Hans Georg Wagner
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999 2409
(A) (C)
(B) (D)
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 24.3.99**
Carstens (Emstek),
Manfred
CDU/CSU 24.3.99
Diemers, Renate CDU/CSU 24.3.99
Fink, Ulf CDU/CSU 24.3.99
Fischer (Frankfurt),
Joseph
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
24.3.99
Friedrich (Altenburg),
Peter
SPD 24.3.99
Dr. Gysi, Gregor PDS 24.3.99
Hasenfratz, Klaus SPD 24.3.99
Heinrich, Ulrich F.D.P. 24.3.99
Kanther, Manfred CDU/CSU 24.3.99
Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 24.3.99
Lennartz, Klaus SPD 24.3.99
Lörcher, Christa SPD 24.3.99**
Maaß (Wilhelmshaven),
Erich
CDU/CSU 24.3.99
Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 24.3.99
Rauber, Helmut CDU/CSU 24.3.99
Schindler, Norbert CDU/CSU 24.3.99
Schröder, Gerhard SPD 24.3.99
Schütze (Berlin),
Diethard W.
CDU/CSU 24.3.99
Schuhmann (Delitzsch),
Richard
SPD 24.3.99
Streb-Hesse, Rita SPD 24.3.99
Verheugen, Günter SPD 24.3.99
Willner, Gert CDU/CSU 24.3.99
Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 24.3.99*
Zierer, Benno CSU/CSU 24.3.99
–––––––––––** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Ver-sammlung des Europarates** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Erklärung
des Abgeordneten Dr. Ernst Ulrich von Weiz-
säcker (SPD) zur namentlichen Abstimmung
über den von der Abgeordneten Dr. Heidi Kna-
ke-Werner und der Fraktion der PDS einge-
brachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur
Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht
der Arbeitslosenhilfe (Erstes Arbeitslosenhilfe-
Korrekturgesetz) – Drucksache 14/15 – am
18. März 1999 (27. Sitzung, Seite 2 271 A)
Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung
teilgenommen und mit Nein gestimmt habe.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Wolf-Michael Catenhusen auf
die Fragen des Abgeordneten Lothar Binding (Heidel-
berg) (SPD) (Drucksache 14/576, Fragen 1 und 2):
Wie viele Bundesmittel flossen in den letzten zehn Jahren indie bemannte und in die unbemannte Weltraumforschung, undbei welchen außergewöhnlich wichtigen Vorhaben lag die Fe-derführung für diese Forschungsprojekte bei deutschen For-schungsinstituten, Unternehmen oder Universitäten?
Wie viele Bundesmittel wurden im vergangenen Zeitraumvon zehn Jahren für Forschungsprojekte mit einem Volumenvon über 100 Mio. DM im Bereich der Weltraumforschung zurVerfügung gestellt, und wie hoch ist dabei die Anzahl der Groß-forschungsprojekte, bei denen der deutsche Anteil am Endpro-dukt nicht mehr erkennbar ist?
Zu Frage 1:
Von 1989 bis 1998 wurden insgesamt ca. 17,7 Milli-
arden DM aus Bundesmitteln in die Weltraumforschung
investiert. Davon entfallen auf die ESA ca. 10 Milliar-
den DM (BMBF), das nationale Raumfahrtprogramm
incl. DLR 5,3 Milliarden DM (BMBF); EUMETSAT,
Wettersatelliten und Navigation ca. 800 Millionen DM
(BMVBW) und ca. 1,6 Milliarden DM für Kommunika-
tionssatelliten (ehemaliges BMPT). Eine Differenzie-
rung in bemannt/unbemannt ist für diesen Zeitraum
kurzfristig nicht zu leisten.
In den Jahren 1995 bis 1998 flossen aus dem Haus-
halt des BMBF
in die bemannte Weltraumforschung 1,1 Milliarden
DM,
in die unbemannte Weltraumforschung 4,7 Milliarden
DM.
Die Eingruppierung in bemannt/unbemannt ist dabei
nicht überall eindeutig. Beispielsweise ist das Hubble
Space Teleskop als unbemannt gezählt, obwohl
Start- und Reparaturmission bemannt durchgeführt wur-
den.
Außergewöhnlich wichtige Vorhaben mit deutscher Fe-
derführung aus dieser Periode sind
– der Flug eines deutschen Astronauten auf Mir
(DARA/DLR)
– die Erdbeobachtungsmissionen ERS 1 und ERS 2
(Dornier Satellitensysteme)
2410 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999
(A) (C)
(B) (D)
– die Oberstufe der Trägerrakete ARIANE 5 (DASA)
– die geophysikalische Kleinsatellitenmission CHAMP
als Leitprojekt für die neuen Bundesländer (GeoFor-
schungsZentrum Potsdam)
– der Bau des Raumstationsmoduls COLUMBUS im
Rahmen der ESA-Beteiligung an der Internationalen
Raumstation (DASA)
– die Röntgenastronomiemission ABRIXAS (Max-
Planck-Institut für Extraterrestrische Forschung u. a.,
OHB)
– die Radarfernerkundungsmissionen X-SAR und SRTM
(Dornier Satellitensysteme)
– die Klima- und Umweltbeobachtungsmission ENVI-
SAT (Dornier Satellitensysteme)
Zu Frage 2:
Forschungsprojekte der letzten 10 Jahre mit Projekt-
Finanzierung aus Bundesmitteln über 100 Millionen DM
sind
– Röntgenastronomiemission ROSAT (Start 1990),
310 Millionen DM
– Erdbeobachtungsmissionen ERS 1 (Start 1991) und
ERS 2 (Start 1995), 906 Millionen DM
– Spacelab-Mission D-2 (1992), 640 Millionen DM
– Infrarotobservatorium ISO (Start 1995), 440 Mil-
lionen DM
– Sonnenobservatorium SOHO/CLUSTER (Start 1995/
96 und 2000), 430 Millionen DM
– Mars 96 (Start 1996), 140 Millionen DM
– Planetenmission Cassini/Huygens (Start 1997), 170
Millionen DM
– Trägerrakete ARIANE 5 (Qualifikationsflug 1998),
2 650 Millionen DM
– Datenrelaissatellit ARTEMIS (Start 2000), 190 Mil-
lionen DM
– Klima- und Umweltbeobachtungsmission ENVISAT
(Start 2000), 645 Millionen DM
– Röntgenobservatorium XMM (Start 2000), 360 Mil-
lionen DM
– Astrophysikalisches Laboratorium INTEGRAL (Start
2001), 225 Millionen DM
– Kometenmission ROSETTA (Start 2003), 395 Mil-
lionen DM
– Entwicklung des Beitrags zur Internationalen Raum-
station ISS (Start 2003), 2 470 Millionen DM.
Der „deutsche Anteil am Endprodukt“ ist bei den
europäischen Gemeinschaftsprojekten in aller Regel –
obwohl als Hardware vorhanden – ohne weitere Hinwei-
se nur für den Fachmann erkennbar. Ganz wichtige
Endprodukte, die nicht immer direkt zurechen- und
erkennbar sind, sind die Datenprodukte einschließlich
der wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Technolo-
giegewinn, Transferprodukte, ausgebildeter Nachwuchs
und Arbeitsplätze.
Anlage 4
Antwort
des Staatsministers Dr. Michael Naumann auf die Frage
des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
(F.D.P) (Drucksache 14/576, Frage 4)
Was hat die Bundesregierung veranlaßt, die Präsidentin derRIAS Berlin-Kommission vorzeitig aus ihrem Amt abzuberu-fen?
Durch den Organisationserlaß des Bundeskanzlers
vom 27. Oktober 1998 sind dem Beauftragten der Bun-
desregierung für Angelegenheiten der Kultur und der
Medien aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums des Innern die Zuständigkeiten für Kultur und Me-
dien und damit auch für die RIAS Berlin-Kommission
übertragen worden. Ein Regierungswechsel bringt es mit
sich, daß die Besetzung der Gremien überprüft und ge-
gebenenfalls verändert wird. Die Vorsitzende der RIAS
Berlin-Kommission ist bislang nicht abberufen worden.
Anlage 5
Antwort
des Staatsministers Dr. Ludger Volmer, auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Max Stadler (F.D.P.) (Druck-
sache 14/576, Fragen 6 und 7)
Stimmen die Darstellungen von Menschenrechtsverletzungenseitens der Türkei im Menschenrechtsbericht 1998 des US StateDepartment mit den Erkenntnissen der Bundesregierung über-ein?
