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    Plenarprotokoll 13/245 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 245. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Juni 1998 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 31. August 1998 22823 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 22823 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Förderung der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen und anderer Formen der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Drittes Vermögensbeteiligungsgesetz) (Drucksachen 13/ 10012, 13/10527, 13/10918, 13/11201) . 22823 D Tagesordnungspunkt 5 c: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Erwin Marschewski, Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Max Stadler und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes (Drucksachen 13/10790, 13/11159) 22824 A Manfred Kanther, Bundesminister BMI 22824 B Günter Graf (Friesoythe) SPD 22825 C Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22826 B Dr. Max Stadler F D P. 22827 B Ulla Jelpke PDS 22828 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . 22829 A Hans-Peter Kemper SPD 22830 A Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Drucksachen 13/10155, 13/11172) 22831 C Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 22831 C Brigitte Lange SPD 22832 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22834 A Uwe Lühr F.D.P 22834 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22835 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS 22836 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 22837 B Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 22838 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22838 D Namentliche Abstimmung 22839 C Ergebnis 22841 B Tagesordnungspunkt 19 n: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Vorschriften über die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Wahlstatistikaufhebungsgesetz) (Drucksachen 13/10533, 13/11157) 22839 C Zusatztagesordnungspunkt 10: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a) bis i) Sammelübersichten 370, 371, 372, 373, 374, 376, 378, 379 und 380 zu Petitionen (Drucksachen 13/11188, 13/11189, 13/11190, 13/11191, 13/11192, 13/11194, 13/11196, 13/11197 und 11198) . 22840 B Zusatztagesordnungspunkt 11: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (Drucksache 13/10832) . . . 22841 A Tagesordnungspunkt 17: Debatte zur Einheit Deutschlands a) Unterrichtung durch die Bundesregierung Perspektivbericht der Bundesregierung „Vorrang für Aufbau Ost" (Drucksache 13/11073) 22843 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 1998 (Drucksache 13/10823) 22843 D c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Luther, Gerhard Schulz (Leipzig), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Jürgen Türk, Paul K. Friedhoff und der Fraktion der F.D.P. Mangelnde Zahlungsmoral verbessern (Drucksachen 13/10794, 13/11166) . . 22843 D d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft - zu dem Antrag der Abgeordneten Norbert Otto (Erfurt), Dr. Hermann Pohler, Gerhard Schulz (Leipzig) und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Jürgen Türk und der Fraktion der F.D.P. Absatzförderung für Produkte aus Ostdeutschland - zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Ilte, Ernst Bahr, Tilo Braune und weiterer Abgeordneter Absatzförderung für Produkte aus Ostdeutschland (Drucksachen 13/9385, 13/8080, 13/ 11167) 22844 A e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. Wachstums- und Beschäftigungspolitik für die neuen Länder fortsetzen - zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Anni Brandt-Elsweier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Neuorientierung des wirtschaftlichen Aufbaukonzeptes für Ostdeutschland - zu dem Antrag der Gruppe der PDS Beschäftigungs- und bildungspolitisches Sofortprogramm für die neuen Bundesländer (Drucksachen 13/10821, 13/10436, 13/ 10290, 13/11165) 22844 B f) Große Anfrage der Gruppe der PDS Zur Lage in Ostdeutschland (Drucksachen 13/8369, 13/10809) 22844 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Sabine Kaspereit, Ernst Schwanhold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Bekämpfung des Zahlungsverzuges im Handelsverkehr (Drucksache 13/11144) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Werner Schulz (Berlin), Gerd Poppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Fortschritte beim Aufbau Ost durch politische Erneuerung (Drucksache 13/11161) 22844 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 22844 C Rolf Schwanitz SPD 22846 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22850 B Jürgen Türk F.D.P 22853 A Dr. Gregor Gysi PDS . . 22854 B, 22877 B, 22886 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 22857 B, 22879 D Rudolf Scharping SPD . . 22864 C, 22875 D, 22881 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 22868 B, 22876 B, 22878A, 22879 A Jörg-Otto Spiller SPD 22874 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 22878 B Joschka Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22882 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 22884 B Anke Fuchs (Köln) SPD 22887 C Nächste Sitzung 22890 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 22891* A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes (Tagesordnungspunkt 5 c) Dr. Burkhard Hirsch FD P. 22891* C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 22892* A Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 8) Dr. Burkhard Hirsch F D P. 22892' B Christel Hanewinkel, Arne Fuhrmann, Bernd Reuter, Ulrike Mascher, Dr. Konstanze Wegner, Dr. Angelica Schwall-Düren, Berthold Wittich, Adelheid Tröscher, Uta Tietze-Stecher, Konrad Gilges, Uwe Hiksch, Gernot Erler, Christa Lörcher, Waltraud Lehn, Ulla Burchardt, Günter Rixe, Marlene Rupprecht, Angelika Graf (Rosenheim), Günter Oesinghaus, Uta Zapf, Helga Kühn-Mengel, Hildegard Wester, Adolf Ostertag, Detlev von Larcher, Klaus Barthel, Michael Müller (Düsseldorf), Horst Kubatschka (alle SPD) 22893* A Anlage 4 Erklärung nach 3 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Wahlstatistikaufhebungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 19n) Maritta Böttcher PDS 22893* C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Antje-Marie Steen (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag: Anerkennung der deutschen Gebärdensprache und der Gehörlosen-Gemeinschaft (vgl. 244. Sitzung, Seite 22730 B) 22894* B Anlage 6 Auslastung von Kinderkureinrichtungen, insbesondere in den neuen Bundesländern, mit Patienten z. B. aus Polen und Tschechien MdlAnfr 13, 14 - Drs 13/11089 - Rosel Neuhäuser PDS SchrAntw PStSekr Dr. Heinrich L. Kolb BMWi 22895* B Anlage 7 Amtliche Mitteilungen 22895* C Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 245. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Juni 1998 22823 245. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Juni 1998 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 25. 6. 98 * Bindig, Rudolf SPD 25. 6. 98 * Bläss, Petra PDS 25. 6. 98 Blunck, Lilo SPD 25. 6. 98 * Borchert, Jochen CDU/CSU 25. 6. 98 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25. 6. 98 * Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 25. 6. 98 Peter Harry Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 25. 6. 98 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 25. 6. 98 * Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 25. 6. 98 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 25. 6. 98 Horn, Erwin SPD 25. 6. 98 * Jäger, Renate SPD 25. 6. 98 Kraus, Rudolf CDU/CSU 25. 6. 98 Krautscheid, Andreas CDU/CSU 25. 6. 98 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 25. 6. 98 Leidinger, Robert SPD 25. 6. 98 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25. 6. 98 * Erich Marten, Günter CDU/CSU 25. 6. 98 * Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 25. 6. 98 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 25. 6. 98 Probst, Simone BÜNDNIS 25. 6. 98 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 25. 6. 98 Rennebach, Renate SPD 25. 6. 98 Rübenkönig, Gerhard SPD 25. 6. 98 Schaich-Walch, Gudrun SPD 25. 6. 98 Scheel, Christine BÜNDNIS 25. 6. 98 90/DIE GRÜNEN Schloten, Dieter SPD 25. 6. 98 * von Schmude, Michael CDU/CSU 25. 6. 98 * Schuhmann (Delitzsch), SPD 25. 6. 98 Richard Schwanhold, Ernst SPD 25. 6. 98 Terborg, Margitta SPD 25. 6. 98 * Teuchner, Jella SPD 25. 6. 98 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 25. 6. 98 Türk, Jürgen F.D.P. 25. 6. 98 Zierer, Benno CDU/CSU 25. 6. 98 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes (Tagesordnungspunkt 5 c) Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Dem Gesetzentwurf kann ich nicht zustimmen. Ich lehne ihn aus folgenden Gründen ab: 1. Die gegenwärtige Fassung des BGS-Gesetzes stammt vom 7. Juli 1997. Sie soll heute geändert werden, obwohl sie noch nicht einmal ein einziges Jahr in Kraft ist, und obwohl in diesem Jahr keine grundsätzlichen Neuigkeiten oder Neuerkenntnisse aufgetreten sind. Das eigentliche Ziel des Gesetzentwurfes ist nicht etwa die Lösung neuer Probleme bei der Grenzkontrolle. Es sollen vielmehr die allgemeinen Zuständigkeiten des BGS ausgedehnt und politischer Druck auf die Bundesländer ausgeübt werden, auch für ihre Landespolizeien die sogenannte „anlaßlose Personenkontrolle" einzuführen, die mit dem irreführenden Begriff „Schleierfahndung" bezeichnet wird. 2. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vom 22. Juni 1998 zum bisherigen Entwurf bedeutet zwar eine gewisse Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Fassung. Zwar soll die Personenkontrolle auf Bahnanlagen im gesamten Bundesgebiet ermöglicht werden. Es soll aber „auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen" sein, daß die Bahnanlage zur unerlaubten Einreise genutzt wird. Für eine solche Annahme werden aber offensichtlich keinerlei Tatsachen gefordert, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten. Das zeigt ein Vergleich mit § 23 Abs. 4 desselben Gesetzes. Es handelt sich also nicht etwa um eine ernsthafte, justitiable Einschränkung, sondern es bleibt in der polizeilichen Wirklichkeit bei der praktisch freien Entscheidung des Polizeibeamten, ob er einen Bürger kontrollieren will oder nicht. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um einen Bürger handelt, der nach seinem Äußeren ein Ausländer sein könnte. Es ist im übrigen weder aus dem Gesetz noch aus irgendwelchen sonstigen Rechtstatsachen erkennbar, warum die Rechte des BGS zur Identitätsfeststellung aus konkretem Anlaß gemäß § 23 BGS-Gesetz nicht ausreichen sollen. 3. Ich halte eine Regelung für verfassungwidrig, die es zuläßt, jeden beliebigen Bürger ohne äußeren tatsächlichen Anlaß als potentiellen Rechtsbrecher zu behandeln. Ich halte es für verfassungswidrig, dabei eine Diskriminierung ausländisch wirkender Bürger nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern bewußt herbeizuführen. Ich halte es für verfassungswidrig, dem Bundesgrenzschutz allgemeine präventive Aufgaben im gesamten Inland zu übertragen, weil der Bundesgesetzgeber dafür keine verfassungsmäßige Kompetenz besitzt. 4. Ich lehne den Gesetzentwurf aber nicht nur aus diesen verfassungsrechtlichen Überlegungen ab. Je weiter sich die Tätigkeitsbereiche des Bundesgrenzschutzes und der jeweiligen Landespolizei überschneiden, um so schwieriger wird in der Wirklichkeit ihre Zusammenarbeit und urn so undurchsichtiger wird es für den Bürger, wer eigentlich was tun darf. Der immer weitere Ausbau der Zuständigkeiten des Bundesgrenzschutzes wird die Zusammenarbeit nicht erleichtern, sondern erschweren, und darum die Sicherheit in unserem Lande nicht fördern. Es ist im übrigen für die freiheitliche Substanz unserer Gesellschaft verheerend, wenn wir uns ohne zwingende Not gesetzgeberisch so verhalten, als ob der Belagerungszustand ausgerufen werden müßte. Das Preußische Polizeirecht von 1851 ist kein Vorbild für einen freiheitlichen Rechtsstaat, auch nicht im Vorfeld von Landtags- und Bundestagswahlen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberg (F.D.P.): Ich stimme dem Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes nicht zu. Ich lehne ihn aus folgenden Gründen ab: Trotz der nach der Anhörung im Innenausschuß des Deutschen Bundestages vorgenommenen Änderungen habe ich erhebliche völkerrechtliche Bedenken wegen offensichtlichen Verstoßes gegen das Schengener Übereinkommen, das in diesem Umfang Kontrollen im Grenzstreifen der Schengen-Staaten durch Grenzschutzbeamte nicht mehr erlaubt. Will man generell mehr Kontrollen an Orten ermöglichen, an denen man illegal Eingereiste oder Kriminelle vermutet, muß man der Polizei diese Aufgaben auf Länderebene übertragen. Dies ist nicht die Aufgabe des Bundesgrenzschutzes. Die Mitteilung der Europäischen Kommission, die Mitgliedstaaten könnten Kontrollen überall auf ihrem Territorium ausüben, legitimiert nicht die Ausdehnung des Bundesgrenzschutzes, der die Außengrenzen zu sichern hat, sondern die Mitteilung stellt nur Selbstverständliches fest, nämlich daß die Polizeigesetze der Mitgliedstaaten zulässige Kontrollen und deren Voraussetzungen festlegen. Der Bundesgrenzschutz ist aber keine Bundespolizei. Werden in Schleswig-Holstein künftig nach diesem Gesetz Grenzschutzbeamte auf den Bahnhöfen, in Zügen, in 30-kmGrenzbereichen und nach Lageeinschätzung darüber hinaus tätig, gibt es kaum noch nicht kontrollierte Orte im Innern dieses Bundeslandes. Es wird offensichtlich, daß es sich nicht mehr um grenzbezogene Tätigkeiten handelt, und deshalb bestehen nach wie vor Bedenken gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der Gesetzentwurf insgesamt enthält Widersprüchlichkeiten zum geltenden Bundesgrenzschutzgesetz. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 8) Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Dem Gesetzentwurf kann ich auch in der nun vorliegenden abgemilderten Fassung nicht zustimmen. Ich lehne ihn aus folgenden Gründen ab: 1. Der Gesetzentwurf will soziale Leistungen soweit absenken, wie „dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist". Die Verwaltung entscheidet allein, was der Flüchtling und seine Familie zu essen bekommen, ob und wann er medizinisch versorgt wird und ob er auch nur einen Pfennig zur Erfüllung der dringendsten Bedürfnisse bekommt. Es ist unwürdig, einen Menschen und seine Familie ausschließlich zum Objekt der Verwaltung zu machen und ihn ihrem Ermessen auszuliefern. Es ist auch unklug. Denn er wird versuchen, einen Asylantrag zu stellen, auch wenn er völlig aussichtslos ist, und wird versuchen, in die Schwarzarbeit auszuweichen. Eine gesetzliche Regelung dieser Art ließe sich allenfalls mit äußerster wirtschaftlicher Not noch entschuldigen. Der Gesetzgeber müßte eigentlich sagen, daß er in bestimmten Fällen die Sozialleistungen auf ein Viertel oder ein Zehntel des Existenzminimums reduziert. Das tut er nicht. Statt dessen überläßt er den Flüchtling und die Unannnehmlichkeiten des Einzelfalles der Entscheidung der Verwaltung. 2. Der Gesetzentwurf will mit der absoluten Leistungsbeschränkung den Willen von Menschen brechen, ohne zwingenden Grund in der Bundesrepublik bleiben zu können. Als Beispiel werden dafür diejenigen genannt, die ihre Ausweispapiere vernichten und ihre Identität verschleiern, um nicht abgeschoben werden zu können. Das klingt einleuchtend. Aber unabhängig von der Vorstellung der Verfasser geht der Gesetzentwurf in seinem Wortlaut darüber hinaus. Er erfaßt alle diejenigen, „bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können". Was heißt das? Der Gesetzentwurf erfaßt in seinem Wortlaut offenbar auch Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber danach durch politische Betätigung in der Bundesrepublik einen sogenannten Nachfluchtgrund geschaffen haben, der sie bei einer Abschiebung in ihr Heimatland an Leib und Leben gefährden würde. Nach dem reinen Wortlaut des Gesetzes würde auch derjenige Flüchtling darunter fallen, der sich aktiv an einem Bürgerkrieg beteiligt hat und dann geflohen ist. Denn Bürgerkrieg und die aktive Teilnahme an ihm ist ein Asylgrund, und der Flüchtling hätte seine Abschiebungsprobleme selbst verschuldet. Möglicherweise bekommt der Flüchtling eine Duldung, aber die Absenkung der Leistung tritt natürlich während der gesamten Dauer des Verfahrens ein, in dem die Verwaltung überlegt und prüft, ob der Flüchtling geduldet werden muß. Der Gesetzentwurf erfaßt auch die Familienangehörigen des Flüchtlings, die gar keine andere Wahl haben, als ihm zu folgen. Ich zweifle also, ob wir mit der vorgelegten Fassung des Gesetzes tatsächlich nur Mißbrauchsfälle erfassen. In der Abschiebungshaft haben sich bisher mehr als 50 Menschen das Leben genommen. Waren das alles Mißbrauchsfälle? 3. Es ist nicht zu erkennen, warum ein Gesetzentwurf mit äußerster Eilbedürftigkeit behandelt wird, obwohl er erst zum 1. Januar 1999 in Kraft treten sollte. Die durch ihn zu erzielenden Ersparnisse konnten auch nicht andeutungsweise geschätzt werden. Nichts stünde im Wege, die bestehenden Probleme, belegte Mißbrauchsfälle in den kommenden Wochen sorgfältig mit den Vertretern des UNHCR, der Kirchen und der caritativen Organisationen zu besprechen und einen Gesetzentwurf sachgerecht zu formulieren, wenn er sich als notwendig erweisen sollte. Er könnte dann vor dem 14. Bundestag, der im Oktober dieses Jahres zusammentritt, noch rechtzeitig verabschiedet werden. Selbst der dann zusammentretende Bundestag hätte für eine Beratung noch mehr Zeit, als dem gegenwärtigen Bundestag eingeräumt wird. Die außerordentliche Dringlichkeit liegt also nicht in einem möglichen Einspareffekt begründet, sondern in anderen Überlegungen. Auch ich will keinen Mißbrauch fördern. Ich bin aber nicht bereit, ohne die Möglichkeit sorgfältigster Prüfung Menschen in äußerste Not zu stürzen. Christel Hanewinkel, Arne Fuhrmann, Bernd Reuter, Ulrike Mascher, Dr. Konstanze Wegner, Dr. Angelica Schwall-Düren, Berthold Wittich, Adelheid Tröscher, Uta Titze-Stecher, Konrad Gilges, Uwe Hiksch, Gernot Erler, Christa Lörcher, Waltraud Lehn, Ulla Burchardt, Günter Rixe, Marlene Rupprecht, Angelika Graf (Rosenheim), Günter Oesinghausen, Uta Zapf, Helga Kühn Mengel, Hildegard Wester, Adolf Ostertag, Detlev von Larcher, Klaus Barthel, Michael Müller (Düsseldorf), Horst Kubatschka (alle SPD): Wir lehnen den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes ab. Bis zum Asylkompromiß erhielten alle bei uns lebenden Menschen, die sich nicht selbst versorgen konnten, Sozialhilfe. Damit soll ihnen nach § 1 BSHG korrespondierend mit Art. 1 Grundgesetz ein Leben in Würde ermöglicht werden. Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz wurde 1993 erstmalig eine Unterscheidung zwischen der Menschenwürde von Deutschen und Ausländern getroffen. Seit dem 1. November 1993 erhielten Asylbewerber nur noch die um 20 Prozent gekürzte Sozialhilfe, vorrangig als Sachleistung. Was zuerst nur für 12 Monate gedacht war, wurde bei der ersten Änderung des Gesetzes 1997 auf 36 Monate verlängert. Der nun vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet die völlige Abkehr vom Bedarfsdeckungsprinzip. Erstmalig gibt es die Möglichkeit, Asylbewerbern lebensnotwendige Leistungen zu entziehen, ohne daß sie abgeschoben werden. Die Formulierungen des Gesetzentwurfes lassen zudem weite Interpretationsspielräume zu. Der Kreis der Betroffenen bleibt ebenso unklar wie die in Zukunft zu zahlenden Leistungen. Die Sozialbehörden haben künftig die undankbare Aufgabe, festzustellen, wer nur nach Deutschland gekommen ist, um mißbräuchlich Leistungen zu kassieren, und wer eigenhändig seinen Paß vernichtet hat. Es ist zu befürchten, daß die Sozialämter bei knappen Kassen die Leistungen zum Lebensunterhalt und zur medizinischen Versorgung vollständig versagen, wenn unterstellt wird, die Betroffenen hätten sich in den Geltungsbereich des Gesetzes begeben, um Leistungen zu erlangen. Die unpräzise Bestimmung kennzeichnet auch den zweiten Ausschlußtatbestand, der Ausländer betrifft, deren Ausreise wegen von ihnen zu vertretender Gründe nicht vollzogen werden kann. Mit der Prüfung der Frage, ob der Betroffene das Nichtvorhandensein seines Passes selbst verschuldet hat, sind die Sozialbehörden schlicht überfordert. Was der vorliegende Gesetzentwurf bedeutet, macht die Stellungnahme des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärztekammer deutlich. Schon die bisherige Regelung, nach der nur akute Erkrankungen und Schmerzzustände behandelt werden dürfen, sei ethisch kaum zu vertreten. Die Formulierung des „unabweisbar Notwendigen" ist, weiß man oft erst am Ende der Diagnose, die es nun oft gar nicht mehr geben wird. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Wahlstatistikaufhebungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 19 n) Maritta Böttcher (PDS): Ich will kurz zu meinem Abstimmungsverhalten zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über die endgültige Abschaffung der repräsentativen Wahlstatistik schon zur nächsten Bundestagswahl Stellung nehmen. Die Gruppe der PDS hat, wie die Fraktionen sicher auch, dringende Appelle von Wissenschaftlern erhalten, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Der Tenor aller Schreiben läßt sich so, wie ich es sehe, dahingehend zusammenfassen: Die repräsentative Wahlstatistik ist zur wissenschaftlichen Erforschung von Wahlen insbesondere an den staatlichen Universitäten dringend erforderlich. Ohne diese Forschung wäre es staatlichen Einrichtungen nicht möglich, wissenschaftlich validierbare Aussagen über das politische Verhalten der Bürgerinnen und Bürger, über das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Politik überhaupt oder etwas über die Bedeutung sozialer Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten für dieses Verhalten und Verhältnis zu machen. Die amtliche Wahlforschung dient somit fundamentalen Interessen des Staates und auch den Parteien. Überzeugt hat mich auch das Argument dieser Wissenschaftler, daß die Begründung der Abschaffung repräsentativer Wahlstatistik als Teil der Schaffung des schlanken Staates letztlich nichts anderes bedeutet, als die Durchführung einer - dann erheblich verkürzten - Wahlstatistik und Wahlforschung privaten Unternehmen vorzubehalten, wodurch die weitere Wahlforschung auch für die staatlichen Einrichtungen wie Universitäten so überteuert wird, daß für diese eine weitere Wahlforschung kaum noch möglich sein wird. Wir kennen solche Konsequenzen der Schaffung eines schlanken Staates auch für andere Bereiche, nicht zuletzt haben wir sie im krassen und ungerechten Sozialabbau der Bundesregierung zu sehen. Unsere Gruppe hat dennoch die Wissenschaftler noch einmal gebeten, insbesondere zu dem Argument ausführlicher Stellung zu nehmen, die repräsentative Wahlstatistik könne unter bestimmten Umständen die Ermittlung des Wahlverhaltens konkreter Wählerinnen und Wähler ermöglichen. Zu diesem Punkt waren sich alle Wissenschaftler, die uns geschrieben haben, darin einig, daß bereits in der jetzigen Praxis der repräsentativen Wahlstatistik eine solche Ermittlung des konkreten Wahlverhaltens einzelner Wählerinnen und Wähler unmöglich ist, daß sich diese Praxis durch konkrete Veränderungen im Gesetz nur weiter so bestimmen ließe, daß solche Gefahren völlig ausgeschlossen werden, etwa dadurch, daß Sonderauszählungen nicht in den entsprechenden Bezirken stattfinden und daß die repräsentative Wahlstatistik überhaupt nur in solchen Stimmbezirken durchgeführt wird, die mehr als 500 Wahlberechtigte aufweisen. Ich bin nach allem davon überzeugt, daß die Beseitigung der staatlichen repräsentativen Wahlstatistik allein mit dem Argument eines schlanken Staates geschehen soll, was letztendlich - ob Zweck oder nicht - die Wahlstatistik privatisiert und damit erheblich für wissenschaftliche Forschung und auch für die Parteien einschränkt. Ich lehne deshalb den Gesetzentwurf der Bundesregierung strikt ab. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Antje-Marie Steen (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag: Anerkennung der deutschen Gebärdensprache und der Gehörlosen-Gemeinschaft (vgl. 244. Sitzung, Seite 22 730 B) Seit 1988 besteht die Forderung des EU-Parlaments nach Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständiger, vollwertiger Sprache. Danach wird gefordert, sie auf nationaler Ebene anzuerkennen, das Recht auf Benutzung ihrer Sprache den Gehörlosen zu bestätigen, den Beruf des Gebärdendolmetschers als vollwertigen Beruf anzuerkennen, Fernsehnachrichten, politische wie auch kulturelle Sendungen zu untertiteln oder in Gebärdensprache zu dolmetschen, Einrichtung von Gebärdensprachkursen, Ausarbeitung von Gebärden-Lexika zu unterstützen, Gehörlose an der sie betreffenden Politik zu beteiligen. Dieser Entschließungsantrag ist am 17. Juni 1988 einstimmig vom Europäischen Parlament angenommen worden. Die vorliegende Beschlußempfehlung kommt diesen Forderungen nach, es ist auch als politisches Signal überfällig, daß gehörlosen Menschen endlich die ihnen nach dem Art. 3 (3) GG zustehenden Bürgerrechte erfüllt werden. In der Bundesrepublik leben etwa 80 000 Gehörlose, die tagtäglich erfahren müssen, daß sie von Kommunikation, Bildung, autonomer Lebensführung, Informationen und weitgehend auch Berufstätigkeit ausgeschlossen sind. Mit dem Erwerb der Gebärdensprache wäre ein Teil der Ausgrenzungstatbestände korrigierbar, über Nachteilsausgleiche und Hilfen zur Selbsthilfe den Ansatz zur gleichberechtigten Teilhabe in der Gesellschaft und der besseren Informationen zu verbessern. Das Diskriminierungsverbot in Art. 3 (3) GG greift leider nicht so, wie es für die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache nötig wäre, da sich eine Verpflichtung des Staates zur Anerkennung nicht ableiten läßt. So die Aussage der Bundesregierung auf die große Anfrage 13/5595 (Grüne). So wie in vielen anderen Fällen, in denen es an der materiellen Ausgestaltung der entsprechenden Einzelgesetze im Sinne der Gleichstellung Behinderter mangelt, ist auch hier nur eine Verlängerung bzw. Anerkennung der Gebärdensprache im Rahmen eines Gesetzes möglich. Die Beschlußempfehlung ist also nur als konsequent und als notwendige Maßnahme zu begrüßen, wenn es der Deutsche Bundestag ernst meint mit der Ausfüllung des von der Verfassung geforderten Gleichbehandlungsgebotes. Schon seit geraumer Zeit hat die SPD-Fraktion Aktivitäten entwickelt, die neben der grundsätzlichen Forderung nach Anerkennung der Gebärdensprache auch auf die Ausformung