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ID1400304200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/3 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 3. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. November 1998 I n h a l t : Gedenkworte für die Opfer der Naturka- tastrophe in den vier mittelamerikanischen Staaten El Salvador, Honduras, Guatemala und Nicaragua ................................................ 47 A Begrüßung des Beauftragten der OSZE für Medienfreiheit, Herrn Freimut Duve.............. 67 C Begrüßung des neuen Direktors beim Deut- schen Bundestag, Dr. Peter Eickenboom ..... 67 C Verabschiedung des Direktors beim Deut- schen Bundestag, Dr. Rudolf Kabel ............. 67 C Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache........... 47 C in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Antrag der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an der NATO- Luftüberwachungsoperation über den Kosovo (Drucksache 14/16)....................... 47 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 47 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 67 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 80 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN............................................. 85 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 91 A Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 96 D Michael Glos CDU/CSU ................................. 102 B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD ............ 102 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU..................... 103 A Joseph Fischer, Bundesminister AA................ 107 C Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 112 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ........................ 115 B Volker Rühe CDU/CSU .................................. 116 C Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ....................................................... 119 A Wolfgang Gehrcke PDS .................................. 121 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 122 D Jürgen Koppelin F.D.P.. .............................. 123 B Gernot Erler SPD............................................. 124 D Rudolf Bindig SPD.......................................... 127 A Nächste Sitzung ............................................... 128 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten .......... 129 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. November 1998 47 (A) (C) (B) (D) 3. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. November 1998 Beginn: 9.00 Uhr
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    Rudolf Bindig Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. November 1998 129 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Carstensen (Nordstrand), Peter Harry CDU/CSU 10.11.98 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 10.11.98 Hartnagel, Anke SPD 10.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10.11.98 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 10.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 10.11.98 Reichard (Dresden), Christa CDU/CSU 10.11.98 Schulte (Hameln), Brigitte SPD 10.11.98 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.11.98 Vaatz, Arnold CDU/CSU 10.11.98 Verheugen, Günter SPD 10.11.98 130 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. November 1998 (A) (C) (B) (D)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Das
    Wort hat jetzt die Bundesministerin Heidemarie
    Wieczorek-Zeul.

    Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
    wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Mei-
    ne Damen und Herren! Wir alle sind in den letzten Ta-
    gen mit den Bildern der Verwüstung konfrontiert wor-
    den, die der Hurrikan Mitch in Zentralamerika ange-
    richtet hat. Und auch wenn die Schreckenszahlen noch
    immer nicht zweifelsfrei sind: Es muß mit weit mehr als
    10 000 Toten gerechnet werden. Es ist ein Rückfall der
    Entwicklung um mindestens zwei Generationen festzu-
    stellen. Vor allem aber: Ein Großteil der Bevölkerung ist
    obdachlos, in Honduras etwa die Hälfte der Bevölke-
    rung.

    Nicaragua und Honduras sind zusammen mit Tahiti
    ärmste Länder der Region. Gleichzeitig sind sie die
    Länder, die im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Lei-
    stungsfähigkeit die größte Last an Auslandsschulden
    tragen. El Salvador und Guatemala haben zwar weniger
    Opfer unter den Menschen zu beklagen. Aber auch hier
    ist ein Großteil der Ernte zerstört, ist die Aufbauarbeit
    von mindestens einem Jahrzehnt, sind die landwirt-
    schaftliche Produktion und die landwirtschaftlichen
    Potentiale in wenigen Tagen vernichtet worden.

    Ich habe am letzten Freitag in Gesprächen mit den
    Botschaftern der sechs mittelamerikanischen Länder, die
    von dem Hurrikan betroffen sind, gesprochen und – ich
    denke auch in Ihrem Namen – unser aller Anteilnahme
    und Solidarität ausgedrückt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)


    Meine Damen und Herren, diese Situation ist auch
    deshalb besonders tragisch, weil diese Region, wie Sie
    alle wissen, über Jahre, um nicht zu sagen: über Jahr-
    zehnte hinweg in schreckliche Konflikte und Bürger-
    kriege verstrickt war, jetzt auf dem Wege der Kon-
    fliktbeilegung und des friedlichen Zusammenlebens ist
    und in dieser Situation so schrecklich getroffen worden
    ist.

