Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Lensing, Sie kuscheln sich richtig in Ihrer alten Vergan-
genheit ein: Es sind die alten Kampfbegriffe, es sind die
alten Gräben, es sind die alten Gewohnheiten.
Ich habe in dieser Debatte nicht einmal argumentativ
etwas zu befürchten, weil Sie die alten Argumente, die
Sie als solche angeführt haben, die aber keine sind, wie-
der aufgebrüht haben.
Sie sprechen von Freiwilligkeit und Kooperation, die
man bei der Wirtschaft bräuchte, um sich der Lehrlings-
ausbildung anzunehmen. Das setzt meines Wissens aber
Erkenntnis voraus. Wenn man sich dieser verweigert, ist
man zu Freiwilligkeit und Kooperation nicht fähig. Wir
werden sehen, was die Gespräche zum Bündnis für Ar-
beit erbringen.
Damit komme ich auf den Weg, den wir beschreiten
wollen, und darauf, warum wir ihn beschreiten wollen
und warum Ihr Antrag von der PDS ein oppositioneller
Schnellschuß ist und überhaupt nicht zur Problemlösung
beiträgt. Der Zeitplan muß es natürlich erst einmal er-
möglichen, des ganzen Wirrwarrs, der in den letzten
zehn Jahren von der alten Regierung im Bereich der Be-
rufsausbildung angerichtet worden ist, Herr zu werden.
Deswegen werden einige Sonderprogramme zunächst
einmal unberührt bleiben müssen. Man wird aber zu-
sätzliche Anstrengungen unternehmen müssen, um in
den nächsten Monaten Fortschritte zu erzielen.
Hierbei kommen wir auf das Klima. Es gibt nämlich
auch ein Bedürfnis nach einem guten Klima, in dem sich
eine junge Generation entwickeln kann. Es kann nicht
immer nur um das gute Klima für die Wirtschaft gehen.
Es muß auch um das gute Klima für die Menschen, die
in diesem Lande leben, gehen können. Das ist eine der
Kernfragen.
Ich erinnere mich sehr genau: Auch Sie haben zu den
Kritikern gehört und gesagt, man müsse dieses Gesetz
sofort beschließen. Ich habe damals vorgeschlagen: Las-
sen Sie uns noch ein letztes Mal reden, und zwar, sagen
wir, mit einem gewissen Druck zu Erkenntnisbereit-
schaft auch seitens der Wirtschaft.
So haben wir damals argumentiert. Diese Argumentation
halten wir jetzt durch, indem wir mit dem Sofortpro-
gramm erste Schritte unternehmen, um die wirklich
schwierige Situation abzupolstern. Auf der anderen Seite
müssen wir uns aber, je nachdem, welche Ergebnisse
das Bündnis für Arbeit in dieser Frage erbringt, im Lau-
fe dieser Legislaturperiode weitere Schritte natürlich
vorbehalten. Das wissen Sie ganz genau.
Insofern finde ich es schade, wenn hier weiter nur alte
Argumente angeführt werden. Herr Lensing stellt sich
hierher wie der Hohepriester einer veralteten Religion.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998 631
(C)
(D)
Er spricht davon, daß die absolute Anzahl der Ausbil-
dungsverträge angestiegen sei. Das ist richtig. Aber die
absolute Zahl derer, die eine Ausbildung brauchen, hat
sich in derselben Zeit verdreifacht.
Wenn der Aufwuchs beim Angebot von Ausbildungs-
plätzen so gering, aber bei den jungen Leuten, die Aus-
bildungsplätze brauchen, so stark ist, dann können Sie
mir nicht erzählen, daß sich die Lage erholt hat. Das
trifft überhaupt nicht zu.
Ich komme noch einmal auf ein paar Vorschläge zu-
rück, die wir in unserem Sofortprogramm unterbreiten.
Es wurde kritisiert, man hebe auf außerbetriebliche
Ausbildung ab, die in der Tat keine gute, sondern eine
schlechte Lösung ist, weil sie dazu führt, daß diejenigen,
die außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen durchlau-
fen, im allgemeinen schlechtere Arbeitsmarktchancen
haben als diejenigen, die eine ordentliche Ausbildung
durchlaufen können.
Dies wird in unserem Sofortprogramm deutlich her-
ausgehoben. Keiner strebt die Verstärkung oder Stabili-
sierung außerbetrieblicher Maßnahmen an. Keiner
spricht davon, aber Sie unterstellen das.
Frau Kollegin von der PDS, es wäre übrigens nütz-
lich, Sie würden unterscheiden lernen, was überbetrieb-
liche und was außerbetriebliche Ausbildung ist. Die
überbetriebliche Ausbildung ist notwendig, in einigen
Berufszweigen unumgänglich und eine ganz normale
Ausbildungsform des dualen Ausbildungssystems.
Die Verstetigung der außerbetrieblichen Ausbildung
hingegen wurde von der alten Regierung in den letzten
zehn Jahren als Notlösung angeboten. Das machen wir
nicht. Aber natürlich müssen wir einen Übergangszeit-
raum haben, um das in geordneter Art und Weise zu än-
dern. Ich sage Ihnen eines, Kollegen von der PDS: Ich
hätte gedacht, bis zur Weihnachtspause wäre es das Vor-
recht der Koalition, eine gewisse hektische Betriebsam-
keit zu entfalten. Aber Sie haben das heute getoppt.
Danke schön.