus verbrecherischer rassisti-
    scher Verblendung entstanden ist und für die das Deut-
    sche Reich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
    zweimal verantwortlich war. Wir sind in die internatio-
    nale Staatengemeinschaft, also in die Demokratien der
    EU und der NATO, eingebunden. Diese Demokratien
    riskieren jetzt das Leben ihrer Soldaten, um Menschen-
    leben zu retten und vor allen Dingen um einen Friedens-
    vertrag durchzusetzen.

    Es war für mich – ich sage das all denen, deren Skru-
    pel ich gut verstehe – einer der deprimierendsten Tage,
    als klar war, daß die Konfrontation nicht mehr aufzu-
    halten ist, weil ein Frieden mit der langfristigen Konse-
    quenz einer Gesamtordnung auf dem Balkan nicht zu
    erreichen war. Was notwendig gewesen wäre, liegt auf
    dem Tisch; wir können es mit Händen greifen: zunächst
    das Autonomiestatut von Rambouillet und als nächstes
    dann eine Friedenskonferenz für den südlichen Balkan
    mit einem langfristigen Engagement von Europäischer
    Union und dem Westen für eine Gesamtordnung. Der
    einzige, der das verhindert, ist Milosevic mit seiner Ge-
    waltpolitik. Der Kosovo würde Bestandteil nicht nur Ju-
    goslawiens, sondern auch Serbiens bleiben; das war das
    Ziel der internationalen Staatengemeinschaft. Milosevic
    müßte nur ja sagen; aber er hat immer nur nein gesagt.


    (Wolfgang Gehrcke [PDS]: Und was folgt, wenn er ja sagt?)


    Herr Milutinovic – –

    (Zuruf des Abg. Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.])

    – Warum soll ich nicht mit der PDS reden? Die PDS ar-
    tikuliert eine Position, die in der deutschen Bevölkerung
    weit verbreitet ist und die ich angesichts von Krieg und
    Frieden als legitim empfinde. Das sind Fragen, die von
    einer Regierung beantwortet werden müssen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Entschuldigen Sie, auch das möchte ich einmal klarstel-
    len: Jede Fraktion in diesem Hause ist nach meiner Auf-
    fassung als Diskussionspartner zu akzeptieren. Wenn
    sich die Bundesregierung hier mit einer Position ausein-
    andersetzt, die von der PDS und einigen anderen vertre-
    ten wird, dann ist das nicht abzuqualifizieren. Ich finde
    Ihren Zwischenruf, Herr Kollege Haussmann, mit Ver-
    laub gesagt, unmöglich und eines demokratischen Par-
    laments nicht würdig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich möchte hier die Argumente wägen, die uns entge-
    gengehalten werden. Ich möchte es mir nicht so einfach

    machen; denn es sind teilweise Argumente, mit denen
    ich mich selbst auseinandergesetzt habe. Ich nehme an,
    daß auch viele von Ihnen diese Argumente abgewogen
    haben, weil die Risiken ja in der Tat auf der Hand lie-
    gen.

    Meine Damen und Herren, für mich ist ganz ent-
    scheidend, daß die Verantwortung bei Milosevic liegt.
    Es hätte nur eines Wortes bedurft und es bedarf auch
    heute nur eines Wortes, um die Konfrontation zu been-
    den, nämlich des Wortes: Wir wollen substantiell ver-
    handeln und unterschreiben. In dem Moment wäre die
    Konfrontation beendet, und wir könnten dann über den
    Frieden und die Implementierung des Friedens reden.
    Dies ist – ich kann dem Bundeskanzler nur zustimmen –
    der einzige Weg.

    Wir haben uns unmittelbar für die Flüchtlinge und
    die Flüchtlingshilfe verwandt. Die Stützung von Maze-
    donien, von Albanien und von Montenegro ist uns ein
    ganz entscheidender Punkt. Darüber hinaus stehen wir in
    enger Kooperation mit den Partnern – das gilt nicht nur
    für den Gipfel von Berlin, sondern auch für die USA
    und Rußland –, um eine weitere Friedensinitiative zu
    ermöglichen. Aber dies alles wird nur bei einer klaren
    Absage von Milosevic an eine Politik der Gewalt gehen.
    Wenn er diesen Schritt nicht tut, dann kann die Kon-
    frontation nicht enden. Die Voraussetzung für Frieden
    ist der Verzicht auf Gewalt. Wir können nicht Frie-
    densgespräche führen, wenn im Kosovo das Morden
    durch die jugoslawische Armee und die serbische Son-
    derpolizei weitergeht; das ist kein Frieden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.])