Welche Folgerungen für ihre praktische Politik wird dieBundesregierung aus diesem Bericht ziehen, insbesondere inAnsehung der Instrumentarien aus der Europäischen Menschen-rechtskonvention, in Ansehung von Waffenlieferungen und imHinblick auf die Problematik der Abschiebung von Kurden, zu-mal in dem Bericht unter Namensnennung und Schilderung vonweiteren Details die Folterung von zwei aus Deutschland in dieTürkei abgeschobenen Kurden dargestellt wird?
Zu Frage 6:
Der Menschenrechtsbericht des U.S. State Depart-
ment zur Türkei entspricht in allen wesentlichen Haupt-
punkten (Folter/Mißhandlung, ungesetzliche Tötungen,
Polizei-Haft, Prozeßrecht und freie Meinungsäußerung)
der Einschätzung des Auswärtigen Amtes
Zu Frage 7:
Die Bundesregierung berücksichtigt bei der Beurtei-
lung der Menschenrechtssituation in der Türkei zunächst
eigene Erkenntnisquellen, darüber hinaus aber auch
viele externe Quellen, auch die Einschätzungen befreun-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999 2411
(A) (C)
(B) (D)
deter Staaten, wie sie zum Beispiel im Menschen-
rechtsbericht des US-State Department ihren Ausdruck
finden.
Anlage 6
Antwort
des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Fragen
des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 14 und 15)
Was hat die Bundesregierung seit Beginn der demokrati-schen Ära Rumäniens bis heute unternommen, um deutscheKulturgüter und -denkmäler in Rumänien vor dem Verfall zubewahren?
Was unternimmt die Bundesregierung, um humanitäreHilfsleistungen aus der Bundesrepublik Deutschland nach Ru-mänien zu erleichtern und von der Verzollung zu befreien?
Zu Frage 14:
1992 hat das Bundesministerium des Innern begon-
nen, Projekte zur Dokumentation, Sicherung, Restaurie-
rung, Bewahrung und Präsentation des historischen
Kulturgutes der Rumäniendeutschen zu fördern. In den
Jahren 1994-98 wurden für den Kulturerhalt in Rumäni-
en rd. 2,6 Millionen DM aufgewendet. Damit wurde die
Restaurierung von Kirchenburgen und Orgeln ebenso
gefördert wie die Sicherung musikgeschichtlicher Do-
kumente.
Heute fällt die Förderung des Erhalts rumäniendeut-
schen Kulturgutes in den Zuständigkeitsbereich des Be-
auftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der
Kultur und der Medien und wird dort fortgeführt.
Zu Frage 15:
Rumänien nimmt bei deutschen humanitären Hilfs-
initiativen im internationalen Vergleich einen hohen
Stellenwert ein.
In den letzten Monaten hat das Auswärtige Amt ver-
stärkt Beschwerden über Behinderungen bei der Lei-
stung humanitärer Hilfe in Rumänien erhalten. Die ru-
mänische Regierung hat die Einfuhr im Rahmen der
humanitären Hilfe zwar grundsätzlich von Abgaben
freigestellt, die Vorschriften hierzu jedoch wiederholt
geändert und verschärft.
Der Arbeitsstab Humanitäre Hilfe im Auswärtigen
Amt gibt Hinweise über die Einfuhrbestimmungen nach
Rumänien und regt zum Erfahrungsaustausch unter den
Hilfsinitiativen an. Stehen humanitäre Hilfsleistungen
im Zusammenhang mit Naturkatastrophen, bietet das
Auswärtige Amt auch finanzielle Zuwendungen zu Be-
schaffung und Transport von Hilfsgütern an.
Unsere Botschaft in Bukarest und die Generalkonsu-
late in Temesvar und Hermannstadt leisten Hilfe, wenn
Transporte an den Grenzen in Schwierigkeiten sind oder
deutsche Hilfsprojekte im Land eine Unterstützung er-
fordern. Über Einfuhrabgaben und Straßenbenutzungs-
gebühren von Hilfstransporten ist im vergangenen Jahr
auch im Rahmen bilateraler Konsultationen gesprochen
worden.
Anlage 7
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die
Fragen des Abgeordneten Ernst Burgbacher (F.D.P.)
(Drucksache 14/576, Fragen 20 und 21):
Was gedenkt die Bundesregierung im Rahmen der deutschenEU-Ratspräsidentschaft gegen erwiesene Fälle von Betrug undKorruption innerhalb der diversen Leitungsebenen der EU zuunternehmen?
Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Sachstand inder Betrugsaffäre innerhalb der für Strukturpolitik zuständigenEU-Generaldirektion, in deren Zusammenhang die Immunitäteines hohen deutschen EU-Beamten, der als Abteilungsleiter fürdie Finanzierung eines Tourismusprojekts in Portugal zuständigist, aufgehoben wurde (s. Süddeutsche Zeitung vom 12. März1999)?
Zu Frage 20:
Wichtiges Anliegen der deutschen Ratspräsident-
schaft ist der Kampf gegen Subventionsmißbrauch und
Unregelmäßigkeiten in den Mitgliedstaaten und den
Drittländern, aber auch die Bekämpfung von Korruption
und Mißwirtschaft innerhalb der EU-Organe.
Ein wichtiger Schritt zur wirksameren Bekämpfung
von Betrügereien und Korruption soll mit dem Euro-
päischen Amt für Betrugsbekämpfung – OLAF (Office
de lutte anti-fraude) – erreicht werden. Das Amt soll
zwar innerhalb der Kommission eingerichtet werden,
aber völlig weisungsungebunden mit eigenem Initia-
tivrecht Untersuchungen nicht nur in den Mitglied-
staaten, sondern auch in allen Organen, Institutionen
und Einrichtungen der EU durchführen können. Für die
internen Kontrollen sollen die Befugnisse der
EU-Organe und –Institutionen durch ein gemeinsames
Abkommen auf OLAF übertragen werden. Diese
Grundsätze sind in den Schlußfolgerungen festgehal-
ten, die der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister
am 15. März 1999 verabschiedet hat. Die Kommission
hat am 17. März 1999 einen geänderten Vorschlag
vorgelegt, der diesen Schlußfolgerungen im wesent-
lichen entspricht. Am 25. Mai 1999 sollen die Verord-
nung angenommen und das gemeinsame Abkommen
von den Präsidenten der EU-Organe gezeichnet wer-
den.
Mit diesem Maßnahmenpaket hat die Bundesregie-
rung im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft viel erreicht,
um die Bekämpfung von Betrug und Korruption in der
EU und in den EU-Organen deutlich zu verbessern. Auf
der Grundlage der von dem Amt erstellten Unter-
suchungsberichte können die örtlich zuständigen Justiz-
behörden in erwiesenen Fällen von Betrug und Kor-
ruption staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren
rascher und erfolgreicher einleiten.
Zu Frage 21:
Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkennt-
nisse über die in der Anfrage angesprochene Betrugs-
affäre vor. Im übrigen bitte ich um Ihr Verständnis, daß
sich die Bundesregierung in diesen Fällen nicht in die
laufenden Verfahren einschalten kann.
2412 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 8
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf
die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Börnsen
(Bönstrup) (CDU/CSU) (Drucksache 14/576, Fragen 35
und 36)
Ist die Bundesregierung auf dem Europäischen Sonderrat derStaats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union am 24./25. März 1999 in Berlin entsprechend denbisherigen positiven Äußerungen des Bundeskanzlers GerhardSchröder zum Fortbestand von Duty-free bereit, dafür zu sorgen,daß, bedingt durch den Rücktritt der EU-Kommission, die jetztentstandene Situation zum Anlaß genommen wird, das Schluß-datum für Duty-free ersatzlos zu streichen, um ausreichend Zeitfür eine angemessene Übergangsregelung zu erhalten, die dieverschiedenen Mehrwertsteuersätze der EU-Partnerländer be-rücksichtigt?
Bis wann plant die Bundesregierung den Einführungserlaßzur Tonnagesteuer in gültiges Recht umzusetzen, bzw. wie be-urteilt sie die Möglichkeiten der praktischen Anwendung derTonnagesteuer für den maritimen Standort Deutschland, solangedieser Einführungserlaß nicht abschließend und rechtskräftig de-finiert worden ist?
Zu Frage 35:
Die Bundesregierung setzt sich weiterhin mit Nach-
druck für eine Verlängerung der Tax-Free-Regelung ein.