eines Ausbildungsmodells für den Beruf der Gebärdendolmetscherin und des Gebärdendolmetschers und dem Einsatz von Gebärdendolmetschern im Deutschen Bundestag und bei allen Fernsehanstalten im Zusammenhang mit wichtigen Debatten drängen, und Anträge zur Früherkennung von Hörschäden bei Neugeborenen gestellt. Zu letzterem ist inzwischen auch ein positiver interfraktioneller Beschluß erfolgt. Der Bundesrat bzw. die Regierungschefs der Länder haben Initiativen ergriffen, die Anlaß zur Hoffnung geben, daß die Anerkennung der Gebärdensprache von ihnen aktiv unterstützt bzw. vorbereitet wird. Ich verweise auf das Ergebnisprotokoll der Ministerpräsidenten der Länder vom 18. März 1998 in Berlin. Gleichfalls weise ich auf ein Schreiben an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg als Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Herrn Erwin Teufel, hin, in dem die ASMK auf Beschlüsse der Kultusminister- und Finanzministerkonferenz Bezug nimmt und ebenfalls auf die Notwendigkeit der Anerkennung und der bundeseinheitlichen Regelung hinweist. Die Anerkennung der Gebärdensprache als eigene visuelle Sprache mit umfangreichem Vokabular und ausdifferenzierter Grammatik ist für Gehörlose ein wichtiger Schritt aus ihrer unfreiwilligen Isolation in unserer Gesellschaft und bildet die Brücke zur Integration und die notwendige Hilfe zur Kommunikation mit anderen Menschen, so bestätigt es auch die Bundesregierung in ihrem 4. Bericht über die Lage der Behinderten (13/9541) . Unser Beschluß heute unterstützt auch die Aktivitäten und Maßnahmen der Bundesländer, die bereits ihren festen Willen bekundet haben, die formelle An- erkennung der Deutschen Gebärdensprache zu vollziehen. Nun ist es möglich, dieses bundeseinheitlich zu regeln, um in jedem Bundesland die gleichen Voraussetzungen für den Erwerb der Sprache, aber auch für die Förderung und die Ausbildung von Gebärdendolmetschern voranzubringen. Wir alle wissen, daß Maßnahmen zur Prävention im Vordergrund stehen bleiben und alle Anstrengungen in der Frühförderung unternommen werden sollten, soweit wie möglich den Erwerb lautsprachlicher Kompetenz zu erreichen. Hier sind wir nach wie vor in der Pflicht, zur Erfüllung des Art. 3 GG alle Maßnahmen zu ergreifen, um Ausgrenzung und Isolation behinderter Menschen zu verhindern. Der vorliegende Antrag 13/9217 ist also die richtige Entscheidung, den Belangen gehörlosen und hörgeschädigten Menschen zu entsprechen und die bundeseinheitliche Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache einzuleiten. Ich danke allen Kollegen und Kolleginnen der CDU/CSU, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die Mitarbeiter und die Bereitschaft, mit der Zustimmung zur Beschlußempfehlung die ersten wichtigen Schritte zur Anerkennung der deutschen Gebärdensprache einleiten zu wollen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Heinrich L. Kolb auf die Fragen der Abgeordneten Rosel Neuhauser (PDS) (Drucksache 13/11089 Fragen 13 und 14): Gibt es Erkenntnisse oder Initiativen der Bundesregierung, die vorhandenen Kinderkureinrichtungen, besonders in den neuen Bundesländern, über Patienten aus den benachbarten Ländern (z. B. Polen und Tschechien) besser auszulasten? Mit welchen Versicherungsträgern gibt es dazu Vereinbarungen, und sind bei nicht Vorhandensein solcher Vereinbarungen Gespräche angedacht? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über Initiativen oder Vereinbarungen von Versicherungsträgern vor, die besonders in den neuen Bundesländern vorhandenen Kinderkureinrichtungen über Patienten aus den benachbarten Ländern (z. B. Polen und Tschechien) besser auszulasten. Die Kinderkureinrichtungen in den neuen Bundesländern befinden sich in privater bzw. gemeinnütziger Trägerschaft und akquirieren eigenständig ihr Patientenaufkommen. Das können auch ausländische Patienten sein, wenn die Kostenübernahme im einzelnen geklärt ist. Der Bundesregierung sind allerdings keine sozialleistungsrechtlichen internationalen Abkommen bekannt, die eine Kostenerstattung durch die zuständigen Versicherungen des Herkunftslandes für Rehabilitationsmaßnahmen regeln würden. Vor dem Hintergrund von Übernachtungsrückgängen im Bereich der Sozialpatienten bemühen sich demzufolge jetzt viele Kurkliniken verstärkt um private Gäste aus dem In- und Ausland. Die Bundesregierung begrüßt diese Initiativen und unterstützt zudem im Zusammenwirken mit den Gesundheits- und Tourismusverbänden eine mehrjährige Marketingkampagne im Ausland sowie ein Kuratorium zur Förderung deutscher Medizin- und Rehabilitationsleistungen. Ziel ist, die ausgezeichneten deutschen Gesundheitsdienstleistungen auf spezifischen Auslandsmärkten besser bekannt zu machen. Es steht allen Kliniken offen, sich an diesen Maßnahmen zu beteiligen, um mehr selbstzahlende private Gäste aus dem Ausland zu akquirieren. Anlage 7 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 727. Sitzung am 19. Juni 1998 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: - Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 39 GG) - Gesetz zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie - Gesetz zur Umwandlung der Deutschen Genossenschaftsbank (DG Bank-Umwandlungsgesetz) - Zweites Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze (2. PatGÄndG) - Neunzehntes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (19. BAföGÄndG) - Gesetz über die Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte - Gesetz zu der Vereinbarung vom 19. Dezember 1995 zur Durchführung des Abkommens vom 8. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit - Gesetz zu dem Abkommen vom 24. September 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien über Soziale Sicherheit - Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kroatien über Soziale Sicherheit - Gesetz zu dem Abkommen vom 17. Dezember 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bulgarien über Soziale Sicherheit - Gesetz zu dem Abkommen vom 24. Oktober 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes - Gesetz zu dem Protokoll vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 - Gesetz zur Ausführung des Protokolls vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 - Gesetz zu dem Abkommen vom 16. Juni 1995 zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel - Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 6. Oktober 1997 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der im Königreich der Niederlande stationierten deutschen Truppen einschließlich des ergänzenden Protokolls und zu dem Abkommen vom 6. Oktober 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs der Niederlande über die Rahmenbedingungen für das I. (Deutsch-Niederländische) Korps und dem Korps zugeordnete Truppenteile, Einrichtungen und Dienststellen (Gesetz zu dem Vertragswerk über die deutsch-niederländische militärische Zusammenarbeit) - Gesetz über eine Versorgungsrücklage des Bundes (Versorgungsrücklagegesetz- VersRücklG ) - Ausführungsgesetz zum Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichlung vom 3. Dezember 1997 - Gesetz zu dem Abkommen vom 26. November 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kasachstan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen - Gesetz zu den Verträgen vom 14. September 1994 des Weltpostvereins - Gesetz zu dem Vertrag vom 24. September 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen - Ausführungsgesetz zu dem Vertrag vom 24. September 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen - Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger (Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz - MHbeG) - Drittes Gesetz zur Änderung des Rechspflegergesetzes und anderer Gesetze - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zu dem Übereinkommen von 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Siebenundzwanzigster Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für den Zeitraum 1998 bis 2001 (2002) - Drucksachen 13/9992, 13/10486 Nr. 1- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Beschäftigungspolitischer Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland (April 1998) - Drucksache 13/10510 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/10263 Nr. 2.14 Drucksache 13/9819 Nr. 2.30 Drucksache 13/9819 Nr. 2.34 Drucksache 13/9819 Nr. 2.41 Drucksache 13/9819 Nr. 2.45 Drucksache 13/10588 Nr. 1.6 Drucksache 13/10588 Nr. 2.1 Drucksache 13/10588 Nr. 2.2 Drucksache 13/10588 Nr. 2.4 Drucksache 13/10588 Nr. 2.5 Drucksache 13/10588 Nr. 2.6 Drucksache 13/10588 Nr. 2.7 Drucksache 13/10588 Nr. 2.8 Drucksache 13/10588 Nr. 2.9 Drucksache 13/10588 Nr. 2.10 Drucksache 13/10588 Nr. 2.11 Drucksache 13/10588 Nr. 2.12 Drucksache 13/10588 Nr. 2.13 Drucksache 13/10588 Nr. 2.14 Drucksache 13/10588 Nr. 2.15 Drucksache 13/10588 Nr. 2.16 Drucksache 13/10588 Nr. 2.17 Drucksache 13/10588 Nr. 2.18 Drucksache 13/10588 Nr. 2.24 Drucksache 13/10588 Nr. 2.32 Drucksache 13/10588 Nr. 2.33 Drucksache 13/10588 Nr. 2.35 Drucksache 13/10588 Nr. 2.37 Drucksache 13/10588 Nr. 2.38 Drucksache 13/10588 Nr. 2.40 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/8615 Nr. 2.24
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Es ist verständlich, daß die Koalitionsfraktionen klatschen - nach dem, was bisher hier von Herrn Gysi und von Herrn Schulz geboten wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Schulz, daß Sie angesichts des Desasters, das Sie in den neuen Ländern erlitten haben, angesichts der Tatsache, daß Sie sich selbst - Sie wissen es besser als ich - mit Recht als jemand, der aus dem Bündnis 90 kommt, von den westdeutschen Grünen verraten fühlen, überhaupt hier ans Pult gehen, ist doch ziemlich absurd. Jeder im Saal weiß es.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, am Mittwoch nächster Woche, am 1. Juli, ist der achte Jahrestag der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Dieser Tag vor acht Jahren war, für jedermann erkennbar, der entscheidende Schritt zur deutschen Einheit. Denn mit den Entscheidungen an diesem Tag war klar, daß in kurzer Folge - es war im Oktober dann auch so - die deutsche Einheit, die Wiedervereinigung, kommen würde. Es war der Beginn einer gemeinsamen Zukunft.
    Mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion waren die Deutschen in Ost und West - diesseits und jenseits der Mauer, wie wir lange sagen mußten - wieder vereint und Friede und Freiheit auf Dauer für unser ganzes Volk gewährleistet.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Deswegen sind wir stolz darauf, daß wir an dieser Entscheidung mitwirken konnten. Es war ein Geschenk der Geschichte. Das vergessen wir nicht. Wir sind und bleiben dafür dankbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir haben auch nicht vergessen, daß Männer und Frauen mit den großen Demonstrationen in der damaligen DDR im Herbst 1989 in Leipzig, Berlin und anderswo den Weg für diese Entwicklung gebahnt und sie durchgesetzt haben.
    Wir haben auch unsere Freunde und Partner im Ausland - ich nenne Michail Gorbatschow und George Bush; es waren aber auch viele andere - nicht vergessen, die es möglich gemacht haben, daß wir die deutsche Einheit in einer kurzen Zeit und zu einem Zeitpunkt, als es die wenigsten erwarteten und viele gar nicht mehr daran glaubten, erreicht haben.
    Die Männer und Frauen, die damals gegen die SED-Diktatur aufstanden, haben - und das gehört auch in diese Debatte - unseren besonderen Respekt und unsere Dankbarkeit verdient,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    vor allem, weil sie mehr Zutrauen und Vertrauen in die Einheit unserer Nation hatten als viele im Westen, die die Wiedervereinigung längst aufgegeben, ja die Idee sogar verraten hatten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Deswegen mutet es in diesen Wochen schon seltsam an, daß sich diejenigen, die nichts, aber auch gar nichts für die deutsche Einheit getan und die andere, die diese Idee hochhielten und daran glaubten, mit Spott und Hohn überschüttet haben, jetzt zu Sachwaltern der Menschen in den neuen Ländern machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    Manch einer, der jetzt in Rostock oder anderswo auf Kongressen und auf Wahlkampfveranstaltungen auftritt, sollte sich daran erinnern, was er damals alles getan hat, damit diese deutsche Einheit nicht zustande kommt. Es ist ein Skandal, in welch einer Weise die historischen Tatsachen verwischt werden sollen!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das war nicht nur im Jahr 1990 so. Vielmehr habe ich auch in den folgenden acht Jahren all diese Zeitgenossen immer dann nicht gesehen, wenn es um die Entscheidung ging, wo man Prioritäten setzt - ich erinnere an den Satz: Aufbau Ost hat Vorrang vor allem anderen in Deutschland. Das muß in diesen Tagen ebenfalls deutlich gemacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, trotz aller Schwierigkeiten, die niemand leugnet und die wir alle kennen, ist es einfach wahr, daß wir in diesen acht Jahren gut vorangekommen sind, und zwar in einer Weise, wie es die wenigsten erwartet hatten. Natürlich kann man in nahezu jedem Feld der Politik in den neuen Ländern Bereiche feststellen, in denen mehr getan werden muß und in denen auch Fehler gemacht worden sind. Das ist alles richtig; denn 1990 gab es nicht den großen Plan.

