Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte etwas zu dem, was der Kollege Scharping über den Länderfinanzausgleich gesagt hat, anmerken. Aber das ist nur eine Arabeske. Natürlich hat der bayerische Finanzminister gewechselt. Damals war das der Herr von Waldenfels, zwischenzeitlich ist es der Erwin Huber. Der Ministerpräsident hat auch gewechselt.
- Nein, ich wollte Ihnen das nur sagen, weil Sie es falsch gesagt haben. Das ist aber nicht wichtig.
Ich habe mich damals schon dagegen gewandt, daß eine Übernivellierung stattfindet. Wir haben uns damals leider nicht durchgesetzt. Wir konnten uns ein halbes Jahr weitere Verhandlungen nicht leisten, darum haben wir dem zugestimmt. Aber es war auch damals schon falsch, zu einer Übernivellierung von fast 99 Prozent zu kommen. Darum muß das geändert werden.
Wir hatten vorher für Kosten politischer Führung ein paar hundert Millionen Mark im Haushalt. Jetzt sind es über 1 Milliarde DM. Es ist völlig indiskutabel, daß zum Beispiel das Land Rheinland-Pfalz 220 Millionen DM für Kosten politischer Führung bekommt, genauso wie es auf die Dauer inakzeptabel ist, daß die Gehälter des saarländischen Ministerpräsidenten und seiner Regierung inklusive des Kochs zu 40 Prozent aus dem Bundeshaushalt beglichen werden. Das wollen wir ändern.
Auch wenn das Protokoll jetzt wieder stimmt: Es ist indiskutabel, wenn hier ein Repräsentant, ein Ministerpräsident eines Landes unbescholtene Bürger in Deutschland als „Trio asoziale" bezeichnet. Das ist indiskutabel!
Wir haben übrigens - für ein Wahljahr relativ ungewöhnlich - diesen Haushalt rechtzeitig konzipiert, vorgestellt und eingebracht, wozu Sie von 1969 bis 1982 insgesamt nur ein- oder zweimal gekommen sind. Das beweist Verläßlichkeit und Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitik.
Wenn ich sage oder aufnehme, was eine französische Stimme gesagt hat, nämlich „Der Euro spricht deutsch", dann ist das nichts anderes, als darzustellen, daß Konvergenzkriterien, Vertrag von Maastricht, Stabilitätspakt, Stabilitätserklärung, Konvergenz, die gegenwärtige Stabilität und der Sitz der Bank in Frankfurt großartige Erfolge der deutschen Stabilitätsphilosophie sind, auf die wir stolz sind.
Die Eigenkapitalrendite in Deutschland - eine sehr interessante Zahl; es lohnt sich wieder, Kapital in Betrieben anzulegen; es lohnt sich zu investieren - liegt jetzt wieder über 11 Prozent und ist damit doppelt so hoch wie die risikolose Anlage von Finanztiteln. Das zeigt, unser Weg, den Standort Deutschland zu behaupten und zu verbessern, hat sich gelohnt. Er führt zu mehr Beschäftigung, zu weniger Arbeitslosigkeit. Dieser Weg muß weitergegangen werden.
Übrigens, Herr Ministerpräsident Schröder, VW würde genausogut laufen, wenn Sie nicht Mitglied im Aufsichtsrat wären.
Das, was Sie Bayern neiden, nämlich rechtzeitig Geld umzusetzen, Privatisierung zu nutzen für Innovationen, für die Wissenschaft, für mehr Bildung, für mehr Lehrer,
für mehr Polizisten, das könnten auch Sie erreichen, wenn Sie dort privatisieren und die Mittel dafür verwenden würden. Sie sind mit Ihrer Industriepolitik gescheitert. So holen Sie den Abstand nie auf.
Eine Unverschämtheit von Ihnen, Herr Schröder, war es, zu unterstellen, die Trümmerfrauen wären von der Senkung des Rentenniveaus betroffen. Das ist eine bodenlose Unterstellung! Sie wissen ganz genau, daß die gegenwärtigen Rentner - dazu gehören auch die Trümmerfrauen - davon nicht betroffen sind. Wir haben für die Trümmerfrauen etwas erreicht, nämlich die Anrechnung von Erziehungszeiten. Sie haben dazu in Ihrer Regierungszeit nichts, aber auch gar nichts beigetragen. Sie sollten sich bei uns bedanken.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Übrigens fehlt Ihnen, Herr Schröder, jeder Grund, die Pfarrer in Deutschland in Schutz zu nehmen oder Herrn Hintze zu attackieren. Es ist schon einmal ein sozialdemokratischer Kandidat schlecht damit gefahren, sich zu Kirchenfragen auf Kanzeln zu äußern und zu sagen, man solle nicht aufhören, Kirchensteuer zu zahlen - um später einräumen zu müssen, daß er selber gar keiner Kirche angehört, was sein gutes Recht ist. - Damit hier Ihr Spiel zu treiben, das steht Ihnen nicht zu. Dafür gibt auch Ihr Brief an die Kirchen nicht die notwendige Legitimation. Seien Sie also ein bißchen vorsichtiger mit solchen flapsigen Bemerkungen.
