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    Plenarprotokoll 14/4 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 I n h a l t : Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburts- tagen der Abgeordneten Ulrike Mascher, Wolfgang Behrendt und Werner Lensing .... 131 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 131 B Absetzung der Punkte 5 und 8 von der Tages- ordnung............................................................ 131 B Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS Bestimmung des Verfahrens für die Be- rechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 14/21)......................... 131 C Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS Einsetzung von Ausschüssen (Drucksa- che 14/22)................................................... 131 C Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers ...... 131 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 131 D Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 135 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU............ 138 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 139 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 141 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU .................144 A, 153 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 146 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD.......................149 B, 153 C Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 154 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 155 A Johannes Singhammer CDU/CSU................... 156 D Peter Dreßen SPD ...................................... 157 D Adolf Ostertag SPD......................................... 159 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU................. 161 B Tagesordnungspunkt 6 (in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 1): Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetz- lichen Krankenversicherung (Drucksache 14/24) ......................................................... 162 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 162 A Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 163 D Dr. Dieter Thomae F.D.P................................. 167 B Rudolf Dreßler SPD......................................... 168 B Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU............................................................ 171 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 172 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 174 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 Gudrun Schaich-Walch SPD............................ 175 D Wolfgang Zöller CDU/CSU....................... 176 B Ulf Fink CDU/CSU ......................................... 178 A Ausschußüberweisung Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 179 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 182 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU............................................................ 182 D Hubert Hüppe CDU/CSU........................... 184 A Ina Lenke F.D.P............................................... 186 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 187 B Petra Bläss PDS............................................... 189 B Maria Eichhorn CDU/CSU.............................. 190 C Hildegard Wester SPD..................................... 192 A Nächste Sitzung ............................................... 194 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 195 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 131 (A) (C) (B) (D) 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Hildegard Wester Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 195 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 11.11.98 Bulling-Schröter, Eva PDS 11.11.98 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 11.11.98 Hartnagel, Anke SPD 11.11.98 Homburger, Birgit F.D.P. 11.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 11.11.98 Kanther, Manfred CDU/CSU 11.11.98 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 11.11.98 Nolting, Günther Friedrich F.D.P. 11.11.98 Otto (Frankfurt), Hans-Joachim F.D.P. 11.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 11.11.98 Reichard (Dresden), Christa CDU/CSU 11.11.98 Schütze (Berlin), Diethard W. CDU/CSU 11.11.98 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.98 Vaatz, Arnold CDU/CSU 11.11.98 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.98 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 11.11.98
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Bun-
    desminister, nachdem Sie sich gerade gegen diese Art
    von Beschäftigung ausgesprochen haben – –


    (Widerspruch bei der SPD)

    – Doch. Sie haben doch gerade gegen Kofferträger,
    Schuhputzer usw. gesagt, diese Art von Beschäftigung
    gebe es nicht. Wo sind denn diese Jobs? – das war Ihre

    Frage. Deswegen möchte ich Sie fragen, ob mich meine
    Erinnerung trügt wenn ich darauf verweise, daß der Herr
    Bundeskanzler gestern in seiner Regierungserklärung
    unter anderem den Begriff Einpackhilfe gebraucht hat.


    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
    zialordnung: Wenn Sie mir zugehört hätten, Herr Abge-
    ordneter Schäuble,


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    und sich nicht auf Ihren Diskussionsbeitrag vorbereitet
    hätten, dann hätten Sie genau gehört, daß ich exakt das
    gesagt habe: Wir müssen ein breites Spektrum von An-
    geboten für Menschen mit geringer Qualifikation ent-
    wickeln und dürfen sie nicht auf immer wieder die glei-
    chen Beispiele reduzieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das können die Menschen von uns erwarten.

    (Michael Glos [CDU/CSU]:Ihr untergrabt die Autorität dieses Bundeskanzlers schon am ersten Tag!)


    Ich will aber auch klarstellen: Wir werden die Fehl-
    entwicklungen, Ihre Entscheidungen beim Kündigungs-
    schutz und bei der Lohnfortzahlung, innerhalb der näch-
    sten Wochen korrigieren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Walter Hirche [F.D.P.]: Auch das kostet wieder Arbeitsplätze!)