    Deswegen möchte ich auch von dieser Stelle aus noch
    einmal an die Verantwortlichen in Belgrad appellieren,
    endlich umzukehren und den Weg zum Frieden zu er-
    möglichen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, ich möchte noch einige
    wenige Minuten auf den Berliner Gipfel eingehen. Ich
    hätte ja Lust, in die hier übliche Polemik einzusteigen.
    Herr Gerhardt, Sie haben dem Bundeskanzler vorgehal-
    ten, hätte er sich anders verhalten, sozusagen F.D.P.-
    kompatibler,


    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    dann hätten Jacques Chirac und José María Aznar heute
    nacht eine andere Position vertreten. Herr Gerhardt, ich
    schätze Sie zu sehr, als daß ich Ihnen unterstellte, Sie
    würden diesen Unfug im Ernst glauben.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Herr Außenminister, das ist aber eine einfache Interpretation meiner Worte!)


    Sie mögen ja durchaus das eine oder andere an uns kriti-
    sieren.

    Bundesminister Joseph Fischer






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Weil ich dabei war – was ich vorher dachte, war
    Theorie –, ist mir heute nacht zum erstenmal wirklich
    klargeworden – ich sage das als überzeugter Europäer;
    vielleicht kann es Dr. Kohl aus seinen vielen Erfahrun-
    gen bestätigen –, daß dieses Europa mit Horrido ausein-
    anderfliegt, wenn unser Land die europäische Füh-
    rungsaufgabe nicht wahrnimmt.


    (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der F.D.P. – Dr. Helmut Kohl [CDU/CSU]: Das habe ich euch 16 Jahre lang gesagt!)


    Wenn das wahr ist, dann müssen Herr Schäuble und
    Herr Gerhardt ihre Reden sofort wieder einpacken. Das
    sage ich Ihnen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich hätte die beiden bei so einer Gelegenheit gern einmal
    dabei. Warum soll man bei einem europäischen Gipfel
    nicht einmal überparteilich zusammensitzen? Das wäre
    wirklich hervorragend.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich mir das so vorgestellt!)


    Die Alternative zu der Entscheidung von heute nacht
    war, daß wir ausschließlich unseren nationalen Stand-
    punkt vertreten. Manchmal war man angesichts dessen,
    was einem an nationalen Standpunkten entgegenge-
    bracht wurde, wirklich versucht, zu sagen: Jetzt reicht's.
    Alles andere, als eine Entscheidung für Europa zu tref-
    fen, wäre aber kurzsichtig gewesen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Es ist hier anders geredet worden!)


    Die Bedeutung der Entscheidung von heute nacht be-
    steht darin, daß sie für Europa ausgefallen ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir haben Europa in einer historisch einmalig
    schwierigen Situation zusammengehalten. Dennoch ha-
    ben wir gleichzeitig die wesentlichen Ziele der realen
    Konstanz – ich kann sie in der Kürze der Zeit nicht ein-
    zeln aufführen – erreicht.


    (Zuruf)

    – Ich stimme Ihnen hinsichtlich der Kofinanzierung
    doch zu. Aber mit Frankreich war die Kofinanzierung
    jetzt nicht durchsetzbar. Wenn das hätte geschehen sol-
    len, hätten Sie mit entsprechenden Verhandlungen frü-
    her beginnen müssen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    – Herr Dr. Kohl, sagen Sie es Ihren Buben doch einmal.
    Sie wissen es doch besser.


    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich teile manches von Ihrer Kritik an der Agrarpoli-
    tik. Nur, was geschehen ist, war eine Entscheidung für
    Europa. Das ist der Punkt. Im entscheidenden Augen-
    blick stellte sich die Frage, ob der Bundeskanzler natio-
    nales Interesse – im kurzfristigen und damit im falsch
    verstandenen Sinne – vertritt oder ob unser nationales
    Interesse im Sinne der europäischen Einigung an erster
    Stelle steht. Um diese Frage drehte sich die Entschei-
    dung, und diese Entscheidung haben wir in die richtige
    Bahn gelenkt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, werden wir
    die Debatte dazu mit ausreichend Zeit, wie es der Kolle-
    ge Gerhardt angeboten hat, schön quantifiziert führen.


