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ID1402001100

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    6. Kollege: 1
    7. Ludwig: 1
    8. Stiegler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung........................ 1383 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den gewalttätigen Aktionen aus Anlaß der Verhaftung des PKK- Vorsitzenden Abdullah Öcalan ................. 1383 B Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 1383 B Erwin Marschewski CDU/CSU ....................... 1387 A Günter Graf (Friesoythe) SPD ..................... 1388 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 1389 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ......................... 1391 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.. 1393 A Petra Pau PDS.................................................. 1394 B Uta Zapf SPD................................................... 1395 B Ruprecht Polenz CDU/CSU............................. 1396 D Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA ........... 1398 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 1999 (Haushaltsgesetz 1999) (Drucksache 14/300) .................................. 1399 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand und die voraus- sichtliche Entwicklung der Finanzwirt- schaft (Drucksache 14/350) ....................... 1399 D Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 1400 A Friedrich Merz CDU/CSU............................... 1409 D Joachim Poß SPD ........................................ 1412 D Volker Kröning SPD.................................... 1414 B Ingrid Matthäus-Maier SPD ............................ 1416 B Dr. Christa Luft PDS ................................... 1420 B Dr. Günter Rexrodt F.D.P................................ 1420 C Ingrid Matthäus-Maier SPD ............ 1421 D, 1437 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1424 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 1425 B Hartmut Schauerte CDU/CSU..................... 1428 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS ............................... 1430 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 1432 B Jürgen Koppelin F.D.P. .............................. 1433 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU........................ 1437 A Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 1437 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ............................................................ 1440 B Jörg Tauss SPD............................................ 1442 B Dr. Konstanze Wegner SPD ............................ 1443 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 1445 A Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1447 A Fritz Schösser SPD .......................................... 1448 A Susanne Jaffke CDU/CSU............................... 1450 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 1451 B Steffen Kampeter CDU/CSU........................... 1454 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Dr. Peter Eckart SPD ....................................... 1457 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. ......................... 1458 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1460 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. ..................... 1461 C Maritta Böttcher PDS....................................... 1463 A Jörg Tauss SPD................................................ 1464 B Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU .. 1467 B Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1469 A Thomas Rachel CDU/CSU .............................. 1470 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU............... 1472 A Jochen Borchert CDU/CSU ............................. 1473 B Ulrike Mehl SPD ............................................. 1475 A Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 1476 D Waltraud Lehn SPD..................................... 1478 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1479 A Eva Bulling-Schröter PDS............................... 1480 C Christoph Matschie SPD.................................. 1481 B Dr. Klaus Lippold (Offenbach) CDU/CSU ..... 1482 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD................... 1485 A Nächste Sitzung .............................................. 1486 C Berichtigung ................................................... 1486 B Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten .......... 1487 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1383 (A) (C) (B) (D) 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 19. Sitzung, Seite 1327 A, 3. Absatz. Der Satzanfang ist zu lesen: „Wie das Sein das Bewußtsein verän- dert, ...“ Michael Müller (Düsseldorf) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1487 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Baumeister, Brigitte CDU/CSU 23.1.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 23.1.99 Diemers, Renate CDU/CSU 23.1.99 Ehlert, Heidemarie PDS 23.1.99 Erler, Gernot SPD 23.1.99 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Frick, Gisela F.D.P. 23.1.99 Hasenfratz, Klaus SPD 23.1.99 Hempelmann, Rolf SPD 23.1.99 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 23.1.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Michels, Meinolf CDU/CSU 23.1.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 23.1.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 23.1.99 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Rupprecht, Marlene SPD 23.1.99 Schindler, Norbert CDU/CSU 23.1.99 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 23.1.99 Verheugen, Günter SPD 23.1.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 23.1.99 Willner, Gert CDU/CSU 23.1.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 23.1.99 Wohlleben, Verena SPD 23.1.99
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erwin Marschewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herzlichen Dank,
    Herr Kollege. Ich werde dies gleich im Zuge der Aus-
    führungen tun. Eines ist jedoch klar: Die Christlich-
    Demokratische Union, die die Menschenrechte auf ihre
    Fahnen geschrieben hat, die gegen Kommunisten und
    Nazis gekämpft und sich für Recht und Freiheit einge-
    setzt hat,


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    hat es nicht nötig, hier erneut einen solchen Beweis zu
    erbringen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Scheinheilig!)


