Meine Damen und Herren! Es ist verständlich, daß die Koalitionsfraktionen klatschen - nach dem, was bisher hier von Herrn Gysi und von Herrn Schulz geboten wurde.
Herr Schulz, daß Sie angesichts des Desasters, das Sie in den neuen Ländern erlitten haben, angesichts der Tatsache, daß Sie sich selbst - Sie wissen es besser als ich - mit Recht als jemand, der aus dem Bündnis 90 kommt, von den westdeutschen Grünen verraten fühlen, überhaupt hier ans Pult gehen, ist doch ziemlich absurd. Jeder im Saal weiß es.
Meine Damen und Herren, am Mittwoch nächster Woche, am 1. Juli, ist der achte Jahrestag der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Dieser Tag vor acht Jahren war, für jedermann erkennbar, der entscheidende Schritt zur deutschen Einheit. Denn mit den Entscheidungen an diesem Tag war klar, daß in kurzer Folge - es war im Oktober dann auch so - die deutsche Einheit, die Wiedervereinigung, kommen würde. Es war der Beginn einer gemeinsamen Zukunft.
Mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion waren die Deutschen in Ost und West - diesseits und jenseits der Mauer, wie wir lange sagen mußten - wieder vereint und Friede und Freiheit auf Dauer für unser ganzes Volk gewährleistet.
Deswegen sind wir stolz darauf, daß wir an dieser Entscheidung mitwirken konnten. Es war ein Geschenk der Geschichte. Das vergessen wir nicht. Wir sind und bleiben dafür dankbar.
Wir haben auch nicht vergessen, daß Männer und Frauen mit den großen Demonstrationen in der damaligen DDR im Herbst 1989 in Leipzig, Berlin und anderswo den Weg für diese Entwicklung gebahnt und sie durchgesetzt haben.
Wir haben auch unsere Freunde und Partner im Ausland - ich nenne Michail Gorbatschow und George Bush; es waren aber auch viele andere - nicht vergessen, die es möglich gemacht haben, daß wir die deutsche Einheit in einer kurzen Zeit und zu einem Zeitpunkt, als es die wenigsten erwarteten und viele gar nicht mehr daran glaubten, erreicht haben.
Die Männer und Frauen, die damals gegen die SED-Diktatur aufstanden, haben - und das gehört auch in diese Debatte - unseren besonderen Respekt und unsere Dankbarkeit verdient,
vor allem, weil sie mehr Zutrauen und Vertrauen in die Einheit unserer Nation hatten als viele im Westen, die die Wiedervereinigung längst aufgegeben, ja die Idee sogar verraten hatten.
Deswegen mutet es in diesen Wochen schon seltsam an, daß sich diejenigen, die nichts, aber auch gar nichts für die deutsche Einheit getan und die andere, die diese Idee hochhielten und daran glaubten, mit Spott und Hohn überschüttet haben, jetzt zu Sachwaltern der Menschen in den neuen Ländern machen.
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
Manch einer, der jetzt in Rostock oder anderswo auf Kongressen und auf Wahlkampfveranstaltungen auftritt, sollte sich daran erinnern, was er damals alles getan hat, damit diese deutsche Einheit nicht zustande kommt. Es ist ein Skandal, in welch einer Weise die historischen Tatsachen verwischt werden sollen!
Das war nicht nur im Jahr 1990 so. Vielmehr habe ich auch in den folgenden acht Jahren all diese Zeitgenossen immer dann nicht gesehen, wenn es um die Entscheidung ging, wo man Prioritäten setzt - ich erinnere an den Satz: Aufbau Ost hat Vorrang vor allem anderen in Deutschland. Das muß in diesen Tagen ebenfalls deutlich gemacht werden.
Meine Damen und Herren, trotz aller Schwierigkeiten, die niemand leugnet und die wir alle kennen, ist es einfach wahr, daß wir in diesen acht Jahren gut vorangekommen sind, und zwar in einer Weise, wie es die wenigsten erwartet hatten. Natürlich kann man in nahezu jedem Feld der Politik in den neuen Ländern Bereiche feststellen, in denen mehr getan werden muß und in denen auch Fehler gemacht worden sind. Das ist alles richtig; denn 1990 gab es nicht den großen Plan.
- Ja, das fragen Sie! Wie ein deutscher Sozialdemokrat die Frage aufwerfen kann, wo der große Plan war! Sie haben doch alles, aber auch alles getan, daß es zu diesem großen Plan gar nicht kommen konnte.
Sie haben sich doch in jeder Weise mit der SED gemein gemacht. Sie haben mit denen doch gemeinsame Programme entwickelt. Und dann verlangen Sie von uns, daß wir einen Plan vorlegen? Damals haben Sie uns - und nicht zuletzt mich - mit Spott und Hohn überschüttet, weil ich an der Idee der Einheit festgehalten habe. Das war doch Ihre Haltung!
