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ID1401402000

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    Plenarprotokoll 14/14 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 14. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 I n h a l t : Benennung von Prof. Richard Schröder als Mitglied im Kuratorium „Wissenschaftszen- trum Berlin für Sozialforschung“..................... 803 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 803 B Absetzung des Punktes 9 von der Tagesord- nung ................................................................. 803 B Nachträgliche Ausschußüberweisung .............. 803 B Tagesordnungspunkt 3: Vereinbarte Debatte 50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Präsident Wolfgang Thierse............................. 803 D Rudolf Bindig SPD .......................................... 806 A Hermann Gröhe CDU/CSU ............................. 807 D Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 810 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. ... 811 D Fred Gebhardt PDS.......................................... 813 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ ........................................................... 814 A Monika Brudlewsky CDU/CSU ...................... 815 D Joseph Fischer, Bundesminister AA ................ 817 A Tagesordnungspunkt 4: a) Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers Vorschau auf den Europäischen Rat in Wien am 11./12. Dezember 1998 und Ausblick auf die deutsche Präsident- schaft in der ersten Jahreshälfte 1999 .... 818 C b) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P. Erwartungen an das Treffen des Euro- päischen Rates in Wien am 11./12. De- zember 1998 (Drucksache 14/90 (neu)) .... 818 C c) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Vorschau auf den Europäischen Rat in Wien am11./12. Dezember 1998 und Ausblick auf die deutsche Präsident- schaft in der ersten Jahreshälfte 1999 (Drucksache 14/181) .................................. 818 C d) Antrag der Fraktion der CDU/CSU Festigung und Fortentwicklung der Eu- ropäischen Union während der deut- schen Ratspräsidentschaft im 1. Halb- jahr 1999 (Drucksache 14/159)................. 818 C e) Antrag der Fraktion der PDS Forderungen an die deutsche EU- Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999 (Drucksache 14/165) ......................... 818 D f) Antrag der Fraktion der PDS Zukunft der EU-AKP-Entwicklungszu- sammenarbeit (Drucksache 14/164)......... 818 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 819 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 824 B Dr. Peter Struck SPD....................................... 828 D Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 831 A Joseph Fischer, Bundesminister AA................ 832 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 835 D Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 836 D Dr. Norbert Wieczorek SPD............................ 838 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 Dr. Ilja Seifert PDS.......................................... 840 A Horst Seehofer CDU/CSU ............................... 842 B Karl Hermann Haack (Extertal) SPD............... 844 D Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 845 B Ernst Burgbacher F.D.P. .................................. 846 A Günter Gloser SPD .......................................... 847 B Peter Hintze CDU/CSU ................................... 848 C Rolf Hempelmann SPD ................................... 849 D Monika Griefahn SPD ..................................... 851 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO).................................................. 851 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD (Erklä- rung nach § 31 GO) ......................................... 852 C Namentliche Abstimmung zu dem Entschlie- ßungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/182 .............................................................. 853 A Ergebnis ........................................................... 853 B Namentliche Abstimmung zu dem Entschlie- ßungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/166 .......................................... 853 A Ergebnis ........................................................... 859 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Überweisung im vereinfachten Verfah- ren Antrag der Abgeordneten Dr.-Ing. Paul Krüger, Ulrich Adam und der Fraktion der CDU/CSU Ansiedlung einer Produktionsstätte für den Airbus A 3 XX in Mecklenburg- Vorpommern (Drucksache 14/161) .......... 856 A Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamenta- rischen Staatssekretäre (Drucksachen 14/30, 14/150) ............................................ 856 B Tagesordnungspunkt 13: a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 18. September 1998 zwi- schen der Regierung der Bundesrepu- blik Deutschland und der Europäischen Zentralbank über den Sitz der Europäi- schen Zentralbank (Drucksachen 14/70, 14/168) ....................................................... 856 D b) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Ge- setzes (Drucksachen 14/92, 14/149)...... 857 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hartmut Büttner (Schö- nebeck), Günter Nooke und der Frak- tion der CDU/CSU eingebrachten Ent- wurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Stasi-Unterlagen-Geset- zes (Drucksachen 14/91, 14/149) .......... 857 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO).............. 857 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Techno- logie zu der Verordnung der Bundesregie- rung Aufhebbare Vierundvierzigste Verord- nung zur Änderung der Außen- wirtschaftsverordnung (Drucksachen 13/11417, 14/69 Nr. 2.1, 14/95)................. 858 A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Drucksachen 13/7867 Nr. 2.14, 14/155 Nr. 2.1, 14/154). 858 B e) Beschlußempfehlung des Rechtsausschus- ses Übersicht 11 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 14/67) ......................................................... 858 C f) Beschlußempfehlung des Rechtsausschus- ses Übersicht 12 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 14/68) ......................................................... 858 C g) bis l) Beschlußempfehlung des Petitionsaus- schusses Sammelübersichten 6 bis 11 zu Peti- tionen (Drucksachen 14/129, 14/130, 14/131, 14/132, 14/133, 14/134) .... 858 D, 859 A, C Tagesordnungspunkt 5: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 III eines Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Siche- rung der Arbeitnehmerrechte (Druck- sachen 14/45, 14/151, 14/152)............... 862 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der F.D.P. ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur beschäftigungswirksamen Ände- rung des Kündigungsschutzgesetzes (Drucksachen 14/44, 14/151, 14/152).... 862 A b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Versor- gungsreformgesetzes 1998 (Drucksachen 14/46, 14/145, 14/146) ............................... 862 B Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 862 C Ina Lenke F.D.P. ........................................ 864 C Dirk Niebel F.D.P. .............................. 865 B, 870 A Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU.............. 866 B Walter Hirche F.D.P................................... 866 D Johannes Singhammer CDU/CSU.............. 868 B Klaus Wiesehügel SPD.................................... 869 B Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU ............... 869 C Gerd Andres SPD............................................. 871 A Ulrike Merten SPD..................................... 871 B Peter Dreßen SPD ...................................... 872 B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 873 B Heinz Schemken CDU/CSU ...................... 874 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 878 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 880 C Ute Kumpf SPD............................................... 882 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU...... 884 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 886 D Petra Bläss PDS ............................................... 888 B Klaus Brandner SPD........................................ 888 D Andreas Storm CDU/CSU ............................... 890 D Klaus Wiesehügel SPD.................................... 894 C Adolf Ostertag SPD ......................................... 896 D Namentliche Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu Korrekturen in der Sozial- versicherung und Sicherung der Arbeitneh- merrechte ......................................................... 898 D Ergebnis ........................................................... 899 B Namentliche Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur beschäftigungswirksamen Änderung des Kündigungsschutzgesetzes ....... 899 A Ergebnis........................................................... 903 D Namentliche Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versor- gungsreformgesetzes 1998 .............................. 899 C Ergebnis........................................................... 906 B Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz – (Drucksachen 14/24, 14/157) ..................... 902 A Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD ............... 902 B Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 909 A Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 910 D Dr. Dieter Thomae F.D.P........................... 913 A, 916 D Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 915 A Dr. Wolfgang Wodarg SPD............................. 916 C Gudrun Schaich-Walch SPD ........................... 917 B Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 919 C Dr. Ilja Seifert PDS .................................... 919 D Rudolf Dreßler SPD................................... 920 B Horst Seehofer CDU/CSU ......................... 921 A Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 922 A Wolfgang Zöller CDU/CSU....................... 922 C Dr. Wolf Bauer CDU/CSU.............................. 925 C Regina Schmidt-Zadel SPD............................. 926 D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU. 928 C Dr. Margrit Spielmann SPD ............................ 930 A Namentliche Abstimmung............................... 931 B Ergebnis........................................................... 933 A Tagesordnungspunkt 7: Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (zu- gleich Vertreter in der Versammlung der Westeuropäischen Union) gemäß Artikel 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates (Druck- sachen 14/176, 14/177, 14/178, 14/179, 14/180) ....................................................... 931 B IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/158, 14/167) .......................................... 931 D Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF................................................................. 932 A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/ CSU ................................................................. 935 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 937 D Jörg-Otto Spiller SPD ...................................... 938 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 940 A Heidemarie Ehlert PDS.................................... 941 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN................................................... 941 B Namentliche Abstimmung ............................... 942 A Ergebnis ........................................................... 943 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur öffentlichen Ver- unsicherung in der Euro-Region Neiße infolge der Verurteilung von Taxifah- rern und Haltung der Bundesregierung zum Vorgehen des Bundesgrenzschut- zes in diesem Zusammenhang Christine Ostrowski PDS ................................. 942 C Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI. 946 A Günter Baumann CDU/CSU............................ 946 D Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ...... 948 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ......................... 949 C Barbara Wittig SPD ......................................... 950 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 951 B Petra Pau PDS.................................................. 952 C Hans-Peter Kemper SPD ................................. 953 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU...................... 954 B Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 955 B Günter Graf (Friesoythe) SPD ......................... 956 C Tagesordnungspunkt 10: Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Verordnung der Bundesregierung Verordnung zur Verlängerung der Frist in § 27 des Investitionsvorrangge- setzes (Drucksachen 14/50, 14/69 Nr. 2.2, 14/94) ......................................................... 956 D Tagesordnungspunkt 12: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Regelungen – Wohngeldanpassungsge- setz – (Drucksachen 14/19, 14/142)........... 957 A b) Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Ilja Seifert, Dr. Winfried Wolf, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS Fortführung des Wohnraum-Moder- nisierungsprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau bis zum Jahr 2000 (Drucksache 14/126) .................................. 957 B c) Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Ilja Seifert, Dr. Winfried Wolf und der Fraktion der PDS Verbesserte Förderung der Woh- nungsmodernisierung im Altbaube- stand und bei Wohnhochhäusern nach dem Investitionszulagengesetz 1999 (Drucksache 14/127) .................................. 957 B Christine Ostrowski PDS................................. 957 C Dr. Christine Lucyga SPD ......................... 958 C Nächste Sitzung ............................................... 959 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 960 A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Friedhelm Ost (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache 14/140) ................. 960 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Paul K. Friedhoff, Hans-Joachim Otto (Frank- furt), Jörg van Essen, Walter Hirche, Dirk Niebel, Hans-Michael Goldmann, Marita Sehn, Ulrike Flach, Dr. Dieter Thomae, Dr. Max Stadler, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, Klaus Haupt, Ernst Burgba- cher, Dr. Klaus Kinkel, Gisela Frick (alle F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Fe- stigung und Fortentwicklung der Europäi- schen Union während der deutschen Ratsprä- sidentschaft im 1. Halbjahr 1999 (Drucksache 14/159) (Tagesordnungspunkt 4 d), sowie über den Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorschau auf den Europäischen Rat in Wien am 11./12. Dezember 1998 und Ausblick auf die deut- sche Präsidentschaft in der ersten Jahreshälfte Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 V 1999 (Drucksache 14/181) (Tagesordnungs- punkt 4 c) ......................................................... 960 C Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annette Faße (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Tagesordnungspunkt 13 d) ...... 960 D Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Rainer Eppelmann, Ing- rid Fischbach, Dr. Rita Süssmuth, Eva-Maria Kors, Cajus Caesar, Renate Diemers, Dr.-Ing. Rainer Jork, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Heinz Wiese (Ehingen), Franz Romer, Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Maria Böhmer, Walter Link (Diepholz), Heinz Schemken, Ulf Fink (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurf eines Gesetzes zu Kor- rekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (Tages- ordnungspunkt 5 a) .......................................... 961 B Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der So- lidarität in der gesetzlichen Krankenversiche- rung – GKV-Solidaritätsgesetz (Tagesord- nungspunkt 6) Hans-Ulrich Klose SPD................................... 961 C Monika Heubaum SPD .................................... 962 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu der Be- schlußempfehlung des Rechtsausschusses zu der Verordnung der Bundesregierung zur Verlängerung der Frist in § 27 des Investiti- onsvorranggesetzes (Tagesordnungspunkt 10) Hans-Jochen Hacker SPD ............................... 962 C Andrea Voßhoff CDU/CSU.............................. 963 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ......................................................... 965 A Gerhard Jüttemann PDS ................................. 965 C Jürgen Türk F.D.P........................................... 966 A Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zum a – Entwurf eines Gesetzes zur Anpas- sung der wohngeldrechtlichen Regelungen – Wohngeldanpassungsgesetz – ...................... 966 C b – Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Ilja Seifert, Dr. Winfried Wolf, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS: Fortführung des Wohnraum- Modernisierungsprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau bis zum Jahr 2000............... 966 C c – Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Ilja Seifert, Dr. Winfried Wolf und der Fraktion der PDS: Verbesserte Förde- rung der Wohnungsmodernisierung im Alt- baubestand und bei Wohnhochhäusern nach dem Investitionszulagengesetz 1999 (Tages- ordnungspunkt 12)........................................... 966 C Dr. Christine Lucyga SPD............................... 966 C Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 967 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.................................................. 968 A Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. ................... 969 A Gert Willner CDU/CSU ................................... 969 D Wolfgang Spanier SPD .................................... 970 D Anlage 9 Amtliche Mitteilung ........................................ 972 A Anlage 10 Antwort des Parl Staatssekretärs Dr. Eckhart Pick auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) (Drucksache 14/143, Frage 54) (Plenarprotokoll 14/13, Seite 797 A)..................................................... 972 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 803 (A) (C) (B) (D) 14. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 Beginn: 9.00 Uhr
