Rede:
ID1402111300

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14021

  • date_rangeDatum: 14. Februar 1999

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    Vokabeln: 6
    1. Herr: 1
    2. Minister,: 1
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    4. Sie: 1
    5. eine: 1
    6. Zwischenfrage?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/21 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 21. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Februar 1999 I n h a l t : Gedenkworte für den verstorbenen König Hussein von Jordanien .................................. 1489 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Ab- geordneten Adelheid Tröscher, Ilse Schu- mann und Helmut Wieczorek (Duisburg)..... 1489 C Erweiterung der Tagesordnung........................ 1489 D Absetzung des Punktes 2c von der Tagesord- nung ................................................................. 1490 A Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 1999 (Haushaltsgesetz 1999) (Drucksache 14/300) .................................. 1490 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand und die voraus- sichtliche Entwicklung der Finanzwirt- schaft (Drucksache 14/350) ....................... 1490 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 1490 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 1500 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 1505 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1510 C Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 1514 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 1519 B Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bayern) ........................................................... 1526 C Joseph Fischer, Bundesminister AA................ 1533 A Karl Lamers CDU/CSU................................... 1536 D Dr. Christoph Zöpel SPD................................. 1538 C Ulrich Irmer F.D.P. ......................................... 1541 D Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 1543 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU ..................... 1544 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 1546 B Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 1549 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 1551 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. .................... 1552 C Heidi Lippmann-Kasten PDS .......................... 1554 A Peter Zumkley SPD ......................................... 1555 A Kurt J. Rossmanith CDU/CSU .................... 1555 D Dietrich Austermann CDU/CSU ................. 1556 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. ................ 1556 C Paul Breuer CDU/CSU.................................... 1557 C Alfred Hartenbach SPD ................................... 1561 A Hans Jochen Henke CDU/CSU ....................... 1562 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 1563 C Rainer Funke F.D.P. ........................................ 1565 C Dr. Evelyn Kenzler PDS.................................. 1566 D Norbert Geis CDU/CSU ...................... 1567 D, 1570 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN .............................. 1569 D, 1584 B, 1589 D Dr. Guido Westerwelle F.D.P.............. 1570 B, 1589 B II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Februar 1999 Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ ................................................................. 1571 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 1574 A Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU........................ 1576 A Sebastian Edathy SPD.................................. 1578 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.. 1579 C Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ..................... 1580 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. ................................. 1581 C Ulla Jelpke PDS............................................... 1583 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/ CSU ................................................................. 1585 A Otto Schily, Bundesminister BMI........ 1586 A, 1589 D Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ ............................................... 1590 C, 1601 A Michael von Schmude CDU/CSU ................... 1592 D Dr. R. Werner Schuster SPD........................ 1593 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1594 D Joachim Günther (Plauen) F.D.P. ................... 1596 D Carsten Hübner PDS........................................ 1598 A Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU.................... 1599 B Adelheid Tröscher SPD ................................... 1601 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Antrag der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an der militäri- schen Umsetzung eines Rambouillet- Abkommens für den KOSOVO sowie an NATO-Operationen im Rahmen der Notfalltruppe (Extraction Force) (Drucksache 14/397) .................................. 1559 C b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnis- se und für Sachen (Drucksache 14/343)... 1559 C c) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die allgemeine und die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bun- desrepublik Deutschland (Drucksache 14/401) ....................................................... 1559 C d) Antrag der Abgeordneten Hans Martin Bury, Ernst Schwanhold, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz (Leip- zig), Margareta Wolf (Frankfurt) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Förderung der Luftfahrttechnologie (Drucksache 14/395) .................................. 1559 D Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Zu- ständigkeiten nach dem Sorgerechts- übereinkommens-Ausführungsgesetz (Drucksachen 14/33, 14/338) ..................... 1559 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 3/98 (Drucksache 14/321).......................... 1560 A c) bis e) Beschlußempfehlungen des Peti- tionsausschusses Sammelübersichten 15, 16 und 17 zu Petitionen (Drucksachen 14/322, 14/323, 14/324) ...... 1560 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Öffnung der Sozial- und Steuerverwaltung für den Euro (Zwei- tes Euro-Einführungsgesetz) (Druck- sachen 14/229, 14/406) .............................. 1560 C Nächste Sitzung ............................................... 1603 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 1605 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Februar 1999 1489 (A) (C) (B) (D) 21. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Februar 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Adelheid Tröscher Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Februar 1999 1605 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Bartsch, Dietmar PDS 24.2.99 Behrendt, Wolfgang SPD 24.2.99 * Brudlewsky, Monika CDU/CSU 24.2.99 Diemers, Renate CDU/CSU 24.2.99 Ehlert, Heidemarie PDS 24.2.99 Erler, Gernot SPD 24.2.99 Frick, Gisela F.D.P 24.2.99 Fuchs (Köln), Anke SPD 24.2.99 Großmann, Achim SPD 24.2.99 Haack (Extertal), Karl-Hermann SPD 24.2.99 Hartnagel, Anke SPD 24.2.99 Hasenfratz, Klaus SPD 24.2.99 Hempelmann, Rolf SPD 24.2.99 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 24.2.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Luther, Michael CDU/CSU 24.2.99 Mascher, Ulrike SPD 24.2.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 24.2.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 24.2.99 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.2.99 Rupprecht, Marlene SPD 24.2.99 Schindler, Norbert CDU/CSU 24.2.99 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 24.2.99 Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie SPD 24.2.99 Verheugen, Günter SPD 24.2.99 Willner, Gert CDU/CSU 24.2.99 Wohlleben, Verena SPD 24.2.99 Dr. Wolf, Winfried PDS 24.2.99 ––––––––––– * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Prä-
    sidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich be-
    danke mich ausdrücklich bei dem Kollegen von Ham-
    merstein, dem Kollegen Hoyer und dem Kollegen
    Stiegler für ihre sehr sachlichen Beiträge, die ich als
    sehr wohltuend empfunden habe; denn ich glaube, das
    Thema Innenpolitik lebt von Sachlichkeit.