    (Ilse Schumann [SPD]: Warum eigentlich nicht? Lachen bei der CDU/CSU und F.D.P.)

    - Ja, das fragen Sie! Wie ein deutscher Sozialdemokrat die Frage aufwerfen kann, wo der große Plan war! Sie haben doch alles, aber auch alles getan, daß es zu diesem großen Plan gar nicht kommen konnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie haben sich doch in jeder Weise mit der SED gemein gemacht. Sie haben mit denen doch gemeinsame Programme entwickelt. Und dann verlangen Sie von uns, daß wir einen Plan vorlegen? Damals haben Sie uns - und nicht zuletzt mich - mit Spott und Hohn überschüttet, weil ich an der Idee der Einheit festgehalten habe. Das war doch Ihre Haltung!

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU Beifall bei der F.D.P.)

    In diesen acht Jahren ist in den neuen Bundesländern Enormes geleistet worden.

    (Dr.-Ing. Paul Krüger [CDU/CSU]: 10-PunktePlan!)

    Herr Gysi, in einem Punkt bin ich übrigens mit Ihnen einer Meinung - das ist eine Ausnahme -: Ich selbst finde den Begriff „neue Länder" schrecklich, zumal die neuen Länder historisch gesehen in ihrer Struktur und in ihrem Herkommen älter als ein Großteil der sogenannten alten Länder sind; aber der Begriff hat sich eben eingebürgert.
    Ich nehme aber nicht Ihren Begriff von Solidarität auf. Ich verstehe Solidarität noch immer so, wie ich das schon immer getan habe und wie das übrigens früher in der sozialistischen Bewegung nicht nur auf der Fahne stand, sondern auch gelebt wurde. Das ist aber lange her. Im Zeitalter des „Champagner-Sozialismus" ist das kein brauchbares Wort mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist in diesen Ländern viel geleistet worden, und zwar von den Menschen, die ganz unmittelbar betroffen waren und sind. Ich sage das ganz bewußt. Denn wer beobachtet hat, wie Betriebe in schwerste Strukturprobleme gerieten, wie Betriebsräte - übrigens auch Gewerkschaften vor Ort - mit angepackt haben, um Betriebskerne zu retten, ein Stück zurückgesteckt und den Mut aufgebracht haben, das auch den Belegschaften zu sagen, der kann dazu nur sagen: Ich habe allergrößten Respekt vor solchem Tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Im übrigen wird das ja auch in der ganzen Welt so gesehen. Es sind doch fast jede Woche Besucher aus Europa und Übersee in den neuen Ländern. Sie vergleichen die Situation dort mit der Lage in unseren Nachbarländern aus dem früheren Warschauer-PaktSystem. Sie können natürlich erkennen, daß in den neuen Ländern Gewaltiges geleistet wird.

    (Vorsitz: Vizepräsidentin Michaela Geiger)

    Aber es bleibt bei aller Unterstützung aus dem Westen, für die ich dankbar bin, die Tatsache, daß der Aufbau Ost vor allem das Werk der Menschen ist, die dort leben und die das Notwendige getan haben, allerdings unterstützt von einer richtigen Politik, wie jeder erkennen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, natürlich sind manche Erwartungen, auch meine, im Zeitmaß nicht so schnell eingetreten. Aber es ist auch wahr, daß - ich schließe mich dabei nicht aus - viele, übrigens auch viele internationale Institutionen, angefangen beim IWF, durch die Jahre hindurch von der ökonomischen Lage der DDR ein viel besseres Bild hatten, als es der katastrophalen Lage tatsächlich entsprach. Dennoch haben wir die notwendigen Entscheidungen getroffen und uns auf den richtigen Weg gemacht.
    Vier Jahrzehnte deutscher Teilung - das war ein Lernprozeß für mich und viele andere - haben tiefere Spuren hinterlassen, als wir zum Teil erwartet hatten - auch im Denken und Fühlen der Menschen. Wir haben die gleiche Muttersprache gesprochen, wir haben bis 1945 die gleiche Geschichte gehabt; aber schon in den unterschiedlichen Besatzungszonen - mit unterschiedlichen Reparationsforderungen und vielem anderen mehr - war eben die Welt völlig unterschiedlich. Es hatte natürlich Folgen, ob jemand im Westen lebte oder im Osten - nach dem Bau der Mauer auch in der Erkenntnis, daß sich für sein persönliches Leben nicht mehr viel ändern würde, daß er nicht die Chance hätte, da herauszukommen.
    Jeder im Westen muß sich immer überlegen, was er getan hätte, wenn er statt hier am Rhein in Leipzig, in Rostock oder in Frankfurt an der Oder gelebt hätte. Ich wünsche mir sehr, daß wir beim Reden über Ost und West alle, aber nicht zuletzt die, die vom Rhein

    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    kommen - ich nehme mich ganz persönlich als Beispiel - immer daran denken: Was wäre aus dir in solch einer völlig anderen Lebenssituation geworden? Wenn wir das miteinander bedenken, dann haben wir eine viel größere Chance, weniger übereinander und mehr miteinander zu reden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wer so denkt, wird auch sehr schnell zu dem Ergebnis kommen, daß der, der unter den Bedingungen einer sozialistisch-kommunistischen Diktatur leben mußte, sehr wohl auch den Versuch unternehmen konnte - die allermeisten auch mit Erfolg -, ein Leben in Anstand zu führen. Ich wähle bewußt diese Formulierung, denn es ging darum, anzupacken, sich um seine Familie und die Mitmenschen zu kümmern. Alle, die das getan haben, haben einen guten Grund, stolz auf ihren Lebensweg zu sein. Das möchte ich noch einmal deutlich herausgestellt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie können noch soviel dazu sagen, aber Sie können nicht leugnen, daß wir in diesen acht Jahren, gemeinsam große Erfolge hatten. Es ist ja bemerkenswert, daß nahezu jeder ausländische Besucher - ich sage es noch einmal -, der in Betriebe der früheren DDR geht und die Gesamtentwicklung des Landes - zum Beispiel bei den Hochschulen und bei der Infrastruktur - betrachtet, diese Fortschritte sieht. Sie sehen sie natürlich auch, nur hier im Saal wollen Sie sie nicht eingestehen. In den nächsten Wochen sind Sie blind, weil Sie ja nur den einen Trieb haben, die Regierung zu übernehmen - egal, unter welchen Bedingungen. Das ist doch das einzige, was Sie im Augenblick umtreibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Triebtäter?!)

    - Wenn Sie an dem Wort Trieb Anstoß nehmen, nehme ich es gerne zurück. Ich habe es in meiner Formulierung auch nicht in dem Sinne gemeint. Aber daß Sie solche Assoziationen herstellen, spricht ja eindeutig gegen Sie.
    Ich sage noch einmal, daß Sie rund um die Uhr, Tag und Nacht, nur eine Absicht haben, nämlich das herabzusetzen, was wir gemeinsam geleistet haben, um an die Regierung zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Grünen legen jetzt sogar zwei Programme vor.

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Eines vor und eines nach der Wahl!)

    Je nach den Gegebenheiten weist man dann das eine oder andere Programm vor. Die Sozialdemokraten verkünden an dem einen Tag, daß sie für das eine sind, und am nächsten Tag, daß sie für etwas anderes sind.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nur Hintze sagt immer dasselbe!)

    Jetzt gibt es sogar noch die neue Variante, daß einer auftritt und sagt, er weiß gar nichts vom Programm.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Westerwelle ist mit Ihnen einer Meinung?)