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    Christine Ostrowski 960 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Balt, Monika PDS 10.12.98 Bläss, Petra PDS 10.12.98 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 10.12.98 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 10.12.98 Hartnagel, Anke SPD 10.12.98 Kampeter, Steffen CDU/CSU 10.12.98 Kasparick, Ulrich SPD 10.12.98 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 10.12.98 Kossendey, Thomas CDU/CSU 10.12.98 Kraus, Rudolf CDU/CSU 10.12.98 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 10.12.98 Dr. Pfaff, Martin SPD 10.12.98 Pieper, Cornelia F.D.P. 10.12.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 10.12.98 Reiche, Kathrina CDU/CSU 10.12.98 Dr. Richter, Edelbert SPD 10.12.98 Schemken, Heinz CDU/CSU 10.12.98 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 10.12.98 von Schmude, Michael CDU/CSU 10.12.98 Dr. Schwarz-Schilling, Christian CDU/CSU 10.12.98 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 10.12.98 Uldall, Gunnar CDU/CSU 10.12.98 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 10.12.98 Wissmann, Matthias CDU/CSU 10.12.98 Zierer, Benno CDU/CSU 10.12.98 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Friedhelm Ost (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf der Drucksache 14/140 (Vgl. 12. Sitzung, Seite 721 A): Ich habe an der namentlichen Abstimmung teilge- nommen und mit Ja gestimmt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Paul K. Friedhoff, Hans- Joachim Otto (Frankfurt), Jörg van Essen, Walter Hirche, Dirk Niebel, Hans-Michael Gold- mann, Marita Sehn, Ulrike Flach, Dr. Dieter Thomae, Dr. Max Stadler, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, Klaus Haupt, Ernst Burg- bacher, Klaus Kinkel, Gisela Frick (alle F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über den An- trag der Fraktion der CDU/CSU: Festigung und Fortentwicklung der Europäischen Union während der deutschen Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 1999 (Drucksache 14/159) (Tages- ordnungspunkt 4d), sowie über den Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorschau auf den Europäischen Rat in Wien am 11./12. Dezember 1998 und Ausblick auf die deutsche Präsident- schaft in der ersten Jahreshälfte 1999 (Druck- sache 14/181) (Tagesordnungspunkt 4c) Auch im Namen meiner Kollegen möchte ich erklä- ren, daß wir dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Regierungserklärung zustimmen, den entsprechenden Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedoch ablehnen. Wir sind der Ansicht, daß die Aufhebung der grenz- überschreitenden Buchpreisbindung durch die EU-Kom- mission zwar große Probleme für die deutschen Verlage und Buchhandlungen bedeuten würde. Aber die Aufhe- bung der Teilwertabschreibung durch die neue Bundes- regierung bedeutet aus unserer Sicht eine zusätzliche und weitaus größere Belastung. Das Verbot hat exi- stenzbedrohende Konsequenzen für eine Vielzahl mittel- ständischer Verlage und Buchhandlungen und in noch schwerwiegenderer Weise für den Kunsthandel, insbe- sondere die Galerien. Mit dieser Maßnahme zerstört die Bundesregierung mit ihrer Steuerpolitik Tausende von Arbeitsplätzen. Das führt zu einer massiven Verarmung der Vielfalt auf dem deutschen Literatur- und Kultur- markt. Den Antrag der SPD, der die Benachteiligung des Mittelstandes durch die Abschaffung der Teilwertab- schreibung nicht berücksichtigt, halten wir für schein- heilig. Wir erwarten, daß die Bundesregierung ihre Plä- ne zur Teilwertabschreibung zurücknimmt. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annette Faße (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 961 (A) (C) (B) (D) die Bundesregierung; Vorschlag für eine Richt- linie des Rates zur Schaffung eines Ordnungs- rahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Tagesordnungs- punkt 13d) Ich stimme der Beschlußempfehlung des 16. Aus- schusses zu, da ich die positiven Ansätze der Richtlinie des Rates aus grundsätzlichen Erwägungen ausdrücklich begrüße. Folgende Anmerkungen zu den Beratungen des Richtlinienentwurfs halte ich jedoch für angebracht: 1. Der Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen des Deutschen Bundestages (15. Ausschuß) ist in die Beratungen des Richtlinienentwurfs in keiner Weise miteinbezogen worden, obwohl der Entwurf im Falle seiner Umsetzung weitreichende Konsequenzen für den Verkehrsträger Wasserstraße hätte. Durch die Nichtbe- teiligung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen bestand keine Möglichkeit, diese verkehr- lichen Interessen in angemessener Form in die Beratun- gen einzubringen. 2. Bei den weiteren Beratungen des Richtlinienvor- schlages im Rat der Europäischen Union und in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments sollte zwi- schen den im Richtlinienentwurf formulierten Umwelt- zielen und konkurrierenden Zielen wie zum Beispiel der Nutzung der Gewässer als Verkehrsweg genau abgewo- gen werden. Es sollte berücksichtigt werden, daß reinen Umweltzielen andere Belange entgegenstehen können, die zumindest gleichrangig, gegebenenfalls höherrangig zu bewerten sind. Vergleichbare Rechtsnormen enthal- ten dieses grundsätzliche Gebot der Abwägung zwi- schen konkurrierenden Zielen. Die von der EU-Kom- mission und den EU-Mitgliedstaaten sowohl aus um- weltpolitischen wie aus wirtschaftlichen Gründen gefor- derte und geförderte Verkehrsverlagerung auf Wasser- straßen darf deshalb nicht durch eine fehlende Be- rücksichtigung der Gewässerfunktion als Verkehrsweg gefährdet werden. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Rainer Eppelmann, Ingrid Fischbach, Dr. Rita Süss- muth, Eva-Maria Kors, Cajus Caesar, Renate Diemers, Dr.-Ing. Rainer Jork, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Heinz Wiese (Ehingen), Franz Rommer, Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Maria Böhmer, Walter Link (Diepholz), Heinz Schemken, Ulf Fink (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (Tagesordnungspunkt 5a) Dieses Gesetz lehnen wir, die Unterzeichnenden, ab, weil durch die Außerkraftsetzung der Rentenreform, be- sonders des darin enthaltenen demographischen Faktors, dem Generationenvertrag als der Grundlage unserer Rentenversicherung schwerer Schaden zugefügt wird. Zudem enthält dieses Gesetz unsachgemäße Rege- lungen für den Bereich „Entsendegesetz“ und „Schein- selbständigkeit“. Dagegen halten wir die Herabsetzung des Schwel- lenwertes beim Kündigungsschutz von 10 auf 5 Be- schäftigte sowie die Regelung bei der Lohnfortzahlung für vertretbar. Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenver- sicherung – GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz (Tagesordnungspunkt 6) Hans-Ulrich Klose (SPD): Bei der Abstimmung über den genannten Gesetzentwurf werde ich mich der Stimme enthalten. Ich kann nicht gegen den Entwurf stimmen, weil er in Teilen wichtige Korrekturen ver- gangener Fehlentscheidungen bringt. Ich kann aber auch nicht für den Entwurf stimmen, weil ich die Regelungen zur Budgetierung zwar aus der Sicht der Kassen verste- hen, aus der Sicht der Patienten und der Leistungser- bringer aber auf keinen Fall gutheißen kann. Zum einen erscheint mir die Grundidee der Budgetie- rung nicht nur fragwürdig, sondern sogar ethisch be- denklich, weil sie den einzelnen Arzt in eine kaum auf- lösbare Konfliktlage hineinführen kann: Vor allem im dritten Monat eines Quartals werden Ärzte bei (aus ihrer ärztlichen Überzeugung) notwendigen Verordnungen zögern, weil eine Überschreitung des Arzneimittelbud- gets droht, mit der Konsequenz, daß die Ärzte dann für ihre Leistung nicht nur kein Honorar erhalten, sondern über den Arzneimittelregreß sogar auch noch die einge- setzten Medikamente selbst bezahlen müssen. Da die Ärzte (ein Teil von ihnen) dazu nicht bereit sein werden, ist nicht auszuschließen, daß entweder die angemesse- ne/richtige Behandlung unterbleibt oder viele Patienten unnötig in Krankenhäuser eingewiesen werden, was dann die Kosten nicht reduzieren, sondern nach oben treiben müßte. In solche Konfliktlagen, die kein Abge- ordneter für sich akzeptieren würde, darf der Gesetzge- ber auch andere Berufsgruppen nicht hineinstellen. Der nachteilig Betroffene ist in dieser Konfliktlage in erster Linie der Patient, und das darf nicht sein. In dem Gesetz soll im übrigen dem § 75 folgender Absatz 10 angefügt werden: „Zur Sicherung der wirt- schaftlichen Verordnungsweise können die Kassenärzt- lichen Bundesvereinigungen und die Kassenärztlichen 962 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) Vereinigungen auf der Grundlage der Richtlinien der Bundesausschüsse die Vertragsärzte über verordnungs- fähige Leistungen und deren Preise oder Entgelte infor- mieren sowie nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischem Nutzen geben.“ Auch dem kann ich nicht zustimmen, weil es in der Medizin bekanntlich unterschiedliche Therapie-Richtun- gen und infolgedessen in vielen Teilen einen „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse“ nicht gibt. Weil das so ist, können die Kassenärztlichen Vereinigungen die genannten „Hinweise“ gar nicht ge- ben. Sie können es auch aus ganz praktischen Gründen um so weniger, als die Funktionsträger der Vereinigun- gen in der Regel nicht mehr voll in der Praxis stehen, also auch nicht (mehr) über die notwendige Qualifi- kation verfügen, um solche „Hinweise“ begründen zu können. Überdies weiß jeder Praktiker, daß bei Entscheidungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht immer nur objektive/sachliche Argumente aus- schlaggebend sind – auch dort werden „Interessen“ ver- treten. Im übrigen ist mein Eindruck der, daß der gesamte Gesetzentwurf in erster Linie auf die Kostenlage der Kassen reagiert, nicht aber auf die Frage, wie eine – aus der Sicht der Patienten – bestmögliche und kostengün- stige medizinische Versorgung gewährleistet werden kann. Letzteres müßte aber bei jeder Reform im Vorder- grund aller Überlegungen stehen. Monika Heubaum (SPD): Bei der Abstimmung über den genannten Gesetzentwurf werde ich mich der Stim- me enthalten. Das GKV enthält wichtige Elemente zur notwendigen Korrektur einer verfehlten Weichenstel- lung in der Gesundheitspolitik. Ich kann dem GVK- SolG jedoch nicht zustimmen, weil ich insbesondere die Regelungen zur Budgetierung zwar aus der Sicht der Kassen verstehen, aus der Sicht der Patienten und der Leistungserbringer (insbesondere der Ärzte) aber nicht gutheißen kann. Es ist zweifellos medizinisch machbar und im Sinne einer wirtschaftlichen Vorgehensweise wünschenswert, daß Behandlungen verstärkt aus dem stationären in den ambulanten Bereich verlegt werden. Hierfür schafft das GKV-SolG jedoch keine geeigneten Voraussetzungen. So ist es grundsätzlich nicht hinnehmbar, wie ärztliche Leistungen und Verordnungen künftig budgetiert wer- den sollen. Denn die vorgesehene Budgetierung, so ist zu befürchten, wird dazu führen, daß die niedergelasse- nen Ärzte gegen Quartalsende gezwungen sein werden, vermehrt stationäre Einweisungen vorzunehmen, um Budget-Überschreitungen zu vermeiden. Andernfalls werden diese Mediziner notwendige Medikamente, die von ihnen verordnet wurden, aus der eigenen Tasche be- zahlen müssen. Dies würde zu Konfliktsituationen füh- ren, die eine verstärkte Einweisung von ambulant be- handelbaren Patienten in die Krankenhäuser zur Folge hätten. Dabei stünde dies im krassen Gegensatz zu den Interessen der Partienten sowie zur angestrebten Wirt- schaftlichkeit und würde somit die gewollte Zielrichtung konterkarieren. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu der Beschlußempfehlung des Rechtsaus- schusses zu der Verordnung der Bundesregie- rung zur Verlängerung der Frist in § 27 des Investitionsvorranggesetzes (Tagesordnungs- punkt 10) Hans-Joachim Hacker (SPD): Der im Einigungs- vertrag festgeschriebene Grundsatz „Rückgabe vor Ent- schädigung“ hat zu weitreichenden Blockaden bei beab- sichtigten Verfügungen über Grundstücke in den neuen Ländern geführt. Richtig ist sicher, daß die rechtsstaatli- che und rechtsbeständige Klärung der sogenannten offe- nen Vermögensfragen aus der DDR-Zeit in einem be- achtlichen Umfang auch eine Vermögensrückgabe er- forderte. Ich denke hierbei insbesondere an Ansprüche von Verfolgungsopfern, wie zum Beispiel von Zwangs- ausgesiedelten. Nicht vergessen sollten wir auch, daß der erste Schritt in der Restitutionsfrage bekanntlich von Ministerpräsi- dent Modrow mit der Rückgabe der 1972 verstaatlichten Betriebe getan worden war. Wenn man so will, ist Herr Modrow, der Ehrenvorsitzende der PDS, der Erfinder der Restitution am Ende der DDR; die Koalition von CDU/CSU und F.D.P. hat diesen Ansatz perfektioniert. Wenn das Kabinett Modrow die juristischen Folgen der Einzelfallentscheidung möglicherweise nicht übersehen hat, war es dagegen der erklärte Wille der konservativen Koalition im Jahre 1990, aus ideologischen Gründen diese Lösung trotz erkennbarer Risiken zu wählen. Aber schon bald nach der deutschen Einheit wurde allen Beteiligten klar, welche Blockade von dieser Poli- tik ausging und daß Nutzer von Gebäuden, vor allem Handwerker und Gewerbetreibende in den neuen Län- dern, flächendeckend verunsichert wurden; denn das ge- nutzte Betriebsgrundstück war restitutionsbelastet und damit die Betriebsperspektive unklar – eine fatale Be- gleiterscheinung der Kohlschen Politik der „blühenden Landschaften“. Diese Investitionsbremse, für deren Zu- standekommen der kleine, aber einflußreiche Partner der damaligen Koalition, die F.D.P., die Hauptverantwor- tung trägt, mußte wenigstens teilweise gelockert werden. Das geschah im Zuge der Gesetzgebung, zuletzt durch das Investitionsvorranggesetz. Bei der Verabschiedung des Gesetzes ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß die Notwendigkeit besonderer Investitionsvorrang- regelungen nur bis zum 31. 12. 1995 bestehen würde. Jedoch wurde im Laufe des Jahres 1995 deutlich, daß diese Annahme unrealistisch war, da mehr als eine Mil- lion Anträge auf Rückgabe von über 2 Millionen Grund- stücken bestanden und die offensichtlichen Wirkungen, nämlich Blockade und Stagnation, durch Investitions- vorrangverfahren gemildert werden mußten. Jetzt sind die Ämter zur Regelung offener Vermö- gensfragen und die Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen vor allem mit Anträgen befaßt, die sich durch besondere Kompliziertheit und damit Lang- wierigkeit auszeichnen. Wir alle wissen, daß die Kom- munen in den neuen Ländern bei den städtebaulichen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 963 (A) (C) (B) (D) Entwicklungsplanungen durch restitutionsbedingte Be- sonderheiten belastet sind. Besonderheiten des Restituti- onsverfahrens wie Mehrfachanmeldungen, große Erben- gemeinschaften und formale, zum Teil unbegründete Anspruchsanmeldungen blockieren dringend notwendi- ge Entscheidungen zur Entwicklung der Innenstädte. Das Instrumentarium des Baugesetzbuches kann hier keine Abhilfe schaffen. Weiterhin gibt es eine Vielzahl restitutionsbelasteter Wohnhäuser im Bestand der städti- schen Wohnungsunternehmen, deren Zustand marode ist und die dringend saniert und modernisiert werden müssen. Jeder Politiker, der vor Ort mit den daraus resultie- renden Problemen, vor allem für die Mieter, aber auch für die Verwalter in diesen Häusern konfrontiert wird, weiß, daß hier weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht, um den Verfall dieses Mietwohnungsbestandes aufzuhalten und endlich die Ursachen für Ärger und Re- signation in diesen Häusern zu beseitigen. Die Möglich- keit der Veräußerung von sanierungsbedürftigen restitu- tionsbehafteten Wohnungsbeständen durch die Woh- nungsunternehmen ist eine entscheidende Vorausset- zung für die Lösung dieses Gordischen Knotens. Auch daher muß die Frist für die Anwendung des Investiti- onsvorrangverfahrens verlängert werden. Wer sich ernsthaft mit den Rechtsproblemen ausein- andersetzt, die das Investitionsvorrangverfahren betref- fen, kommt nicht umhin zuzugestehen, daß es auch Ar- gumente gibt, die für ein Auslaufen der Frist in § 27 In- vestitionsvorranggesetz sprechen. Ich sehe hier insbe- sondere das starke Argument des Eigentumschutzes, das sich aus Art. 14 GG ableiten läßt. Aber auch die Vorga- ben aus Art. 14 GG zwingen uns nicht, das Rechtsinsti- tut des Investitionsvorrangverfahrens auslaufen zu las- sen; denn wie in diesen Fällen sind zahlreiche andere Personengruppen in der DDR von Vermögenseingriffen betroffen gewesen. Auch die F.D.P. wird zur Kenntnis nehmen müssen, daß es sich bei der Investitionsvorrangregelung nicht um einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Rechte der Alteigentümer handelt, sondern daß die Verlängerung der Frist des Investitionsvorrangverfahrens aus prakti- schen und juristischen Gründen im Interesse des wirt- schaftlichen Aufbaus in den neuen Ländern dringend er- forderlich ist. Außerdem – und das muß hier nochmals sehr deutlich gesagt werden – können sich ja auch An- melder als Investoren an diesem Investitionsvorrangver- fahren beteiligen. Viele Antragsteller erhalten die Vermögenswerte nicht zurück, oft sind diese gar nicht mehr vorhanden oder zu öffentlichen Zwecken genutzt worden. Der Ge- setzgeber mußte daher für die zahlreichen Fälle, bei de- nen die gesetzlich begründeten Rückgabeansprüche ob- jektiv nicht erfüllt werden können, eine Entschädigungs- regelung finden, was mit Erlaß des Entschädigungs- gesetzes 1994 geschehen ist. Wir alle wissen, daß die Entschädigungsbeträge gering sind und der heutige Verkehrswert in der Regel weitaus höher ist. Das BVG hat in den bekannten Entscheidungen zur Regelung von Eigentumsfragen in den neuen Ländern dem gesamt- deutschen Gesetzgeber einen weiten Handlungsspiel- raum eingeräumt. Wenn ich die vermögensrechtliche Situation des Anmelders, der von einem Investititions- vorrangverfahren betroffen ist, bewerte, muß ich fest- stellen, daß an ihn eine Erlösauskehr (mindestens in Hö- he des Verkehrswertes) erfolgt. Eine Beeinträchtigung seiner grundgesetzlich garantierten Rechte (Art. 14 GG) vermag ich daher auch bei Verlängerung der Frist für das Investitionsvorrangverfahren nicht zu erkennen, ins- besondere wenn ich diese Erlösauskehr mit anderen An- sprüchen bei ähnlich gelagerten Fällen des Entschädi- gungsgesetzes vergleiche. Wir, die SPD, waren immer dafür eingetreten, die Schere zwischen den Immobilienwerten bei Natural- restitution und gesetzlicher Entschädigung bei Unmög- lichkeit der Vermögensrückgabe zu verringern. Und wenn man schon den Regierungen der neuen Länder, der Bundesregierung und der neuen Koalition im Deutschen Bundestag nicht glaubt, dann – und das sage ich vor al- lem an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen der F.D.P. – sollte man die Argumente unabhängiger Sach- verständiger zur Kenntnis nehmen und akzeptieren. Die Notarkammer Mecklenburg-Vorpommern, deren Mit- glieder ganz praktisch mit den Wirkungen des Investiti- onsvorranggesetzes konfrontiert werden, plädieren nachdrücklich für eine Fristverlängerung. Ich zitiere aus einem Schreiben des Stellvertretenden Präsidenten vom 21. Oktober 1998: Der Investitionsvorrangbescheid ersetzt nach § 11 InVorG die Genehmigungen nach der Grund- stücksverkehrsordnung und der Kommunalverfas- sung sowie das Negativattest nach § 28 BauGB. Damit trägt der Investitionsvorrangbescheid in er- heblichem Maße zu einer Beschleunigung des Grundstücksverkehrs bei. Aus diesem Grunde wird angeregt, die am 31. 