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ID1400905800

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/9 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 9. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. November 1998 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung........................ 487 A Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuer- reform (Drucksache 14/40) ....................... 487 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Entlastung durch Einführung einer ökologischen und sozialen Steuerreform (Drucksache 14/66 (neu))........................... 487 B Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 487 C Friedrich Merz CDU/CSU ............................... 490 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU............... 494 A Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 496 B Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 499 B Detlev von Larcher SPD .................................. 500 D Walter Hirche F.D.P............................ 501 C, 508 A Cornelia Pieper F.D.P. ............................... 502 D Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 504 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 506 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P.......................... 509 C Dr. Barbara Höll PDS ...................................... 510 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD................... 511 B Dr. Klaus Lippold (Offenbach) CDU/CSU ..... 512 D Hans Martin Bury SPD.................................... 515 B Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi... 516 B, 517 D Walter Hirche F.D.P. ....................................... 517 B Gunnar Uldall CDU/CSU................................ 518 A Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Enwurfs eines Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmer- rechte (Drucksache 14/45) ........................ 518 D b) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsreform- gesetzes 1998 (Drucksache 14/46)............. 519 A c) Erste Beratung des von der Abgeord- neten Dr. Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht der Ar- beitslosenhilfe (Erstes Arbeitslosenhilfe- Korrekturgesetz) (Drucksache 14/15)...... 519 A d) Erste Beratung des von der Abgeord- neten Dr. Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ar- beitszeitgesetzes und des Euro-Einfüh- rungsgesetzes (Drucksache 14/13)............ 519 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 e) Erste Beratung des von der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Wiedereinführung des Schlecht- wettergeldes – Schlechtwettergeld-Ge- setz (Drucksache 14/39)............................. 519 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur beschäftigungswirksamen Änderung des Kündigungsschutzgeset- zes (Drucksache 14/44) .............................. 519 B Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 519 C Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU ............... 522 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 525 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 528 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 530 C Angelika Krüger-Leißner SPD ........................ 532 C Dr. Ilja Seifert PDS .................................... 533 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 535 A Hubertus Heil SPD..................................... 536 A Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. ............................ 537 C Olaf Scholz SPD.............................................. 538 B Johannes Singhammer CDU/CSU................... 540 C Peter Dreßen SPD ...................................... 541 A Kurt Bodewig SPD .......................................... 542 A Meinrad Belle CDU/CSU................................ 544 A Nächste Sitzung ............................................... 545 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 547 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 487 (A) (C) (B) (D) 9. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. November 1998 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Vizepräsident Rudolf Seiters Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 547 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andres, Gerd SPD 20.11.98 Austermann, Dietrich CDU/CSU 20.11.98 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.11.98 Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.11.98 Blank, Renate CDU/CSU 20.11.98 Braun (Augsburg), Hildebrecht F.D.P. 20.11.98 Breuer, Paul CDU/CSU 20.11.98 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 20.11.98 * Bulling-Schröter, Eva-Maria PDS 20.11.98 Carstensen (Nordstrand), Peter Harry CDU/CSU 20.11.98 Caspers-Merk, Marion SPD 20.11.98 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 20.11.98 Dietzel, Wilhelm CDU/CSU 20.11.98 Fink, Ulf CDU/CSU 20.11.98 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.11.98 Frick, Gisela F.D.P. 20.11.98 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 20.11.98 Gebhard, Fred PDS 20.11.98 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 20.11.98 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 20.11.98 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 20.11.98 Hartnagel, Anke SPD 20.11.98 Hintze, Peter CDU/CSU 20.11.98 Irmer, Ulrich F.D.P. 20.11.98 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jacoby, Peter CDU/CSU 20.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 20.11.98 Kahrs, Johannes SPD 20.11.98 Kolbe, Manfred CDU/CSU 20.11.98 Kolbow, Walter SPD 20.11.98 Lehn, Waltraud SPD 20.11.98 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 20.11.98 Michels, Meinolf CDU/CSU 20.11.98 Otto (Frankfurt), Hans-Joachim F.D.P. 20.11.98 Dr. Pfaff, Martin SPD 20.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 20.11.98 Reiche, Katherina CDU/CSU 20.11.98 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 20.11.98 Ronsöhr, Heinrich-Wilhelm CDU/CSU 20.11.98 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 20.11.98 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 20.11.98 Schaich-Walch, Gudrun SPD 20.11.98 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 20.11.98 Dr. Schmidt-Jortzig, Edzard F.D.P. 20.11.98 Schmitz (Baesweiler), Hans-Peter CDU/CSU 20.11.98 von Schmude, Michael CDU/CSU 20.11.98 Thönnes, Franz SPD 20.11.98 Wimmer (Karlsruhe), Brigitte SPD 20.11.98 Wissmann, Matthias CDU/CSU 20.11.98 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20.11.98 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 20.11.98 —————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union 548 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. November 1998 (A) (C) (B) (D) Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn sellschaft mbH, Postfach 1320, 53003 Bonn, Telefon: 0228/3820840, Telefax: 0228/3820844 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Seiters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich schließe die
    Aussprache.

    Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
    den Drucksachen 14/40 und 14/66 (neu) an die in der
    Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
    Der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/40 soll außerdem
    zur Mitberatung dem Ausschuß für Tourismus überwie-
    sen werden. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? –
    Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so
    beschlossen.

