Rede:
ID1401700900

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Metadaten
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    Vokabeln: 11
    1. Herr: 1
    2. Kollege: 1
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    11. PDS-Fraktion?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/17 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 17. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Drucksache 14/280) ....................................................... 1143 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktion der CDU/CSU Beschäftigung fördern – soziale Siche- rung verbessern – Flexibilisierung er- halten (Drucksache 14/290)....................... 1143 B Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 1143 C Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 1145 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD ........................ 1146 C Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1148 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 1151 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 1153 C Silvia Schmidt (Eisleben) SPD ........................ 1155 B Julius Louven CDU/CSU................................. 1157 B Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 1159 C Karl-Josef Laumann CDU/CSU................... 1161 C Dr. Maria Böhmer CDU/CSU............... 1162 A, 1167 B Heinz Schemken CDU/CSU............. 1163 B, 1170 A Konrad Gilges SPD........................... 1163 C, 1164 A Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 1164 C Ulla Schmidt (Aachen) SPD................. 1165 A, 1166 B Anette Kramme SPD ....................................... 1167 D Johannes Singhammer CDU/CSU................... 1169 B Wolfgang Weiermann SPD ............................. 1170 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P..................... 1171 B Margot von Renesse SPD ............................ 1171 D Zusatztagesordnungspunkt 6:1171 D Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zu dem Urteil des Bundes- verfassungsgerichts vom 19. Januar 1999 zur steuerlichen Behandlung von Kin- derbetreuungskosten und Haushalts- freibetrag bei Ehepaaren im Zusam- menhang mit der aktuellen Behandlung des Steuerentlastungsgesetzes und seiner haushalterischen Auswirkungen ............... 1173 A Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1173 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF................................................................. 1174 B Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU........................................................ 1175 D Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 1176 D Gisela Frick F.D.P. .......................................... 1177 D Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 1179 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 1180 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1181 D Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 1183 A Nicolette Kressl SPD ....................................... 1184 B II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1999 Norbert Barthle CDU/CSU.............................. 1185 B Lydia Westrich SPD ........................................ 1186 C Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU ................ 1187 B Ingrid Matthäus-Maier SPD............................. 1188 B Nächste Sitzung ............................................... 1189 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 1191 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen..................................... 1192 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1999 1143 (A) (C) (B) (D) 17. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20 Bundespräsident Dr. Roman Herzog
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Kues


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Kollegin
    Schmidt, wenn man sich Ihre Frage richtig zu Gemüte
    führt – „Was könnte alles passieren, wenn ...?“ –, dann
    merkt man schon, wie kompliziert diese ganze Regelung
    ist. Sie vergessen vor allen Dingen eines: Männer und
    Frauen erwerben erst dann zusätzliche Rentenansprüche,

    Dr. Hermann Kues






    (A) (C)



    (B) (D)


    wenn sie selbst vorher zusätzlich einzahlen. Und Sie
    sollten auch die Summe nennen: Wenn es um ein Be-
    schäftigungsverhältnis geht, bei dem die Bezahlung un-
    ter 300 DM liegt, dann muß ein Mindestsatz von 58,60
    DM – 19,5 Prozent von 300 DM – eingezahlt werden.
    Das heißt: Wenn ich Geld mitbringe, erwerbe ich einen
    zusätzlichen Rentenanspruch. Das war im gesamten Sy-
    stem auch bisher schon möglich.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


    Noch einmal: Wer Geld mitbringt, der kann bei der von
    Ihnen vorgesehenen Regelung irgendwann eine mini-
    male Rente bekommen.

    Ich habe mein Beispiel eben auf die Summe von
    300 DM bezogen. Bei einer Frau, die 100 DM im Monat
    verdient, muß der Arbeitgeber 12 DM zahlen, und sie
    muß den Rest, nämlich 46,50 DM, tragen. Damit erwirbt
    sie, auf das Jahr gerechnet, einen Rentenanspruch von
    7 DM monatlich. Das ist das Ergebnis Ihres Entwurfs.
    Ich finde, das ist im Grunde genommen keine Lösung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Minister hat oft das Wort „gerecht“ gebraucht.

    Ich wundere mich eigentlich nicht, daß Sie eine büro-
    kratische Lösung vorschlagen. Es paßt in mein Bild von
    Ihnen, daß eine komplizierte Regelung herausgekom-
    men ist. Aber daß Sie geringverdienende Frauen mit die-
    ser Regelung schamlos zur Kasse bitten, ist nach meiner
    festen Überzeugung nicht nur dreist, sondern – soviel zu
    dem Wort „gerecht“ – in hohem Maße ungerecht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Man könnte sich auch grundsätzlicher damit beschäf-