12. 1998 ablaufende Antragsfrist des § 27 InVorG zu verlängern, um auf diese Weise sicherzustellen, daß die in den neuen Bundesländern nach wie vor er- forderlichen Investitionen im Grundstücksbereich beschleunigt und erleichtert werden. Die vorgelegte Verordnung der Bundesregierung ist dringend erforderlich. Der Rechtsausschuß des Bundes- tages sieht keine rechtsförmlichen und verfassungs- rechtlichen Bedenken. Im Gegenteil: Bei Abwägung al- ler Argumente sprechen die rechtlichen und die sachli- chen Aspekte für die Verlängerung des Investitionsvor- rangverfahrens bis zum 31. 12. 2000. Die Verordnung ist notwendig und wichtig für den Aufbau in den neuen Ländern. Die Initiative der Bundesregierung ist ein weiterer Beleg dafür, daß diese Aufgabe Chefsache der Bundesregierung unter Gerhard Schröder ist. Ich bitte Sie daher, der Verordnung zuzustimmen. Andrea Voßhoff (CDU/CSU): Wie meine Vorredner schon ausgeführt haben, geht es um ein formalrechtlich überschaubares, in seinen Auswirkungen aber nicht ge- ring einzuschätzendes Thema, nämlich um die Verord- nung der Bundesregierung zur Verlängerung der Frist in § 27 des Investitionsvorranggesetzes. Mit einer Verlän- gerung der dort genannten Antragsfrist wird es bis zum 31. Dezember 2000 weiterhin möglich sein, im be- 964 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) schleunigten Verfahren Investitionen bei Bedarf auf anmeldebelasteten Vermögenswerten zu ermöglichen, die ansonsten wegen der nach wie vor langen Bearbei- tungszeiten der Vermögensämter nicht kurzfristig zu realisieren wären. Schon einmal wurde aus diesem Grunde mit Verord- nung vom 8. Dezember 1995 die Frist nach dem Inve- stitionsvorranggesetz bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 verlängert. Nunmehr handelt es sich hier um die zweite und durch Verordnung letztmalig mögliche Ver- längerung der Antragsfrist nach § 27 Investitionsvor- ranggesetz, gegen die sich rechtstechnische und rechts- förmliche Bedenken – auch aus Sicht der CDU/CSU- Fraktion – nicht erheben. Es stellt sich aber bei einer erneuten Verlängerung natürlich die Frage der Notwendigkeit und des Bedarfs, und es gilt, den Bedenken derjenigen Rechnung zu tra- gen, die hier eine Einschränkung der Eigentümerrechte geltend machen. Von dort wird im wesentlichen argu- mentiert, daß die Befugnisse des Eigentümers durch die erneute Verlängerung der Antragsfrist weiter einge- schränkt werden und der Bedarf auch in Anbetracht der Erledigungszahlen der Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen nicht mehr bestehe. Wir wissen nur zu gut, daß im Einigungsrecht immer auch der Interessenausgleich zwischen den Rückgabebe- rechtigten und – wie in diesem Fall –, den für den Auf- bau Ost dringend benötigten Investoren gefunden wer- den mußte. Ich will deshalb auch gar nicht bestreiten, daß die Rechte der Restitutionsberechtigten durch An- meldung investiver Vorhaben Dritter nach dem Investi- tionsvorranggesetz tangiert und auch eingeschränkt wer- den, auch wenn das InVorG durch entsprechende Rege- lung den Restitutionsberechtigten materiell so stellt, als wenn restituiert worden wäre. Wir haben diesen Aspekt nie vernachlässigt oder gar untergewichtet. Allerdings gibt es, bedingt durch die Deutsche Ein- heit und das Bestreben, die Lebensverhältnisse der Bür- ger in den neuen Bundesländern denen in den alten Län- dern möglichst schnell anzugleichen, andere Grundent- scheidungen, die wir ebenfalls in unsere Überlegungen einzubeziehen haben. Dazu gehört auch die generelle Entscheidung, für einen begrenzten Zeitraum investiven Vorhaben auf restitutionsbelasteten Vermögen zur Si- cherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Sanie- rung von Wohnraum und zur Durchführung notwendiger Infrastrukturvorhaben Vorrang vor den Belangen der durch diese Maßnahmen betroffenen Eigentümern zu geben. Dies wurde – einhergehend mit einer deutlichen Straffung des Verfahrens – mit den Vorschriften des In- vestitionsvorranggesetzes für einen befristeten Zeitraum erreicht. Nun konnten die Vermögensämter im Juni 1998 mit einer Erledigungsquote von zirka 86 Prozent bei Grund- stücken und bei Unternehmen zirka 81 Prozent aufwar- ten. Besteht bei einer solchen Erledigungsquote dann noch der Bedarf nach einer Fortsetzung dieser Rege- lung? Ich denke – ja –, denn in absoluten Zahlen heißt dies nichts anderes, als daß noch – unterstellt die Zahlen der Bundesregierung stimmen – zirka 300 000 anmelde- belastete Vermögenswerte bestehen, die derzeit noch nicht entschieden sind und auf denen nicht beschleunigt investiert werden könnte, gäbe es das Investitionsvor- rangsverfahren nicht. Auch in einer Pressemitteilung des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 19. Mai 1998 wird deutlich, daß bei reduziertem Personalbestand und der Vielzahl von Widerspruchs- und Klageverfahren immer weniger Zeit für die eigentliche Antragserledi- gung bleibt, so daß sich die Bearbeitung der restlichen Verfahren länger als bislang erwartet hinziehen wird. Zudem gibt es noch eine Vielzahl von städtebaulich re- levanten Grundstücken in den Kommunen, die restituti- onsbelastet sind. Es ist zwar richtig, daß auch die §§ 86 ff. des Bauge- setzbuches ([Enteignung] sowie die §§ 136 ff. des Bau- gesetzbuches [Ausweisung von Sanierungsgebieten]) Möglichkeiten eröffnen, städtebauliche Planungen zu verwirklichen. Dabei sind die verfahrenstechnischen Hürden jedoch hoch. Im Gegensatz dazu ermöglicht das Investitionsvorranggesetz hier eine flexiblere und schnellere Behandlung investiver Vorhaben und stellt dabei den berechtigten Alteigentümer materiell so, als sei restituiert worden. Auch darf nicht vergessen werden, daß der Eigentü- mer selbst auch vom Investitionsvorrangsverfahren ja profitieren kann, wenn er investieren will. Gerade Pri- vatinvestitionen sollen doch durch das Investitionsvor- ranggesetz gefördert und erleichtert werden. Im Interesse des weiteren Aufbaus Ost bleibt deshalb – auch nach gründlicher Abwägung festzuhalten, daß die letztmalige Verlängerung der Frist in § 27 Investitions- vorranggesetz trotz der dagegen geäußerten Bedenken als notwendig angesehen werden muß, und auch wir von der CDU/CSU-Fraktion der Verordnung daher zustimmen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen muß aber eines an dieser Stelle klargestellt werden: Die zeitliche Rahmenvorgabe, nämlich die Möglich- keit, die Antragsfrist überhaupt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 auf dem Verordnungsweg zu ver- längern, wurde durch die CDU/CSU-geführte Bundes- regierung bereits Ende 1993 im Registerverfahrensbe- schleunigungsgesetz (Verordnungsermächtigung des Artikel 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 bis 7 des Register- verfahrensbeschleunigungsgesetzes in der Fassung des Artikel 7 Abs. 4 des Wohnraummodernisierungssiche- rungsgesetzes) verankert, um so flexibel auf die zukünf- tige Situation in den neuen Bundesländern eingehen zu können. Diese Verlängerung nunmehr, wie es Herr Staatsminister Schwanitz anläßlich der Regierungserklä- rung getan hat, großspurig als Punkt 5 eines Aufbaupro- gramms der neuen Bundesregierung mit dem Namen „Zukunft Ost“ zu verkünden, ist reines Blendwerk. Es ist schlicht und einfach so, daß die rotgrüne Bundesre- gierung mit dieser Verordnung die von der CDU/CSU- geführten Regierung geschaffenen gesetzlichen Mög- lichkeiten nutzt, da ihr der Wähler – für eine absehbare Zeit – die Regierungsverantwortung übertragen hat. Man kann auch sagen, Herr Staatsminister Schwanitz, Sie trittbrettfahren auf der Investitionslokomotive Ost, die die CDU/CSU-geführte Bundesregierung angeschoben Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 965 (A) (C) (B) (D) hat. Für eine vollmundige Ankündigung eines neuen Konzeptes „Zukunft Ost“ ein dürftiger Start. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Vermögensgesetz gibt Alteigentümern das Recht, Grundstücke, Gebäude und Unternehmen zu beanspruchen. Das Prinzip „Rückgabe vor Entschädi- gung“, das im Einigungsvertrag verankert ist, hat zu vielen Problemen und Ungerechtigkeiten gegenüber den Nutzern geführt, die die Häuser und Grundstücke redlich erworben und häufig über mehrere Generationen be- wohnt hatten. Dies haben wir immer wieder kritisiert und uns zum Programm gemacht, die Nachfolgerege- lungen zum Einigungsvertrag, die dieses Prinzip ver- stärken, soweit rechtlich noch möglich, zu korrigieren. Die Regelungen des Vermögensgesetzes haben aber auch dazu geführt, daß für die Gesellschaft besonders wichtige Investitionen nicht getätigt, Grundstücke nicht genutzt werden können. Die Rekonstruktion der alten Eigentumsverhältnisse ist häufig schwierig, Rechte der Nutzer stehen einer freien Verfügung nicht selten entge- gen. Noch heute, acht Jahre nach der Einheit, sind die Verhältnisse nicht geklärt. Das Investitionsvorranggesetz schränkt die Rück- übertragungsrechte nach dem Vermögensgesetz ein, wenn ein besonderer Investitionszweck gegeben ist. Sol- che Zwecke sind vor allem die Schaffung und die Siche- rung von Arbeitsplätzen oder auch die Schaffung neuen Wohnraumes. Auf Antrag kann ein Investitionsvorrang- bescheid ergehen. Solche Anträge können aber nur bis Ende dieses Jahres gestellt werden. Diese Frist reicht nicht aus. Es ist nicht hinnehmbar, daß ab Anfang des kommenden Jahres dringenden Investitionsbedürfnissen nicht mehr nachgegeben werden kann. Damit würde der besonders in den Ostbundesländern so besonders drin- genden und wichtigen wirtschaftlichen Entwicklung der Boden und die Basis genommen. Das darf nicht sein. Lang dauernde Rückübertragungsverfahren dürfen not- wendige Investitionsvorhaben nicht behindern. Die In- teressen der Bevölkerung gehen den Eigentumsinteres- sen vor. Wenigstens in diesen gesellschaftlichen Berei- chen muß der Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“ zurückgedrängt werden. Weil die Rückübertragungsverfahren in den Ostbun- desländern noch lange nicht abgeschlossen sind und voraussichtlich noch Jahre dauern, ist es dringend not- wendig, die Frist des § 27 Investitionsvorranggesetzes um wenigstens zwei Jahre, also wie vorgesehen bis zum 31. Dezember 2000, zu verlängern. Damit werden nicht direkt Arbeitsplätze, aber wichtige Voraussetzungen für neue oder die Sicherung von Arbeitsplätzen geschaffen. Die ablehnende Haltung der F.D.P. ist nur damit zu erklären, daß sie bedingungslos und auch unter Inkauf- nahme des Verlustes von Arbeitsplätzen die Rücküber- tragungsansprüche der Alteigentümer sichern will. Für Bündnisgrüne ist dies nicht nachvollziehbar. Zu Recht hat die F.D.P. bei der Wahl in Ostdeutschland die Quit- tung für diese Auffassung erhalten. Bündnisgrüne sehen sich dagegen den Interessen der Bevölkerung besonders verpflichtet und werden für diese Fristverlängerung stimmen. Gerhard Jüttemann (PDS): Im Namen der Fraktion der PDS begrüße ich die vorliegende Fristverlängerung in § 27 Investitionsvorranggesetz. Allerdings möchte ich eines deutlich anmerken: Die immer wieder notwendige Fristverlängerung zeigt einmal mehr, daß das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ einer der gravierendsten Fehler des Einigungsvertrages war. Die PDS hat darauf von Anfang an verwiesen. Alle späteren Regelungen des Gesetzgebers wie zum Beispiel im Vermögensgesetz und im Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz hatten vor allem die Aufgabe die Nachteile des fatalen Grundsatzes „Rückgabe vor Entschädigung“ wenigstens teilweise auszubügeln. Zwei Millionen Anträge auf Rückübertragung von Grundstücken, Häusern und Unternehmen lagen den Vermögensämtern vor. Daß mit diesem gewaltigen Eigentumstransfer nicht nur Investitionen ausgelöst, sondern auch viele Ostdeutsche von Grundstück und Haus vertrieben wurden, kann ich nicht unerwähnt las- sen. Trotzdem: Die PDS stimmt für die Fristverlängerung. Wir begrüßen, daß die neue Bundesregierung sich nicht den Standpunkt der abgewählten Regierung zu eigen gemacht hat, die noch im Sommer gegen eine Verlänge- rung war. Und ich möchte auch klar sagen, warum. Es wäre nämlich sonst ein weiteres Mal passiert, daß sich das Justizministerium voll und ganz den Standpunkt des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer zu eigen macht. Im Klartext darf man wohl auch sagen: einer milliardenschweren Immobilien- branche. Wenn ich an den Satz denke „Eigentum ver- pflichtet“, kann ich nur feststellen: Diese Branche ist schon in der Vergangenheit nur selten ihrer gesell- schaftlichen Verantwortung gerecht geworden. Daran hat sich nichts geändert. Man betrachte nur die jüngsten Aussagen des Verbandes in der Sache. Denn wer wie dieser Verband angesichts der Zahl von noch rund 300 000 anmeldebelasteten Vermögenswerten die Not- wendigkeit der Fristverlängerung bestreitet, kann nur herzlich wenig für die sowieso schon großen Sorgen der Kommunen in den neuen Bundesländern übrig haben. Wir stimmen deshalb für die Fristverlängerung, weil es im Interesse der Kommunen, der kommunalen Woh- nungsgesellschaften und damit letztlich der Mieter ist, die noch immer auf die Sanierung ihrer Wohnung war- ten. Wenigstens diese Komponente der Planungssicher- heit für Städte und Gemeinden, die mit dieser Verord- nung ermöglicht wird, muß erhalten bleiben. Was man in diesem Zusammenhang auch unbedingt erwähnen muß, ist der beschäftigungspolitische Aspekt der Angelegenheit. Wer wirklich und ernsthaft an Inve- stitionen und damit auch der Sicherung von Arbeitsplät- zen im Baugewerbe interessiert ist, kann sich eigentlich nicht gegen das Weitergelten dieses Gesetzes ausspre- chen. Und wer es dennoch tut, sollte wenigstens den Menschen so ehrlich gegenübertreten und offen sagen, daß ihm die Wünsche der nicht gerade notleidenden Immobilienbranche näherliegen als das Wohl und Wehe der Kommunen sowie Hunderttausender Menschen, die davon so oder so betroffen sind. 966 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) Wenn also schon eine Güterabwägung vorgenommen wird, muß sie nach Ansicht der PDS im Sinne des Ge- meinwohls ausfallen. Dazu haben wir in der Vergangen- heit gestanden, und deshalb wird meine Partei dieser Verordnung auch ihre Zustimmung geben. Jürgen Türk (F.D.P.): Nach dem jetzigen Stand des Gesetzes läuft das Investitionsvorranggesetz am 31. De- zember 1998 aus. Die Bundesregierung möchte jedoch das Investitionsvorranggesetz bis zum 31. Dezember 2000, also um zwei Jahre, verlängern. Bei diesem Vor- haben zeigt sich, daß die frühere Mehrheit aus F.D.P. und CDU/CSU in diesem Hause nicht nur handwerklich gute, sondern auch kluge Gesetze gemacht hat, wovon die neue Regierungsmehrheit nur lernen kann. Klug war, im Gesetz eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2000 durch Verordnung „vorsorglich“ einzubauen. Die- se eingebaute Fristverlängerung für das Investitionsvor- ranggesetz möchte die neue Bundesregierung nun nut- zen. Zu fragen ist, ob eine Verlängerung des Investitions- vorranggesetzes auch inhaltlich gerechtfertigt ist, denn die Bundesregierung sagt in ihrer Begründung selbst, daß – ich zitiere: „... das im Investitionsvorranggesetz zunächst verfolgte Ziel, einen Investitionen erst ermög- lichenden Grundstücksmarkt zu schaffen, im wesentli- chen erreicht ist.“ Festzuhalten ist, daß das eine Anerkennung für ein von der F.D.P. initiiertes Gesetz und dessen Wirkung ist. Das freut uns dann auch. Dennoch darf man sich den noch offenstehenden Problemen nicht verschließen, nämlich ob das Gesetz noch notwendig ist. Die Verlängerung ist notwendig. Etwa 300 000 Fälle der Vermögenszuordnung stehen noch zur Entscheidung an und darunter befinden sich ei- ne Vielzahl von komplizierten und langwierigen Fällen, die noch bearbeitet werden müssen. Weiterhin stellt die Restitution bei Grundstücken für die städtebauliche Planung sowie bauliche Umsetzung gerade im Innenstadtbereich eine nicht zu vernachlässi- gende Behinderung dar. Ein durchaus stichhaltiges Argument ist auch, daß immer noch durch Unklarheiten in der Vermögenszu- ordnung ganze Straßenzüge ohne Fristverlängerung ver- rotten würden. Denn die Wohnungsunternehmen sind durch die Vielzahl dieser Wohnungsbestände mit der Sanierung überfordert, und sie sind darum auf die Ver- äußerung an Investoren trotz Verfügungssperre des Vermögensgesetzes angewiesen. Es muß aber auch im gesellschaftlichen Interesse liegen, daß ein Stadt- und Straßenbild mit heruntergekommenen Häusern und Straßenzügen in Ostdeutschland endgültig der Vergan- genheit angehört. Nach Abwägen der vorgetragenen Argumente für und wider einer Fristverlängerung des Investitionsvorrang- gesetzes, komme ich für meine Fraktion zum Schluß, daß eine Fristverlängerung durchaus einen Sinn hat. Die F.D.P.