    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a bis 8 e sowie
    Zusatzpunkt 7 auf:
    8. a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und

    BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
    Entwurfs eines
    Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialver-
    sicherung und zur Sicherung der Arbeitneh-
    merrechte
    – Drucksache 14/45 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend)

    Rechtsausschuß
    Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
    Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuß für Gesundheit
    Ausschuß für Tourismus
    Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO






    (A) (C)



    (B) (D)


    b) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und
    BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
    Entwurfs eines
    Gesetzes zur Änderung des Versorgungsre-
    formgesetzes 1998 (VReformGÄndG)

    – Drucksache 14/46 –
    Überweisungsvorschlag:
    Innenausschuß (federführend)

    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
    Ausschuß für Gesundheit
    Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO

    c) Erste Beratung des von der Abgeordneten Dr.
    Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS
    eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
    Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht der

    (Erstes ArbeitslosenhilfeKorrekturgesetz – 1. Alhi-KG)

    – Drucksache 14/15 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend)

    Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    d) Erste Beratung des von der Abgeordneten Dr.
    Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS
    eingebrachten Entwurfs eines
    Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes

    (ArbZG) und des Euro-Einführungsgesetzes


    (EuroEG)

    – Drucksache 14/13 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend)

    Rechtsausschuß
    Finanzausschuß
    Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
    Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union

    e) Erste Beratung des von der Fraktion der PDS
    eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wie-
    dereinführung des Schlechtwettergeldes –
    Schlechtwettergeld-Gesetz (SWG)

    – Drucksache 14/39 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend)

    Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

    ZP 7 Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr.
    Irmgard Schwaetzer, Rainer Brüderle, Jörg van
    Essen, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
    der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Geset-
    zes zur beschäftigungswirksamen Änderung
    des Kündigungsschutzgesetzes
    – Drucksache 14/44 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend)

    Rechtsausschuß
    Ausschuß für Wirtschaft und Technologie

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
    die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich höre
    keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

    Ich gebe dem Bundesminister für Arbeit und Sozial-
    ordnung, Walter Riester, das Wort.

    Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
    zialordnung: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und
    Herren! Wir stehen vor großen Umwälzungsprozessen
    in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Veränderungen auf
    den Arbeitsmärkten sind zum Teil Ausdruck dieser
    Umwälzungen. Für viele Menschen bringt der Wandel
    Unsicherheit und Vertrauensverluste mit sich.

    Wir sind vor sechs Wochen von den Bürgern und
    Bürgerinnen gewählt worden, weil sie Sicherheit und
    Vertrauen zurückgewinnen wollen. Sie erwarten von der
    Politik, inmitten dieses Strukturwandels nicht allein ge-
    lassen zu werden. Nur wenn die Menschen Vertrauen in
    sich und die Politik zurückgewinnen, sind sie bereit, die
    Veränderungen auch aktiv mitzutragen. Wir wollen, daß
    sie wieder Wagnisse auf sich nehmen und der Zukunft
    optimistisch entgegengehen.

    Darum bringen wir Reformen auf den Weg, die den
    Namen „Reform“ auch verdienen. Unsere Reformen
    sollen Verbesserungen und keine Verschlechterungen
    bringen. Umgekehrt werden wir das, was in der Vergan-
    genheit als Reform vertreten worden ist, in der Realität
    aber die Lebenswirklichkeit der Menschen verschlech-
    tert hat, zurücknehmen. Die sogenannten Reformen der
    Vergangenheit haben in unserer Gesellschaft Schaden
    angerichtet. Diesen Schaden reparieren wir heute in
    einem ersten Schritt. Ganz oben auf unserer Liste steht
    dabei die Rentenpolitik.

    Wir nehmen die Rentenniveaukürzung der alten
    Bundesregierung zurück. Wir streichen den von der
    alten Regierung eingeführten demographischen Faktor,
    der in Wirklichkeit nur ein linearer Kürzungsfaktor ist,
    aus der Rentenformel.


    (Beifall bei der SPD)

    Die mit diesem Faktor herbeigeführte lineare Renten-
    niveaukürzung ist ungerecht und hätte viele Klein- und
    Kleinstrentner in die Nähe der Sozialhilfe gebracht.
    Zurücknehmen werden wir auch die Kürzungen bei den
    Renten derjenigen, die nicht mehr aus eigener Kraft
    ihren Lebensunterhalt verdienen können.

    Die Verschlechterung bei den Erwerbsunfähigkeits-
    und Berufsunfähigkeitsrenten wie auch die Geltung des
    demographischen Faktors werden wir bis zu einer Neu-
    regelung der Rentenreform für die Jahre 1999 und 2000
    aussetzen. Beide Korrekturen werden zum 1. Januar
    1999 wirksam. Dies ist nicht nur dringend geboten, son-
    dern auch durch unseren Einstieg in die ökologische
    Steuerreform gegenfinanziert.


    (Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Ich wäre etwas vorsichtiger an Ihrer Stelle!)


    Die Rentenversicherung muß zukunftssicher, armuts-
    fest und verläßlich werden. Deshalb werden wir schon
    im nächsten Jahr eine Rentenstrukturreform auf den
    Weg bringen, die die Folgen der demographischen
    Entwicklung gerecht zwischen den Generationen ver-
    teilt. Aber das wird nicht reichen. Zusätzlich sind

    Vizepräsident Rudolf Seiters






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Einfallsreichtum und Kreativität gefragt, um einen neu-
    en Generationenpakt zwischen Jung und Alt zu schlie-
    ßen.

