Rede:
ID1400600600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 9
    1. Herr: 1
    2. Kollege: 1
    3. Merz,gestatten: 1
    4. Sie: 1
    5. eine: 1
    6. Zwischenfrage: 1
    7. des: 1
    8. Kollegen: 1
    9. Poß?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. November 1998 I n h a l t : Änderung einer Ausschußüberweisung ........... 319 A Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers ...... 319 B in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2002 (Drucksache 14/23) .............................. 319 B b) Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zur Kindergeldauszahlung und zur Erstellung der Lohnsteuertabellen 1999 (Drucksache 14/28) ..................... 319 B c) Antrag der Fraktion der PDS Wiedererhebung der Vermögen- steuer (Drucksache 14/11) ................... 319 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der PDS Besteuerung von Luxusgegenständen (Drucksache 14/27) .................................... 319 C Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 319 C Friedrich Merz CDU/CSU ...................... 326 D, 333 A Joachim Poß SPD ................... 331 A, 331 D, 336 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. .................. 331 C Ingrid Matthäus-Maier SPD.................... 332 D, 340 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 333 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P....................... 336 C Dr. Christa Luft PDS ....................................... 338 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .......................... 341 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 345 A Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN .................................... 346 D Dr. Kurt Faltlhauser, Staatsminister (Bayern) . 348 B Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 350 B Hans Georg Wagner SPD ............................ 352 A Joachim Poß SPD ............................................ 353 A Peter Harald Rauen CDU/CSU........................ 354 D Dr. Barbara Höll PDS...................................... 356 C Tagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundes- regierung Deutsche Beteiligung an der NATO- Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Drucksachen 14/16, 14/32) ......... 357 C Hans-Ulrich Klose SPD................................... 357 D Joseph Fischer, Bundesminister AA....... 358 B, 364 D Paul Breuer CDU/CSU.................................... 360 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 361 C Ulrich Irmer F.D.P........................................... 363 B Heidi Lippmann-Kasten PDS .......................... 364 A Volker Rühe CDU/CSU .................................. 366 A Ernot Erler SPD............................................... 366 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 Dr. Klaus Kinkel F.D.P.................................... 367 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 368 B Wolfgang Gehrcke PDS................................... 369 A Namentliche Abstimmung ............................... 369 D Nächste Sitzung ............................................... 372 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 373 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Chri- stian Simmert, Hans Christian Ströbele und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärti- gen Ausschusses zu dem Antrag der Bundes- regierung: Deutsche Beteiligung an der NATO-Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Tagesordnungspunkt 11)................... 373 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Winfried Hermann, Ker- stin Müller (Köln), Gila Altmann (Aurich), Angelika Beer, Volker Beck (Köln), Hans- Josef Fell, Klaus Wolfgang Müller, Claudia Roth (Augsburg), Christian Sterzing, Sylvia Ingeborg Voss (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Be- schlußempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der NATO- Luftüberwachungsoperation über dem Koso- vo (Tagesordnungspunkt 11) ........................... 374 A Anlage 4 Amtliche Mitteilungen..................................... 375 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 319 (A) (C) (B) (D) 6. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. November 1998 Beginn: 10.30 Uhr
  • folderAnlagen
    Vizepräsidentin Petra Bläss Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 373 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 13.11.98 Bohl, Friedrich CDU/CSU 13,11,98 Bulling-Schröter, Eva-Maria PDS 13.11.98 Geiger, Michaela CDU/CSU 13.11.98 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 13.11.98 Hartnagel, Anke SPD 13.11.98 Hovermann, Eike SPD 13.11.98 Jacoby, Peter CDU/CSU 13.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 13.11.98 Kemper, Hans-Peter SPD 13.11.98 Meckel, Markus SPD 13.11.98 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 13.11.98 Michelbach, Hans CDU/CSU 13.11.98 Müller (Zittau), Christian SPD 13.11.98 Dr. Pfaff, Martin SPD 13.