    Das gilt auch für die geringfügig Beschäftigten, bei de-
    nen wir uns im übrigen in der Definition des Problems
    mit der ehemaligen Regierung relativ einig waren. Nur,
    man muß dieses Problem auch angehen. Ich weiß, daß
    das nicht bequem ist. Wir werden uns der Herausforde-
    rung stellen, weil wir wissen: Es geht im Kern nicht,
    Herr Abgeordneter Kues, um die Liquiditätsverbesse-
    rung, sondern darum, wieder Ordnung am Arbeitsmarkt
    zu entwickeln.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Es geht aber auch – das ist schon ein ernst zu neh-
    mendes Problem – darum, den Erosionsprozeß in den
    Finanzstrukturen unserer sozialen Sicherungssysteme zu
    stoppen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Denn kein Sicherungssystem der Welt hält es aus, wenn
    die Belastungen steigen und immer mehr Menschen die
    Solidargemeinschaft verlassen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Bundesminister Walter Riester






    (A) (C)



    (B) (D)


    Da wir uns in der Analyse in der Vergangenheit einig
    waren, erwarte ich, daß in diesen Fragen, zumindest
    wenn man es ernst meint mit der Stabilisierung und der
    Sicherung der Systeme, eine Zusammenarbeit möglich
    ist.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden diese Maßnahmen auch mit Blick auf ein

    Bündnis für Ausbildung und Arbeit angehen; denn
    würden wir ein solches Bündnis mit diesen Fragen bela-
    sten, dann bestünde die Gefahr, daß aus solchen Gesprä-
    chen Nebenregierungen entwickelt werden. Genau das
    wollen wir nicht. Wir wollen das Bündnis nicht mit Ent-
    scheidungen überfrachten, die korrigiert werden müssen
    und für die wir einen ganz klaren Wählerauftrag haben.


    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie uns gemeinsam die Stärken und die Kräf-

    te, die unser Land noch immer hat, wieder zusammen-
    führen und fruchtbar in neue Lösungen einbinden. Ich
    bin fest davon überzeugt: Den Weg ins 21. Jahrhundert
    werden wir nur dann mit den Menschen gehen können,
    wenn wir mit den gesellschaftlichen Kräften fair, kon-
    struktiv und handlungsorientiert bei den Lösungen von
    Problemen zusammenarbeiten. Das setzt allerdings ein
    politisches Grundverständnis voraus, das in den letzten
    Jahren in Vergessenheit geraten schien. Politik muß
    wieder verläßlich sein;


    (Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Wo waren denn die Gewerkschaften?)


    Politik muß wieder das Vertrauen der Menschen gewin-
    nen.


    (Beifall bei der SPD)

    Verläßlichkeit und Vertrauen sind der Humus, auf

    dem Reformen gedeihen können, Reformen, die wir
    brauchen, um den Strukturwandel, in dem wir stehen,
    bewältigen und gestalten zu können.


    (Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Alles heiße Luft! – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Heiße Luft? Höchstens lauwarme!)


    Die Menschen werden nur bereit sein, den Strukturwan-
    del mutig anzugehen, wenn sie Vertrauen in die Politik
    haben und wenn sie wissen, daß sie sich wieder auf so-
    ziale und gerechte Politik verlassen können.


    (Beifall bei der SPD)

    Folgendes ist wesentlich für unseren Weg in das

    nächste Jahrtausend: Mut zur Innovation, Flexibilität
    und Mobilität sind unverzichtbare Bestandteile einer
    modernen, zukunftsgewandten Gesellschaft und Wirt-
    schaft.


    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    – Hoffnung gibt es vielleicht auch dann, wenn die Op-
    position zuhört, wenn der Minister spricht.


    (Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Ich denke, daß die Bevölkerung –

    (Unruhe bei der CDU/CSU – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Da hätten Sie sich einmal sehen sollen!)