    In den nächsten fünf Jahren kommen rund 3 Millio-
    nen Menschen in das Alter zwischen 60 und 65 Jahren,
    gleichzeitig befinden sich heute schon 1,7 Millionen
    junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren weniger in
    Erwerbsarbeit, als dies 1991 der Fall war. Ich fordere
    alle gesellschaftlichen Akteure auf, sich an der Diskus-
    sion um eine solide, sozial gerechte und verläßliche
    Antwort auf diese Entwicklung zu beteiligen.


    (Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das haben Sie verweigert!)


    Konstruktive Vorschläge sind gefragt. Nicht die breite
    Erörterung dessen, was nicht geht, wird uns bei der Lö-
    sung der anstehenden Probleme weiterhelfen,


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Wollen Sie keinen Leistungsanspruch haben?)


    auch nicht das Aufbauen schier unüberwindlicher Hin-
    dernisse. Das heißt nicht, daß ich dem Streit in der Sa-
    che aus dem Wege gehe. Aber wir brauchen einen Streit,
    der uns in der Sache wirklich weiterführt.

    Ein Ort der konstruktiven Auseinandersetzung kann
    das von uns initiierte Bündnis für Arbeit und Ausbil-
    dung sein. Gerade deshalb bin ich dagegen, Vorbedin-
    gungen für die Bündnisgespräche einzubringen, im
    Gegenteil: Klare Signale aller, einen eigenständigen
    Beitrag zu leisten und sich zu bewegen, können das
    Bündnis zum Erfolg bringen.

    Die Bundesregierung tritt mit einem solchen Beitrag
    an; denn wir senken den Beitrag zur Rentenversicherung
    um 0,8 Prozentpunkte zum 1. April nächsten Jahres


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So schnell?)


    und entlasten damit sowohl die Betriebe als auch die
    Arbeitnehmer.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Einen solchen großen Schritt zur Entlastung der Ar-
    beitskosten hat es in den letzten 16 Jahren trotz voll-
    mundiger Ankündigungen nicht gegeben. Wir reden
    nicht nur von der Senkung der Lohnnebenkosten, wir
    setzen sie auch durch.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sind Steuern keine Lohnnebenkosten?)


    Beides brauchen wir: eine wettbewerbsfähige und lei-
    stungsstarke Wirtschaft sowie Arbeitnehmerinnen und
    Arbeitnehmer, die wieder mehr Geld in der Tasche ha-
    ben und die Wirtschaft auch von der Nachfrageseite her
    ankurbeln können.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Papier ist geduldig!)


    Insgesamt entlasten wir die Arbeitnehmerinnen und
    Arbeitnehmer und die Wirtschaft pro Jahr um 11 Milli-

    arden DM. Bei der Finanzierung dieses Vorhabens ste-
    hen wir auf einem soliden und verläßlichen Fundament.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Au ja!)

    Künftig zahlt der Bund der Rentenversicherung das Geld
    für die zusätzlich beschlossenen Leistungen.


    (Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das löst die Probleme nicht!)


    Dieses Vorgehen sorgt für mehr Beitragsgerechtigkeit.
    Beiträge für die Kindererziehungszeiten und die Anpas-
    sung der Ostrenten werden von der Allgemeinheit der
    Steuerzahler getragen und nicht mehr nur von den sozi-
    alversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Ar-
    beitnehmern und von den Betrieben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir verbessern damit die Finanzierungsgrundlage der
    Sozialversicherungen.

    Das gilt auch für die geringfügig Beschäftigten.
    Bundeskanzler Schröder hat gestern in diesem Hause
    dargelegt, wie wir uns die Neuregelung zu den 620-DM-
    Jobs vorstellen.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Daß sie zahlen müssen, aber nichts rauskriegen! Das hat er dargelegt!)


    – Das hat er nicht dargelegt.

    (Dirk Niebel [F.D.P.]: O ja! – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Nennen Sie die Zahlen doch noch einmal!)


    Statt der Pauschalsteuer wird ein Beitrag von 10 bzw.
    12 Prozent vom Arbeitgeber in die Sozialversicherungs-
    kassen eingezahlt.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Aber es gibt keinen Leistungsanspruch!)


    Der Beschäftigte braucht keinen Beitrag zu leisten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Er kriegt aber auch keine Leistung! – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Es bleibt, wie es ist! – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das ist Roßtäuscherei, was Sie da machen!)


    Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse werden in
    der Zukunft von der ersten Stunde an sozialversichert.


    (Beifall bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ohne Leistung!)


    Das ist ein Anliegen, für das wir lange, lange gekämpft
    haben.

    Sie selbst sind sonst doch sehr dafür, daß man, wenn
    man Leistungen erhalten will, vorher Beiträge eingezahlt
    haben muß.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Aber sie kriegen ja keine Leistungen!)


    Bundesminister Walter Riester






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jeder, der einen Eigenbeitrag in Höhe von 7,5 Prozent
    leistet, hat einen Leistungsanspruch aus dem gesamten
    in die Rentenversicherung eingezahlten Beitrag.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [F.D.P.]: Und bei der Krankenkasse?)