-Fraktion wird deshalb der Fristverlängerung zu- stimmen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zum a – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Regelungen – Wohngeld- anpassungsgesetz – b – Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Ilja Seifert, Dr. Winfried Wolf, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS: Fortführung des Wohnraum-Modernisierungs- programms der Kreditanstalt für Wiederauf- bau bis zum Jahr 2000 c – Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Ilja Seifert, Dr. Winfried Wolf und der Fraktion der PDS: Verbesserte Förde- rung der Wohnungsmodernisierung im Altbau- bestand und bei Wohnhochhäusern nach dem Investitionszulagengesetz 1999 (Tagesordnungs- punkt 12) Dr. Christine Lucyga (SPD): Die Zeit der Wunsch- zettel ist da, denn Weihnachten steht vor der Tür. Und so haben wir denn auch – als letzten Tagesordnungs- punkt – einige „Wünsch-Dir-was-Anträge“ zu behandeln (mit und ohne Bart), die sich die PDS offenbar als Weihnachtsgeschenke vorgestellt hat. Besonders deutlich wird dies beim Antrag der PDS auf Novellierung des Investitionszulagengesetzes. Die Frage ist nur, wer dieses Weihnachtsgeschenk bekom- men soll, wer es braucht, wem es nützt und wer es denn bezahlen soll, ganz abgesehen davon, daß es ein sehr kostspieliges Geschenk der Kategorie Luxusgut wäre, wenn es denn noch auf den Gabentisch käme. Um nicht von vornherein mißverstanden zu werden: Wir sehen den Bedarf, Förderprioritäten auszubauen, Programme weiterzuführen oder besser zu koordinieren, werden deshalb auch den weiterhin hohen Modernisie- rungsbedarf, die Situation der Mieter oder die schwieri- ge Lage der mittelständischen Bauwirtschaft im Osten Deutschlands beachten und zum Beispiel bei einer Ver- längerung des KfW-Modernisierungsprogramms die notwendigen Schwerpunkte setzen. Doch es muß im Hinblick auf den Antrag zum Investitionszulagengesetz auch deutlich gesagt werden: Die Umstellung der För- dersystematik in den neuen Ländern mit dem Auslaufen des Fördergebietsgesetzes auf das Investitionszulagen- gesetz war eine sinnvolle Entscheidung, an der die SPD maßgeblich mitgewirkt hat. Und wir werden es weiter- führen. Mit diesem Gesetz gibt es eine klare Prioritäten- setzung für Modernisierungen gegenüber dem Mietwoh- nungsneubau. Die Größenordnungen sind dergestalt, daß Modernisierungen einen mehrfachen Betrag dessen ausmachen, was für die Förderung des Neubaus ange- setzt wurde, und es wurden differenzierte Höchstförder- beträge gewählt, um nicht Luxusmodernisierungen zu fördern und um andererseits der Tatsache Rechnung zu tragen, daß Bauen im innerstädtischen Bereich und vor allem eine Vollmodernisierung im Altbau aufwendig und kostenintensiv ist. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 967 (A) (C) (B) (D) Aufwendige und kostspielige Modernisierungen ste- hen in den neuen Ländern sowohl für historische Bau- substanz im innerstädtischen Bereich auf der Tagesord- nung als auch in den Plattenbausiedlungen. Daher hat diese Regierungskoalition sich darauf verständigt, wie im Wahlprogramm ausgesagt, die Bestandserneuerung gegenüber dem Neubau zu stärken. Wir werden vor allem das Zusammenwirken der För- derinstrumente effizienter gestalten. Dies betrifft sowohl die Städtebauförderung, die Um- und Ausbauförderung, den Denkmalschutz und die allgemeine Modernisie- rungsförderung als auch das KfW-Modernisierungs- programm Ost, dessen Verlängerung wir wollen. Dabei sind durchaus verbesserte Förderkonditionen für be- stimmte Fördernotwendigkeiten bei Altbauten oder Plattenbaumodernisierung denkbar, über die jetzt vor Abschluß der Haushaltsverhandlungen noch keine kon- kreten Aussagen möglich sind. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir meinen durchaus, daß das Inve- stitionszulagengesetz verbessert werden kann und haben in diese Richtung vorausgedacht. Uns geht es jedoch nicht – wie der PDS – um reine Schaufensteranträge vor Weihnachten, sondern um vernünftige und durchset- zungsfähige Vorlagen, und wir sehen keine Veranlas- sung, uns mit Anträgen, wie die PDS sie vorlegt, auf wohnungs- und finanzpolitisches Glatteis führen zu las- sen. Sie werden sich schon fragen lassen müssen, was da bei einer Altbauförderung von bis zu 4 000 DM denn gefördert werden soll und wofür, wenn nicht für Luxus- wohnraum, der irgendwann auch zu Luxusmieten führen würde. Was in dem Antrag der PDS gefordert wird, ist eine Übersubventionierung, bei der gefragt werden muß, wem sie nützen soll, und die nicht nur vertretbare För- dersachverhalte bei weitem übersteigt (auch der Ge- samtverband der Wohnungswirtschaft bleibt bei allen einschlägigen Kalkulationen weit darunter), sondern die auch weder quantitativ noch qualitativ erfaßt ist. Wir wissen lediglich, daß es Mehraufwendungen in Milliar- denhöhe sind, die hier teilweise am tatsächlichen und sozial begründbaren Bedarf vorbei für Fehlförderung ausgegeben würden, ginge es nach Ihrem Antrag. Übrigens – so ganz ernstgemeint können die Anträge wohl doch nicht sein, denn ich frage mich, welches par- lamentarische Verfahren es noch ermöglichen sollte, die in den Anträgen genannten Forderungen auch zum Zeit- punkt 1. Januar 1999 in Kraft treten zu lassen. Da auch die Länder mit einem nicht unerheblichen Anteil an dieser Art der Förderung beteiligt werden müßten, würde mich schon interessieren, ob sie diesen Antrag zum Beispiel mit dem Bauminister von Meck- lenburg-Vorpommern abgestimmt haben, der bekannt- lich Ihrer Partei, wenn auch nicht Ihrer Fraktion ange- hört, und wenn ja, ob er bereit ist, aus dem Haushalt sei- nes Ressorts die Mehrbelastungen für das Land zu über- nehmen. Alles in allem mögen die Anträge ja – gut gemeint, wie sie sind – Freude auslösen, handwerklich sind sie verpfuscht und damit für eine parlamentarische Be- handlung zum jetzigen Zeitpunkt verfehlt. Hannelore Rönsch (Wiesbaden) (CDU/CSU): Alle im Bundestag vertretenen Fraktionen sind sich einig, daß das Wohngeldrecht reformiert werden muß. Nach der Bundestagswahl haben SPD und Grüne in ihrer Ko- alitionsvereinbarung und der neue Minister dies auch noch einmal bekräftigt. Nun warten die Mitglieder des Bundestages seit der Wahl darauf, daß Minister Münte- fering im Bundestag oder im Ausschuß seine Ankündi- gungen erläutert und einen Gesetzentwurf vorlegt. Und was ist bisher passiert? Leider gar nichts, außer substanzlosen Versprechungen und Vertröstungen – ich befürchte, daß diese Regierung auch in der Wohnungs- politik die Regierungsarbeit völlig ohne ein eigenes Konzept aufgenommen hat. Dabei hat der Parlamentarische Staatssekretär Groß- mann doch schon vor der Wahl gewußt, daß 1,5 Milliar- den DM an Mehrausgaben für die Reform einzuplanen seien. Er hatte doch Zeit, einen Gesetzentwurf zu erar- beiten und mit seinen Kollegen aus der Finanzpolitik die Finanzierung zu klären. Aber wir haben es schon beim Steuergesetz gemerkt. Das gesetzestechnische Hand- werk müssen Sie noch üben. Bei der Sitzung der Arge- bau in der letzten Woche hätte Minister Müntefering mit seinen Länderkollegen einen Gesetzentwurf diskutieren können. Der Minister fehlte und der Staatssekretär wußte nicht, was der Minister wollte. Mit dieser Politik enttäuscht die Bundesregierung die Menschen in unse- rem Land, und sie bricht ihr Wahlversprechen. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf mit In- krafttreten noch im kommenden Jahr angekündigt. Dies ist kaum noch zu erreichen. Deshalb arbeiten Sie nun endlich einen soliden Entwurf aus, und hören Sie mit den Ausreden auf. Sehr gespannt habe ich in der letzten Woche auf die Vorschläge zur Wohngeldreform von Herrn Minister Vesper gewartet. Herr Vesper kündigte ein Inkrafttreten zum 1. Juli 1999 an, eine Finanzierung über eine Absen- kung der Einkommensgrenzen bei der Eigenheimzulage und durch die Streichung des Vorkostenabzuges, und er versprach, daß er der Argebau ein fertiges Konzept in Absprache mit den SPD-Bauministern der Länder vorle- gen wollte. 2 Milliarden DM forderte Herr Vesper für dieses Konzept. Das war in der vergangenen Woche. Nur wäh- rend der Argebau-Sitzung hat Minister Vesper über- haupt nichts vorgelegt. Bis heute warten die Mieterinnen und Mieter auf eine Aufklärung. Statt dessen forderte Herr Vesper auch noch, daß sich der Bund aus dem so- zialen Wohnungsbau zurückziehen soll. Bei dieser Poli- tik der Versprechungen sollten Sie bedenken, daß Sie mit den Sorgen und Nöten von unseren Mitbürgern spielen. Was hat Herr Minister Vesper nun mit der SPD abge- sprochen? Was haben die SPD-Länder hierzu gesagt? Wollen Sie nun einen Entwurf vorlegen oder nicht? Wollen Sie aus dem sozialen Wohnungsbau aussteigen? Hierüber sollte der zuständige Bundesminister der SPD noch vor der Vorlage des Haushaltes den Bundestag aufklären. 968 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) Vor allem sollten die bauwilligen Familien endlich Klarheit bekommen, ob sie in Zukunft noch die Eigen- heimzulage nutzen können. Die CDU/CSU lehnt die Kappung der Einkommensgrenzen ab, weil dies die er- folgreiche Wohneigentumspolitik und den die Wohn- baukonjunktur stützenden Eigenheimbau abwürgte. Besonders gespannt warte ich auf die angekündigte strukturelle Reform in dem Gesetzesvorhaben. Hier hat sich der Mieterbund bereits auf die CDU/CSU-Position zubewegt. Auch Mieterbunddirektor Rips fordert nun, die Ausgaben für das pauschale Wohngeld auf das heu- tige Niveau zu begrenzen und damit die Kommunen da- zu anzureizen, die Kosten für Wohnungen von Sozialhil- feempfängern niedrig zu halten. Gerade die Grünen ha- ben diese Forderung bisher strikt abgelehnt. Herr Minister Müntefering, die CDU ist hier zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit. Wir wünschen uns von Ihnen in Zukunft eine glücklichere Hand bei der Führung Ihres Hauses. Die von der PDS heute Abend zur Abstimmung stehen- den Gesetzesentwürfe lehnt die CDU/CSU-Fraktion ab. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In allen drei Punkten, über die wir heute sprechen, sehen wir Handlungs- und Reformbedarf in dieser Wahlperiode. Wir wollen eine gesamtdeutsche Wohngeldreform im nächsten Jahr, die KfW-Förderung muß fortgesetzt werden – dafür werden wir im nächsten Haushalt auch zusätzliche Mittel brauchen –, und wir sehen auch Korrekturbedarf bei den Fördersätzen des Investitionszulagengesetzes. Dies haben wir in den Ko- alitionsvereinbarungen festgeschrieben. Allerdings scheint die PDS zu denken – ich habe das schon im Ausschuß gesagt – die neue Bundesregierung müsse all das, was sie sich für die nächsten vier Jahre vorgenommen hat, in vier Wochen durchführen – mög- lichst noch vor Weihnachten. Wir haben in den letzten Wochen eine Vielzahl von Maßnahmen zur sozialen Entlastung auf den Weg gebracht, und auch wir haben lernen müssen, daß Geschwindigkeit nicht alles ist. Bei den Schnellschußanträgen der PDS scheint mir, daß die fachliche Qualität vollends dem Tempo geopfert wurde. Unbestritten: Wir brauchen eine schnelle Wohn- geldreform. Doch was die PDS hier vorlegt, ist kein ernstzunehmender Reformvorschlag. Für die einzelnen Vorschläge gibt es keine Begründung. Warum sollen zum Beispiel die Miethöchstbeträge nur für Ost- deutschland angehoben werden? In Westdeutschland sind sie schon sehr viel länger unverändert. Warum sol- len die Beträge für eine Dreipersonenfamilie im Neubau um 235,– DM, für eine Vierpersonenfamilie aber nur um 185,– DM angehoben werden? Die PDS will 1,5 Milliarden DM allein für eine Art „Vorläufer“ der Wohngeldreform ausgeben. Einen Ge- genfinanzierungsvorschlag gibt es nicht, ebensowenig eine Aussage darüber, was die „große“ Wohngeldreform kosten und woraus sie finanziert werden soll. Die PDS fordert eine Reform zum 1. Januar 1999, obwohl allen klar ist, daß dies selbst bei größter Eile völlig unreali- stisch ist. Ähnliches gilt für die beiden anderen Anträge. Das KfW-Modernisierungsprogramm muß fortgesetzt wer- den; da sind sich alle Fraktionen des Hauses einig. Ich denke, es gibt auch Korrekturbedarf bei den Zins- und Tilgungskonditionen. Da das derzeitige Volumen im Laufe des nächsten Jahres ausgeschöpft sein wird, brau- chen wir schon im nächsten Haushalt neue Mittel dafür. Doch anstatt sich im Rahmen der Haushaltsberatungen für notwendige Änderungen, Finanzbedarf und Gegenfi- nanzierung einzusetzen, stellt die PDS hier einen reinen Schaufensterantrag. Ohne Zweifel gibt es Korrekturbedarf bei den Förder- sätzen der Investitionszulage. Die zu hohe Differenz zwischen Neubau- und Altbauförderung wird den Ab- rißdruck auf den innerstädtischen Altbaubestand erhö- hen; deswegen brauchen wir differenziertere Fördersät- ze. Doch die Kostenobergrenze für Instandsetzung und Modernisierung einfach auf 4 000 DM anheben zu wol- len – auch wieder ohne zu sagen, wie das finanziert werden soll, frei nach dem Motto „Allen wohl und nie- mand weh“ –, das ist finanzpolitisch unverantwortlich und wohnungspolitisch nicht durchdacht. Ich denke, die PDS muß sich entscheiden, ob sie als Reformkraft ernst genommen werden will, oder ob sie sich zu einer Art populistischer „Lega Ost“ entwickelt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ihr hier vor- legt, ist ohne konzeptionelle Kraft und ohne finanzpoli- tische Verantwortung. Eure Strategie zielt offenbar nur darauf, aus der Ablehnung dieser völlig unrealistischen Forderungen populistischen Profit zu ziehen. Ich bin entschieden gegen eine Diffamierung der PDS. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der PDS, eine Partei, die immerhin 20 Prozent der Ostdeut- schen vertritt, stiehlt sich aus der politischen Verant- wortung, wenn sie Forderungen stellt, die unter keiner Bundesregierung finanzierbar sind, es sei denn, sie könnte sich eine Legion von Dukateneseln halten. Eine Partei, die ernst genommen werden will, darf den Men- schen in Ostdeutschland nicht vorgaukeln, alle Probleme könnten aus der Staatskasse gelöst werden und es gäbe Reformen, die niemandem weh tun. Sie haben auch als Opposition politische Verantwortung dafür, daß die Kluft zwischen Ost und West nicht immer größer wird. Deswegen fordere ich Sie sehr ernsthaft auf, nicht mit uneinlösbaren Forderungen den Frust der Menschen in Ostdeutschland immer weiter zu vergrößern. Sie wissen wie wir, daß die Sanierung der ostdeut- schen Städte eine Folge von 40 Jahren unterlassener In- standhaltung zu DDR-Zeiten sind, die die öffentlichen Kassen bis an die Grenzen der Belastbarkeit strapaziert. Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, daß die notwendigen Mittel dafür bereitgestellt werden. Ich er- warte aber von der PDS, daß sie sich ihrer historischen und politischen Verantwortung für das Herunterwirt- schaften der Städte und Dörfer durch die SED-Politik bewußt ist. Wir wollen von Ihnen kein demonstratives Büßertum; aber wir erwarten, daß Sie jetzt Ihren Teil zur Lösung der Probleme beitragen. Wir fordern Sie auf, realistische und finanzierbare Vorschläge auf den Tisch zu legen und den Ostdeutschen reinen Wein darüber Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 969 (A) (C) (B) (D) einzuschenken, was nicht finanzierbar ist und welche Probleme nicht in kurzer Zeit und nicht vom Staat gelöst werden können. Treiben sie kein zynisches und gefährliches Spiel mit unerfüllbaren Hoffnungen! Stellen Sie sich endlich der Debatte um die haushalts- und finanzpolitischen Gren- zen staatlicher Förderung oder staatlichen Handelns! Sie tragen als Fraktion und Partei Verantwortung für die politische Kultur in Ostdeutschland und für das Zusam- menwachsen Deutschlands. Wenn Sie als Reformkraft ernst genommen werden wollen, müssen Sie dieser Ver- antwortung endlich gerecht werden. Dr. Karl-Heinz Guttmacher (F.D.P.): Eine Lei- stungs- und Strukturnovelle des Wohngeldgesetzes ist überfällig. Die uns vorgeführte verzögerte Anpassung des Wohngeldes an die Entwicklung am Mietwoh- nungsmarkt hat zu nicht mehr hinnehmbaren Entwick- lungen geführt. Das Wohngeld erfüllt weder seine sozialen noch sei- ne wohnungswirtschaftlichen Funktionen. Trotz eines zur Zeit ausgeglichenen Mietwohnungsmarktes und teilweise sinkender Mieten droht das Wohngeld seine Funktion als zielgenaues einkommensbezogenes För- derinstrument zu verlieren. Durch eine bloße Anhebung der Miethöchstbeträge können die strukturellen Verwerfungen um Wohn- geldrecht des PDS-Antrages ebensowenig beseitigt wer- den wie durch eine vorgeschlagene Anpassungspau- schale. Ein solcher Ansatz würde das Ungleichgewicht zwischen dem derzeit noch bestehenden Wohngeld der alten und neuen Bundesländer zementieren. Diesen sicher durch die PDS gewollten Ansatz der Wohngeldnovelle lehnen wir ab. Wir brauchen ein ein- heitliches Wohngeld für ganz Deutschland. Wenn die Höhe der Wohngeldleistung wieder stimmen soll, müs- sen sich die Mietenobergrenzen und die Einkommens- grenzen des Wohngeldgesetzes diesen tatsächlichen Verhältnissen anpassen. Das Verhältnis zwischen zielgenauem Tabellen- wohngeld und pauschaliertem Wohngeld muß zugunsten des Tabellenwohngeldes deutlich verbessert werden. Bei den Höchstbetragstabellen sollte berücksichtigt werden, daß die Mietpreise pro Quadratmeter für kleinere Woh- nungen höher anzusetzen sind. Die Wohngeldnovelle muß den Entbürokratisierungs- und Deregulierungsstau auflösen. So sind Einsparungen in Vollzug und Verwaltung möglich durch eine Verein- heitlichung des Einkommensbegriffs, einfachere Regeln bei Verletzung der Informationspflicht durch den Wohngeldbezieher und bei der Bemessung des Wohn- geldes bei Wirtschafts- und Wohngemeinschaften von Nicht-Familienmitgliedern. Ebenso muß die wohn- geldrechtliche Behandlung eheähnlicher Lebensgemein- schaften berücksichtigt werden. Die F.D.P. hält ein Wahlrecht von Vorteil, mit dem ein pauschales und im Verhältnis zum Tabellenwohn- geld niedrigeres Ausbildungs- und Studentenwohngeld oder ein zielgenaues, aber prüfungsaufwendiges regulä- res Wohngeld beantragt werden kann. Das würde den Forderungen der Länder entgegen- kommen, die Wohngeldstellen von der bisherigen büro- kratisch aufwendigen Prüfung der Frage der Zugehörig- keit des Studenten/Auszubildenden zum Elternhaushalt entlasten. Ebenso sind die Leistungen des BAföG und des Wohngeldes zur Unterstützung des Wohnens von Studenten und beruflich Erstauszubildenden zu harmo- nisieren. Die finanzielle Ausstattung muß sich an der Lei- stungs- und Strukturnovelle des Wohngeldgesetzes orientieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß durch die Strukturreform und dem vorgeschlagenen Abbau von bürokratischen Regelungen vor allem bei den Ländern erhebliche dauerhafte Ersparnisse entstehen, die den Wohngeldempfängern zugute kommen müssen. Der vorliegende Wohngeldgesetzentwurf der PDS stellt keine sachgerechte und ausreichende Lösung der bestehenden Wohngeldproblematik dar. Da der Ge- setzentwurf keinerlei strukturelle Reformansätze des Wohngeldes vorsieht, die Aufteilung des Wohn- geldrechts in Ost und West festigt, keinen überzeugen- den Gegenfinanzierungsvorschlag enthält und das Ge- setz wegen des notwendigen Verwaltungsvorlaufes zum vorgesehenen Zeitpunkt 1. Januar 1999 nicht umsetzbar ist, lehnt die F.D.P. den Wohngeldgesetzentwurf der PDS ab. In dem Antrag zur verbesserten Förderung der Woh- nungsmodernisierung im Altbaubestand und bei Wohn- hochhäusern nach dem Investitionszulagengesetz 1999 fordert die PDS 400 DM pro Quadratmeter Wohnfläche des Gebäudes, bei förderfähigen Kosten maximal 4 000 DM pro Quadratmeter Wohnfläche, sowie einen Förder- satz von 10 Prozent. Die F.D.P. geht von einer Investitionszulage von 180 DM pro Quadratmeter Wohnfläche bei 15prozentigem Fördersatz 1999 aus. Für die von der PDS geforderten förderfähigen Ko- sten von 400 DM pro Quadratmeter Wohnfläche bei förderfähigen Kosten maximal 4 000 DM pro Quadrat- meter Wohnfläche, lassen sich heute neue Traumvillen bauen. Die PDS läßt durch den Gesetzentwurf erkennen, daß sie sich für eine Luxussanierung einsetzt. Dieser Ansatz der Förderung der Wohnungsmoderni- sierung wird durch die F.D.P. nicht mitgetragen. Gert Willner (CDU/CSU):Wohngeld ist eine Sozial- leistung mit Rechtsanspruch, die in Deutschland weit über 2,7 Millionen Haushalte erhalten. Dieses System hat insbesondere auch in den neuen Ländern seine so- ziale Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Wir stel- len eine nachhaltige Verlangsamung des Mietenanstiegs fest. Der Mietenanstieg betrug in den ersten zehn Mo- naten dieses Jahres weniger als 2 Prozent. Damit liegt der Mietanstieg in der Steigerung so gering wie seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr. Trotz dieser Verlang- samung des Mietanstieges besteht die Notwendigkeit ei- ner familiengerechten Anpassung des Wohngeldes an die Einkommens- und Mietenentwicklung. Hierüber be- steht Einvernehmen. 