    Das ist das Beste, was überhaupt passieren kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich Ihr Freund Westerwelle?)

    Dennoch sind die Fortschritte da. 522 000 mittelständische Unternehmen sind in einer schwierigen Situation entstanden und geben über 3 Millionen Menschen Arbeit. Wir haben hochproduktive Industriebetriebe, die weltweit Maßstäbe in der Produktion und in der Qualität setzen. Selbst dann, wenn Sie hier am Pult stehen, können Sie nicht leugnen, daß in den neuen Ländern das modernste Telekommunikationsnetz der Welt entstanden ist. Es kostet eben 50 Milliarden DM, Herr Gysi, die investiert werden müssen. In wenigen Jahren gibt es Vergleichbares nirgendwo in Deutschland, Europa oder in der Welt. Das ist doch wahr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dann möchte ich noch etwas sagen: Vor acht Jahren haben wir eine Entscheidung in Sachen Rente getroffen, die Sie im Wahlkampf im Westen gegenwärtig dazu mißbrauchen, um Neid und Mißgunst zu schüren.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Stoiber! CSU!)

    Vor vier Jahren haben wir eine Entscheidung im Rentensystem getroffen - dazu haben Sie von der SPD nichts, aber auch gar nichts beigetragen -, die dazu führte, daß ein Rentner, bis Mitte 1990 nach mehr als 40 Versicherungsjahren in der damaligen DDR eine Eckrente zwischen 470 und 600 Ostmark bekam, heute als Rente in den neuen Ländern 1700 DM bekommt. Wenn Mann und Frau gemeinsam gearbeitet - so waren die Lebensläufe ja vielfach - und einen entsprechenden Rentenanspruch erarbeitet haben, liegt ihre Rente heute in einer Größenordnung von weit über 3000 DM. Wo gibt es Vergleichbares in Europa? Dies frage ich Sie ganz konkret. Erst wenn Sie diese Frage beantwortet haben, können Sie über Sozialpolitik in den neuen Ländern reden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wahr ist auch, daß die ostdeutsche Wirtschaft zunehmend wettbewerbsfähiger geworden ist. Im ersten Viertel des Jahres 1998 ist das Bruttoinlandsprodukt in den neuen Ländern - entgegen pessimistischer Prognosen - um 4 Prozent gestiegen und damit Gott sei Dank auch stärker als in den alten Ländern. Die ostdeutsche Exportwirtschaft wächst, und zwar ganz erheblich. Daß wir uns gemeinsam wünschen, es möge alles noch schneller gehen, ist ja wahr. Aber Sie haben doch verhindert, daß dort stärker investiert wird. Die große Steuerreform ist doch eine Voraussetzung dafür, um Auslandsinvestitionen nach Deutschland zu bekommen. Durch Ihr Tun sind wir in die

    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    mißliche Lage geraten, daß jetzt allerfrühestens zum 1. Januar 2000 eine Steuerreform in Kraft treten kann,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sonst würden die Landschaften blühen?)

    wir wertvolle Jahre verloren haben und Monat für Monat Investoren - zum Beispiel aus dem Dollarraum - wegen der hohen Steuerbelastung nicht bei uns investieren. Demgegenüber schaffte es Großbritannien, daß dort in den vergangenen Jahren achtmal so viele Investitionen getätigt wurden wie bei uns.

    (Christoph Matschie [SPD]: Weil dort ein besserer Regierungschef amtiert!)

    Das ist Ihre Politik der Verhinderung von neuen Arbeitsplätzen. Das ist doch das Ergebnis.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In der ostdeutschen Industrie haben wir nach diesen schwierigen Strukturanpassungen jetzt ein Wachstum von rund 10 Prozent. Ein Mann, dem Sie wirklich Vertrauen schenken können, Professor Pohl, der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, sagte in diesen Tagen: Es entsteht hier ein „dynamischer Kern der ostdeutschen Wirtschaft".
    Wahr ist auch, daß es immer mehr Menschen gibt, die sich trotz der - übrigens auch im Westen - bestehenden Risiken selbständig machen. Das Problem, daß ein neugegründeter Betrieb - nicht zuletzt wegen der häufig miserablen Zahlungsmoral der Kunden - nicht durchhält, haben wir auch in den neuen Ländern. Aber wir haben in den neuen Ländern mit 11 000 Betrieben einen positiven Gründungssaldo.
    Warum sagen Sie das denn nicht? Weil es zu Ihrer ganzen Miesmacherei der Verhältnisse in den neuen Ländern nicht paßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Natürlich sind wir uns auch darin einig, daß der Mangel an Arbeitsplätzen und der Erhalt von Arbeitsplätzen unsere Hauptsorge ist. Aber so, wie die Trendwende am Arbeitsmarkt in den alten Ländern eingetreten ist - auch das haben Sie immer bestritten und dabei unglaubliche Zahlen genannt, um den Menschen angst zu machen -, kommt auch die Trendwende in den neuen Ländern. Wir sind dort - angesichts der Verhältnisse etwa in der Bauwirtschaft und anderen Bereichen - noch zurück.
    Die Beschäftigungszahl im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau ist in den neuen Ländern jetzt erstmals seit 1991 wieder gestiegen. Ich rechne fest damit, daß wir - im Gegensatz zu dem von Ihnen hier Gesagten - am Ende des Jahres rund 100 000 Arbeitslose weniger haben werden als ein Jahr zuvor.
    Um das zu erreichen kommt es auf das an, was ich von Ihrer Seite nie gehört habe: Der Aufbau Ost hat in der deutschen Politik absolute Priorität.

    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Ich kenne diesen Satz von Ihnen nicht. Sie können
    ihn auch nicht sagen, weil Sie im Bundesrat, weil
    viele der Länderchefs, die jetzt in der Politik besonders auftreten, in den letzten acht Jahren alles gegen diesen Satz getan haben. Ich kenne keine entsprechende Äußerung des saarländischen Ministerpräsidenten oder des niedersächsischen Ministerpräsidenten und kann nicht feststellen, daß er sich damit auseinandergesetzt und an dieser Seite mit uns gekämpft hätte.
    Wir haben im vergangenen Jahr das Förderkonzept für den Aufbau Ost für den Zeitraum von 1999 bis 2004 verabschiedet.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Mit wem denn? Mit uns!)

    Vorhin ist hier gesagt worden: Das ist Infrastruktur. Was heißt das schon? - Meine Damen und Herren, soviel Kenntnis in der Politik haben Sie doch alle, um zu wissen, daß ohne Planungssicherheit kein Investor in die neuen Länder geht. Jetzt ist die Planungssicherheit noch einmal für sechs Jahre gegeben. Der Aufbau der modernen Infrastruktur geht enorm voran. Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit werden weiter umgesetzt: Künftig werden rund 9 Milliarden DM jährlich in den neuen Ländern investiert. Das sind über 40 Prozent der Mittel für Verkehrsinfrastrukturen in Deutschland. Herr Gysi, ich halte es in diesem Zusammenhang für falsch, den Ausdruck Transfer zu verwenden.
    Aber es ist doch wahr: Aus den Mitteln des Steuerzahlers geht eine besondere Summe in die neuen Länder. Es ist auch richtig: Das sind rund 40 Prozent der Mittel für Verkehrsinfrastrukturen in Deutschland. Das ist unsere Politik. Dazu stehen wir, obwohl sie in vielen westlichen Bundesländern vor Ort, wo Umgehungsstraßen und anderes nicht gebaut werden können, kritisiert wird. Das ist gelebte Solidarität in der deutschen Politik, nicht mehr und nicht weniger.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist doch für jedermann erkennbar - das wissen Sie doch auch -, daß wir, von heute an gerechnet, in ungefähr vier bis fünf Jahren - nicht einmal 15 Jahre nach der deutschen Einheit - in den neuen Ländern mit Abstand die modernste Verkehrsinfrastruktur in Europa haben werden. Das ist Zukunftspolitik für die neuen Länder.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Allein in der vergangenen Woche - der Kollege Krüger sprach schon davon - sind für schnellwirkende Maßnahmen im Verkehrsbereich noch einmal 250 Millionen DM bereitgestellt worden. Das hat etwas mit neuen Arbeitsplätzen zu tun. Die Förderprogramme Ost, die der Stärkung des Eigenkapitals und der Sicherung der Liquidität dienen, werden ohne Einschränkung fortgeführt. Sagen Sie doch auch das einmal so! Ich verweise auf den Beteiligungsfonds Ost, den Konsolidierungsfonds für die neuen Länder und vieles andere mehr. Wir haben ein völlig neues Kreditprogramm der Deutschen Ausgleichsbank geschaffen. Es soll genau denjenigen Betrieben, von denen hier gesprochen wurde - den kleinen Betrieben, nicht zuletzt den Handwerksbetrieben - helfen

    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    wenn sie wegen Zahlungsverzögerungen ihrer Auftraggeber in Schwierigkeiten geraten sind.
    Wahr ist auch folgendes: Wir unternehmen alles, um mit unseren arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für mehr Beschäftigung zu sorgen. Im Jahre 1998 haben wir hierfür knapp 20,3 Milliarden DM bereitgestellt. Wir befinden uns inmitten der Etatgespräche, die in ein paar Tagen durch die Vorlagen der Bundesregierung abgeschlossen werden. Die sogenannten Eingliederungstitel im Haushalt - ich spreche vom Jahr 1999 - beinhalten Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik in einer Größenordnung von 25,3 Milliarden DM.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: ABM-Kanzler!)

    Das Volumen hat den gleichen Umfang wie 1998. Das Programm für Langzeitarbeitslose wird unverändert fortgeführt. Warum machen Sie wider besseres Wissen solche falschen Aussagen zu diesen Punkten?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie machen das doch nur deswegen, weil Sie hoffen, auf diese Art billig Wahlvorteile zu erreichen.
    Das gleiche gilt übrigens für das Thema Lehrstelleninitiative Ost. Was wollen Sie eigentlich? Wir haben Jahr für Jahr - übrigens für die ganz Bundesrepublik - ungeachtet Ihres lauten Feldgeschreis die notwendige Anzahl an Stellen anbieten können. Wir werden auch in diesem und im nächsten Jahr die Lehrstelleninitiative Ost durchführen. Damit werden in diesem Jahr 17 500 Lehrstellen - das sind ein paar tausend mehr als im letzten Jahr - bereitgestellt.
    Natürlich gibt es auch hier im Westen ganz kluge Leute, die sagen: Ihr redet doch immer vom dualen System; damit zerstört ihr es doch. Das duale System setzt eine hinreichend große Anzahl an Handwerksbetrieben, Unternehmen, vor allem mittelständischen Unternehmen, voraus. Es ist doch selbstverständlich, daß wir in den wenigen Jahren, die uns seit 1980 zur Verfügung standen, die nötige Anzahl an Stellen noch nicht haben schaffen können, nachdem das SED-Regime den Mittelstand völlig zerschlagen hatte. Aber wenn junge Leute auf der Straße stehen, dann können wir doch nicht warten, bis für die Ausbildung im dualen System eine hinreichend große Anzahl an mittelständischen und Handwerksbetrieben vorhanden ist. Deshalb tun wir etwas. Das ist gelebte Solidarität.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Ich weiß allerdings auch, daß sich alle Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften hier beteiligen müssen. Deswegen haben wir im Mai letzten Jahres eine gemeinsame Initiative für mehr Arbeitsplätze in Ostdeutschland verabredet. Wir haben in diesen Tagen in Schwerin eine Zwischenbilanz gezogen, die zeigt, daß wir auf gutem Wege sind. Nur, Vertreter der Gewerkschaften sind nicht gekommen. Sie wissen so gut wie ich: Die Intention der Gewerkschaften bestand nicht darin, durch ihr Fernbleiben gegen das Fehlen von Arbeitsplätzen in den neuen
    Ländern zu demonstrieren; vielmehr bestand ihre - vorher verabredete - Intention darin, alles zu tun, um die jetzige Bundesregierung zu schädigen.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist das!)