    (Beifall bei der SPD und der F.D.P.)

    Ich möchte zunächst einmal etwas zu den sportpoliti-

    schen Erwägungen sagen. Ich habe nur wenig Zeit, inso-
    fern kann ich das nicht in aller Breite tun. Die Anregung
    des Kollegen Hoyer, etwas für den Behindertensport
    zu tun, unterstütze ich. Ich weiß, daß sich der Kollege
    Dr. Kinkel dieser Frage besonders annimmt. Ich habe
    mit ihm ein Gespräch darüber geführt, und ich hoffe,
    daß wir in dieser Frage vorankommen.

    Ich bedanke mich bei Herrn von Hammerstein. Sie
    haben recht: Doping ist ein Thema, das uns alle interes-
    sieren sollte. Es ist für den Sport und gerade für unsere
    Jugend verderblich, wenn die Vorbilder im Sport nicht
    erhalten bleiben. Wenn wir einen Chemie- und keinen
    Sportwettbewerb durchführen, geht etwas ganz Zentra-
    les in unserer Gesellschaft verloren.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Herr von Hammerstein, Sie haben natürlich eine
    Wunde bei mir aufgerissen; das werden Sie verstehen.
    Jede Frau, jeder Mann weiß, daß ich der Kultur in be-
    sonderer Weise zugetan bin. Ich meine, daß es eine inne-
    re Verbindung zwischen Kultur und Innenpolitik gibt.


    (Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.])

    Sie kennen meinen Satz: Wer Musikschulen schließt,

    schadet der inneren Sicherheit. Ich wiederhole ihn hier
    noch einmal, weil ich aus meiner Biographie weiß, wie
    wichtig es ist, daß junge Menschen in einem sehr frühen
    Stadium ihres Lebens etwas von künstlerischer Erzie-
    hung erfahren. Das bildet den Charakter und macht sie
    später immun gegen Anfechtungen im Leben. Insofern
    gibt es einen Zusammenhang, den ich durchaus bestä-
    tige.