970 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) CDU/CSU und F.D.P. haben deshalb bereits Anfang diesen Jahres vorgeschlagen, zum 1. Januar 1999 eine kleine Wohngeldnovelle mit einem zusätzlichen Finanz- volumen von 500 Millionen DM zu beschließen. Nach diesen Plänen sollte das Wohngeld durchgängig in allen Mietstufen angehoben werden. Außerdem wollten wir das Wohngeld West an die etwas höheren Beträge im Osten anpassen. Beim sogenannten pauschalen Wohn- geld für Sozialhilfeempfänger sollten künftig ähnlich wie bereits bei allen übrigen Wohngeldempfängern Höchstbeträge gelten. Diese Deckelung – ohne Eingriff in den status quo! – würde nach unserer Einschätzung den zu erwartenden weiteren Anstieg der Wohngeldaus- gaben von Bund und Ländern gebremst haben. Dies wä- re ein wichtiger Einstieg in eine Wohngeldreform gewe- sen. Die SPD hat hierzu nein gesagt. In Haushaltsanträgen der SPD sind Verbesserungen um 500 Millionen DM als nicht akzeptabel bezeichnet worden. Kollege Großmann, jetzt Parlamentarischer Staatssekretär im dafür fachlich zuständigen Ministerium, hat insgesamt 1,5 Milliarden DM für erforderlich gehalten. Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot- grün haben jetzt die Chance das umzusetzen, was Sie versprochen haben. Und dazu gehört, daß auch die Zu- sagen des Bundeskanzlers Gerhard Schröder eingelöst werden. In Schröders Wahlaussagen ist eine Wohn- geldreform so schnell wie möglich versprochen worden. Und die Grünen haben durch Joschka Fischer eine Wohngeldreform spätestens zum 1. Juli 1999 angekün- digt. Auf klare Fragen im Ausschuß nach der Zukunft des Wohngeldes sind unklare, verschwommene Antworten gegeben worden. Dabei haben viele Mieter in unserem Land nach der Bundestagswahl erwartet, daß SPD und Grüne die von ihnen versprochene Wohngeldreform schnell verwirklichen. Bis heute liegen nicht mal an- deutungsweise konkrete Überlegungen auf dem Tisch. Rotgrün hat offenbar weder ein Konzept noch das Geld für eine Wohngeldreform. Zu einer Ausrede sollten Sie, Herr Großmann, sich dabei nicht flüchten: Ihre Behauptung (so am letzten Freitag in der ARGEBau), Sie hätten im BM Bau kaum Vorarbeiten vorgefunden, ist zu billig und eine Beleidi- gung der Beamten, die nicht erst seit dem 27. September 1998 an der Reform arbeiten. Rotgrün muß erkennen, daß sie mit ihrem Nein zu unserem Vorschlag eines Einstiegs in eine Wohngeldre- form eine große Chance verpaßt haben. Hätten sie Ja ge- sagt, hätten alle Empfänger von Wohngeld im Schnitt eine Erhöhung von 38 DM ab 1. Januar 1999 gehabt. Hören Sie bitte genau zu: 38 DM! Das wäre noch mehr gewesen, als die von Ihnen so gefeierte Kindergeldlö- sung. Und sie wäre finanziert gewesen. Durch Ihr Nein fehlt die Wohngelderhöhung, fehlt dieses Geld allen Wohngeldempfängern ab 1. Januar 1999. Dafür gibt es durch Rotgrün eine zusätzliche Bela- stung durch die sogenannte Ökosteuer, die in erster Li- nie Steuererhöhung und Einführung einer neuen Strom- steuer ist, mit der Sie die privaten Haushalte belasten. Sie tragen dazu bei, daß die Wohnnebenkosten sich weiter zu einer zweiten Miete entwickeln und die Bürger doppelt zahlen müssen, nämlich einmal über die Ener- giesteuern und zweitens, weil diese Energiesteuern auch durch die Kommunen zu zahlen sind. Das heißt konkret höhere Gebühren vom Kindergarten bis zur Straßenrei- nigung. Zur Wohngeldreform sind unsere Forderungen klar und deutlich: Wir erwarten, daß die Bundesregierung so schnell wie möglich, in Verbindung mit der Haushalts- vorlage einen Gesetzesvorschlag vorlegt. Wir gehen da- von aus, daß in diesem Gesetzesvorschlag eine Verein- fachung, eine Vereinheitlichung mit anderen Leistungs- gesetzen der Wohnungsbauförderung sowie strukturel- len Verbesserungen und zwar als gesamtdeutsche Wohngeldreform enthalten sind. Ein Wort zum Wohnraummodernisierungsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Über 700 000 Plattenbauten sind mit diesen Mitteln saniert worden. Das entspricht etwa einem Drittel aller Platten- bauwohnungen in den neuen Ländern. Ich bin überzeugt davon, daß dies ein erfolgreiches Programm ist für die Menschen in den neuen Bundesländern. Dieses Pro- gramm kann sich sehen lassen. CDU/CSU und F.D.P. haben deshalb 1997 für das Jahr 1998 eine Aufstockung um noch einmal 10 Milliarden DM auf 70 Milliarden DM ermöglicht, weil dadurch die mittelständische Bau- wirtschaft und das Handwerk vor Ort gestärkt und sta- bilisiert wurde. Unsere Praxis der Wohnungsbauförderung zeigte ein erfolgreiches Zusammenwirken von Modernisierung der Wohnungen und Verbesserung des Wohnumfeldes. Wir haben damit auch einen Beitrag zur sozialen Stabilisie- rung in den Städten geleistet. Für die Fortsetzung des Programms erwarten wir eine konstruktive Aussage der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Vorlage des Haushalts. Wir erwarten auch Vorschläge, daß der gemeinsam kritisierte Belastungssprung nach fünf Jah- ren vermieden wird. Wir sagen Ja zu einer Fortführung des Programms, um die mittelständische Bauwirtschaft und das Hand- werk vor Ort zu stärken und weiterhin zu stabilisieren. Wir sagen Ja zu einer Fortführung einer Maßnahme, von der CDU/CSU und F.D.P. sagen können: Auch hier können wir auf konkrete Erfolge verweisen! Wolfgang Spanier (SPD): Es ist selten, daß alle Fraktionen in diesem Hause in einer sozialpolitischen Frage übereinstimmen. Beim Wohngeld ist dies der Fall. Alle Fraktionen stimmen überein in der Beschreibung der sozialen Schieflage, die dadurch entstanden ist, daß das Wohngeld seit 1990 nicht an die Einkommensent- wicklung und nicht an die Mietenentwicklung angepaßt worden ist. Faktisch ist das Wohngeld seit Jahren radikal gekürzt worden; das Wohnen ist teurer geworden, das Wohngeld geringer. F.D.P. und CDU/CSU mahnen die Bundesregierung zur Eile. Die F.D.P. fordert in ihrem Antrag „die unver- zügliche Vorlage einer Leistungs- und Strukturnovelle des Wohngeldgesetzes“. Die CDU/CSU-Fraktion er- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 971 (A) (C) (B) (D) wartet, „daß die Bundesregierung so schnell wie mög- lich einen Gesetzesvorschlag für die Wohngeldreform dem Deutschen Bundestag vorlegen wird.“ Das ist schon verwunderlich, wenn man bedenkt, daß beide Fraktionen und die abgewählte Bundesregierung im 13. Deutschen Bundestag Gelegenheit hatten, endlich diesen Gesetz- entwurf zur Wohngeldreform vorzulegen, daß dies aber trotz vieler Ankündigungen ihrer Bundesbauminister in diesen Jahren nicht erfolgt ist und daß ganz im Gegenteil immer wieder auch hier in diesem Haus geäußerte Ver- sprechungen schlicht und einfach gebrochen wurden. Die Problemlage beschreib die PDS in ihrem Gesetz- entwurf zu einem Wohngeldanpassungsgesetz zutref- fend. Seit Jahren schon erfüllt das Wohngeldgesetz nicht mehr seine ihm ursprünglich zugedachte Funktion: Es sollte einkommensschwachen Haushalten helfen, sich mit ausreichenden Wohnraum zu versorgen, und die Mietbelastung für einkommensschwache Haushalte in erträglichen Grenzen halten. Diese Funktion erfüllt das Wohngeldgesetz nicht mehr. Ich will das an einem Bei- spiel aus meinem Wahlkreis deutlich machen. Eine Rentnerin mit 1 250 DM monatlicher Rente und einer Wohnkostenbelastung von zirka 620 DM in einer, was die Ausstattung und Größe betrifft, völlig angemessenen Wohnung hat nach Abzug des Beitrags zur Krankenver- sicherung monatlich lediglich 550 DM zur Verfügung. Die Mietbelastung liegt bei fast 50 Prozent, dennoch hat sie keinen Anspruch auf Wohngeld. An diesem Beispiel wird deutlich, daß das Wohngeld völlig unzureichend ist und seinen ursprünglichen Zweck nicht mehr er- füllt. Wenn wir es ernst meinen mit dem sozialpoliti- schen Ziel des Wohngeldes, müssen wir endlich han- deln. Dennoch lehnt die SPD-Bundestagesfraktion den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Die PDS will im Vor- griff auf eine allgemeine Reform des Wohngeldgesetzes zum 1. Januar 1999 die Miethöchstbeträge anheben und gleichzeitig auch eine Anpassung der Einkommensgren- zen vornehmen. Dieser Gesetzentwurf und auch die Vorgehensweise der PDS sind allen nur allzu bekannt. Erneut kommt die PDS in allerletzter Sekunde und zu einem Zeitpunkt, wo allen klar ist, daß der Termin des Inkrafttretens, der 1. Januar 1999, völlig unrealistisch ist. Es ist auch der PDS sicherlich klar, daß in der Zeit seit der Einbringung des Antrags mit Datum vom 5. No- vember 1998 das Verfahren der Gesetzgebung, das na- türlich eine Abstimmung mit den Ländern beinhaltet, nicht zu leisten ist und daß auch der notwendige Vorlauf für die Verwaltung in den Kommunen, die das ja umset- zen muß, nicht gegeben ist. Zudem ist eine vorgezogene Härtefallregelung auch überflüssig, weil im nächsten Jahr – und hier haben wir eine klare Aussage des Mi- nisters Franz Müntefering –, im ersten Halbjahr, ein Entwurf einer Gesamtdeutschen Strukturnovelle des Wohngeldgesetzes vorgelegt wird und dieses Gesetz dann, so ebenfalls die Zusage des Fachministers, noch im Jahre 1999 in Kraft treten wird. Daß dem Gesetzent- wurf der PDS eine seriöse Finanzierung fehlt, will ich nur der Ordnung halber ergänzen. Wir brauchen eine ge- samtdeutsche Wohngeldreform! Nicht nur eine Anpas- sung an die Mietentwicklung und die Einkommensent- wicklung, sondern strukturelle Veränderungen. Ich will im folgenden einige Aspekte ansprechen, die deutlich machen, wo zur Zeit die strukturellen Probleme unseres jetzigen Wohngeldgesetzes liegen, die bei einer Wohngeldreform beseitigt werden sollen. Zunächst ein- mal sage ich mit besonderer Betonung in die Richtung der Regionalpartei PDS: Die derzeitige Regelung enthält massive soziale Verwerfungen zwischen dem Wohngeld West und dem Wohngeld Ost. Ich will das an einem Beispiel belegen: Bei 1 190 DM monatlichem Einkom- men, z.B. einer Rentnerin, und bei Mietstufe III einer vor 1996 fertiggestellten Wohnung mit Bad und Sam- melheizung beträgt der Wohngeldanspruch in den alten Bundesländern 12 DM und in den neuen Bundesländern 80 DM. Dieser beträchtliche Unterschied ist nicht zu rechtfertigen. In einer Wohngeldreform muß diese Un- gleichbehandlung beseitigt werden. Die Miethöchstbe- träge einfach undifferenziert anzuheben reicht also nicht aus. Zusätzlich müssen wir sehen, wie wir Anreize schaf- fen, auch ältere und einfachere Wohnungen anzumieten. Ich halte das für einen wichtigen Punkt. Eine strukturelle Wohngeldreform muß darüber hinaus die Unterversor- gung vor allem von Haushalten mit vier und mehr Per- sonen, das heißt, Familien mit Kindern, endlich durch eine zweckmäßigere Tarifgestaltung beseitigen. Die jet- zige Höchstbetragstabelle benachteiligt aber auch kleine Haushalte, denn die Quadratmetermieten kleiner Woh- nungen sind bekanntlich höher. Auch hier müssen die Höchstbetragstabellen modifiziert werden. Wir brauchen dringend eine Vereinfachung: Wenn Sie sich die Rege- lung für die alten und die neuen Bundesländern einmal anschauen, sehen Sie, daß die Regelungen aus guten Gründen in den neuen Bundesländern deutlich einfacher sind, das heißt, wir müssen prüfen, ob es bei den bishe- rigen Baualtersklassen bleibt. Eine Wohngeldreform muß die besondere Situation der Ballungsgebiete stärker berücksichtigen, weil wir hier in den letzten Jahren ge- radezu eine Mietenexplosion festzustellen haben. Lassen Sie mich noch einige persönliche Anmerkun- gen zum pauschalierten Wohngeld machen. Die F.D.P. schlägt beim pauschalierten Wohngeld die Einführung von Mietobergrenzen vor. Wenn dahinter die Absicht steht, Mittel für das pauschalierte Wohngeld zu kürzen oder zu deckeln, dann kann ich nur bekräftigen, was die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD im Mai diesen Jahres in ihren Entschließungsanträgen zum Wohngeld- und Mietenbericht festgestellt haben: „Die geplante Kappung des pauschalierten Wohngeldes zu Lasten der Kommunen ist nicht hinnehmbar“; es ist „von allen Überlegungen Abstand zu nehmen, die den Ländern und Gemeinden durch eine Neugestaltung des pauschalierten Wohngeldes Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe aufbürden“. Das war einer der Schwach- punkte Ihres kläglichen Eckpunktepapiers in der letzten Legislaturperiode. Das Ungleichgewicht zwischen Pau- schal- und Tabellenwohngeld läßt sich sinnvoll nur durch die Verbesserung des Tabellenwohngeldes besei- tigen. Mit der von der alten Bundesregierung prakti- zierten Verlagerung von Kosten auf die Kommunen als Sozialhilfeträger muß endlich Schluß sein. Grundsätzlich gilt: Wir sollten die anstehende Wohn- geldreform als Chance sehen, die notwendige Hilfe des Staates für die Haushalte, die sich nicht aus eigener 972 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 (A) (C) (B) (D) Kraft mit angemessenem Wohnraum versorgen können, so treffsicher, so gezielt zu gestalten, daß das Wohn- geldgesetz seine eigentliche Aufgabe wieder erfüllt. Deshalb reicht eine Härtefallregelung nicht aus. Deshalb ist es richtig, die anstehende Wohngeldreform sorgfältig vorzubereiten. Deshalb ist es richtig, das Gespräch mit den Ländern zu suchen. Wir unterstützen die Zusage des Ministers, daß in 1999 die Wohngeldreform als Gesetz- entwurf vorgelegt wird und daß sie noch 1999 in Kraft tritt. Anlage 9 Amtliche Mitteilung Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit- geteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Ausschuß für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-schätzung Unterrichtung durch die Bundesregierung Faktenbericht 1998zum Bundesbericht Forschung– Drucksachen 13/11091, 13/11203 Nr. 5 – Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Eckhart Pick auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) (Drucksache 14/143, Frage 54) (Plenarprotokoll 14/13, Seite 797 A) Auf der Grundlage welcher Ergebnisse von Untersuchun-gen/Umfragen kommt die Bundesministerin der Justiz zu derFeststellung, „heute werden Ladendiebstähle im Wert bis150 DM de facto in keinem Bundesland verfolgt“ (Interview inder Süddeutschen Zeitung vom 30. November 1998, S. 9), undwelche Einstellungskriterien nach § 153 der Strafprozeßordnunggelten für die Staatsanwaltschaften tatsächlich in den einzelnenBundesländern? In Folge der Erhöhungen der Berufungssumme durch das Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17. Dezem- ber 1990 (BGBl. I S. 2847) von 700 auf 1 200 DM und durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) auf 1 500 DM ist die Zahl der erstinstanzlichen Urteile des Amtsgerichts, die gleichzeitig letztinstanzliche Urteile sind, auf 41,7% der erledigten Gesamtverfahren angestiegen (Quelle: Stati- stisches Bundesamt Wiesbaden, Arbeitsunterlage Zivil- gerichte, 1997, S. 26, laufende Nummern 11 bis 13). Bei einer weiteren Erhöhung der Berufungssumme von 1 500 auf 2 000 DM, wie sie im Bundesratsentwurf ei- nes Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Ge- richtsbarkeit in der letzten Legislaturperiode vorgesehen war (BT-Drucksache 13/6398), hätte unter Zugrundele- gung der Erledigungszahlen für 1995 bei den Amtsge- richten dazu geführt, daß ca. 51,3% der Verfahren auf den Streitwertbereich nur bis 2 000 DM entfallen wäre und damit als letztinstanzliche Entscheidungen gelten müßten (Stellungnahme der Bundesregierung zum Bun- desratsentwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit, BT-Drucksache 13/6398, S. 46, Nr. 13). Darauf hat die Bundesministerin der Justiz hingewiesen. Insoweit wurde ihre Aussage in der zitierten AP-Meldung nicht im richtigen Zusammenhang wiedergegeben. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    – Ach, Frau
    Kollegin Rönsch, es ist so, und jeder sieht es.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Flegelhaft!)