    (Klaus Bühler [Bruchsal] [CDU/CSU]: Schwach! Sehr schwach!)


    – Ich wünsche mir gerne weiterhin so schwache Reden
    und so starke Ergebnisse, wie wir sie heute im Bundes-
    tag erleben.


    (Heiterkeit und anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt der Fraktionsvorsitzende der PDS, Gregor Gysi.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Gestatten Sie mir, mit dem EU-
    Gipfel zu beginnen. Ich finde eine solche Debatte ein-
    fach deshalb schwierig, weil die meisten im Hause das
    Ergebnis noch nicht kennen. Wir hatten überhaupt keine
    Möglichkeit, die Vereinbarungen zu studieren. Wir
    sind also allein auf die Informationen des Bundeskanz-
    lers und des Bundesaußenministers angewiesen, und wir
    sollen darüber diskutieren. Nur, diese Informationen
    sind so allgemein, daß eine Beurteilung wirklich ausge-
    sprochen schwerfällt.

    Andererseits möchte ich der rechten Opposition in
    diesem Hause sagen: Man kann an das Ergebnis eines
    solchen Gipfels auch nicht die gleichen Maßstäbe anle-
    gen wie an einen Kabinettsbeschluß; denn es muß eine
    Übereinstimmung mit sehr vielen Ländern in Europa
    herbeigeführt werden. Exkanzler Kohl und viele andere
    wissen, wie schwierig das ist. Das muß schon der Aus-
    gangspunkt für die Beurteilung sein.


    (Beifall bei der PDS)

    Auf jeden Fall kann man jetzt schon zwei Dinge be-

    grüßen, nämlich erstens, daß es der Europäischen Union
    gelungen ist, sich sehr schnell auf einen neuen Kommis-
    sionspräsidenten zu verständigen, und zweitens, daß
    dies Herr Prodi sein soll. Daß das so zügig ging, ist auf
    jeden Fall zu begrüßen. Das wird auch von meiner
    Fraktion ausdrücklich begrüßt.


    (Beifall bei der PDS)


    Bundesminister Joseph Fischer






    (A) (C)



    (B) (D)


    Natürlich begrüßen wir auch die Vereinbarung mit
    Südafrika als einen ganz wichtigen Schritt zur Koope-
    ration mit diesem in jeder Hinsicht geschundenen Land.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Es wäre übrigens gut gewesen, wenn die Solidarität mit
    Mandela in diesem Hause nicht erst begonnen hätte, als
    er Präsident dieses Landes geworden ist. Dies sage ich
    in Richtung des gesamten Hauses.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich stelle fest, daß es dann mit der Beurteilung aller-

    dings sehr schwierig und auch kritisch wird. Die Bun-
    desregierung hat vorher – das können Sie nicht leugnen,
    Herr Bundesaußenminister – wirklich groß getönt, was
    die Nettoentlastung der Bundesrepublik Deutschland
    betrifft. Daß die Töne von Herrn Stoiber da noch lauter
    wurden, ist zwar richtig. Aber animiert worden ist er ur-
    sprünglich durch den Bundeskanzler, der damit begon-
    nen hat. Das Ganze konnte so nicht funktionieren.


    (Dr. Norbert Wieczorek [SPD]: Es war aber Bundeskanzler Kohl in Cardiff, der das gemacht hat!)


    Nun habe ich mir die Rede des Bundeskanzlers
    durchgelesen, um zu sehen, was er dazu gesagt hat. Da
    habe ich wirklich einen schönen Satz gefunden. Da steht
    nämlich folgendes:

    Wir haben uns in Berlin geeinigt, daß die Kurve der
    deutschen Nettozahlungen in der Tendenz gestoppt
    und umgedreht wird.

    Das ist so nebulös, Herr Bundesaußenminister, daß
    damit nun überhaupt kein Mensch etwas anfangen kann.
    Was heißt „in der Tendenz“? Wann wird das sein? In
    welche Richtung wird das gehen, und in welchen Stufen
    wird das geschehen? Das ist als Information ein bißchen
    dünn. Ich denke einmal, wenn die Ergebnisse erfolgrei-
    cher gewesen wären, hätte der Bundeskanzler bei die-
    sem Punkt etwas länger verharrt; dann wäre er darauf
    ausführlicher eingegangen, als er es getan hat.