    Man kann in verschiedenen Organisationsformen
    über diese Dinge zusammenwirken. Ich denke dabei an
    meinen Freund Michael Naumann. Ich muß Ihnen sa-
    gen: Die Bundespolitik hat seit Jahrzehnten keinen so
    begabten Kulturpolitiker gesehen wie Michael Nau-
    mann.


    (Beifall bei der SPD)

    Er hat ja schon im Vorfeld etwas erreicht. Die Kultur-
    politik war auf Bundesebene quasi unsichtbar. Unge-
    achtet der guten Arbeit im Ministerium des Innern hat
    sie in der Führungsebene gar nicht stattgefunden. Aber
    siehe da: Seit es Michael Naumann gab, hat sich sogar
    der frühere Bundeskanzler Kohl gedrängt gefühlt, in der
    „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf zwei Seiten im
    Feuilleton ein Interview über Kulturpolitik zu geben.


    (Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.]: Das hat er früher auch gemacht!)


    Michael Naumann hat also bereits im Vorfeld der
    Regierung etwas erreicht. Ich meine, es war gut, daß wir
    diesen Mann dafür gewonnen haben. Aber ich will das
    Thema, weil doch noch andere Dinge anzusprechen
    sind, nicht weiter vertiefen.

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-
    ginnen und Kollegen!

    Es gibt wohl kaum ein Thema, das die Verquickung
    von Innen- und Außenpolitik so sehr deutlich
    macht wie das Thema Türkei.

    Ich könnte auch sagen Kurden.
    Weil das so ist, müssen wir, so glaube ich, der darin
    innewohnenden Versuchung widerstehen, innen-
    politisch populistisch zu argumentieren.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ich verwende heute die gleiche Methode wie gestern.
    Diese beiden Sätze sind wörtlich von dem Kollegen
    Lamers am 13. April 1994 ausgesprochen worden. Im
    damaligen Protokoll findet sich „Beifall bei Abgeord-
    neten der CDU/CSU und der F.D.P.“ Diesen Beifall ha-
    be ich heute nicht gesehen. Das ist bedauerlich; denn
    Herr Lamers hat mit seiner Bemerkung völlig recht.


    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Nun haben Sie das schon zum drittenmal gesagt!)


    Meine Damen und Herren, es gibt eine Sinnver-
    wandtschaft zwischen innerer Sicherheit und innerem
    Frieden. Herr Kollege Rüttgers, Sie sollten darüber zu
    Hause noch einmal nachdenken. Ihr heutiger Beitrag hat
    dem inneren Frieden nicht gedient.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir können jetzt im Bundestag natürlich eine Bilanz
    über Ereignisse in den Ländern ziehen. Dann kann man
    loben oder tadeln, wie immer Sie das halten wollen.


    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Herr Stiegler hat genügend gelobt! Das war unerträglich!)


    Sie haben das gemacht – wie ich finde, in nicht guter
    Form – gegenüber Hamburg und gegenüber Nordrhein-
    Westfalen. Ich werde mich hüten, in gleicher Weise über
    die Deeskalationsstrategie des Kollegen Werthebach,
    der Ihrer Partei angehört, in Berlin zu sprechen. Er hat
    nämlich ausdrücklich gesagt – so wurde mir berichtet –,
    daß er in Abkehr von seinem Vorgänger eine Deeskala-
    tionsstrategie für richtig hält.

    Bisher war es im Kreis der Innenminister so – ich
    kenne den Kreis der Innenminister ganz gut –, daß wir
    ein Konsensprinzip haben und daß wir zusammenwirken
    und zusammenstehen, Herr Kollege Dr. Rüttgers. Gera-
    de wenn es um die Bedrohung der inneren Sicherheit,
    also um den Kern unserer Gesellschaft geht, dann muß
    sich dieses Prinzip bewähren.