In diesen acht Jahren ist in den neuen Bundesländern Enormes geleistet worden.
Herr Gysi, in einem Punkt bin ich übrigens mit Ihnen einer Meinung - das ist eine Ausnahme -: Ich selbst finde den Begriff „neue Länder" schrecklich, zumal die neuen Länder historisch gesehen in ihrer Struktur und in ihrem Herkommen älter als ein Großteil der sogenannten alten Länder sind; aber der Begriff hat sich eben eingebürgert.
Ich nehme aber nicht Ihren Begriff von Solidarität auf. Ich verstehe Solidarität noch immer so, wie ich das schon immer getan habe und wie das übrigens früher in der sozialistischen Bewegung nicht nur auf der Fahne stand, sondern auch gelebt wurde. Das ist aber lange her. Im Zeitalter des „Champagner-Sozialismus" ist das kein brauchbares Wort mehr.
Es ist in diesen Ländern viel geleistet worden, und zwar von den Menschen, die ganz unmittelbar betroffen waren und sind. Ich sage das ganz bewußt. Denn wer beobachtet hat, wie Betriebe in schwerste Strukturprobleme gerieten, wie Betriebsräte - übrigens auch Gewerkschaften vor Ort - mit angepackt haben, um Betriebskerne zu retten, ein Stück zurückgesteckt und den Mut aufgebracht haben, das auch den Belegschaften zu sagen, der kann dazu nur sagen: Ich habe allergrößten Respekt vor solchem Tun.
Im übrigen wird das ja auch in der ganzen Welt so gesehen. Es sind doch fast jede Woche Besucher aus Europa und Übersee in den neuen Ländern. Sie vergleichen die Situation dort mit der Lage in unseren Nachbarländern aus dem früheren Warschauer-PaktSystem. Sie können natürlich erkennen, daß in den neuen Ländern Gewaltiges geleistet wird.
Aber es bleibt bei aller Unterstützung aus dem Westen, für die ich dankbar bin, die Tatsache, daß der Aufbau Ost vor allem das Werk der Menschen ist, die dort leben und die das Notwendige getan haben, allerdings unterstützt von einer richtigen Politik, wie jeder erkennen kann.
Meine Damen und Herren, natürlich sind manche Erwartungen, auch meine, im Zeitmaß nicht so schnell eingetreten. Aber es ist auch wahr, daß - ich schließe mich dabei nicht aus - viele, übrigens auch viele internationale Institutionen, angefangen beim IWF, durch die Jahre hindurch von der ökonomischen Lage der DDR ein viel besseres Bild hatten, als es der katastrophalen Lage tatsächlich entsprach. Dennoch haben wir die notwendigen Entscheidungen getroffen und uns auf den richtigen Weg gemacht.
Vier Jahrzehnte deutscher Teilung - das war ein Lernprozeß für mich und viele andere - haben tiefere Spuren hinterlassen, als wir zum Teil erwartet hatten - auch im Denken und Fühlen der Menschen. Wir haben die gleiche Muttersprache gesprochen, wir haben bis 1945 die gleiche Geschichte gehabt; aber schon in den unterschiedlichen Besatzungszonen - mit unterschiedlichen Reparationsforderungen und vielem anderen mehr - war eben die Welt völlig unterschiedlich. Es hatte natürlich Folgen, ob jemand im Westen lebte oder im Osten - nach dem Bau der Mauer auch in der Erkenntnis, daß sich für sein persönliches Leben nicht mehr viel ändern würde, daß er nicht die Chance hätte, da herauszukommen.
Jeder im Westen muß sich immer überlegen, was er getan hätte, wenn er statt hier am Rhein in Leipzig, in Rostock oder in Frankfurt an der Oder gelebt hätte. Ich wünsche mir sehr, daß wir beim Reden über Ost und West alle, aber nicht zuletzt die, die vom Rhein
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
kommen - ich nehme mich ganz persönlich als Beispiel - immer daran denken: Was wäre aus dir in solch einer völlig anderen Lebenssituation geworden? Wenn wir das miteinander bedenken, dann haben wir eine viel größere Chance, weniger übereinander und mehr miteinander zu reden.
Wer so denkt, wird auch sehr schnell zu dem Ergebnis kommen, daß der, der unter den Bedingungen einer sozialistisch-kommunistischen Diktatur leben mußte, sehr wohl auch den Versuch unternehmen konnte - die allermeisten auch mit Erfolg -, ein Leben in Anstand zu führen. Ich wähle bewußt diese Formulierung, denn es ging darum, anzupacken, sich um seine Familie und die Mitmenschen zu kümmern. Alle, die das getan haben, haben einen guten Grund, stolz auf ihren Lebensweg zu sein. Das möchte ich noch einmal deutlich herausgestellt haben.
