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ID1400408300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/4 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 I n h a l t : Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburts- tagen der Abgeordneten Ulrike Mascher, Wolfgang Behrendt und Werner Lensing .... 131 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 131 B Absetzung der Punkte 5 und 8 von der Tages- ordnung............................................................ 131 B Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS Bestimmung des Verfahrens für die Be- rechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 14/21)......................... 131 C Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS Einsetzung von Ausschüssen (Drucksa- che 14/22)................................................... 131 C Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers ...... 131 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 131 D Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 135 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU............ 138 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 139 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 141 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU .................144 A, 153 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 146 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD.......................149 B, 153 C Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 154 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 155 A Johannes Singhammer CDU/CSU................... 156 D Peter Dreßen SPD ...................................... 157 D Adolf Ostertag SPD......................................... 159 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU................. 161 B Tagesordnungspunkt 6 (in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 1): Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetz- lichen Krankenversicherung (Drucksache 14/24) ......................................................... 162 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 162 A Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 163 D Dr. Dieter Thomae F.D.P................................. 167 B Rudolf Dreßler SPD......................................... 168 B Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU............................................................ 171 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 172 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 174 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 Gudrun Schaich-Walch SPD............................ 175 D Wolfgang Zöller CDU/CSU....................... 176 B Ulf Fink CDU/CSU ......................................... 178 A Ausschußüberweisung Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 179 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 182 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU............................................................ 182 D Hubert Hüppe CDU/CSU........................... 184 A Ina Lenke F.D.P............................................... 186 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 187 B Petra Bläss PDS............................................... 189 B Maria Eichhorn CDU/CSU.............................. 190 C Hildegard Wester SPD..................................... 192 A Nächste Sitzung ............................................... 194 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 195 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 131 (A) (C) (B) (D) 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 Beginn: 9.00 Uhr
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    Hildegard Wester Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 195 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 11.11.98 Bulling-Schröter, Eva PDS 11.11.98 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 11.11.98 Hartnagel, Anke SPD 11.11.98 Homburger, Birgit F.D.P. 11.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 11.11.98 Kanther, Manfred CDU/CSU 11.11.98 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 11.11.98 Nolting, Günther Friedrich F.D.P. 11.11.98 Otto (Frankfurt), Hans-Joachim F.D.P. 11.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 11.11.98 Reichard (Dresden), Christa CDU/CSU 11.11.98 Schütze (Berlin), Diethard W. CDU/CSU 11.11.98 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.98 Vaatz, Arnold CDU/CSU 11.11.98 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.98 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 11.11.98
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Das war
    die Jungfernrede von Frau Lenke. Vielen Dank.

    Als nächste Rednerin hat die Kollegin Irmingard
    Schewe-Gerigk vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Darauf haben die Frauen der Republik lange warten
    müssen: auf den Paradigmenwechsel in der Frauenpoli-
    tik. Schluß mit Politikersatz durch Modellprojekte und
    Broschüren! Schluß mit der Heim und Herdpolitik, mit
    der Ehefrau als Zuverdienerin! Statt dessen heißen die
    Stichworte materielle Unabhängigkeit, gleichberechtig-
    ter Zugang zur Erwerbsarbeit und gerechte Verteilung
    der Familienarbeit zwischen Männern und Frauen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


    Es waren die Frauen, die die Regierung Kohl abge-
    wählt haben. Sie gaben der rotgrünen Regierung einen
    Vertrauensvorschuß, und sie erwarten von uns nun zu
    Recht einen Politikwechsel.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    „Ein neuer Aufbruch in der Frauenpolitik“ – so ist ein
    Kapitel im Koalitionsvertrag überschrieben. Das ist für
    uns keine Leerformel: Zum ersten mal in der Geschichte
    dieser Republik wird es ein Gleichberechtigungsgesetz
    nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern auch für
    die Privatwirtschaft geben, ein Gesetz, das Frauen den
    gleichen Zugang zur Erwerbsarbeit sichert und Mädchen
    die Hälfte der Ausbildungsplätze garantiert. Endlich
    wird Ernst gemacht, Frau Rönsch, mit der Umsetzung
    der Grundgesetzänderung von 1994, wonach der Staat
    verpflichtet ist, die Nachteile zu beseitigen.