    – danke; die Vorstellung wird live im Fernsehen über-
    tragen –


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    uns an diesen Grundprinzipien einer verläßlichen Politik
    messen wird. Daran, nämlich an den klaren Aussagen,
    werde auch ich mich in der Zukunft messen lassen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie halt etwas, was zuhörenswert ist!)


    Darüber, Herr Abgeordneter Kues, will ich mit Ihnen in
    Zukunft gerne streitig diskutieren.

    Danke schön.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich schlage vor, daß wir uns darauf ver-
ständigen, daß wir jedem Redner zuhören, egal, ob er
Minister ist oder nicht.

Das Wort für die F.D.P. hat die Kollegin Dr. Irmgard
Schwaetzer.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den Ver-
    sprechungen in der Sozialpolitik hat die neue Koalition
    die Wahl gewonnen. Aber was waren das für Verspre-
    chungen? Sie waren doch sehr widersprüchlich. Die ei-
    nen erwarten von Ihnen die Wiederherstellung der alten
    Zustände, die anderen – das ist die von Ihnen besonders
    umworbene Neue Mitte – erwarten von Ihnen, Herr
    Bundeskanzler, Modernisierung, die zweifellos nicht
    mit der Bewahrung der alten Zustände einhergehen
    kann. Das liegt schon in dem Wort „Modernisierung“.

    Ihre Regierungserklärung ist auf Grund dieses Spa-
    gats notwendigerweise sehr blaß gewesen. Die Kom-
    mentierung in der Presse heute, Herr Bundeskanzler,
    kann Sie auch nicht gefreut haben.


    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Aber uns hat es gefreut!)


    – Uns gibt es Chancen. – Denn längst haben die Wähler
    den engen Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft,
    Wettbewerb und Arbeitsmarkt sowie Wirtschaftskraft
    und sozialer Sicherung erkannt.

    Herr Bundeskanzler, Sie haben Modernisierung an-
    gekündigt. Nun müssen den Worten Taten folgen. Des-
    wegen kann ich Ihnen nur sagen: Setzen Sie die Moder-
    nisierung endlich durch! Das ist aber keine Aufforde-
    rung an die Opposition; die hat das längst begriffen. Das
    kann nur an Ihre eigenen Reihen gerichtet sein.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


    Bundesminister Walter Riester






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Leistung und Eigenverantwortung – das waren die
    Begriffe, die Sie, Herr Bundeskanzler, gestern reichlich
    gebraucht haben. Diese Begriffe sind Begriffe der Zu-
    kunft; das ist gar keine Frage. Im übrigen sind wir uns
    einig, daß Leistung in allen Schichten der Gesellschaft
    erbracht wird und nicht auf irgendeine Einkommenska-
    tegorie begrenzt ist. Das ist völlig selbstverständlich.
    Von den Begriffen Leistung und Eigenverantwortung ist
    in den von Ihnen angekündigten Korrekturgesetzen al-
    lerdings nichts zu sehen. Ihre ersten Taten sind die Rolle
    rückwärts. Sie haben sie im Wahlkampf angekündigt.

    Aber paßt denn die Rücknahme aller Gesetze, die die
    Überforderung des Staates zurückdrängten und den Ar-
    beitsmarkt immerhin so belebt haben, daß heute 400 000
    Arbeitslose weniger als vor einem Jahr zu verzeichnen
    sind, zu Leistung und Eigenverantwortung? Ich sage Ih-
    nen: Das paßt nicht dazu.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Sie müssen sich die Frage stellen, ob die Maßnahmen

    in den Korrekturgesetzen zum Erreichen des von Ihnen
    selbst gesetzten Ziels, die Arbeitslosigkeit abzubauen,
    geeignet sind. Alleine die Entwicklung auf dem Ar-
    beitsmarkt in den letzten Monaten muß Ihnen doch
    schon sagen, daß Sie dieses Ziel damit nicht erreichen
    werden. Deswegen wünsche ich mir von Ihnen, daß Sie
    doch noch einmal darüber nachdenken – denn die Ge-
    setze werden erst in der nächsten Woche eingebracht –
    und wenigstens diesen Unfug lassen.

