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ID1400906300

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/9 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 9. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. November 1998 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung........................ 487 A Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuer- reform (Drucksache 14/40) ....................... 487 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Entlastung durch Einführung einer ökologischen und sozialen Steuerreform (Drucksache 14/66 (neu))........................... 487 B Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 487 C Friedrich Merz CDU/CSU ............................... 490 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU............... 494 A Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 496 B Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 499 B Detlev von Larcher SPD .................................. 500 D Walter Hirche F.D.P............................ 501 C, 508 A Cornelia Pieper F.D.P. ............................... 502 D Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 504 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 506 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P.......................... 509 C Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 510 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD................... 511 B Dr. Klaus Lippold (Offenbach) CDU/CSU ..... 512 D Hans Martin Bury SPD.................................... 515 B Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi... 516 B, 517 D Walter Hirche F.D.P. ....................................... 517 B Gunnar Uldall CDU/CSU................................ 518 A Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Enwurfs eines Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmer- rechte (Drucksache 14/45) ........................ 518 D b) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsreform- gesetzes 1998 (Drucksache 14/46)............. 519 A c) Erste Beratung des von der Abgeord- neten Dr. Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht der Ar- beitslosenhilfe (Erstes Arbeitslosenhilfe- Korrekturgesetz) (Drucksache 14/15)...... 519 A d) Erste Beratung des von der Abgeord- neten Dr. Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ar- beitszeitgesetzes und des Euro-Einfüh- rungsgesetzes (Drucksache 14/13)............ 519 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 e) Erste Beratung des von der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Wiedereinführung des Schlecht- wettergeldes – Schlechtwettergeld-Ge- setz (Drucksache 14/39)............................. 519 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur beschäftigungswirksamen Änderung des Kündigungsschutzgeset- zes (Drucksache 14/44) .............................. 519 B Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 519 C Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU ............... 522 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 525 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 528 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 530 C Angelika Krüger-Leißner SPD ........................ 532 C Dr. Ilja Seifert PDS .................................... 533 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 535 A Hubertus Heil SPD..................................... 536 A Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 537 C Olaf Scholz SPD.............................................. 538 B Johannes Singhammer CDU/CSU................... 540 C Peter Dreßen SPD ...................................... 541 A Kurt Bodewig SPD .......................................... 542 A Meinrad Belle CDU/CSU................................ 544 A Nächste Sitzung ............................................... 545 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 547 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 487 (A) (C) (B) (D) 9. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. November 1998 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Vizepräsident Rudolf Seiters Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 547 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andres, Gerd SPD 20.11.98 Austermann, Dietrich CDU/CSU 20.11.98 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.11.98 Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.11.98 Blank, Renate CDU/CSU 20.11.98 Braun (Augsburg), Hildebrecht F.D.P. 20.11.98 Breuer, Paul CDU/CSU 20.11.98 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 20.11.98 * Bulling-Schröter, Eva-Maria PDS 20.11.98 Carstensen (Nordstrand), Peter Harry CDU/CSU 20.11.98 Caspers-Merk, Marion SPD 20.11.98 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 20.11.98 Dietzel, Wilhelm CDU/CSU 20.11.98 Fink, Ulf CDU/CSU 20.11.98 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.11.98 Frick, Gisela F.D.P. 20.11.98 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 20.11.98 Gebhard, Fred PDS 20.11.98 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 20.11.98 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 20.11.98 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 20.11.98 Hartnagel, Anke SPD 20.11.98 Hintze, Peter CDU/CSU 20.11.98 Irmer, Ulrich F.D.P. 20.11.98 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jacoby, Peter CDU/CSU 20.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 20.11.98 Kahrs, Johannes SPD 20.11.98 Kolbe, Manfred CDU/CSU 20.11.98 Kolbow, Walter SPD 20.11.98 Lehn, Waltraud SPD 20.11.98 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 20.11.98 Michels, Meinolf CDU/CSU 20.11.98 Otto (Frankfurt), Hans-Joachim F.D.P. 20.11.98 Dr. Pfaff, Martin SPD 20.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 20.11.98 Reiche, Katherina CDU/CSU 20.11.98 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 20.11.98 Ronsöhr, Heinrich-Wilhelm CDU/CSU 20.11.98 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 20.11.98 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 20.11.98 Schaich-Walch, Gudrun SPD 20.11.98 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 20.11.98 Dr. Schmidt-Jortzig, Edzard F.D.P. 20.11.98 Schmitz (Baesweiler), Hans-Peter CDU/CSU 20.11.98 von Schmude, Michael CDU/CSU 20.11.98 Thönnes, Franz SPD 20.11.98 Wimmer (Karlsruhe), Brigitte SPD 20.11.98 Wissmann, Matthias CDU/CSU 20.11.98 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20.11.98 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 20.11.98 —————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union 548 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 (A) (C) (B) (D) Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn sellschaft mbH, Postfach 1320, 53003 Bonn, Telefon: 0228/3820840, Telefax: 0228/3820844 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sachverständi-
    genrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
    Entwicklung gibt in seinem jüngsten Gutachten dem
    Kapitel zur Sozialpolitik die Überschrift „Am Grundsatz
    der Fairneß orientieren“. Mit der Vorlage dieses Geset-
    zes, meine Damen und Herren von der SPD und den
    Grünen, machen Sie klar, daß für Sie fair nur das ist,
    was früher existierte. Viele von Ihnen – aber das sind
    wahrscheinlich diejenigen, die heute hier nicht im Saal
    sitzen – wissen, daß Sie damit nicht durchkommen.
    Auch Sie werden sich vor der Frage nicht herumdrücken

