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    Plenarprotokoll 13/235 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 235. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1998 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 21483 A Abwicklung der Tagesordnung 21508 B Absetzung des Punktes 13 von der Tagesordnung 21634 A Tagesordnungspunkt 3: Wohnungspolitische Debatte a) Unterrichtung durch die Bundesregierung Wohngeld- und Mietenbericht 1997 (Drucksache 13/10384) 21483 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit (Drucksache 13/10141) 21483 D c) Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Regelungen - Wohngeldanpassungsgesetz (Drucksachen 13/8961, 13/9847, 13/10446) 21483 D d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Andrea Fischer (Berlin), Gerd Poppe und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Änderung der Wohngeldverordnung zur Neueinstufung Berlins in Mietenstufe IV (Drucksachen 13/9664, 13/10379) 21484 A e) Antrag der Abgeordneten Achim Großmann, Wolfgang Behrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Verbrauchsabhängige Wasserkostenabrechnung (Drucksache 13/8761) . . 21484 B Eduard Oswald, Bundesminister BMBau . 21484 B Achim Großmann SPD . . . . 21486 C, 21490 C Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . 21490 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21491 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 21492 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 21494 D Werner Dörflinger CDU/CSU 21496 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21497 B, 21499 B Gabriele Iwersen SPD 21498 D Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU 21499 D Eugen Wagner, Senator (Hamburg) . . 21500 B Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 21502 D, 21504 C Dr. Barbara Hendricks SPD 21504 B Dr. Michael Vesper, Minister (Nordrhein-Westfalen) 21505 B Josef Hollerith CDU/CSU 21506 C Tagesordnungspunkt 4: a) Große Anfrage der Abgeordneten Elke Ferner, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Stauvermeidung und Umweltschonung durch Effizienzsteigerung im Straßenverkehr (Drucksachen 13/5869, 13/8627) 21508 B b) Antrag der Abgeordneten Elke Ferner, Wolfgang Behrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Stauvermeidung und Umweltschonung durch eine effizientere Verkehrspolitik (Drucksache 13/10267) . 21508 B c) Beschlußempfehung und Bericht des Ausschusses für Verkehr - zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), Helmut Wilhelm (Amberg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik I: Eine umfassende Revision des Bundesverkehrswegeplans ist dringend erforderlich - zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), Helmut Wilhelm (Amberg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik II: Verkehr gestalten statt Verkehrschaos verwalten (Drucksachen 13/7526, 13/7527, 13/ 10591) 21508 C Elke Ferner SPD 21508 D, 21525 C Georg Brunnhuber CDU/CSU 21511 D Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21513 C Horst Friedrich F.D.P. 21515 B, 21523 D Dr. Winfried Wolf PDS 21518 A Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär BMV 21519 C Siegfried Scheffler SPD . . . . 21521 B, 21524 A Renate Blank CDU/CSU . . . . 21524 B, 21526 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21526 C Roland Richter CDU/CSU 21527 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21527 D Berthold Wittich SPD 21529 A Wolfgang Gröbl CDU/CSU 21530 C Dr. Winfried Wolf PDS (Erklärung nach § 31 GO) 21533 A Tagesordnungspunkt 22: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (§§ 40a, 51, 79), des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (Artikel 293) und der Strafprozeßordnung (§§ 407, 459 k) - Gesetz zur Einführung der gemeinnützigen Arbeit als strafrechtliche Sanktion (Drucksache 13/10485) 21533 C b) Antrag der Abgeordneten Marion Caspers-Merk, Dr. Liesel Hartenstein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Chancen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes nutzen (Drucksache 13/9952) 21533 C c) Antrag der Abgeordneten Hans Martin Bury, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Hochwertige Postdienstleistungen flächendeckend sichern (Drucksache 13/10210) 21533 D d) Antrag der Abgeordneten Dr. Marliese Dobberthien, Margot von Renesse, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Novellierung des Familiennamensrechts (Drucksache 13/10212) . . . 21533 D e) Antrag der Abgeordneten Gabriele Iwersen, Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Vorlage eines vierten Berichtes über Schäden an Gebäuden (Drucksache 13/10449) 21533 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe (Drucksache 13/9717) 21534 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (Drucksache 13/10484) . 21534 A Tagesordnungspunkt 23: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Anpassung der Bedarfssätze der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Erstes Berufsausbildungsbeihilfe-Anpassungsgesetz) (Drucksachen 13/10110, 13/10631, 13/10632) . 