Sie können noch soviel dazu sagen, aber Sie können nicht leugnen, daß wir in diesen acht Jahren, gemeinsam große Erfolge hatten. Es ist ja bemerkenswert, daß nahezu jeder ausländische Besucher - ich sage es noch einmal -, der in Betriebe der früheren DDR geht und die Gesamtentwicklung des Landes - zum Beispiel bei den Hochschulen und bei der Infrastruktur - betrachtet, diese Fortschritte sieht. Sie sehen sie natürlich auch, nur hier im Saal wollen Sie sie nicht eingestehen. In den nächsten Wochen sind Sie blind, weil Sie ja nur den einen Trieb haben, die Regierung zu übernehmen - egal, unter welchen Bedingungen. Das ist doch das einzige, was Sie im Augenblick umtreibt.
- Wenn Sie an dem Wort Trieb Anstoß nehmen, nehme ich es gerne zurück. Ich habe es in meiner Formulierung auch nicht in dem Sinne gemeint. Aber daß Sie solche Assoziationen herstellen, spricht ja eindeutig gegen Sie.
Ich sage noch einmal, daß Sie rund um die Uhr, Tag und Nacht, nur eine Absicht haben, nämlich das herabzusetzen, was wir gemeinsam geleistet haben, um an die Regierung zu kommen.
Die Grünen legen jetzt sogar zwei Programme vor.
Je nach den Gegebenheiten weist man dann das eine oder andere Programm vor. Die Sozialdemokraten verkünden an dem einen Tag, daß sie für das eine sind, und am nächsten Tag, daß sie für etwas anderes sind.
Jetzt gibt es sogar noch die neue Variante, daß einer auftritt und sagt, er weiß gar nichts vom Programm.
Das ist das Beste, was überhaupt passieren kann.
Dennoch sind die Fortschritte da. 522 000 mittelständische Unternehmen sind in einer schwierigen Situation entstanden und geben über 3 Millionen Menschen Arbeit. Wir haben hochproduktive Industriebetriebe, die weltweit Maßstäbe in der Produktion und in der Qualität setzen. Selbst dann, wenn Sie hier am Pult stehen, können Sie nicht leugnen, daß in den neuen Ländern das modernste Telekommunikationsnetz der Welt entstanden ist. Es kostet eben 50 Milliarden DM, Herr Gysi, die investiert werden müssen. In wenigen Jahren gibt es Vergleichbares nirgendwo in Deutschland, Europa oder in der Welt. Das ist doch wahr.
Dann möchte ich noch etwas sagen: Vor acht Jahren haben wir eine Entscheidung in Sachen Rente getroffen, die Sie im Wahlkampf im Westen gegenwärtig dazu mißbrauchen, um Neid und Mißgunst zu schüren.
Vor vier Jahren haben wir eine Entscheidung im Rentensystem getroffen - dazu haben Sie von der SPD nichts, aber auch gar nichts beigetragen -, die dazu führte, daß ein Rentner, bis Mitte 1990 nach mehr als 40 Versicherungsjahren in der damaligen DDR eine Eckrente zwischen 470 und 600 Ostmark bekam, heute als Rente in den neuen Ländern 1700 DM bekommt. Wenn Mann und Frau gemeinsam gearbeitet - so waren die Lebensläufe ja vielfach - und einen entsprechenden Rentenanspruch erarbeitet haben, liegt ihre Rente heute in einer Größenordnung von weit über 3000 DM. Wo gibt es Vergleichbares in Europa? Dies frage ich Sie ganz konkret. Erst wenn Sie diese Frage beantwortet haben, können Sie über Sozialpolitik in den neuen Ländern reden.
Wahr ist auch, daß die ostdeutsche Wirtschaft zunehmend wettbewerbsfähiger geworden ist. Im ersten Viertel des Jahres 1998 ist das Bruttoinlandsprodukt in den neuen Ländern - entgegen pessimistischer Prognosen - um 4 Prozent gestiegen und damit Gott sei Dank auch stärker als in den alten Ländern. Die ostdeutsche Exportwirtschaft wächst, und zwar ganz erheblich. Daß wir uns gemeinsam wünschen, es möge alles noch schneller gehen, ist ja wahr. Aber Sie haben doch verhindert, daß dort stärker investiert wird. Die große Steuerreform ist doch eine Voraussetzung dafür, um Auslandsinvestitionen nach Deutschland zu bekommen. Durch Ihr Tun sind wir in die
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
mißliche Lage geraten, daß jetzt allerfrühestens zum 1. Januar 2000 eine Steuerreform in Kraft treten kann,
wir wertvolle Jahre verloren haben und Monat für Monat Investoren - zum Beispiel aus dem Dollarraum - wegen der hohen Steuerbelastung nicht bei uns investieren. Demgegenüber schaffte es Großbritannien, daß dort in den vergangenen Jahren achtmal so viele Investitionen getätigt wurden wie bei uns.
Das ist Ihre Politik der Verhinderung von neuen Arbeitsplätzen. Das ist doch das Ergebnis.