    Es bleibt die Frage – auch die kann man sich stellen –,
    ob es denn klug ist, all das zurückzunehmen. Tony Blair
    hat es jedenfalls anders gemacht. Er hat sorgfältig ver-
    mieden, die Entscheidungen seiner konservativen Vor-
    gänger zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zu-
    rückzunehmen. Die Erkenntnis, daß Flexibilisierung des
    Arbeitsmarktes Voraussetzung für Investitionen in
    Deutschland ist, ist auch unter Sozialdemokraten nicht
    unbekannt. Gestern habe ich in der „Süddeutschen Zei-
    tung“ in einem Feature ein Zitat gefunden, das ich Ihnen
    einmal vorlesen will:

    Also referiert sie ..., daß sie ... eine starke Flexibili-
    sierung des Arbeitsmarktes für notwendig hält,
    wenn deutsche Unternehmen mehr investieren ...
    sollen.

    Wer dieses Feature gelesen hat, wird wissen, daß das ei-
    ne Aussage von Christa Müller, der Beraterin des SPD-
    Vorsitzenden, ist. Aber warum glaubt er ihr bloß nicht?


    (Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Weil er den Frauen gar nicht glaubt!)


    Die Frage, ob es etwa Investitionen ermutigt, wenn die
    Lockerung des Kündigungsschutzes zurückgenommen
    wird, kann man nur mit Nein beantworten.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Auf die Frage, ob es denn das Angebot von Teilzeit-

    arbeit fördert, wenn jetzt die „mehr als geringfügig Be-
    schäftigten“ mit einem Einkommen von maximal
    300 DM im Monat erfunden werden und jede Ver-
    dienstmark darüber dem zupackenden Griff von Steuer

    und Sozialversicherung unterworfen wird, ist ebenfalls
    mit Nein zu antworten.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie der Abg. Erika Steinbach [CDU/CSU])


    Meine Damen und Herren, diese Regelung wird zum
    Bumerang für Frauen. Das ist das Letzte an Frauen-
    freundlichkeit, was man sich überhaupt nur ausdenken
    kann.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Frauen, die einen Zuverdienst zum Familieneinkommen
    anstreben – aus welchen Gründen auch immer –, werden
    dazu in der Zukunft seltener die Chance bekommen, als
    sie sie heute haben. Gegen Krankheit sind sie abgesi-
    chert; zu einer eigenen Alterssicherung reichen die Mi-
    nibeiträge sowieso nicht aus.

    Aber darum geht es Ihnen ja auch gar nicht. Sie glau-
    ben, ein neues Abkassiermodell für die überforderten
    Sozialversicherungen gefunden zu haben. Das ist weder
    sozial noch gerecht. Und daran wollen Sie sich doch
    messen lassen!


    (Beifall bei der F.D.P. – Walter Hirche [F.D.P.]: Ein Schlag gegen den Arbeitsmarkt ist das!)


    Im Umgang mit Geld sehen wir insgesamt wieder das
    alte SPD-Problem: Es wird bereits ausgegeben, bevor es
    da ist. Die Diskussion über die Ökosteuer zeigt das
    wieder einmal ganz deutlich. Die Ökosteuer und die
    vielgepriesene Senkung der Beiträge zur Rentenversi-
    cherung führen doch nicht zu einer Entlastung der Sozi-
    alversicherungen oder des Staates insgesamt. Das ist
    nichts anderes als eine Umfinanzierung, anstatt zu spa-
    ren.

    Das schafft keine neuen Arbeitsplätze, sondern nur
    mehr Staat.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das hat im übrigen der neue Wirtschaftsminister Müller
    gestern in der „FAZ“ unumwunden zugegeben, als er
    gesagt hat, daß die Ökosteuer schlicht als Finanzie-
    rungsquelle gebraucht wird.

    Die Veränderung der Lohnfortzahlung im Krank-
    heitsfall war ein Signal für die Veränderungsfähigkeit in
    Deutschland. Mit der Rücknahme geht auch die Zuver-
    sicht auf Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit verlo-
    ren. So schaffen Sie „Gewerkschaftsdeutschland“, aber
    nicht Modernität.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Mit Staunen stellen wir fest, wie schlecht die SPD
    16 Jahre Opposition genutzt hat.