21534 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Erster Bericht nach § 70 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch i. V. m. § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze der Berufsausbildungsbeihilfe (Drucksachen 13/9589, 13/10631) . . 21534 C d) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes (Drucksachen 13/9350, 13/10614) 21534 D e) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Erwin Marschewski, Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Max Stadler und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 13/8884, 13/10479) 21535 A f) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes (Drucksachen 13/10283, 13/10581) 21535 B g) Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Manfred Müller (Berlin) und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung der Beschäftigten des Bundes mit den Beschäftigten des Landes im Land Berlin (Drucksachen 13/1383, 13/4008) 21535 C h) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Ludwig Elm, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus - (Drucksachen 13/7287, 13/9666) . . . 21535 D i) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1995 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen sowie dem Zusatzprotokoll (Gesetz zum PfP-Truppenstatut) (Drucksachen 13/9972, 13/10545 [neu]) 21536 A j) - Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 10. April 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (Drucksachen 13/9529, 13/10481) 21536 B - Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Juni 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Ungarn über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (Drucksachen 13/10114, 13/10481) 21536 C k) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Mai 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Kirgisischen Republik über den Luftverkehr (Drucksachen 13/9852, 13/10511) 21536 D 1) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. September 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Macau über den Luftverkehr (Drucksachen 13/9853, 13/10512) 21536 D m) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. Februar 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Litauen über den Luftverkehr (Drucksachen 13/9854, 13/10513) 21537 A n) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. Juni 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/9957, 13/10514) 21537 B o) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 22. Oktober 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Burkina Faso über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/ 9959, 13/10515) 21537 B p) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. August 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Volksrepublik Laos über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/ 9958, 13/10529) 21537 C q) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Bläss, Dr. Willibald Jacob, Dr. Winfried Wolf und der Gruppe der PDS Auswertung und Umsetzung der Dokumente des Weltsozialgipfels (Drucksachen 13/1586, 13/6546) 21537 C r) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Birgit Homburger, Dr. Rainer Ortleb, Günther Bredehorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P. zu der Erklärung der Bundesregierung 10 Jahre Tschernobyl - zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Behrendt, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD 10. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl - zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Schönberger, Michaele Hustedt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ergebnisse des Atomgipfels in Moskau - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Umsetzung des Arbeitsprogramms der Bundesregierung zu den sicherheits-, gesundheits-, forschungs- und energiepolitischen Folgen aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl vom 19. März 1996 (Drucksachen 13/4446, 13/4447, 13/4442, 13/4453, 13/4469 Nr. 4, 13/5797) . . . 21537 D s) 19. Beschlußempfehlung und Bericht des Wahlprüfungsausschusses zu dem Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Berufung eines Listennachfolgers gem. § 48 Bundeswahlgesetz (Drucksache 13/10578) 21538 B Dieter Wiefelspütz SPD (Erklärung nach § 31 GO) 21538 B t) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Marion Caspers-Merk, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Eckpunkte für eine Elektronikschrottverordnung (Drucksachen 13/7561, 13/10478) 21539 A u) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen, die bei bestimmten industriellen Tätigkeiten bei der Verwendung organischer Lösungsmittel entstehen (Drucksachen 13/7306 Nr. 2.25, 13/10531) . . 