    Annelie Buntenbach






    (A) (C)



    (B) (D)


    können, welche soziale Sicherung für welche Risiken in
    der Zukunft überhaupt noch möglich ist.


    (Zuruf von der SPD: Sie wollen keine!)

    Wir haben unsere Vorschläge zur Fortschreibung

    der sozialen Sicherung schon gemacht. Ich will auch
    überhaupt keinen Zweifel daran lassen, daß es für eine
    freiheitliche Gesellschaft unabdingbar ist, daß der ein-
    zelne gegen individuell nicht tragbare Risiken abgesi-
    chert ist.


    (Beifall bei der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


    Darüber gibt es keine Diskussion, daran gibt es keinen
    Zweifel. Aber heute zu suggerieren, das, was es noch
    vor zwei, drei Jahren gegeben hat, sei auch in drei, vier
    Jahren noch zu finanzieren, das ist eine Illusion, meine
    Damen und Herren, mit der Sie der sozialpolitischen
    Diskussion in Deutschland schaden.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Herr Riester, ich muß Ihnen sagen: Nicht wir, die wir

    in den vergangenen Jahren versucht haben, diese Dis-
    kussion anzustoßen, haben dem sozialpolitischen Klima
    geschadet, sondern diejenigen, die sich dieser Diskussi-
    on verweigert haben.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    In der SPD gibt es genügend Leute, die nichts anderes
    gemacht haben, als zu blockieren. Sie haben in der Tat
    die Zukunft nicht zugelassen. Das werden Sie in der
    nächsten Zeit ganz sicherlich noch bitter büßen.

    Was Sie vorgelegt haben – da kann ich nun wirklich
    manche Reden, die heute morgen auch in der Ökosteu-
    erdebatte gehalten worden sind, überhaupt nicht nach-
    vollziehen –, ist doch nichts anderes als eine Umschich-
    tung. Die Belastung von Arbeitsplätzen wird doch nicht
    dadurch geringer, daß man zwar die Rentenbeiträge
    senkt, aber zusätzlich eine Ökosteuer erhebt. Das kann
    es doch nicht sein; das ist eine schlichte Umfinanzie-
    rung, aber keine Zukunftsgestaltung.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Gerade in der Rentenversicherung muß ein angemes-
    sener Belastungsausgleich zwischen jung und alt erfol-
    gen. Das wissen Sie, Herr Bundesarbeitsminister, ganz
    genau. Gehandelt haben Sie aber noch nicht danach. Ich
    finde es sehr bedauerlich, daß diese neue Koalition
    überhaupt keine Konzepte auf den Tisch legt, wie sie die
    Probleme der sozialen Sicherung bewältigen will.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Alles muß jetzt erst neu erarbeitet werden. Dadurch geht
    wertvolle Zeit verloren, die wir dringend nutzen müßten.
    Die Einschnitte, die Sie verantworten müssen, werden
    hinterher nur um so größer ausfallen, weil Sie die Zeit
    nicht nutzen, alles zurückdrehen und neue Belastungen
    aufbauen.