In der ostdeutschen Industrie haben wir nach diesen schwierigen Strukturanpassungen jetzt ein Wachstum von rund 10 Prozent. Ein Mann, dem Sie wirklich Vertrauen schenken können, Professor Pohl, der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, sagte in diesen Tagen: Es entsteht hier ein „dynamischer Kern der ostdeutschen Wirtschaft".
Wahr ist auch, daß es immer mehr Menschen gibt, die sich trotz der - übrigens auch im Westen - bestehenden Risiken selbständig machen. Das Problem, daß ein neugegründeter Betrieb - nicht zuletzt wegen der häufig miserablen Zahlungsmoral der Kunden - nicht durchhält, haben wir auch in den neuen Ländern. Aber wir haben in den neuen Ländern mit 11 000 Betrieben einen positiven Gründungssaldo.
Warum sagen Sie das denn nicht? Weil es zu Ihrer ganzen Miesmacherei der Verhältnisse in den neuen Ländern nicht paßt.
Natürlich sind wir uns auch darin einig, daß der Mangel an Arbeitsplätzen und der Erhalt von Arbeitsplätzen unsere Hauptsorge ist. Aber so, wie die Trendwende am Arbeitsmarkt in den alten Ländern eingetreten ist - auch das haben Sie immer bestritten und dabei unglaubliche Zahlen genannt, um den Menschen angst zu machen -, kommt auch die Trendwende in den neuen Ländern. Wir sind dort - angesichts der Verhältnisse etwa in der Bauwirtschaft und anderen Bereichen - noch zurück.
Die Beschäftigungszahl im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau ist in den neuen Ländern jetzt erstmals seit 1991 wieder gestiegen. Ich rechne fest damit, daß wir - im Gegensatz zu dem von Ihnen hier Gesagten - am Ende des Jahres rund 100 000 Arbeitslose weniger haben werden als ein Jahr zuvor.
Um das zu erreichen kommt es auf das an, was ich von Ihrer Seite nie gehört habe: Der Aufbau Ost hat in der deutschen Politik absolute Priorität.
Ich kenne diesen Satz von Ihnen nicht. Sie können
ihn auch nicht sagen, weil Sie im Bundesrat, weil
viele der Länderchefs, die jetzt in der Politik besonders auftreten, in den letzten acht Jahren alles gegen diesen Satz getan haben. Ich kenne keine entsprechende Äußerung des saarländischen Ministerpräsidenten oder des niedersächsischen Ministerpräsidenten und kann nicht feststellen, daß er sich damit auseinandergesetzt und an dieser Seite mit uns gekämpft hätte.
Wir haben im vergangenen Jahr das Förderkonzept für den Aufbau Ost für den Zeitraum von 1999 bis 2004 verabschiedet.
Vorhin ist hier gesagt worden: Das ist Infrastruktur. Was heißt das schon? - Meine Damen und Herren, soviel Kenntnis in der Politik haben Sie doch alle, um zu wissen, daß ohne Planungssicherheit kein Investor in die neuen Länder geht. Jetzt ist die Planungssicherheit noch einmal für sechs Jahre gegeben. Der Aufbau der modernen Infrastruktur geht enorm voran. Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit werden weiter umgesetzt: Künftig werden rund 9 Milliarden DM jährlich in den neuen Ländern investiert. Das sind über 40 Prozent der Mittel für Verkehrsinfrastrukturen in Deutschland. Herr Gysi, ich halte es in diesem Zusammenhang für falsch, den Ausdruck Transfer zu verwenden.
Aber es ist doch wahr: Aus den Mitteln des Steuerzahlers geht eine besondere Summe in die neuen Länder. Es ist auch richtig: Das sind rund 40 Prozent der Mittel für Verkehrsinfrastrukturen in Deutschland. Das ist unsere Politik. Dazu stehen wir, obwohl sie in vielen westlichen Bundesländern vor Ort, wo Umgehungsstraßen und anderes nicht gebaut werden können, kritisiert wird. Das ist gelebte Solidarität in der deutschen Politik, nicht mehr und nicht weniger.
Es ist doch für jedermann erkennbar - das wissen Sie doch auch -, daß wir, von heute an gerechnet, in ungefähr vier bis fünf Jahren - nicht einmal 15 Jahre nach der deutschen Einheit - in den neuen Ländern mit Abstand die modernste Verkehrsinfrastruktur in Europa haben werden. Das ist Zukunftspolitik für die neuen Länder.