    (Beifall des Abg. Dieter Wiefelspütz [SPD])







    (A) (C)



    (B) (D)


    Deshalb würde ich Ihnen empfehlen, einmal darüber
    nachzudenken – nachdenken schadet ja nicht –


    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei allen!)

    und nachzulesen, wie sich die damalige Opposition, die
    SPD, im Jahre 1994 in den Debatten verhalten hat, ob
    sie wie Sie versucht hat, in billiger Form daraus einen
    parteipolitischen Vorteil zu ziehen oder ob sie sich ver-
    antwortlich verhalten hat. Sie werden, wenn Sie das
    nachlesen, erkennen, daß sie sich verantwortlich ver-
    halten hat. Ich sage das ganz ohne Polemik. Ich bitte Sie,
    einmal darüber nachzudenken und sich dann zu überle-
    gen, ob Sie auf diese Weise weiterkommen.

    Nun komme ich zu einem anderen Thema. Ich habe
    überhaupt nichts dagegen, daß man für seine Auffassun-
    gen Zustimmung sucht und daß man über eine so
    schwierige Frage wie die Neuregelung des Staatsbür-
    gerschaftsrechts aus unterschiedlichen Positionen her-
    aus argumentiert. Das alles ist in Ordnung. Sie können
    alle meine Pläne in Grund und Boden kritisieren; das ist
    Ihr gutes Recht, und das kreide ich Ihnen nicht an. Aber
    wie Sie es tun, halte ich für bedenklich. Das muß ich
    Ihnen ganz offen sagen. Ich habe heute Herrn Stoiber
    gehört, der einfach so, wie es seine Art ist, gesagt hat, es
    sei alles schlampig.


    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Damit hat er ja recht!)


    – Nein, er hat nicht recht.

    (Weitere Zurufe des Abg. Joachim Hörster [CDU/CSU])

    – Hören Sie doch einmal zu! Ich mache es hier doch
    ganz freundlich.

    Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, daß
    der bekannteste Kommentator zum Ausländerrecht,
    Günter Renner – Kanein/Renner ist der Standardkom-
    mentar zum Ausländerrecht –, der nun wirklich etwas
    von der Materie versteht,


    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Hailbronner!)

    und der Professor Hailbronner, den Sie früher mit der
    Vertretung der Bundesregierung vor dem Bundesverfas-
    sungsgericht beauftragt haben, der also der frühere
    Rechtsberater der Bundesregierung war, übereinstim-
    mend sagen, daß der beste Entwurf, der auf dem Tisch
    liege, von Bundesinnenminister Schily stamme. Dessen
    brauche ich mich doch wohl nicht zu schämen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nun sage ich gar nicht, daß es nicht auch andere
    Entwürfe gibt – –


    (Abg. Bartholomäus Kalb [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    – Herr Kollege, ich bitte um Entschuldigung. Ich habe
    noch sechs Minuten Redezeit und möchte noch auf eini-
    ge Themen eingehen. Normalerweise bin ich mit der
    Erlaubnis von Zwischenfragen sehr großzügig.

    Lassen Sie uns also über die bessere Lösung streiten.
    Aber tun Sie das nicht in der üblen Polemik, in der es
    leider vorkommt.

    Wir können uns natürlich auch auf Umfragen berufen
    und sagen, was das Volk denkt. Aber machen wir nicht
    einen Fehler, wenn wir immer nur eine Umfrage zitieren
    und damit versuchen, uns gegenseitig matt zu setzen?
    Sie haben hier in einer, wie ich finde, nicht guten Weise
    über den Fall Öcalan gesprochen. Sie sagen immer, wir
    sollten nicht auf unsere Mehrheiten bauen – in dem Zu-
    sammenhang haben Sie von „machtbesessen“ gespro-
    chen –,


    (Zurufe von der SPD und der CDU/CSU: Machtbesoffen!)


    sondern uns am Volk orientieren. Nun habe ich heute
    eine Umfrage auf den Tisch bekommen, in der es heißt,
    eine Mehrheit von 63 Prozent der Deutschen hält die
    Position der Bundesregierung für richtig, den kurdischen
    PKK-Führer Öcalan nicht an Deutschland ausliefern zu
    lassen.