21539 A v) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1998 Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 09 - Zusätzlicher Zuschuß des Bundes an die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten - (Drucksachen 13/10146, 13/10258 Nr. 8, 13/10557) 21539 C w) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses Sammelübersichten 338, 339, 340, 341 und 342 zu Petitionen (Drucksachen 13/10547, 13/10548, 13/ 10549, 13/10550, 13/10551) 21539 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 15/98 des Rates vom 12. Februar 1998 im Hinblick auf den Erlaß der Richtlinie 98/... /EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen (Drucksachen 13/10487 Nr. 3.1, 13/10634) 21540 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (Drucksachen 13/8796, 13/9070, 13/9351, 13/9822, 13/10094, 13/10638) 21540 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Reform des Güterkraftverkehrsrechts) (Drucksachen 13/9314, 13/9437, 13/10037, 13/10291, 13/10639) . . . . 21540 C Tagesordnungspunkt 5: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksachen 13/9720, 13/10633) 21540 D Hartmut Schauerte CDU/CSU 21541 A Siegmar Mosdorf SPD 21542 D Dr. Uwe Jens SPD 21543 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21547 A Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 21549 A Rolf Kutzmutz PDS 21552 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 21554 A Uwe Hiksch SPD 21555 D Friedhelm Ost CDU/CSU 21557 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Rentendiskussion in der SPD vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen des stellvertretenden IG Metall-Vorsitzenden Riester 21560 B Dr. Gisela Babel F.D.P 21560C, 21581 A Rudolf Dreßler SPD 21561 B, 21577 D Volker Kauder CDU/CSU 21562 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21563D, 21579 C Petra Bläss PDS 21565 A, 21581 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 21565 D, 21575 D Julius Louven CDU/CSU 21567 D Ottmar Schreiner SPD 21569 A Dr. Guido Westerwelle F D P. 21570 A Ulrike Mascher SPD 21571 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . 21572 B Gerd Andres SPD 21573 A Manfred Grund CDU/CSU 21574 C Wolfgang Vogt (Düren) CDU/CSU . . 21577 A Andreas Storm CDU/CSU 21578 D Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Forschungs-PersonalkostenzuschußProgramm (FOPEP) für kleine und mittlere Unternehmen (Drucksache 13/10360) 21582 B b) Antrag der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Ursula Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Simone Probst, Dr. Manuel Kiper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Programm zur Förderung nichtstaatlicher Forschungsinstitute in der interdisziplinären Umweltforschung (Drucksache 13/10265) 21582 C c) Antrag der Abgeordneten Bodo Seidenthal, Edelgard Bulmahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Strategische Neuorientierung der europäischen Forschungs- und Technologiepolitik (Drucksache 13/10562) 21582 C d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für einen Beschluß des Europäischen Parlaments und des Rates über das Fünfte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration (1998-2002) Vorschlag für einen Beschluß des Rates über das Fünfte Rahmenprogramm der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) für Maßnahmen im Bereich der Forschung und Ausbildung (1998-2002) - zu dem Antrag der Abgeordneten Simone Probst, Dr. Angelika Köster-Loßack, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Neue Perspektiven für die europäische Forschungspolitik - zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Lenzer, Hans-Otto Schmiedeberg und der Fraktion der CDU/ CSU sowie des Abgeordneten Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann und der Fraktion der F.D.P. 5. Rahmenprogramm Forschung der EU mit strategischer Schwerpunktsetzung zur Überwindung von Innovationsdefiziten in Europa (Drucksachen 13/8106 Nr. 2.1, 13/6411, 13/8855, 13/9319) 21582 D Edelgard Bulmahn SPD 21583 A Hans-Otto Schmiedeberg CDU/CSU . 21585 A Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21586 D Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . 21588 A Maritta Böttcher PDS 21591 A Dr. Gerhard Päselt CDU/CSU 21592 B Heinz Schmitt (Berg) SPD 21594 A Elke Wülfing, Parl. Staatssekretärin BMBF 21595 B Bodo Seidenthal SPD 21597 A Elke Wülfing CDU/CSU 21598 A Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . 21598 C Tagesordnungspunkt 20: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Weiermann, Ernst Schwanhold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Montanunion-Vertrag über das Jahr 2002 fortschreiben (Drucksachen 13/ 3526, 13/6722) 21599 D Wolfgang Weiermann SPD 21600 A Thomas Rachel CDU/CSU 21601 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21603 A Paul K. Friedhoff F.D.P 21604 A Hanns-Peter Hartmann PDS 21604 D Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 21605 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 21606 B Hans-Eberhard Ubaniak SPD . . . 21606 C Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Christa Nickels, Cern Özdemir und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Verweigerungsrecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Produktion und Verbreitung rechtsextremer Propaganda (Drucksache 13/9710) 21606 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21607 A Helmut Heiderich CDU/CSU 21607 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21608 B Doris Barnett SPD 21609 D Dr. Gisela Babel F.D.P 21611 B Tagesordnungspunkt 9: - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksachen 13/10242, 13/10344, 13/10575) . . . . 