    Zwar hat der DGB kein Geld und kann die einfachsten Forderungen seiner Personalräte nicht erfüllen. Für den Wahlkampf der SPD und der Grünen gibt man aber Geld aus.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    Das ist ein Skandal sondergleichen. Wir werden nicht ruhen, diesen Vorgang auch so zu bezeichnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublicher Vorgang! Unerhört!)

    Ich möchte der deutschen Öffentlichkeit sagen: Sie brauchen keine Sorgen zu haben. Wenn die Bundestagswahl vorbei ist und der jetzige Bundeskanzler auch der nächste Bundeskanzler sein wird, dann wird er den DGB einladen, und er wird kommen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Arbeiterführer Helmut!)

    Das ist so, und das war nie anders.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der nächste Bundeskanzler heißt Volker Rühe!)

    Das Verhalten des DGB war eine Trotzreaktion, die gar nichts bringt. Deswegen können wir zur Tagesordnung übergehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nicht zur Tagesordnung übergehen können wir, wenn wir über das politische Umfeld in den neuen Ländern sprechen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Rühe! Rühe!)

    Das politische Umfeld beeinflußt die wirtschaftliche Entwicklung. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung hat sich in den vergangenen acht Jahren Gewaltiges verändert. Wenn uns damals, als wir hier über den Vertrag zu einer gemeinsamen Wirtschafts-und Währungsunion als Schritt zur deutschen Einheit diskutiert haben, jemand gesagt hätte, acht Jahre später würden die deutschen Sozialdemokraten mit der PDS gemeinsame Sache machen, dann hätten wir diese Behauptung für abwegig erklärt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir hätten daraufhin gesagt: Eine Partei, die eine so große und stolze Tradition hat,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Völlig abwegig!)

    die gegen die Diktatur der Nazis und gegen die Diktatur der SED gekämpft hat, deren prominente Mitglieder nach Bautzen und nach Waldheim gebracht wurden, wird einen solchen Sündenfall nicht bege-

    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    hen; so charakterlos kann eine Partei nicht sein. Das wäre unsere Antwort gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Was geschieht jetzt? Vor vier Jahren ist uns gesagt worden: Das von Herrn Höppner in Magdeburg initiierte Modell entspricht nicht unserer Politik. Vier Jahre später hat man gesagt: Dieses Modell gilt nur für Sachsen-Anhalt. Jetzt aber haben die Landesvorsitzenden der SPD in Thüringen und auch in Mecklenburg-Vorpommern klar gesagt, daß es ihre Intention ist, eine Koalition unter Einschluß der PDS zu bilden. Herr Schröder hat zu diesem Punkt ein entschlossenes Jein gesagt. Er hat nämlich ausgeführt: In die Angelegenheiten der neuen Bundesländer mische ich mich nicht ein; in Bonn wird es dieses Modell aber nicht geben. Kein Mensch in Deutschland glaubt ihm.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Zurufe von der SPD: Oh!)

    Sie berufen sich doch in diesen Tagen gern auf die Demoskopie. Berufen Sie sich doch einmal auf das Ergebnis von Umfragen, wonach die große Mehrheit der Menschen, die befragt wurden, sagt - das entspricht der Wahrheit; die Menschen haben recht -: Wenn es notwendig ist, um an die Macht zu kommen, werden Schröder und die SPD mit der PDS zusammenarbeiten.
    Die PDS tut ja alles, um diese öffentliche Meinung zu unterstützen. Wenn Sie die führenden Leute der PDS zu diesem Punkt hören - Sie brauchen nur das strahlende Gesicht des Abgeordneten Gysi zu betrachten -, dann können Sie feststellen, daß sie diese Diskussion genießen. In den Talkshows war Herr Gysi gut aufgehoben. Aber jetzt soll er in die Nähe der Ausübung politischer Macht kommen. Das wird in Deutschland nicht möglich sein, solange wir dafür sorgen, daß Parteien, die nichts, aber auch gar nichts dazugelernt haben, nicht die Macht in unserem Land übernehmen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU Beifall bei der F.D.P.)

    Es geht in diesem Zusammenhang überhaupt nicht um die Wähler der PDS. Es geht darum, daß diese Partei mit ihrem Programm und ihren Vorstellungen über die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auf dem Weg zu einer anderen Republik ist. Das ist die schlichte Wahrheit. Sie will kein Miteinander; sie betreibt vielmehr das Gegeneinander. Kurt Biedenkopf - er wurde schon mehrfach hier zitiert - hat recht mit dem Satz: „Die PDS ist der organisierte Widerstand gegen den Erfolg der deutschen Einheit."

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Mit dieser Partei wollen Sie sich zusammentun!

    Wenn Herr Schulz der PDS Ratschläge gibt - Sie wollen doch mit der PDS zusammenarbeiten -, dann muß ich Ihnen sagen: Hören Sie doch auf, in dieser Debatte scheinheilig Argumente einzuführen, die nicht der Wahrheit entsprechen!

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir haben nicht ohne Grund und gegen viele Widerstände die notwendigen Reformen und Veränderungen der Gesellschaft auf den Weg gebracht. Wir hätten wesentlich mehr auf den Weg bringen können, wenn es um der nationalen Zukunft willen zwischen den Parteien mehr Konsens gegeben hätte. Wir hätten - nicht zuletzt in den neuen Bundesländern - einen größeren Wachstumsschub haben können. Wir hätten für die Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt mehr tun können. Aber der erbitterte Widerstand, den Sie geleistet haben, hat vieles verhindert.
    Ich erinnere etwa an die Neuregelung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch in diesem Punkt wird klar, wie Sie vorgehen wollen - Sie haben es erst gerade wieder beschworen -: Diese neue Regelung und andere Reformen sollen zurückgenommen werden. Ihr Kanzlerkandidat hat diese Haltung entschlossen auf dem DGB-Kongreß vertreten. Aber der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Chemie, Bergbau und Energie hat in diesen Tagen sehr klar gesagt, daß man natürlich nicht alle diese Regelungen zurücknehmen kann.
    Sie treten doch in Wahrheit schon den Rückzug an. Dann sagen Sie doch den Wählern ehrlich,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ehrlich! Der Bundeskanzler heißt Dr. Ehrlich!)

    daß das, was Sie wollen, gar nicht machbar ist, daß Sie hier Behauptungen aufstellen, die gar nicht realisiert werden können, und daß Sie natürlich weder die Liberalisierung der Telekommunikation noch die Gesundheitsreform rückgängig machen können.
    Ich sage Ihnen ebenfalls voraus: Sie werden auch hinsichtlich der Schwelle beim Kündigungsschutz oder der Erleichterung des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge nichts zurücknehmen können. Sie wissen ganz genau, daß die zukünftige Entwicklung des deutschen Mittelstands - das ist die wichtigste Chance für neue Arbeitsplätze in Deutschland - dies gar nicht zuläßt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Immerhin rechnen Sie damit, daß wir das tun können und wollen! Das ist ja interessant!)

    Schon gar nicht können Sie die Rentenreform zurücknehmen. Dazu haben Sie auch gar nichts mehr gesagt. Der präsumtive Kandidat für das Amt des Arbeitsministers will auf diesem Gebiet das eine, andere wiederum sagen etwas völlig anderes. Sie wissen so gut wie ich: Es gibt keinen anderen Weg als die Rentenreform, um auf die demographischen Veränderungen in unserer Gesellschaft zu reagieren.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Aber nicht so!)

    Sagen Sie das doch auch den Menschen ehrlich, und tun Sie nicht so, als könnten Sie Dinge auch ganz anders regeln, die doch gar nicht mehr anders regelbar sind, weil sich die Gesellschaft verändert hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Im übrigen bin ich sehr froh, daß sich diese Reformen auszahlen. Sie sind ruhig geworden bei dem

    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    Thema Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts. Ich erinnere mich, wie Sie nach der Rede des Kollegen Rexrodt bei der Einbringung des Jahreswirtschaftsberichts alle Prognosen bezweifelt haben. Aber sie sind alle eingetreten. Sie wissen im übrigen: Wir werden in diesem Jahr näher bei 3 Prozent Zuwachsrate als bei 2,5 Prozent ankommen. Jetzt wird natürlich wieder gesagt - es muß ja immer danach gesucht werden, wie man etwas herunterreden kann -, daß die Krise in Asien möglicherweise Auswirkungen haben könnte, die die Zuwachsraten beeinträchtigen. Das kann in der Tat sein. Aber noch ist das nicht der Fall.
    Warum sagen Sie nicht erst einmal, wir sind froh, daß wir das gemeinsam erreicht haben,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Halleluja! Großer Kohl, wir loben dich!)

    daß der Aufschwung auch den Arbeitsmarkt erreicht hat und die Zahl der Arbeitslosen, in den vergangenen drei Monaten um über 600 000 zurückgegangen ist. Im übrigen gibt es auf dem Arbeitsmarkt eine gewaltige Zahl von offenen Stellen, gehen wir davon aus, daß den Arbeitsämtern nur etwa 40 Prozent der offenen Stellen gemeldet werden - bei über 1 Million liegt?

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Weihrauch!)

    Daß das wahr ist, wissen Sie doch aus vielen Gesprächen in den Wahlkreisen. Dort können Sie erfahren, daß überall Unternehmen, nicht zuletzt kleine und mittelständische Unternehmen, händeringend Mitarbeiter und Fachkräfte suchen. Daß der Aufschwung da ist, ist nicht auf Grund der Vorfreude auf einen eventuellen Wahlsieg der SPD erreicht worden, sondern durch unsere Leistungen und Reformen. Das ist das Entscheidende.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich will zum Thema Steuerreform nur noch einmal sagen: Gehen Sie davon aus - auch wenn Sie jetzt anderes verbreiten -, daß wir nach der Bildung der Bundesregierung - die so sein wird wie die jetzige -

    (Lachen bei der SPD)

    das hier im Bundestag verabschiedete Konzept umsetzen werden. Es wird immer noch von einem Entwurf geredet; dabei wird immer vergessen, daß es einen verabschiedeten Beschluß des Deutschen Bundestages gibt, den der Bundesrat noch heute mittag genehmigen könnte. Dann wären wir ein entscheidendes Stück weiter.
    Ich sage Ihnen voraus: Die Front der Länder wird nach einer von der SPD verlorenen Bundestagswahl sofort aufbrechen. Sie werden erleben, daß die Länder dann plötzlich wieder das tun, was sie nach der Verfassung tun sollten, nämlich die Länderinteressen wahrnehmen.
    Ich habe mit großem Interesse gelesen, welche Zukunftsprognosen der neue Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen seinem Land gestellt hat. Wenn er davon nur 50 Prozent erreichen will, braucht er wie die Luft zum Atmen eine große Steuerreform. Daran führt überhaupt kein Weg vorbei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Abgeordneter Gysi, ich fand es schon phantastisch - aber so begabt sind Sie, das muß ich Ihnen neidlos zugestehen -, daß Sie hier Beispiele - die mich sehr ärgern - aus der Schulpolitik bringen

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ja!)

    und dabei so tun, - die Menschen, die am Fernseher Ihre Rede hören, könnten jedenfalls zu dieser Auffassung gelangen -, als sei das unsere Verantwortung.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das war doch Nordrhein-Westfalen!)