    (Dr. Willfried Penner [SPD]: Die Auffassung hat Schäuble auch vertreten!)


    – Ich könnte Ihnen ja einiges darüber erzählen, wer das
    intern auch noch vertreten hat. Ich will das aber nicht
    tun, weil ich es nicht für fair halte. Aber Herr Beckstein
    hat es ganz offen gesagt. Übrigens auch Sie, verehrter
    Herr Kollege Rüttgers, haben seinerzeit gesagt, der Pro-
    zeß müsse nicht unbedingt in Deutschland stattfinden.

    Nun behaupten Sie, ohne es nachgeprüft zu haben,
    wir hätten keine Bemühungen unternommen, eine ande-
    re Lösung für ein Gericht zu finden. Das ist schlicht
    falsch. Ich biete Ihnen an, einmal ein vertrauliches, sehr
    offenes Gespräch mit der Kollegin Däubler-Gmelin zu
    führen. Dann werden Sie erfahren, daß es schlicht falsch
    ist, was Sie behauptet haben. Wenn Sie an einer sach-
    lichen Debatte interessiert sind, machen Sie bitte davon
    Gebrauch.

    Ich warne im übrigen davor, immer auf Umfragen
    abzustellen, obwohl ich gerade eine zitiert habe. Ich ha-
    be heute eine Umfrage gesehen, in der es heißt, 49 Pro-
    zent der Deutschen seien dafür, straffällig gewordene
    Kurden in die Türkei abzuschieben, auch wenn ihnen
    dort Folter und Todesstrafe drohen. Meine Damen und
    Herren, das ist möglicherweise das Ergebnis einer fal-
    schen Sprechweise der Politik. Ich mache daraus nie-
    mandem einen Vorwurf. Aber das ist ein Ergebnis einer
    bösartigen und schlimmen Emotionalisierung dieser
    Fragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Sollte es für diese Ansicht sogar eine Mehrheit in der
    Bevölkerung geben, werde ich gegen diese Mehrheit ar-
    gumentieren, weil ich auf die rechtsstaatlichen Prinzi-
    pien vereidigt bin.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)


    Bundesminister Otto Schily






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Auch habe ich die Menschenrechtskonvention, die Be-
    standteil der Verfassung ist, zu achten. Ich werde mich
    daher nicht der Mehrheit anpassen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Was hat Schröder dazu gesagt?)


    Man kann Mehrheiten auch verändern. Der Euro war
    in den Umfragen ganz lange Zeit unbeliebt. Vielleicht ist
    er im Moment auch wieder unbeliebt; ich weiß es nicht.
    Aber wir waren gemeinsam der Überzeugung, daß es
    richtig ist, ihn einzuführen. – Versuchen wir also, zu
    einer Versachlichung der Debatte zurückzukehren.

    Herr Rüttgers, Sie haben den Etat angesprochen. Ich
    muß dazu noch ein paar Bemerkungen machen. Ich habe
    leider viel zuwenig Zeit, um es Ihnen im einzelnen
    deutlich zu machen. Ich bedanke mich ausdrücklich da-
    für, daß von der Opposition angesprochen worden ist,
    was der Bundesinnenminister bei der Verbesserung der
    Personalstruktur des Bundesgrenzschutzes geleistet hat.
    Es gibt eine Verdoppelung der Planzahlen bei der Per-
    sonalentwicklung. Es war, auch für den Bundesfinanz-
    minister, nicht einfach, das zu erreichen. Wir haben na-
    türlich einen Aufwuchs bei der sachlichen Ausstattung
    und bei den Baulichkeiten. 1997 gab es bei den Baulich-
    keiten einen Ansatz von, ich glaube, 87 Millionen DM,
    1999 gibt es einen Ansatz von 93 Millionen DM. Wir
    haben eine 20prozentige Steigerung des anderen Etatbe-
    reichs.