    Herr Bundeskanzler, Herr Bundesinnenminister, an
    Ihren Taten werden wir Sie, aber auch die SPD messen.
    Deswegen fordere ich Sie auf, den Vorschlägen der
    Union zuzustimmen. Sie gewährleisten den inneren
    Frieden und die innere Sicherheit.

    Ich weiß, Herr Kollege Graf, daß bei konkreter Ge-
    fahr der Folterung und der Todesstrafe keine Abschie-
    bung möglich ist. Das ist auch richtig, das ist Inhalt un-
    seres Ausländerrechts, und das ist zu Recht internatio-
    nales Recht. Das ist klar. Sie wissen aber genausogut
    wie ich, daß wir die Zusicherung der türkischen Regie-
    rung haben, in der es ganz klar heißt, daß jederzeit ein
    Rechtsanwalt nach freier Wahl aufgesucht werden und
    dieser den Betreffenden besuchen kann und daß es je-
    derzeit möglich ist, einen Arzt zu konsultieren. Sie wis-
    sen auch, daß dies von der türkischen Regierung bisher
    eingehalten worden ist.


    (Rudolf Bindig [SPD]: Das ist nicht wahr!)


    Eines aber ist völlig richtig: Hier sind beträchtliche
    Verbesserungen vonnöten. Hier ist ein völkerrechtlicher
    Vertrag oder eine ähnliche Abmachung nötig. Wir müs-
    sen Zusicherungen bekommen, das ist richtig. Die Zusi-
    cherungen müssen so eindeutig ausgestaltet sein, daß je-
    der Zweifel darüber ausgeräumt wird, man könnte sich
    nicht daran halten. Die Zusicherungen müssen gerichts-
    fest sein, das ist richtig.

    Es muß eindeutig festgehalten werden, was nach
    rechtsstaatlichen Grundsätzen mit abgeschobenen Per-
    sonen zu tun erlaubt ist und was nicht. Wir müssen
    vielleicht erreichen, daß Verfahrensbeobachter einge-
    setzt werden. Das sind Möglichkeiten der Verbesserung.
    Aber diese zu erlangen, meine Damen und Herren von
    der SPD, ist Aufgabe des Bundesaußenministers und des
    Bundeskanzlers.

    Was Herr Fischer getan hat – er hat an die Kurden
    appelliert, gewaltfrei zu bleiben –, ist gut. Ich meine
    aber, das reicht nicht aus. Auch Ihre sehr starken Worte
    in diesem Bereich, Herr Bundeskanzler und Herr Bun-
    desinnenminister, reichen nicht aus. Was nötig ist, sind
    der Wille zum Handeln und die ständige Wachsamkeit
    gegen den Terrorismus. Sonst – ich zitiere die Presse –

    „ . . . klingt das volltönige Versprechen Schilys,
    Gewalttäter müßten die volle Härte des Gesetzes
    spüren, wie ein schlechter Witz.“

    Wachsamkeit, Herr Kollege Schily, stets und immer!
    Deswegen verstehe ich nicht, daß Sie erst beim Früh-
    stück über die Festnahme Herrn Öcalans informiert wer-
    den, wenn ein kurdischer Sender das bereits um 2 Uhr
    morgens meldet.

    Dies hat Folgen: Die Polizei in den Ländern ist zu
    spät unterrichtet worden. Sie war zum Teil nicht gut
    vorbereitet. Trotzdem, meine Damen und Herren, danke
    auch ich wie Sie, Herr Kollege Schily, den Polizeibe-
    amten für ihren hervorragenden Einsatz. Der Dank des
    Hauses ist der Polizei gewiß.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Aber die Folgen dieser oft mangelnden Vorbereitung
    waren Tote, waren Verletzte und erheblicher Sachscha-
    den. Ich zitiere den „Tagesspiegel“, Herr Schily: Das
    Büro wollte den Minister nicht wecken. Das ist doch
    wohl ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der
    Bundesrepublik Deutschland. Lassen Sie mich dies ein-
    fach so sagen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die „Süddeutsche Zeitung“, die uns ja nicht immer

    gewogen ist, schreibt: Unerträgliche Leichtigkeit am
    Rhein. Ja, Herr Kollege Schily, eine schlimme Leichtig-
    keit, muß ich sagen. Dann kommt Herr Hombach und
    sagt: Ich gebe Pannen zu; wir werden Konsequenzen
    ziehen. Er sagt weiter – ich zitiere nur die Zeitung, Herr
    Hombach –, es würde eine offene, schonungslose
    Schwachstellenanalyse geben.