    Wir als Bundesregierung, als Bundesministerium für
    wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben
    im Umfang von insgesamt 5,7 Millionen DM unmittel-
    bar Soforthilfe geleistet und Nothilfe bereitgestellt. Die-
    se Mittel sind also schon vor Ort zum Einsatz gekom-
    men: Medikamente, Nahrungsmittel, Materialien und
    vor allem Geräte für die Trinkwasseraufbereitung sowie
    Baumaterialien für dringende Baumaßnahmen, um
    überhaupt wieder Obdach zu schaffen.

    Die Durchführung erfolgt in erster Linie über die lau-
    fenden Projekte der technischen Zusammenarbeit und

    wird vom Deutschen Entwicklungsdienst und den
    Partnern deutscher Nichtregierungsorganisationen unter-
    stützt. Nur so ist sichergestellt – und es ist sicherge-
    stellt –, daß die Mittel wirklich den betroffenen Men-
    schen zukommen.

    Ich möchte an dieser Stelle all denjenigen danken, die
    diese schwere Hilfe vor Ort leisten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der PDS)


    Ich möchte vor allen Dingen den Menschen in Deutsch-
    land danken, die bereit waren, so schnell und in großem
    Umfang zu spenden und damit Finanzmittel zur Verfü-
    gung zu stellen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist auch jetzt noch notwendig zu spenden.
    Ich möchte auch ein herzliches Dankeschön an die

    Adresse all der Partnerstädte in Deutschland richten, die
    zum Beispiel in Nicaragua Partnerstädte haben, meine
    Heimatstadt Wiesbaden eingeschlossen, die eine Fi-
    nanzhilfe von 100 000 DM unkonventionell und schnell
    zur Verfügung gestellt hat.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Das ist aktive Solidarität und Hilfe und zeigt, daß Men-
    schen bereit sind, sich zu engagieren.

    Ich möchte gleichzeitig darauf hinweisen, daß wir ein
    Programm erarbeiten, in dem wir als nächste Stufe, also
    nach der unmittelbaren Nothilfe, die Finanzierung von
    Reparatur- und Wiederaufbaumaßnahmen vor allen
    Dingen der zerstörten Infrastruktur, der Brücken und der
    Wege, vorsehen. Das alles muß ja gemacht werden. Wir
    haben dafür einen Teil der Finanzmittel umgewidmet, so
    daß wir auch weiterhin finanzielle und technische Hilfe
    zur Verfügung stellen können. Und vor zwei Tagen hat
    der Bundesfinanzminister eine Tranche von
    10 Millionen DM für die finanzielle Zusammenarbeit
    freigegeben, die zusätzlich für solche Wiederaufbau-
    maßnahmen eingesetzt werden kann.

    Wir prüfen zudem, ob Mittel im Umfang von
    18 Millionen DM, die bisher für andere Bereiche und
    Regionen vorgesehen waren und nicht abgeflossen sind,
    entsprechend umgewidmet werden können, und erwar-
    ten auch hier die Zustimmung des Bundesfinanzmini-
    sters.

    Vor allem aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind
    die finanziellen Konsequenzen überhaupt nicht zu er-
    messen. Ich bin froh, daß der Bundeskanzler heute mor-
    gen hier das Notwendige dazu gesagt hat. Wir müssen
    uns mit unseren Partnerländern dafür stark machen, daß
    es einen Schuldenerlaß für die betroffenen Länder
    gibt.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Bundesminister Rudolf Scharping






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Sonst kommen sie nie mehr auf die Füße; sonst kommen
    sie nie mehr voran; sonst ist der Wiederaufbau nicht zu
    finanzieren. Ich freue mich, daß der Vorschlag, der vor
    allen Dingen aus kirchlichen Gruppen gekommen ist,
    aufgegriffen worden ist. Das ist das Allerwichtigste, was
    wir tun können.