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 13.11.98 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 13.11.98 Dr. Seifert, Ilja PDS 13.11.98 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13.11.98 Verheugen, Günter SPD 13.11.98 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13.11.98 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 13.11.98 Wissmann, Matthias CDU/CSU 13.11.98 Zierer, Benno CDU/CSU 13.11.98 * —————— * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Christian Simmert, Hans-Christian Ströbele und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der NATO-Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Tagesordnungspunkt 11) Die Entscheidung heute kann nicht herausgelöst wer- den aus dem Kontext des von der NATO ohne UNO- Mandat aufgebauten Drohszenarios gegenüber der Bun- desrepublik Jugoslawien, über dessen deutsche Beteili- gung noch der 13. Deutsche Bundestag am 16. Oktober 1998 abgestimmt hat. Wir haben diese Selbstmandatie- rung der NATO als Verstoß gegen internationale Völ- kerrechtskonventionen abgelehnt. Bombardierungen wären sicherlich kein geeignetes Mittel gewesen, die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Selbstverständ- lich begrüßen wir jede Verbesserung ihrer Situation nachdrücklich, insbesondere daß sie vor dem Winter noch aus den Wäldern zurückkehren konnten. Der Einsatz der OSZE-Beobachter zur Überwachung ist ein Schritt ziviler Konfliktbewältigung – auch nach unserer Auffassung sind die eingesetzten multinationa- len Peace-keeping-Einheiten unter Leitung der OSZE die geeigneten Kräfte für die Schaffung eines Sicher- heitssystems auch im Kosovo. Aber wir können nicht übersehen, daß mit dem heute zur Abstimmung anste- henden Beschluß über den „Einsatz bewaffneter Streit- kräfte mit dem deutschen Beitrag zu der NATO- Luftüberwachungsoperation“ die Fortsetzung der völ- kerrechtswidrigen militärischen Drohung vom Oktober ist und eine Militäraktion der NATO. Dies gilt genauso für den für kommende Woche geplanten Beschluß über die Stationierung einer NATO-Interventionstruppe. Auch für diese Militäraktionen in und gegen Serbien gibt es kein UNO-Mandat. Der Resolution des Sicher- heitsrates 2203/98 vom 24. Oktober 1998 ist ein solches Mandat nicht zu entnehmen. Außerdem handelt es sich nach unserer bisherigen Kenntnis bei der geplanten Bundeswehrbeteiligung an dieser Interventionstruppe um einen Out-of-area-Einsatz von Krisenreaktionskräf- ten, was wir aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen. Nicht die Bundeswehr, der der frühere Verteidigungs- minister Rühe gegen unsere Überzeugung und unser Votum immer mehr Aufgaben im Zusammenhang mit der deutschen Außenpolitik zugewiesen hat, ist die rich- tige Instanz, um solchen Schutz sicherzustellen. Hinzu kommt, daß die friedlichen Mittel zur Kon- flikteindämmung, auf die wir seit Jahren bei der leider absehbaren Eskalation des Konflikts hingewiesen haben, von der vergangenen Bundesregierung, bei weitem nicht ausgeschöpft worden sind – von effektivem Embargo konnte keine Rede sein. Stattdessen wurden weiter Flüchtlinge in die Krisenregion abgeschoben. Die Auf- rüstung der UCK wurde und wird nicht effektiv unter- bunden. Von Teilen der Öffentlichkeit wird dies als Signal internationaler Unterstützung nicht nur der Auto- nomiebestrebungen, sondern auch deren gewaltsamer Durchsetzung interpretiert. Dies hat konfliktverschär- fende Wirkung. Hier besteht dringender Handlungsbe- darf, dem die alte Bundesregierung nicht nachgekom- men ist und dessen sich die neue Regierung jetzt an- nehmen muß. Da wir zwar vom Grundsatz her den Einbezug der OSZE in die Konfliktbewältigung begrüßen, den Kon- text von NATO-Aktionen und Strategie, in dem dieser Einbezug steht, ablehnen, werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. 374 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 (A) (C) (B) (D) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Winfried Hermann, Kerstin Müller (Köln), Gila Altmann (Aurich), Angelika Beer, Volker Beck (Köln), Hans-Josef Fell, Klaus Wolfgang Müller (Kiel), Claudia Roth (Augsburg), Christian Sterzing, Sylvia Ingeborg Voß (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der NATO-Luftüberwachungsoperation über dem Kosovo (Tagesordnungspunkt 11) Wir stimmen dem Antrag der Bundesregierung zur deutschen Beteiligung an der NATO-Luftüberwa- chungsoperation über dem Kosovo trotz ernsthafter Be- denken zu. Auf Grundlage der VN-Sicherheitsratsresolution 1203 und des Beschlusses des Ständigen Rats der OSZE vom 24./25. Oktober wird in den nächsten Wochen eine OSZE-Verifikationsmission für ein Jahr im Kosovo tätig werden. Aufgabe der unbewaffneten Beobachter ist die Überwachung des Waffenstillstandes und militärischer Bewegungen, die Begleitung von Polizeikräften, die Unterstützung internationaler Organisationen bei der Flüchtlingsrückkehr, die Wahlüberwachung und Unter- stützung beim Aufbau der Selbstverwaltung im Kosovo. Mit 2 000 Beobachtern, darunter jeweils 200 aus Deutschland und Rußland, ist es die bisher größte Ope- ration der OSZE. Ihr Gelingen ist die entscheidende Voraussetzung für die Einleitung eines stabilen Frie- densprozesses im Kosovo. Zur Ergänzung, Effektivierung und Absicherung der OSZE-Mission auf dem Boden führt die NATO über dem Kosovo eine Luftüberwachungsoperation mit un- bewaffneten Aufklärungsflugzeugen und unbemannten tieffliegenden ,,Drohnen“ durch. Die Bundeswehr soll unter anderem eine Drohnenbatterie stellen, die mit ge- ringen, bewaffneten Sicherungskräften in Mazedonien stationiert sein würde. Grundlage der Luftüberwa- chungsoperation ist das zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und der NATO am 15. Oktober abgeschlos- sene Abkommen. Die NATO plant darüber hinaus eine Notfalltruppe („extraction force“) von circa 1 200 bis 1 500 Soldaten für den Fall, daß die für die Sicherheit der OSZE- Beobachter verantwortlichen serbischen Behörden diese nicht mehr gewährleisten. Wenn Leib und Leben von Beobachtern durch eine der Konfliktparteien gefährdet sind, bei