    Das ist richtig. Sie, Herr Hombach und Herr Schily,
    müssen Konsequenzen ziehen. Aber die Konsequen-
    zen können nicht darin liegen, einen Sekretär oder eine

    Erwin Marschewski






    (A) (C)



    (B) (D)


    Sekretärin zu entlassen. Sie tragen, meine Herren, die
    Verantwortung. Und wer Verantwortung trägt, handelt
    auch wie jemand, der Verantwortung trägt. Er sollte es
    zumindest! Besonders nach solchen Fehlleistungen und
    besonders, wenn Sie beide die entsprechenden Schwach-
    stellen waren.

    Meine Damen und Herren, es war keine gute Woche
    für unser Land. Die CDU/CSU hat die Voraussetzungen
    für einen erfolgreichen Einsatz gegen die terroristische
    PKK geschaffen. Wir haben die PKK verboten. Wir ha-
    ben konsequente Gesetze verabschiedet. Darauf muß
    aufgebaut werden. Wenn Sie uns anbieten, mit uns zu-
    sammenzuarbeiten, Herr Kollege Schily, nehme ich dies
    an. Aber Sie müssen zunächst die andere Hälfte Ihrer
    Fraktion überzeugen und dann mit den Grünen reden,
    um dies zu erreichen. Wir jedenfalls sind zum gemein-
    samen Handeln bereit.

    Wir müssen allen PKK-Aktivisten deutlich machen,
    daß ihr Kampf für mehr Rechte der Kurden in der Tür-
    kei keine Gewaltexzesse in Deutschland rechtfertigt.
    Wir müssen Gewalttäter abschieben, wir müssen sie be-
    strafen. Denn nur so läßt sich der innere Frieden in
    Deutschland wiederherstellen. Wer sich hier verweigert,
    wer hier nur an Koalitionsräson denkt, ist mitverant-
    wortlich, wenn PKK-Terrorwellen zu einer festen Ein-
    richtung in Deutschland werden. Denn sonst ist es bitte-
    re Wahrheit, was die Presse schreibt:

    Die Regierung Schröder hinterläßt auch auf dem so
    wichtigen Feld der inneren Sicherheit, des inneren
    Friedens, einen politischen Scherbenhaufen. Und
    dies bereits nach etwas mehr als einhundert Tagen.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort für die
SPD-Fraktion hat Kollege Ludwig Stiegler.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ludwig Stiegler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Da-
    men und Herren! Der Kollege Marschewski hat in be-
    währter, alter, übler Manier wieder versucht, ein innen-
    politisches Problem zu einem Kampfinstrument zu
    schmieden, statt zur Lösung der Probleme beizutragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Herr Marschewski, was wir im Zusammenhang mit
    der PKK geerbt haben, ist die Schlußbilanz Ihrer angeb-
    lich großartigen Politik. Was haben Sie alles gemacht!
    Und was ist daraus geworden? Was haben Sie verboten,
    was haben Sie verfolgt, was haben Sie an Gesetzesver-
    schärfungen gemacht! Wie schaut die Realität des Ta-
    ges aus? Sie haben einen Augiasstall hinterlassen und
    führen sich jetzt wie der Herkules auf. Dabei sind Sie
    nur ein kleiner Stallknecht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es wird versucht, mit üblen Verdrehungen Stimmung
    zu machen. So stellt sich der Herr Marschewski hierher

    und verbreitet den Eindruck, als könne ein PKK-
    Kämpfer durch das neue Einbürgerungsrecht Deutscher
    werden. Entweder, Herr Marschewski, Sie können die
    Gesetzentwürfe nicht lesen, oder Sie haben hier vor dem
    deutschen Volke die Unwahrheit gesagt. Sie sollten sich
    für diese Art von politischer Auseinandersetzung ent-
    schuldigen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, gerade angesichts der Erfah-
    rung, die wir alle miteinander gemacht haben, kann man
    nur davor warnen, solche Probleme für den innenpoliti-
    schen Kampf zu instrumentalisieren. Das hilft weder zur
    Lösung des Problems noch den Menschen, noch dient es
    dem inneren Frieden.


    (Beifall der Abg. Uta Zapf [SPD])

    Gerade weil Sie so kurzfristig mit Ihrer eigenen Ver-

    gangenheit konfrontiert werden, müssen Sie hier zur
    Sachlichkeit zurückkehren. Gehen Sie zu Herrn
    Schmidbauer, fragen Sie ihn nach den Verabredungen,
    die er getroffen hat, und fragen Sie ihn auch nach den
    Ergebnissen. Dann wissen Sie, daß Sie den Mund nicht
    so voll nehmen können.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich danke dem Bundesinnenminister für seinen sach-
    lichen und ausgewogenen Bericht. Ich danke ihm für
    das, was er zusammen mit seinen Kolleginnen und Kol-
    legen in den vergangenen Wochen und Tagen getan hat.

