Rede von
Dr.
Hermann Otto
Solms
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Reinhard
Loske vom Bündnis 90/Die Grünen.
Als ich vorgestern erfuhr, daß die F.D.P. eine Aktuelle
Stunde zur ökologischen Steuerreform, zu Energie-
steuern, zur Mineralölsteuer, beantragt hat, habe ich
erwartet, daß jetzt endlich einmal konstruktive Vor-
schläge kommen. Ich habe mich nämlich an die Zwi-
schenfrage von Herrn Thiele bei der Einbringung des
Gesetzentwurfs erinnert. Er hat mich gefragt, warum wir
seinerzeit nicht den Vorschlag der F.D.P. unterstützt
hätten, einen dritten Mehrwertsteuersatz, und zwar auf
Energie, also eine Energiemehrwertsteuer, einzuführen.
Das hatte ich als Gegenstand Ihrer Aktuellen Stunde er-
wartet.
Aber noch nicht einmal dazu hat es gereicht. Es ist reine
Polemik geworden.
Was wir hier jetzt machen sollten, ist, unseren Vor-
schlag mit Ihrem Vorschlag zu vergleichen. Ihr alter
Vorschlag war, einen dritten Mehrwertsteuersatz ein-
Hansgeorg Hauser
656 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998
(C)
zuführen, und zwar auf Energie. Darauf würde ich gerne
eingehen; darauf habe ich mich vorbereitet.
Punkt eins. Man muß sich schon wundern, daß ein so
alter Hut immer wieder ausgepackt wird. Es ist auch im
Grunde genommen von niemandem aufgegriffen wor-
den, außer am Montag vom BDI-Chef Henkel, der na-
türlich gesagt hat, das sei ein guter Vorschlag. Aber die
Realität ist doch eine ganz andere. Wir müssen zur
Kenntnis nehmen, daß der Zug in Europa in eine andere
Richtung fährt; das ist wirklich sehr wichtig. Es gibt in
Europa kein anderes Land, das den Weg eines dritten
Mehrwertsteuersatzes, eines Steuersatzes auf Energie,
geht. Der Zug fährt in eine andere Richtung – Stichwort
Dänemark, Stichwort Holland, Stichwort Vereinigtes
Königreich –: Die machen es so wie wir in Deutschland.
Wir sind aber gegen einen deutschen Sonderweg bei der
Steuer und für eine europäische Lösung.
Zweiter Punkt. Auch bei der Kommisison wird die
Sache anders gesehen; Herr Thiele, das wissen Sie ganz
genau. Niemand will dort etwas über einen solchen
Mehrwertsteuersatz hören. Sie haben es auch Herrn
Monti nur zwischen Tür und Angel angeboten. Der hat
diesen Vorschlag im Prinzip abgelehnt. Das heißt also:
Auch hier geht der Trend in eine andere Richtung. Der
Unterschied zu früher ist: Während Sie damals in Brüs-
sel mit drei Stimmen gesprochen haben – Frau Merkel
dafür, Herr Rexrodt dagegen und Herr Waigel nach dem
Motto: Leg dich quer, dann bist du wer –, reden wir dort
nur mit einer Stimme. Wir hoffen, so ein bißchen
weiterzukommen.
Dritter Punkt. Der Hauptunterschied zu Ihren alten
Vorstellungen ist folgender: Wir wollen eine Dynamik;
wir wollen einen schrittweisen Prozeß weg von der
steuerlichen Belastung des Faktors Arbeit hin zur
steuerlichen Belastung des Faktors Ressourcen. Das,
was Sie mit dem dritten Mehrwertsteuersatz auf Energie
vorgeschlagen haben, wäre nichts anderes als ein Stroh-
feuer und hätte überhaupt keinen Effekt über die Zeit-
achse.
Vierter und letzter Punkt. Ein solcher Vorschlag wäre
auch sozial völlig unausgewogen. Die höheren Energie-
preise würden ausschließlich von den Verbraucherinnen
und Verbrauchern gezahlt; denn die Wirtschaft – das
wissen Sie genau – könnte das im Rahmen des Vor-
steuerabzugs von der Umsatzsteuer wieder abziehen.
Daß Sie von der F.D.P. keine Probleme damit haben, im
wesentlichen die kleinen Leute über den Löffel zu
balbieren, ist mir ebenfalls klar.
Wir wollen das nicht.
Diese vier Punkte haben vielleicht klargemacht, daß
der dritte Mehrwertsteuersatz nicht die Alternative sein
kann. Vielmehr geht es darum, eine Linie zu verfolgen,
wie wir sie mit dem ersten Schritt vorzugeben versu-
chen.
Sie haben eine Aktuelle Stunde zur ökologischen
Steuerreform beantragt.
Aber Ihre Vorstellungen sind weder aktuell, noch sind
sie es wert, daß man darüber eine ganze Stunde redet.
Das ist doch das Problem.
Ich will die mir verbleibende Minute dazu nutzen, ein
paar Zahlen zurechtzurücken. Es ist hier heute schon
zweimal die geschätzte „Frankfurter Allgemeine Zei-
tung“ zitiert worden; das ist auch ein gutes Blatt, keine
Frage. Heute steht in der „Süddeutschen Zeitung“ ein
Artikel mit der Überschrift: „Öl ist jetzt in Wirklichkeit
zu billig“. Darin werden quasi die Fakten klargerückt.
Heute kostet das Faß Öl nur noch 10 Dollar. Anfang
der achtziger Jahre kostete es 36 Dollar, bei einem we-
sentlich höheren Dollarkurs. Das heißt, ein Liter Mine-
ralöl kostet 13 Pfennig. Dabei haben wir eine ganz klare
Tendenz nach unten; die Preise sind im freien Fall. Das
führt natürlich im Ergebnis dazu, daß überhaupt keine
Anreize zu Einsparungen gegeben werden.
Wir haben im Strombereich eine ähnliche Tendenz –
das wollen wir auch –: Durch mehr Wettbewerb fallen
die Preise. Das heißt aber, es entstehen keine Anreize.
Wenn wir es durch eine ökologische Steuerreform nicht
schaffen, diese Kosten wieder zu erhöhen, werden sich
im Ergebnis Investitionen in Energiesparhäuser, in effi-
ziente Maschinen, in Solartechnologie als Fehlinvesti-
tionen erweisen. Das wollen wir nicht.
Meine Redezeit ist um, meine Damen und Herren. Ich
glaube, es ist klargeworden, daß Ihnen auf der rechten
Seite heute nicht an einer Debatte über die vernünftige
Gestaltung der ökologischen Steuerreform gelegen ist.
Vielmehr wollten Sie wieder einmal die Gelegenheit zu
einem Rundumschlag nutzen. Der ist Ihnen mißlungen.
Danke schön.