Nachdem die Kommission in der ECOFIN-Ratssitzung
am 15. März 1999 ihre bisherige Haltung bestätigt hat
und einige Mitgliedstaaten leider weiterhin jede Verlän-
gerung ablehnen, wird der Bundeskanzler dieses Thema
im Europäischen Rat am 24./25. März 1999 in Berlin
nochmals mit dem Ziel einer Verlängerung aufgreifen.
Er kommt damit auch den Wünschen Frankreichs,
Großbritanniens und Irlands nach.
Für eine Verlängerung sind nach dem EU-Vertrag die
Zustimmung aller Mitgliedstaaten und ein entsprechen-
der Vorschlag der EU-Kommission erforderlich. Daran
hat sich auch durch den Rücktritt der Kommission nichts
geändert.
Zu Frage 36:
Die Tonnagesteuerregelung des § 5a in Verbindung
mit § 52 Abs. 6b des Einkommensteuergesetzes gibt
deutschen Seeschiffahrtsunternehmen unter bestimm-
ten Voraussetzungen das Wahlrecht, ihre Gewinne
nach der Schiffstonnage zu ermitteln, und zwar grund-
sätzlich für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezem-
ber 1998 enden. Es handelt sich um eine abschließende
Regelung, für die aus rechtlicher Sicht keine zusätz-
lichen Anwendungsvorschriften benötigt werden. Üb-
licherweise nehmen die obersten Finanzbehörden des
Bundes und der Länder bei neuen gesetzlichen
Vorschriften zu Zweifelsfragen in einem sog. BMF-
Schreiben Stellung. Derartige Verwaltungsregelungen
binden aber weder die Steuerpflichtigen noch die
Finanzgerichte. Für die Tonnagesteuer wird derzeit in
Abstimmung mit den Ländern ein Einführungserlaß
erarbeitet; es wird angestrebt, diesen Erlaß bis zur Jah-
resmitte in Kraft zu setzen.
Anlage 9
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen
der Abgeordneten Ursula Lietz (CDU/CSU) (Druck-
sache 14/576, Fragen 41 und 42):
Wie viele Soldaten der Bundeswehr nehmen nach Kenntnisder Bundesregierung in welchem Haushaltsrahmen in den Jahren1998 und 1999 an den beruflichen Bildungsmaßnahmen imRahmen des Berufsförderungsdienstes teil, welche in Zusam-menarbeit mit den regionalen Industrie- und Handelskammerndurchgeführt werden?
Sieht die Bundesregierung die Tatsache, daß die Aus- undFortbildungsprogramme im Rahmen des Berufsförderungsdien-stes für Soldaten der Bundeswehr mit regional unterschiedlichenDurchfallquoten von bis zu 80 % einhergehen, in den zentralenRichtlinien, die für das gesamte Bundesgebiet einheitlich gelten,begründet?
Zu Frage 41:
An der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung im
Rahmen der militärfachlichen Ausbildung für Soldaten
auf Zeit nahmen 4 390 Soldaten im Jahr 1998 teil. Hier-
für wurden ca. 20 Millionen DM an Haushaltsmitteln
aufgewandt. Für das Jahr 1999 können zum Haushalts-
rahmen noch keine Angaben gemacht werden. Wesentli-
che Veränderungen im Haushaltsansatz werden nicht
erwartet.
Zu Frage 42:
Die bundes- und landeseinheitlichen Prüfungsanfor-
derungen für einen berufsqualifizierenden Aus- bzw.
Fortbildungsabschluß im Rahmen des Berufsförde-
rungsdienstes gelten sowohl für Soldaten der Bundes-
wehr als auch für andere Prüfungsteilnehmer und
entziehen sich einer Einflußnahme durch die Bundes-
wehr.
Im Jahr 1998 haben an solchen Abschlüssen 4 390
Soldaten teilgenommen. Davon haben nur 249, das sind
5,67 Prozent, ihre Abschlußprüfung nicht bestanden.
Nach den uns vorliegenden Unterlagen sind hierbei kei-
ne besonderen regionalen Unterschiede ersichtlich.
Durchfallquoten von 80 Prozent sind dem Ministerium
nicht bekannt.
Anlage 10
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen
des Abgeordneten Werner Siemann (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 43 und 44)
Wie will die Bundesregierung auf die Belastung der Soldatendurch Einsätze im In- und Ausland reagieren, bei denen siepsychisch und physisch häufig bis an ihre Leistungsgrenze ge-hen müssen?
Was unternimmt die Bundesregierung, dem grundgesetz-lichen Gebot, daß die Wehrpflicht die primäre Pflicht des jungenStaatsbürgers ist, Nachdruck zu verleihen?
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999 2413
(A) (C)
(B) (D)
Zu Frage 43:
Die Bundeswehr hat frühzeitig auf die mit der Über-
nahme neuer Aufgaben einhergehenden Fragen nach
dem Umgang mit psychischen Belastungen bei Soldaten
reagiert. Basierend auf der Erfahrung anderer Streit-
kräfte und auf unseren eigenen Erfahrungen wurde ein
„Rahmenkonzept zur Bewältigung einsatzbedingter Be-
lastungen bei Soldaten vor, während und nach Einsätzen
und besonderen Auslandsverwendungen“ erarbeitet, das
zusammenfassend die Grundsätze der psychischen Be-
treuung beschreibt, über bisherige Aktivitäten und Maß-
nahmen der verschiedenen Organisationsbereiche in-
formiert und Grundlage für die Erarbeitung von Kon-
zepten der Teilstreitkräfte ist.
Ziel des Konzeptes ist es, die psychische Belastbar-
keit
– des Soldaten vor dem Einsatz zu stärken,
– im Einsatz zu stabilisieren und bei Auftreten von
psychischen Streßreaktionen wiederherzustellen so-
wie
– nach dem Einsatz eventuelle Folgeschäden rechtzei-
tig zu erkennen und zu behandeln.
Der Ansatz wird getragen von einem leistungsfähigen
Verbund, dem Psychologen, Fachärzte, Militärseelsor-
ger, Sozialarbeiter und speziell ausgebildete Soldaten
angehören. Die Soldaten erfahren vielfältige Unterstüt-
zung von einer dreiteiligen Informationsbroschüre mit
Hinweisen zum Abbau von Streß im Dienst wie in der
Familie bis hin zu sogenannten „Streß-Debriefings“
durch Fachpersonal in unmittelbarer Folge besonders
belastender Ereignisse.
Vor allem müssen die Soldaten sorgfältig über den
Auftrag und das Ziel eines Einsatzes informiert werden.
Zu Frage 44:
Das Meinungsbild der Jugend zum Thema Sicher-
heitspolitik und Bundeswehr ist positiv. Uns ist jedoch
bekannt, daß entgegen der eindeutigen Verfassungs- und
Rechtslage mittlerweile viele Wehrpflichtige von einer
faktischen Wahlfreiheit zwischen Wehr- und Zivildienst
ausgehen. Häufig sind allein pragmatische Gründe für
die Entscheidung zwischen Wehrdienst und Zivildienst
maßgebend. Dies deckt sich mit Erkenntnissen der Ju-
gendoffiziere, die an allgemeinbildenden Schulen tätig
werden und dort zu sicherheitspolitischen Fragen und zu
den Streitkräften vortragen. Die „Leitlinie zur Verbesse-
rung der Rahmenbedingungen und Steigerung der At-
traktivität des Wehrdienstes“ wurde entwickelt, um u. a.
die grundsätzliche Bereitschaft zur Ableistung des
Wehrdienstes zu erhöhen.
Die Leitlinie beinhaltet einen Realisierungsplan, der
89 Maßnahmen mit nahezu 250 Arbeitsschritten umfaßt
und derzeit umgesetzt wird. Dieses Attraktivitätspro-
gramm war von Beginn an nicht nur auf Aktualität, son-
dern vor allem auf Dauer angelegt und in die Zukunft
gerichtet. Es zielt vor allem darauf ab, den ersten Kon-
takt des jungen Wehrpflichtigen mit der staatlichen In-
stitution Bundeswehr in einer freundlichen, informativen
und persönlichen Atmosphäre zu gestalten.
Darüber hinaus soll das Bewußtsein der Wehrpflich-
tigen gestärkt werden, daß der Dienst in der Bundeswehr
notwendig und sinnvoll ist, vielfältige Anreize bietet
und zugleich Perspektiven in der persönlichen Berufs-
und Lebensplanung eröffnet. Begleitet werden diese
Maßnahmen durch Informationen über das breite Aus-
und Weiterbildungsangebot des Berufsförderungsdien-
stes.