    Mir liegt jedenfalls daran, Herr Bundeskanzler, deut-

    lich zu machen, daß es vielleicht richtig gewesen wäre –
    gerade auch im Rahmen Ihrer persönlichen Verantwor-
    tung und auf Grund des vorangegangenen eigenen Tuns
    und Redens –, wenn Sie heute als jemand, der in seinem
    früheren Amt als Ministerpräsident geradezu der Prota-
    gonist derjenigen gewesen ist, die die Skepsis gegenüber
    der Europäischen Währungsunion systematisch geför-
    dert haben, gesagt hätten: Ich habe nicht recht gehabt.
    Der Euro hat sich bewährt. Ich stelle mich auf die
    Grundlage dieser Entscheidung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Stoiber!)


    Auch die Osterweiterung ist nicht nur im Interesse
    der Beitrittskandidaten. Wenn wir begreifen, warum Eu-
    ropa in diesen 50 Jahren so wichtig gewesen ist, und
    wenn wir daraus die richtigen Konsequenzen für die
    nächsten 50 Jahre ziehen, dann ist es die allerwichtigste
    Aufgabe, daß es gelingt, ganz Europa zu einem Konti-
    nent von Frieden, Stabilität, wirtschaftlicher, demokrati-
    scher, sozialer und ökologischer Entwicklung zu ma-
    chen. Durch den Beitritt unserer Nachbarn in Osteuropa
    die Überwindung der europäischen Spaltung, die
    1989 mit dem Fall von Mauer und Stacheldraht begon-
    nen hat, zu vollenden, das ist das wichtigste Projekt,
    auch und gerade im deutschen Interesse, meine Damen
    und Herren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Natürlich ist es richtig, unbestritten und unbestreitbar,

    daß dazu nicht nur in den Beitrittsländern die Vorausset-
    zungen geschaffen werden müssen, sondern daß dazu
    auch die Europäische Union ihren Reformprozeß be-
    wältigen muß: die Agenda 2000, Finanzreform, Reform
    der Strukturpolitik, Reform der Agrarpolitik. Herr Bun-
    deskanzler, es ist ein wenig aufgefallen, daß Sie zum
    Thema Agrarpolitik, zu einem der wichtigsten und
    schwierigsten Reformvorhaben der deutschen Präsident-
    schaft, nicht ein einziges Wort gesagt haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Im geschriebenen Text, dem Entwurf Ihrer Regierungs-
    erklärung, ist es enthalten, aber da das gesprochene
    Wort gilt, fehlt es. Es wurde kein Wort zur Agrarpolitik
    gesagt. Hochinteressant! Vielleicht haben Sie dazu

    nichts zu sagen. Vielleicht scheint es Ihnen auch nicht
    wichtig genug. Mir ist jedenfalls wichtig zu sagen: Zu
    den schwierigsten Reformvorhaben im Rahmen der
    Agenda 2000 gehört die Agrarpolitik, und wir müssen
    die Agrarpolitik so reformieren, daß die deutschen
    Landwirte auch in Zukunft die Chance auf Lebensfähig-
    keit haben. Das muß gesagt werden!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Eine Regierung, die am Tag vor dem Europäischen

    Rat in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers kein
    Wort zur Agrarpolitik sagt, gerät in Verdacht, daß sie
    die Interessen der deutschen Landwirtschaft und des
    ländlichen Raums in Deutschland in der europäischen
    Politik und bei ihrer Ratspräsidentschaft nicht hinrei-
    chend wahrnimmt. Sonst hätten Sie dazu ein Wort sagen
    müssen!