Allein in der vergangenen Woche - der Kollege Krüger sprach schon davon - sind für schnellwirkende Maßnahmen im Verkehrsbereich noch einmal 250 Millionen DM bereitgestellt worden. Das hat etwas mit neuen Arbeitsplätzen zu tun. Die Förderprogramme Ost, die der Stärkung des Eigenkapitals und der Sicherung der Liquidität dienen, werden ohne Einschränkung fortgeführt. Sagen Sie doch auch das einmal so! Ich verweise auf den Beteiligungsfonds Ost, den Konsolidierungsfonds für die neuen Länder und vieles andere mehr. Wir haben ein völlig neues Kreditprogramm der Deutschen Ausgleichsbank geschaffen. Es soll genau denjenigen Betrieben, von denen hier gesprochen wurde - den kleinen Betrieben, nicht zuletzt den Handwerksbetrieben - helfen
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
wenn sie wegen Zahlungsverzögerungen ihrer Auftraggeber in Schwierigkeiten geraten sind.
Wahr ist auch folgendes: Wir unternehmen alles, um mit unseren arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für mehr Beschäftigung zu sorgen. Im Jahre 1998 haben wir hierfür knapp 20,3 Milliarden DM bereitgestellt. Wir befinden uns inmitten der Etatgespräche, die in ein paar Tagen durch die Vorlagen der Bundesregierung abgeschlossen werden. Die sogenannten Eingliederungstitel im Haushalt - ich spreche vom Jahr 1999 - beinhalten Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik in einer Größenordnung von 25,3 Milliarden DM.
Das Volumen hat den gleichen Umfang wie 1998. Das Programm für Langzeitarbeitslose wird unverändert fortgeführt. Warum machen Sie wider besseres Wissen solche falschen Aussagen zu diesen Punkten?
Sie machen das doch nur deswegen, weil Sie hoffen, auf diese Art billig Wahlvorteile zu erreichen.
Das gleiche gilt übrigens für das Thema Lehrstelleninitiative Ost. Was wollen Sie eigentlich? Wir haben Jahr für Jahr - übrigens für die ganz Bundesrepublik - ungeachtet Ihres lauten Feldgeschreis die notwendige Anzahl an Stellen anbieten können. Wir werden auch in diesem und im nächsten Jahr die Lehrstelleninitiative Ost durchführen. Damit werden in diesem Jahr 17 500 Lehrstellen - das sind ein paar tausend mehr als im letzten Jahr - bereitgestellt.
Natürlich gibt es auch hier im Westen ganz kluge Leute, die sagen: Ihr redet doch immer vom dualen System; damit zerstört ihr es doch. Das duale System setzt eine hinreichend große Anzahl an Handwerksbetrieben, Unternehmen, vor allem mittelständischen Unternehmen, voraus. Es ist doch selbstverständlich, daß wir in den wenigen Jahren, die uns seit 1980 zur Verfügung standen, die nötige Anzahl an Stellen noch nicht haben schaffen können, nachdem das SED-Regime den Mittelstand völlig zerschlagen hatte. Aber wenn junge Leute auf der Straße stehen, dann können wir doch nicht warten, bis für die Ausbildung im dualen System eine hinreichend große Anzahl an mittelständischen und Handwerksbetrieben vorhanden ist. Deshalb tun wir etwas. Das ist gelebte Solidarität.
Ich weiß allerdings auch, daß sich alle Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften hier beteiligen müssen. Deswegen haben wir im Mai letzten Jahres eine gemeinsame Initiative für mehr Arbeitsplätze in Ostdeutschland verabredet. Wir haben in diesen Tagen in Schwerin eine Zwischenbilanz gezogen, die zeigt, daß wir auf gutem Wege sind. Nur, Vertreter der Gewerkschaften sind nicht gekommen. Sie wissen so gut wie ich: Die Intention der Gewerkschaften bestand nicht darin, durch ihr Fernbleiben gegen das Fehlen von Arbeitsplätzen in den neuen
Ländern zu demonstrieren; vielmehr bestand ihre - vorher verabredete - Intention darin, alles zu tun, um die jetzige Bundesregierung zu schädigen.
Zwar hat der DGB kein Geld und kann die einfachsten Forderungen seiner Personalräte nicht erfüllen. Für den Wahlkampf der SPD und der Grünen gibt man aber Geld aus.
Das ist ein Skandal sondergleichen. Wir werden nicht ruhen, diesen Vorgang auch so zu bezeichnen.
Ich möchte der deutschen Öffentlichkeit sagen: Sie brauchen keine Sorgen zu haben. Wenn die Bundestagswahl vorbei ist und der jetzige Bundeskanzler auch der nächste Bundeskanzler sein wird, dann wird er den DGB einladen, und er wird kommen.
Das ist so, und das war nie anders.
Das Verhalten des DGB war eine Trotzreaktion, die gar nichts bringt. Deswegen können wir zur Tagesordnung übergehen.
Nicht zur Tagesordnung übergehen können wir, wenn wir über das politische Umfeld in den neuen Ländern sprechen.
