Rede von
Prof. Dr.
Jürgen
Meyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Geis,
ich werde nachher noch ausführen, daß eine gemeinsa-
me Gesetzesberatung durchaus auch im Interesse der
SPD-Fraktion liegt. Aber Sie werden einräumen, daß es
Beratungsvorlagen gibt, die so mangelhaft sind, daß wir
alle froh sein müssen, wenn eine bessere kommt. Darauf
hoffen wir, und ich denke, daß die Frau Bundesjustizmi-
nisterin dazu nachher einiges ausführen wird.
Im Zusammenhang mit der Frage, welche Behörden
einen Auskunftsanspruch erhalten sollen, hätte man –
neben der Staatsanwaltschaft – wohl in erster Linie noch
an das Bundeskriminalamt denken können. Es müßte
auch bekannt sein, daß die Kripo neben vorbereitenden
Tätigkeiten bei der DNA-Analyse, die bekanntlich ei-
nem strengen Richtervorbehalt unterliegt, keinerlei Zu-
ständigkeiten hat und deshalb für diesen Zweck auch
keine Auskünfte des Bundeszentralregisters verlangen
kann.
Schließlich fehlt im CDU/CSU-Entwurf nicht nur ei-
ne Regelung, die sicherstellt, daß die Vorschrift nur für
die einmalige Maßnahme der sogenannten Altfälle her-
angezogen wird, sondern auch ein Straftatenkatalog.
Dieser ist notwendig, weil es nicht Sache der Register-
behörde sein kann, zu bewerten, was „erhebliche Straf-
taten“ im Sinne § 81 g StPO sind. Die Registerbehörde
ist dazu weder berechtigt noch in der Lage. Ein dem Ge-
setzentwurf beizufügender Katalog ist auch notwendig,
damit die Registerbehörde die erforderlichen Program-
mierungsarbeiten vornehmen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sagte eingangs,
daß der Entwurf auch zu kurz greift. Nach den beispiel-
haft aufgeführten Mängeln des Entwurfs kann es nicht
mehr zweifelhaft sein, daß es sich hier um eine Materie
des strafverfahrensrechtlichen Datenschutzrechts han-
delt, das seit vielen Jahren durch das immer wieder an-
gekündigte Strafverfahrensänderungsgesetz geregelt
werden müßte. Der Übergangsbonus des Volkszäh-
lungsurteils des Bundesverfassungsgerichts von 1983
ist bekanntlich längst verbraucht. Es ist schon bemer-
kenswert, daß die lange Amtszeit der früheren Bundes-
regierung etwa mit der nicht genutzten Zeit identisch ist,
in welcher der Auftrag des Volkszählungsurteils hätte
erfüllt werden müssen.
Ich erinnere daran, daß wir uns im vergangenen Jahr
in langen Verhandlungen darum bemüht haben, eine
konsentierte Fassung des StVÄG zu erarbeiten. In einer
letzten Sitzung im August 1998 in Frankfurt, Herr Kol-
lege Geis, schien die Einigung erreicht. Ein aus der Sicht
aller Verhandlungsteilnehmer tragfähiger Kompromiß-
text war vollständig ausgehandelt. Wenige Tage danach
genügte ein kurzes Schreiben des bayerischen Justizmi-
nisters, um der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Mut
zum Kompromiß zu nehmen.
Es ist ja richtig, daß ohne Datenschutz manches im
Strafverfahren leichter machbar zu sein scheint. Das bö-
se Erwachen wird aber folgen, wenn demnächst über-
führte Verbrecher freigesprochen werden müssen, weil
die Vorgaben des Volkszählungsurteils bis heute nicht
erfüllt sind. Dafür tragen Sie, meine Damen und Herren
von der CDU/CSU-Opposition, dann eine besondere
Verantwortung.