Herr Ministerpräsident des Saarlandes, Sie haben die Blockade organisiert, jetzt können Sie einmal die Solidarität der Länder organisieren, um mit ihnen gemeinsam den Haushaltsnotstand des Saarlandes zu beseitigen. Sie haben allen Grund, sich beim Bund zu bedanken, der den Haushaltsnotstand des Saarlandes über Jahre hinweg allein aus seiner Kasse behoben hat. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu 1992 definitiv erklärt, dies sei eine Aufgabe von Bund und Ländern gleichermaßen; das wird in dem entsprechenden Urteil mehrmals erwähnt. Jetzt, da Sie die Blockade organisiert haben, sollten Sie zu Ihren sozialistischen Ministerpräsidentenkameraden reisen und denen sagen, sie sollen sich beteiligen. Wir werden uns zur Hälfte beteiligen; um die andere Hälfte müssen Sie sich im Kreis der Länder kümmern. Die neuen Bundesländer werden davon nicht betroffen sein; das möchte ich hier auch in aller Klarheit darstellen.
Herr Lafontaine, wieder sind Sie mit all den Fragen zu Steuern und Ausnahmetatbeständen gekommen. Keiner ist so oft wie Sie an dieses Rednerpult gegangen und hat mich aufgefordert, die Vorschläge von Herrn Professor Bareis, die die Kommission unter seiner Leitung entwickelt hat, aus der Schublade zu nehmen, um damit das Existenzminimum oder eine große Steuerreform zu finanzieren. In den Vorschlägen von Bareis waren die Vorschläge, die in unserem Konzept sind, und andere enthalten. Nicht ein einziges Mal haben Sie gefordert, ich solle bei der Umsetzung eine Reihe von Ausnahmen - Schichtarbeit, Nachtarbeit oder Rentenbesteuerung - machen. Jetzt sagen Sie, dies sei schlimm und falsch. Dabei weiß jeder: Jawohl, für Nachtarbeit, für Schichtarbeit, für Samstags- und Sonntagsarbeit muß mehr gezahlt werden. Die Frage ist nur, ob das die übrigen Steuerzahler finanzieren sollen oder ob dies Schritt für Schritt in die Tarifverträge aufgenommen werden muß.
Wer sich gegen die 620-DM-Verträge wendet und sagt, daß durch ihre Freistellung von der Sozialpflichtigkeit die Sozialkassen geplündert würden, der muß auch ein Augenmerk darauf haben, daß dieser Bereich zwischenzeitlich ein Volumen von 15 Milliarden DM hat und mancher Tarif in manchen Bereichen - denken Sie an die Druckindustrie - nur noch nach dem Motto gemacht wird: Dort erhöhen, wo keine Steuern und keine Sozialabgaben mehr gezahlt werden müssen. Auch hier glatte Demagogie von Ihrer Seite!
Zur Rentenfrage. Auch heute werden Renten besteuert. Das Bundesverfassungsgericht hat eine gerechte Besteuerung angemahnt. Wenn nach unseren Vorstellungen der Alleinstehende bis 2 600 DM Rente steuerfrei erhalten kann und erst ab der nächsten Mark in die Besteuerung kommt und Verheiratete bis 5 200 DM Rente steuerfrei erhalten können und erst ab der nächsten Mark in die Besteuerung kommen, kann niemand behaupten, daß dies eine rentnerunfreundliche Besteuerung sei. Im Gegenteil, es ist eine sehr gerechte und gut begründbare Besteuerung, zu der der Vorsitzende des DGB ausdrücklich gesagt hat, er halte das für richtig.
Meine Damen und Herren, unser Konzept der Steuerreform unterscheidet sich von Ihrem grundlegend. In einem einzigen Gesetzentwurf würden wir, müßten wir und werden wir das gesamte Paket, wie wir es am 30. Juli des letzten Jahres verabschiedet haben, verabschieden. Das heißt: Eingangssteuersatz 15 Prozent, Körperschaftsteuersatz 35 Prozent, gewerbliche Einkünfte 35 Prozent, Ausschüttungssatz 25 Prozent, Spitzensteuersatz 39 Prozent.
- Natürlich. Das habe ich schon gestern gesagt, Frau Matthäus-Maier. Da brauchen Sie doch nicht heute „Aha!" zu rufen. Haben Sie gestern geschlafen? Das habe ich alles gestern wörtlich gesagt.