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Widerpsruch bei der SPD)


    Natürlich haben Sie ein ungeheuer schwieriges Pro-
    gramm vor sich. Das gilt für jede deutsche Präsident-
    schaft, wer immer regiert. Sie regieren. Natürlich wer-
    den Sie am Ende der deutschen Präsidentschaft auch
    Kompromisse schließen müssen. Dafür haben Sie heute
    schon geworben. In Ordnung! Es geht nicht anders in
    einer Union. Nur, Herr Bundeskanzler, wenn Sie für die
    Notwendigkeit von Kompromissen am Ende Ihrer Präsi-
    dentschaft heute schon für Verständnis werben – dieses
    Verständnis unterstütze ich als Führer der Opposition –,
    so müssen Sie natürlich mit Kompromissen, die Ihre
    Vorgängerregierung erfolgreich geschlossen hat, anders
    umgehen, als Sie es in Wort und Inhalt bezüglich des
    Edinburgh-Gipfels tun. Das ist doch unglaublich!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie reden – dabei sind Sie vom Manuskript abgewichen,
    und dann wird es nicht mehr so staatsmännisch, dann
    klingt es fast so wie vor zwei Tagen in Saarbrücken,
    worauf wir noch zu sprechen kommen – hier so, als
    hätten der Bundeskanzler Kohl und die frühere Regie-
    rung im Jahre 1992 nicht im deutschen Interesse in Eu-
    ropa gehandelt. Ich sage Ihnen: Die Zustimmung Eu-
    ropas zur deutschen Einheit zu erreichen war eine der
    größten Leistungen von Bundeskanzler Kohl und der
    früheren Regierung. Natürlich mußten dazu in Edin-
    burgh Kompromisse geschlossen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie haben das Ergebnis doch damals begrüßt. Der SPD-
    Vorsitzende war damals noch Björn Engholm. Er hat er-
    klärt – ich habe die Presseerklärung einmal mitgenom-
    men –: Der Gipfel von Edinburgh hat einen Kollaps ver-
    hindert. Die nationalen Regierungen haben bei ihren In-
    teressen vorläufig untereinander auf einen konsensfähi-
    gen Kompromiß abgestellt. – Herr Bundeskanzler, ste-
    hen Sie zu dem, was Sie damals selbst auch im Bundes-
    rat unterstützt haben. Es war ein Kompromiß, und er war
    richtig im deutschen Interesse. Er hat erreicht, daß die
    ostdeutschen Länder in die EU-Förderung einbezogen
    worden sind. Eine große Leistung! Wenn Sie heute mit
    einem solchen Kompromiß so umgehen, dann sage ich

    826 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998


    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Ihnen: Verzichten Sie lieber auf die deutsche Präsident-
    schaft! Sie werden niemals ein Ergebnis erreichen, das
    Ihren Maßstäben gerecht werden kann. Das ist der
    Punkt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Lachen bei der SPD)


    Wenn die Aufgabe schwierig ist – und das ist sie für
    jede deutsche Regierung, wer immer regiert –, dann,
    finde ich, Herr Bundeskanzler, sollten Sie sich diese
    Aufgabe nicht zusätzlich erschweren. Das, was Sie und
    andere herausragende Mitglieder – von der Position her
    herausragende Mitglieder – Ihrer Regierung in den letz-
    ten Tagen und Wochen gemacht haben, hat Ihre Aufga-
    be in der deutschen Präsidentschaft erheblich erschwert,
    und das schadet den deutschen Interessen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Herr SPD-Vorsitzende und Bundesfinanzminister

    hat ja dieser Tage den Satz gesagt – den muß man sich
    auf der Zunge zergehen lassen –: Selten hat eine Regie-
    rung einen solchen Start hingelegt. – Herr Lafontaine,
    wo Sie recht haben, haben Sie recht. Das ist gar keine
    Frage.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Selten hat eine Regierung in so wenigen Tagen soviel
    Unsinn und soviel Chaos angerichtet, soviel korrigieren
    müssen. Sie haben ja inzwischen schon mehr korrigiert,
    als Sie von Ihren Ankündigungen überhaupt auf den
    Weg gebracht haben. Das ist doch die Wahrheit.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Das gilt nicht nur für die Wirtschafts-, Finanz- und
    Sozialpolitik, auch für die Gesundheitspolitik – die De-
    batte zwischen Herrn Dreßler und Frau Fischer ist ja nur
    ein neues Beispiel dafür –, nein, viel schlimmer ist, daß
    Sie, Herr Bundeskanzler, in wenigen Wochen das Anse-
    hen Deutschlands erheblich beschädigt haben,


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


    daß Sie das Vertrauenskapital, das alle Regierungen in
    50 Jahren Schritt für Schritt aufgebaut haben, in einer
    Weise gefährden, wie es völlig inakzeptabel ist und wie
    ich mir auch nicht vorgestellt habe, daß das in wenigen
    Wochen geschehen könnte. Ich nenne ein paar Beispiele.


    (Zurufe von der SPD)

    – Ja, schreien Sie nur! Das hören Sie nicht gerne.


    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wer schreit denn? – Weitere Zurufe von der SPD: Wir rufen dazwischen! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welchem Land lebt der Mann?)


    Der Bundesfinanzminister hat mit seinen Vorstößen,
    die Unabhängigkeit von Notenbanken, von Bundes-
    bank wie Europäischer Zentralbank, in Frage zu stellen,
    ganz vorsichtig gesagt, große Irritationen nicht nur in
    Deutschland, sondern beispielsweise auch in Großbri-

    tannien ausgelöst. Daran gibt es doch überhaupt keinen
    Zweifel.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Vorstellung, in Europa durch die Gemeinschaft der
    Sozialisten und Sozialdemokraten immer mehr zu re-
    glementieren und zu regulieren, entspricht nicht den
    Vorstellungen nicht nur der Christlich Demokratischen
    Union, sondern auch vieler, die in Europa stärker auf die
    Kräfte der Freiheit vertrauen.

    Der Bundesaußenminister trägt für sich selbst und im
    übrigen auch für seinen Staatsminister – damit das klar
    ist, Herr Fischer – die Verantwortung. Entweder Sie
    müssen ihn entlassen, oder Sie müssen ihn wenigstens
    zur Ruhe bringen. Ihre Kompromisse zwischen Realos
    und Fundis können Sie auf Parteitagen der Grünen ma-
    chen; in Verantwortung für die Bundesrepublik
    Deutschland geht das nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn man von den deutschen Beamten des auswärti-

    gen Dienstes in diesen Tagen des NATO-Rates aus
    Brüssel – und die haben Sie ja wirklich nicht mit einem
    Mangel an Loyalität empfangen; da gibt es nichts zu
    kritisieren – lesen und hören konnte, mühsam habe man
    erreicht, daß Deutschland unter den Europäern auch in
    Fragen der Sicherheitspolitik als gleichberechtigt aner-
    kannt werde, und jetzt sei man durch den unseligen Vor-
    stoß des Bundesaußenministers wieder in die zweite
    Reihe zurückgeworfen,


    (Zuruf von der SPD: Wer sagt das denn?)

    dann ist das doch nur die Kommentierung eines Vor-
    ganges, den es unter dem Bundeskanzler Kohl nicht ge-
    geben hätte:


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    daß nämlich der britische Premierminister und der fran-
    zösische Staatspräsident sich in Saint Malo treffen, eine
    neue Initiative zur Sicherheitspolitik in der Europäi-
    schen Union miteinander verabreden und daß Deutsch-
    land dabei nicht beteiligt ist. Wir haben in 50 Jahren er-
    reicht, daß wir darüber hinweg sind, und Sie haben es in
    vier Wochen geschafft, daß wir wieder zurückfallen.
    Deswegen sage ich: Sie schaden Deutschland! Sie nüt-
    zen den deutschen Interessen nicht, sondern Sie schaden
    Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Das glauben Sie doch sel ber nicht!)

    Glauben Sie wirklich, daß Sie in Frankreich mit Ihren

    Alleingängen in der Energiepolitik Zustimmung finden?
    Da nützt alle Genossensolidarität nichts. Glauben Sie
    wirklich, daß Sie mit der Art, wie Sie in Form und Inhalt
    vor zwei Tagen auf dem Kongreß Ihrer Partei in Saar-
    brücken gesprochen haben, den deutschen Interessen
    nützen? Sie appellierten populistisch an vermeintliche
    Interessen in Deutschland, indem Sie in einer ganz ande-
    ren Sprache als hier im Deutschen Bundestag redeten.


    (Zuruf von der SPD)


    Dr. Wolfgang Schäuble

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 827


    (A) (C)



    (B) (D)


    – Wenn die Agenturmeldungen stimmen, haben Sie
    doch in Saarbrücken gesagt, die Zeiten seien vorbei, in
    denen jede Krise in Europa durch den Griff in die Kasse
    des deutschen Steuerzahlers gelöst werden könne.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stoiber!)


    Glauben Sie wirklich, daß Sie so den deutschen Interes-
    sen dienen, Herr Bundeskanzler? Mit diesem unverant-
    wortlichen populistischen Gerede schaden Sie den deut-
    schen Interessen. Das ist der Punkt!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie Herrn Stoiber auch einmal erzählen!)


    – Der Bayerische Ministerpräsident redet niemals ver-
    antwortungslos, sondern immer sehr verantwortungsbe-
    wußt.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    – Sie werden nicht einen einzigen anderen Satz finden.
    Wenn wir aber schon dabei sind, Herr Bundeskanzler,

    Herr Ministerpräsident außer Diensten: Ich finde es
    schon bemerkenswert, daß Sie vier Wochen, nachdem
    Sie nicht mehr Ministerpräsident sind, als Bundeskanz-
    ler den Ministerpräsidenten eines der größten und er-
    folgreichsten Bundesländer zum Regionalpolitiker erklä-
    ren. Was sind Sie eigentlich bis vor vier Wochen gewe-
    sen, Herr Schröder?


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Damit komme ich gleich zum nächsten Punkt. Ich
    finde auch bemerkenswert, wie Sie einen Widerspruch
    schaffen. Heute haben Sie im Gegensatz zu Ihrer Regie-
    rungserklärung vor ein paar Wochen sogar das Wort
    Subsidiarität verwendet. Was Sie dazu allerdings an
    Inhalten gesagt haben, war so unverbindlich wie alles,
    was Sie bisher an Regierungserklärungen abgegeben ha-
    ben.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Wie der ganze Mensch!)


    In der Sache selber gibt es allerdings einen Wider-
    spruch, und darauf möchte ich aufmerksam machen.
    Natürlich formulieren Sie es in Ihrer heutigen Regie-
    rungserklärung vorsichtig – das ist ja auch die Aufgabe
    von Apparaten und Ministerien; das ist in Ordnung –,
    aber die Wirkung, die Sie mit dem, was Sie europäische
    Beschäftigungspolitik und europäischen Beschäfti-
    gungspakt nennen, erzielen wollen, ist doch die, daß die
    Menschen glauben sollen, in Zukunft sei Europa, sei die
    Europäische Union für den Arbeitsmarkt und die Be-
    schäftigung zuständig; und wenn die Arbeitslosigkeit
    nicht zurückgeht, ist Europa daran schuld. Daß die Men-
    schen das glauben, ist doch Ihre Absicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Er hat nicht zugehört!)


    Wir kennen Sie aber nun. Solange Sie Regionalpoliti-
    ker in Hannover waren, haben Sie auf die Frage, warum
    die Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen doppelt so
    hoch wie in Bayern oder Baden-Württemberg sei, ge-
    antwortet, Sie verfügten nicht über die Makroökonomie.
    Jetzt sind Sie Bundeskanzler, also in Ihrer Vorstel-
    lungswelt für die Makroökonomie zuständig. Jetzt aber
    sagen Sie, Brüssel sei dafür verantwortlich, um heute
    schon das Alibi und die Ausrede für Ihre Mißerfolge zu
    konstruieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich füge gleich hinzu: Ich bin grundsätzlich gegentei-

    liger Auffassung. Ich glaube, wir werden in dieser Welt
    der Globalisierung, der ungeheuer schnellen Verände-
    rungen, in der sich durch die wirtschaftliche Wettbe-
    werbssituation am Arbeitsmarkt die Dinge so rasant ver-
    ändern, in einer Welt im Übergang zur Dienstleistungs-
    gesellschaft und ins Informationszeitalter die Probleme
    gerade nicht lösen, wenn wir die Lösung bei immer hö-
    heren und zentralistischen bürokratischen Ebenen und
    Regulierungen suchen, sondern nur, indem wir die
    Kräfte der Freiheit, der Vielfalt, der Ideen, der Kreati-
    vität, der Nähe und Eigenverantwortung sowie der frei-
    willigen Solidarität mobilisieren. Deswegen ist alles das,
    was Sie in Konsensrunden konstruieren, zwar Ihr gutes
    Recht, aber es entbindet die Menschen nicht von ihrer
    eigenen Verantwortung.

    Sie schauen jetzt nach Brüssel und auf einen europäi-
    schen Beschäftigungspakt – und was dergleichen
    Schlagworte mehr sind. Gleichzeitig machen Sie eine
    Steuer- und Abgabenpolitik, die die Freiräume für
    Mittelstand und Unternehmen weiter verringert. Gleich-
    zeitig machen Sie eine Politik, die die einzelnen von der
    Vorsorge, von der Solidarität und der sozialen Fürsorge
    für andere entbinden soll, also die bürgernähere Ebene
    schwächen soll. Gleichzeitig machen Sie eine Politik, in
    der es nur noch um die Vertreter großer Interessen und
    um die Verteidigung großer Besitzstände geht. Der
    Glaube, man könne, indem man die Menschen alle mit
    60 in Rente schickt, die Probleme der Beschäftigung lö-
    sen und die Zukunft gewinnen, ist doch absurd. Es ist
    genau die falsche Richtung. Nicht mehr Regulierung
    und Zentralismus, sondern mehr Freiheit, Eigenverant-
    wortung, Kreativität und Subsidiarität sind der bessere
    Weg, um die Zukunftsprobleme zu meistern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zugestanden, Sie werden von uns am Ende der deut-

    schen Präsidentschaft im Juni fairer beurteilt werden, als
    Sie mit den Erfolgen und Leistungen von Helmut Kohl
    und der früheren Regierung umgegangen sind. Das sage
    ich Ihnen schon heute zu. Wir wissen, daß man Kom-
    promisse in Europa schließen muß. Wer europäische
    Einigung will, der kann nicht mit dem Kopf durch die
    Wand und kann nicht sagen: Am deutschen Wesen soll
    die Welt genesen. Er sollte aber auch nicht sagen: Die
    deutsche Kasse steht nicht mehr wie in der Vergangen-
    heit für die Lösung von Krisen in Europa zur Verfü-
    gung; vielmehr sollte er weiter zur Solidarität bereit
    sein.

    Dr. Wolfgang Schäuble

    828 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998


    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Sie machen nach meiner Überzeugung einen großen
    Fehler, wenn Sie glauben, Sie müßten mit Ihrem Reden
    an Instinkte von Teilen in unserer Bevölkerung appellie-
    ren, die gegenüber europäischen Entwicklungen skep-
    tisch sind.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Damit nützen Sie den deutschen Interessen nicht, auch
    wenn Sie es noch so lautstark im Mund führen; vielmehr
    schaden Sie den deutschen Interessen. Es ist viel besser,
    wir blieben in Europa integrations- und kooperationsfä-
    hig und wir könnten in Europa mit unseren Partnern Zu-
    stimmung für unsere Vorstellung gewinnen, als daß wir
    mit unverantwortlichen Redereien, wie Sie sie in der
    Nachmittagsstimmung von Saarbrücken zustande ge-
    bracht haben, den Karren vor die Wand fahren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich gebe Ihnen noch einen Rat. Sie sollten den Ver-

    such aufgeben, den Partnern in Europa zu sagen: Jetzt ist
    Schluß mit lustig, und die Deutschen zahlen nicht mehr.
    Sie sollten die Osterweiterung nicht so ambivalent be-
    handeln, wie sie in der internationalen Presse verstanden
    worden ist. Unsere Nachbarn in Polen glauben Ihnen
    nicht, daß Sie Anwalt der Interessen der Nachbarn in
    Osteuropa sein wollen, weil Sie mit Ihrem Reden dieses
    Vertrauen zerstört haben. Bundeskanzler Kohl und Au-
    ßenminister Kinkel haben unsere Nachbarn geglaubt,
    und Bundeskanzler Schröder glauben sie es vorläufig
    nicht, weil Sie anders geredet haben. Sie haben Vertrau-
    en zerstört, auch bei unseren Nachbarn.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Weil nun gerade einmal die parteipolitischen Mehr-

    heiten in einer Reihe von Mitgliedsländern Ihnen gün-
    stig erscheinen, sollten Sie den Versuch aufgeben, durch
    europäische Politik parteipolitisch einseitig durchmar-
    schieren zu wollen. Herr Bundesfinanzminister und
    SPD-Vorsitzender Lafontaine, das hat es in der Ge-
    schichte noch nicht gegeben, daß die Finanzminister
    einer parteipolitischen Richtung quasi in einem Treffen
    von elfen, so einer Art Fraktionsbildung der Finanzmi-
    nister, waren. Ich sage Ihnen: So werden Sie in Europa
    nicht vorankommen. Die politische Vielfalt in Europa ist
    größer als der überhebliche Drang von Rotgrün, weil Sie
    einmal eine Wahl gewonnen haben, jetzt durchzumar-
    schieren. Dieser Drang ist nur scheinbar richtig.


    (Widerspruch bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Da sprach der Wahlverlierer!)


    Setzen Sie weiterhin auf den Konsens aller Kräfte in
    Deutschland und in Europa, die für europäische Eini-
    gung und für atlantische Integration sind!