Geiselnahme oder wenn eine Evakuierung durch die OSZE nicht mehr möglich ist, soll sie die Beobachter herausholen können. Die in Mazedonien stationierte Notfalltruppe hat ausdrücklich keinen Interventions- und Erzwingungsauftrag. Die Bundes- wehr soll hierzu zwischen 100 und 200 Soldaten stellen. Auch wenn sich die humanitäre Lage inzwischen ent- spannt hat, ein Großteil der Binnenflüchtlinge wieder in Dörfern lebt und humanitäre Organisationen sich frei bewegen können, so bleibt der Waffenstillstand doch brüchig und das Konfliktpotential hoch brisant. In schlimmer Erinnerung ist die Vergeiselung von UN- PROFOR-Soldaten in Bosnien im Jahr 1995, die zu einem Markstein bei der Diskreditierung und Schwä- chung der UN in Bosnien wurde. Angesichts dieser hohen Risiken ist die militärische Notfallvorsorge im Interesse der Beobachter und der Autorität der sie ent- sendenden internationalen Staatengemeinschaft unver- zichtbar und völkerrechtlich nicht zweifelhaft. Ohne ei- ne solche, nur mit militärischen Mitteln realisierbare Notfallvorbereitung wäre die Entsendung der zweitau- send zivilen Beobachter in das latente Kriegsgebiet nicht zu verantworten – außer man wollte bewußt das Risiko einer Wiederholung des UNPROFOR-Traumas in Kauf nehmen. Ohne die Beobachtermission wäre der Waffen- stillstand und die Flüchtlingsrückkehr ohne Chance, wäre ein Wiederaufflammen der Kämpfe spätestens im Frühjahr vorprogrammiert. Insofern sind Beobach- termission am Boden, Luftüberwachung und Notfall- vorsorge untrennbare Bestandteile des friedensbe- wahrenden und im Kern von der OSZE getragenen Ein- satzes. Der Antrag der Bundesregierung schließt ausdrück- lich an den Beschluß des Bundestages vom 16. Oktober (13. Legislaturperiode) an. Unsere Zustimmung zum jetzigen Antrag der Bundesregierung darf allerdings in keiner Weise als nachträgliches Einverständnis zur An- drohung eines NATO-Luftangriffes ohne klares UN- Mandat verstanden werden. Wir bleiben dabei, daß ein Mandat von UN bzw. OSZE Mindestvoraussetzung für Kriseneinsätze von Militär sein sollte und daß alle Be- mühungen in Richtung einer Selbstmandatierung der NATO zersetzend auf die internationale Ordnung wir- ken und einem internationalen Recht der Stärkeren Vor- schub leisten. Die bevorstehende OSZE-Mission ist nicht nur un- verzichtbar für einen langfristigen Friedensprozeß und die Herstellung der Menschenrechte im Kosovo. Sie ist zugleich eine Bewährungsprobe für die OSZE als der einzigen gesamteuropäischen Sicherheitsinstitution, die bisher weitgehend im Schatten der NATO und des öffentlichen Interesses stand. Insofern begrüßen wir die OSZE-Beobachtermission als doppelten Beitrag zum Frieden in Europa und zur Zivilisierung der Außen- politik. Die enormen praktischen Anforderungen an die OS- ZE-Mission zeigen zugleich, wie hochaktuell die im Koalitionsvertrag festgelegte Absicht der neuen Bundes- regierung ist, die personelle und finanzielle Ausstattung der OSZE zu stärken, Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich von Peacekeeping, Peacebuilding und Frie- densfachdiensten zu schaffen und die Entwicklung des Instruments internationaler Polizeieinsätze voranzu- treiben. Fortschritte bei der Krisenprävention und zivi- len Konfliktbearbeitung sind die Voraussetzung dafür, daß sich Bosnien, Kosovo nicht ständig wieder- holen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1998 375 (A) (C) (B) (D) Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 731. Sitzung am 6. No- vember 1998 der vom Deutschen Bundestag am 26. Oktober 1998 beschlossenen unveränderten Weiter- geltung der 1. Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) vom 5. Mai 1951 (BGBl. II S. 103), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 16. Mai 1995 (BGBl. I S. 742), gemäß Artikel 77 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, 2. Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß vom 23. Juli 1969 (BGBl. I S. 1102), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 20. Juli 1993 (BGBl. I S. 1500), gemäß Artikel 53a Absatz 1 Satz 4 des Grundgesetzes und der 3. Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes vom 23. Juli 1969 (BGBl. I S. 1100), gemäß Artikel 115d Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes zugestimmt. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen bzw. von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/7017 Nr. 1.6 Drucksache 13/7216 Nr. 2.22 Drucksache 13/7867 Nr. 1.3 Drucksache 13/8106 Nr. 1.5 Drucksache 13/9086 Nr. 1.14 Drucksache 13/9819 Nr. 2.14 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/6766 Nr. 2.6 Drucksache 13/7017 Nr. 1.5, 2.9, 2.11 Drucksache 13/7216 Nr. 2.3, 2.8 Drucksache 13/7306 Nr. 2.16, 2.20, 2.23 Drucksache 13/7541 Nr. 2.17 Drucksache 13/7706 Nr. 2.5 Drucksache 13/9312 Nr. 1.8, 1.11, 1.13 Drucksache 13/9477 Nr. 2.11, 2.12, 2.17, 2.20, 2.24, 2.25 Drucksache 13/9668 Nr. 1.3, 1.5 Drucksache 13/11106 Nr. 2.13, 2.14, 2.16 Drucksache 13/11204 Nr. 2.8 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/3668 Nr. 2.19 Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Drucksache 13/8615 Nr. 2.59, 2.75
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine
    sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lafontaine, Sie
    haben viel über Europa gesprochen. Das hatte durchaus
    einen Sinn. Aber wir hätten doch erwartet, daß Sie heute
    morgen einmal zu den Spekulationen, die Sie selbst in die
    Welt gesetzt haben, ein Wort sagen, nämlich ob Sie nun
    hier in Deutschland ein Finanzminister auf Abruf sind,