    Keine konservative Mehrheit wird mehr blockieren,
    daß per Gesetz für Unternehmen Anreize zur Frauenför-
    derung geschaffen werden, indem die Vergabe der öf-
    fentlichen Aufträge an frauenfördernde Maßnahmen ge-
    bunden wird. Keine konservative Mehrheit wird mehr
    verhindern, daß Frauen und Männer endlich einen
    Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierung während des
    Erziehungsurlaubs erhalten. ABM und Weiterbildung
    werden mit der Erziehung von Kindern vereinbar sein,
    und von der alten Bundesregierung eingeführte frauen-
    diskriminierende Regelungen, zum Beispiel betreffend
    Pendelzeiten von zweieinhalb Stunden bei einer Ar-
    beitszeit von vier Stunden, werden zurückgenommen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


    Für Ihren Vorschlag, Frau Bergmann, Kinderbetreu-
    ungskosten für erwerbstätige Eltern wieder steuerlich
    absetzbar zu machen – also Babysitter- statt Dienstmäd-
    chenprivileg –, finden Sie bei den Bündnisgrünen offene
    Türen.

    Da ich gerade beim Loben bin – eigentlich mache ich
    das gar nicht so oft –, schließe ich den Kanzler einfach
    einmal mit ein. Seine gestrige Ankündigung, ein Schul-
    und Betreuungssystem zu schaffen, das die Lebenswirk-
    lichkeit moderner Familien und Alleinerziehender be-
    rücksichtigt, zeigt, daß auch in diesem Punkt endlich
    mehr für Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan
    wird.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Auch im Gewaltbereich zeigt sich der Paradigmen-
    wechsel. Gewalt von Männern an Frauen wird nicht
    länger als Frauenproblem abgetan, sondern als Problem
    der inneren Sicherheit angesehen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das heißt, Frauen und Kinder werden bei Gewalt in der
    Familie nicht mehr nur in das Frauenhaus flüchten kön-
    nen, sondern die Täter werden die Ehewohnung verlas-
    sen müssen.

    Ina Lenke






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Für Opfer von Frauenhandel wird es ein Zeuginnen-
    schutzprogramm und einen besseren rechtlichen Schutz
    durch die Erweiterung der entsprechenden Definition im
    Strafrecht geben. Wir dürfen nicht länger zulassen, daß
    die Rechtlosigkeit der Opfer zum besten Täterschutz
    wird.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Auch die rechtliche und soziale Diskriminierung des
    ältesten Gewerbes der Welt wird zu Beginn des dritten
    Jahrtausends endlich beseitigt. Ich freue mich sehr, daß
    die F.D.P. hier auf unserer Seite ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)


    Aber es gibt auch Punkte, angesichts deren wir den
    Koalitionsvertrag weiterentwickeln müssen. Nicht ak-
    zeptabel ist für uns, daß die Verfolgung auf Grund des
    Geschlechts immer noch nicht generell als Asylgrund
    anerkannt wird. Es wäre für die Bundesregierung ein
    guter Start gewesen, Frauen, die im Krieg Vergewalti-
    gung oder Zwangsabtreibung erlitten haben oder wegen
    anderer frauenspezifischer Verfolgung wie zum Beispiel
    genitaler Verstümmelung aus ihrer Heimat flüchten, ge-
    nerell politisches Asyl zu gewähren, wie es andere
    Staaten tun.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der F.D.P. und der PDS)


    Daß ausländische Ehefrauen hier nicht sofort ein vom
    Ehemann unabhängiges Aufenthaltsrecht erhalten und
    Opfer von Menschenhandel bisher nur – ich muß leider
    aus den Koalitionsverhandlungen zitieren – „gegebenen-
    falls“ eine Duldung bis zum Ende des Gerichtsverfah-
    rens erlangen können, entspricht nicht bündnisgrünen
    Vorstellungen.

    Auch die Subventionierung des Trauscheins darf kei-
    ne Zukunft haben. Wir brauchen keine Eheförderung;
    wir brauchen Familienförderung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


    Die vorgesehene Kappung des Ehegattensplittings, die
    erst im Jahre 2002 greifen soll, ist mit 2 Milliarden DM
    äußerst bescheiden ausgefallen. Denn statt eine Art Ehe-
    geld von mehr als 42 Milliarden DM im Jahr zu zahlen,
    müssen Familien mit Kindern viel höher direkt finanziell
    entlastet werden, damit Kinder eben nicht das Armutsri-
    siko Nummer eins bleiben.