    Als Zeichen der Unterstützung und Solidarität werden
    Staatsminister Ludger Volmer und ich morgen einen
    Hilfslieferungsflug, der Medikamente und die entspre-
    chenden Geräte zur Wasseraufbereitung transportiert,
    nach Honduras und Nicaragua begleiten. Ich denke, wir
    tun dies mit Unterstützung des gesamten Bundestages,
    weil wir damit unsere Solidarität gegenüber der so
    schwer betroffenen Region zum Ausdruck bringen wol-
    len.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Ich möchte an dieser Stelle auch sagen: Wir standen
    schon früher an der Seite Mittelamerikas. Ich weiß, wo-
    von ich rede; ich selbst war mit christdemokratischen
    Kollegen aus dem Europäischen Parlament vor Jahren
    bei Vermittlungsgesprächen in El Salvador. Das heißt,
    wir waren verantwortlich dafür, daß dort Frieden mög-
    lich wurde. Wir tragen auch jetzt Verantwortung dafür,
    daß der Wiederaufbau vorankommt. Das ist unsere Ver-
    pflichtung. Ich freue mich, daß wir im ganzen Hause mit
    breiter Mehrheit zu dieser Aufgabe stehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu den
    Leitlinien unserer Entwicklungspolitik machen. Ich
    finde es interessant, daß das an vielen Punkten in unter-
    schiedlichen Facetten immer wieder deutlich wird: Aus
    unserer Sicht ist der Leitgedanke der Entwicklungspoli-
    tik Friedenssicherung. Zusammenarbeit – das war mei-
    ne Überzeugung, als ich für die europapolitische Arbeit
    zuständig war – sichert Frieden, und Zusammenarbeit
    sichert natürlich auch in den internationalen Beziehun-
    gen Frieden. Regionale Integration bewirkt Frieden. Das
    gilt für die Region Mittelamerika und andere Regionen.
    Es kommt darauf an, die internationalen Beziehungen zu
    gestalten.

    Herr Haussmann, Sie haben mit Ihren Bemerkungen
    unrecht. Wenn wir dazu beitragen, daß in die Welthan-
    delsabkommen entsprechende soziale und ökologische
    Kriterien einbezogen werden, dann leisten wir einen
    Beitrag zur besseren internationalen Gestaltung der Be-
    ziehungen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Ich will darauf hinweisen, wer isoliert war, als es um das
    Mandat zum letzten Welthandelsabkommen ging:


    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die Deutschen! Rexrodt!)


    Das war die Bundesrepublik Deutschland. Ich kann
    mich nämlich erinnern, daß der zuständige EU-

    Kommissar – Frau Matthäus-Maier, Oskar Lafontaine
    und ich waren gemeinsam dort – sich beklagt hat – es
    war ein Kommissar einer konservativen Partei –, daß die
    Bundesregierung die einzige Regierung gewesen sei, die
    verhindert habe, daß in das Mandat soziale und ökologi-
    sche Kriterien aufgenommen wurden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir werden das tun. Das ist ein Stück friedlicher Ge-
    staltung internationaler Beziehungen.

    Es geht darum, Entwicklungspolitik am Leitbild glo-
    baler nachhaltiger Entwicklung zu orientieren. Heute
    ist Willy Brandt mehrfach erwähnt worden. Sein Kredo,
    „das Überleben sichern“, beruht doch auf der Erkennt-
    nis, daß es gemeinsame Interessen von Industrie- und
    Entwicklungsländern gibt. Daraus müssen wir aber auch
    Konsequenzen ziehen; wir müssen gemeinsam Klima-
    schutzprogramme in Gang setzen und dürfen den ent-
    wicklungspolitischen Haushalt nicht als Steinbruch be-
    nutzen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P. und der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])