    Herr Hoyer, Sie haben das Modell des schlanken
    Staats angesprochen. Bei der Sicherheit ist dieses Mo-
    dell nicht gut. Wir brauchen einen starken Staat zur
    Verteidigung. – Da nickt sogar Herr Rüttgers. Ich be-
    danke mich dafür. Immerhin, heute habe ich ein Nicken
    von Herrn Rüttgers geerbt. Das ist viel wert, da sind wir
    ja schon wieder ein Stück weiter, Herr Rüttgers.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Ein Lächeln!)


    Wir brauchen selbstverständlich einen starken Staat,
    wenn wir die Grundrechte, das Leben, die Gesundheit,
    die Freiheit, das Sacheigentum unserer Bürgerinnen und
    Bürger verteidigen wollen.

    Sie haben von Kontinuität gesprochen. Wo Konti-
    nuität angebracht ist, ist sie völlig richtig. Ich habe in
    der Opposition mit Ihnen zum Teil sehr konstruktiv zu-
    sammengearbeitet. Das wissen Sie doch.


    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Lauschangriff!)


    – Ja, bei der akustischen Wohnraumüberwachung. – Es
    wäre ganz schön, wenn Sie bei der Staatsangehörigkeits-
    reform genauso konstruktiv mitarbeiten würden. Dann
    wären wir schon ein Stückchen weiter.


    (Beifall bei der SPD – Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Dann bieten Sie das Gespräch an! – Abg. Dr. Werner Hoyer [F.D.P.] meldet sich zu einer Zwischenfrage)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, keine
    Zwischenfragen. Ich bin gleich am Ende. Es tut mir
    furchtbar leid.


    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Sie haben ohnehin noch nichts gesagt!)


    – Herr Zeitlmann, Sie sollten nun ganz still sein. Sie ha-
    ben in diesen Tagen einen völlig unsinnigen Vorschlag
    gemacht, nämlich ein Demonstrationsverbot für Aus-
    länder allgemein. So etwas Verfassungswidriges habe
    ich von Innenpolitikern nicht erwartet.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der PDS und der F.D.P.)


    Meine Damen und Herren, ich müßte jetzt sehr viel
    länger Zeit haben, um über Prävention und ähnliches zu
    reden. Ich habe ein paar Zitate über die Staatsangehörig-
    keitsreform mitgebracht. Sie haben in der Presse viel
    über Tadel und Lob nachlesen können. Ich zitiere aus
    einer ganz konservativen Zeitung:

    Wer gegen die Reform zu Felde zieht, müßte gute
    Argumente dafür vorbringen, daß der Status quo
    bessere Möglichkeiten bietet, den bedrohlichen
    Tendenzen der Gettoisierung entgegenzuwirken
    und die wachsende Entfremdung der sogenannten
    dritten Generation von dem Land, in dem sie auf-
    wächst, und dem, in dem sie bleiben wird, zu be-
    enden.

    Das schreibt Ihnen die „Frankfurter Allgemeine Zei-
    tung“ ins Stammbuch.

    In einer anderen Zeitung heißt es:
    Die Unionsparteien, die derzeit so lautstark gegen
    die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
    protestieren, sollten sich ganz kleinlaut ihre eigene
    Bilanz vor Augen halten, eine Bilanz, die den ab-
    surden Umstand zuläßt, daß heute jemand die deut-
    sche Staatsbürgerschaft erhalten kann, obwohl er
    kaum Deutsch spricht, mit entsprechend schlechten
    Chancen in der Gesellschaft und auf dem Arbeits-
    markt. Die alte Koalition konnte sich nicht auf ein
    Reformkonzept einigen. Jetzt sind andere dran.