Das politische Umfeld beeinflußt die wirtschaftliche Entwicklung. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung hat sich in den vergangenen acht Jahren Gewaltiges verändert. Wenn uns damals, als wir hier über den Vertrag zu einer gemeinsamen Wirtschafts-und Währungsunion als Schritt zur deutschen Einheit diskutiert haben, jemand gesagt hätte, acht Jahre später würden die deutschen Sozialdemokraten mit der PDS gemeinsame Sache machen, dann hätten wir diese Behauptung für abwegig erklärt.
Wir hätten daraufhin gesagt: Eine Partei, die eine so große und stolze Tradition hat,
die gegen die Diktatur der Nazis und gegen die Diktatur der SED gekämpft hat, deren prominente Mitglieder nach Bautzen und nach Waldheim gebracht wurden, wird einen solchen Sündenfall nicht bege-
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
hen; so charakterlos kann eine Partei nicht sein. Das wäre unsere Antwort gewesen.
Was geschieht jetzt? Vor vier Jahren ist uns gesagt worden: Das von Herrn Höppner in Magdeburg initiierte Modell entspricht nicht unserer Politik. Vier Jahre später hat man gesagt: Dieses Modell gilt nur für Sachsen-Anhalt. Jetzt aber haben die Landesvorsitzenden der SPD in Thüringen und auch in Mecklenburg-Vorpommern klar gesagt, daß es ihre Intention ist, eine Koalition unter Einschluß der PDS zu bilden. Herr Schröder hat zu diesem Punkt ein entschlossenes Jein gesagt. Er hat nämlich ausgeführt: In die Angelegenheiten der neuen Bundesländer mische ich mich nicht ein; in Bonn wird es dieses Modell aber nicht geben. Kein Mensch in Deutschland glaubt ihm.
Sie berufen sich doch in diesen Tagen gern auf die Demoskopie. Berufen Sie sich doch einmal auf das Ergebnis von Umfragen, wonach die große Mehrheit der Menschen, die befragt wurden, sagt - das entspricht der Wahrheit; die Menschen haben recht -: Wenn es notwendig ist, um an die Macht zu kommen, werden Schröder und die SPD mit der PDS zusammenarbeiten.
Die PDS tut ja alles, um diese öffentliche Meinung zu unterstützen. Wenn Sie die führenden Leute der PDS zu diesem Punkt hören - Sie brauchen nur das strahlende Gesicht des Abgeordneten Gysi zu betrachten -, dann können Sie feststellen, daß sie diese Diskussion genießen. In den Talkshows war Herr Gysi gut aufgehoben. Aber jetzt soll er in die Nähe der Ausübung politischer Macht kommen. Das wird in Deutschland nicht möglich sein, solange wir dafür sorgen, daß Parteien, die nichts, aber auch gar nichts dazugelernt haben, nicht die Macht in unserem Land übernehmen.
Es geht in diesem Zusammenhang überhaupt nicht um die Wähler der PDS. Es geht darum, daß diese Partei mit ihrem Programm und ihren Vorstellungen über die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auf dem Weg zu einer anderen Republik ist. Das ist die schlichte Wahrheit. Sie will kein Miteinander; sie betreibt vielmehr das Gegeneinander. Kurt Biedenkopf - er wurde schon mehrfach hier zitiert - hat recht mit dem Satz: „Die PDS ist der organisierte Widerstand gegen den Erfolg der deutschen Einheit."
Mit dieser Partei wollen Sie sich zusammentun!
Wenn Herr Schulz der PDS Ratschläge gibt - Sie wollen doch mit der PDS zusammenarbeiten -, dann muß ich Ihnen sagen: Hören Sie doch auf, in dieser Debatte scheinheilig Argumente einzuführen, die nicht der Wahrheit entsprechen!
Wir haben nicht ohne Grund und gegen viele Widerstände die notwendigen Reformen und Veränderungen der Gesellschaft auf den Weg gebracht. Wir hätten wesentlich mehr auf den Weg bringen können, wenn es um der nationalen Zukunft willen zwischen den Parteien mehr Konsens gegeben hätte. Wir hätten - nicht zuletzt in den neuen Bundesländern - einen größeren Wachstumsschub haben können. Wir hätten für die Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt mehr tun können. Aber der erbitterte Widerstand, den Sie geleistet haben, hat vieles verhindert.
Ich erinnere etwa an die Neuregelung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch in diesem Punkt wird klar, wie Sie vorgehen wollen - Sie haben es erst gerade wieder beschworen -: Diese neue Regelung und andere Reformen sollen zurückgenommen werden. Ihr Kanzlerkandidat hat diese Haltung entschlossen auf dem DGB-Kongreß vertreten. Aber der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Chemie, Bergbau und Energie hat in diesen Tagen sehr klar gesagt, daß man natürlich nicht alle diese Regelungen zurücknehmen kann.
Sie treten doch in Wahrheit schon den Rückzug an. Dann sagen Sie doch den Wählern ehrlich,
daß das, was Sie wollen, gar nicht machbar ist, daß Sie hier Behauptungen aufstellen, die gar nicht realisiert werden können, und daß Sie natürlich weder die Liberalisierung der Telekommunikation noch die Gesundheitsreform rückgängig machen können.