Ein wesentlicher Bestandteil des Attraktivitätspro-
gramms ist die gezielte Informationsarbeit der Bundes-
wehr. Vielfältige Maßnahmen wie zum Beispiel die
qualitativ und quantitativ gewachsene Präsenz der Bun-
deswehr in den neuen Medien, die Verbesserung und
Vertiefung der Kontakte zwischen Bundeswehr und
Schulen sowie die Neuerstellung einer Informationsbro-
schüre haben dazu beigetragen, das Interesse an Wehr-
dienst und Wehrpflicht wachzuhalten und weiter zu be-
leben.
Die Leitlinie wird auch durch die Wehrbeauftragte
des Deutschen Bundestages als geeignetes Mittel gese-
hen, der Wehrpflicht als primäre Pflicht des jungen
Staatsbürgers Nachdruck zu verleihen.
Anlage 11
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen
des Abgeordneten Walter Hirche (F.D.P.) (Drucksache
14/576, Frage 45):
Wie ist der Stand der Vorbereitungen für die Unterbringungder Soldaten des deutsch-dänisch-polnischen Korps, und warumhat Deutschland, z. B. im Unterschied zu Dänemark, davon ab-gesehen, für die deutschen Familien zur Unterbringung eigeneHäuser bauen zu lassen?
Nach den vor Ort durchgeführten Ermittlungen ent-
wickelt sich in Stettin der Markt an Familienwohnungen
und Einfamilienhäusern derzeit rasch.
Bei der Wohnungssuche werden die deutschen Sol-
datenfamilien von einer eigens hierfür eingerichteten
Wohnungsfürsorgestelle der Bundeswehr unterstützt, die
am 22. März 1999 ihre Arbeit aufgenommen hat. Ihr lie-
gen bereits mehrere, unaufgefordert eingesandte
Mietangebote für Einfamilienhäuser und Wohnungen
vor.
Unterstützende Maßnahmen nach dem dänischen
Mietbürgschaftsmodell sind daher – zumindest derzeit –
nicht vorgesehen.
Die Entwicklung des Wohnungsmarkts in Stettin wird
weiterhin aufmerksam verfolgt. Sollten sich unterstüt-
zende Maßnahmen zukünftig als erforderlich erweisen,
werden diese verzugslos eingeleitet. Hierzu hat der
Verteidigungsausschuß mit dem Beschluß vom 17. März
1999 – Ausschußdrucksache 14/85 – einen Weg für die
haushaltsmäßige Realisierung eines Mietgarantiemodells
in Stettin aufgezeigt.
2414 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 12
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen
des Abgeordneten Ursula Heinen (CDU/CUSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 46 und 47):
Wie bewertet die Bundesregierung die Einführung einesModellversuchs zur Abgabe von Heroin vor dem Hintergrund,daß die zunehmende Abgabe von Methadon, beispielsweise inHamburg, zur häufigsten Ursache des Drogentodes gewordenist?
Wie stellt sich die Bundesregierung vor, durch eine Abgabevon Heroin die Zahl der Drogentoten zu verringern, wenn diesbereits bei Methadon nicht gelungen ist, sondern nach den Zah-len im Drogen- und Suchtbericht 1998 sogar zum Gegenteil ge-führt hat?
Zu Frage 46:
Eine generelle Abgabe von Heroin ist nicht vorgese-
hen. Derzeit ist ein klinisch-wissenschaftlicher Modell-
versuch einer heroingestützten Behandlung in Vorbe-
reitung.
Das Modell heroingestützte Behandlung und die
Durchführung der Substitution mit Methadon sind zwei
von einander unabhängige Facetten des Hilfeansatzes
für Drogenabhängige.
Die Tatsache, daß die Methadonbehandlung in ihrer
Durchführung vielfach noch verbesserungswürdig ist,
macht nicht die Erprobung eines weiteren Ansatzes in
der Drogenhilfe überflüssig. Es ist bekannt, daß auch die
methandongestützte Behandlung nur eine bestimmte
Gruppe von Drogenabhängigen in das Hilfesystem ein-
bindet. Deshalb unterstützt die Bundesregierung im
Rahmen ihrer Kompetenzem die Erforschung weiterer
Wege zur Verbesserung der Hilfe für Drogenabhängige.
Auch die Erfahrungen aus der Schweiz finden hierbei
Berücksichtigung.
Es geht darum, mehr Drogenabhängige als durch die
bestehenden Hilfemöglichkeiten zu erreichen und in
Betreuung zu bringen, um weitere körperliche und so-
ziale Verelendung aufzuhalten.
Diesem Zweck soll das geplante wissenschaftliche
Modell zur heroingestützten Behandlung dienen. Die
Verbesserung der Methadonsubstitution ist insbesondere
eine Frage der fachlichen Qualifikation der substituie-
renden Ärzte, die vor allem in der Verantwortung der
ärztlichen Selbstverwaltung liegt.
Zu Frage 47:
Die Zahl der Drogentoten, die im Zusammenhang mit
Methadon genannt wird, kann nicht zu dem Schluß füh-
ren, daß eine methadongestützte Behandlung nicht ein
wichtiger Baustein im Hilfesystem für Drogenabhängige
darstellt und nicht in vielen Fällen Verelendung und
Drogentod verhindert. Im Jahre 1991 war die bisher
höchste Todesrate unter Drogenabhängigen zu verzeich-
nen. Von da an hat die Methandonbehandlung, einge-
bettet in den Ausbau des gesamten Drogenhilfesystems,
kontinuierlich zugenommen, was in den Folgejahren zu
einer Abnahme der Todeszahlen geführt hat.
Der geplante Modellversuch zur heroingestützten Be-
handlung hat jedoch vom Ansatz her zunächst nicht nur
die Aufgabe, die Zahl der Drogentoten zu verringern.
Vielmehr soll erprobt werden, ob durch das Angebot
einer heroingestützten Behandlung Drogenabhängige er-
reicht und in Betreuung gehalten werden können, die
bisher keine Hilfe in Anspruch genommen haben. Dar-
über hinaus geht es um eine Vielzahl weiterer wissen-
schaftlicher Fragestellungen, die im einzelnen mit dem
wissenschaftlichen Begleitteam und den beteiligten
Städten noch entwickelt werden müssen. Falls eine sol-
che Gruppe von Abhängigen durch die heroingestützte
Behandlung erreicht und betreut werden kann, wird bei
dieser Gruppe auch mit Sicherheit die Gefahr des Dro-
gentodes verringert werden. Da es sich bei der heroinge-
stützten Behandlung um einen klinischen Versuch han-
delt, wird die fachliche Kompetenz der Durchführenden
hoch und die psychosozialen Begleitmaßnahmen inten-
siv sein.
Anlage 13
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen
des Abgeordneten Klaus Holetschek (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 48 und 49):
Wie bewertet die Bundesregierung den forcierten Entzugnach der Detox-Methode, wie sie an der Berliner Charité ent-wickelt wurde?
Woher soll das bei den geplanten Modellversuchen zurHeroinabgabe benötigte Heroin beschafft werden, und vonwem?
Zu Frage 48:
Ein forcierter Opiatentzug mit Unterstützung durch
Opiatrezeptorenblocker wie Naltrexon wird in der Bun-
desrepublik Deutschland von verschiedenen Experten
erprobt und hat in der Fachöffentlichkeit große Auf-
merksamkeit hervorgerufen. Im Dezember 1995 hat der
Nationale Drogenrat auf Bitten der Bundesregierung
eine Stellungnahme zum Schnellentzug abgegeben. Das
Votum war eher zurückhaltend und es wurde darauf
hingewiesen, daß es auch andere erfolgreiche und weni-
ger belastende Methoden des Entzugs gibt. Um den The-
rapieerfolg bzw. die Therapieeffekte dieser Behand-
lungsform wissenschaftlich zu evaluieren, wird derzeit
durch das Bundesministerium für Gesundheit und das
Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialord-
nung ein Forschungsprojekt „Antagonisten-gestützter
Opiatentzug: Katamnese am Bezirkskrankenhaus Haar“
gefördert. Katamnesenforschung für diese Behandlungs-
formen sind von erheblichem Interesse, um Effekte die-
ser Entzugstherapie auf den weiteren Behandlungsver-
lauf nicht nur an kurzfristig zu beobachtenden Ergebnis-
sen, sondern differenziert aufgrund von Langzeitergeb-
nissen beurteilen zu können und bestehende Erkennt-
nislücken zu schließen. Die Ergebnisse dieses For-
schungsvorhabens werden voraussichtlich Ende April
vorliegen.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999 2415
(A) (C)
(B) (D)
Zu Frage 49:
Für das geplante Modellprojekt zur heroingestützten
Behandlung muß ein Prüfarzneimittel bereitgestellt wer-
den, das den arzneimittelrechtlichen Anforderungen ins-
besondere hinsichtlich Qualität und Toxizität entspricht.