    Ich denke, daß wir mit dieser Lösung einen guten
    Kompromiß gefunden haben. Es ist ein Kompromiß,
    der weder die Wirtschaft über Gebühr belastet noch die
    Befürchtungen vieler geringfügig Beschäftigter igno-
    riert. Er verhindert die Erosion der Sozialversiche-
    rungssysteme; er macht das weitere Aufsplitten von
    Arbeitsverhältnissen unattraktiver; er verhindert Aus-
    weichreaktionen in Richtung Schwarzarbeit, er wird
    mittelfristig durch das Einfrieren der 620-DM-Grenze
    die Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung ein-
    dämmen, und er bietet den Arbeitnehmerinnen und
    Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich für das Alter zu-
    sätzlich abzusichern.


    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, mehr Gerechtigkeit haben

    wir in unserem Wahlprogramm den Arbeitnehmerinnen
    und Arbeitnehmern versprochen. Heute lösen wir dieses
    Versprechen ein. Wir nehmen die Kürzung der Lohn-
    fortzahlung im Krankheitsfall aus ordnungs- und so-
    zialpolitischen Gründen zurück.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Im übrigen hat diese Maßnahme auf dem Rücken der
    Kranken nicht zu den von der Wirtschaft versprochenen
    Einstellungen geführt.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Richtig!)

    Die Kürzung der Entgeltfortzahlung hat zwar – nach
    Aussagen der Wirtschaft – zu Einsparungen zwischen
    15 und 20 Milliarden DM geführt. Nur: Mehr Arbeits-
    plätze haben wir nicht erwarten können.


    (Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Haben wir nun weniger Arbeitslose, oder haben wir sie nicht? – Gegenruf der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Aber nicht deswegen!)


    – Mein lieber Herr, doch nicht durch die Kürzung der
    Lohnfortzahlung.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Woher wissen Sie das denn?)


    – Das weiß ich sehr genau aus der Praxis, aus sehr, sehr
    vielen Gesprächen in den Betrieben, möglicherweise
    etwas konkreter als Sie, Frau Schwaetzer.


    (Beifall bei der SPD)

    Eines allerdings haben Sie damit in der Tat ausgelöst:

    daß der soziale Frieden in diesem Lande sehr nachhaltig
    gestört wurde.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Wer nicht durch Tarifverträge vor Einkommensminde-
    rung geschützt ist, wird jetzt zusätzlich zu seiner Krank-
    heit noch mit Lohnabzug bestraft. Dieser Ungleichheit
    setzen wir ein Ende. Eine moderne und sozial gerechte
    Gesellschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn auch die
    Balance zwischen den Hauptakteuren in der Volkswirt-
    schaft stimmt. Wer einseitig die Rechte einer Gruppe
    beschneidet, gefährdet nicht nur den sozialen Frieden –
    er löst Unfrieden aus.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind gegen den einseitigen Abbau von Arbeit-

    nehmerrechten. Deshalb nehmen wir auch die arbeit-
    nehmerfeindliche Einschränkung des Kündigungs-
    schutzes zurück.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Auch diese Maßnahme hat nicht zu den versprochenen
    Einstellungen geführt. Welch große Erwartungen mit der
    Einschränkung des Kündigungsschutzes verbunden wa-
    ren, zeigt ein Blick in die damalige Gesetzesbegrün-
    dung. In der Bundestagsdrucksache 13/4612 vom
    10. Mai 1996 heißt es:

    Es kann davon ausgegangen werden, daß ein Teil
    der Betriebe ... bei Anhebung des Schwellenwertes
    neue Einstellungen vornehmen wird. Wenn jeder
    der Betriebe, die gegenwärtig zwischen fünf und
    neun Arbeitnehmer beschäftigen, zusätzlich nur ei-
    nen Arbeitnehmer einstellt, ergibt dies eine halbe
    Million möglicher Neueinstellungen.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Hört! Hört!)

    Diese Rechnung ist offensichtlich nicht aufgegangen.

    Selbst der Zentralverband des Deutschen Handwerks
    räumt heute ein, daß für das Einstellungsverhalten – wie
    könnte es auch anders sein? – die konjunkturelle Lage
    und die Beschäftigungserwartungen das entscheidende
    Motiv sind.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dann wird es ja in der nächsten Zeit schlecht aussehen!)


    Dies bestätigt auch eine im Auftrag des Bundesministe-
    riums für Wirtschaft im Jahr 1997 durchgeführte Untersu-
    chung. Sie, meine Damen und Herren von der F.D.P.,
    wollen nun den Schwellenwert für den gesetzlichen Kün-
    digungsschutz auf 20 Arbeitnehmer heraufsetzen. Wenn
    Ihr Vorschlag Realität würde, wären rund 36 Prozent der
    Arbeitnehmer und 90 Prozent der Betriebe aus dem all-
    gemeinen Kündigungsschutz ausgenommen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Der gesetzliche Kündigungsschutz ist verfassungsrecht-
    lich durch das Sozialstaatsgebot und den Gleichheits-
    grundsatz verankert. Erleichterungen für Kleinbetriebe,
    die den gebotenen Kündigungsschutz einschränken,
    müssen sachlich gerechtfertigt sein.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Das sind sie auch!)

    Diese Rechtfertigung kann ich Ihrem Gesetzentwurf
    nicht entnehmen. Ich sage Ihnen: Um diese Rechtferti-
    gung zu akzeptieren, fehlt mir die Phantasie.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben überhaupt keine Phantasie!)


    Bundesminister Walter Riester






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    – Es mag sein, daß Ihre Phantasie in Bereiche hinein-
    reicht, wo meine längst versagt.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich setze meine Phantasie lieber für kreative Lösungen
    ein, als sie für falsche Maßnahmen zu strapazieren. Ich
    habe – das möchte ich Ihnen sagen – zumindest so viel
    Phantasie, daß ich mir vorstellen kann, was in einem 45-
    oder 50jährigen Arbeitnehmer vorgeht, der weiß, daß er
    von einem Tag auf den anderen entlassen werden kann,
    der weiß, daß er im Arbeitsmarkt heute kaum noch
    unterzubringen ist. Dafür – für das Menschliche – reicht
    meine Phantasie.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Meine Damen und Herren, wir brauchen einen effek-
    tiven Kündigungsschutz, und zwar auch deshalb, weil
    aus ihm durchaus produktive Wirkungen hervorgehen.
    Es wirkt leistungsfördernd, wenn sich die Arbeitnehmer
    vor willkürlicher Kündigung geschützt sehen. Dies kön-
    nen Sie im übrigen beim Sachverständigenrat zur Begut-
    achtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nach-
    lesen.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Aber welcher kleine Handwerksmeister kündigt seinen alten Arbeitnehmern denn wirklich willkürlich? Das macht doch keiner!)


    – Warum wollen Sie den Kündigungsschutz dann aufhe-
    ben? Wo liegt denn dann der Grund dafür?


    (Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [F.D.P.]: Damit sie mehr einstellen!)


    – Wir haben doch gerade vorexerziert bekommen, daß
    es nicht zu mehr Mehreinstellungen führt. Seit der Ent-
    scheidung, den Schwellenwert heraufzusetzen, arbeiten
    im Handwerk 135 000 Menschen weniger.


    (Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sie sind hier nicht auf dem Gewerkschaftstag!)


    Das hat nichts mit der Neuregelung zu tun, um auch das
    klar zu sagen. Aber es macht Ihnen doch deutlich, daß
    die Entscheidung, den Kündigungsschutz aufzuheben,
    nicht zu mehr Einstellungen geführt hat. Im übrigen gibt
    es das Beschäftigungsförderungsgesetz, in dem geregelt
    ist – und zwar nicht nur für Kleinbetriebe, sondern für
    jeden Betrieb –, daß eine Neueinstellung bis zu 24 Mo-
    nate befristet werden kann, und zwar dreimal hinterein-
    ander. Dieses Schrittes hätte es also gar nicht bedurft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [F.D.P.]: Bei Mercedes macht man das, aber doch nicht in Kleinbetrieben!)


    Die Rechte unserer Arbeitnehmer stärken wir auch in
    dem Bereich, in dem sie in unvertretbarem Maße einer
    ausländischen Unterbietungskonkurrenz ausgesetzt sind,
    nämlich auf dem Bau. Deshalb heben wir die Befristung
    des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf. Dazu sind wir
    im übrigen auch europarechtlich verpflichtet. Die Befri-
    stung des Gesetzes war ein falsches Signal und hat sei-
    ner Umsetzung in die Praxis nur geschadet. Lohn- und

    Sozialdumping auf Baustellen muß weiterhin bekämpft
    werden. Immer wieder werden von den Aufsichtsbehör-
    den skandalöse Zustände auf deutschen Baustellen auf-
    gedeckt. Stundenlöhne von 5 DM und weniger auf deut-
    schen Baustellen können und wollen wir nicht akzeptie-
    ren.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Um hier wirkungsvoller eingreifen zu können, erweitern
    wir die Kontrollrechte der Behörden und verschärfen
    den Bußgeldrahmen. Außerdem hat der Arbeitsminister
    künftig das Recht, tariflich geregelte Arbeitsbedingun-
    gen im Bau auch auf nichttarifgebundene Arbeitgeber
    und Arbeitnehmer auszuweiten.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Über den gesamten Tarif?)


    Das führt zu einer effizienteren Lösung als bisher, weil
    jetzt schnelle Entscheidungen möglich sind. Das ist eine
    klare Entscheidung für die Stärkung der Tarifautonomie.
    Wir nehmen das Votum der tarifabschließenden Parteien
    hier sehr, sehr ernst. Sie haben die Kompetenz, sie ken-
    nen die Branche.

    Ich kann Ihnen meine Erfahrungen gerne schildern.
    Die Verschleppung bei der Mindestregelung, die die
    BDA verursacht hat, war ein unmittelbarer Eingriff in
    die Rechte der den Tarifvertrag allein gestaltenden
    Tarifvertragsparteien. Es wurden die Industriegewerk-
    schaft Bauen-Agrar-Umwelt und der Bauindustriever-
    band gezwungen, ihre eigenen Tarifverträge nach unten
    zu korrigieren. Diese Form des Eingreifens in die Tarif-
    autonomie wird es mit mir nicht geben.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Mit dieser Neuregelung sorgen wir für mehr Gerech-
    tigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitgeber sollen sich
    keine Wettbewerbsvorteile mehr durch Lohndumping
    verschaffen können. Mit der Weiterentwicklung des Ar-
    beitnehmer-Entsendegesetzes und mit der Wiederher-
    stellung des Anstandes bei Entgeltfortzahlung und Kün-
    digungsschutz setzen wir ein Signal für neue Verläß-
    lichkeit in der Politik und für die Stärkung der Sozial-
    partnerschaft. Beides ist unerläßlich, wenn wir endlich
    wieder Erfolge auf dem Arbeitsmarkt erzielen wollen
    und wenn wir uns neuen Herausforderungen in einem
    neuen Sozialsystem stellen wollen.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion hat Frau Birgit Schnieber-Jastram.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Birgit Schnieber-Jastram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsi-
    dent! Meine Damen und Herren! Herr Riester, das waren
    viele Sprüche.


    (Lachen bei der SPD)


    Bundesminister Walter Riester






    (A) (C)



    (B) (D)


    Sie werden sich an Ihren Sprüchen messen lassen müs-
    sen.


    (Zuruf von der SPD: Das ist nicht Herr Blüm!)

    Wenn Sie von Umwälzungsprozessen sprechen, die

    auf uns zukommen, dann, glaube ich, verschweigen Sie
    den Menschen manch eine Konsequenz, die diese Um-
    wälzungsprozesse haben werden. Das finde ich unauf-
    richtig, Herr Riester.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie sagen, wir hätten mit all unseren Maßnahmen

    Schaden angerichtet. Auch das, Herr Riester, ist unauf-
    richtig.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

    Wir haben in diesem Land 400 000 Arbeitsplätze ge-
    schaffen. Machen Sie das erst einmal nach!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie sagen, Herr Riester, Sie nehmen unsere Entwürfe

    zurück. Ich erlebe eine andere Realität. Bisher nehmen
    Sie laufende Meter eigene Entwürfe zurück.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Wer an die gestrige Diskussion denkt, der weiß das sehr
    gut.

    Vielleicht sollten Sie sich einmal in Ihren eigenen
    Reihen umsehen. Da gibt es manch einen, der offen-
    sichtlich weitsichtiger ist als Sie. Wenn Sie sich anse-
    hen, was Ihr Parteifreund Florian Gerster, Sozialminister
    in Rheinland-Pfalz, zur Frage der Rentenversicherung
    sagt, dann werden Sie nicht Ihre Position, sondern unse-
    re Position wiederfinden. Florian Gerster sagt nämlich:
    Es muß eine maßvolle Absenkung des Rentenniveaus
    geben, damit wir eine sozial gerechte, sinnvolle Antwort
    auf demographische Veränderungen haben. – Das ist
    nicht Ihr Konzept.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Während der gestrigen 620-Mark-Diskussion haben

    Sie von Chancen gesprochen, große Ankündigungen
    gemacht. Sie nutzen diese Chancen aber nicht; Sie
    setzen die Ankündigungen nicht um. Chancen vertan,
    Versprechen gebrochen – das wird Ihre Devise in der
    Sozialpolitik in diesem Land sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Gegen ein drohendes demographisches Ungleichge-

    wicht fällt Ihnen nichts Besseres ein, als zunächst einmal
    die von uns getroffenen Gegenmaßnahmen für zwei
    Jahre auszusetzen. Danach sollen strukturelle Verände-
    rungen beschlossen werden, über die überhaupt nichts
    Genaues bekannt ist. Es ist also sehr gut möglich, daß
    die Reformen, die heute empört abgelehnt werden, von
    der Regierung in zwei Jahren ein wenig umverpackt
    wieder auf den Tisch kommen. Darauf bin ich gespannt.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Es gibt, Herr Riester, drei Anforderungen der Bürger
    an eine Regierung: Ehrlichkeit über die Absichten und
    Folgen einer Reform,


    (Lachen bei der SPD)

    das Bemühen um ein realistisches und finanzierbares
    Modell und soziale Verantwortung. Das heißt: Beziehen
    Sie bitte Jung und Alt in Ihre Konzepte ein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Unsere Rentenreform wurde dem gerecht.

    Ich finde es in dem Zusammenhang übrigens ganz
    interessant, wie sich die Grünen auf dieses Problem ein-
    gelassen haben. Oswald Metzger sehe ich jetzt nicht. Er
    hat noch wenige Wochen vor der Wahl erklärt, die
    Rentenpläne der SPD seien absolut unverantwortlich
    und schlicht Unfug.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Da hat er recht! – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Die Grünen spielen doch sowieso keine Rolle! Die SPD entscheidet doch alles allein!)


    Ich sage Ihnen: Der Mann hat recht. Unverantwortlich
    ist es, was Sie in diesem Feld machen.

    Ich will, um Ihnen die Unvernunft Ihres Beschlusses
    darzulegen, gerne aus dem Gutachten des Sachverstän-
    digenrates zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
    zitieren:

    Die neue Regierung sollte dieses Gesetz
    – gemeint ist die Rentenreform –

    nicht zurücknehmen, sondern ganz im Gegenteil
    den mit der Gesetzesänderung eingeschlagenen
    Weg konsequent fortsetzen.