    Die Erhöhung des Kindergeldes um 40 DM ist si-
    cherlich ein guter Anfang. Sozialhilfebezieher und -be-
    zieherinnen haben davon allerdings überhaupt nichts.
    Die Regelsätze für Kinder entsprechend der Kindergeld-
    erhöhung anzupassen hätte 150 Millionen DM gekostet.
    Das ist weniger als der Preis für einen Eurofighter.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie bei der PDS)


    Für uns versteht es sich von selbst, daß die Sozialhilfe
    generell erhöht werden muß und daß auch die Unter-
    haltssätze für Kinder nicht weiter unter dem Existenz-
    minimum liegen dürfen. Aber das heißt auch, daß das
    Geld in Zeiten knapper Kassen umverteilt werden muß.


    (Walter Hirche [F.D.P.]: Es muß gespart werden, wenn man neue Arbeitsplätze haben will!)


    Doch bekanntlich gibt es in den Köpfen der „old
    boys“ zuweilen andere Prioritäten. Da will einer nur
    Verteidigungsminister werden, wenn er seine Eurofigh-
    ter behalten darf. Im Rahmen der Steuerreform werden
    die Steuervergünstigungen für Jahreswagen als Lieb-
    lingskind des Kanzlers dann doch von der Streichliste
    genommen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie bei der PDS)


    Ich finde, liebe Kolleginnen, hier müssen die Frauen des
    Parlaments fraktionsübergreifend Stärke beweisen. Wir
    müssen deutlich machen, was gesellschaftlich notwen-
    dig ist und wenn es sein muß, müssen wir den Männern
    ihre Lieblingsspielzeuge einfach auch einmal wegneh-
    men.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Beifall bei der PDS)


    Wieso eine Steigerung des Wehretats statt Kinderbe-
    treuungseinrichtungen, statt Hilfsprogrammen für Opfer
    von Menschenhandel, statt einer Erhöhung des Erzie-
    hungsgeldes?

    Ich komme zur Jugendpolitik. Auch die letzten etwas
    positiveren Zahlen auf dem Lehrstellenmarkt dürfen
    nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bekämpfung
    der Jugendarbeitslosigkeit eine der größten Herausfor-
    derungen ist. Hier hat die alte Bundesregierung versagt.
    Wir dürfen die Jugendlichen nicht allein lassen, gerade
    die nicht, die durch wenig qualifizierte Abschlüsse, ihre
    Herkunft oder eine Behinderung benachteiligt werden.
    Warteschleifen mit schlechten Qualifizierungsmaßnah-
    men müssen der Vergangenheit angehören.

    Wir werden die Herausforderung annehmen und be-
    rufliche Chancen für Jugendliche schaffen. Das Sofort-
    programm der neuen Regierung, mit dem 100 000 neue
    Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen werden, ist
    hier ein erster Schritt. Wir werden besonders darauf
    achten, daß auch junge Frauen zu ihrem Recht auf eine
    gute Ausbildung kommen.

    Aber wir brauchen nicht nur Veränderungen in der
    Jugendpolitik, sondern wir sehen auch Reformbedarf in
    der Politik für ältere Menschen. Nur zwei Stichworte:
    Wir werden nicht nur mehr Mitbestimmungsrechte für
    ältere Menschen in Heimen verankern, sondern auch die
    Defizite bei der Heimaufsicht beheben. Auch der Alten-
    pflegeberuf – die Frau Ministerin hat es eben angespro-
    chen –, für den es in jedem Bundesland eine andere
    Ausbildung gibt, wird kein Durchlauferhitzer mehr blei-
    ben, in dem die Pflegekräfte wegen Überlastung,

    Irmingard Schewe-Gerigk






    (A) (C)



    (B) (D)


    schlechter Arbeitsbedingungen und Burn-out verständli-
    cherweise kaum mehr etwas hält.

    Mit einer bundeseinheitlichen Regelung werden wir
    die Pflegeausbildung auf eine gemeinsame Grundlage
    stellen und auch die Qualitätsstandards verbessern. Auch
    hier werden wir die Blockade der alten Bundesregierung
    aufheben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den
    nächsten vier Jahren dafür sorgen, daß der Koalitions-
    vertrag mit Leben erfüllt wird. Während der Verhand-
    lungen haben wir körbeweise Zuschriften von Verbän-
    den, Initiativen und Gewerkschaften erhalten. Viele
    wichtige Forderungen finden sich im Koalitionsvertrag
    wieder, aber alles haben wir nicht durchsetzen können.
    Darum brauchen wir die kritische Begleitung aller ge-
    sellschaftlichen Gruppen. Wir wollen nicht länger Poli-
    tik gegen Menschen, wir wollen Politik mit Menschen
    machen.