In der Schweiz ist ein entsprechendes Arzneimittel ent-
wickelt worden (Mehrdosen-Trockenampulle), das
grundsätzlich für die Bundesrepublik Deutschland zur
Verfügung gestellt werden könnte. Bislang sind dazu je-
doch noch keine Entscheidungen getroffen worden.
Anlage 14
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die
Frage der Abgeordneten Katherina Reiche
(CDU/CSU) (Drucksache 14/576, Frage 50):
Warum wurden Konzepte zur Bekämpfung von Drogenab-hängigkeit auf Länderebene wie „Therapie sofort“ oder das nied-rigschwellige Ausstiegsprogramm in Baden-Württemberg nichtauf Bundesebene aufgegriffen?
Modellprogramme des Bundes werden durchgeführt,
um Erkenntnisse für die Gesetzgebungsarbeit des Bundes
zu gewinnen und um innovative Ansätze z.B. in der Dro-
genhilfe zu erproben, an deren Ergebnissen Verbände,
Länder und Kostenträger partizipieren können. Modelle
können aber auch von Ländern, Leistungsträgern u.ä.m. in
eigener Verantwortung durchgeführt werden. Auf Län-
derebene hat das Land NRW 1991 zusammen mit dem
Landschaftsverband Westfalen-Lippe zuerst das Modell
„Therapie sofort“ erprobt. Weitere Länder sind dem Bei-
spiel gefolgt. Für die Bundesregierung bestand kein Anlaß,
ein bereits erfolgreiches erprobtes Modell zu wiederholen.
Bereits 1989 hat die Bundesregierung ein Modellpro-
gramm, das sog. Booster-Programm durchgeführt. Die-
ses Modellprogramm hat den Ansatz niedrigschwelliger
Arbeit erstmalig in Deutschland in der Drogenszene er-
probt. Im Rahmen dieses Programms wurden street-
work, Kontaktcafés, Notschlafstellen u.a.m. gefördert.
1993 wurde das Modell abgeschlossen, der Abschlußbe-
richt ist in der Schriftenreihe des BMG veröffentlicht
(Band 35). Das sog. Booster-Programm hat – entspre-
chend dem Ansatz von Bundesmodellen – für diesen Be-
reich neue Erkenntnisse zur Erweiterung der Hilfeange-
bote in der Drogenarbeit erbracht. An diesem Modell-
programm waren alle alten Bundesländer beteiligt. Es
steht jedem Bundesland frei, den Modellansatz weiter
auszudehnen oder neue Modelle dazu zu initiieren.
Anlage 15
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 51 und 52)
In welcher Höhe wird der Bereich Prävention in der Drogen-politik – wie von der Bundesministerin für Gesundheit angekün-digt – im Haushalt aufgestockt?
Welche neuen Maßnahmen sollen damit finanziert werden?
Zu Frage 51:
Der ursprüngliche Ansatz betrug für den Bereich
Suchtprävention für das Jahr 1999 12 Millionen DM,
eine Aufstockung auf 13 Millionen DM ist vorgesehen.
Zu Frage 52:
Die Suchtpräventionskampagne soll vor allem im Be-
reich Alkohol und Nichtraucherförderung durch eine
Vielzahl von Einzelprojekten weiter ausdifferenziert
werden, z. B. durch zwei Kinospots, Förderung des
Nichtrauchens bei Schwangeren, Raucherentwöhnung
für Jugendliche und eine Basisbroschüre zum Thema
Alkohol.
Anlage 16
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fra-
gen der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz
(CDU/CSU) (Drucksache 14/576, Fragen 53 und 54)
Wird die Kontrolle und Voraussetzung bei der Methadon-Abgabe aufgrund der Ergebnisse des Rauschgift-Lageberichtsdes Bundeskriminalamtes verschärft, etwa durch Qualifikationund Fortbildungspflicht der für Substitutionsbehandlung zuge-lassenen Ärzte, psychosoziale Begleitung sowie regelmäßigeund kontrollierte Überwachung des Beikonsums von Drogen,Alkohol und Medikamenten?
Warum ist, vor dem Hintergrund der dramatisch steigendenZahl von Todesfällen nach Methadon-Einnahme, die vom Bun-desausschuß Ärzte und Krankenkassen beschlossene Methadon-Richtlinie, die eine Begrenzung der Methadon-Abgabe beinhal-tete, vom Bundesministerium für Gesundheit beanstandet wor-den, obwohl der Bundesausschuß insoweit einen Ermessens-spielraum hat?
Zu Frage 53:
Die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängi-
ger insbesondere mit Methadon ist ein international an-
erkannter und unverzichtbarer Baustein der Suchtkran-
kenhilfe. Das Bundeskriminalamt stellt in seinem Lage-
bericht Rauschgift diese Therapieform folgerichtig nicht
in Frage, sondern kommt zu folgender Schlußfolgerung:
„Zunehmende Todesfälle im Zusammenhang mit Me-
thadon lassen nicht die Substitution, wohl aber die Kon-
trollsituation im Zusammenhang mit der Vergabe ver-
besserungswürdig erscheinen.“
Die vorherige Bundesregierung hat mit der am 1. Fe-
bruar 1998 in Kraft getretenen Zehnten Betäubungsmittel-
rechts-Änderungsverordnung in § 5 Abs. 2 der Betäu-
bungsmittel-Verschreibungsverordnung die Bedingungen
formuliert, unter denen das Verschreiben eines Substituti-
onsmittels zulässig ist. Danach darf ein Substitu-
tionsmittel u. a. nur verschrieben werden, wenn „die Sub-
stitution im Rahmen eines darüber hinausgehenden Be-
handlungskonzeptes erfolgt, das erforderliche begleitende
psychiatrische, psychotherapeutische oder psychosoziale
Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen mit einbe-
zieht“ und wenn „die vom Arzt durchgeführten Erhebun-
gen keine Erkenntnisse ergeben haben, daß der Patient . . .
Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art und Menge den
Zweck der Substitution gefährdet …“ Damit sind die
2416 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999
(A) (C)
(B) (D)
erforderlichen betäubungsmittelrechtlichen Regelungen
hinsichtlich der psychosozialen Begleitung und der Kon-
trolle des Beikonsums für Patienten getroffen worden, de-
nen ein Substitutionsmittel verschrieben wird. Nach Auf-
fassung der Bundesregierung kommt es im Rahmen der
ärztlichen Tätigkeit darauf an, diese Vorschriften konse-
quent einzuhalten. Die Kontrolle obliegt nach § 19 des
Betäubungsmittelgesetzes den zuständigen Behörden der
Länder.
Unabhängig davon wird die Bundesregierung die
Länder um ihre Bewertung der vom Bundeskriminalamt
dargestellten Entwicklung bitten und ggf. weitere Re-
gelungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Kon-
trolle des Betäubungsmittelverkehrs bei der Durchfüh-
rung substitutionsgestützter Behandlungen vornehmen.
Die Bundesregierung vertritt in diesem Zusammen-
hang u. a. die Auffassung, daß für das Verschreiben von
Substitutionsmitteln eine besondere Qualifikation der
Ärzte erforderlich ist. Sie hat dies in der Begründung zur
Zehnten Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung
(BR-Drucksache 881/97 Seite 52) zum Ausdruck ge-
bracht und auf die diesbezügliche Verantwortung der
ärztlichen Selbstverwaltung verwiesen. Die Bundesärz-
tekammer hat nunmehr eine Fachkunde „Suchtmedizini-
sche Grundversorgung“ eingeführt, die von den Ärzte-
kammern als Qualifizierungsmaßnahme angeboten wird.
Das Bundesministerium für Gesundheit und die Bun-
desärztekammer stimmen darin überein, daß die Fach-
kunde verbindliche Voraussetzung für das Verschreiben
von Substitutionsmitteln werden sollte. Dazu ist entwe-
der eine Verankerung im Satzungsrecht der Ärztekam-
mern oder im Betäubungsmittelrecht vorgesehen. Dar-
über hinaus wird die Einrichtung eines Substitutionsre-
gisters geprüft, um das mehrfache Verschreiben von
Substitutionsmitteln für einen Patienten unterbinden zu
können.