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid es, die jetzt abberufen sind!)


    ob Sie also die Lage, in der Sie jetzt sind, nämlich die
    Nummer zwei zu sein, eben nicht so lange ertragen und
    wieder die Nummer eins werden wollen. Herr Lafontai-






    (A) (C)



    (B) (D)


    ne, dazu hätte von Ihnen heute morgen durchaus ein klä-
    rendes Wort kommen können.


    (Zurufe von der SPD – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier ist doch keine Pressekonferenz!)


    – Die Tatsache, daß Sie so unruhig werden, zeigt doch,
    daß Sie sich offensichtlich mit dem Gedanken anfreun-
    den, Ihren Parteivorsitzenden zu verlieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, ich will zu Beginn auf

    einige Punkte zu sprechen kommen, die Sie, Herr La-
    fontaine, in Ihrer Einführung dargelegt haben. Lassen
    Sie mich zunächst zu dem Thema der Zinsquote im
    Bundeshaushalt etwas sagen. Es ist wahr, die Zinsquote
    des Bundeshaushaltes ist relativ hoch. Sie ist aber auch
    deshalb so hoch, weil wir die finanziellen Lasten, die
    mit der Überwindung der deutschen Teilung verbunden
    waren, ganz überwiegend über den Bundeshaushalt fi-
    nanziert haben. Dazu, Herr Lafontaine, haben Sie nicht
    ein einziges Wort gesagt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Beim Bundeshaushalt haben wir schon eine etwas ande-
    re Lage als beim Haushalt des Saarlandes, den Sie bis
    vor kurzem noch zu verantworten hatten, Herr Lafontai-
    ne. Ich werde auch auf die Geldpolitik gleich noch zu
    sprechen kommen.

    Lassen Sie mich vorweg etwas zu den versiche-
    rungsfremden Leistungen sagen, die Sie angesprochen
    haben. Herr Lafontaine, richtig ist, daß auch die Sozial-
    versicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutsch-
    land über eine gewisse Zeit – wie alle öffentlichen
    Haushalte – von den Konsequenzen aus der Überwin-
    dung der deutschen Teilung betroffen waren. Aber Sie
    selbst, die SPD-Bundestagsfraktion, wir alle haben in
    diesem Jahr gemeinsam eine Mehrwertsteuererhöhung
    beschlossen.


    (Dr. Barbara Höll [PDS]: Wir nicht! Wir waren dagegen!)


    Diese ist am 1. April 1998 in Kraft getreten. Der Bun-
    desrat hat dem mit der Mehrheit der SPD-geführten
    Bundesländer zugestimmt. Mit Leistungen aus dem
    Bundeshaushalt von jetzt insgesamt gut 100 Milliar-
    den DM im Jahr 1999 sind sämtliche sogenannten versi-
    cherungsfremden Leistungen, die die Rentenversiche-
    rung zu tragen hat, abgegolten. Das Thema versiche-
    rungsfremde Leistungen, Herr Lafontaine, ist erledigt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das, was Sie jetzt beginnen, ist eine Umverteilung aus

    dem Steuerhaushalt in die Sozialhaushalte. Ich zitiere hier
    einmal aus dem Buch Ihres Ministerkollegen Bodo Hom-
    bach – der jetzt gerade nicht da ist –, einem Buch, das ich
    mit großem Interesse gelesen habe, das ich mir beinahe
    sogar gekauft hätte, um einen Beitrag dazu zu leisten, daß
    er irgendwann einmal sein Haus bezahlen kann.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Typisch Merz! So ist er eben! – Klaus Lennartz [SPD]: Christlich ist dein Name!)


    In diesem Buch schreibt Herr Hombach:
    Langfristig darf es aber nicht einfach bedeuten, daß
    beitragsfinanzierte Lasten nun auf steuerfinanzierte
    Lasten umgewälzt werden.

    Wörtlich heißt es weiter:
    Das hieße, von einer Tasche in die andere zu wirt-
    schaften.

    Herr Lafontaine, mit der Umfinanzierung aus dem Steu-
    erhaushalt in die Sozialhaushalte beginnen Sie genau mit
    diesen Umfinanzierung von einer Tasche in die andere.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Er hat auch noch ein Loch in der Tasche!)


    Nachdem Sie, Herr Bundeskanzler, am Dienstag in
    Ihrer Regierungserklärung – man mußte schon ziemlich
    aufmerksam zuhören, um das auch wahrzunehmen – zu
    Recht einen Hinweis darauf gegeben haben, daß die
    Staatsquote in Deutschland weiter sinken müsse, hätten
    wir nun von Ihnen, Herr Lafontaine, als dem dafür zu-
    ständigen Bundesfinanzminister erwartet, daß Sie dieses
    etwas konkreter darlegen. Denn aus der Summe von
    Abgabenquote und Sozialleistungsquote, also aus dem
    Staatsverbrauch, ergibt sich die Staatsquote. Gegenwär-
    tig sinkt die Staatsquote in der Bundesrepublik
    Deutschland – richtigerweise.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn Sie weitere Umfinanzierungen vornehmen, wird
    die Staatsquote steigen. Nun sagen Sie bitte nicht, dies
    sei nur eine akademische Größe, über die sich vielleicht
    irgendwelche Finanzpolitiker unterhalten, die aber ge-
    samtwirtschaftlich keine Bedeutung habe. Das Gegenteil
    ist richtig.

