Rede von
Birgit
Homburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Kollegin Griefahn,
ich habe den Eindruck, wir leben in absolut unterschied-
lichen Welten. Wenn Sie sich einmal vor Augen führen,
wie die Situation Anfang der 90er Jahre war, dann wer-
den Sie sehen, daß wir damals alle von Müllbergen ge-
sprochen haben und daß wir alle nicht mehr gewußt ha-
ben, wie wir das Problem bewältigen sollen. Damals
sind die Deponien übergelaufen; es waren nicht genü-
gend Müllheizkraftwerke vorhanden. Zu Beginn des In-
krafttretens der Verpackungsverordnung und des Kreis-
laufwirtschafts- und Abfallgesetzes bestand wirklich ei-
ne Situation, die unhaltbar war.
Was ist zwischenzeitlich geschehen? Die Müllmen-
gen sind drastisch zurückgegangen. Wir haben mit unse-
rer Politik, mit der Einführung der Kreislaufwirtschaft,
den Bau von zig Müllheizkraftwerken unnötig gemacht
und damit den Gebührenzahlerinnen und Gebührenzah-
lern Milliardenbeträge erspart, die auf Grund unserer
Politik nicht investiert werden mußten. Das ist die Rea-
lität. Auch das müssen Sie bitte einmal zur Kenntnis
nehmen.
Das Fazit der ersten Diskussionsrunde um die um-
weltpolitischen Maßnahmen lautet also: Wenn man sich
diese Koalitionsvereinbarung ansieht, dann erkennt man,
daß nichts ausdiskutiert ist. Nur eines ist ganz klar fest-
gelegt: Der Umweltschutz wird mißbraucht. Wer näm-
lich einem Bündel von Steuererhöhungen, die zur Fi-
nanzierung von Wahlversprechen auf ganz anderem Ge-
biet eingesetzt werden, das Etikett „ökologisch“ auf-
klebt, der verspielt den Kredit, den der Umweltschutz-
gedanke in der Bevölkerung heute genießt.
In drei Jahrzehnten haben alle amtierenden Bundes-
regierungen durch Gesetze, durch Werbung und Aufklä-
rung zur Bildung eines positiven Umweltbewußtseins
beigetragen. Das heute in der Bevölkerung verbreitete
Interesse, ja das Engagement, sogar die Opferbereit-
schaft für den Schutz der Umwelt sind ein Ergebnis die-
ser Politik und keine Selbstverständlichkeit. Wenn also
Ökologie als süßer Verführer benutzt wird, um bittere
Pillen leichter verabreichen zu können, dann schadet das
der Akzeptanz von Umweltpolitik schlechthin. Sie ha-
ben in der Umweltpolitik einen glatten Fehlstart hinge-
legt.