    Die Regierung Kohl hat die soziale Spaltung der Ge-
    sellschaft betrieben. An Rotgrün ist es jetzt, dies zu ver-
    ändern.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das
Wort hat jetzt die Kollegin Petra Bläss von der PDS-
Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Liebe Kollegin-
    nen und Kollegen! Ja, es waren vor allem Frauen, die
    am 27. September der neoliberalen Regierungskoalition
    und einer in die Sackgasse geratenen konservativen
    Frauen- und Familienpolitik eine klare Absage erteilt
    haben. Zu groß war am Ende der Ära Kohl die Kluft
    zwischen dem Pochen auf traditionelle Werte, den gera-
    de hier zu gern gehaltenen Sonntagsreden und der All-
    tagserfahrung von Millionen von Frauen in diesem
    Land.

    Die anhaltende Frauenerwerbslosigkeit und -dequali-
    fizierung, die wachsende Zahl ungeschützter Beschäfti-
    gungsverhältnisse, die Frauendiskriminierung im Ar-
    beits- und Sozialrecht, die fehlende eigenständige Exi-
    stenzsicherung und Anerkennung der Lebensleistung im
    Alter, völlig unzureichende Bedingungen für die Ver-
    einbarkeit von Berufstätigkeit und Elternschaft sowie
    die Tatsache, daß es immer noch ein Armutsrisiko in
    diesem reichen Land ist, Kinder zu haben, machen den
    politischen Handlungsbedarf deutlich und die großen
    Erwartungen an einen rotgrünen Kurswechsel gerade in
    der Frauen- und Familienpolitik verständlich.

    Der Anspruch, für einen neuen Aufbruch in der Frau-
    enpolitik und für eine sichere Zukunft der Familien zu
    sorgen, findet ebenso die Unterstützung der PDS wie das
    Anliegen, die Gleichstellung von Mann und Frau wieder

    zu einem großen gesellschaftlichen Reformprojekt zu
    machen.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Aber eben daran wird sich die Gesamtpolitik der neuen
    Regierung zukünftig messen lassen müssen. Nach der
    gestrigen Regierungserklärung des neuen Bundeskanz-
    lers bleibt für mich noch ein bißchen offen, welchen
    Platz die Frauen in der „Neuen Mitte“, beim „Zukunfts-
    bündnis“, bei der „neuen Zivilität und Partnerschaft“
    und beim „modernen Chancenmanagement“ tatsächlich
    haben werden.

    Die Gleichstellung der Geschlechter muß von vorn-
    herein in allen Politikbereichen sowie in Gesetzen und
    Maßnahmen verankert und umgesetzt werden. Nach wie
    vor bleibt die Umsetzung der Aktionsplattform der
    4. Weltfrauenkonferenz in Peking und des Überein-
    kommens zur Beseitigung jeder Form der Diskriminie-
    rung der Frau Meßlatte sämtlicher politischer Entschei-
    dungen; denn Frauenrechte sind Menschenrechte, ohne
    Wenn und Aber.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Lassen Sie mich im folgenden an vier Punkten exem-
    plarisch zeigen, daß die PDS viele frauenpolitische An-
    sätze der neuen Bundesregierung unterstützt, sie uns
    aber gleichzeitig in einigen Punkten nicht weit genug
    gehen, weil sie letztlich zu wenig an patriarchalen
    Strukturen rütteln.

    Erstens. Zu Recht werden die berufliche Integration
    und der Aufstieg von Frauen in Unternehmen und Ver-
    waltung in den Mittelpunkt gestellt. Auch wir halten ein
    effektives Gleichstellungsgesetz, das auch für die Pri-
    vatwirtschaft verbindliche Regelungen zur Frauenförde-
    rung festschreibt, die Korrektur der frauendiskriminie-
    renden Regelungen im Arbeitsförderungsrecht, die vor-
    rangige Vergabe öffentlicher Aufträge an frauenfreund-
    liche Unternehmen, die Durchsetzung des Grundsatzes
    „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ sowie die fünfzigpro-
    zentige Quotierung aller Ausbildungsplätze für das, was
    so schnell wie möglich angepackt und vor allem durch-
    gesetzt werden muß. Offen aber bleibt gerade angesichts
    der Erfahrungen massiven Widerstands der Front der
    Deregulierer und Standortpolitiker bei diesbezüglichen
    Vorstößen auf Länderebene, in welchem Maße es tat-
    sächlich durchzusetzen ist, gleichberechtigungspoliti-
    schen Druck auf die Wirtschaft zu nehmen.