    Es ist daher falsch, die Rücknahme unserer Reform-
    entscheidungen zu beschließen. Herr Riester, allein an
    der Tatsache, daß Sie den Demographiefaktor in der

    Rentenversicherung nur aussetzen, wird deutlich, daß
    Ihnen klar ist, daß Sie in spätestens anderthalb Jahren
    fast exakt die gleichen Vorschläge, vielleicht mit Unter-
    schieden hinter dem Komma, wieder vorlegen müssen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie wissen nämlich ganz genau, daß die andere, bei den
    Gewerkschaften existierende Idee, einen Tariffonds auf-
    zubauen, die Probleme nicht lösen kann.

    Es ist fatal, daß nun zwei Jahre verlorengehen, in de-
    nen die Illusion genährt wird, es könne alles so weiter-
    gehen wie bisher. Diese Entwicklung ist fatal für alte
    Menschen und auch für junge Beitragszahler, die mehr
    und mehr das Interesse an der Rentenversicherung ver-
    lieren. Ich kann deshalb Bodo Hombach gut verstehen,
    der – Sie haben es sicherlich heute in der „FAZ“ gele-
    sen – zur Debatte um die Rentenpolitik sagt – Zitat –:
    „Da verzweifle ich an meiner eigenen Partei.“


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Recht hat er!)

    – Recht hat er.

    Die Frage bleibt: Wann läßt die SPD endlich von ih-
    ren Illusionen ab und begibt sich auf den Boden der Tat-
    sachen? Wenn Sie das tun, werden Sie in uns konstruk-
    tive Dialogpartner finden. Ich glaube, daß wir mit kon-
    kreten Vorstellungen zur Umstrukturierung und sozialen
    Absicherung der Menschen im Alter, also der eigenstän-
    digen Alterssicherung für Männer und Frauen, ein gan-
    zes Stück weiter sind.

    Wie sehr Sie ausschließlich die Auffüllung der Kas-
    sen der sozialen Sicherungssysteme im Blick haben,
    zeigt die vorgesehene Einführung der Sozialversiche-
    rungspflicht für sogenannte Scheinselbständige. Ich
    will mich überhaupt nicht auf die Diskussion über die
    Definition dieses Begriffs einlassen. Ich möchte Sie nur
    folgendes fragen: Was machen Sie eigentlich mit der
    selbständig gewordenen Frau – diese Regelung betrifft
    im wesentlichen Frauen, weil sie weniger Kredite auf-
    nehmen –, die am Anfang ihrer Selbständigkeit nur
    einen Kunden hat? Dieser Frau müßte nach Ihrer Defi-
    nition der Status der Selbständigkeit sofort entzogen
    werden und damit die Chance auf eigenverantwortliche
    Lebensgestaltung.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Was machen Sie auf der anderen Seite mit dem Be-
    leuchter, der für fünf Tochterfirmen beispielsweise von
    RTL, SAT 1, ZDF oder ARD arbeitet – wohl wissend,
    daß alle fünf Firmen Tochterfirmen eines einzigen Kon-
    zernes sind? Weil er Rechnungen an fünf Firmen aus-
    stellt, die in Wirklichkeit nur eine Firma sind, fällt er
    unter Ihre Definition der Selbständigkeit. Er würde aber
    die soziale Sicherung benötigen. All das trägt zu einer
    Schieflage bei.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Es war schon entlarvend, daß Bundeskanzler Schröder

    gestern in der Debatte um die 620-Mark-Arbeits-
    verhältnisse als erstes darauf hinwies, daß nun wieder
    eine solide Einnahmengrundlage für die sozialen Si-

    Dr. Irmgard Schwaetzer






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    cherungssysteme gegeben sei. Wenn das der ganze Zir-
    kus um die 620-Mark-Verträge ist, dann hätten Sie es
    besser bei der jetzigen Regelung belassen sollen; der
    Finanzminister hätte einen Scheck genommen und ihn
    gleich der Sozialversicherung gegeben.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Damit erreichen Sie keine zusätzliche Absicherung

    von Frauen, obwohl die Debatte unter diesem Gesichts-
    punkt geführt wurde, was schwierig für uns war. Sie
    verhindern nicht einmal den Mißbrauch, weil in der Zu-
    kunft natürlich die Stückelung der Arbeitsverträge er-
    folgt, um Steuern zu vermeiden.