    tigen. Dann stellte man fest, daß es von ganz besonderer
    Güte ist, wie Sie das seit hundert Jahren gewachsene
    Versicherungsprinzip, das Paritätsprinzip, in der So-
    zialversicherung umgehen. An sich muß gelten: Wer
    einzahlt, bekommt dann, wenn der Versicherungsfall
    eintritt, Leistungen entsprechend seinen Einzahlungen.
    Bei Ihrer Regelung bekommt man dann noch längst
    nicht etwas heraus, ganz zu schweigen davon, daß der
    eine Arbeitnehmer Rentenbeiträge in Höhe von 9,75
    Prozent zahlen muß – nämlich die Hälfte des regelmäßi-
    gen Beitrags von 19 Prozent –, um Ansprüche zu erwer-
    ben, während bei dem anderen schon 7,5 Prozent rei-
    chen. Daß dies nicht zusammenpaßt, ist ein Grund dafür,
    daß führende Verfassungsrechtler sagen: Vermutlich ist
    das Gesetz in der jetzt vorgelegten Form auch verfas-
    sungswidrig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Noch einmal zum Versicherungsprinzip. Wer 7,5 Pro-

    zent einzahlt, der hat, wie ich versucht habe, deutlich zu
    machen, zwar nur bescheidene Rentenansprüche; aber
    im Verhältnis zur nur geringen Eigenleistung hat er be-
    achtliche Ansprüche auf Invaliditätsrente und Rehabili-
    tationsleistungen, also Kuren. Das alles ist ungerecht
    und im Endeffekt unsozial.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die Rechnung geht nicht auf!)


    Ich glaube, daß Sie einfach mit unserer Grundphilo-
    sophie vom Sozialstaat wenig anfangen können. Die
    nämlich besteht darin, daß große Risiken staatsfern soli-
    darisch abgesichert werden müssen und die Leistungen
    den Beiträgen entsprechen. Damit können Sie nichts an-
    fangen. Heute morgen habe ich ein Interview mit Ihnen,
    Herr Riester, im Deutschlandradio gehört. Sie haben ge-
    sagt, die vorgesehene Regelungen bringe nur Vorteile.
    Ich behaupte einmal: Sozialpolitische Lösungen, die nur
    mit Vorteilen verbunden sind, gibt es nicht. Es gibt nur
    sozialpolitisch gerechte Lösungen, und diese müssen
    Strukturen so verändern, daß das angestrebte Ziel er-
    reicht wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Kues,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Seifert
von der PDS-Fraktion?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Kues


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, das möchte
    ich im Moment nicht.


    (Dr. Ilja Seifert [PDS]: Haben Sie Angst vor meiner Frage?)


    Ich verstehe deshalb sehr wohl, daß prominente Par-
    teifreunde von Ihnen – aus den Gewerkschaften, Ren-
    tenexperten, aber auch Verfassungsrechtler – händerin-
    gend Nachbesserungen fordern, noch heute morgen.
    Und wenn es nicht Ihre Parteifreunde wären, dann wür-
    den sie nicht nur von „Nachbesserungen“ reden. Das ist
    in diesem Fall reine Höflichkeit. Sie kommen Ihrem
    selbstgesteckten Ziel, die Arbeitslosigkeit zu bekämp-
    fen, keinen Schritt näher.

    Ein wichtiges Ziel allerdings würden Sie erreichen,
    wenn dieser Entwurf tatsächlich so in das Gesetzblatt
    käme. Denn mit der geplanten Regelung – vielleicht ist
    auch das, wenn auch nicht ursprünglich, Ihre Absicht
    gewesen – wird sich die Zahl der Erwerbstätigen erhö-
    hen und das Verhältnis von Arbeitslosen zu Erwerbstäti-
    gen vermindern. Nach überschlägigen Berechnungen
    könnte sich die Arbeitslosenquote dadurch sogar um ei-
    nen Prozentpunkt vermindern. Ich sage aber jetzt schon:
    Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das sind im Endeffekt statistische Tricks. Auch der
    Kollege Merz hat gestern gesagt: Wir werden uns genau
    ansehen, wie sich die Zahl der Erwerbstätigen vor die-
    sem Hintergrund verändert. Wenn Sie wirklich etwas
    bewegen wollten – dazu bräuchten Sie aber Mut –, dann
    müßten Sie ein Konzept für den gesamten Niedriglohn-
    bereich vorlegen. Es verhält sich doch heute so, daß es
    jenseits der 630-Mark-Mauer eine Beschäftigungsfalle
    gibt, die bewirkt, daß sich Teilzeitbeschäftigung nicht
    lohnt, daß derjenige, der 640 DM verdient, außerordent-
    lich hohe Sozialabgaben hat. Für einen Arbeitnehmer,
    der zwischen 800 und 900 DM verdient, lohnt sich eine
    Teilzeitbeschäftigung nicht. Diese geradezu prohibitive
    Abgabenschwelle müßte beseitigt werden. Das setzt aber
    ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept voraus, und das

    Dr. Hermann Kues






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    setzt vor allen Dingen auch voraus, daß Sie den Mut ha-
    ben, diese Dinge anzupacken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich fasse zusammen: Ihr Gesetzentwurf paßt im Hin-

    blick auf das Problem vorn und hinten nicht – wie ein
    Konfirmationsanzug nach 20 Jahren. Ihr Gesetzentwurf
    ist in hohem Maße sozial ungerecht; er bringt einen Bü-
    rokratisierungsschub mit sich. Ihr Gesetzentwurf bietet
    keinerlei Hilfe für diejenigen Arbeitslosen, die im Nied-
    riglohnbereich tätig werden wollen, und zwar so, daß
    sich Arbeit für sie auch wirklich lohnt.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)