Herr Präsident! Meine sehr ge-
ehrten Damen und Herren! Der Gegenstand der heutigen
Erörterung ist eine Änderung des § 18 Abs. 2 des Partei-
engesetzes, wodurch sich die Zuschüsse des Bundes von
230 auf 245 Millionen DM pro Jahr erhöhen sollen.
Ausgangspunkt unserer Überlegung ist, daß unsere
repräsentative Demokratie nicht ohne die Tätigkeit von
Parteien funktionieren kann. Dies ist im Grundgesetz
entsprechend verankert. In Art. 21 heißt es:
Die Parteien wirken bei der politischen Willensbil-
dung des Volkes mit.
Ich behaupte, daß zum Nachweis des Funktionierens
einer Demokratie ein Regierungswechsel gehört, der auf
das Votum der Wählerinnen und Wähler zurückzuführen
ist. Insoweit haben wir im Jahre 1998 auf Bundesebene
erlebt, daß die Demokratie bei uns in Deutschland her-
vorragend funktioniert. Dieser Wechsel wäre ohne die
Mitwirkung von solide finanzierten Parteien undenkbar
gewesen. Die eigenen Einnahmen der Parteien haben
noch nie ausgereicht. Die Parteienfinanzierung hat also
eine lange Geschichte, zu der eine Fülle von Urteilen
und mehrfache Gesetzesänderungen gehören.
Der vorliegende Gesetzentwurf wird gemeinsam von
SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und der
F.D.P. eingebracht. Dies zeigt, daß zwischen konkurrie-
renden demokratischen Parteien das derzeitige Finanzie-
rungsprinzip unbestritten ist. Es geht also um Beträge,
Detlev von Larcher
664 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998
(C)
die von den Parteien selbst nicht vollständig aufgebracht
werden können. Neben den eigentlichen Einnahmen in
Form von Beiträgen und Spenden muß es die Teilfinan-
zierung durch den Staat geben.
Die staatlichen Mittel werden in Abhängigkeit von
eingenommenen Beiträgen, Spenden und erzielten
Wählerstimmen gewährt. Dadurch ist sichergestellt, daß
Parteien mit guten Wahlergebnissen – und damit mit ei-
ner guten Verwurzelung in der Bevölkerung – besserge-
stellt werden als diejenigen, die losgelöst von den Vor-
stellungen der Bevölkerung agieren. Aus dieser Forde-
rung folgt selbstverständlich auch, daß es Untergrenzen
gibt, damit nicht jeder Versuch einer Miniparteiengrün-
dung bezuschußt werden muß.
Mit der jetzigen Regelung sind frühere Mängel in der
Parteienfinanzierung einigermaßen beseitigt. Eine aus-
schließliche Finanzierung aus Spenden – ich erinnere
mich noch an die Zeiten, in denen Beträge von über
100 000 DM im Rahmen von Sonderausgaben absetzbar
waren – oder eine ausschließliche Wahlkampfkostener-
stattung früherer Tage berücksichtigt nicht die Tatsache,
daß Parteien auch in der Zeit zwischen den Wahlen
wichtige Aufgaben zu erfüllen haben.
Bei der heute anstehenden Erhöhung der staatlichen
Unterstützung von Parteien entscheiden wir letztlich in
eigener Sache. Da bei solchen Themen häufig das korri-
gierende Element gegenläufiger politischer Interessen
fehlt, erwartet die Öffentlichkeit gerade hier mit Recht
eine korrekte Begründung. Um nicht in den Ruch der
Selbstbedienung zu kommen, ist es sinnvoll, sich objek-
tiven Sachverstandes zu bedienen. Die bereits erwähnte
unabhängige Kommission beim Bundespräsidenten hat
1993 die absolute Obergrenze bei 230 Millionen DM
gezogen, die dann auch mit der Möglichkeit der jährli-
chen preisbedingten Anpassung ins Parteiengesetz über-
nommen wurde. Damit ist eine Ausweitung ins Uferlose
unterbunden. Das ist auch gut so; denn ein Verstoß da-
gegen führte zu einem schlimmen Prestigeverlust, der
dem Auftrag des Grundgesetzes völlig zuwiderliefe.
Die absolute Obergrenze bedeutet, daß die im Gesetz
stehenden maximalen Bezuschussungsmöglichkeiten für
Beiträge, Spenden und Wählerstimmen noch niemals
voll ausgenutzt werden konnten. Dort ist bekanntlich ein
Zuschuß von maximal 0,50 DM je 1 DM an Beiträgen
und Spenden sowie von 1 DM pro Wählerstimme ge-
nannt, wobei die ersten 5 Millionen Wählerstimmen mit
1,30 DM bezuschußt werden können. Da die Addition
der so ermittelten Beträge aller Parteien über die abso-
lute Obergrenze hinausgeht, kürzt man mittels einer
schlichten Dreisatzrechnung die Beträge so, daß man
mit der absoluten Obergrenze auskommt.
Entscheidend für diese Obergrenze war, daß die Auf-
rechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Parteien gesi-
chert ist. Wie sehr einem Auswuchern der Kosten Ein-
halt geboten worden ist, zeigt sich auch darin, daß das
Bundesverfassungsgericht die Tätigkeitsfelder von Par-
teien analysiert hat und dabei besonders deren Kernauf-
gaben hervorhebt. Dazu gehören vor allen Dingen die
Aufrechterhaltung der innerparteilichen Strukturen, die
politische Zielformulierung und die entsprechende öf-
fentliche Darstellung.