    Vorrangig auf den Ausbau von Haushaltsdienstlei-
    stungen und privaten Dienstleistungsagenturen zu setzen
    halten wir im übrigen nicht für den Königsweg; denn
    hier besteht tatsächlich die Gefahr, geschlechtshierarchi-
    sche Arbeitsteilung weiter zu zementieren.


    (Beifall bei der PDS)

    Die eigentliche Herausforderung aber – da kann und
    muß eine geschlechtsspezifische Sichtweise wesentliche
    Impulse geben – bleibt im Zeitalter der Globalisierung
    und des Wandels der Arbeitsgesellschaft eine radikale
    Neuaufteilung der Arbeit, sowohl der bezahlten als auch
    der unbezahlten.


    (Beifall bei der PDS)


    Irmingard Schewe-Gerigk






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Zweitens. Ohne eigenständige Existenzsicherung
    von Frauen wird es keine Chancengleichheit der Ge-
    schlechter geben. Ein wesentlicher Schritt dazu, abgese-
    hen von den 30 bis 40 Milliarden DM, die hier zu holen
    wären, ist die Individualbesteuerung. Nicht einmal als
    halbherziger Einstieg in den Ausstieg kann die Ankün-
    digung zur geplanten Einschränkung des Ehegattensplit-
    tings ab dem Jahre 2002 gewertet werden. Damit verab-
    schieden sich im übrigen SPD und Grüne von ihren ei-
    genen frauenpolitischen Forderungen.


    (Beifall bei der PDS)

    Während bei anderen steuerrechtlichen Vorstellungen
    europäische Normalität eingefordert wird, zementiert
    Rotgrün in der Frage der Ehegattenbesteuerung die pa-
    triarchale Sonderrolle Deutschlands.

    Die PDS sieht keinen Grund, die Ehe an sich steuer-
    rechtlich zu bevorzugen. Wir wollen das Leben mit Kin-
    dern fördern und sozialrechtliche Ansprüche individuali-
    sieren.


    (Beifall bei der PDS)

    Drittens. Die Rahmenbedingungen für die Verein-

    barkeit von Berufstätigkeit und Elternschaft endlich
    grundlegend zu verbessern und europäischen Standards
    anzupassen ist überfällig. Auch wenn wir die zugegebe-
    nermaßen spärliche Anhebung des Kindergeldes und der
    Einkommensgrenzen für das Erziehungsgeld und die
    Schaffung eines gesetzlich garantierten Teilzeitan-
    spruchs begrüßen, sehen wir noch keine ausreichende
    Bedingung, um hier den notwendigen Paradigmenwech-
    sel zu schaffen und überholte Strukturen wirksam anzu-
    gehen.

    Die PDS fordert, die Rahmenbedingungen für eine
    wirkliche Wahlmöglichkeit von Frauen und Männern
    zwischen Beruf und Kindererziehung gesetzlich festzu-
    schreiben. Wir haben bereits in der letzten Legislaturpe-
    riode einen konkreten Vorschlag gemacht, an dem wir
    weiterarbeiten werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Viertens und letztens. Auch wenn sich weder in der

    Regierungserklärung noch in der Koalitionsvereinba-
    rung ein Wort zu einem weiteren frauenpolitischen Dau-
    erbrenner findet – das ist sicher kein Zufall –, noch eine
    kurze Anmerkung: Die letzte Entscheidung des Bundes-
    verfassungsgerichts zu § 218 zielt eindeutig auf die
    Wiederherstellung der Rechtssicherheit im Bund. Die
    Ablehnung des frauenfeindlichen bayerischen Sonder-
    weges ist ein wichtiges und notwendiges Signal.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS sowie der Abg. Ina Lenke [F.D.P.])


    Sie darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß wir es
    in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor mit ei-
    nem äußerst restriktiven Abtreibungsrecht zu tun haben.

    Noch immer steht der Schwangerschaftsabbruch im
    Strafgesetzbuch. Insofern geht die Debatte um die Zu-
    lassung der Abtreibungspille RU 486 am eigentlichen
    Problem vorbei. Solange nämlich Frauen unter der Ku-
    ratel des § 218 stehen, wird ihnen auch unter einer rot-

    grünen Regierung – ich bedaure das sehr – das Recht auf
    Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper abgespro-
    chen.


    (Beifall bei der PDS – Zuruf von der CDU/ CSU: Was ist mit den Kindern?)


    Hier liegt der eigentliche politische Handlungsbedarf –