Zu Frage 54:
Die Bundesregierung begrüßt die Bemühungen des
Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, die
Qualität substitutionsgestützter Behandlungen im Be-
reich der kassenärztlichen Versorgung zu verbessern.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat die diesbe-
züglichen Regelungen der vom Bundesausschuß am
7. Dezember 1998 beschlossenen „Richtlinien zur sub-
stitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger“ in
keiner Weise beanstandet. Eine Beanstandung der
Richtlinien war jedoch erforderlich, weil ansonsten die
Therapie opiatabhängiger Patienten im Rahmen der
Gesetzlichen Krankenversicherung in unzulässiger
Weise eingeschränkt worden wäre. Insbesondere
konnte nicht akzeptiert werden, daß eine substitutions-
gestützte Behandlung nur dann Bestandteil der ver-
tragsärztlichen Leistung sein könne, wenn neben der
Opiatabhängigkeit weitere Erkrankungen vorliegen.
Dies widerspricht dem Stand der medizinischen Wis-
senschaft, wonach durch eine qualifizierte substituti-
onsgestützte Behandlung auch die Opiatabhängigkeit
an sich erfolgreich therapiert und sogar das schrittwei-
se Herunterdosieren des Substitutionsmittels zur Absti-
nenz geführt werden kann.
Anlage 17
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 55 und 56)
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Fachleuten,daß für in Deutschland zugelassene Arzneimittel der „GKV-Marktzugang“ bisher mit der EU- bzw. nationalen Zulassungverbunden war und daß die vom Bundesministerium fürGesundheit nicht beanstandete Neufassung der Arzneimittel-richtlinien des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen fürden deutschen Markt jetzt quasi eine „zweite Markthürde“bedeuten?
Auf welcher Rechtsgrundlage basiert diese „zweite Markt-hürde“, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß dieNeufassung der Arzneimittelrichtlinien gegen EU-rechtlicheVorschriften verstößt?
Zu Frage 55:
Die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der
Gesetzlichen Krankenversicherung ist im Fünften Buch
des Sozialgesetzbuches (SGB V) geregelt. Grundsätzlich
haben nach § 31 SGB V Versicherte Anspruch auf die
Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln.
Dies umfaßt zugelassene und registrierte Arzneimittel
sowie Rezepturen.
Die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversi-
cherung unterliegt jedoch dem Wirtschaftlichkeitsgebot
nach §§ 2, 12, 27 und 70 SGB V. So schränkt beispiels-
weise § 34 SGB V die Leistungspflicht der Gesetzlichen
Krankenversicherung ein, indem Arzneimittel für ge-
ringfügige Gesundheitsstörungen und bestimmte unwirt-
schaftliche Arzneimittel von der Verordnungsfähigkeit
ausgeschlossen werden.
Die Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses
der Ärzte und Krankenkassen konkretisieren das Wirt-
schaftlichkeitsgebot weiter: Bereits die seit Jahren gel-
tenden Arzneimittelrichtlinien sehen Verordnungsein-
schränkungen vor, die für den Arzt grundsätzlich ver-
bindlich sind.
Die jetzt anstehende Neufassung der Arzneimittel-
richtlinien steigert den Verbindlichkeitsgrad weiter, in-
dem bestimmte Arzneimittelgruppen ausnahmslos we-
gen Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden. Inso-
fern ist grundsätzlich keine neue Rechtssituation ent-
standen.
Zu Frage 56:
Rechtsgrundlage für die Arzneimittelrichtlinien des
Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ist §
92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V, nach der das Gremium Richtli-
nien zu beschließen hat, die eine ausreichende zweck-
mäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten
gewährleisten.
Ein Verstoß gegen EU-rechtliche Vorschriften schei-
det schon wegen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten
für die Ausgestaltung ihrer Sozialversicherungssysteme
aus.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999 2417
(A) (C)
(B) (D)
Die von der Transparenzrichtlinie 89/105 EWG ge-
forderte Begründung des Ausschlusses von Arzneimit-
teln nach objektiven und überprüfbaren Kriterien ist –
wie bereits hinsichtlich des Wirtschaftlichkeitsgebots in
der Antwort zur vorhergehenden Frage ausgeführt –
zweifellos gegeben.
Anlage 18
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fra-
gen des Abgeordneten Wolfgang Zöller (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 57 und 58):
Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Rechtsexper-ten, daß der Bundesausschuß Ärzte und Krankenkassen nichtlegitimiert ist, mittels Arzneimittelrichtlinien nach § 92 SGB Vfaktisch Verordnungsausschüsse zu beschließen, sondern daßdieses Recht ausschließlich dem Gesetz- und Verordnungsgebernach den §§ 34 und 93 Abs. 2 SGB V vorbehalten ist?
Wenn nein, aufgrund welcher Rechtsgrundlage konnte nachAuffassung der Bundesregierung der Bundesausschuß Ärzte undKrankenkassen Arzneimittel von der Erstattung durch die GKVausschließen?
Zu Frage 57:
Die Bundesregierung hält einen Ausschluß von Arz-
neimittelgruppen wegen Unwirtschaftlichkeit durch die
Arzneimittel-Richtlinie – wie bereits zur Vorfrage des
Herrn Kollegen Dr. Faust dargelegt – für zulässig.
Die Befugnis des Verordnungsgebers, nach § 34
Abs. 3 SGB V Arzneimittel von der Versorgung auszu-
schließen, ist nach Auffassung der Bundesregierung
vom Gesetzeswortlaut her nicht als abschließend
anzusehen. Es ist bekannt, daß das Meinungsbild der
Rechtsexperten zu dieser Frage nicht einheitlich ist und
hierzu auch abweichende Auffassungen vertreten
werden.
Zu Frage 58:
Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundes-
sozialgerichts ist der Bundesausschuß der Auffassung,
daß er im Rahmen der Arzneimittel-Richtlinien nach §
92 SGB V auch allgemeine Verordnungsausschlüsse für
Mittel bestimmen kann, die die Voraussetzungen des
Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 SGB V nicht erfül-
len. Das Bundesministerium für Gesundheit hält diese
Rechtsauffassung für rechtlich vertretbar und sah des-
halb darin bei der Prüfung der Richtlinien nach § 94
keinen Beanstandungsgrund.
Anlage 19
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fra-
gen der Abgeordneten Dr. Sabine Bergmann-Pohl
(CDU/CSU) (Drucksache 14/576, Fragen 59 und 60):
Ist ein Bericht im „Gelben Dienst“ vom 15. März 1999 zu-treffend, nach dem bei der Erarbeitung der Eckpunkte zur Ge-sundheitsreform 2000 Bundesministerin Andrea Fischer eineHamburger Agentur beteiligt und diese zahlreiche Vorschlägefür die Eckpunkte gemacht hat?
Wenn ja, welche konkreten Vorschläge fanden im Eck-punktepapier Berücksichtigung, und welche finanziellen Mittelwurden im Haushalt des Bundesministeriums für Gesundheitdafür aufgewendet?
Die Angaben in dem angesprochenen Bericht sind
unzutreffend. Die Eckpunkte zur Gesundheitsreform
2000 wurden von den Arbeitskreisen „Gesundheit“ der
Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen und dem Bundesministerium für Gesundheit in
mehrtägigen gemeinsamen Beratungen erstellt. Die Vor-
schläge des Bundesministeriums für Gesundheit wurden
hausintern erarbeitet. An diesen Vorarbeiten und der
Erstellung der Eckpunkte zur Gesundheitsreform 2000
war eine Hamburger Agentur nicht beteiligt. Haus-
haltsmittel für die Zuarbeit Dritter wurden nicht ein-
gesetzt.