21612 A - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Marliese Dobberthien, Christel Hanewinckel, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des geschlechtsbedingten arbeitsrechtlichen Benachteiligungsverbots an das EU-Recht (Drucksache 13/7896, 13/10575) 21612 A - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Marieluise Beck (Bremen), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchsetzung der Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen (Drucksache 13/9525, 13/10575) . . . 21612 B - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Marieluise Beck (Bremen), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen in der Erwerbsarbeit (Drucksachen 13/9526, 13/10575) . . 21612 B Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . 21612 C Dr. Marliese Dobberthien SPD 21613 C Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21615 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 21616 D Christina Schenk PDS 21617 C Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA 21618 B Zusatztagesordnungspunkt 8: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter (Drucksachen 13/ 10158, 13/10637) 21619 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr - zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gefährdung durch Gefahrguttransporte minimieren (Drucksachen 13/9449, 13/9849, 13/ 10637) 21620 A Hubert Deittert CDU/CSU 21620 A Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . 21621 B Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21623 B Dr. Winfried Wolf PDS 21624 A Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMV 21640 D Tagesordnungspunkt 19: a) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS Einführung einer Steuer auf spekulative Devisenumsätze (Tobin-Steuer) - zu dem Antrag der Abgeordneten Ludger Volmer, Dr. Helmut Lippelt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Einführung einer spekulationsdämpfenden Steuer auf Währungstransaktionen (Tobinsteuer) (Drucksachen 13/9337, 13/9597, 13/ 10465) 21626 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für apothekenpflichtige Arzneimittel auf 7 Prozent - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS Besteuerung von Luxusgegenständen - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Leistungen (Drucksachen 13/9759, 13/9760, 13/ 9790, 13/10618) 21626 C Dr. Barbara Höll PDS 21626 D Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21628 A Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz) (Drucksachen 13/9594, 13/10643) 21629 B Tagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerd Poppe, Dr. Angelika KösterLoßack, Dr. Helmut Lippelt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (Drucksachen 13/9339, 13/9913, 13/10036, 13/10543) 21629 C Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz) (Drucksachen 13/1208, 13/10587) . 21630 A Christa Lörcher SPD 21630 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21632 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 21633 A Heidemarie Lüth PDS 21633 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 21634 A Tagesordnungspunkt 14: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fremdenverkehr und Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Roll Olderog, Klaus Riegert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Olaf Feldmann, Birgit Homburger und der Fraktion der F.D.P. Sporttourismus, neuartige Sportaktivitäten und Umweltschutz (Drucksachen 13/10017, 13/10582) 21634 B Tagesordnungspunkt 15: Große Anfrage der Abgeordneten Rita Grießhaber, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mädchenpolitik (Drucksachen 13/6799, 13/9509) 21634 C Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats vom 5. November 1992 (Drucksachen 13/10268, 13/10613) 21634 D Christel Deichmann SPD 21635 A Editha Limbach CDU/CSU 21635 D Manfred Carstens, Parl. Staatssekretär BMI 21637 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21638 A Lisa Peters F D P. 21639 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 21640 B Dr. Rolf Niese SPD 21641 C Dr. Barbara Höll PDS 21642 A Nächste Sitzung 21642 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 21643 * A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ludwig Elm (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus . . . . 21643 * C Anlage 3 Erklärung der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (PDS) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes . . 21644 * B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 8 (Antrag: Verweigerungsrecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Produktion und Verbreitung rechtsextremer Propaganda) Ulla Jelpke PDS 21644* C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 8 (a) - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter b) - Anträge: Gefährdung durch Gefahrguttransporte minimieren) Horst Friedrich F.D.P. 21645 * B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 19 (Anträge zur Tobin-Steuer, Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für apothekenpflichtige Arzneimittel auf 7 Prozent Besteuerung von Luxusgegenständen, Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Leistungen) Lydia Westrich SPD 21645* D Gisela Frick F.D.P 21647* A Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Transfusionsgesetz) Dr. Harald Kahl CDU/CSU 21648* B Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 21649* B Dr. Dieter Thomae F.D.P 21650* A Horst Schmidtbauer (Nürnberg) SPD . 