    (Beifall bei der PDS)

    Dann gibt es noch einen schönen Satz, und zwar zur

    Frage der Beitragsgerechtigkeit, was Großbritannien
    betrifft. Da heißt es:

    Bei dem Beitragsrabatt für Großbritannien sowie
    beim Schlüssel für die Finanzierung dieses Rabatts
    haben wir Modifikationen vereinbart, die zu einer
    größeren Beitragsgerechtigkeit führen.

    Allgemeiner und verschwommener kann man es nicht
    ausdrücken. Kein Mensch weiß, was da nun wirklich
    vereinbart worden ist, wie das Ergebnis aussieht.

    Ich meine auch, daß die Ergebnisse für die Land-
    wirtschaft bedrückend sind. Nun kann es ja sein – das
    muß ich durchaus einräumen –, daß in Berlin kein ande-
    rer Kompromiß zu erreichen war; das ist möglich. Aber
    dann ist das, was Sie im Zusammenhang mit der soge-
    nannten ökologischen Steuerreform und durch andere
    Gesetze an zusätzlichen Belastungen für die Landwirt-
    schaft beschlossen haben, einfach unvertretbar.


    (Beifall bei der PDS)


    Wenn man auf europäischer Ebene keinen Ausgleich
    erreicht, dann hätte man ihn innerstaatlich erstreiten
    müssen. Aber die Landwirtschaft jetzt von allen Seiten
    kaputtzumachen, ist einfach indiskutabel. Das gilt für
    die Landwirtschaft in Ost und West. Wir werden die
    Folgen zu spüren bekommen.

    Ansonsten muß man, auch wenn man die Ergebnisse
    noch nicht kennt, würdigend sagen: Es gab auch in die-
    sem Hause und in der Presse, und zwar in der gesamten
    europäischen Presse, sehr viele, die es überhaupt nicht
    mehr für möglich gehalten haben, daß dort ein Kom-
    promiß gefunden wird. Es wurde von einer lang anhal-
    tenden Strukturkrise gesprochen. Daß heute nacht ein
    Ergebnis zustande gekommen ist, ist zunächst einmal
    ein Ergebnis für sich, das man auch positiv bewerten
    sollte.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich komme jetzt zu dem wesentlich schwereren Kon-

    flikt, der uns hier bewegt, über den wir gestern schon
    debattiert haben und zu dem der Bundesaußenminister
    eben noch einmal sehr eindringlich gesprochen hat. Das
    ist die Frage des europäischen Krieges gegen Jugosla-
    wien und des Kosovo-Konflikts.

    Es hat mich schon bestürzt, Herr Bundesaußenmi-
    nister, daß Sie zur rechtlichen Grundlage dieses Krie-
    ges kein einziges Wort verloren haben, genausowenig
    wie der Bundeskanzler und genausowenig wie der Frak-
    tionsvorsitzende der F.D.P., Gerhardt. Der einzige, der
    etwas dazu gesagt hat, war der Fraktionsvorsitzende der
    CDU/CSU, Herr Schäuble.

    Er hat gesagt, daß der Beschluß vom 16. Oktober
    1998 auf sicherer verfassungsrechtlicher und völker-
    rechtlicher Grundlage gefaßt worden sei; dies hätte jetzt
    auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt.


    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Karlsruhe hat Ihnen doch die Anwort gegeben!)


    Das ist völlig falsch. Erstens hat das Bundesverfas-
    sungsgericht das überhaupt nicht bestätigt, weil es sich
    nur mit der Zulässigkeit eines Antrages auseinanderge-
    setzt hat. Es hat diese Frage sogar ausdrücklich offen-
    gelassen und festgestellt, daß es damit kein Urteil über
    die Verfassungsmäßigkeit trifft. Zweitens ist es ganz
    eindeutig: In der Wissenschaft, im Großteil der Medien,
    von der UNO – nicht nur von Rußland –, vom General-
    sekretär der Vereinten Nationen, wird klar darauf hin-
    gewiesen, dieser europäische Krieg ist ein Völker-
    rechtsbruch.


    (Beifall bei der PDS)

    Nun haben Sie, Herr Gerhardt, dazu gesagt: Rechts-

    brechern muß man entgegentreten. Das ist wahr. Aber
    muß man ihnen mit Rechtsbruch entgegentreten? Ich sa-
    ge nein. Das ist immer der falsche Weg.


    (Beifall bei der PDS)

    Wissen Sie, Völkerrecht dann einzuhalten, wenn es mit
    den eigenen Zielen, mit dem, was man ohnehin tun will,
    übereinstimmt, das ist ja leicht. Das ist wie beim inner-
    staatlichen Recht. Aber es dann einzuhalten, wenn es
    einem politisch nicht paßt, das ist die eigentliche

    Dr. Gregor Gysi






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Schwierigkeit. Für genau solche Fälle schafft man
    Recht. Wenn man es verletzt, dann ist man nicht viel
    besser als andere Rechtsverletzer. Dieser Tatsache müs-
    sen wir einfach ins Auge sehen.


    (Beifall bei der PDS)

    Sie – sowohl der Bundeskanzler als auch Herr

    Schäuble – haben gesagt, die Bomben richten sich nicht
    gegen das serbische Volk, sondern gegen Milosevic.
    Meine Damen und Herren, das ist doch nichts weiter als
    eine abstrakte Phrase, die mit Realitäten nichts zu tun
    hat. Bomben richten sich niemals gegen einen einzelnen
    Diktator, sondern immer gegen das Volk.


    (Beifall bei der PDS)

    Es sind immer die Zivilisten und die wehrpflichtigen
    Soldaten, die dabei sterben, nicht der Diktator. Das war
    im Irak so. Erklären Sie mir doch einmal: Ist denn Sad-
    dam Hussein durch die Bombenangriffe heute in irgend-
    einer Form geschwächt? Ich behaupte, auch hinter Milo-
    sevic standen noch nie so viele Jugoslawen wie heute.
    Das ist auch das Ergebnis der Bombenangriffe.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Wir liegen doch in der Beurteilung dieses Mannes gar

    nicht so weit auseinander, Herr Bundesaußenminister
    Fischer, und auch nicht in der Beurteilung des Kosovo,
    obwohl man dazu noch einiges sagen muß. Ich sage nur:
    Ihre Antwort darauf, die Antwort Krieg, das ist genau
    die falsche. Sie bringt uns keinen Schritt weiter und setzt
    uns völkerrechtlich und nach dem eigenen Grundgesetz
    ins Unrecht.


    (Beifall bei der PDS)

    Krieg darf nicht wieder zum Mittel der Politik wer-

    den. Mir wird immer gesagt: Ja, würden Sie denn taten-
    los zusehen? Sie, Herr Gerhardt, haben gesagt: Pazifis-
    mus ist etwas Ehrenwertes, führt hier aber nicht weiter.
    Es gibt in meiner Partei viele Pazifisten. Ich würde mich
    gar nicht so bezeichnen, weil ich zum Beispiel das Recht
    auf Notwehr innerstaatlich durchaus akzeptiere. Ich gehe
    auch so weit zu sagen: Man muß sich auch militärisch
    gegen eine Aggression wehren dürfen.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege, es gibt auch das Recht auf Nothilfe!)


    Das Problem ist nur, Herr Gerhardt, Jugoslawien hat
    keinen der Staaten angegriffen, die jetzt Jugoslawien
    bombardieren. Deshalb ist es eben kein Verteidigungs-,
    sondern ein Angriffskrieg. Und der ist völkerrechtlich
    verboten. Das ist eine Tatsache. Im Völkerrecht gibt es
    nichts dazwischen.


    (Beifall bei der PDS – Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Nothilfe!)


    Sie können doch eines nicht leugnen, Frau Matthäus-
    Maier: Die Ordnung, die nach 1945 in der UN-Charta
    festgelegt worden ist, ist beseitigt. Wenn Sie mir das
    schon nicht glauben, vielleicht glauben Sie es dann Pro-
    fessor Bradeddo von der Bundeswehrakademie Ham-
    burg, also jemandem, der sich nun wirklich mit Bun-
    deswehr beschäftigt und mit Sicherheit, wenn er dort

    Professor ist, eine positive Beziehung dazu hat. Dieser
    Mann hat heute im Frühstücksfernsehen gesagt: Es ist
    ein klarer Verfassungs- und Völkerrechtsbruch; 40 Jahre
    UN-Politik sind damit zerstört.


    (Beifall bei der PDS)

    Wenn Sie das Vetorecht Rußlands und Chinas aushe-

    beln, dann hat auch das von Frankreich und Großbritan-
    nien in anderen Situationen keinen Wert mehr. Sie ge-
    ben doch die UN-Charta nicht nur für die NATO frei,
    die Sie davon abkoppeln, sondern praktisch für alle
    Kontinente. Das ist das Problem. Es geht doch nicht nur
    um kurzfristige Folgen, sondern auch um Spätfolgen, die
    man mitzubedenken hat.


    (Dr. Christa Luft [PDS]: Selektive Wahrnehmung!)


    Ich sage noch etwas anderes. Natürlich weiß ich, daß
    die Situation schwer ist. Aber wie hat denn alles ange-
    fangen? Alles hat nach Dayton damit angefangen, daß
    Jugoslawien die Rechte der albanischen Minderheit in
    Jugoslawien bzw. der albanischen Mehrheit im Kosovo
    verletzt hat. Das ist wahr. Aber es gab damals keine
    Massaker, es gab eine Verletzung der Rechte. Das ken-
    nen wir von der Welt. Dann passiert irgendwann folgen-
    des: Diese Bevölkerung fängt an, sich zu bewaffnen, um
    für Unabhängigkeit und Loslösung von dem Staat ein-
    zutreten. Jeder Zentralstaat setzt dagegen Militär ein.
    Das war und ist im Baskenland so, das war und ist so in
    Nordirland, das ist vor allem im kurdischen Gebiet der
    Türkei so. Das war in Tschetschenien so und im Kauka-
    sus. Erinnern Sie sich noch, als die russische Armee ge-
    gen Tschetschenien lief und wir alle – nicht wir alle,
    leider – protestiert und gesagt haben: Das ist kein Lö-
    sungsmittel? Herr Kohl, Sie haben sich damals als Bun-
    deskanzler hingestellt und gesagt: Man muß auch das
    Recht Rußlands auf territoriale Integrität respektieren.
    Deshalb hätten Sie Verständnis für diesen Einsatzbefehl.
    Ich hatte dieses Verständnis überhaupt nicht. Ich hatte es
    auch nicht bei Jugoslawien, weil ich nicht glaube, daß
    man solche Probleme – und seien sie auch innerstaatlich
    – mit militärischen oder polizeilichen Mitteln lösen
    kann.


    (Beifall bei der PDS)

    Insofern gibt es eine Glaubwürdigkeitslücke: Sie be-

    urteilen das je nach Situation anders. Die Türkei ist
    Mitglied der NATO und macht jetzt bei der Abwendung
    einer humanitären Katastrophe mit, während sie seit
    Jahrzehnten eine schlimme humanitäre Katastrophe im
    eigenen Land organisiert. In der letzten Woche hat eine
    Regierung aus SPD und Grünen neuen Waffenlieferun-
    gen an die Türkei zugestimmt, anstatt diese wenigstens,
    wie sie es vorher immer hier im Bundestag gefordert ha-
    ben, zu stoppen.


    (Beifall bei der PDS)

    Die Alternative ist nicht Tatenlosigkeit. Das kommt gar
    nicht in Frage; das ist ganz klar.

    Was ist denn passiert? Nachdem sich die Zustände
    verschlimmert hatten, hat man im Oktober ein Abkom-
    men getroffen. Tatsächlich haben sich – das kann man ja

    Dr. Gregor Gysi






    (A) (C)



    (B) (D)


    nicht leugnen – die jugoslawischen Streitkräfte und die
    Polizei zurückgezogen. Es wurde sozusagen etwas er-
    träglicher. Dann wurden OSZE-Beobachter hinge-
    schickt. 2 000 waren vereinbart. Die Höchstzahl derjeni-
    gen, die da waren, betrug 1 200. Warum haben wir nicht
    wirklich die 2 000 entsandt? Anschließend begannen die
    Verhandlungen in Rambouillet. Immerhin hatte Jugo-
    slawien der Autonomie schon im Prinzip zugestimmt. Es
    ist doch nicht so, daß in Rambouillet gar nichts heraus-
    gekommen wäre. Im übrigen gab es ja zwei Vertrags-
    entwürfe, Herr Bundesaußenminister. Auf dieser
    Grundlage hätte man zwingend weiter verhandeln müs-
    sen. Denn ganz schlimm wurde es im Kosovo wieder,
    nachdem die OSZE-Beobachter im Zuge der Vorberei-
    tungen der Bombardierungen abgezogen wurden, weil
    die jugoslawische Armee und Polizei dann nachstieß.

    Was Sie, Herr Bundeskanzler, Herr Bundesaußenmi-
    nister, mir nicht beantwortet haben: Worin soll denn die
    Lösung Ihrer Alternative bestehen? Es gibt keine andere
    als die von Verhandlungen. Sie sagen, Milosevic müsse
    nur zustimmen. Sie haben Ihn als schlimmen Diktator,
    als irrational bezeichnet.


    (Dr. Eberhard Brecht [SPD]: Ist er das denn nicht?)


    Sie sagen, er nehme den Krieg in Kauf und handele ge-
    gen die Interessen seines eigenen Volkes. Können Sie
    mir dann erklären, warum er nach vier, fünf Bombenan-
    griffen plötzlich rational werden, plötzlich sein Volk
    lieben und plötzlich den Krieg als ein Mittel ausschlie-
    ßen soll? Er wird nicht unterschreiben.

    Und was machen wir dann? Diese Frage ist nicht be-
    antwortet. Was ist das politische Ziel, wenn er nicht un-
    terschreibt? Denn wenn er allein einem Waffenstillstand
    zustimmen würde, genügte das nicht; Sie verlangen ja
    zudem die Unterschrift. Sie haben der deutschen Bevöl-
    kerung bislang keine Antwort auf die Frage gegeben,
    was Sie dann machen. Sollen dann Bodentruppen ein-
    marschieren? Wo ist das politische Lösungskonzept?
    Das ist hier nicht offenbar geworden. Das sind Fragen,
    die ganz viele Menschen bewegen – ich finde, zu Recht.
    Sie haben eine Antwort darauf verdient.


    (Beifall bei der PDS)

    Man kann doch nicht einfach sagen: Wir bomben bis

    zur Unterschrift. Wie lange soll das gehen, wenn sie
    nicht kommt?


    (Gernot Erler [SPD]: Er hat es nicht verstanden!)


    – Ich glaube schon, daß ich es verstanden habe.

    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie geben auf die andere Frage keine Antwort: Was geschieht, wenn nichts gemacht wird?)


    – Stellen Sie eine Zwischenfrage! Ich kann das akustisch
    nicht verstehen. Ich bin sehr gerne bereit, darauf zu ant-
    worten.

    Wir müssen die Bombardierungen beenden. Wir
    müssen zurück zu Verhandlungen. Wir müssen Ruß-

    land wieder in das Boot nehmen. Rußland war bereit,
    den Druck zu verschärfen. Vor allem müssen wir den
    UN-Sicherheitsrat wieder einschalten. Ansonsten hat das
    katastrophale Folgen. Das Tischtuch zu Rußland ist
    doch schon nahezu zerschnitten.

    Jetzt noch zu etwas, was mich in den letzten Tagen
    sehr beschäftigt hat: Die Argumente sind fatal. Es wird
    immer von der militärischen Überlegenheit der NATO
    gegenüber Jugoslawien gesprochen, die natürlich zwei-
    fellos gegeben ist. Das Argument in bezug auf Rußland
    ist dann: Die können gar nichts machen, die brauchen
    neue Kredite, und zwar spätestens im Mai, wenn die
    neue Charge des IWF ansteht. Wo sind wir moralisch
    hingekommen, wenn das die entscheidenden politischen
    Argumente werden: Wir sind a) militärisch überlegen
    und b) finanziell stärker; deshalb können wir eh ent-
    scheiden, was die anderen machen?


    (Beifall bei der PDS)

    Wer sagt Ihnen denn, wer in einem halben Jahr in Ruß-
    land die Macht hat? Wer garantiert, daß dann, wenn das
    Argument mit dem Geld noch zehnmal gebraucht wird,
    dort nicht ganz irrationale Entscheidungen getroffen
    werden? Politik ist nicht nur rational; sie ist auch irratio-
    nal. Das macht mir große Sorgen.