    Entwicklungspolitische Finanzmittel, richtig eingesetzt,
    sind eben friedenssichernd und stellen eine Prävention
    dar. In diesem Sinne, denke ich, müssen wir handeln.
    Denn Krisenprävention muß großgeschrieben werden.
    90 Prozent der 186 Kriege, die zwischen 1945 und 1996
    stattfanden, sind in der sogenannten dritten Welt ausge-
    tragen worden. Kriege und Bürgerkriege machen jahr-
    zehntelange Entwicklungsbemühungen zunichte. Des-
    halb ist es doch wahrhaft menschlicher und zivilisierter
    und auch ökonomisch sinnvoll und vernünftig, wenn
    Entwicklungszusammenarbeit zusammen mit Außenpo-
    litik und Sicherheitspolitik dazu beiträgt, daß Kriege und
    Krisen gar nicht erst entstehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Diese Idee einer vorbeugenden Strukturpolitik verbindet
    uns alle, die wir in der Bundesregierung sind, und sie ist
    auch das Neue im Bereich der Außen-, Entwicklungs-
    und Sicherheitspolitik.

    Ich habe mir einmal angesehen, wer alles im Bundes-
    sicherheitsrat sitzt: sogar – ich will jetzt keinem Kolle-
    gen zu nahe treten – das Justizministerium. Ich bin stolz
    darauf, daß das Ministerium für wirtschaftliche Zusam-
    menarbeit und Entwicklung jetzt endlich einen Sitz in
    diesem Gremium hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Auch das macht das neue Denken in der Sicherheitspo-
    litik deutlich und praktisch.

    Willy Brandt hat gesagt: „Entwicklungspolitik ist die
    Friedenspolitik des 21. Jahrhunderts.“ Ich bin stolz dar-
    auf und ich glaube, es ist unsere große gemeinsame
    Aufgabe, diese Entwicklungspolitik voranzubringen.
    Wir müssen die globalen Rahmenbedingungen aktiv ge-

    Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul






    (A) (C)



    (B) (D)


    stalten, dürfen sie nicht nur ertragen. Wir müssen dazu
    beitragen, mit all unseren Möglichkeiten, wirtschaftliche
    und soziale Ungleichheiten abzubauen, die natürlichen
    Lebensgrundlagen zu erhalten. Da geht es auch um die
    Finanzmittel, zum Beispiel darum, ob man ein Klima-
    schutzprogramm in Gang setzt. – Ja, das ist notwendig
    und richtig eingesetzt. Da geht es um Förderung von
    Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. –
    Ja, das ist notwendig und richtig eingesetzt.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen aber
    auch, daß die Strukturanpassungspolitik des Internatio-
    nalen Währungsfonds und der Weltbank nach Kriterien
    der Entwicklungsverträglichkeit und der ökologischen
    Nachhaltigkeit gestaltet wird.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich lerne – man und frau lernt ja jeden Tag dazu –, daß
    sich die bisherige Bundesregierung darauf beschränkte,
    sich zurückzuziehen und anderen Einfluß zu überlassen.


    (Dr. R. Werner Schuster [SPD]: Richtig!)

    Nein, wir müssen die Möglichkeiten, die wir haben –
    auch unsere finanziellen –, einsetzen, um mit anderen
    Partnern die Rolle von IWF und Weltbank aktiver zu ge-
    stalten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir wollen auch die Gewährung von Exportbürg-
    schaften stärker von sozialen, ökologischen und ent-
    wicklungsverträglichen Gesichtspunkten abhängig ma-
    chen. Es ist heute hier nicht der Ort, die einzelnen
    Punkte und Regionen durchzudiskutieren. Und ich ap-
    pelliere an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn
    das alles Sinn machen soll – und damit wende ich mich
    auch an Sie aus den Reihen der CDU/CSU und der
    F.D.P. –, was wir von „vorbeugender Politik“ reden,
    dann müssen wir dazu beitragen, daß dieses Feld der
    Entwicklungspolitik, der wirtschaftlichen Zusammenar-
    beit in das Zentrum unserer Politik und nicht an deren
    Rand kommt.


