Rede von
Hansgeorg
Hauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kol-
legen! Unter den zahlreichen in- und ausländischen
Kommentaren über den katastrophalen Fehlstart der rot-
grünen Bundesregierung war auch die „Süddeutsche
Zeitung“ vertreten. Sie meinte, die Regierung Schröder
übe noch.
Sie empfahl der Regierung, möglichst nicht schon im
Training die gesamte Bundesrepublik umkrempeln zu
wollen.
Eines dieser Trainingsfelder ist die Wirtschaft. Hier
dürfen nun einige Ideologen – dazu haben wir gerade
ein schönes Beispiel gehört – austesten, wie belastbar
unsere Wirtschaft ist. Aber – das läßt sich an Hand der
Reaktionen der Betroffenen und der eingegangenen
Stellungnahmen bereits jetzt sagen – dieser vorgelegte
Gesetzentwurf zum Einstieg in die ökologische Steuer-
reform erweist sich als grandioser Rohrkrepierer.
Monika Ganseforth
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998 655
(C)
(D)
An dem Gesetzentwurf stimmt nur, daß er von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht worden ist und
die Drucksache 14/40 hat. Ansonsten ist der Reform-
entwurf weder ökologisch sinnvoll noch sozial gerecht
und schon überhaupt nicht beschäftigungsfördernd. Im
Gegenteil. Diese angedachte Steuerreform ist systemwi-
dersprüchlich, haushaltsschädlich und lädt gerade zur
Umgehung ein. Durch die Verwendung von schwammi-
gen Begriffen oder auch faktisch nicht abgrenzbaren
Tatbeständen entsteht zudem noch eine ungeheure Ver-
unsicherung insbesondere in der Wirtschaft.
Die Unternehmen haben zur Zeit keine Kalkulations-
grundlage für künftige Preise, sofern sie Kostensteige-
rungen überhaupt weitergeben können. Dabei wird es
nicht so sein wie beispielsweise bei der Bahn. Wenn
diese 280 Millionen Mark mehr tragen muß, dann wird
sich das halt auf die Preise niederschlagen. Das zahlen
dann Ihre kleinen Leute, die Sie alle entlasten wollen.
Diese breite Irritation der Öffentlichkeit hat natürlich
auch gewaltige Spuren bei Ihren eigenen Leuten hinter-
lassen. Es kommt der Druck aus dem eigenen Klientel.
Herr Schlauch verkündet etwa, daß mit den 6 Pfennig
Mineralölsteuererhöhung das Ende der Fahnenstange
noch lange nicht erreicht ist. Frau Müller sagt: Das
nächste Mal muß das jeweils um 10 Pfennig erhöht wer-
den. Dazu kann ich nur sagen: Warum gehen Sie nicht
zu Ihrem ursprünglichen Beschluß zurück: 5 Mark? Sa-
gen Sie doch, was Sie wollen! Das wäre wesentlich ehr-
licher; die Wahlen sind doch vorbei. Insofern könnten
Sie dies wieder aus den Schubladen hervorziehen.
Aber auch die anderen bekommen Druck beispiels-
weise aus der Wirtschaft. Einige Ihrer Vertreter rennen
zu den Verbänden und erzählen: Wir machen doch über-
all Nachbesserungen, und wir werden das und das än-
dern. Herr Schwanhold zum Beispiel macht seinen eige-
nen Verbänden Versprechungen, die er nicht halten
kann, weil Sie das Geld brauchen. Deswegen ist jetzt die
Mehrwertsteuer ins Spiel gekommen. Ich sage Ihnen
voraus, daß Sie beides machen werden: Sie erhöhen die
Energiepreise, belasten die Verbraucher, und Sie erhö-
hen auch die Mehrwertsteuer. Das können wir alles ab-
warten. Lafontaine hat den Vorschlag von Clement hier-
zu zwar abgelehnt, hat aber auch gesagt: Es ist ein wert-
voller Diskussionsbeitrag. – Wir werden sehen, wie sich
das auswirkt.
Daß es eine ganze Menge Umgehungsmöglichkeiten
gibt, ist schon sehr deutlich dargestellt worden. Es wird
zu Verlagerungen ins Ausland kommen. Man wird ener-
gieintensive Bereiche zusammenlegen usw. usf. Die
Rahmenbedingungen für die Wirtschaft werden damit
aber mit Sicherheit nicht besser. Das hat ein Wissen-
schaftler aus Regensburg, Markus Dendl, vor kurzem in
einem sehr lesenswerten Aufsatz in der „FAZ“ vom
28. November 1998 dargestellt. Er schrieb, daß die
Vermehrung von Arbeitsplätzen eine rotgrüne Mär blei-
ben wird. Ich kann Ihnen diesen Artikel gerne zur Ver-
fügung stellen. Der nationale Alleingang wird für die
Wirtschaft mit Sicherheit ein riesiges Problem werden.
Wir werden nicht mehr, sondern weniger Arbeitsplätze
haben.
Daß das alles natürlich auch auf den Haushalt durch-
schlägt, werden Sie sehr schnell erkennen. Denn eines
ist sicher: Ab 1999 kostet Sie die Absenkung der Sozial-
versicherungsbeiträge 13,9 Milliarden DM. Woher Sie
das Geld nehmen – bei der löchrigen Vorstellung von
dem, was Sie machen wollen –, wird Ihre Sache sein.
Wir werden sehr schnell sehen, daß die notwendigen
Nachbesserungen noch mehr Löcher reißen werden und
Sie Probleme mit dem Haushalt bekommen.
Den eingangs erwähnten Rat der „Süddeutschen Zei-
tung“, weiterzuüben, sollten Sie wirklich ernsthaft be-
folgen. Gehen Sie zurück in ein ordentliches Trainings-
lager, und arbeiten Sie etwas Vernünftiges aus!
Am besten aber werfen Sie Ihren Gesetzentwurf dorthin,
wo er hingehört, nämlich in den Papierkorb.