    Es war eine gute Tradition, daß wir Repräsentanz
    auch in hohen Ämtern europäischer Institutionen nicht
    parteipolitisch einseitig nur noch durch Koalitionsver-
    einbarungen zuteilen – das Vorschlagsrecht für den
    einen Posten haben die Grünen, das Vorschlagsrecht für
    den anderen Posten haben die Roten, und so geht es hin
    und her. Statt dessen sollten Sie ein Stück weit darauf
    setzen, daß wir alle politischen Kräfte, die für europäi-
    sche Einigung sind, auch weiterhin auf diesem Weg

    mitnehmen. Geben Sie es auf, zu glauben, Rotgrün
    könnte jetzt in Deutschland und Europa durchmarschie-
    ren! Sie werden schnell scheitern. Das wäre nicht meine
    größte Sorge. Aber meine Sorge ist, daß Sie auf diesem
    Wege den deutschen Interessen schaden. Das ist eine
    Gefahr für Deutschland.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Der beste Weg für Deutschland am Ende dieses Jahr-

    hunderts und an der Schwelle zum kommenden Jahr-
    hundert – das muß man immer und immer wieder sagen,
    und dafür muß man auch handeln und stehen, auch wenn
    es schwierig ist – ist, daß wir den Weg von Integration
    in ganz Europa weitergehen, daß wir berechenbare und
    verläßliche und angesehene und geachtete Partner im
    Atlantischen Bündnis bleiben, daß wir so unsere Ver-
    antwortung mit anderen zusammen für diese immer en-
    ger zusammenwachsende e i n e Welt wahrnehmen.
    Aber das heißt, daß wir deutsche Interessen nicht so de-
    finieren sollten, wie die Wirkung ist, die von Ihnen aus-
    geht, nämlich als gegen andere gerichtet. Deutsche In-
    teressen sind um so besser gewahrt, je mehr es uns ge-
    lingt, durch Fortschritte in der europäischen Politik
    deutsche Interessen in einem vereinten Europa durchzu-
    setzen. Das ist der Weg der Union. Daran werden wir
    Sie messen.

    Wir wünschen Ihnen – bei allen politischen Mei-
    nungsverschiedenheiten – für Ihre Präsidentschaft im
    deutschen und europäischen Interesse viel Erfolg. Aber
    ich rate Ihnen: Machen Sie sich die Last durch so ver-
    antwortungsloses Gerede wie in den vergangenen Wo-
    chen nicht zusätzlich schwer!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächster Redner hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion,
Peter Struck, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Struck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr
    verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schäuble,
    Ihre Aufgeregtheiten in der Debatte um den Gipfel in
    Wien


    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Er ist nicht aufgeregt gewesen! Er war sehr ernst!)


    und Anklagen in der Art, wie Sie sie hier gegenüber dem
    Herrn Bundeskanzler vorgetragen haben, lassen sich
    eigentlich nur durch die nach wie vor bei Ihnen zu beob-
    achtende Tendenz, daß Sie die Niederlage bei der Bun-
    destagswahl nicht verschmerzt haben, erklären – anders
    nicht.


    (Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


    Sie haben in Ihrer Rede, Herr Kollege Schäuble, in
    keiner Weise die Alternativen der CDU/CSU-Fraktion
    oder deren Erwartungen an die Bundesregierung für die-
    sen Gipfel formuliert. Im Gegenteil: Sie haben sich dar-
    auf beschränkt, die Vergangenheit zu loben. In der Tat
    gibt es da Punkte, die auch wir durchaus loben. Ich stehe
    überhaupt nicht an, das zu verschweigen. Auf der ande-

    Dr. Wolfgang Schäuble

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 829


    (A) (C)



    (B) (D)


    ren Seite unterstützt die sozialdemokratische Bundes-
    tagsfraktion die Ziele, die der Bundeskanzler in seiner
    Regierungserklärung formuliert hat, nachdrücklich.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir fordern auch Sie auf, meine Damen und Herren, be-
    stehende Gemeinsamkeiten hier im Parlament zu artiku-
    lieren.

    Es ist wahr: Während des Gipfels in Wien und vor
    allen Dingen während unserer Präsidentschaft wird ein
    hohes Maß an Verantwortung von allen beteiligten
    europäischen Staaten gefordert, denn mit den Entschei-
    dungen zur Agenda 2000 steht nicht nur die Neuordnung
    der wichtigsten internen Politikbereiche, nämlich der
    gemeinsamen Agrarpolitik – Herr Kollege Schäuble, der
    Bundeskanzler hat von der Agrarpolitik gesprochen; das
    ist Ihnen wahrscheinlich entgangen –


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das steht nur im Manuskript!)


    und der Strukturfonds, auf der Tagesordnung. Es geht
    um viel mehr: Wir müssen eine neue Finanzstruktur
    für die Europäische Union schaffen. Für diese Aufga-
    be werden auf dem Gipfel in Wien wichtige Weichen-
    stellungen vorgenommen. Dabei wird es darauf ankom-
    men, daß alle Mitgliedstaaten kompromißbereit sind;
    ohne diese Bereitschaft aller Mitgliedstaaten kann die
    Bundesregierung diese schwierige Aufgabe nicht mei-
    stern.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir wissen auch, daß der Erfolg unserer Präsident-

    schaft nicht allein von uns und von der Bundesregierung
    abhängt, sondern er hängt davon ab, daß wir alle Betei-
    ligten von unseren politischen Vorstellungen überzeugen
    können, und zwar ohne Zwang.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es wäre von Vorteil, meine sehr verehrten Damen
    und Herren von der Opposition, wenn wir im Deutschen
    Bundestag über die Fraktionen hinweg in zentralen
    europäischen Fragen zu einer Einigung kommen könn-
    ten.


    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Das muß man anders beginnen!)


    Es herrscht in diesem Haus große Übereinstimmung
    darüber – nun zitiere ich wörtlich –, daß die Festigung
    der Europäischen Union und die Fortsetzung des euro-
    päischen Einigungswerkes entscheidende Voraussetzun-
    gen für Frieden, Freiheit und Wohlstand in ganz Europa
    sind. Dies haben Sie, meine Damen und Herren von der
    Union, selbst so formuliert. Wir unterstreichen das. Ich
    biete Ihnen deshalb auch eine faire Zusammenarbeit in
    Fragen der Europapolitik während unserer Präsident-
    schaft an, sage Ihnen allerdings auch ganz deutlich, daß
    es sich hierbei um keine Einbahnstraße handeln darf.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich sage das auch schon vorsorglich – bei Herrn
    Schäuble wurde das eben deutlich –, weil sich schon

    jetzt zu Beginn unserer Legislaturperiode eine gewisse
    Geschichtsverfälschung oder Geschichtsklitterung bei
    Union und F.D.P. andeutet.

    Dafür drei Beispiele. Beispiel Nummer eins: Der
    Bayerische Ministerpräsident Stoiber, offensichtlich der
    neue europapolitische Inspirator der Union, wirft dem
    Bundeskanzler vor, einen schweren Fehler zu machen,
    weil er, wie er es ja auch eben vorgetragen hat, die Ver-
    handlungen über die Agenda 2000 schon im Frühjahr
    1999 abschließen will. Als Ratspräsident, so sagt Stoi-
    ber, müsse er bei der Entscheidung zu viele Kompromis-
    se machen. Das geht – ich zitiere jetzt Herrn Stoiber
    wörtlich aus der „Zeit“ – „am Ende auf Kosten der deut-
    schen Steuerzahler und zu Lasten der deutschen Interes-
    sen“. Unterschlagen hat dabei der designierte CSU-
    Vorsitzende allerdings, daß der Bundeskanzler, Gerhard
    Schröder, gar nicht Herr des Zeitplans ist.

    Der Bayerischen Staatskanzlei, die sich ja besonderer
    europapolitischer Fähigkeiten rühmt, dürfte nicht ent-
    gangen sein, daß der Fahrplan auf dem Europäischen
    Gipfel in Cardiff am 15. und 16. Juni 1998 unter maß-
    geblicher Mitwirkung des damaligen Bundeskanzlers
    Helmut Kohl festgelegt worden ist. Einstimmig einigten
    sich die Regierungschefs darauf, über die Agenda 2000
    auf einem Sondergipfel Ende März nächsten Jahres zu
    entscheiden. Sollte Bundeskanzler Schröder den Part-
    nern zu Beginn der Präsidentschaft sagen: „April,
    April!“? Sie wären doch die ersten gewesen, die uns
    dann vorgeworfen hätten, europapolitisches Porzellan zu
    zerschlagen, womit Sie übrigens recht hätten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN )


    Es steht uns nicht an, den verabredeten Fahrplan für
    die Entscheidungen zur Agenda 2000 ohne Not in Frage
    zu stellen. Damit würden wir nicht nur die Mitgliedslän-
    der brüskieren, sondern die osteuropäischen Beitritts-
    kandidaten zusätzlich verunsichern. Das wollen und
    werden wir nicht tun.


    (Beifall bei der SPD)

    Die Diskussion um die Erweiterung ist ein zweites

    Beispiel für Geschichtsklitterung. In diesem Fall scheint
    auch die F.D.P. Probleme mit ihrem Kurzzeitgedächtnis
    und mit dem ihres ehemaligen Außenministers, Klaus
    Kinkel, zu haben. Er hat es bis zu seinem letzten
    Amtstag abgelehnt, den Kandidaten einen konkreten
    Beitrittszeitpunkt zu nennen. Als Dr. Kohl Polen ver-
    sprach – der Bundeskanzler Gerhard Schröder hat diesen
    Punkt eben schon angesprochen –, im Jahre 2000 Mit-
    glied der Europäischen Union zu werden


    (Dr. Helmut Kohl [CDU/CSU]: Es ist gar nicht wahr, was Sie da sagen!)


    – stellen Sie doch eine Zwischenfrage, und stellen Sie
    diesen Punkt klar! –, reagierte Dr. Kinkel pikiert. Jetzt
    will die F.D.P. – ich bin schon gespannt auf Ihren Bei-
    trag, Herr Haussmann –, daß schon am Wochenende in
    Wien der Zeitpunkt der Beitritte der osteuropäischen
    Länder verbindlich auf das Jahr 2002 festgelegt wird.
    Wie ich höre, ist auch die CDU/CSU für diesen Termin,

    Dr. Peter Struck

    830 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998


    (B)



    (A) (C)



    (D)


    ohne sich jedoch festlegen zu wollen, wie lange die
    Übergangsfristen für die Beitrittskandidaten sein sollen.


    (Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen denn den Blödsinn aufgeschrieben?)


    Die Bundesregierung – Kanzler Gerhard Schröder hat
    diesen Punkt eben schon deutlich gemacht – hat erklärt,
    daß sie die EU-Osterweiterung als vorrangige Aufgabe
    ansieht und sie mit großem Nachdruck verfolgt. Sie läßt
    es dabei aber nicht an Realismus mangeln. Darum geht
    es. Es hilft nicht, unerfüllbare Versprechungen zu ma-
    chen, nur um jemandem etwas Gutes zu tun.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deutschland und Europa können kein Interesse daran
    haben, die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen
    Staaten in die Union zu verzögern und ihre Erwartungen
    zu enttäuschen.

    Ein drittes Beispiel dafür, daß man in der Europa-
    politik seine Worte wägen sollte – auch der Beitrag von
    Herrn Schäuble ist ein Beispiel dafür –, ist das Gerede
    vom Sozialismus in Europa. Aus Ihren Kreisen verlau-
    tet, Europa habe jetzt die sozialistische Mütze überge-
    worfen. Dieser Satz wird vom Kollegen Waigel ver-
    breitet. Ihn in Bonn zu sagen hat einen gewissen Unter-
    haltungswert, denn aus Ihren Reihen wurde bis vor kur-
    zem von diesem Pult aus immer unterstrichen, die deut-
    schen Sozialdemokraten seien in Europa isoliert. Diese
    Beiträge haben wir alle noch im Ohr. Weiter sagten Sie,
    niemand wolle so wie die SPD handeln. Jetzt auf einmal
    sagen Sie, binnen einer Frist von zwei Monaten haben
    Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine die EU schon
    umgepolt. Die eine Behauptung ist so falsch wie die an-
    dere.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich halte es in diesem Zusammenhang mit der Gelas-

    senheit und dem Realitätssinn, den der christdemokrati-
    sche Premier von Luxemburg vertritt. Jean-Claude
    Juncker hat in seinem Interview mit der „Welt“ gesagt:

    Ich wundere mich, daß man der Tatsache, daß jetzt
    11 sozialistische oder sozialdemokratische Regie-
    rungschefs am europäischen Tisch sitzen, eine der-
    art hohe Bedeutung beimißt. Es war nie so und es
    wird auch nie so sein, daß am Tisch des Europäi-
    schen Rates Parteipolitik gemacht wird.

    Der Christdemokrat Juncker hat recht. Seine Aussage
    sollten Sie sich merken.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat es
    angesprochen: Es geht um den deutschen Beitrag, es
    geht um die Frage, wie für den Zeitraum bis zum Jahr
    2006 die Zahlungen festgelegt werden. Wir unterstützen
    den Bundeskanzler und den Bundesfinanzminister ein-
    deutig: Im Gegensatz zu unserer Vorgängerregierung
    werden wir keine Scheckbuchpolitik machen.


    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Peinlich!)


    Wir alle beklagen die zu hohe deutsche Nettobelastung;
    da bin ich übrigens mit Herrn Stoiber einer Meinung.
    Aber man darf nicht allein Brüssel für diese Belastung
    verantwortlich machen. Es war immer eine deutsche
    Regierung dabei, die diesen Belastungen zugestimmt hat
    und sich damit hier und dort politische Zugeständnisse
    erkauft hat. Sie wissen, wen ich meine, wenn ich in die-
    se Richtung gucke. Bundeskanzler Schröder hat klarge-
    macht, daß es damit vorbei ist.

    Die SPD-Bundestagsfraktion und die neue Bundesre-
    gierung haben klare europapolitische Zielvorstellungen
    nicht nur für den Europäischen Rat heute und morgen in
    Wien, sondern auch für die Präsidentschaft:

    Erstens. Der Europäische Rat von Wien muß den
    Grundstein für einen europäischen Beschäftigungs-
    pakt legen. Meine Damen und Herren, wir haben dies
    vor der Wahl versprochen, und das halten wir auch ein.


    (Beifall bei der SPD)

    Europa kann und muß seinen Beitrag zur Bekämpfung
    der Massenarbeitslosigkeit leisten. Dazu sind keine aus
    Brüssel finanzierten milliardenschweren Beschäfti-
    gungsprogramme nötig. Niemand von uns will die ein-
    zelnen Mitgliedsländer aus ihrer nationalen Verantwor-
    tung für mehr Beschäftigung entlassen. Nein, es geht
    uns im Gegenteil darum, die EU-Kommission endlich in
    diese Verantwortung einzubeziehen.

    Zweitens. Am 1. Januar 1999 beginnt die Europäi-
    sche Wirtschafts- und Währungsunion. Für uns war
    immer klar, daß der Euro so stabil und stark wie die
    Deutsche Mark werden muß;


    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Nicht für alle war das so!)


    wir haben hier im Deutschen Bundestag die Entschei-
    dungen dazu mitgetragen. Dafür brauchen wir eine enge
    Koordinierung der Wirtschafts-, Finanz- und Beschäfti-
    gungspolitik in der Europäischen Union. Die deutsche
    Bundesregierung – das hat Bundeskanzler Schröder
    klargemacht – wird dazu in der deutschen Präsident-
    schaft Initiativen ergreifen. Wir begrüßen und unterstüt-
    zen auch ausdrücklich die Initiativen des Bundesmi-
    nisters der Finanzen, was die Koordination der europäi-
    schen Steuerpolitik angeht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Drittens. Wir wollen die Agenda 2000 erfolgreich
    abschließen. Damit würde die Europäische Union einen
    wichtigen Teil ihrer Hausaufgaben erledigen, um ihre
    Erweiterungsfähigkeit zu erreichen. Dies wäre das beste
    und überzeugendste Signal, das wir den osteuropäischen
    Beitrittskandidaten übermitteln könnten. Bei den Re-
    formen im Rahmen der Agenda 2000 stehen für uns fol-
    gende Punkte im Vordergrund: Die Finanzstruktur der
    Europäischen Union muß sicherstellen, daß die deutsche
    Nettobelastung begrenzt und, wenn möglich, zurückge-
    führt wird. Wir wollen eine Reform der gemeinsamen
    Agrarpolitik, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäi-
    schen Landwirtschaft auch international stärkt. Wir

    Dr. Peter Struck

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1998 831


    (A) (C)



    (B) (D)


    brauchen mehr Spielraum für Landwirte, ihr Einkom-
    men am Markt zu verdienen.


    (Beifall bei der SPD)

    Das wird nur gelingen, wenn das Regulierungsdickicht
    und das Subventionsniveau schrittweise abgebaut wer-
    den.

    Die Bundesregierung hat ein ehrgeiziges Programm
    für die deutsche Präsidentschaft vorgelegt. Deutschland
    wird wie in der Vergangenheit versuchen, die Europäi-
    sche Union voranzubringen. Ich fordere das ganze Haus
    auf, die neue Bundesregierung dabei zu unterstützen.
    Wir wollen Europa. Wir wollen, daß der Kontinent
    weiter zusammenrückt. Lassen Sie uns unser Handeln an
    diesen Maßstäben orientieren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)