    An den Anfang aber stelle ich den Dank an die jun-
    gen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die für uns
    alle vor Ort die Hauptlast der Auseinandersetzung zu
    tragen haben.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Für sie hätte ich mir gewünscht, daß unsere Dienste frü-
    her, schneller und korrekter gemeldet hätten, damit zum
    Beispiel in Berlin nicht eine kleine Schar von Polizisten
    zu einer solchen Übermacht geschickt worden wäre und
    dafür leiden mußte. Das ist doch die Situation. Diese
    Dienste aber haben wir von Ihnen übernommen.

    Schauen wir uns doch einmal an, was uns der ehema-
    lige Bundeskanzler übergeben hat! – Sie brauchen gar
    nicht den Kopf zu schütteln.


    (Dr. Helmut Kohl [CDU/CSU]: Doch!)

    Diese Dienste sind unter Ihrer Verantwortung entstan-
    den. Sich jetzt hier hinzustellen und nach wenigen Wo-
    chen schon der neuen Regierung zu sagen: „Die sind
    schuld, daß wir nicht rechtzeitig informiert worden
    sind!“, ist eine Frechheit, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Aber die Wecker waren in Ordnung!)


    – Sie als einer der Brandstifter, die Sie sich immer als
    Biedermänner gebärden, müssen das gerade sagen.

    Erwin Marschewski






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Wir danken der kurdischen Bevölkerung, die sich
    nicht hat anstiften lassen, die sich nicht hat mitreißen
    lassen. Diese müssen wir davor schützen, daß sie von
    Ihnen in den falschen Verdacht gestellt wird. Das ist
    eine Notwendigkeit. Wer nämlich diese Menschen alle
    in einen Topf wirft, der wird die Terroristen nicht von
    den anständigen Bürgern mit politischen Anliegen tren-
    nen, sondern wird die Solidarisierung vorantreiben. Das
    ist Gift für die künftige Auseinandersetzung, das Sie hier
    einträufeln.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir danken vor allem dem israelischen Botschafter,
    der das Gespräch gesucht hat, der gezeigt hat, wie man
    mit dieser Situation umgeht. Solche Gesten der Versöh-
    nung und der Zusammenarbeit brauchen wir auch in Zu-
    kunft.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich danke allen, die sich an vielen Stellen an der De-
    eskalation beteiligt haben und dadurch unter schwere
    Kritik von Ihnen geraten sind.

    In Deutschland haben wir weiß Gott genügend Erfah-
    rungen mit dem Terrorismus gemacht. Wir wissen, daß
    nur Ruhe und Besonnenheit die Dinge wieder in Ord-
    nung bringen, daß nicht Aufgeregtheit und innenpoliti-
    sche Instrumentalisierung dazu dienen, mit den Proble-
    men fertig zu werden.

    Ich möchte an die Zeit der RAF erinnern und daran,
    wie sehr wir alle miteinander gekämpft haben, die Sym-
    pathisantenszene auszutrocknen und den harten Kern
    von den Unterstützern zu trennen, auch daran, wie es am
    Ende gelungen ist, das Problem zu lösen. Das ist der
    richtige Weg. Alle Ihre Sprüche in der Vergangenheit
    haben zur Lösung des Problems bisher nicht beigetra-
    gen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, mit den Problemen umzu-
    gehen heißt auch, mit den Ursachen der Probleme um-
    zugehen. Wir können uns in Deutschland nicht hinstel-
    len und sagen: O Gott, was geht uns an, was in der Welt
    passiert! In einer offenen Gesellschaft – wir sind wirt-
    schaftlich in den Ländern vertreten – müssen wir auch
    die Frage stellen, woher das kommt. Es kommt nicht
    immer vom Schicksal – wie es der alte Kanzler sagte,
    um der Frage, wo es herkommt, auszuweichen. Ähnlich
    hat Max Frisch geschrieben: Sie nennen es Schicksal,
    damit niemand fragt, wo es herkommt. – Wir müssen
    vielmehr fragen: Woher kommt das? Welche Ursachen
    gibt es in der Türkei?