Ich sage Ihnen ebenfalls voraus: Sie werden auch hinsichtlich der Schwelle beim Kündigungsschutz oder der Erleichterung des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge nichts zurücknehmen können. Sie wissen ganz genau, daß die zukünftige Entwicklung des deutschen Mittelstands - das ist die wichtigste Chance für neue Arbeitsplätze in Deutschland - dies gar nicht zuläßt.
Schon gar nicht können Sie die Rentenreform zurücknehmen. Dazu haben Sie auch gar nichts mehr gesagt. Der präsumtive Kandidat für das Amt des Arbeitsministers will auf diesem Gebiet das eine, andere wiederum sagen etwas völlig anderes. Sie wissen so gut wie ich: Es gibt keinen anderen Weg als die Rentenreform, um auf die demographischen Veränderungen in unserer Gesellschaft zu reagieren.
Sagen Sie das doch auch den Menschen ehrlich, und tun Sie nicht so, als könnten Sie Dinge auch ganz anders regeln, die doch gar nicht mehr anders regelbar sind, weil sich die Gesellschaft verändert hat.
Im übrigen bin ich sehr froh, daß sich diese Reformen auszahlen. Sie sind ruhig geworden bei dem
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
Thema Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts. Ich erinnere mich, wie Sie nach der Rede des Kollegen Rexrodt bei der Einbringung des Jahreswirtschaftsberichts alle Prognosen bezweifelt haben. Aber sie sind alle eingetreten. Sie wissen im übrigen: Wir werden in diesem Jahr näher bei 3 Prozent Zuwachsrate als bei 2,5 Prozent ankommen. Jetzt wird natürlich wieder gesagt - es muß ja immer danach gesucht werden, wie man etwas herunterreden kann -, daß die Krise in Asien möglicherweise Auswirkungen haben könnte, die die Zuwachsraten beeinträchtigen. Das kann in der Tat sein. Aber noch ist das nicht der Fall.
Warum sagen Sie nicht erst einmal, wir sind froh, daß wir das gemeinsam erreicht haben,
daß der Aufschwung auch den Arbeitsmarkt erreicht hat und die Zahl der Arbeitslosen, in den vergangenen drei Monaten um über 600 000 zurückgegangen ist. Im übrigen gibt es auf dem Arbeitsmarkt eine gewaltige Zahl von offenen Stellen, gehen wir davon aus, daß den Arbeitsämtern nur etwa 40 Prozent der offenen Stellen gemeldet werden - bei über 1 Million liegt?
Daß das wahr ist, wissen Sie doch aus vielen Gesprächen in den Wahlkreisen. Dort können Sie erfahren, daß überall Unternehmen, nicht zuletzt kleine und mittelständische Unternehmen, händeringend Mitarbeiter und Fachkräfte suchen. Daß der Aufschwung da ist, ist nicht auf Grund der Vorfreude auf einen eventuellen Wahlsieg der SPD erreicht worden, sondern durch unsere Leistungen und Reformen. Das ist das Entscheidende.
Ich will zum Thema Steuerreform nur noch einmal sagen: Gehen Sie davon aus - auch wenn Sie jetzt anderes verbreiten -, daß wir nach der Bildung der Bundesregierung - die so sein wird wie die jetzige -
das hier im Bundestag verabschiedete Konzept umsetzen werden. Es wird immer noch von einem Entwurf geredet; dabei wird immer vergessen, daß es einen verabschiedeten Beschluß des Deutschen Bundestages gibt, den der Bundesrat noch heute mittag genehmigen könnte. Dann wären wir ein entscheidendes Stück weiter.
Ich sage Ihnen voraus: Die Front der Länder wird nach einer von der SPD verlorenen Bundestagswahl sofort aufbrechen. Sie werden erleben, daß die Länder dann plötzlich wieder das tun, was sie nach der Verfassung tun sollten, nämlich die Länderinteressen wahrnehmen.
Ich habe mit großem Interesse gelesen, welche Zukunftsprognosen der neue Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen seinem Land gestellt hat. Wenn er davon nur 50 Prozent erreichen will, braucht er wie die Luft zum Atmen eine große Steuerreform. Daran führt überhaupt kein Weg vorbei.
Herr Abgeordneter Gysi, ich fand es schon phantastisch - aber so begabt sind Sie, das muß ich Ihnen neidlos zugestehen -, daß Sie hier Beispiele - die mich sehr ärgern - aus der Schulpolitik bringen
und dabei so tun, - die Menschen, die am Fernseher Ihre Rede hören, könnten jedenfalls zu dieser Auffassung gelangen -, als sei das unsere Verantwortung.