21650* C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21652* B Dr. Ruth Fuchs PDS 21653* A Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Entschließungsantrag zu der Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Amsterdam) Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . . 21653* C Klaus Francke (Hamburg) CDU/CSU . . 21654 * C Ulrich Irmer F.D.P 21655* D Dr. Eberhard Brecht SPD 21656* C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21657* C Steffen Tippach PDS 21658* B Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Altenpflegegesetz) Klaus Riegert CDU/CSU 21658* D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Antrag: Sporttourismus, neuartige Sportaktivitäten und Umweltschutz) Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 21660* B Klaus Riegert CDU/CSU 21661* C Dr. Olaf Feldmann F.D.P 21662* B Susanne Kastner SPD 21663* D Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21664* A Christina Schenk PDS 21665* A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 21665* C Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Große Anfrage betr. Mädchenpolitik) Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 21666* A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 21667* B Ulla Schmidt (Aachen) SPD 21667* D Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21669* C Rosel Neuhäuser PDS 21670* C Annegret Kramp-Karrenbauer CDU/CSU 21671* A Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 16 (Entwurf eines Gesetzes zu der Europäischen Charta der Regionaloder Minderheitensprache des Europarates vom 5. November 1992) Ulla Jelpke PDS 21672* A 235. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1998 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 12 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Behrendt, Wolfgang SPD 7. 5. 98 ' Berger, Hans SPD 7. 5. 98 Bierstedt, Wolfgang PDS 7. 5. 98 Blunck, Lilo SPD 7. 5. 98 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 7. 5. 98 * Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 7. 5. 98 Peter Harry Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 7. 5. 98 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 7. 5. 98 Duve, Freimut SPD 7. 5. 98 Engelmann, Wolfgang CDU/CSU 7. 5. 98 Haack (Extertal), SPD 7. 5. 98 ' Karl Hermann Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 7. 5. 98 Helling, Detlef CDU/CSU 7. 5. 98 Heyne, Kristin BÜNDNIS 7. 5. 98 90/DIE GRÜNEN Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 7. 5. 98 Kanther, Manfred CDU/CSU 7. 5. 98 Keller, Peter CDU/CSU 7. 5. 98 * Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 7. 5. 98 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 7. 5. 98 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 7. 5. 98 Lenzer, Christian CDU/CSU 7. 5. 98 ' * Dr. Leonhard, Elke SPD 7. 5. 98 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 7. 5. 98 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 7. 5. 98 * * Raidel, Hans CDU/CSU 7. 5. 98 Reinhardt, Erika CDU/CSU 7. 5. 98 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 7. 5. 98 Schily, Otto SPD 7. 5. 98 Dr. Schmidt-Jortzig, F.D.P. 7. 5. 98 Edzard Schöler, Walter SPD 7. 5. 98 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 7. 5. 98 90/DIE GRÜNEN Schulz (Berlin), BÜNDNIS 7. 5. 98 Werner 90/DIE GRÜNEN Siebert, Bernd CDU/CSU 7. 5. 98 * Terborg, Margitta SPD 7. 5. 98 Vosen, Josef SPD 7. 5. 98 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 7. 5. 98 * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ludwig Elm (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus Ich stimme gegen die Beschlußempfehlung des Innenausschusses, den von der Gruppe der PDS vorgelegten Gesetzentwurf über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai abzulehnen. Die in der ersten Lesung des Gesetzentwurfes am 24. April 1997 vorgetragenen Argumente gegen den Entwurf und der darauf gründende Vorschlag zur Ablehnung entkräften nicht die von unserer Seite, von vielen Bürgerinnen und Bürgern im Lande und in anderen Ländern seit Jahrzehnten für die Würdigung dieses Tages unterbreiteten Beweggründe. Der 8. Mai 1945 ist eines der herausragenden Daten der europäischen und Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Er bezeichnet einen tiefen und über Generationen nachhaltigen Einschnitt in epochalen Prozessen und Konflikten. Seine Vorgeschichte wurzelt vor allem im deutschen Kaiserreich, im Ersten Weltkrieg, im Scheitern der Weimarer Republik sowie in der Einrichtung des nationalsozialistischen Verbrecherstaates und der von ihm betriebenen Rüstungs-, Eroberungs- und Vernichtungspolitik. Dem 8. Mai