    Seit ich 1967 in Bonn zu studieren begonnen habe,
    kenne ich das Kurdenproblem. Europa hat aus wirt-
    schaftlichen, aus militärstrategischen Gründen heraus
    zugesehen, wie hier eine Bevölkerung unterdrückt und
    bekämpft worden ist. Man hat in Europa zugesehen, nur
    weil man seine eigenen Interessen durchsetzen wollte.
    Die Folgen haben wir hier miteinander auszubaden. Man

    muß sich selber an die Nase fassen und das Problem be-
    trachten.


    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


    – Wer hat denn die Waffen geliefert, mit denen sie dort
    beschossen worden sind? Das waren doch Sie!


    (Beifall bei der SPD)

    Es kommt darauf an, daß die europäische Gesell-

    schaft – wir haben es mit einem europäischen Problem
    zu tun – sich fragt: Was haben wir dort unten unterlas-
    sen, versäumt oder aktiv getan, damit dieser dauerhafte
    Unfriede entstehen konnte, der auch uns jetzt in unseren
    Palästen erreicht? So ist die Lage. Mit dieser Einstellung
    müssen wir an die Probleme herangehen.

    Deshalb kommt es jetzt zunächst einmal darauf an,
    daß wir von der Türkei verlangen, daß sie einen fairen
    Prozeß unter internationaler Beteiligung durchführt.
    Wenn die Türkei zum Westen gehören will, dann muß
    sie mit den Grundsätzen des Rechtsstaats, die hier ent-
    wickelt worden sind, an das Problem herangehen und
    darf das nicht nur einäugig und mit dem Gefühl der
    Rache und der Absicht, andere weiter unterdrücken zu
    wollen, tun.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das heißt: Es muß internationale Beobachter geben.
    Das heißt auch, daß sich die europäische Politik – es
    zeigt sich, daß ein Problem in der Türkei auch ein Pro-
    blem der europäischen Innenpolitik ist – mit dem Pro-
    blem auseinandersetzen muß. Jeder weiß, daß, nachdem
    die Dinge so lange schiefgelaufen sind, nicht über Nacht
    eine Lösung kommen wird. Aber wenn Millionen Men-
    schen keine Hoffnung schöpfen können, wird immer ein
    Teil von ihnen in die Radikalität abgleiten; das hat uns
    die Geschichte immer wieder gezeigt. Wir haben es mit
    in der Hand, Hoffnung zu geben, damit diejenigen, die
    einen friedlichen Weg gehen wollen, in ihrem Vertrauen
    darauf, daß die Probleme gelöst werden, gestärkt wer-
    den.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir müssen mit der Türkei reden; wir müssen auch

    die parlamentarischen Möglichkeiten nutzen. Aber wir
    müssen auch die vielfach entstandene Sprachlosigkeit
    gegenüber der kurdischen Bevölkerung und der türki-
    schen Bevölkerung im Inland überwinden. Ihre unsäg-
    liche Unterschriftenaktion war ja geradezu der Beweis
    dafür, daß Sie nicht reden wollen, sondern daß Sie dif-
    famieren und andere Menschen ausgrenzen wollen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Meine Damen und Herren, schwierige Probleme ste-
    hen vor uns. Aber der Rechtsstaat bewährt sich in der
    Krise. Man kann nicht wie der Kollege Marschewski
    hier starke Worte von sich geben und dann, wenn man
    auf die Konsequenzen verwiesen wird, sagen: Wir, Mit-
    glieder der späteren CDU, haben gegen die Nazis

    Ludwig Stiegler






    (A) (C)



    (B) (D)


    gekämpft. – Dazu kann ich nur sagen: Lesen Sie die ent-
    sprechende Stelle im Protokoll nach!


    (Zuruf von der F.D.P.: Wo denn?)

    Darüber könnte man viele Worte verlieren. Ich will nur
    sagen: Sie erwecken den Eindruck, als wollten Sie Men-
    schen in Folter und Unterdrückung schicken. Wenn Sie
    das nicht wollen, dann wählen Sie gefälligst andere
    Worte,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    und hören Sie auf, den Eindruck zu erwecken, Sie
    könnten die Leute quasi über Nacht vogelfrei und
    rechtlos machen.

    Nein, meine Damen und Herren, nur ein besonnener,
    fester, konsequenter Rechtsstaat, der auch seine Grenzen
    beachtet, wird sich auf die Dauer durchsetzen und wird
    dafür sorgen können, daß Frieden und Gerechtigkeit zu-
    sammen bestehen können.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)