Rede von
Detlev
von
Larcher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt, es
hätte mich gewundert, wenn wir diese Aktuelle Stunde
in dieser Woche nicht bekommen hätten.
Wahrscheinlich hätten wir das auch so gemacht. Den-
noch ist das, was Sie hier vorführen, nur Theaterdonner.
Da empfiehlt uns Herr Hauser, wir sollten in ein
Trainingslager gehen. Wissen Sie, Herr Hauser, die
Wählerinnen und Wähler haben Sie gerade in ein Trai-
ningslager geschickt, weil Sie die Regierungskunst, von
der bei Ihnen ohnehin nur ein bißchen vorhanden war,
total verloren haben. Seien Sie also vorsichtig mit Ihren
Empfehlungen!
Frau Frick spricht uns auf unseren Wahlslogan „Wir
sind bereit“ an. Der hat Ihnen doch so gut gefallen, daß
er mich jetzt von F.D.P.-Plakaten anlacht. Ich bleibe al-
so dabei: Das Ganze ist nur Theaterdonner.
Wir senken, wie im Wahlkampf versprochen, die
Steuern vor allem für Normalverdiener und für die unte-
ren Einkommensgruppen,
und zwar ohne Mehrwertsteuererhöhung; das werden
Sie sehen. Wir senken, wie vorher im Wahlkampf ver-
sprochen, die Sozialversicherungsbeiträge.
Daß wir das tun, ärgert Sie.
Wir senken, wie versprochen, die Körperschaftsteuer.
Darüber hinaus werden wir hier eine rechtsformunab-
hängige Unternehmensteuer von 35 Prozent beschließen.
Das wird Sie genauso ärgern.
Ich höre von Ihnen immer das Wort Steuererhöhun-
gen. Wissen Sie, wenn die Steuererhöher par excellence
über Steuererhöhungen reden, dann kriegt das schon lä-
cherliche Züge. Ich will jetzt einmal – meine Kollegen
haben schon darauf verwiesen – auf die Zeit vor der
deutschen Einheit zurückkommen, weil Sie immer dar-
auf aufmerksam machen, daß wir die deutsche Einheit
hatten.
1983 haben Sie die Umsatzsteuer von 13 auf 14 Pro-
zent erhöht. Das hat der Staatskasse 8 Milliarden DM
gebracht. Sie haben 1989 die Kraftfahrzeugsteuer für
Diesel-PKW um 8,40 DM pro 100 Kubikzentimeter er-
höht. Das hat den öffentlichen Kassen eine halbe Milli-
arde DM gebracht. Sie haben 1989 die Versicherung-
steuer von 5 auf 7 Prozent erhöht. Das brachte 1,2 Milli-
arden DM mehr. Sie haben 1989 die Steuer für bleifreies
Benzin um 9 Pfennig auf 57 Pfennig je Liter erhöht. Das
hat eine Milliarde DM gebracht. Sie haben diese Steuer
ab 1. Januar 1991 um weitere 3 Pfennig je Liter auf 60
Pfennig erhöht. Das waren 0,7 Milliarden DM. Die
Steuererhöhung für verbleites Benzin im Jahre 1989
brachte 2,3 Milliarden DM und die im Jahre 1991 0,2
Milliarden DM.
Sie haben 1989 die Steuern für leichtes und schweres
Heizöl erhöht. Das brachte 1,6 Milliarden DM. Die
Steuererhöhung für Erdgas und Flüssiggas brachte eben-
falls Mehreinnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden DM.
Sie haben ab 1. Mai 1989 die Tabaksteuer um durch-
Hansjürgen Doss
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998 663
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(D)
schnittlich sechs vom Hundert erhöht. Dies brachte
0,5 Milliarden DM.
Soll ich jetzt fortfahren und Ihnen die weiteren 14
Steuererhöhungen vorlesen, die Sie in Ihrer Regierungs-
zeit nach 1990 vorgenommen haben?
Sie sollten sich wirklich schämen, uns Steuererhöhungen
vorzuwerfen.
Sie haben die Steuern drastisch erhöht.
Es ist schon gesagt worden: Sie haben dafür gesorgt,
daß der Durchschnittsverdiener und die Leistungsträger
dieser Gesellschaft an der Obergrenze der Steuer- und
Abgabenbelastung angekommen sind. Das ist Ihr Werk.
Wir werden das ändern.
Darüber ärgern Sie sich, Herr Hauser und Herr Thiele.
Im übrigen habe ich ernsthaft darüber nachgedacht,
ob man nicht einmal eine Aktuelle Stunde zum Thema
„Haltung der Bundesregierung zur Wahrhaftigkeitsliebe
des Herrn Thiele“ durchführen sollte.
Wenn man ihn im Radio und im Fernsehen reden hört,
dann weiß man: Auch wenn er im persönlichen Umgang
nett ist, so dienen seine Auslassungen im Rahmen öf-
fentlicher Auftritte doch der Verbreitung von Unwahr-
haftigkeiten und der Verwirrung. Das ist Ihre Strategie
und Taktik auch im Finanzausschuß und im Parlament.
Sie versuchen, mit formalen Tricks Sand ins Getriebe zu
streuen; Sie betreiben eine Obstruktionspolitik,
weil Sie unser ehrgeiziges Ziel, schon zum 1. Januar den
ersten Schritt der Steuerentlastung zu erreichen, nicht
unterstützen, sondern zerstören wollen.
Wir werden die Steuerreform trotzdem durchführen,
Herr Thiele, Herr Hauser und meine lieben Kollegen aus
dem Finanzausschuß, auch wenn Sie sich auf den Kopf
stellen und mit den Beinen wackeln.