    - Das war Nordrhein-Westfalen. - Deshalb sagen Sie doch: Das müssen die deutschen Bundesländer regeln. Aber daß die deutschen Bundesländer - ich nehme da keines aus - unterschiedliche Leistungen erbringen, habe ich Ihnen schon einmal gesagt. Weil Sie es so gerne hören, sage ich es noch einmal: Die Quote der jugendlichen Arbeitslosen ist in Deutschland unterschiedlich hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Bayern bei zirka 5,9, in Baden-Württemberg bei zirka 6,6 und in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und an der Saar erheblich über 11 Prozent. Es bestehen in Deutschland überall die gleichen Grundbedingungen. Die hohen Prozentzahlen resultieren also aus dem Versagen der Landespolitik in den entsprechenden Ländern.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In Wahrheit wollen Sie sich diesem Wettbewerb doch gar nicht stellen, weil Sie noch immer Ihrer alten sozialistischen Gleichmachereiideologie anhängen.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Mittelmaß für alle, das ist Ihr Dogma. Das ist in der Wirtschaftspolitik falsch, und das ist in der Bildungspolitik falsch.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und deswegen wählen wir CDU!)

    Ein Beispiel: Sie sprechen doch andauernd von New Labour. Warum nehmen Sie sich daran kein Beispiel? Tony Blair ist - nach dem, was schon Major getan hat -, gerade dabei, die Steuern noch einmal zu senken. Achten Sie doch einmal darauf, was er zur Bildungspolitik sagt. Er hat schlicht und einfach gesagt, der Ehrgeiz seiner Regierung sei, daß Großbritannien die besten Schulen und Universitäten in der Welt habe. Dann lassen Sie uns doch jetzt vereinbaren, wir nehmen diesen Wettbewerb an. Dies ist endlich einmal kein Wettbewerb darum, wer bessere Waffen produziert, sondern darum, wer bessere Bildungsinstitutionen hat. Das ist das, was uns vorschwebt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    Dann könnten wir trotz Bundeskompetenz und Landeskompetenz gemeinsam etwas tun.
    Im Etat des Kollegen Blüm stehen für die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit Mittel in Höhe von 900 Millionen DM für die Nachbesserung der Bildung von Hauptschülern bereit, die die Schule verlassen und im Rahmen eines normalen Lehrvertrages nicht ausbildungsfähig sind. Laßt uns doch dieses Geld nehmen, uns mit den Ländern zusammentun und in den Schulen vernünftige Verhältnisse schaffen, und zwar angefangen bei den Grundschulen. Dann können Sie aber nicht bei den Lehrern einen Kahlschlag in dem Maße vornehmen, wie Sie es in Niedersachsen getan haben. Sie tun doch das genaue Gegenteil von dem, was notwendig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In allen pädagogischen Bereichen hängen Sie den alten, längst verstaubten Ideologien nach. Sie können keine moderne Schulpolitik betreiben, die auf das Recht auf Erziehung verzichtet. Das ist eben mehr, als mit den Menschen nur über Rechte zu reden und nicht mehr über die Pflichten.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist Ihre geistig-moralische Erneuerung!)

    - Frau Kollegin, es nützt gar nichts, wenn Sie mit lauter Stimme dazwischenschreien. Das, was Sie dazu sagen, macht es nicht besser.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Tatsache ist - das wissen Sie so gut wie ich -: Wenn man in einer Gesellschaft die Notwendigkeit von Leistungseliten verteufelt, wie Sie es jahrelang auf Grund Ihrer ideologischen Hemmungen getan haben, dann ist das Ergebnis eben so, wie wir es vielerorts sehen können. Deswegen bekennen wir uns, um das klar und deutlich auszusprechen, zu der Notwendigkeit einer Bildungsreform.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Daß Sie dieses Thema überhaupt in den Mund nehmen, verwundert mich. Wir haben doch vor ein paar Tagen hier im Saal über die notwendige Reform des Hochschulrahmengesetzes gesprochen. Da haben Sie wieder blockieren wollen. Sie haben sich verweigert. Sie verweigern sich bei allem, was wirklich Zukunft verheißt, und zwar deswegen, weil es Zukunft ohne unbequeme Schritte nicht geben kann.
    Wir müssen den Staat nicht auf den Kopf stellen. Wir haben in den letzten 50 Jahren in Deutschland vieles gemeinsam geschaffen, was Bestand hat und hervorragend funktioniert. Aber es gibt Veränderungen, und die müssen zu Konsequenzen führen.
    Dies ist in den vergangenen Jahren unsere Politik in der Koalition gewesen. Deswegen haben wir große Erfolge erzielt - trotz vieler Schwierigkeiten und auch mancher Niederlagen, die wir erlitten haben. Wir werden diesen guten Kurs fortsetzen. Wir werden mit den Wählern darüber sprechen. Wir werden uns hier in diesem Hause zur Kanzlerwahl wiedertreffen. Sie müssen sich schon jetzt an diesen Gedanken gewöhnen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das war eine gute Abschlußrede!)

    wobei ich im Augenblick nicht weiß, Herr Fischer, ob Sie dabeisein werden. Das wäre ein großer Verlust für Deutschland.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU und der F.D.P. Die Abgeordneten der CDU/CSU erheben sich)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Rudolf Scharping.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob der Stil der Volkskammer am Ende das überdekken kann, was in dieser Rede steckte,

    (Beifall bei der SPD und der PDS Zurufe von der CDU/CSU)

    nämlich daß der Bundeskanzler glaubt, nur noch austeilen zu müssen, und zwar mit einem Auftritt, der in seinem Duktus das innere Zusammenwachsen dieser Republik nicht fördert, sondern gefährdet

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    und dessen selbstgewisser Ton - das rhythmische Klatschen hat noch gefehlt - die tiefe Unsicherheit, die Sie selbst befallen hat, nicht verbergen kann und

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    - was viel wichtiger ist - die tiefe Verunsicherung der Menschen in unserem eigenen Land nicht überwinden kann.

    (Dr.-Ing. Paul Krüger [CDU/CSU]: Die Sie betreiben!)

    Ich hätte erwartet, daß der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland bei dieser Gelegenheit etwas zur inneren Einheit unseres Landes und zum inneren Zustand Deutschlands sagt,

    (Beifall bei der SPD Zurufe von der CDU/ CSU: Hat er doch!)

    daß er sich den Hoffnungen und Enttäuschungen widmet, die es in Deutschland gegeben hat.
    Ihr lautstarkes Geschrei wird eines nicht verdekken können:

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Daß sie am Ende sind! Kohl hat seine Abschiedsrede gehalten!)

    daß nämlich dieser Bundeskanzler bei all seinem Bemühen um staatliche Einheit schwerste Fehler bei der Schaffung der inneren Einheit des Landes gemacht hat

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Rudolf Scharping
    und daß diese schwersten Fehler genauso wie heute wegen eines Wahlkampfbedürfnisses begonnen haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Genauso wie heute wurden 1990 im Wahlkampf den Menschen, anstatt Solidarität einzufordern und Verantwortung zu mobilisieren, blühende Landschaften vorgegaukelt und die Behauptung in die Welt gesetzt,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind nicht nur blind, Sie sind auch taub!)

    es werde niemandem schlechter und vielen bald besser gehen. Sie haben den Menschen das Gefühl vermittelt: Es geht gewissermaßen nebenbei. Aus dieser Geisteshaltung heraus haben Sie andere schwere Fehler gegen sachverständigen Rat gemacht.

    (Beifall bei der SPD Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Das ist Ihre Rede von vor vier Jahren!)

    Sie haben den Umtausch - jedenfalls was die wirtschaftlich bedeutsamen Tatbestände angeht; ich rede nicht von den kleinen Sparguthaben und den normalen Einkommen, aber von den Verpflichtungen der Betriebe - gegen den Rat der Bundesbank und ihres Präsidenten, gegen den Rat vieler Sachverständigen in einer Weise organisiert, die uns bis heute mit enormen finanziellen Herausforderungen belastet.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben im Zusammenhang mit einer ideologischen Fixierung von einer schnellen Privatisierung geredet und haben sie dann auch ohne Rücksicht auf einen für die Menschen erträglichen Übergang der Arbeitsplätze umgesetzt;

    (Beifall bei der SPD)

    gar nicht zu reden von der Rückgabe alten Eigentums. Was Sie im Osten Deutschlands falsch gemacht haben, haben Sie im Westen Deutschlands konsequent ergänzt.
    Dazu kam von Ihnen kein Wort, weil das natürlich nicht in die sogenannten Wahlkampfbedürfnisse hineinpaßt. Wer in Deutschland die innere Einheit des Landes durch Beiträge zur Sozialversicherung finanziert, also zu Lasten von Arbeitsplätzen und Arbeitseinkommen, der versündigt sich an der Solidarität, an der sozialen Gerechtigkeit und an der ökonomischen Vernunft.

    (Beifall bei der SPD)

    Kein Wort, Herr Bundeskanzler, kam zu Ihrer Politik, die riesige Löcher in die öffentlichen Haushalte gerissen hat, die wirklich nicht notwendig gewesen wären. Was hat denn Ihre Steuerpolitik bewirkt, wenn Sie jetzt sagen, eine große Steuerreform sei notwendig, und wenn Sie jetzt einen Vorschlag machen, der noch riesigere Löcher in die öffentlichen Kassen reißen würde. Sie haben doch durch allerlei Steuervergünstigungen, Schlupflöcher oder anderes - wie man das auch nennen mag - die legale Möglichkeit geschaffen, die Steuerschuld so herunterzurechnen, daß man in manchen Fällen von einer Steuerschuld Null oder sogar noch Schlimmerem reden müßte.
    Wenn der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland eine solche Gelegenheit nutzt, nur um einen höchst vordergründigen, höchst billigen Wahlkampf einzuläuten, dann kann ich nur sagen: Liebe Leute, das werden wir euch nicht durchgehen lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn für das, was Sie angerichtet haben, müssen Sie auch geradestehen und nicht andere, die Sie beschimpfen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Man sollte Konflikte nicht da, wo es sie gar nicht gibt, schüren. Sie, Herr Bundeskanzler, haben sich zum Beispiel über die Sozialdemokratie geäußert. - Ich schaue mich einmal um, um zu sehen, wo Sie sind, damit ich Sie ansprechen kann. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß in dem Programm - von dem Sie gesprochen und im Hinblick auf das Sie ein klares Wort eingefordert haben - folgender Satz steht: „Für uns ist der wirtschaftliche Aufbau Ostdeutschlands eine gesamtdeutsche Aufgabe höchster Priorität."

    (Zurufe von der SPD: Laß ihn!)

    - Nein, ich bin der Meinung, wenn der Bundeskanzler hier eine Auseinandersetzung beginnt, dann soll er sich an dieser Auseinandersetzung auch in einer Weise beteiligen, wie sie die Höflichkeit erfordert.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Genau das führt ja zu dieser Ignoranz.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Die geistig-moralische Erneuerung ist das!)

    Was haben wir denn an geistig-moralischer Erneuerung erlebt? Ich will Ihnen, Herr Bundeskanzler, eines sagen: Wenn man zu Beginn den Eindruck erweckt, Solidarität sei allein eine Finanzfrage und nicht etwa eine Geisteshaltung, dann muß man sich am Ende mit den Entwicklungen herumschlagen, die man ja selbst erzeugt hat.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Es stimmt: Die Menschen in Deutschland leisten viel. Aber ist Ihre Regierung in der Lage, das zu einer klaren, für die Zukunft tauglichen Politik zu bündeln?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schröder auf keinen Fall!)

    Wie ist es denn mit dem Anspruch, eine klare, für die Zukunft taugliche Politik betreiben zu wollen, zu vereinbaren, daß Sie bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik ein derartiges Hin und Her veranstalten,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wahlabend!)

    daß Sie den Menschen in Ostdeutschland - übrigens auch zum Schaden für das Ansehen der Demokratie insgesamt - erneut die Erfahrung zumuten, daß in Wahljahren die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bis

    Rudolf Scharping
    an die Grenzen des Möglichen heraufgefahren werden und daß die Menschen Bescheide erhalten, die bis zum 30. September oder zum 31. Dezember befristet sind? Diese Menschen werden doch wohl genau wissen, daß sie dann, wenn diese Regierung am Ruder bleibt, wiederum die Erfahrung machen müssen, daß sie nach diesen Wahlen wieder genauso rasiert werden wie nach den Wahlen von 1994.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ich finde diesen Umgang mit menschlichen Schicksalen schändlich, und ich finde, das ist für die Demokratie und für das Ansehen demokratischer Institutionen mittlerweile auch gefährlich.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Man darf nicht für das Leben der Menschen entscheidende Fragen so ungeniert - ich bin sicher, daß das am Ende erfolglos sein wird - abhandeln.