    Die Bundesregierung unter Helmut Kohl hat in den
    Jahren von 1982 bis 1991 die Staatsquote in der Bundes-
    republik Deutschland von den gut 51 Prozent, die sie
    von Helmut Schmidt übernommen hatte, auf gut 46 Pro-
    zent abgesenkt. Das Ergebnis war, daß in diesen Jahren
    in Deutschland 3,2 Millionen neue Arbeitsplätze entste-
    hen konnten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn Sie, Herr Lafontaine, ohne Rückführung der ge-
    samten Abgabenbelastung eine reine Umfinanzierung
    durch Umschichtung von Geldern aus den Steuerhaus-
    halten in die Sozialhaushalte vornehmen, werden Sie das
    Ziel, das Sie sich gesetzt haben und das wir teilen, näm-
    lich die Absenkung der Arbeitslosigkeit, nicht erreichen.

    Damit schon zu Beginn – wir reden ja über die
    Schluß- und die Eröffnungsbilanz – die richtigen Zahlen
    unserer weiteren Diskussion zugrunde gelegt werden,
    will ich nicht nur die Arbeitslosenzahlen, sondern vor-
    dringlich noch einmal die Beschäftigtenzahlen nennen.
    In der Zeit zwischen Dezember 1982 – das war der Be-
    ginn der 16jährigen Amtszeit von Helmut Kohl – und
    Herbst 1992 – das war der Höhepunkt des Aufbaus an
    neuer Beschäftigung – haben wir eine Zunahme der Zahl
    der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 20,1
    Millionen auf 23,3 Millionen erlebt. Die Zahl der sozi-

    Friedrich Merz






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    alversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland
    ist also um 3,2 Millionen gestiegen. Von diesen 3,2
    Millionen zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen
    Beschäftigungsverhältnissen gibt es heute in den alten
    Bundesländern immer noch 1,8 Millionen.

    Damit wir von den richtigen und den gleichen Zahlen
    ausgehen, Herr Lafontaine, wenn wir uns in den näch-
    sten Jahren hier im Hause häufiger über Mißerfolge und
    Erfolge der Politik Ihrer Regierung unterhalten, halte ich
    fest: Wir haben heute in den alten Bundesländern immer
    noch 21,9 Millionen Beschäftigte. Ich nenne diese Zah-
    len deswegen und lasse sie auch im Protokoll festhalten,
    damit Sie nicht in einem Jahr herkommen und sagen:
    Wir haben dadurch, daß wir mehrere hunderttausend
    Menschen in die Frühverrentung oder in die Rente ge-
    schickt und ein paar hunderttausend Jugendlichen neue
    Arbeit verschafft haben, das Problem der Arbeitslosig-
    keit gelöst. Herr Lafontaine, das Problem der Arbeitslo-
    sigkeit in Deutschland werden Sie nur lösen, wenn die
    Arbeitslosenquote sinkt und die Beschäftigtenquote in
    Deutschland steigt. Anderes lassen wir nicht durchge-
    hen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie haben erfreulicherweise – ich sage das wirklich

    ohne irgendwelche Hintergedanken – im wesentlichen
    darauf verzichtet, eine Rede über die Erblast zu halten,
    die Sie von Helmut Kohl und Theo Waigel übernommen
    haben.


    (Joachim Poß [SPD]: Das machen wir beim Bundeshaushalt! Das kommt noch!)


    – Herr Poß, ich komme auf die Haushaltszahlen gleich
    noch zu sprechen. Aber, Herr Bundeskanzler, diesen
    Hinweis kann ich mir nicht verkneifen: Der einzige Teil
    ihrer Regierungserklärung, den Sie am Dienstag in freier
    Rede gehalten haben und in dem eine gewisse Emotion
    bei Ihnen zu erkennen war – ansonsten war Ihre Rede
    völlig emotionslos, wie das die Presse zutreffend be-
    schrieb –, war der Teil, in dem Sie sich mit der Ju-
    gendarbeitslosigkeit beschäftigt haben.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Emotionsbolzen sind Sie auch nicht!)


    Herr Schröder und Herr Lafontaine, es ist in der Tat
    wahr: Wir haben in Deutschland ein Problem im Bereich
    der Jugendarbeitslosigkeit.


    (Zurufe von der SPD: Ach!)

    Dieses Problem stellt sich in den einzelnen Bundeslän-
    dern aber höchst unterschiedlich dar.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich will Ihnen die Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit
    nicht vorenthalten: Wir haben im Saarland eine Ju-
    gendarbeitslosigkeit von 11,2 Prozent, in Niedersachsen
    von 11,5 Prozent, in Hamburg von 14,2 Prozent, in
    Brandenburg von 15,7 Prozent und in Sachsen-Anhalt,
    wo jetzt die DVU im Landtag sitzt – das eine hat etwas
    mit dem anderen zu tun –, von 16,5 Prozent.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


    Das ist in der Tat für die neue rotgrüne Regierung
    unter Oskar Lafontaine eine Erblast, die Sie mit nach
    Bonn bringen. In Bayern liegt die Jugendarbeitslosigkeit
    bei 5,8 Prozent und in Baden-Württemberg bei
    7 Prozent.


    (Dr. Theodor Waigel [CDU/CSU]: So ist es!)

    In diesen Ländern gibt es das Problem in dem von Ihnen
    so emotional beschriebenen Umfang nicht, Herr Bun-
    deskanzler.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Lassen Sie mich noch einmal auf die Ausgangslage

    zu sprechen kommen, die Sie vorfinden. Zur Schlußbi-
    lanz der Regierung Helmut Kohl und zur Eröffnungsbi-
    lanz der Regierung Lafontaine


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    – Entschuldigung: der Regierung Schröder – gehört:


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Eine Entschuldigung ist doch nicht nötig!)


    Die Währung ist stabil, die Arbeitslosigkeit sinkt, die
    Gesamtverschuldung ist rückläufig, das Staatsdefizit
    wird in diesem Jahr weit unter dem Maastricht-
    Kriterium von 3 Prozent, nämlich bei ungefähr 2,5 Pro-
    zent liegen. Damit liegen alle gesamtwirtschaftlichen
    Rahmendaten und Plandaten für den Bundeshaushalt auf
    dem Tisch – und nicht erst seit dieser Woche, Herr La-
    fontaine, sondern schon seit drei oder vier Wochen. Es
    gab zu keinem Zeitpunkt irgendeine Zahl, die Sie nicht
    kennen konnten und die Ihnen die Beamten Ihres Hauses
    – Sie haben aus der gesamten Führungsetage nur einen
    Beamten übernommen – nicht vorgelegt haben. Alle
    Rahmendaten und alle Plandaten liegen Ihnen vor.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das Fazit lautet: Die neue Bundesregierung übernimmt
    nicht eine Erblast, sondern sie trifft auf alle Vorausset-
    zungen für einen dauerhaften wirtschaftlichen Auf-
    schwung in Deutschland in den nächsten Jahren.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Dies wird durch die gestern veröffentlichte Steuer-
    schätzung eindrucksvoll belegt.


    (Joachim Poß [SPD]: Sie hat überhaupt nichts belegt! Es hat sich doch überhaupt nichts verändert!)


    Im Jahre 1998, im ersten Jahr eines beginnenden
    wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland, werden
    die Staatseinnahmen aller Gebietskörperschaften, also
    des Bundes, der Länder und der Gemeinden, um
    7,8 Milliarden DM höher sein, als noch im Mai dieses
    Jahres geschätzt. Davon entfallen – ich will diesen Punkt
    nur der Vollständigkeit halber erwähnen, weil an uns
    häufig die Kritik geübt worden ist, wir ließen die Ge-
    meinden allein – über 5 Milliarden DM auf die Kommu-
    nen. Dies ist ein großartiger Erfolg der Finanz- und
    Wirtschaftspolitik des Jahres 1998, die wir noch zu ver-
    antworten hatten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Friedrich Merz






    (A) (C)



    (B) (D)


    Herr Lafontaine, es gibt im nächsten Jahr nicht etwa
    eine große Lücke und Defizite auf Grund der Verhält-
    nisse, die Sie vorgefunden haben. Vielmehr werden die
    Gebietskörperschaften insgesamt im nächsten Jahr höhe-
    re Steuereinnahmen von insgesamt 38 Milliarden DM
    gegenüber dem laufenden Jahr 1998 haben. Davon ent-
    fallen mehr als 26 Milliarden DM auf den Bund. Sie fin-
    den einen Haushaltsplan und einen Etat für das nächste
    Jahr vor, Herr Lafontaine, der Ihnen 26 Milliarden DM
    höhere Einnahmen als im laufenden Haushaltsjahr 1998
    bringt. Das heißt im Klartext: Der Bund hat gegenüber
    dem laufenden Jahr 1998 um 7,5 Prozent höhere Steuer-
    einnahmen. Ich komme auf dieses Thema noch zu spre-
    chen.

    Diese Zahlen zeigen zweierlei: Erstens. Die von Ih-
    nen häufig zitierte Steuerquote steigt. Zweitens. Sie fin-
    den im Bundeshaushalt den Spielraum für eine durch-
    greifende Steuerreform mit Nettoentlastungen bei
    gleichzeitiger Verbreiterung der steuerlichen Bemes-
    sungsgrundlage vor.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!)


    Herr Minister Lafontaine, wenn Sie jetzt bestreiten,
    daß Sie bei diesen Steuermehreinnahmen des kommen-
    den Jahres den Spielraum für eine durchgreifende Steu-
    erreform haben, dann haben Sie mit den Steuereinnah-
    men, die Sie im nächsten Jahr zusätzlich haben werden,
    etwas anderes vor als eine vernünftige Steuerpolitik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Genau das ist der richtige Rückschluß!)


    Ich sage Ihnen vorsorglich – denn es gab heute in den
    Zeitungen wieder Hinweise auf Art. 115 des Grundge-
    setzes, der die Grenze der Neuverschuldung des Bun-
    deshaushaltes bestimmt –:


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist voll an der Sache vorbei!)


    Die steigenden Steuereinnahmen, die sich langsam ab-
    bauende Arbeitslosigkeit in Deutschland, die zurückge-
    hende Verschuldung der öffentlichen Haushalte und die
    anhaltende Preisstabilität verbieten Ihnen schon jetzt für
    das gesamte nächste Jahr die Feststellung der Störung
    des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Lafontaine, es gibt jetzt im übrigen überhaupt

    keinen Grund mehr dafür, daß Sie dem Bundestag den
    Entwurf des Haushaltsplanes für das Jahr 1999 vorent-
    halten. Wir erwarten, daß Sie spätestens in der ersten
    Dezemberwoche den Etatentwurf für das Jahr 1999
    vorlegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun lassen Sie mich noch einmal auf die Steuerpoli-