    (Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Nein, genau das Gegenteil wird eintreten! Wir reden in einem Jahr weiter!)


    Der Anreiz ist exakt derselbe. Früher wurden die So-
    zialversicherungsbeiträge vermieden, jetzt werden die
    Steuern vermieden. Nebenbei geben Sie noch den
    Halbteilungsgrundsatz auf, was Sie uns im Rahmen un-
    serer Vorschläge hinsichtlich der Krankenversicherung
    immer vorgeworfen haben. Also, das sind schon wirk-
    lich tolle Sachen.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Alle Ziele aus dem Wahlkampf haben sie mit der Regelung verfehlt!)


    – Darüber unterhalten wir uns noch alle in der Anhö-
    rung.

    Verblüffung löst beim Studium des vorliegenden Ge-
    setzentwurfs aus, daß ausgerechnet Sie, Herr Riester, der
    Sie doch aus den Gewerkschaften kommen, so in die
    Tarifautonomie eingreifen wollen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Es hilft doch kein Drumherumreden. Sie wollen sich
    selbst ermächtigen, ohne Antrag der Tarifvertragsparteien
    und ohne Zustimmung des Bundesrates Allgemeinver-
    bindlichkeitserklärungen auszusprechen, und zwar nicht
    nur für Mindestlöhne, nein, für ganze Lohnstrukturen,
    für ganze Tarifgefüge. Das geht weit über das hinaus,
    was früher überhaupt nur angedacht worden ist.
    Einer von uns hätte einmal auf die Idee kommen sollen,
    so etwas vorzuschlagen. Welches Geschrei das bei Ihnen
    ausgelöst hätte, kann ich mir gut vorstellen.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Es wäre ganz schlimm gewesen, wenn der Vorschlag von der F.D.P. gekommen wäre!)


    Das wollen Sie, Herr Riester, nun alles machen. Ich
    möchte gern wissen, ob der Vorsitzende der Gewerk-
    schaft Bauen – Agrar – Umwelt, Herr Wiesehügel, der ja
    nun diesem Hause angehört, dem zustimmen kann.
    Wenn er das tut, dann kann ich mich wirklich nur wun-
    dern, wie sehr die Gewerkschaften vor dieser Regierung
    zu Kreuze kriechen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Erfüllungsgehilfen! – Klaus Wiesehügel [SPD]: Mit reinem Herzen und mit großer Freude!)


    Es war zu erwarten, daß Sie die zeitliche Befristung
    des Entsendegesetzes aufheben würden. Wir sind uns
    auch darin einig, daß illegale Beschäftigung bekämpft
    werden muß. Das, was Sie vorsehen, wird – deswegen
    bitte ich Sie, noch einmal darüber nachzudenken –, kata-
    strophale Auswirkungen für mittelständische Betriebe
    haben, die ja Gott sei Dank nicht alle illegale Subunter-
    nehmer sind. Es gibt in Deutschland glücklicherweise
    noch eine Menge Subunternehmer mehr, die legal ar-
    beiten, als solche, die illegal arbeiten.


    (Zuruf von der SPD: Dann brauchen wir keine Sorgen zu haben!)


    Ihre Generalunternehmerhaftung führt zu nichts ande-
    rem, als daß die Bezahlung zurückgehalten wird – bis
    zum Konkurs –, und darunter leiden mittelständische
    Unternehmen. Nein, meine Damen und Herren, darüber
    sollten Sie noch einmal nachdenken.

    Ich freue mich auf die Anhörung. Vielleicht gibt es
    dann ja doch noch ein wenig Einsicht bei Ihnen.

    Danke.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort für die
PDS-Fraktion hat Frau Dr. Heidi Knake-Werner.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heidi Knake-Werner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident!
    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das läßt ja für die
    nächsten Wochen eine spannende Debatte im Ausschuß
    und bei den diversen Anhörungen, die uns noch bevor-
    stehen, erwarten.