    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Ihr neuer Geschäftsführer Schreiner sagt ja auch ganz
    klar, daß Sie das Instrumentarium der Opposition be-
    herrschen: Dagegensein, Blockieren, Vertagen. – Das ist
    übrigens nicht unsere Auffassung von Opposition. – Da-

    Dr. Irmgard Schwaetzer






    (A) (C)



    (B) (D)


    bei haben Sie nichts Konkretes zum Beispiel für die Zu-
    kunft der Alterssicherung entwickelt.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Der Bundeskanzler hat gestern vier Säulen benannt,

    auf denen die Alterssicherung beruhen soll. Das sind
    diejenigen Säulen, die seit vielen Jahren von der F.D.P.
    formuliert worden sind. Nur, von der SPD habe ich das
    bisher noch nicht gehört.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Eine Konkretisierung steht auch aus; das hat der Ar-

    beitsminister gerade zugegeben. Also haben Sie Ihre
    Opposition in der Tat nicht genutzt. Die vier Säulen
    sind: die Sicherheit derer, die heute Rente beziehen; die
    Berücksichtigung der Jungen, die nicht überfordert wer-
    den dürfen; private Vorsorge; betriebliche Alterssiche-
    rung.

    In diesen Zusammenhang paßt einfach nicht die Dis-
    kussion, die Rente mit 60 wieder auf die Tagesordnung
    zu nehmen.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Eine Rente mit 60 ist nicht ohne Abschläge an der Ren-
    tenhöhe zu finanzieren. Das hat bereits 1996 zur Rück-
    nahme der damaligen Regelung geführt, übrigens unter
    Zustimmung der Gewerkschaften. Wer das heute mit ei-
    nem Tariffonds verändern will, Herr Riester, der muß
    sich einfach sagen lassen, daß ein Tariffonds nicht ge-
    lebte Subsidiarität, sondern nur ein neues Zwangskol-
    lektiv mit ungewissem Ausgang für die Jungen ist.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Herr Bundesarbeitsminister, wir werden es Ihnen
    nicht durchgehen lassen, daß Sie versuchen, einen Be-
    griff wie Subsidiarität, der für die Zukunft der Bürgerge-
    sellschaft von ungeheurer Wichtigkeit ist, umzudefinie-
    ren und damit abzuwerten.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn Sie jetzt den Demographiefaktor in der Ren-
    tenversicherung wieder zurücknehmen wollen, aber
    gleichzeitig ankündigen, daß Sie die Probleme der De-
    mographie kennen, dann kann ich Sie nur fragen: War-
    um tun Sie das denn jetzt, warum verunsichern Sie die
    alten Menschen, und warum verunsichern Sie die Bei-
    tragszahler? Sie führen sie nur an der Nase herum!


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir werden Ihre Vorschläge zum Abbau der Ju-
    gendarbeitslosigkeit sorgfältig prüfen. Wenn sie ein
    Stück Modernisierung bringen, dann werden wir Sie
    auch unterstützen. Aber wir werden Sie nicht aus der
    Verantwortung entlassen, den vielen Langzeitarbeitslo-
    sen eine Brücke in den Arbeitsmarkt zu bauen. Natür-
    lich, Herr Riester, besteht Dienstleistung nicht nur aus
    einpacken oder Koffer tragen. Es gibt auch für diejeni-
    gen, die – aus welchen Gründen auch immer – jetzt
    langzeitarbeitslos sind und eine geringe Qualifikation

    besitzen, neben dem Dienstleistungsbereich andere Be-
    schäftigungsmöglichkeiten. Aber anpacken muß man
    das Problem. Das war mit den Gewerkschaften bisher
    nicht möglich. Wir werden Ihnen unser Bürgergeldmo-
    dell, das eine Brücke in den Arbeitsmarkt auch für die-
    jenigen schafft, die keine Qualifikation haben oder aus
    Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht errei-
    chen können, immer wieder vorhalten.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)