    tik im engeren Sinne zurückkommen und auf einige
    grundlegende Unterschiede hinweisen, die uns in der Tat
    trennen. Zunächst zu dem von Ihnen immer wieder an-
    gesprochenen Begriff der Steuerquote. Herr Lafontaine,
    Sie wissen genauso gut wie wir, daß die volkswirt-

    schaftliche Steuerquote überhaupt nichts darüber aus-
    sagt, wie hoch die tatsächliche Steuerbelastung der ein-
    zelnen Steuerzahler ist. Ich will Ihnen auch sagen, war-
    um die Steuerquote kein Parameter für eine gute und
    vernünftige Steuerpolitik ist. Wir haben durch die An-
    hebung bzw. Verdoppelung des Grundfreibetrages, die
    im Jahre 1996 – ich gebe zu, durch das Bundesverfas-
    sungsgericht erzwungen – vom Gesetzgeber durchge-
    setzt worden ist, und durch die Neuregelung beim Kin-
    dergeld rund 30 Prozent der Arbeitnehmerhaushalte in
    Deutschland steuerfrei gestellt. Das betrifft die von Ih-
    nen immer wieder zitierten unteren Einkommen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Lafontaine, Arbeitnehmer mit niedrigen Einkom-
    men zahlen also seit 1996 praktisch keine Steuern mehr.


    (Bundesminister Oskar Lafontaine: Außer Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern! Es ist unglaublich!)


    Ich will Ihnen in diesem Zusammenhang noch etwas
    zu Ihrer im wesentlichen nachfrageorientierten Steuer-
    und Finanzpolitik sagen: Wenn Ihre Theorie stimmen
    würde, daß durch eine Stärkung der Massenkaufkraft,
    wie Sie das im Wahlkampf immer ausgeführt haben, die
    Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu lösen seien, dann
    hätte es im Jahre 1996 eine durchgreifende Veränderung
    auf dem Arbeitsmarkt geben müssen.


    (Zuruf von der F.D.P.: So ist es! Genau richtig!)

    Denn, Herr Lafontaine, im Jahre 1996 hat es durch

    die Verdoppelung des Grundfreibetrages und durch die
    Anhebung des Kindergeldes eine Entlastung der Arbeit-
    nehmer in Deutschland in Höhe von netto 12 Milliarden
    DM gegeben. Die Wahrheit ist – wir haben das nicht an-
    ders erwartet –, daß im Jahre 1996 durch diese Maß-
    nahmen praktisch keine Veränderungen auf dem Ar-
    beitsmarkt eingetreten sind. Sie sagen jetzt ja noch nicht
    einmal eine Nettoentlastung für die Jahre 1999 ff. vor-
    aus, sondern Sie nehmen eine reine Umfinanzierung vor,
    wobei für die Steuerzahler netto keine D-Mark mehr
    herauskommt.

    Wir sagen Ihnen, Herr Lafontaine, voraus: Diese ein-
    seitig auf die Nachfragekraft konzentrierte Steuerpolitik
    der Bundesregierung wird auf dem Arbeitsmarkt keine
    positiven Ergebnisse bringen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn Sie sich einmal über die Wirkungen einer so ein-
    seitig nachfrageorientierten Steuer- und Finanzpoli-
    tik informieren wollen, dann können Sie meinetwegen
    darauf verzichten, alle diesbezüglichen Dokumente der
    alten Regierung zu lesen. Sie brauchen nur ein Doku-
    ment der neuen Regierung heranzuziehen. Ich zitiere
    noch einmal aus dem Buch Ihres Kabinettskollegen Bo-
    do Hombach, der richtigerweise darauf hingewiesen hat
    – ich habe es gestern noch einmal nachgelesen, daß bei
    einer Zunahme des verfügbaren Einkommens einer Ar-
    beitnehmerfamilie um 100 DM für den Binnenmarkt
    27,23 DM übrigbleiben.


    (Zuruf von der F.D.P.: So ist es!)


    Friedrich Merz






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Er weist zudem darauf hin, daß aus der Sicht des Unter-
    nehmers eigentlich nicht 100 DM, sondern 121 DM auf-
    gewendet werden müssen, weil der Arbeitgeber natür-
    lich einen zusätzlichen Anteil an Sozialversicherungs-
    beiträgen zu zahlen hat.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Er scheint ein kluges Kerlchen zu sein!)


    Also, Herr Lafontaine, die Arbeitskosten und die
    Steuerquote und damit die Steuerbelastung in Deutsch-
    land müssen gesenkt werden, damit wir zu einer durch-
    greifenden Entlastung der Familien und der Betriebe
    kommen.

    Damit hier gar keine Mißverständnisse auftreten:
    Niemand von uns widerspricht der Anhebung des Kin-
    dergeldes.


    (Bundesminister Oskar Lafontaine: Das ist schon mal gut! – Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie waren immer dagegen!)


    Jeder von uns wünscht sich, daß wir noch höhere Lei-
    stungen an die Familien zahlen könnten. Aber was nützt
    es einem Familienvater, wenn er am 1. Januar 1999 ein
    höheres Kindergeld bekommt und am 1. Juli 1999 ar-
    beitslos wird? Das nützt ihm überhaupt nichts, Herr La-
    fontaine.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Entscheidend ist, daß wir die strukturellen Probleme

    auf dem Arbeitsmarkt – das sind die strukturellen Pro-
    bleme unseres Steuersystems und unserer Sozialversi-
    cherung – lösen. Hier sage ich Ihnen noch einmal: Wir
    vertreten eine völlig andere Philosophie.