    Das schreibt die „Rheinische Post“, die auch nicht im
    Verdacht steht, ein Mitteilungsblatt der sozialdemokrati-
    schen Partei zu sein.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich muß es leider im Eiltempo machen. Mir ist sehr

    willkommen gewesen, daß Kollege Stiegler auf die
    europäische Dimension hingewiesen hat. Dazu müßte
    ich eigentlich mindestens noch einmal 15 Minuten reden
    dürfen. Aber mir ist signalisiert worden, daß ich mich da
    ganz disziplinieren soll.

    Ich will nur auf eines hinweisen, auch Ihnen gegen-
    über, Herr Kollege Rüttgers. Sie haben eine Beziehung
    zwischen Entscheidungen der Bundesregierung und dem
    Auftreten von PKK-Gewalttätigkeiten hergestellt. Sie
    wissen doch, daß in sehr vielen europäischen Staaten
    solche Aktionen stattgefunden haben, obwohl dort ande-
    re Entscheidungen als bei uns getroffen worden sind. Sie
    wissen doch, daß alle europäischen Staaten von diesen

    Bundesminister Otto Schily






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ereignissen überrascht worden sind. Vielleicht gibt das
    einen Hinweis darauf, mit was das zu tun haben könnte.
    Das wollen wir hier in aller diplomatischen Vorsicht
    nicht weiter erörtern. Daß Sie nur die Bundesregierung
    für diese Aktionen in Haftung nehmen wollen, finde ich
    ein ziemlich gewagtes Vorgehen.

    Ich könnte Ihnen hier einiges über Entscheidungen,
    die in der vergangenen Legislaturperiode, also in Ihrer
    Regierungszeit, getroffen wurden, und über die perso-
    nelle und materielle Ausstattung von Einrichtungen sa-
    gen, die der Sicherheit dienen. Aber das sollte man nicht
    auf dem öffentlichen Markt tun, das machen wir lieber
    im Innenausschuß. Ich finde, es ist ein Kompliment,
    wenn Sie meinen, daß ich alles, was Sie in 16 Jahren
    nicht zustande gebracht haben, in vier Monaten wieder
    in Ordnung bringen kann. Für dieses Kompliment be-
    danke ich mich bei Ihnen.


    (Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.]: Schluß mit diesem Zynismus!)


    Ich habe gerade die EU-Innenminister im Rahmen
    der deutschen Präsidentschaft zusammenrufen lassen.
    Die Innenminister haben sich alle dafür bedankt, daß wir
    die Initiative ergriffen haben. Wir werden dafür sorgen,
    daß die europäische Zusammenarbeit in Fragen der inne-
    ren Sicherheit verbessert wird. Das ist notwendig. Hier
    haben wir die richtigen Wege beschritten. Wir können
    uns auch dazu beglückwünschen, daß es uns wahr-
    scheinlich gelingen wird – bei Ihnen hat das immerhin
    vier Jahre gedauert; ich mache Ihnen keinen Vorwurf
    daraus; ich weiß, wie schwierig der Weg ist –, daß
    Europol während der Zeit der deutschen Präsidentschaft
    aller Voraussicht nach seine Arbeit aufnehmen wird.

    Zum Abschluß möchte ich Ihnen sagen: Unter allen
    Innenministern, mit denen ich in allerengstem Kontakt
    stehe und mit denen ich in Fragen der Migration, des
    Asyls usw. eng zusammenarbeite, hat es keinen einzigen
    gegeben, von dem ich auch nur eine Silbe des Tadels
    wegen unseres Staatsangehörigkeitsrechts gehört hätte.
    Es gab nur Anerkennung und Respekt. Vielleicht neh-
    men Sie auch das mit nach Hause, um Ihre heutigen
    nicht sehr sachlichen Ausführungen zu überdenken.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)