Jetzt sind wir bereit, in einer ersten Stufe, zusammengefaßt mit dem Gesamtkonzept, wie wir es eigentlich schon zum 1. Januar 1998 vorhatten, weitere Senkungen der Steuersätze durchzuführen: beim Eingangssteuersatz genauso wie oben, beim Körperschaftsteuersatz genauso wie bei den gewerblichen Einkünften, und zwar - auch das ist meines Erachtens ein großer Unterschied zu Ihnen - indem wir, Bund, Länder und Kommunen, eine reale Nettoentlastung in 1999 in einer Gesamthöhe von 10 Milliarden DM für vertretbar halten. Der Bund ist jedenfalls in der Lage, das aufzubringen, ohne daß die Nettokreditaufnahme erhöht wird. Das wäre genau der richtige Zeitpunkt, um die Konjunktur zu stützen und im internationalen Bereich das richtige Signal zur Lösung der Probleme der Weltwirtschaft zu geben. Das ist der Grund. Das Konzept wird und muß zusammenhängend, als Ganzes, verabschiedet werden.
Übrigens kommt das DIW in einer aktuellen Studie sogar bei einer etwas niedrigeren Wachstumsannahme für 1998 zur Annahme von Steuermehreinnahmen von über 3 Milliarden DM. Sie wissen, daß uns das DIW sonst mit Prognosen, die das Staatsdefizit anbelangen, nicht übermäßig nahe steht. Sie sehen also: Was ich sage, ist durchaus realistisch.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Noch ein Wort zu den Schulden. Es ist schon ein starkes Stück, wenn jemand, der so von der Solidarität des Bundes lebt wie der Ministerpräsident des Saarlandes, mir die Schulden vorhält. Ein Drittel der Schulden von insgesamt 1,5 Billionen DM habe ich beim Amtsantritt übernommen. Ein Drittel geht auf die sozialistische Erblast zurück, die nachrechenbar ist und die ich mir von niemandem vorwerfen lasse.
Ein Drittel haben wir, habe ich zu verantworten. Das sind etwa 50 Milliarden DM pro Jahr. Diese Verantwortung trage ich vor dem Hintergrund, in jedem Jahr etwa das Doppelte an die neuen Länder und knapp 5 Prozent davon an das Saarland überwiesen zu haben.
Meine Damen und Herren, das, was Sie hier gestern an böser Demagogie so bewußt ans Fernsehpublikum gerichtet haben, fällt in sich zusammen. Sie, Herr Lafontaine, sind der Ungeeignetste, um hier jemand anderem einen Vorwurf machen zu dürfen.
Übrigens haben Sie, Herr Lafontaine, gestern behauptet, es wäre schön, die Zahlen von 1982 zu haben.
- Ja, richtig, murmelt er da vor sich hin.
Der Anteil der Bundesausgaben am Bruttoinlandsprodukt betrug 1982 15,4 Prozent. Das war der Höchststand. Heute liegen wir weit darunter - der niedrigste Stand trotz der riesigen Herausforderungen.
Meine Damen und Herren, die Steuerquote betrug 1982 rund 26 Prozent. Inzwischen liegt sie bei 22,5 Prozent. Nur, ich wünschte mir, daß bei unserer Steuerreform nicht die Steuerjongleure am meisten profitiert hätten, sondern die Arbeitnehmer, die Arbeiter, die Handwerker. Das, Herr Lafontaine, haben Sie verhindert.
Nun noch zur Staatsquote. Sie wissen sehr wohl: damals über 50 Prozent, jetzt unter 48 Prozent. Und zum Staatsdefizit: 1982 waren es 3,3 Prozent; 1983, bereits unter Gerhard Stoltenberg, 2,6 Prozent, und 1989 war es ein Überschuß im Staatshaushalt von 0,1 Prozent. Das hat uns die Möglichkeit und die Chance gegeben, die deutsche Einheit vernünftig zu finanzieren.
Auch das ist das Ergebnis der Politik von 1982 bis 1989.
Jetzt waren wir in 1996 bei 3,4 Prozent, in 1997 unzweifelbar bei 2,7 Prozent, wir werden in 1998 bei etwa 2,5 Prozent sein und im nächsten Jahr bei 2 Prozent. Meine Damen und Herren, das ist eine stolze
Bilanz, die ich hier vorweisen kann, obwohl wir die größten finanzpolitischen Herausforderungen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts zu bewältigen hatten.
Letzte Bemerkung. Die neuesten Zahlen aus Nürnberg belegen: Die Trendwende ist da. Die dem Bundeshaushalt zugrunde liegende Zahl der Arbeitslosen von 4,3 Millionen wird unterschritten. Diese positive Entwicklung wirkt sich schon in diesem Jahr unmittelbar auf den Haushalt aus. Die Planung für 1999, die eine Rückführung der Mittel um 4 Milliarden DM vorsieht, ist voll gedeckt. Dies beweist die Solidität, die Tragfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit dieses Haushaltsentwurfs und der Finanzpolitik dieser Regierung.
Vielen Dank.