    Viele Korrekturen einer falschen Politik der Kohl-
    Regierung, die mit diesem Gesetzentwurf auf dem Tisch
    liegen, werden wir von der PDS unterstützen, auch wenn
    uns mancher Schritt zu kurz gerät. Vor allem werden wir
    mit dafür sorgen, daß die Menschen nicht mehr ihr
    Portemonnaie zuhalten, wenn sie etwas von Reformen
    hören, sondern daß sie in dieser Gesellschaft wieder er-
    leben können, daß wirkliche Reformen ihre Lebens- und
    Arbeitssituation verbessern, die Zukunft sichern und die
    Demokratie fördern.


    (Beifall bei der PDS)

    Mit dieser Meßlatte werden wir auch an die einzelnen
    vorgelegten Initiativen Ihres Gesetzentwurfs herange-
    hen.

    Bevor ich auf den Gesetzentwurf im einzelnen ein-
    gehe, möchte ich gern eine Vorbemerkung zu einem
    Punkt machen, der mich in dieser Diskussion von seiten
    der Koalitionsfraktionen zunehmend irritiert. Ich ver-
    stehe nicht, daß Sie bei allem, was Sie hier auf den Tisch
    legen und was Sie anpacken, dem Fetisch der zu hohen
    Lohnnebenkosten hinterherlaufen. Die vielfältigen
    Versuche Ihrer Vorgängerregierung, Arbeit billiger zu
    machen, haben wir doch gemeinsam regelmäßig als be-
    schäftigungspolitische Flops angesehen. Daraus ist kein
    einziger zusätzlicher Arbeitsplatz entstanden, aber viel
    Verlust an sozialer Gerechtigkeit. Warum, bitte, sehen

    Dr. Irmgard Schwaetzer






    (A) (C)



    (B) (D)


    Sie das heute ganz anders, nur weil Sie in der Regierung
    sind? Das geht in meinen Kopf nicht hinein.


    (Beifall bei der PDS)

    Wenn der Minister hier von Umbrüchen in der Ar-

    beitsgesellschaft und von Strukturwandel spricht, dann
    weiß er doch auch, daß dem mit der Senkung der Lohn-
    nebenkosten nicht beizukommen ist. Ich brauche mir
    jetzt zwar nicht Ihren Kopf zu zerbrechen, aber ich muß
    einfach feststellen: Diese Fixierung auf die Lohnneben-
    kosten erschwert nicht nur den sozialen, sondern – wie
    wir heute morgen gehört haben – auch den ökologischen
    Umbau, wenn sie ihn nicht gar unmöglich macht.

    Nun zu dem Gesetz im einzelnen: Natürlich teilen wir
    Ihre Auffassung, daß insbesondere die Absenkung des
    Rentenniveaus im sogenannten Rentenreformgesetz
    1999 einer dringenden Korrektur bedarf. Wir hätten es
    gerne gesehen, wenn dies nicht ausgesetzt, sondern
    schon endgültig so beschlossen worden wäre. Wir teilen
    alle Ihre Vorschläge hinsichtlich der Erwerbsunfähig-
    keitsrente und auch die Rücknahme des Renteneintritts-
    alters für Schwerbehinderte. Wir kritisieren nach wie
    vor, daß Sie nicht auch sofort die Erhöhung des Renten-
    alters für Frauen zurückgenommen haben. Das leuchtet
    uns überhaupt nicht ein. Das wäre nämlich eine frauen-
    freundliche Maßnahme.


    (Beifall bei der PDS)

    Das gleiche gilt für die Verkürzung der Anrechnungs-
    zeiten für Ausbildung. Auch von diesen Maßnahmen
    sind vor allen Dingen die Frauen betroffen.

    Die von Ihrer Seite vorgeschlagenen Maßnahmen zur
    Entlastung der Rentenkassen halten wir durchaus für
    richtig. Eine Verbesserung der Einnahmenseite der
    Rentenversicherung – das will ich ganz generell sagen –
    wird sich in dem Maße einstellen, wie es gelingt, den
    Ausstieg aus dem Solidarsystem zu stoppen, der durch
    Scheinselbständigkeit und andere versicherungsfreie Be-
    schäftigungen in den letzten Jahren millionenfach statt-
    gefunden hat.