Wie gesagt, Gegenstand der heutigen Aussprache ist
die Erhöhung der Teilfinanzierung von 230 auf
245 Millionen DM. Dieser Betrag ist nicht aus der Luft
gegriffen. Die bereits erwähnte Kommission hat vor vier
Jahren den Betrag auf 230 Millionen DM festgelegt und
dann entsprechend weitergerechnet. Hier muß ich der
Kommission ein großes Kompliment machen: Um aus
der unsäglichen Diskussion im Zusammenhang mit der
Warenkorbmethode herauszukommen, hat sie einen
parteienspezifischen Warenkorb ermittelt. Daraus folgt –
das steht auch in der Drucksache, die heute Beratungs-
grundlage ist –, daß maximal sogar eine Erhöhung auf
285 Millionen DM möglich gewesen wäre.
Die Öffentlichkeit erwartet mit Recht, daß nicht nur
formal dem Grundsatz der Sparsamkeit gehuldigt wird
und die von Wirtschaftsprüfern geprüften Rechenschafts-
berichte veröffentlicht werden, sondern daß auch alle
Möglichkeiten der Kostenbegrenzung ausgeschöpft wer-
den. Die Beschränkung auf 245 Millionen DM statt der
möglichen 285 Millionen DM hat damit zu tun, daß trotz
der gestiegenen Kommunikationsanforderungen an die
Parteigeschäftsstellen Kosteneinsparungen weitestgehend
verwirklicht worden sind. Ich weiß, daß in vielen Parteien
– auch bei uns – Geschäftsstellen zusammengelegt wurden.
Man hat da also schon alles Menschenmögliche getan.
Als Betriebswirt schiele ich selbstverständlich auf
Kosteneinsparungsmethoden in der Wirtschaft. Nur muß
ich sagen, daß im Bereich der Parteien zum Beispiel
dem Outsourcing enge Grenzen gesetzt sind. Auch weiß
ich, daß Methoden wie Budgetierungen, Ausschreibun-
gen und vieles andere, was auch im öffentlichen Bereich
gilt, in den Parteien praktiziert wird. Nur so ist es mög-
lich gewesen, daß wir als Gesetzgeber seit 1994 darauf
verzichtet haben, die absolute Obergrenze gemäß den
Preissteigerungen anzuheben.
Nun hört man in diesem Zusammenhang, daß ver-
mehrt auf ehrenamtliche Mitstreiter zurückgegriffen
werden sollte. Dem halte ich entgegen, daß ohne ehren-
amtliche Mitarbeiter die Parteien schon heute ganz
schlecht dastünden. An dieser Stelle sei es mir gestattet,
ein großes Dankeschön an die ehrenamtlichen Mitar-
beiter in allen Parteien zu richten. Ich weiß aus den Ta-
gen des Wahlkampfes, daß ein gutes Miteinander von
hauptamtlichen Mitarbeitern und Ehrenamtlern die ab-
solute Voraussetzung für politischen Erfolg darstellt.
Noch ein Satz zu den Entwicklungen der letzten Jah-
re: Wir wissen alle, daß die Bürger heute mehr denn je
von den Parteibüros Dienstleistungen erwarten. So er-
wartet man zum Beispiel, daß E-Mail-Botschaften kurz-
fristig beantwortet werden. Dafür wie auch für das Ein-
richten von Internetseiten stehen nicht überall ehren-
amtliche Mitarbeiter zur Verfügung.
Wie ich vorhin ausführte, sind die Rationalisierungs-
reserven der Parteien weitestgehend ausgeschöpft.
Damit wir uns nicht jedes Jahr von neuem über dieses
Thema unterhalten müssen, regen wir, die SPD, an, in
einer späteren Phase einmal darüber nachzudenken, ob
wir möglicherweise eine Indexierung analog zu § 12
Abs. 2 des Abgeordnetengesetzes vornehmen sollten.
Peter Enders
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998 665
(C)
(D)
Da ist dies ja bereits möglich.
Im Vorfeld der heutigen Plenardebatte hörte ich, daß
der Zeitpunkt der Beratung und Beschlußfassung des
vorliegenden Gesetzentwurfes sehr kritisch gesehen
wird. Zur Klarstellung sei gesagt, daß in § 19 Abs. 2 des
Parteiengesetzes ausgesagt ist, daß der Präsident des
Bundestages jährlich zum 1. Dezember die Höhe der
staatlichen Mittel festsetzt, wobei die Bundestagswahl-
ergebnisse bis zum 31. Oktober des laufenden Jahres zu
berücksichtigen sind. Insoweit ist ein solcher Termin im
November oder Dezember durchaus sinnvoll.
Ich glaube, ich habe auch für die Öffentlichkeit nach-
vollziehbar dargelegt, daß die Erhöhung der staatlichen
Teilfinanzierung von Parteien sowohl dem Grunde nach
als auch in der Höhe und vom Zeitpunkt her gerechtfer-
tigt ist.
Schönen Dank.