    Das Problem, das die Bundesrepublik Deutschland im
    international sich verschärfenden Wettbewerb hat, ist
    nicht in erster Linie eine Nachfrageschwäche, sondern
    das Problem, das wir in der Bundesrepublik Deutschland
    haben, ist eine trotz aller Bemühungen der letzten Jahre
    anhaltende Investitions- und Wachstumsschwäche der
    deutschen Volkswirtschaft.

    Ich will Ihnen das an einem ganz einfachen Beispiel
    nachweisen, einem Beispiel, das nun wirklich nichts mit
    ungezügeltem Shareholder-Kapitalismus zu tun hat,
    sondern es sind Fakten, die noch nicht einmal Ihre Ehe-
    frau in Frage stellen dürfte, Herr Lafontaine.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


    Wir in der Bundesrepublik Deutschland haben im in-
    ternationalen Vergleich mit die geringste Risikoprämie
    für eingesetzes Eigenkapital. Diese Risikoprämie, die
    sich als der Abstand zwischen den Zinsen definiert, die
    Sie für risikolose Staatsanleihen bekommen, und den
    Zinsen, die Sie für risikobehaftetes Eigenkapital in un-
    ternehmerischer Tätigkeit bekommen, beträgt in der
    Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig zwischen 0,5
    und 1 Prozent.

    Das heißt im Klartext: Ein Unternehmer in Deutsch-
    land, der sein Geld nicht zur Bank trägt, sondern es als
    Investitionskapital in das Unternehmen steckt – risiko-
    behaftet, mit vollem persönlichen Risiko – hat in

    Deutschland gegenwärtig die Chance, 0,5 bis 1 Prozent
    mit Arbeit mehr zu verdienen, als wenn er es – ohne Ar-
    beit – auf der Bank ließe.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Die Risikoprämie in den wichtigsten Wettbewerbs-
    ländern der Bundesrepublik Deutschland – ich nenne nur
    einmal zwei: Großbritannien und die Vereinigten Staa-
    ten von Amerika – beträgt 10 Prozent.

    Jetzt lassen Sie mich, weil Sie es angesprochen ha-
    ben, noch ein Wort zu Amerika sagen. Sie können sich
    natürlich nicht immer nur die Rosinen herauspicken und
    sagen: „Was dort in Amerika so gut ist, übernehmen
    wir,“ aber den Rest verschweigen Sie großzügig. Herr
    Lafontaine, Sie wissen es, – und der Bundeswirt-
    schaftsminister wird es vielleicht aus eigener Anschau-
    ung noch besser wissen –, daß die Amerikaner die not-
    wendige Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, die wir
    hier von dieser Stelle aus immer wieder angemahnt und
    die Sie immer wieder blockiert haben, längst hinter sich
    haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Wo haben wir bei der Flexibilisierung blockiert?)


    Herr Lafontaine, das konnten Sie jetzt nicht sehen.
    Ich will fair bleiben, aber beim Bundeswirtschaftsmi-
    nister war ein leichtes Nicken zu erkennen.

    Die Amerikaner haben die strukturellen Reformen
    des Arbeitsmarktes und der Sozialversicherungssysteme
    – soweit man in Amerika überhaupt von Sozialversiche-
    rung sprechen kann – längst gemacht. Wenn Sie also mit
    Amerika vergleichen, Herr Lafontaine, dann bitte doch
    nur dann, wenn Sie gleichzeitig zugestehen, daß wir ei-
    nige grundlegende Reformen unseres Sozial- und Steu-
    ersystems zusätzlich brauchen.

    Da offensichtlich Tony Blair – lassen Sie mich nun
    etwas zu Großbritannien sagen – eines Ihrer großen
    Vorbilder ist, lassen Sie mich anmerken, daß der Pre-
    mierminister von Großbritannien bereits zweimal nach
    seiner erfolgreichen Wahl die Körperschaftsteuersätze
    gesenkt hat. Herr Lafontaine, Sie stellen die Senkung
    der Körperschaftsteuersätze für das Jahr 2002 in Aus-
    sicht.


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist doch unwahr! Schon für das Jahr 99 auf 40 Prozent! Lesen Sie das Gesetz! Das ist nicht die Wahrheit! Das ist eine Lüge!)


    Bis dahin werden Sie durch die Verbreiterung der
    steuerlichen Bemessungsgrundlage die Unternehmen in
    der Bundesrepublik Deutschland mit höheren Steuern
    massiv belasten. Das ist die Wahrheit in Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Der erste Schritt erfolgt 99! Das ist eine Lüge!)


    Ich will wegen der Kürze der Zeit darauf verzichten,
    zu einzelnen Aspekten – wir werden dazu noch Gele-
    genheit haben – Ihrer steuerpolitischen Vorschläge

    Friedrich Merz






    (A) (C)



    (B) (D)


    Stellung zu nehmen. Ich hätte gerne noch etwas zum
    Thema steuerliche Bemessungsgrundlage, Teilwertab-
    schreibung und all diesen Dingen gesagt. Sie haben aber
    zugesichert – dafür bedanke ich mich –, daß darüber im
    Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch einmal geredet
    werden kann. Darüber muß geredet werden, weil es eine
    Reihe von höchst problematischen Vorschlägen gibt, die
    Sie hier gemacht haben.

    Lassen Sie mich noch etwas Grundsätzliches sagen.



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Merz,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Poß?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das tue ich deswegen
    gern, weil er dann aufhören kann, zu schreien.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)