Rede von
Ulla
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich unterhalte mich
eben so gerne mit Ihnen. –
Frau Kollegin Böhmer, wir kennen uns lange genug
und arbeiten lange genug an diesem Thema. Ich wäre ja
froh, wenn Sie in den letzten Jahren wirklich Reformen
in dieser Frage auf den Weg gebracht hätten. Das hätte
es uns nämlich einfacher gemacht: Wir hätten auf vor-
handenen Reformen aufbauen und diese weiterentwik-
keln können.
Die heutige Situation wird, wie schon oft gesagt wur-
de, von unterschiedlichen Interessenlagen bestimmt.
– Lassen Sie mich einmal ausreden; ich habe Sie eben
auch ausreden lassen. – Auf der einen Seite haben wir
die Situation, daß die Realeinkommen der Familien sin-
ken. Das führt leider dazu, das die 630 DM, die in die-
sen Jobs verdient werden können, ganz dringend als zu-
sätzliches Einkommen benötigt werden, um die Kosten
zu bezahlen, die für Kindererziehung und andere Dinge
entstehen. Auf der anderen Seite existiert zwar eine Pau-
schalbesteuerung auf der Arbeitgeberseite, aber Sie wis-
sen doch so gut wie ich – denn auch Sie haben all die
Briefe erhalten –, daß 80 Prozent der Arbeitgeber die
20 Prozent nicht selber gezahlt haben, sondern sie auf
ihre Beschäftigten abgewälzt haben.
Wir haben jetzt eine Regelung vorgeschlagen – ich
bitte Sie angesichts der vielfältigen Situationen, die zu
berücksichtigen sind, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir
Schritt für Schritt vorgehen müssen –, gemäß der der
Bertrag, der derzeit pauschal gezahlt werden muß – das
waren einschließlich Kirchensteuer und Solidarzuschlag
22,8 Prozent –, in die Sozialkassen eingezahlt werden
soll.
Außerdem dürfen die Arbeitgeber diese Abgaben nicht
mehr auf die Beschäftigten abwälzen, sondern sie müs-
sen sie tatsächlich selbst bezahlen. Das ist ein Fort-
schritt.
Weiterhin wollen wir, daß 12 Prozent in die Renten-
versicherung eingezahlt werden. Die Beschäftigten – das
sind vor allen Dingen die Frauen – erhalten mit einer
Zuzahlung von 7,5 Prozent die Option, ihre Rentenbio-
graphien zu vervollständigen. Es geht doch nicht um
die 7,5 Prozent; das wissen doch auch Sie. Wenn wir
von den 500 DM, die jemand verdient, 19,5 Prozent
nehmen, dann kommt es auf das gleiche heraus, ob die-
ser Satz hälftig gezahlt wird oder 12 Prozent plus 7,5
Prozent gezahlt werden. Aber durch die 19,5 Prozent
wird es möglich, Rentenanwartschaften zu erwerben
bzw. zu erhöhen. Wir versuchen dadurch, einen Weg für
Frauen zu finden, denen die Anwartschaften fehlen und
die, obwohl sie jahrelang in die Rentenversicherung ein-
gezahlt haben, noch nicht einmal einen Anspruch auf
Altersrente erworben haben. Jetzt können sie diesen An-
spruch erwerben. Ich halte das für einen Fortschritt.