    In diesem Zusammenhang, meine lieben Kolleginnen
    und Kollegen, erlauben Sie mir eine kurze Bemerkung
    zu dem gestrigen Überraschungscoup von Gerhard
    Schröder. Natürlich begrüßen wir die längst fällige An-
    passung der Obergrenze der prekären Beschäftigungs-
    verhältnisse im Osten an die im Westen gültige Grenze
    von 620 DM, obwohl wir die Gefahr sehen, daß damit
    ein Tor geöffnet und ein weiterer Ausstieg aus den so-
    zialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis-
    sen vorbereitet wird. Ansonsten hat der Vorstoß Gerhard
    Schröders, wie ich glaube, auch manchen Kolleginnen
    und Kollegen in den Koalitionsfraktionen die Schuhe
    ausgezogen. Auch so kann man die Rentenkassen sanie-
    ren, aber das ist ein höchst unüblicher Weg. Ich glaube,
    so etwas hat es in der Tat in diesem Lande noch nicht
    gegeben: Man kassiert Sozialversicherungsbeiträge,
    ohne daß daraus Leistungsansprüche entstehen. Das ist
    wirklich ein Patent.


    (Beifall bei der PDS und der F.D.P.)


    Für die Arbeitgeber ist es ein Nullsummenspiel; die
    mittelständischen Unternehmen haben Ihnen ja auch
    schon ihren Dank dafür ausgesprochen. Die Millionen
    Frauen allerdings lassen Sie im Regen stehen. Ihnen nur
    Schutz vor Krankheit und im Alter einzuräumen, wenn
    sie von ihrem Minieinkommen noch zusätzliche Versi-
    cherungsbeiträge bezahlen, halte ich in der Tat für eine
    jämmerliche Idee. Dadurch wird das von Ihnen formu-
    lierte richtige Prinzip, jede bezahlte Arbeitsstunde versi-
    cherungspflichtig zu machen, in eine unsoziale und zu-
    dem zutiefst frauenfeindliche Maßnahme verkehrt.


    (Beifall bei der PDS)

    Daran werden wir uns nicht beteiligen. Wir hoffen sehr,
    daß wir während der künftigen Beratungen noch Nach-
    besserungen erleben, wie sie auch die Gewerkschaften,
    wie ich finde, ein bißchen handzahm fordern. Da hätte
    ich mir mehr Protest erhofft.


    (Beifall bei der PDS)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aushöhlung des

    Solidarprinzips und der Arbeitnehmerrechte durch
    Scheinselbständigkeit endlich zu stoppen ist auch uns
    ein wichtiges Anliegen. In den zuvor schon durchge-
    führten Anhörungen haben wir uns oft von Betroffenen
    sagen lassen müssen, in welch entsetzliche Arbeits- und
    Lebenssituation sie diese scheinbare Selbständigkeit ge-
    bracht hat. Wir hoffen auf eine schnelle Lösung, an der
    wir uns auch gerne beteiligen wollen.

    Auch bei der Wiederherstellung der sozialen Kriteri-
    en im Kündigungsschutzrecht und bei der Wiedereinfüh-
    rung der hundertprozentigen Lohnfortzahlung können
    Sie mit unserer Unterstützung rechnen. Natürlich hat die
    Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall den
    Unternehmen Einsparungen in Höhe von 20 Milliarden
    DM gebracht. Aber mit welchem Erfolg? Kein Arbeits-
    platz ist daraus entstanden. Die Gewinnmargen sind ge-
    stiegen. Es war ein einziger beschäftigungspolitischer
    Flop. Darin waren sich zumindest die ehemaligen Oppo-
    sitionsparteien immer einig.


    (Beifall bei der PDS)

    Auch die Reform des Entsendegesetzes findet unsere

    Zustimmung. Sie ist ein wichtiger Schritt dahin, auslän-
    dische Arbeiter vor Lohn- und Sozialdumping auf dem
    Bau und endlich auch im Baunebengewerbe zu schüt-
    zen.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Das kann ich mir vorstellen!)


    Daß Vereinbarungen nicht nur über die Höhe des Min-
    destlohnes, sondern auch über die des Tariflohnes abge-
    schlossen werden können, halten wir ebenso für den
    richtigen Weg.

    Über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung werden
    wir noch trefflich streiten. Ich unterstütze das, was die
    Regierung hierzu vorschlägt, weil ich mich noch gut an
    die letzten Auseinandersetzungen um den Tarifvertrag in
    der Bauwirtschaft erinnere, wobei durch die Bockbei-
    nigkeit der Unternehmensvertreter im Tarifausschuß der
    Abschluß des Tarifvertrages um Monate hinausgezögert

    Dr. Heidi Knake-Werner






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    wurde – gegen den Willen von Gewerkschaft und Bau-
    wirtschaft. Das müssen wir zukünftig verhindern.