    (Dr.-Ing. Paul Krüger [CDU/CSU]: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit, Herr Scharping!)

    - Herr Krüger, Sie reden davon, daß ich bei der Wahrheit bleiben soll. Wenn Sie nur einen einzigen Satz der Kritik geäußert hätten - Sie kritisieren in internen Runden manchmal die Politik, die Sie hier bejubeln -, wäre das in Ordnung. Diese Art, sich zu verhalten, akzeptiere ich nicht,

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    nämlich, daß man sich in internen Runden kritisch äußert und dann hier im Bundestag so tut, als gäbe es da nichts zu kritisieren.

    (Dr.-Ing. Paul Krüger [CDU/CSU]: Woher wollen Sie das denn wissen?)

    Herr Bundeskanzler, das ist doch nicht der einzige Punkt. Wenn Sie klare Worte einfordern, hätten Sie selber eines sagen können, nämlich daß die bayerische Forderung nach einer Regionalisierung der Krankenversicherungsbeiträge ins Herz der Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen und der ostdeutschen Arbeitsplätze zielt.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Forderung hätten Sie zurückweisen müssen. Sie als Wahlkämpfer sind ja Vorsitzender eines Klubs, der mittlerweile partikulare Interessen und Interessen auf Grund von Landtagswahlen schon nicht mehr bündeln kann, geschweige denn irgend etwas anderes.
    Sie hätten doch einen Satz zu der Debatte über den Länderfinanzausgleich sagen müssen. Haben wir denn nicht 1993 hier in Bonn zusammengesessen und haben damals nicht insbesondere die Herren Waigel, Streibl und Scharping einen Länderfinanzausgleich vereinbart, von dem wir uns versprochen haben, daß er bis weit über das Jahr 2000 hinaus gelten soll?
    Wenn der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland nicht in der Lage ist, zu solchen Dingen, zu den wirklichen Bedrohungen für die deutsche
    Einheit, ihre Finanzierung und ihre innere Gestalt Stellung zu nehmen, dann - so finde ich - wird ganz offenkundig: Hier wird nichts anderes gemacht, als mit vordergründigen Konflikten ein Wahlkampf inszeniert, der nicht mehr der Zukunft des deutschen Volkes dient, sondern allenfalls der Rechtfertigung eines Bundeskanzlers. Sonst dient er niemandem mehr.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich müßte den Streit über den Solidaritätszuschlag erwähnen, und dann müßte ich eigentlich noch etwas zu Herrn Westerwelle

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was? Wer ist das denn?)

    und zu Herrn Hauser und zu anderen sagen.
    Ich bin übrigens, was die Aussagen in Ihrer Rede zu den Ostdeutschen, ihren Leistungen, ihren Fähigkeiten, sich selbst und ihre Interessen zu organisieren angeht und dem Respekt vor ihren Leistungen betrifft, ganz mit Ihnen einverstanden. Aber, Entschuldigung, warum berufen Sie dann einen Regierungssprecher, der das genaue Gegenteil signalisiert?

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Und der sich nicht distanziert!)

    Warum das? Warum sagen Sie dazu kein Wort? Sie haben das damals schon in der Debatte vermieden; Sie haben es heute erneut vermieden.
    Herr Bundeskanzler, wenn jemand in Ihrer Amtszeit die Ergebnisse der eigenen Politik und die Verantwortung dafür hinter so billigen Angriffen auf die Opposition versteckt, dann macht er sich so klein, wie er sich auch fühlt.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich muß Ihnen sagen: Das wird dem, was wir mit Blick auf die Zukunft unseres Landes und auf die Zukunft der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger zu besprechen haben, nicht gerecht.
    Jawohl, die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch ihre Kinder, mußten viel aushalten - nicht nur die Diktatur, nicht nur die schweren Nachteile, die sich daraus ergeben haben, sondern danach auch einen zwar hoffnungsvollen, aber auch ungewöhnlich schwierigen, außerordentlich schnellen, tiefgreifenden Wandel. Warum, Herr Bundeskanzler, können wir nicht einmal der Frage nachgehen, warum jetzt - leider nicht nur in Sachsen-Anhalt - junge Männer beginnen, in einem politisch völlig inakzeptablen, zugleich aber auch hilflosen Protest rechtsradikal zu wählen? Warum, Herr Bundeskanzler, können wir nicht einmal gemeinsam der Frage nachgehen: Welches waren denn die Erfahrungen der Eltern, die nach Hause gekommen sind beim Fall der Mauer, bei der Einführung der gemeinsamen Währung, bei der Schaffung der staatlichen Einheit und die von ihren Hoffnungen, von ihren Wünschen

    Rudolf Scharping
    nach Freiheit und Wohlstand voller Begeisterung und voller Vertrauen erzählt haben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und alles ist erfüllt worden!)

    Und was war dann wenige Jahre später,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Alles erfüllt worden!)

    als die ersten Betriebe abgewickelt worden waren, die Eltern arbeitslos oder im Kampf um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und die Kinder auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz waren, den zu finden - wenn überhaupt - verdammt schwer ist? Was ist denn danach passiert?
    Wer sich nicht klarmacht, was angesichts solcher ökonomischer, sozialer und auch kultureller Belastungen in den Herzen von Menschen geschieht, wer sich nicht klarmacht, was zum Beispiel das Fehlen einer breitangelegten kirchlichen Jugendarbeit oder anderes bedeutet, der redet am Ende so, wie Sie geredet haben: billig, polemisch, parteipolitisch und nicht auf die Zukunft und auf die Menschen bezogen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es ist richtig: Die Menschen in Ostdeutschland haben Respekt verdient. Aber genauso richtig ist: Der Respekt, den wir von hier aus bekunden, reicht nicht aus. Es müssen auch entsprechende Taten folgen. Sie können doch nicht bemänteln, daß Sie noch vor zwei Jahren hier im Deutschen Bundestag zum Beispiel sozialdemokratische Forderungen nach einem Vorziehen öffentlicher Investitionen für die Schaffung von Arbeitsplätzen abgelehnt haben.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Richtig!)

    Wir haben das gefordert, damit Arbeitsplätze entstehen können. Das können Sie doch nicht abstreiten. Jetzt versuchen Sie, das als eigene Leistung zu verkaufen. Die kommt, aber sie kommt einige Jahre zu spät.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie können doch nicht abstreiten, daß Sie hier im Deutschen Bundestag mehrfach eine aktive, auch auf Kontinuität gerichtete Arbeitsmarktpolitik abgelehnt haben. Statt dessen fahren Sie die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach Wahlterminen rauf und runter und nicht nach den Erfordernissen von Menschen und ihrer Zukunft.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Sie können doch nicht abstreiten, daß Sie hier im Deutschen Bundestag die Stärkung der Finanzkraft ostdeutscher Gemeinden immer wieder behindert und abgelehnt haben, obwohl jeder weiß, wie dringend notwendig das im Hinblick auf Jugendarbeit und im Hinblick auf das soziale oder kulturelle Umfeld gerade von Jüngeren ist. Statt dessen ziehen Sie hier Vergleiche, von denen Ihr Parteifreund, der frühere DDR-Ministerpräsident de Maizière, sagt: Dann kann ja Peter Hintze gleich Gregor Gysi ins CDU-Tor stellen.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Schlimm ist jedoch, daß dies nicht nur Vergleiche sind, sondern Gleichsetzungen. Ich muß Ihnen in aller Ruhe, aber auch in aller Deutlichkeit sagen: Man muß manches mit Blick auf Ostdeutschland sicherlich auch kritisch diskutieren.

    (Dr.-Ing. Paul Krüger [CDU/CSU]: SachsenAnhalt!)

    Aber ich lasse mir von Menschen, die ihr Amt als Bundeskanzler der Tatsache verdanken, daß sie Blockparteien und deren Mitglieder einverleibt haben, nichts über Demokratie und Anstand in der Politik sagen - von ihnen nicht! -

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Zurufe von der CDU/CSU Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sie sind aber auf dem Boden der Demokratie angekommen!)

    und dies schon gar nicht, wenn sie beispielsweise Menschen hier im Hause nur in billiger Weise angreifen, es versäumen, etwas zu der Rolle von Bürgerrechtlern zu sagen und dann die Sozialdemokratie an den Pranger stellen wollen, deren Ost-, Deutschland-und Entspannungspolitik sie doch von 1982 an dankenswerterweise kontinuierlich fortgesetzt haben. Sie haben doch fortgesetzt, was Willy Brandt und Helmut Schmidt begonnen hatten.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Warum müssen Sie dies alles jetzt, drei Monate vor der Wahl, im Wahlkampf scheinbar wieder in Abrede stellen? Sie haben es fortgesetzt, zum Teil sogar verstärkt. Auch deswegen lasse ich mir in dieser Frage von Ihnen nichts sagen. Denn die SPD-Bundeskanzler haben Erich Honecker keinen roten Teppich ausgerollt.

    (Beifall bei der SPD Zurufe von der CDU/ CSU: Was hat Herr Schröder gemacht? „Lieber Egon! ")

    Wir alle wissen, daß dieser Teil der Debatte eher nach hinten gerichtet ist, eher der Rechtfertigung dient und am besten den Historikern überlassen bleibt, die uns vielleicht in Zukunft etwas Vernünftiges dazu sagen können. Mir geht es um etwas anderes, nämlich darum, deutlich zu machen, daß der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland nicht vor den Ergebnissen seiner eigenen Politik davonlaufen kann. Die Menschen werden Ihnen das nicht erlauben.

    (Beifall bei der SPD)

    Mir geht es darum, deutlich zu machen, daß Sie auf Dauer keinen Erfolg damit haben können, wenn Sie Propaganda gegen das Wissen und gegen die Alltagserfahrung der Menschen machen. Mir geht es damm, klarzumachen, daß Solidarität nicht nur eine

    Rudolf Scharping
    finanzielle Frage ist, sondern auch eine Frage der inneren Haltung, der Geistesverfassung, die man hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau die haben Sie nicht!)

    Im übrigen geht es mir darum, deutlich zu machen, daß man in Deutschland mit Blick auf die Zukunft Entscheidungen treffen muß, die für alle Menschen hilfreich sind. Die Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden, damit die Finanzierung der deutschen Einheit auf eine gerechte und wirtschaftlich vernünftige Grundlage gestellt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Steuersätze müssen gesenkt und allerlei Möglichkeiten der Steuerkürzungen müssen gestrichen werden, damit jeder seinen angemessenen Teil zur Finanzierung der deutschen Einheit und zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben beiträgt.

    (Beifall bei der SPD)

    Schließlich muß dafür gesorgt werden, daß wir durch einen fairen Ausgleich von Interessen der - wie wir es nennen - höchsten Priorität, nämlich dem Aufbau im Osten Deutschlands, gerecht werden, und zwar nicht nur um wirtschaftlichen Ausgleich und innere Einheit, sondern auch um stabile Demokratie und neue Faszination, neue Glaubwürdigkeit für Demokratie zu erwerben und schließlich um Sie, Herr Bundeskanzler, nicht auf dem Weg in eine dumme, kleinkarierte Propaganda zu begleiten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir haben nicht die Absicht, das zu tun. Wir werden es nicht tun. Wenn heute morgen das Amt des Wahlkämpfers das Amt des Bundeskanzlers völlig in den Hintergrund gestellt hat, wenn also das Amt des Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland geistig verwaist ist, dann wird es Zeit, daß es mit einem neuen Inhaber besetzt wird.

    (Beifall bei der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU)