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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. November 1998 I n h a l t : Änderung einer Ausschußüberweisung ........... 319 A Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers ...... 319 B in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2002 (Drucksache 14/23) .............................. 319 B b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zur Kindergeldauszahlung und zur Erstellung der Lohnsteuertabellen 1999 (Drucksache 14/28) ..................... 319 B c) Antrag der Fraktion der PDS Wiedererhebung der Vermögen- steuer (Drucksache 14/11) ................... 319 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der PDS Besteuerung von Luxusgegenständen (Drucksache 14/27) .................................... 319 C Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 319 C Friedrich Merz CDU/CSU ...................... 326 D, 333 A Joachim Poß SPD ................... 331 A, 331 D, 336 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. .................. 331 C Ingrid Matthäus-Maier SPD.................... 332 D, 340 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 333 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P....................... 336 C Dr. Christa Luft PDS ....................................... 338 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .......................... 341 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 345 A Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN .................................... 346 D Dr. Kurt Faltlhauser, Staatsminister (Bayern) . 348 B Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 350 B Hans Georg Wagner SPD ............................ 352 A Joachim Poß SPD ............................................ 353 A Peter Harald Rauen CDU/CSU........................ 354 D Dr. Barbara Höll PDS...................................... 356 C Tagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundes- regierung Deutsche Beteiligung an der NATO- Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Drucksachen 14/16, 14/32) ......... 357 C Hans-Ulrich Klose SPD................................... 357 D Joseph Fischer, Bundesminister AA....... 358 B, 364 D Paul Breuer CDU/CSU.................................... 360 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 361 C Ulrich Irmer F.D.P........................................... 363 B Heidi Lippmann-Kasten PDS .......................... 364 A Volker Rühe CDU/CSU .................................. 366 A Ernot Erler SPD............................................... 366 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 Dr. Klaus Kinkel F.D.P.................................... 367 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 368 B Wolfgang Gehrcke PDS................................... 369 A Namentliche Abstimmung ............................... 369 D Nächste Sitzung ............................................... 372 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 373 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Chri- stian Simmert, Hans Christian Ströbele und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärti- gen Ausschusses zu dem Antrag der Bundes- regierung: Deutsche Beteiligung an der NATO-Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Tagesordnungspunkt 11)................... 373 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Winfried Hermann, Ker- stin Müller (Köln), Gila Altmann (Aurich), Angelika Beer, Volker Beck (Köln), Hans- Josef Fell, Klaus Wolfgang Müller, Claudia Roth (Augsburg), Christian Sterzing, Sylvia Ingeborg Voss (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Be- schlußempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der NATO- Luftüberwachungsoperation über dem Koso- vo (Tagesordnungspunkt 11) ........................... 374 A Anlage 4 Amtliche Mitteilungen..................................... 375 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 319 (A) (C) (B) (D) 6. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. November 1998 Beginn: 10.30 Uhr
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    Vizepräsidentin Petra Bläss Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 373 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 13.11.98 Bohl, Friedrich CDU/CSU 13,11,98 Bulling-Schröter, Eva-Maria PDS 13.11.98 Geiger, Michaela CDU/CSU 13.11.98 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 13.11.98 Hartnagel, Anke SPD 13.11.98 Hovermann, Eike SPD 13.11.98 Jacoby, Peter CDU/CSU 13.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 13.11.98 Kemper, Hans-Peter SPD 13.11.98 Meckel, Markus SPD 13.11.98 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 13.11.98 Michelbach, Hans CDU/CSU 13.11.98 Müller (Zittau), Christian SPD 13.11.98 Dr. Pfaff, Martin SPD 13.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 13.11.98 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 13.11.98 Dr. Seifert, Ilja PDS 13.11.98 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13.11.98 Verheugen, Günter SPD 13.11.98 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13.11.98 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 13.11.98 Wissmann, Matthias CDU/CSU 13.11.98 Zierer, Benno CDU/CSU 13.11.98 * —————— * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Christian Simmert, Hans-Christian Ströbele und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der NATO-Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Tagesordnungspunkt 11) Die Entscheidung heute kann nicht herausgelöst wer- den aus dem Kontext des von der NATO ohne UNO- Mandat aufgebauten Drohszenarios gegenüber der Bun- desrepublik Jugoslawien, über dessen deutsche Beteili- gung noch der 13. Deutsche Bundestag am 16. Oktober 1998 abgestimmt hat. Wir haben diese Selbstmandatie- rung der NATO als Verstoß gegen internationale Völ- kerrechtskonventionen abgelehnt. Bombardierungen wären sicherlich kein geeignetes Mittel gewesen, die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Selbstverständ- lich begrüßen wir jede Verbesserung ihrer Situation nachdrücklich, insbesondere daß sie vor dem Winter noch aus den Wäldern zurückkehren konnten. Der Einsatz der OSZE-Beobachter zur Überwachung ist ein Schritt ziviler Konfliktbewältigung – auch nach unserer Auffassung sind die eingesetzten multinationa- len Peace-keeping-Einheiten unter Leitung der OSZE die geeigneten Kräfte für die Schaffung eines Sicher- heitssystems auch im Kosovo. Aber wir können nicht übersehen, daß mit dem heute zur Abstimmung anste- henden Beschluß über den „Einsatz bewaffneter Streit- kräfte mit dem deutschen Beitrag zu der NATO- Luftüberwachungsoperation“ die Fortsetzung der völ- kerrechtswidrigen militärischen Drohung vom Oktober ist und eine Militäraktion der NATO. Dies gilt genauso für den für kommende Woche geplanten Beschluß über die Stationierung einer NATO-Interventionstruppe. Auch für diese Militäraktionen in und gegen Serbien gibt es kein UNO-Mandat. Der Resolution des Sicher- heitsrates 2203/98 vom 24. Oktober 1998 ist ein solches Mandat nicht zu entnehmen. Außerdem handelt es sich nach unserer bisherigen Kenntnis bei der geplanten Bundeswehrbeteiligung an dieser Interventionstruppe um einen Out-of-area-Einsatz von Krisenreaktionskräf- ten, was wir aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen. Nicht die Bundeswehr, der der frühere Verteidigungs- minister Rühe gegen unsere Überzeugung und unser Votum immer mehr Aufgaben im Zusammenhang mit der deutschen Außenpolitik zugewiesen hat, ist die rich- tige Instanz, um solchen Schutz sicherzustellen. Hinzu kommt, daß die friedlichen Mittel zur Kon- flikteindämmung, auf die wir seit Jahren bei der leider absehbaren Eskalation des Konflikts hingewiesen haben, von der vergangenen Bundesregierung, bei weitem nicht ausgeschöpft worden sind – von effektivem Embargo konnte keine Rede sein. Stattdessen wurden weiter Flüchtlinge in die Krisenregion abgeschoben. Die Auf- rüstung der UCK wurde und wird nicht effektiv unter- bunden. Von Teilen der Öffentlichkeit wird dies als Signal internationaler Unterstützung nicht nur der Auto- nomiebestrebungen, sondern auch deren gewaltsamer Durchsetzung interpretiert. Dies hat konfliktverschär- fende Wirkung. Hier besteht dringender Handlungsbe- darf, dem die alte Bundesregierung nicht nachgekom- men ist und dessen sich die neue Regierung jetzt an- nehmen muß. Da wir zwar vom Grundsatz her den Einbezug der OSZE in die Konfliktbewältigung begrüßen, den Kon- text von NATO-Aktionen und Strategie, in dem dieser Einbezug steht, ablehnen, werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. 374 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 (A) (C) (B) (D) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Winfried Hermann, Kerstin Müller (Köln), Gila Altmann (Aurich), Angelika Beer, Volker Beck (Köln), Hans-Josef Fell, Klaus Wolfgang Müller (Kiel), Claudia Roth (Augsburg), Christian Sterzing, Sylvia Ingeborg Voß (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der NATO-Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Tagesordnungspunkt 11) Wir stimmen dem Antrag der Bundesregierung zur deutschen Beteiligung an der NATO-Luftüberwa- chungsoperation über dem Kosovo trotz ernsthafter Be- denken zu. Auf Grundlage der VN-Sicherheitsratsresolution 1203 und des Beschlusses des Ständigen Rats der OSZE vom 24./25. Oktober wird in den nächsten Wochen eine OSZE-Verifikationsmission für ein Jahr im Kosovo tätig werden. Aufgabe der unbewaffneten Beobachter ist die Überwachung des Waffenstillstandes und militärischer Bewegungen, die Begleitung von Polizeikräften, die Unterstützung internationaler Organisationen bei der Flüchtlingsrückkehr, die Wahlüberwachung und Unter- stützung beim Aufbau der Selbstverwaltung im Kosovo. Mit 2 000 Beobachtern, darunter jeweils 200 aus Deutschland und Rußland, ist es die bisher größte Ope- ration der OSZE. Ihr Gelingen ist die entscheidende Voraussetzung für die Einleitung eines stabilen Frie- densprozesses im Kosovo. Zur Ergänzung, Effektivierung und Absicherung der OSZE-Mission auf dem Boden führt die NATO über dem Kosovo eine Luftüberwachungsoperation mit un- bewaffneten Aufklärungsflugzeugen und unbemannten tieffliegenden ,,Drohnen“ durch. Die Bundeswehr soll unter anderem eine Drohnenbatterie stellen, die mit ge- ringen, bewaffneten Sicherungskräften in Mazedonien stationiert sein würde. Grundlage der Luftüberwa- chungsoperation ist das zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und der NATO am 15. Oktober abgeschlos- sene Abkommen. Die NATO plant darüber hinaus eine Notfalltruppe („extraction force“) von circa 1 200 bis 1 500 Soldaten für den Fall, daß die für die Sicherheit der OSZE- Beobachter verantwortlichen serbischen Behörden diese nicht mehr gewährleisten. Wenn Leib und Leben von Beobachtern durch eine der Konfliktparteien gefährdet sind, bei Geiselnahme oder wenn eine Evakuierung durch die OSZE nicht mehr möglich ist, soll sie die Beobachter herausholen können. Die in Mazedonien stationierte Notfalltruppe hat ausdrücklich keinen Interventions- und Erzwingungsauftrag. Die Bundes- wehr soll hierzu zwischen 100 und 200 Soldaten stellen. Auch wenn sich die humanitäre Lage inzwischen ent- spannt hat, ein Großteil der Binnenflüchtlinge wieder in Dörfern lebt und humanitäre Organisationen sich frei bewegen können, so bleibt der Waffenstillstand doch brüchig und das Konfliktpotential hoch brisant. In schlimmer Erinnerung ist die Vergeiselung von UN- PROFOR-Soldaten in Bosnien im Jahr 1995, die zu einem Markstein bei der Diskreditierung und Schwä- chung der UN in Bosnien wurde. Angesichts dieser hohen Risiken ist die militärische Notfallvorsorge im Interesse der Beobachter und der Autorität der sie ent- sendenden internationalen Staatengemeinschaft unver- zichtbar und völkerrechtlich nicht zweifelhaft. Ohne ei- ne solche, nur mit militärischen Mitteln realisierbare Notfallvorbereitung wäre die Entsendung der zweitau- send zivilen Beobachter in das latente Kriegsgebiet nicht zu verantworten – außer man wollte bewußt das Risiko einer Wiederholung des UNPROFOR-Traumas in Kauf nehmen. Ohne die Beobachtermission wäre der Waffen- stillstand und die Flüchtlingsrückkehr ohne Chance, wäre ein Wiederaufflammen der Kämpfe spätestens im Frühjahr vorprogrammiert. Insofern sind Beobach- termission am Boden, Luftüberwachung und Notfall- vorsorge untrennbare Bestandteile des friedensbe- wahrenden und im Kern von der OSZE getragenen Ein- satzes. Der Antrag der Bundesregierung schließt ausdrück- lich an den Beschluß des Bundestages vom 16. Oktober (13. Legislaturperiode) an. Unsere Zustimmung zum jetzigen Antrag der Bundesregierung darf allerdings in keiner Weise als nachträgliches Einverständnis zur An- drohung eines NATO-Luftangriffes ohne klares UN- Mandat verstanden werden. Wir bleiben dabei, daß ein Mandat von UN bzw. OSZE Mindestvoraussetzung für Kriseneinsätze von Militär sein sollte und daß alle Be- mühungen in Richtung einer Selbstmandatierung der NATO zersetzend auf die internationale Ordnung wir- ken und einem internationalen Recht der Stärkeren Vor- schub leisten. Die bevorstehende OSZE-Mission ist nicht nur un- verzichtbar für einen langfristigen Friedensprozeß und die Herstellung der Menschenrechte im Kosovo. Sie ist zugleich eine Bewährungsprobe für die OSZE als der einzigen gesamteuropäischen Sicherheitsinstitution, die bisher weitgehend im Schatten der NATO und des öffentlichen Interesses stand. Insofern begrüßen wir die OSZE-Beobachtermission als doppelten Beitrag zum Frieden in Europa und zur Zivilisierung der Außen- politik. Die enormen praktischen Anforderungen an die OS- ZE-Mission zeigen zugleich, wie hochaktuell die im Koalitionsvertrag festgelegte Absicht der neuen Bundes- regierung ist, die personelle und finanzielle Ausstattung der OSZE zu stärken, Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich von Peacekeeping, Peacebuilding und Frie- densfachdiensten zu schaffen und die Entwicklung des Instruments internationaler Polizeieinsätze voranzu- treiben. Fortschritte bei der Krisenprävention und zivi- len Konfliktbearbeitung sind die Voraussetzung dafür, daß sich Bosnien, Kosovo nicht ständig wieder- holen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 375 (A) (C) (B) (D) Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 731. Sitzung am 6. No- vember 1998 der vom Deutschen Bundestag am 26. Oktober 1998 beschlossenen unveränderten Weiter- geltung der 1. Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) vom 5. Mai 1951 (BGBl. II S. 103), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 16. Mai 1995 (BGBl. I S. 742), gemäß Artikel 77 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, 2. Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß vom 23. Juli 1969 (BGBl. I S. 1102), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 20. Juli 1993 (BGBl. I S. 1500), gemäß Artikel 53a Absatz 1 Satz 4 des Grundgesetzes und der 3. Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes vom 23. Juli 1969 (BGBl. I S. 1100), gemäß Artikel 115d Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes zugestimmt. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen bzw. von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/7017 Nr. 1.6 Drucksache 13/7216 Nr. 2.22 Drucksache 13/7867 Nr. 1.3 Drucksache 13/8106 Nr. 1.5 Drucksache 13/9086 Nr. 1.14 Drucksache 13/9819 Nr. 2.14 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/6766 Nr. 2.6 Drucksache 13/7017 Nr. 1.5, 2.9, 2.11 Drucksache 13/7216 Nr. 2.3, 2.8 Drucksache 13/7306 Nr. 2.16, 2.20, 2.23 Drucksache 13/7541 Nr. 2.17 Drucksache 13/7706 Nr. 2.5 Drucksache 13/9312 Nr. 1.8, 1.11, 1.13 Drucksache 13/9477 Nr. 2.11, 2.12, 2.17, 2.20, 2.24, 2.25 Drucksache 13/9668 Nr. 1.3, 1.5 Drucksache 13/11106 Nr. 2.13, 2.14, 2.16 Drucksache 13/11204 Nr. 2.8 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/3668 Nr. 2.19 Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Drucksache 13/8615 Nr. 2.59, 2.75
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Der ursprüngli-
    che Plan war, die erste Stufe aufkommensneutral zu ge-
    stalten. Ihre erste Stufe ist gerade für die mittelständi-
    schen Unternehmen nicht aufkommensneutral, sondern
    führt zu einer erheblichen Mehrbelastung.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Christine Scheel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel hatte
    auf Grund der guten Entwicklung bei den Steuerein-
    nahmen vor der Wahl in Aussicht gestellt, daß wir bei
    der ersten Stufe schon eine Nettosteuerentlastung von
    10 Milliarden DM ermöglichen könnten.


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist nicht richtig!)

    Das ist alles bekannt. Die Haushaltszahlen und die Steu-
    ermehreinnahmen, wie es Herr Merz auch dargestellt
    hat, würden das auch für Sie zulassen. Aber Sie brau-
    chen ja das Geld, um Ihre Wahlgeschenke zu finanzie-
    ren. Deswegen bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als den
    Steuerzahler, der zu hoch belastet ist, nicht zu entlasten.


    (Joachim Poß [SPD]: Herr Solms hat ein schwaches Gedächtnis!)


    Ich bin dem Bundesfinanzminister ausgesprochen
    dankbar, daß er hier bestätigt hat – es ist ja erst ein ande-
    rer Eindruck erweckt worden –, daß er Systemkorrektu-
    ren und -reformen im Sozialsystem für notwendig hält.
    Ich bin dankbar, daß Sie das bestätigen.

    Nur, was Sie angekündigt haben, ist doch das genaue
    Gegenteil von dem, was Sie tun. Sie wollen die Renten-
    reform mit dem Einbau eines Altersfaktors aussetzen.
    Sie wollen eine Frühverrentung einführen. Irgendein
    Fonds soll das finanzieren. Natürlich müssen das Ar-
    beitnehmer und Arbeitgeber bezahlen – das wird dazu
    nicht gesagt. Sie wollen die Gesundheitsreform wieder
    so korrigieren, daß Mehrbelastungen herauskommen.
    Sie wollen die Lohnfortzahlung korrigieren. Sie wollen
    den Kündigungsschutz rückabwickeln.

    All das wird die Belastungen erhöhen und nicht sen-
    ken, wird weniger Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt er-
    möglichen und wird ihn belasten. Wenn schon Struktur-
    reformen, dann richtige!


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Ich würde von Ihnen erwarten, daß Sie Ihren Haus-

    haltsplan, den Sie längst vorgelegt haben müßten – so
    wie wir unseren Haushaltsplan vor der Bundestagswahl
    vorgelegt haben –, jedenfalls vor der hessischen Land-
    tagswahl vorlegen, damit nicht der Eindruck eines
    Wahlbetrugs oder Wahlmanövers entsteht.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Das heißt: spätestens im Januar des nächsten Jahres.

    Nein, die Tarifreform, die Sie vorlegen, ist nicht aus-
    reichend. Sie erreichen nämlich nicht die notwendige
    Senkung der Steuerbelastung, die Voraussetzung dafür
    ist, daß der Leistungsprozeß angeregt und finanziert
    wird und daß Investitionen in Gang kommen.

    Sie vergessen dabei – darüber ist kein Wort gesagt
    worden –, daß Sie den Solidaritätszuschlag nicht ab-
    schaffen oder senken wollen. Wenn Sie ihn zum Spit-
    zensteuersatz addieren, bleiben Sie bei über 50 Prozent.
    Das ist eine viel zu hohe Besteuerung, die eine entspre-
    chende Abwehr in der Öffentlichkeit erzeugen wird.


    (Joachim Poß [SPD]: Das haben Sie doch immer gefordert, aber nicht durchgesetzt, weil das nicht zu finanzieren ist!)


    Das kann so nicht weitergehen.

    Wissen Sie, was Ihr zentraler Fehler ist? – Wie Sie
    die Menschen hinters Licht führen wollen. Sie rechnen
    Steuerbelastung und -entlastung und Kindergeld zu-
    sammen. Nur, das Kindergeld nützt den Familien mit
    Kindern.


    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Das ist aber ein kleinerer Prozentsatz.

    Die große Masse der Arbeitnehmer, die zu einem gut
    Teil nicht vom Kindergeld begünstigt wird, wird da-
    durch nicht entlastet. Deren Steuerbelastung bleibt hoch.
    Gerade die vom Bundesfinanzminister angeführten
    Facharbeiter – Krankenschwestern, Fernfahrer und wer
    dabei alles zu nennen ist – werden eben fast nicht entla-
    stet, weil Sie den Tarif zwischen dem entlasteten Ein-
    gangssteuersatz und dem gesenkten Spitzensteuersatz
    kaum korrigieren. In diesem Bereich schlägt der Tarif
    zu.


    (Joachim Poß [SPD]: Grundfreibeträge, Eingangssteuersätze!)


    Daher müssen die Facharbeiter weiterhin die hohen
    Grenzsteuersätze in Kauf nehmen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das führt dazu, daß es nicht nur die kleinen und
    mittleren Unternehmen sind, die diese Last zu tragen
    haben, sondern daß es eben auch die Facharbeiter sind,
    die diese Last zu tragen haben. Das sind die beiden
    Gruppen, die die Wirtschaft in Gang halten und den Lei-
    stungsprozeß voranbringen. Um deren Entlastung wäre
    es in Wirklichkeit gegangen.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Deswegen wollten Sie die Zuschläge besteuern!)


    Das Steuerrecht wird durch Ihre Vorschläge auch
    nicht einfacher. Sie führen zwei neue Steuerarten ein.
    Wann hat es das gegeben? Wir haben in den letzten Jah-
    ren viele Steuerarten beseitigt. Eine Mindeststeuer und
    eine Stromsteuer sind die zwei neuen Steuerarten.

    Bei der Mindeststeuer ist sowieso die Frage, ob sie
    verfassungsrechtlich möglich ist. Sie wollen die soge-
    nannten passiven Einkünfte besteuern, obwohl bei-
    spielsweise die Tätigkeit im Immobilienbereich keine
    passive Tätigkeit ist. Damit erreichen Sie außerdem eine
    zusätzliche Steuerungerechtigkeit, weil Einkünfte unter-
    schiedlich behandelt werden: die einen mit Mindeststeu-
    er, die anderen ohne Mindeststeuer. Überlegen Sie sich
    noch einmal, ob Sie dabei bleiben wollen.

    Die Stromsteuer führt uns zu dem Thema Einstieg in
    die ökologische Steuerreform. Was ist darüber alles ver-
    breitet worden, und was ist dabei herausgekommen? Die
    Grünen, ruhmreich wie häufig, sind angetreten mit
    5 DM pro Liter Benzin und sind bei 6 Pfennig mehr ge-
    landet. Tolle Leistung! 6 Pfennig Erhöhung der Mine-
    ralölsteuer wird das Verhalten der Verbraucher in kei-
    ner Weise ändern.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Reines Abkassiermodell!)


    Dr. Hermann Otto Solms






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Das wird also keine ökologische Wirkung auslösen.
    Wegen eines um 6 Pfennig höheren Benzinpreises wird
    niemand einen Kilometer weniger fahren. Das zeigt, daß
    die ökologische Steuerreform nichts anderes als eine
    gute Begründung für mehr Steuereinnahmen ist. Darum
    geht es Ihnen ja auch.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie brauchen diese Steuereinnahmen eben, um die

    verschiedenen Wahlgeschenke zu finanzieren.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Wieso Wahlge schenke?)

    – Die Wahlgeschenke, mit denen Sie die Wähler der
    Mitte geködert haben, beispielsweise die Kindergelder-
    höhung, die Gesundheitspolitik, die Senkung der Ren-
    tenversicherungsbeiträge,


    (Detlev von Larcher [SPD]: Das nennt der „Wahlgeschenke“!)


    aber auch der interessante neue Vorschlag vom Bundes-
    finanzminister – den ich mit Interesse zur Kenntnis ge-
    nommen habe –, die Pflegeversicherung durch Steuern
    zu finanzieren. Das ist ein interessanter Vorschlag.

    Herr Lafontaine, wo waren Sie als Ministerpräsident
    des Saarlandes, als es um die Einführung der Pflegever-
    sicherung ging? Die F.D.P. hat damals händeringend ge-
    fordert und nach Unterstützung gesucht, die Pflegeversi-
    cherung einzuführen. Sie sollte allerdings anders finan-
    ziert werden, nicht im Umlageverfahren, sondern im
    Kapitaldeckungsverfahren.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Was? – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr interessant!)


    Man hätte natürlich die Lösung finden können, die
    Pflegeversicherung für die pflegenahen Jahrgänge vor-
    übergehend steuerzufinanzieren und für die jüngeren
    Jahrgänge ein eigenständiges, kapitalgedecktes Versi-
    cherungssystem aufzubauen. Aber, Herr Bundesfinanz-
    minister, auch das Saarland hat damals einem Antrag
    des Bundesrates zugestimmt – 16 : 0 Stimmen –, die
    umlagefinanzierte Pflegeversicherung einzuführen. Ich
    will keine alten Wunden wieder öffnen. Ich sage nur:
    Wir sehen jetzt, daß diese Entscheidung falsch war, weil
    sie dazu beigetragen hat, daß die Arbeitsplätze durch
    höhere Lohnzusatzkosten auf Grund der Beiträge zur
    Pflegeversicherung belastet werden. Wir erkennen, daß
    wir von diesem Weg herunterkommen müssen.


    (Beifall bei der F.D.P. – Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Die Hälfte wird doch über den Feiertag bezahlt!)


    Insofern bin ich gern bereit, in der Zukunft über diese
    Frage mit Ihnen zu diskutieren. Aber das muß im Sinne
    einer Übergangsregelung durch Steuerfinanzierung ge-
    schehen, die zu einer individuellen, kapitalgedeckten
    Pflegeversicherung hinführen muß.

    Ihre Pläne zu einer Steuerreform sind so chaotisch und
    wirr, weil Sie versucht haben, die unterschiedlichsten In-
    teressen miteinander zu verbinden. Dabei herausgekom-
    men ist eben nur der kleinste gemeinsame Nenner.

    Das Ergebnis der Steuerreform wird sein, daß dieje-
    nigen, auf die es ankommt, nämlich die Facharbeiter, die
    Leistungsbereiten, die Leistungsträger der Gesellschaft,
    die Ingenieure, aber auch die kleinen und mittleren Un-
    ternehmen – zum Beispiel die Handwerker –, die die
    Arbeitsplätze anbieten müssen, die Geld in die Hand
    nehmen müssen, um etwas auf den Weg zu bringen und
    zu investieren, enttäuscht sind, sich abwenden werden
    und möglicherweise ins Ausland gehen werden. Genau
    das ist die Gefahr, die damit verbunden ist.

    Das Hinausschieben auf neue Kommissionen führt
    dazu, daß wir wichtige Jahre verlieren, in denen wir im
    Wettbewerb mit den Konkurrenzländern in Europa und
    in der Welt zurückfallen werden. Ich kann nur an Sie
    appellieren: Überprüfen Sie Ihre Pläne, machen Sie mit
    uns eine Steuerreform, die für niedrigere Steuersätze
    sorgt und das Steuersystem einfacher und gerechter
    macht. Nur dann erzielen wir die notwendige Wirkung.
    Wir müssen uns an den Konkurrenzländern und deren
    Steuersystemen messen. Wenn wir deren Niveau nicht
    erreichen, dann fallen wir zurück. Ihre Pläne taugen
    nichts.

    Vielen Dank.



Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat für die
PDS-Fraktion Frau Dr. Christa Luft.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Verehrte
    Kolleginnen und Kollegen! Wenn es wirklich so wäre,
    wie die Abgeordneten der Fraktionen von CDU/CSU
    und F.D.P., die hier gesprochen haben, gesagt haben,
    daß eine sinkende Steuerbelastung der Wirtschaft zu
    mehr Arbeitsplätzen führt, dann hätte es in der Zeit der
    Regierung Kohl geradezu einen Beschäftigungsboom
    geben müssen.


    (Beifall bei der PDS)

    Denn es war die Regierung Kohl, die die Vermögen-
    steuer ausgesetzt hat. Sie hat die Körperschaftsteuer re-
    duziert. Sie hat den Solidarbeitrag für die Unternehmen
    gesenkt, und sie hat die Gewerbekapitalsteuer abge-
    schafft. Der Anteil der Unternehmensteuern am Ge-
    samtsteueraufkommen in diesem Lande beträgt noch
    ganze 18 Prozent.

    Ich habe aber nicht vernommen, daß die Wirtschaft
    inzwischen ihre nicht unerheblichen Ansprüche an die
    Finanzierung öffentlicher Leistungen zurückgenommen
    hat. Ich denke beispielsweise an eine exzellente öffent-
    lich finanzierte Infrastruktur, die wir in diesem Lande
    haben und die ein hervorragender Wettbewerbsfaktor ist.
    Ich denke an Kultur und an eine gute Schulbildung der
    Lehrlinge, die die Arbeitgeber aufzunehmen haben. Es
    wird immer wieder verlangt, daß die Lehrlinge, wenn sie
    in die Ausbildung kommen, mehr Schulbildung mitbrin-
    gen müssen. Dies alles stellt höhere Anforderungen an
    die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen. Das alles ist
    teuer, das alles muß die öffentliche Hand bezahlen. Die-
    sen Zusammenhang zwischen dem, was man von der öf-
    fentlichen Hand fordert, und dem, was man in den öf-

    Dr. Hermann Otto Solms






    (A) (C)



    (B) (D)


    fentlichen Topf hineinzutun bereit ist, muß die Wirt-
    schaft natürlich erkennen und beachten.


    (Beifall bei der PDS)

    Trotz der erheblichen Steuerentlastungen in den ver-

    gangenen Jahren beobachteten wir aber einen ganz rigi-
    den Personalabbau. Insbesondere die Großunterneh-
    men haben Scheinselbständige produziert, um sich von
    Sozialabgaben zu entlasten. Ihre wachsenden Gewinne
    aber investierten sie nicht in die Produktion, um damit
    Beschäftigung zu schaffen, sondern sie nutzten wach-
    sende Gewinne für Finanzanlagen und Immobilienge-
    schäfte. Wie man diese spekulativen Geschäfte bekämp-
    fen oder zumindest begrenzen kann, davon habe ich von
    der CDU/CSU und vom F.D.P.-Sprecher leider nichts
    vernommen.


    (Beifall bei der PDS)

    Insofern ist das jetzt einsetzende Standortverschlechte-
    rungsgeschrei der Vertreter der Großindustrie wirklich
    fehl am Platze. Hoffentlich läßt sich die neue Bundesre-
    gierung davon auch nicht beeindrucken.

    Als durchsichtig empfinde ich es auch, wenn sich die
    Großindustrie nun zum Fürsprecher des Mittelstandes
    macht.


    (Beifall bei der PDS)

    Wenn sie wirklich mit dem Mittelstand solidarisch sein
    wollte, dann hätte sie ihn längst entlastet, indem sie sich
    an den erheblichen Kosten für die Ausbildung junger
    Menschen beteiligt hätte. Damit läßt sie jedoch den
    Mittelstand, Handwerk und Gewerbe, allein. Gleichwohl
    macht sie sich jetzt zum angeblichen Fürsprecher des
    Mittelstandes; das ist schon ziemlich zynisch.

    Wir jedenfalls halten den vorgesehenen Abbau der
    steuerlichen Bevorzugung von Großunternehmen für ge-
    rechtfertigt. Wir halten das auch für fair gegenüber dem
    Mittelstand, der die meisten Arbeitsplätze und Ausbil-
    dungsplätze in diesem Lande schafft.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir könnten uns eine stärkere Förderung des Mittel-
    standes vorstellen, indem insbesondere eine direkte
    Wirtschaftsförderung und nicht nur eine Förderung auf
    dem indirekten Wege, also über Steuerentlastungen er-
    folgt.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir brauchen hier einen anderen Ansatz; den sollten wir
    nicht aus dem Auge verlieren.

    Vorbehaltlos ja sagen wir ebenfalls zur stärkeren Be-
    steuerung von Veräußerungsgewinnen beim Handel
    mit Wertpapieren und privaten, nicht selbstgenutzten
    Grundstücken. Das ist endlich der Einstieg in die Spe-
    kulationsbekämpfung. Auch wir haben das lange gefor-
    dert, und diese Tendenz unterstützen wir ausdrücklich.


    (Beifall bei der PDS)

    Meine Damen und Herren, das hat nichts mit Sozial-

    neid zu tun, sondern das ist ein Gebot sozialer Gerech-
    tigkeit. Es ist unsere Verpflichtung, die Sozialpflicht des

    Eigentums, die die Verfassung dieses Landes vorsieht,
    einzufordern.


    (Beifall bei der PDS)

    Es muß doch aufhören, daß das Steuerrecht für eine Ge-
    sellschaftspolitik zielgebend ist, wie es die alte Bundes-
    regierung vorhatte. Es muß doch umgekehrt sein: Ge-
    sellschaftspolitische Ziele müssen Steuerpolitik und
    Steuerrecht bestimmen.


    (Beifall bei der PDS)

    Insofern unterstützen wir die Intention des neuen Bun-
    desfinanzministers.

    Aber, Herr Bundesfinanzminister, es gibt auch
    Schritte in Ihrem uns vorgelegten Paket, das ja ziemlich
    umfangreich ist, die uns auf dem Wege zu mehr sozialer
    Gerechtigkeit viel zu kurz ausgefallen sind. Ich nenne
    zum Beispiel die Senkung des Eingangssteuersatzes und
    die Kindergelderhöhung.

    Die marginale Senkung des Eingangssteuersatzes
    1999 wird – das vermute ich – durch Mieterhöhungen,
    durch Erhöhung von Abgaben und von Tarifen aufge-
    fressen werden, wie sie sich in den Kommunen und
    überall in diesem Lande anbahnt.

    Bei dem Schrittmaß, mit dem Sie die Kindergelder-
    höhung angehen – Sie wollen es in vier Jahren um
    40 DM anheben –, bräuchten wir mehr als eine Genera-
    tion, um an das Existenzminimum von Kindern heran-
    zukommen. Das ist keine akzeptable Aussicht,


    (Beifall bei der PDS)

    zumal diese Regierung bei der Familienpolitik neue
    Maßstäbe setzen will, was wir natürlich ausdrücklich
    unterstützen. Frau Scheel, wir werden Sie an das erin-
    nern, was Sie eben gesagt haben: daß auch Sie sich ein
    höheres Schrittempo bei der Erhöhung des Kindergeldes
    vorstellen könnten. Wir werden darauf zurückkommen
    und meinen, daß im Laufe dieser Legislaturperiode da-
    für noch Nachbesserungen notwendig sind.

    Warum könnte man nicht, Herr Bundesfinanzminister
    – auch das sollte in dem Katalog der Überlegungen ei-
    nen Platz finden können –, einen ermäßigten Mehrwert-
    steuersatz für Kinderbekleidung und Kinderschuhe ins
    Auge fassen?


    (Beifall bei der PDS)

    Wer Kinder oder Enkelkinder hat, der weiß, wie viele
    Hundertmarkscheine jeden Monat herausgehen, vor al-
    lem bei Kindern, die sich noch in der Wachstumsphase
    befinden.


    (Dr. Gregor Gysi [PDS]: Das ist sehr wahr! Wir beiden wissen das, Herr Finanzminister!)


    Auf jeden Fall – das ist unsere grundsätzliche Kritik
    an Ihrem Entwurf –: Mit den vorgesehenen richtigen,
    aber doch sehr marginalen Verbesserungen für untere
    Einkommen und Familien läßt sich nicht kaschieren, daß
    Sie die Wurzeln der in 16 Jahren Kohl-Regierung ent-
    standenen sozialen Schieflage in diesem Lande nur sehr,
    sehr zaghaft anpacken. Der Zustand wird doch eher ein-
    gefroren. Ich nenne den Grundfreibetrag.

    Dr. Christa Luft






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Die Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums
    auf 13 000 DM im Jahre 1999 läßt sich nun wahrlich
    nicht als große Errungenschaft verkaufen. Die SPD war
    in der vergangenen Legislaturperiode der Auffassung,
    daß dieser Grundfreibetrag bereits 1996 auf 13 000 DM
    zu erhöhen sei. Die Bündnisgrünen sprachen damals von
    mindestens 14 000 DM, um dem Gebot des Bundesver-
    fassungsgerichtes nach Steuerfreistellung des Existenz-
    minimums gerecht zu werden. Berücksichtigt man die
    Erhöhung der Lebenshaltungskosten seit 1996, dann
    sind 13 000 DM und auch die 14 000 DM, die ab dem
    Jahr 2002 als steuerfreies Existenzminimum vorgesehen
    sind, zu gering.

    Die Nationale Armutskonferenz hat sich Anfang
    dieses Monats dafür ausgesprochen, den Grundfreibe-
    trag auf etwa 17 000 DM anzuheben, und das ist auch
    unsere Forderung.


    (Beifall bei der PDS)

    Den Spitzensteuersatz wollen Sie, beginnend mit

    dem Jahr 2000, senken. Wir sehen, ehrlich gestanden,
    dafür keine Spielräume. Auch das ist kein Ausdruck von
    Sozialneid. Ich kann daran erinnern, daß es erst wenige
    Monate her ist, daß die Finanzexpertinnen und -experten
    der SPD-Bundestagsfraktion ebenfalls keine Spielräume
    für eine Absenkung des Spitzensteuersatzes gesehen ha-
    ben. Ich frage mich: Wo ist denn dieser Spielraum in
    den wenigen Monaten hergekommen?

    Was tatsächlich an Vergünstigungen für Besserver-
    dienende und Unternehmen abgebaut wird, bleibt bis-
    lang noch unklar. Jeden Tag gelingt es mal diesem, mal
    jenem Minister, mal auch den Unternehmerverbänden,
    die Streichliste weiter schrumpfen zu lassen. Herr Bun-
    desfinanzminister, Sie werden sich, wenn das mit der
    Schrumpfung der Streichliste so weitergeht, bei gleich-
    bleibender Wirtschaftsentwicklung ganz erhebliche Fi-
    nanznöte organisieren.

    Unsere Forderung ist, daß die Mehreinnahmen durch
    die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage nicht zur
    Finanzierung der Senkung der Spitzensteuersätze bei der
    Einkommen- und Körperschaftsteuer, sondern zur Erhö-
    hung des Grundfreibetrages und zur Senkung des Ein-
    gangssteuersatzes genutzt werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Damit könnte ein wirksamer Beitrag zur Entlastung ge-
    rade unterer und mittlerer Einkommen und auch der
    kleinen und mittleren Unternehmen geleistet werden.
    Ein darüber hinausgehendes freies Finanzierungsvolu-
    men sollte für eine steuerbegünstigte Investitionsrück-
    lage verwendet werden, die aus unserer Sicht für den
    Mittelstand ebenfalls unendlich wichtig wäre.

    Wenn ich sage, daß Sie soziale Ungerechtigkeit eher
    einfrieren als spürbar abbauen, dann meine ich damit
    beispielsweise, daß Sie unverständlicherweise auf die
    sofortige Wiedererhebung der Vermögensteuer ver-
    zichten. Milliarden lassen Sie sich auf diese Weise ent-
    gehen. Wir können das nicht verstehen und stoßen heute
    mit einem entsprechendem Antrag dazu die Debatte in
    diesem Hause wieder an.

    Eine weitere Kritik: Die Steuerreformpläne erwecken
    über weite Teile den Eindruck, als habe man bei der
    SPD nicht so richtig mit dem Wahlsieg gerechnet. Denn
    sonst müßten Sie doch schon viel mehr ausgearbeitete
    Konzepte in der Schublade haben. Aber hier wird vieles
    auf dem Verschiebebahnhof verschoben,


    (Beifall bei der PDS)

    indem man eine Kommission hierfür, eine Kommission
    dafür bildet. Früher haben wir in der DDR gesagt: Wenn
    du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis!


    (Erneuter Beifall bei der PDS)

    Ich denke, die SPD hatte Zeit genug, ihre Pläne ausgear-
    beitet in der Schublade zu haben.

    Ich komme zum Schluß und sage Ihnen, meine Da-
    men und Herren: Der Bundeskanzler hat in seiner Regie-
    rungserklärung mehr Mut zum Ausprobieren neuer Mo-
    delle gefordert. Auf steuerpolitischem Gebiet, meinen
    wir, könnte ein Weg dafür sein, beispielsweise über eine
    Wertschöpfungsabgabe nachzudenken, mit der nicht
    nur die Personalkosten mit Sozialversicherungsausgaben
    belegt werden, sondern die gesamte Wirtschaftsleistung.
    Das würde die personalintensiven kleinen und mittleren
    Unternehmen entlasten. Die PDS wurde bei der Bun-
    destagswahl 1998 von 30 Prozent der Selbständigen in
    den neuen Ländern gewählt. Sie können uns glauben –
    wir sind dort mit vielen im Gespräch –, daß diese sich
    einen solchen Weg sehr wünschen.


    (Beifall bei der PDS)