    Es gibt ungelöste Probleme – Frau Buntenbach hat sie
    angesprochen –, was die Abschiebung nach Razzien an-
    geht. Wir brauchen hier eine europäische Lösung, damit
    die Betroffenen endlich auch als Zeugen im Rahmen
    von Verfahren gegen die Unternehmen zur Verfügung
    stehen können.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus allem, was ich
    bisher gesagt habe, können Sie erkennen, daß die PDS
    eine Menge mit dem anfangen kann, was Sie in Ihrem
    Gesetzentwurf aufgeschrieben haben. Kritik haben wir
    allerdings an dem, was Sie bisher nicht aufgeschrieben
    haben –, trotz Ihrer Wahlversprechungen.


    (Beifall bei der PDS)

    So ist uns im Koalitionsvertrag und in der Regierungs-
    erklärung aufgefallen, daß Sie zwar mit einer Korrektur
    der fatalen Fehlentscheidungen in den Bereichen der So-
    zialversicherung und der Arbeitnehmerrechte beginnen
    wollen, jedoch nichts darüber sagen, wie Sie es zukünf-
    tig mit den Leistungen und Rechten für Arbeitslose hal-
    ten wollen. Was Sie dazu sagen – das muß ich ganz of-
    fen feststellen –, macht einen nicht besonders froh.

    Wir halten die Leistungskürzungen der letzten Jahre
    und auch andere Zwangsmaßnahmen zum Beispiel im
    SGB III für unakzeptabel. Deshalb haben wir heute
    unseren Entwurf eines Arbeitslosenhilfe-Korrektur-
    gesetzes auf den Tisch gelegt. Damit wollen wir errei-
    chen, daß die Absenkung der Bemessungsgrundlage für
    die Arbeitslosenhilfe gestoppt und damit nicht nur eine
    soziale Regelung für die Betroffenen geschaffen wird,
    sondern auch die Kommunen nicht weiter zusätzlich mit
    Sozialhilfekosten belastet werden.

    Mit einem zweiten Gesetzentwurf, den wir heute
    vorlegen, wollen wir verhindern, daß ab 1. Januar 1999
    die Sonn- und Feiertagsruhe und damit unser gummi-
    weiches Arbeitszeitgesetz noch weiter ausgehöhlt wird.
    Wir wollen die Feiertagsruhe erhalten – nicht nur im
    Interesse der Beschäftigten in Banken und Kreditanstal-
    ten, die rund um die Uhr arbeiten sollen, damit der Ru-
    bel rollt, sondern auch deshalb, weil wir die Feiertagsru-
    he für einen kulturellen Wert unserer Gesellschaft halten


    (Beifall bei der PDS)

    und der Auffassung sind, daß familiäres Miteinander
    und soziale Gemeinschaft zu schützen auch eine Aufga-
    be der Politik im Kampf gegen eine „Rund-um-die-Uhr-
    Gesellschaft“ ist. Der Lösung dieser Aufgabe wollen wir
    uns stellen.

    Ganz zum Schluß lassen Sie mich noch feststellen:
    Der Winter steht unverkennbar und erlebbar für alle vor
    der Tür. Wir wollen, daß sich das Heuern und Feuern
    auf den Baustellen in diesem Winter nicht wiederholt.


    (Beifall bei der PDS)

    Deshalb haben wir heute unseren Gesetzentwurf zur
    Wiedereinführung des Schlechtwettergeldes vorge-
    legt. Durch die Kosten für die arbeitslosen Bauarbeiter
    wurde die Bundesanstalt für Arbeit 1997 stärker bela-

    stet, als wenn sie, wie früher, Schlechtwettergeld gezahlt
    hätte.

    Weil das so ist, wollen wir, daß das Gesetz noch zum
    1. Januar 1999 in Kraft tritt, damit wenigstens ab dann
    Zehntausende am Bau eine Chance auf Weiterbeschäfti-
    gung haben und nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen
    werden, wie das in den letzten Jahren zuhauf passiert ist.