Anlage 20
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Frage
des Abgeordneten Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
(CDU/CSU) (Drucksache 14/576, Frage 61):
Sieht die Bundesregierung nunmehr die Notwendigkeit, öf-fentlich unmißverständlich zu erklären, ob mit der Gesundheits-reform 2000 eine Übergangsregelung für Versicherte eingeführtwird, die als pflichtversicherte GKV-Mitglieder jahrelang vonder Möglichkeit der Kostenerstattung Gebrauch gemacht haben,dazu private Zusatzversicherungen abgeschlossen haben undjetzt angesichts von als ausweichend empfundenen Antwortendes Bundesministeriums für Gesundheit nicht wissen, ob siediese Verträge kündigen sollen, da nach dem Vorschaltgesetz abdem 1. April 1999 Kostenerstattung nicht mehr praktiziert wer-den kann?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß Pflichtversi-
cherte, die bis zum 31. Dezember 1998 die Kostener-
stattung gewählt hatten, die Abschaffung der Kostener-
stattung als unzumutbare Härte empfinden, obwohl die
Versicherten Anspruch auf sämtliche erforderlichen und
zweckmäßige Sachleistungen ungeschmälert behalten
haben. Die medizinischen Leistungen werden unabhän-
gig von der Wahl der Kostenerstattung für alle Versi-
cherten umfassend und auf qualitativ hohem Niveau er-
bracht. Gleichwohl wird die Bundesregierung der sub-
jektiven Betroffenheit der Versicherten Rechnung tragen
und für den Kreis der Pflichtversicherten eine Über-
gangsregelung vorschlagen, die ihnen das Recht zur
Wahl der Kostenerstattung beläßt. Auch freiwillig Ver-
sicherte, die rechtswirksam vor dem 1. Januar 1999 die
Kostenerstattung gewählt hatten, sollen dies Wahlrecht
behalten, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt in die
Pflichtversicherung wechseln. Die Bundesregierung
wird über die Änderung rechtzeitig informieren. Es
bleibt den betroffenen Pflichtversicherten überlassen,
dies bei einer Entscheidung über die Fortsetzung ihrer
privaten Zusatzversicherung zu berücksichtigen.
2418 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 21
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Dieter Thomae (F.D.P.) (Druck-
sache 14/576, Fragen 62 und 63)
Womit begründet die Bundesregierung ihre Ansicht, daßzwar bei Pflicht- nicht jedoch bei freiwillig GKV-Versichertendie Kostenerstattung den solidarischen Ausgleich zwischen Ge-sunden und Kranken, Jungen und Alten, Beziehern höherer undniedriger Einkommen und zwischen Ledigen und Familien mitKindern beeinträchtigt, und warum ist sie der Auffassung, daßdas bei Pflichtversicherten so ist, obwohl diese ihren vollenBeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung leisten und dieKrankenkasse für sie bei Inanspruchnahme von Ärzten im Rah-men der Kostenerstattung keinen Pfennig mehr bezahlt als füreinen Patienten, der sich im Rahmen der Sachleistung behandelnläßt?
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, daß die Pflicht-versicherten mit Zusatzversicherung jetzt eine Auskunft darüberbrauchen, ob für diejenigen eine Übergangsregelung geschaffenwird, die bis zum 31. Dezember 1998 von der Möglichkeit derKostenerstattung Gebrauch gemacht haben, weil sie andernfallsihre Verträge mit dem Effekt des Verlustes der Anwartschaftenkündigen müssen oder ohne gesicherte Grundlage zum Teilnicht unerhebliche Prämien weiterzahlen müßten, allein in dervagen Hoffnung, daß die Bundesregierung irgendwann dochnoch eine Sonderregelung ermöglicht?
Zu Frage 62:
Richtig ist, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit der
Wahl der Kostenerstattung für freiwillig Versicherte
beibehalten hat. Die Beibehaltung der Wahlmöglichkeit
für freiwillig Versicherte hat ihre Gründe darin, daß für
freiwillig Versicherte prinzipiell in vielen Bereichen der
gesetzlichen Krankenversicherung besondere Regelun-
gen gelten. Da freiwillig Versicherte auch die Möglich-
keit haben, zur privaten Krankenversicherung zu wech-
seln und ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung aufzugeben, war es aus Wettbewerbs-
gründen im Vergleich zur privaten Krankenversicherung
sinnvoll, für diese Personenkreise die Möglichkeit der
Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung beizubehalten. Dies vor allem deshalb, um diese
Versicherten, die in der Regel hohe Beiträge zahlen, in
der gesetzlichen Krankenversicherung zu halten.
Mit dem GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz wurde ge-
regelt, daß – so wie früher – nur noch freiwillig Versi-
cherte und ihre mitversicherten Familienangehörigen die
Kostenerstattung wählen können. Der Abschaffung der
Kostenerstattung für Pflichtversicherte lag das Ziel zu-
grunde, die Elemente der privaten Versicherungswirt-
schaft in der gesetzlichen Krankenversicherung auf ein
Mindestmaß zu reduzieren. Die Einschränkung wertet
das Solidarprinzip und das Sachleistungssystem auf. Die
Elemente der privaten Versicherungswirtschaft beein-
trächtigen nicht nur den solidarischen Ausgleich; sie
führen auch zu Fehlsteuerungen und können das ver-
meintliche Ziel, zu einer sparsameren Leistungsinan-
spruchnahme und wirtschaftlicher Leistungserbringung
beizutragen, nicht erreichen. Dies haben insbesondere
alle bisherigen Erfahrungen der Kostenerstattung, aber
auch der Beitragsrückgewähr gezeigt.
Zudem birgt die Kostenerstattung die Gefahr von
Mengenausweitungen in sich, da Leistungserbringer hö-
here Vergütungen beim Versicherten liquidieren können
und hierin möglicherweise einen Anreiz zu Mehrlei-
stungen sehen. Aber auch unter Qualitätsgesichtspunk-
ten ergeben sich Bedenken: Bei Kostenerstattungslei-
stungen ist eine Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprü-
fung z. B. durch die Kassenärztlichen Vereinigungen
nicht gesichert.
Zu Frage 63:
Der Bundesregierung ist bekannt, daß Pflichtversi-
cherte, die bis zum 31. Dezember 1998 die Kostener-
stattung gewählt hatten, die Abschaffung der Kostener-
stattung als unzumutbare Härte empfinden, obwohl die
Versicherten Anspruch auf sämtliche erforderlichen
und zweckmäßigen Sachleistungen ungeschmälert be-
halten haben. Die medizinischen Leistungen werden
unabhängig von der Wahl der Kostenerstattung für alle
Versicherten umfassend und auf qualitativ hohem Ni-
veau erbracht. Gleichwohl wird die Bundesregierung
der subjektiven Betroffenheit der Versicherten Rech-
nung tragen und für den Kreis der Pflichtversicherten
eine Übergangsregelung vorschlagen, die ihnen das
Recht zur Wahl der Kostenerstattung beläßt. Auch
freiwillig Versicherte, die rechtswirksam vor dem 1.
Januar 1999 die Kostenerstattung gewählt hatten, sol-
len dies Wahlrecht behalten, wenn sie zu einem späte-
ren Zeitpunkt in die Pflichtversicherung wechseln. Die
Bundesregierung wird über die Änderung rechtzeitig
informieren. Es bleibt den betroffenen Pflichtversi-
cherten überlassen, dies bei einer Entscheidung über
die Fortsetzung ihrer privaten Zusatzversicherung zu
berücksichtigen.
Anlage 22
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Lothar Ibrügger auf die Fragen
des Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth) (F.D.P.)
(Drucksache 14/576, Fragen 64 und 65):
Welche Vorbereitungen hat die Bundesregierung zur bevor-stehenden Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes getrof-fen?
Zu welchem Zeitpunkt wird der Deutsche Bundestag in dieVorbereitungsarbeiten einbezogen?
Zu Frage 64:
Die Bundesregierung hat zur Überarbeitung des Bun-
desverkehrswegeplanes 1992 folgende Maßnahmen ein-
geleitet:
– Fortentwicklung der Bewertungsmethodik,
– Erschließung und Vervollständigung der Daten-
grundlagen zum Personen- und Güterverkehr,
– Erstellung der Strukturdatenprognose und
– Entwicklung von verkehrspolitischen Szenarien für
eine aktuelle Prognose des Personen- und Güterver-
kehrs.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999 2419
(A) (C)
(B) (D)
Zu Frage 65:
Die Bundesregierung wird den Deutschen Bundestag
fortlaufend über den Stand der Überarbeitung des gel-
tenden Bundesverkehrswegeplanes unterrichten. Eine
Unterrichtung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen über die Zeitschiene und die einzelnen
Arbeitsschritte ist für April 1999 vorgesehen.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Lothar Ibrügger auf die Fragen
des Abgeordneten Hans-Michael Goldmann (F.D.P.)
(Drucksache 14/576, Fragen 66 und 67):
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, die echtePrivatfinanzierung der Verkehrswege auszuweiten, um auch inZukunft die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur sicher-stellen zu können?
Trifft die Bundesregierung Vorbereitungen, um sich in dieserFrage durch eine unabhängige Expertenkommission beraten zulassen?