    (Beifall der Abg. Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Dann ist Entwicklungspolitik nicht nur Aufgabe des
    Staates, dann geht sie einher mit dem Engagement der
    Gesellschaft und der Wirtschaft insgesamt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Deshalb sollten wir, so finde ich, überlegen, wie wir
    öffentlich-private Partnerschaften entwickeln. Denn es
    ist nicht immer nur Aufgabe des Staates, Entwicklungs-
    zusammenarbeit zu leisten. Um das Bewußtsein für in-
    ternationalen Zusammenhang und Verflechtung zu stär-
    ken, ist es ganz wichtig, daß wir die Öffentlichkeits- und
    Bildungsarbeit zu diesen Fragen in unserem Land ver-
    ankern und dazu die entsprechenden Finanzmittel bereit-
    stellen.

    Ich freue mich zum Beispiel, Kollegin Ingrid Mat-
    thäus-Maier, daß hier in Bonn die entwicklungspoliti-

    schen Institutionen gemeinsam ihren Platz finden und
    zusammen mit dem zuständigen Ministerium ein Zen-
    trum für Nord-Süd-Zusammenarbeit bilden werden. Das
    ist eine tolle Rolle, die die Stadt Bonn und die ganze
    Region erhalten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Mein Appell geht vor allem an die Nicht-
    Regierungsorganisationen. Mit ihnen gemeinsam
    wollen wir unsere Arbeit leisten. Denn die Aufgaben,
    die vor uns liegen, müssen rechtzeitig angegangen wer-
    den. Wir dürfen nicht erst warten, bis die Situation an-
    geblich nur noch militärisches Eingreifen zuläßt. Wir
    müssen frühzeitig tätig werden.

    Dafür sind wir gemeinsam angetreten.
    Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Der
nächste Redner ist Wolfgang Gehrcke von der PDS.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine
    Damen und Herren! Deutsche Außenpolitik sollte Frie-
    denspolitik sein; sie sollte zivile, nichtmilitärische Kon-
    fliktlösungen befördern und darauf verzichten, militäri-
    sche und ökonomische Stärke zur eigenen internationa-
    len Dominanz einzusetzen. Ich glaube, darin könnte sich
    eine Mehrheit des Hauses einig sein. Aber deutsche Au-
    ßenpolitik sollte auch dazu beitragen, soziale Ungerech-
    tigkeiten weltweit zu mindern, nachhaltige Entwicklung
    zu fördern, Grenzen durchlässiger zu machen, anstatt
    weiter an einer Festung Europa zu bauen und die Men-
    schenrechte wirklich unteilbar zu machen.


    (Beifall bei der PDS)

    Eine solche Außenpolitik läßt sich aber nicht nur mit
    „Kontinuität der letzten 16 Jahre“ beschreiben, sondern
    bedarf auch des Zusatzes „Veränderung“.

    Der Bundesaußenminister hat – wenn ich es richtig
    verfolgt habe – seine Politik mit den Worten „Kontinui-
    tät als Voraussetzung für Spielräume“ beschrieben. Von
    Kontinuität ist heute sehr viel die Rede gewesen – nach
    meinem Geschmack viel zuviel Kontinuität. Deswegen
    möchte ich etwas über Spielräume nachdenken und über
    Spielräume diskutieren.

    Im übrigen, glaube ich, darf man sich kein falsches
    Bild von Rotgrün machen. Wenn Rotgrün so wäre, wie
    Herr Glos es hier dargestellt hat, wäre mir diese Koali-
    tion sehr viel sympathischer. Aber dem ist leider nicht
    so.


    (Beifall bei der PDS)

    Wenn wir über Spielräume, über Gestaltungsräume

    nachdenken, können wir als Beispiel Chile nehmen. Im
    Unterschied zu seinen Vorgängern sagte der Bundesau-
    ßenminister, daß er den chilenischen Diktator Pinochet

    Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    gern vor Gericht sähe. Für diese Haltung bedanke ich
    mich bei Ihnen ausdrücklich, Herr Bundesaußenmini-
    ster.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Sie könnte einen Bruch mit der konjunkturellen Men-
    schenrechtspolitik der alten Regierung einleiten. Ich
    möchte gern davon ausgehen, daß die neue Regierung
    auch bereit ist, die Menschenrechte – zum Beispiel das
    Recht des kurdischen Volkes auf Selbstbestimmung ge-
    gen den NATO-Verbündeten Türkei – zu verteidigen
    und einzuklagen.