    Ansonsten drohe eine immer stärkere Beitragsbelastung,
    oder das Rentensystem gerate in Finanzschwierigkeiten.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das sagen Ihnen, Herr Riester, alle Fachleute; das sagt
    Ihnen Herr Professor Rürup, obwohl er Sozialdemokrat
    ist, das sagt Ihnen der Verband Deutscher Rentenversi-
    cherungsträger, und das sagt Ihnen auch Ihr grüner
    Koalitionspartner, den Sie mit dieser Ökosteuer, die kei-
    ne ist, an die Leine gelegt haben. Sie müssen es glauben;
    denn es ist so. Hören Sie in diesem Bereich auf die
    Experten!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Überzeugung ist – ich nehme Wetten an –:

    Kommt es zu einer sogenannten Strukturreform der
    Rente in zwei Jahren, dann wird darin ein demographi-
    scher Faktor enthalten sein. Dagegen können Sie heute
    wettern, soviel Sie wollen – wir werden uns hier wieder-
    sehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber die Tatsache, daß Sie wider bessere Einsicht

    und wider besseren Rat handeln, bezieht sich ja nicht
    nur auf die Rentenfrage. Sie haben im Wahlkampf, um
    den Mittelstand einzufangen – man könnte mit Blick auf

    Birgit Schnieber-Jastram






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Herrn Stollmann auch sagen: um ihn zu täuschen –, viel
    auf den Altbundeskanzler Helmut Schmidt und seine
    Politik gesetzt. Der Altbundeskanzler hat aber An-
    fang 1997 einem „Handlungskatalog für Deutschland“,
    verfaßt von der SPD-Bundestagsfraktion, ausdrücklich
    als richtig hervorgehoben, in dem es unter anderem
    heißt, daß es eine „neue Basis für die Lohnfortzahlung
    im Krankheitsfall“ geben müsse. – Das war in dem Sin-
    ne gemeint, in dem sie von uns, der christlich-liberalen
    Koalition, beschlossen wurde. – Des weiteren hat er die
    „Anrechnung von Urlaubstagen auf Kuren“ und „höhere
    Eigenleistungen bei Arzneimitteln“ gefordert. Was gilt
    eigentlich das Wort dieses Altbundeskanzlers in Ihren
    Reihen noch? Es ist „just for fun“ und gerade für den
    Wahlkampf gut genug.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


    Der erwähnte Handlungskatalog wird für die heutige
    Gesetzesvorlage besonders interessant:

    Der Kündigungsschutz ist so umzugestalten, daß er
    für kleine und mittlere Unternehmen nicht zu einer
    Einstellungsbremse für Arbeitslose wird.

    Schreiben Sie sich hinter die Ohren, was kluge Leute
    aus Ihren Reihen sagen, und handeln Sie danach! Be-
    auftragen Sie doch nicht Ihre Leute mit Aufgaben, die
    nachher nirgendwo einen Widerhall finden!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das gleiche gilt für die Lohnfortzahlung im

    Krankheitsfall, die Sie wie eine Monstranz vor sich her
    tragen. Die Neuregelung der Lohnfortzahlung im
    Krankheitsfall hat für die Betriebe eine Entlastung in
    Höhe von 20 Milliarden DM gebracht, sie hat uns im
    internationalen Wettbewerb konkurrenzfähiger gemacht
    und Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Da können
    Sie so lange reden, wie Sie wollen. Haben wir mehr Ar-
    beitsplätze in diesem Land oder nicht? Der soziale Frie-
    den ist jedenfalls durch diese Maßnahme nicht gestört.
    Der soziale Frieden wird jedoch durch Ihre Einlassung
    und durch das, was die Gewerkschaften machen, gestört:
    Sie kämpfen für diejenigen, die „drin sind“, und verges-
    sen diejenigen, die „draußen sind“.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir müssen hier ja nicht die Argumente vergangener

    Schlachten noch einmal austauschen. Deswegen möchte
    ich zu einem nächsten Thema kommen, der Scheinselb-
    ständigkeit, die ja mit dem Thema 620-Mark-Jobs ver-
    gleichbar ist. In der Analyse des Problems sind wir of-
    fensichtlich weitgehend einig: mangelnde Altersabsiche-
    rung und mangelnde Krankenversicherung, keine An-
    wendbarkeit der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften.
    Ich sage ganz deutlich, daß in diesem Bereich Hand-
    lungsbedarf besteht. Aber das, was Sie hier vorlegen,
    wird den Ansprüchen in keiner Weise gerecht.

    Es geht um den Schutz der tatsächlich abhängig Be-
    schäftigten, es geht darum, Existenzgründer nicht zu be-
    hindern, und es geht um Rechtssicherheit für die Betrof-
    fenen. Rechtssicherheit ist durch den von Ihnen vorge-
    legten Gesetzentwurf nicht zu erwarten. Das sage nicht

    nur ich Ihnen, das sagen nicht nur wir Ihnen. Das sagt
    Ihnen auch der Vorsitzende Richter am Bundesarbeits-
    gericht, Herr Griebeling, unter anderem für die hier be-
    sprochene Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selb-
    ständigen zuständig. Er hat zu dem von Ihnen vorgeleg-
    ten Kriterienkatalog ausdrücklich festgestellt, daß „ge-
    rade der Bereich der Grauzone zwischen abhängiger Be-
    schäftigung und selbständiger Tätigkeit nicht erhellt
    wird“. Also auch an dieser Stelle sollten Sie vielleicht
    einmal mehr nachdenken, bevor Sie mit Konzepten
    kommen, die überhaupt nicht weiterhelfen. Ich glaube
    nicht, daß Sie hier zu neuen Ergebnissen kommen. Von
    Innovation und Rechtssicherheit bei Ihnen keine Spur!
    Statt dessen hantieren Sie zu Lasten von Arbeitnehmern
    und Arbeitgebern herum. So kann es nicht gehen. Chan-
    ce vertan, Versprechen gebrochen!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist übrigens interessant, wenn man sich in diesem