Zu Frage 66:
Bundesfernstraßen: Seit September 1994 sind mit
dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz die recht-
lichen Voraussetzungen zur Anwendung des Betreiber-
modells im Bundesfernstraßenbau gegeben. Aufgrund
der europäischen Rahmenbedingungen ist das Betrei-
bermodell derzeit beschränkt auf Brücken und Tunnel,
Gebirgspässe und autobahnähnlich ausgebaute (zwei-
bahnige) Bundesstraßen. Private übernehmen dabei Bau,
Betrieb, Erhaltung und Finanzierung des jeweiligen
Projektes und erhalten dafür im Gegenzug das Recht zur
Erhebung von Mautgebühren.
Zur Zeit werden 13 Betreibermodelle gemäß Fern-
straßenbauprivatfinanzierungsgesetz umgesetzt bzw.
werden bezüglich ihrer privatwirtschaftlichen Umsetz-
barkeit untersucht. Wieviele Modelle letztendlich reali-
siert werden können, ist zur Zeit noch offen. Eine Aus-
weitung der Betreibermodelle ist gemäß § 3 Abs. 3
Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz nur im Einver-
nehmen mit den Bundesländern möglich.
Schienenwege: Die Aussichten für eine echte Privati-
sierung sind bei Investitionen in den Verkehrsträger
Schiene gering. Die durch die Investitionen erzielten
Mehreinnahmen der Deutschen Bahn AG decken nach
den bisherigen Erfahrungen die Kosten der Unterhaltung
und erlauben nur zu einem geringen Teil die Rückzah-
lung öffentlicher Fördermittel, die daher überwiegend
als nicht rückzahlbarer Baukostenzuschuß gewährt wer-
den. Die für den Einsatz privaten Risikokapitals erfor-
derliche betriebswirtschaftliche Rentabilität (Verzinsung
des eingesetzten Kapitals) konnte bisher nicht nachge-
wiesen werden.
Erst kürzlich ist ein privates Konsortium in einer
Untersuchung zur Verbindung Berlin – Dresden – Gren-
ze Deutschland/Tschechien zu dem Ergebnis gekom-
men, daß sich der Einsatz privaten Kapitals dort nicht
lohnen würde. Auch das Großvorhaben Neubau-/
Ausbaustrecke Nürnberg – München wird von der Deut-
schen Bahn AG lediglich vorfinanziert. Letztlich über-
nimmt der Bund die Investitionskosten, so daß es sich
nicht um eine echte Privatisierung handelt.
Zu Frage 67:
Bundesfernstraßen: Um eine allgemeine Ausgangsba-
sis für die weitere Durchführung des Betreibermodells
gemäß Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz zu ge-
ben, soll im Vorlauf der Ausschreibung und Vergabe der
Konzessionen für die konkreten Projekte mit ihren tech-
nischen Anlagen die wirtschaftswissenschaftliche, juri-
stische und finanzwissenschaftliche Erarbeitung von
– Ausschreibungs- und Vergabebedingungen,
– Musterkonzessionsvertrag und
– Mustermautverordnung
durchgeführt werden.
Es ist vorgesehen, hierfür eine externe Gutachter-
gruppe zu beauftragen, deren Arbeit durch eine „Len-
kungsgruppe“ aus Vertretern des BMVBW und der rele-
vanten Auftragsverwaltungen der Bundesländer beglei-
tet wird. Darüber hinaus ist ein intensiver Meinungs-
austausch mit einem Beratergremium (u.a. Verbände der
Bau- und Verkehrswirtschaft) vorgesehen.
Schienenwege: Das Erfordernis einer Beratung zur
Privatfinanzierung von Schieneninvestitionen durch eine
unabhängige Expertenkommission wird derzeit nicht ge-
sehen.
Anlage 24
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Fragen
des Abgeordneten Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 68 und 69):
Welche Chancen und Risiken sieht die Bundesregierung beider Nutzung von Regenwasser in Haushalten auf der Grundlageneuer Anlagetechniken?
Sieht die Bundesregierung Maßnahmen vor, um zu einer ver-stärkten Nutzung von Regenwasser in Haushalten zu kommen?
Zu Frage 68:
Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf Ihre
Schriftliche Frage vom Februar 1999 mitgeteilt, daß eine
Neubewertung der Chancen und Risiken der Regenwas-
sernutzung im Haushalt vorgenommen wird, die auch
die neuen technischen Entwicklungen in diesem Bereich
berücksichtigt. Sobald diese Neubewertung abgeschlos-
sen ist, wird die Bundesregierung über die Ergebnisse
berichten.
Zu Frage 69:
Nach dem Grundgesetz hat der Bund auf dem Gebiet
der Wasserwirtschaft lediglich eine Rahmenkompetenz.
2420 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. März 1999
(A) (C)
(B) (D)
Daraus ergibt sich, daß die Förderung wasserwirtschaft-
licher Maßnahmen grundsätzlich Sache der Bundes-
länder ist, wobei die Wasserversorgung darüber hinaus
zu den verfassungsrechtlich garantierten kommunalen
Selbstverwaltungsangelegenheiten gehört. Die Bundes-
regierung sieht deshalb von einer finanziellen Förderung
der Regenwassernutzung ab.
Anlage 25
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Frage des
Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Frage 70):
Ist es zutreffend, daß – wie in der „Zeit“ vom 11. März 1999berichtet – das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit das Bundesamt für Strahlenschutz angewiesenhat, bestimmte Publikationen im Internet-Angebot zu löschen?
Ja.
Die Internet-Homepage des Bundesamtes für Strah-
lenschutz spiegelt das Bild dieser nachgeordneten Be-
hörde des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit in der Öffentlichkeit wider.
Die eigene Homepage des Bundesumweltministeri-
ums, von der ein „Link“ zu der des Bundesamtes für
Strahlenschutz besteht, ist vor kurzem umgestaltet und
aktualisiert worden. In diesem Zusammenhang ist das
Bundesamt für Strahlenschutz aufgefordert worden,
einige Veröffentlichungen, die Positionsbestimmungen
darstellen und nicht wissenschaftliche Abhandlungen, zu
streichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf die
Antwort der Bundesregierung „Löschauftrag von Publi-
kationen durch den Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, gegenüber
dem Bundesamt für Strahlenschutz“ hinweisen, die Ih-
nen inzwischen zugegangen sein müßte.
Anlage 26
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Fragen
der Abgeordneten Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU)
sowie Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU)
(Drucksache 14/576, Fragen 71, 72, 73 und 74):
Hat Bundesminister Jürgen Trittin noch 1993 den sog. Bu-back-Nachruf in der Zeitschrift des Göttinger AStA als „radikalpazifistische Absage an den Terrorismus“ und die klammheimli-che Freude des Autors über den Mord als eine „sehr unstaatsge-mäße Einleitung“ verteidigt (vgl. FAZ vom 24. Februar 1999)?
Bekannte sich Bundesminister Jürgen Trittin dazu, daß er zudem Teil der Studentenschaft gehört habe, der nicht bereit ge-wesen sei, sich von diesem „Nachruf“ zu distanzieren (vgl. FAZvom 24. Februar 1999)?
Trifft die in der FAZ vom 24. Februar 1999 aufgestellte Be-hauptung zu, Bundesminister Jürgen Trittin sei vor seiner Er-nennung zum Bundesminister im Kommunistischen Bund inGöttingen aktiv gewesen, und wenn ja, hat diese Gruppe zuZeiten der Aktivitäten von Bundesminister Jürgen Trittin in die-ser Gruppe zu der öffentlichen Empörung über den in der Zeit-schrift des Göttinger AStA veröffentlichten sog. Buback-Nachruf erklärt: „Sollen wir uns die Freude über den Tod desHerrn B. verbieten lassen“?
Wurde Bundesminister Jürgen Trittin für den Kommunisti-schen Bund 1979 in den AStA der Universität Göttingen ge-wählt (vgl. Welt am Sonntag vom 5. Juli 1998)?
Ich bitte, die Fragen der Kollegen Götzer und Stetten,
die in einem engen Sachzusammenhang stehen, gemein-
sam beantworten zu dürfen.
Die Bundesregierung hält es nicht für ihre Aufgabe,
Aktivitäten einzelner Ministerinnen oder Minister wäh-
rend ihrer Ausbildung zu erforschen und zu kommentie-
ren. Ebensowenig erscheint es ihr sinnvoll, studentische
Debatten der späten siebziger Jahre hier und heute im
Deutschen Bundestag nachzubereiten.
Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, die Treue
ihrer Mitglieder zur verfassungsmäßigen Ordnung der
Bundesrepublik Deutschland in Frage zu stellen.
Ich bitte um Verständnis, daß die Bundesregierung
deshalb zu den Einzelfragen keine weitere Auskunft ge-
ben kann.