- Das war Nordrhein-Westfalen. - Deshalb sagen Sie doch: Das müssen die deutschen Bundesländer regeln. Aber daß die deutschen Bundesländer - ich nehme da keines aus - unterschiedliche Leistungen erbringen, habe ich Ihnen schon einmal gesagt. Weil Sie es so gerne hören, sage ich es noch einmal: Die Quote der jugendlichen Arbeitslosen ist in Deutschland unterschiedlich hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Bayern bei zirka 5,9, in Baden-Württemberg bei zirka 6,6 und in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und an der Saar erheblich über 11 Prozent. Es bestehen in Deutschland überall die gleichen Grundbedingungen. Die hohen Prozentzahlen resultieren also aus dem Versagen der Landespolitik in den entsprechenden Ländern.
In Wahrheit wollen Sie sich diesem Wettbewerb doch gar nicht stellen, weil Sie noch immer Ihrer alten sozialistischen Gleichmachereiideologie anhängen.
Mittelmaß für alle, das ist Ihr Dogma. Das ist in der Wirtschaftspolitik falsch, und das ist in der Bildungspolitik falsch.
Ein Beispiel: Sie sprechen doch andauernd von New Labour. Warum nehmen Sie sich daran kein Beispiel? Tony Blair ist - nach dem, was schon Major getan hat -, gerade dabei, die Steuern noch einmal zu senken. Achten Sie doch einmal darauf, was er zur Bildungspolitik sagt. Er hat schlicht und einfach gesagt, der Ehrgeiz seiner Regierung sei, daß Großbritannien die besten Schulen und Universitäten in der Welt habe. Dann lassen Sie uns doch jetzt vereinbaren, wir nehmen diesen Wettbewerb an. Dies ist endlich einmal kein Wettbewerb darum, wer bessere Waffen produziert, sondern darum, wer bessere Bildungsinstitutionen hat. Das ist das, was uns vorschwebt.
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
Dann könnten wir trotz Bundeskompetenz und Landeskompetenz gemeinsam etwas tun.
Im Etat des Kollegen Blüm stehen für die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit Mittel in Höhe von 900 Millionen DM für die Nachbesserung der Bildung von Hauptschülern bereit, die die Schule verlassen und im Rahmen eines normalen Lehrvertrages nicht ausbildungsfähig sind. Laßt uns doch dieses Geld nehmen, uns mit den Ländern zusammentun und in den Schulen vernünftige Verhältnisse schaffen, und zwar angefangen bei den Grundschulen. Dann können Sie aber nicht bei den Lehrern einen Kahlschlag in dem Maße vornehmen, wie Sie es in Niedersachsen getan haben. Sie tun doch das genaue Gegenteil von dem, was notwendig ist.
In allen pädagogischen Bereichen hängen Sie den alten, längst verstaubten Ideologien nach. Sie können keine moderne Schulpolitik betreiben, die auf das Recht auf Erziehung verzichtet. Das ist eben mehr, als mit den Menschen nur über Rechte zu reden und nicht mehr über die Pflichten.
- Frau Kollegin, es nützt gar nichts, wenn Sie mit lauter Stimme dazwischenschreien. Das, was Sie dazu sagen, macht es nicht besser.
Tatsache ist - das wissen Sie so gut wie ich -: Wenn man in einer Gesellschaft die Notwendigkeit von Leistungseliten verteufelt, wie Sie es jahrelang auf Grund Ihrer ideologischen Hemmungen getan haben, dann ist das Ergebnis eben so, wie wir es vielerorts sehen können. Deswegen bekennen wir uns, um das klar und deutlich auszusprechen, zu der Notwendigkeit einer Bildungsreform.
Daß Sie dieses Thema überhaupt in den Mund nehmen, verwundert mich. Wir haben doch vor ein paar Tagen hier im Saal über die notwendige Reform des Hochschulrahmengesetzes gesprochen. Da haben Sie wieder blockieren wollen. Sie haben sich verweigert. Sie verweigern sich bei allem, was wirklich Zukunft verheißt, und zwar deswegen, weil es Zukunft ohne unbequeme Schritte nicht geben kann.
Wir müssen den Staat nicht auf den Kopf stellen. Wir haben in den letzten 50 Jahren in Deutschland vieles gemeinsam geschaffen, was Bestand hat und hervorragend funktioniert. Aber es gibt Veränderungen, und die müssen zu Konsequenzen führen.
Dies ist in den vergangenen Jahren unsere Politik in der Koalition gewesen. Deswegen haben wir große Erfolge erzielt - trotz vieler Schwierigkeiten und auch mancher Niederlagen, die wir erlitten haben. Wir werden diesen guten Kurs fortsetzen. Wir werden mit den Wählern darüber sprechen. Wir werden uns hier in diesem Hause zur Kanzlerwahl wiedertreffen. Sie müssen sich schon jetzt an diesen Gedanken gewöhnen,
wobei ich im Augenblick nicht weiß, Herr Fischer, ob Sie dabeisein werden. Das wäre ein großer Verlust für Deutschland.