    Zusammenhang eine Debatte anschaut, die wir in der
    13. Legislaturperiode im Rahmen der ersten Beratung
    des von der SPD eingebrachten Entwurfs eines „Geset-
    zes zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit“ geführt
    hatten. Am 27. Februar 1997 bezifferte der ja vielen be-
    kannte Kollege Ottmar Schreiner die finanziellen Aus-
    fälle durch Scheinselbständigkeit auf 10 Milliarden DM
    jährlich. In dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sind
    zusätzliche Einnahmen von – na, was schätzen Sie denn
    an dieser Stelle? – gerade einmal 0,2 Milliarden DM
    eingestellt. Innerhalb von eineinhalb Jahren eine Diffe-
    renz von 9,8 Milliarden DM. Sie haben nicht nur Pro-
    bleme mit diesem Gesetz, sondern auch deutliche Pro-
    bleme mit Adam Riese.


    (Adolf Ostertag [SPD]: Und Sie haben wegen Ihrer Gesetze Probleme mit den Wählern gehabt!)


    Zum Schluß möchte ich hier noch einmal eine der
    großen „Unglaublichkeiten“ ansprechen, und zwar die
    Möglichkeit des „Kaisererlasses“ durch den Arbeitsmi-
    nister Riester. Worum geht es dabei? Der Arbeitsmi-
    nister will sich in Zukunft die Möglichkeit geben, durch
    Rechtsverordnung die von den Tarifvertragsparteien
    vereinbarten Mindestarbeitsbedingungen für aus dem
    EU-Ausland entsandte Arbeitnehmer eigenmächtig für
    allgemeinverbindlich zu erklären.


    (Beifall bei der SPD)

    Bisher ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, tarif-
    liche Mindestarbeitsbedingungen zu vereinbaren. Diese
    Mindestarbeitsbedingungen können dann von dem pari-
    tätisch besetzten Tarifausschuß beim Bundesarbeitsmi-
    nister für allgemeinverbindlich erklärt werden. Die bis-
    herige Entwicklung hat also gezeigt, daß das Entsende-
    gesetz von den Sozialpartnern angenommen wurde.

    In der letzten Legislaturperiode hat dann die SPD
    einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsah, für den
    Fall des Scheiterns der Allgemeinverbindlichkeitserklä-
    rung den Arbeitsminister zu ermächtigen, durch Rechts-
    verodnung einen Mindestlohn als einheitliches Minde-
    stentgelt festzulegen.


    (Zuruf von der SPD: Sie wollen tatenlos zugucken, oder was?)


    Birgit Schnieber-Jastram






    (A) (C)



    (B) (D)


    Noch einmal zur Klarstellung: für den Fall des Schei-
    terns der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nur Min-
    destentgelt.

    Und was wird uns jetzt beschert, besser gefragt: Was
    beschert der Arbeitsminister sich selbst als vorgezo-
    genes Weihnachtsgeschenk? Der Kaiser, Exzellenz
    Arbeitsminister Riester kann durch Verordnung nicht
    nur Mindestentgelte, sondern auch Urlaubsdauer und
    Urlaubsgeld festsetzen.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


    Dazu muß noch nicht einmal ein Verfahren im Tarifaus-
    schuß durchgeführt werden. Eine solche Verordnung
    soll auch nicht der Zustimmung des Bundesrates bedür-
    fen. An dieser Stelle muß ich Ihnen, Herr Riester, sagen:
    Ich hätte mir in meinen kühnsten Träumen nicht vor-
    stellen können, daß ausgerechnet ein Gewerkschafter
    wie Sie, der in Tarifverhandlungen erfahren ist, in sol-
    cher Art und Weise zur Entmachtung der eigenen Rei-
    hen beiträgt. Ich finde das unglaublich!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das alles geschieht ohne Grund.


    (Lachen und Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


    Das bisherige Verfahren hat sich in der Vergangenheit
    bewährt. Ihr Gesetzentwurf schießt weit über das Ziel
    hinaus. Die Tarifautonomie steht durch die Verlagerung
    von Kompetenzen der Tarifparteien auf die Exekutive
    auf dem Spiel.


    (Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)

    Der von Ihnen, Herr Minister, eingeschlagene Weg ist
    also auf allen Feldern der falsche.

    Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge-
    samtwirtschaftlichen Entwicklung kommt in seinem
    jüngsten Gutachten zu dem Urteil – ich zitiere –:

    Was sich derzeit im Bereich der Lohnpolitik und
    der institutionellen Regelungen des Arbeitsmarktes
    abzeichnet, gibt Anlaß zur Sorge.

    Nehmen Sie diese Sorge bitte ernst, Herr Riester! An-
    sonsten wird es in den nächsten vier Jahren schwierig
    werden – für Sie und, was noch viel schlimmer ist, für
    uns alle.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)