    (Beifall bei der PDS)

    Die Regierungskoalition hat verbal Abrüstung ange-

    kündigt. Doch wer Abrüstung will, kann den Wehretat
    nicht zum Naturreservat erklären. Sagen Sie doch ein-
    fach und deutlich, daß die Rüstungsindustrie unsicheren
    Zeiten entgegengeht. Setzen Sie Signale: Stoppen Sie
    die Tiefflüge der Bundeswehr, zum Beispiel die
    Übungsflüge für Bombenabwürfe in der Wittstocker
    Freien Heide. Die Menschen wehren sich gegen den
    Mißbrauch ihrer Landschaft, wie sie sich schon zu
    DDR-Zeiten dagegen gewehrt haben.

    Lassen Sie Ihrer Ankündigung, Bemühungen zur
    Schaffung atomwaffenfreier Zonen zu unterstützen,
    konkrete Schritte folgen in Richtung einer atomwaffen-
    freien Zone in Mitteleuropa.

    Ich finde auch, daß der Verzicht auf ABC-Waffen ins
    Grundgesetz gehört.


    (Beifall bei der PDS)

    Neue Gestaltungsräume in der Außenpolitik würden

    auch die Kontrolle internationaler Währungs- und
    Finanzspekulationen eröffnen. Nachdenken sollten wir
    zum Beispiel auch über die Tobin-Steuer als marktge-
    rechtes Instrument zur Umsteuerung: weg von kurzfri-
    stigen Spekulationen hin zu investiven Kapitalanlagen,
    zur Produktion, zur Nachhaltigkeit und zur Entschul-
    dung der armen Länder.

    Ich fand es enttäuschend, daß der Bundeskanzler in
    seiner Regierungserklärung davon gesprochen hat, den
    Abwärtstrend der Entwicklungshilfe zu stoppen. Das ist
    zuwenig. Diesen Abwärtstrend muß man nicht nur stop-
    pen, sondern man muß ihn umdrehen, damit man end-
    lich Ergebnisse erhält, die insgesamt akzeptabel sind.


    (Beifall bei der PDS)

    In der Kosovo-Frage – unabhängig davon, daß wir

    prinzipiell gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr sind
    und bleiben – erwarten wir im Moment nicht mehr und
    nicht weniger von der Regierungskoalition, als daß sie
    ihre eigene Koalitionsvereinbarung so ernst nimmt, wie
    wir sie ernst nehmen wollen.

    Ich darf aus der Koalitionsvereinbarung zitieren,
    wenn das auch zu Lasten meiner Redezeit geht:

    Die Beteiligung deutscher Streitkräfte an Maßnah-
    men zur Wahrung des Weltfriedens und der inter-
    nationalen Sicherheit ist an die Beachtung des Völ-
    kerrechts und des deutschen Verfassungsrechts ge-

    bunden. Die neue Bundesregierung wird sich aktiv
    dafür einsetzen, das Gewaltmonopol der Vereinten
    Nationen zu bewahren und die Rolle des General-
    sekretärs der Vereinten Nationen zu stärken.

    Der Beschluß des 13. Deutschen Bundestages zum
    NATO-Kosovo-Einsatz, Ihre Zustimmung zur Selbst-
    mandatierung der NATO, verstößt aus unserer Sicht
    eindeutig gegen das Völkerrecht, verletzt eindeutig das
    Verfassungsrecht unseres Landes und hat das Gewalt-
    monopol der UNO ausgehebelt. Es ist zumindest um-
    stritten, ob die UN-Resolution zur Stationierung von
    Aufklärungskontingenten das völkerrechtlich abdeckt.
    Auf alle Fälle sind es Einsätze im Rahmen der NATO.
    In der nächsten Woche werden Sie von uns verlangen,
    Kampfeinheiten in Mazedonien zu stationieren.