gebührt der ihm zukommende Platz in einer deutschen und europäischen Gedenkkultur, die vom bewußten und radikalen Bruch mit allem, was zu Drittem Reich und Zweitem Weltkrieg führte, ausgeht und sich dieses Standpunkts immer wieder zu vergewissern bestrebt ist. Ein Gedenktag 8. Mai erübrigt sich nicht durch den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, der in der Bundesrepublik seit 1996 jeweils am 27. Januar - dem Tag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die sowjetische Armee - begangen wird. Vielmehr ergänzt er diesen mit der besonderen Würdigung der Leistungen der Antihitlerkoalition und aller Ströme des weltweiten antifaschistischen Widerstands- und Befreiungskampfes. Es ist damit auch ein wirklich internationaler Gedenktag, der im europäischen Einigungsprozeß und einem nicht auf Kapitalverwertung reduzierten Globalismus seinen selbstverständlichen Platz haben sollte. Ich stimme gegen die Beschlußempfehlung des Innenausschusses, weil sie den Erfordernissen der Geschichtsdiskussion in diesem Lande abträglich ist. Ein Gedenktag 8. Mai kann dazu beitragen, die Öffentlichkeit für die damaligen Ereignisse und Lektionen zu sensibilisieren; er vermag neue Forschungen und kreativen Wettstreit zu kritischer Geschichtsaufarbeitung anzuregen und zu fördern. Mit einem umfassenden Wissen über NS-Diktatur und Zweiten Weltkrieg wird den grassierenden rechtskonservativen, nationalistischen und neonazistischen Bestrebungen entgegengewirkt, die weltgeschichtliche Einzigartigkeit der Nazibarbarei und ihrer Verbrechen gegen die Menschheit zu bestreiten oder zu relativieren. Das gilt auch für die politisch willkürliche Instrumentalisierung der Geschichte gegen den jeweiligen politischen Gegner. Beispielsweise wenn der Kanzler und CDU-Vorsitzende angesichts des Wahlerfolgs der DVU am 26. April 1998 in Sachsen-Anhalt die Gefahren des Rechtsextremismus verharmlost und die neofaschistische Partei des Gerhard Frey mit der PDS gleichsetzt. Das ist eine politisch-moralische Begünstigung des Rassismus und Neonazismus. Dabei wäre doch vor allem an die Nähe rechtskonservativer und neonazistischer Programmatik, aber auch an Freys Beziehung zu Ministern und weiteren Politikern der CSU sowie daran zu erinnern, daß der Ehrenvorsitzende der Bundestagsfraktion der CDU/CSU in einem Sammelband mit Frey und Schönhuber, flankiert von Herrn Lummer, publizierte. Ich lehne die Beschlußvorlage auch deshalb ab, weil sie ungeeignet ist, wirkungsvoll der Diskriminierung von antifaschistischen Traditionen, Verbänden und Initiativen - nicht zuletzt der jungen Generation - entgegenzutreten. Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz 1997 vorgelegte Dokumentation über die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) bezeugt einen in der Bundesrepublik überlieferten Ungeist, der in anderen westeuropäischen Demokratien erfreulicherweise seinesgleichen vergeblich sucht. Die Annahme des Gesetzentwurfs unserer Gruppe für einen Gedenktag 8. Mai könnte dazu beitragen, den offensichtlichen deutschen Sonderweg in Geschichtsideologie, Gedenkkultur und Politik im Interesse eines auf Dauer vom Faschismus befreiten Europa zu überwinden. Anlage 3 Erklärung der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (PDS) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (Seite 21540 C) Sehr geehrter Herr Präsident, ich bitte Sie, eine Korrektur des Abstimmungsverhaltens der Gruppe der PDS zur Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (Drucksachen 13/8796, 13/9070, 13/9351, 13/9822, 13/10094, 13/10638) vorzunehmen. Da die Gruppe der PDS nicht im Vermittlungsausschuß vertreten ist, kam es zu einem Übermittlungsfehler und in diesem Zusammenhang zu einem fehlerhaften Abstimmungsverhalten. Die Gruppe der PDS hätte dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes zugestimmt. Wir bitten um eine entsprechende Korrektur im Protokoll des Deutschen Bundestages. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 8 (Antrag: Verweigerungsrecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Produktion und Verbreitung rechtsextremer Propaganda) Ulla Jelpke (PDS): Der vorliegende Antrag der Bündnisgrünen greift ein wichtiges Problem auf. Arbeitnehmerinnen und BeamtInnen, die rechtsextreme Propaganda produzieren oder vertreiben müssen, haben entsprechend der jetzt gültigen gesetzlichen Regelungen keine Möglichkeit, sich erfolgreich dagegen zur Wehr zu setzen. Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Der Antrag bezieht sich - meiner Meinung nach zu Recht - auf das „Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung". Diese wird definiert als „jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, daß dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausüben von Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird. " Ich frage Sie: Handelt es sich bei der geplanten Veränderung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht auch um eine Form der „Rassendiskriminierung"? Ist die dort vorgesehene Regelung, derzufolge allen ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern keinerlei Leistung mehr gewährt werden soll, mit den Prinzipien zu vereinbaren, die im Internationalen Übereinkommen festgeschrieben sind? Ist die bereits jetzt geltende Regelung, derzufolge im Bundesgebiet lebende Flüchtlinge keine ärztliche Versorgung mehr erhalten, mit diesen Prinzipien zu vereinbaren? Das „Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung" sollte nicht nur in Bezug auf rechtsextreme Propaganda zum Maßstab politischen Handelns gemacht werden, sondern auch hinsichtlich des Umgangs mit Ausländerinnen und Ausländern. Um auf den vorliegenden Antrag zurückzukommen. Ich unterstütze das Anliegen der Bündnisgrünen, den Arbeitnehmerinnen und BeamtInnen eine Rechtssicherheit zu geben, habe jedoch Zweifel an der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme. Ich erinnere daran, daß sich vor einigen Jahren die Briefträgerinnen in Bremen geweigert haben, Postwurfsendungen der DVU zu verbreiten. Die Deutsche Postgewerkschaft hat damals bei der Bundesregierung angefragt, ob denn die Verbreitung rechtsextremer Propaganda nicht von staatlicher Seite aus verboten werden müsse. Der für diese Fragen zuständige Parlamentarische Staatssekretär antwortete sinngemäß: Ja, die Verbreitung volksverhetzender Propaganda sei zwar verboten, das propagandistische Material der DVU, welches die Briefträgerinnen dazu veranlaßt hatte, die Postwurfsendung zu boykottieren, habe jedoch keinen volksverhetzenden Charakter. Und da beginnt das eigentliche Problem: Wenn Propagandamaterial, wie es damals in Bremen von der DVU verbreitet worden ist, nicht als „volksverhetzend" gewertet wird, haben die abhängig Beschäftigten kaum die Möglichkeit, sich auf das „Verweigerungsrecht" zu beziehen. Auf ein weiteres Problem möchte ich noch hinweisen. Wirft man einen Blick in das von Astrid Lange verfaßte Buch „Was die Rechten lesen", wird deutlich, wie viele Menschen mittlerweile direkt in die Produktion rechtsextremer Zeitschriften involviert sind oder solche vertreiben. Um nur einige Namen zu nennen: Alte Kameraden, Berliner Nachrichten, Criticón, Der Republikaner, Deutsche Nationalzeitung (130 000er Auflage), Deutsche Rundschau, Deutsche Stimme (190 000er Auflage), Deutsche Wochenzeitung (25 000er Auflage), Deutschland in Geschichte und Gegenwart, Siegfried-Bublies-Verlag ... und viele mehr. Würden die dort abhängig Beschäftigten von ihrem „Verweigerungsrecht" Gebrauch machen, wären sie die längste Zeit dort beschäftigt gewesen. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, daß sich unter den rechtsextrem ausgerichteten Verlagen auch solche befinden, die - zwar vermittelt, aber dennoch - von öffentlichen Mitteln profitieren. So wurde der rechtsextreme SiegfriedBublies-Verlag vom Ostpreußenblatt, dem Organ der Landsmannschaft Ostpreußen, damit beauftragt, einen „Preußischen Mediendienst" einzurichten. Die Bundesmittel, die Jahr für Jahr zugunsten der Vertriebenenverbände gezahlt werden, kommen also einem Verlag zugute, der sich positiv auf den Straßer-Flügel innerhalb der NSDAP bezieht, also in der nationalrevolutionären Tradition steht. Ich fordere die Bundesregierung dazu auf, die Gelder, die der LMO laufend zur Verfügung gestellt werden, umgehend einzufrieren. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 8 (a - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter b - Anträge: Gefährdung durch Gefahrguttransporte minimieren) Horst Friedrich (F.D.P.): Ziel des Gesetzes ist die Umsetzung der für den Gefahrguttransport bestehenden grundsätzlichen Regelungen in den Richtlinien der EU in die deutsche Rechtsordnung. Die dort vorgesehenen Einzelregelungen wurden bereits durch Rechtsverordnung umgesetzt. Mit dem Gesetz werden auch die Grundlagen für die Beratung der BMV auf diesem Gebiet der Entwicklung am Markt angepaßt. Daneben wird das Gesetz nach über 20 Jahren hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlagen für Verordnungen überarbeitet. Zwei Problemfälle waren in der Ausschußberatung zu klären - einerseits die Grenze zwischen dem Tatbestand des Lagers und des einfachen Aufenthaltes während eines Transportvorganges zu ziehen, andererseits Bedenken wegen einer evtl. Überforderung der Landwirtschaft zu zerstreuen. Zum ersten Problem - hauptsächlich für Entlader von Kesselwagen interessant. Die Verhandlungen im Ausschuß haben deutlich gemacht, daß ein Entladen von Kesselwagen an der Schnittstelle Straße/Schiene auch weiterhin möglich ist, ohne daß sich am bisherigen Rechtsumstand zu Ungunsten der Anwender etwas ändern würde. Wenn - betriebsbedingt - ein Transportbehälter über einen Zeitraum von einigen Tagen entladen wird, gehört dies selbstverständlich als Abschlußhandlung noch zur Beförderung. Die gefundene Gesetzesformulierung soll allerdings bewirken, daß keine legale Möglichkeit der „echten" Lagerhaltung in Transportbehältnissen besteht! Für die Landwirtschaft kann ebenfalls Entwarnung gegeben werden. In aller Regel finden dort Transporte unterhalb der vorgesehenen Schwellenwerte statt, so daß eine Kennzeichnungspflicht oder gar die spezielle Fahrerschulung nicht erforderlich ist. Um Befürchtungen der Opposition entgegenzutreten - wir tragen auch die Vorschriften über die Befreiung bestimmter militärischer Transporte mit, weil sie ebenfalls von den entsprechenden Fachkräften begleitet werden. Ich bitte um Unterstützung des Gesetzesantrages. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 19 (Anträge zur Tobin-Steuer, Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für apothekenpflichtige Arzneimittel auf 7 Prozent, Besteuerung von Luxusgegenständen, Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Leistungen) Lydia Westrich (SPD): Sie hat etwas Reizvolles, diese Idee einer Steuer auf spekulative Devisenumsätze. Eine langjährige Idee ist sie zumindest, die immer wieder in vielen Publikationen und Diskussionen auftaucht, wenn es wieder mal Horrormeldungen von den Finanzmärkten regnet. Oder zum Beispiel 1995 auf dem Weltsozialgipfel ist davon die Rede. Selbst der frühere Staatssekretär im Finanzministerium, Kurt Faltlhauser, CSU, hat der Einführung einer Steuer gegen spekulative Devisengeschäfte eine „theoretisch ausgezeichnete Ästhetik" zugesprochen. Ihre Sozialpolitiker, wie Heiner Geißler, holen sich rauschenden Beifall ab, wenn sie eine Be- steuerung von Spekulationsgewinnen fordern. Also, populär ist sie auch, diese Idee. Bei Arbeitnehmern, unseren Leistungsträgern, kommt sie besonders gut an. Die verfolgen staunend, welche immensen Beträge - eintausend Milliarden täglich - auf den internationalen Finanzmärkten gewälzt werden, während es in ihren Lohntüten netto immer knapper zugeht. Und nur weil etwas populär ist, braucht es ja nicht unbedingt schlecht zu sein. Ich bedauere eigentlich sehr, daß wir die Diskussion um diese Anträge von PDS und Bündnis 90/Die Grünen schon in dieser Woche führen. Ende des Monats kommt James Tobin selbst nach Bonn. Es hätte sich sicher gelohnt, mit dem Nobelpreisträger selbst über seinen alten Vorschlag zu diskutieren. Inzwischen gibt es doch kaum einen Zweifel mehr, die globalen Finanzmärkte müssen stärker reguliert werden. Die Lehre, daß nur ein freier Markt ein guter Markt sei, wurde jetzt schon so oft ad absurdum geführt - gezahlt mit dem Verlust von Wohlstand und dem Verlust von Arbeitsplätzen. Die Erkenntnis, daß die Globalisierung und die sehr enge internationale Vernetzung der Finanzmärkte auch eine bessere internationale Zusammenarbeit erforderlich machen, ist Gott sei Dank weit in die Kreise von Politik, Notenbänkern, Wirtschaftsfachleuten vorgedrungen. Die Effizienz der internationalen Finanzmärkte ist oft nicht gewährleistet. Besonders schlimm ist es, daß sie inzwischen zum Teil zu einem Risiko für die Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen, geworden sind. Die Entkopplung von allen fundamentalen realwirtschaftlichen Faktoren schreitet voran. Nur knapp zwei Prozent der Devisenmarktumsätze seien durch Gütertransaktionen, weitere 10 Prozent durch langfristige Kapitaltransaktionen zu erklären. Der Rest beruhe auf Spekulation - soweit das Münchner IfoInstitut. Die Spekulation dominiert heute eindeutig die Umsätze an den Devisenmärkten. Die Entscheidungs- und Anlagenperspektiven der weltweiten Marktteilnehmer werden in sehr bedrohlichem Ausmaß kurzfristiger. Und betrachten wir nochmals, was der frühere Staatssekretär Kurt Faltlhauser dazu gemeint hat, dann lesen wir im „Handelsblatt" vom 9. Mai 1995, zwar sei richtig, daß sich mit einem geringeren Steuersatz eine „merkliche und verhaltensändernde Belastung weitgehend auf sehr kurzfristige und mithin tendenziell eher spekulative Devisengeschäfte beschränken ließe. Doch das beantworte noch nicht die Frage, welcher Steuersatz der richtige sei. " Ich will damit nicht ausdrücken, daß das Finanzministerium und natürlich auch Herr Faltlhauser eine Steuer auf Devisenumsätze je befürwortet hätten. Nein, da war immer eine deutliche Ablehnung. Aber sie ist auch nie als Utopie betrachtet worden. Warum auch wir Sozialdemokraten die Einführung einer solchen Steuer ablehnen, beantwortet der Erfinder dieser Steuer selbst: „Sie soll ein wenig Sand ins Getriebe der internationalen Finanzmärkte streuen", sagt James Tobin. Diese Steuer verteuert und dämpft die Devisentransaktionen voraussichtlich und verringert die ohnehin schon geringen Gewinnmargen für die Spekulanten, das ist richtig. Aber der Nobelpreisträger sagt selbst, daß sie nur wirkt, wenn die wichtigsten Mitgliedstaaten des internationalen Währungsfonds gleichzeitig handeln. Und das glaubt er nach seinen Erfahrungen selbst nicht. Wir haben ja in Europa genug leidvolle Erfahrungen, was die Harmonisierung von Steuern betrifft, denken wir nur an die Zinsabschlagsteuer oder den Abbau von Steueroasen. Eine gleichartige Steuer in 175 Staaten gleichzeitig einzuführen schreckt selbst den größten Optimisten ab. Da haben wir über Ertragshoheit, Verwaltungsmaßnahmen, sprich Praktikabilität, Kontrolle, Sanktionen und so weiter und so weiter, noch gar nicht gesprochen. Wenn die SPD-Fraktion sich also für die Tobin-Tax nicht begeistern kann, heißt das nicht, daß wir der Meinung sind, die internationalen Finanz- und Devisenmärkte sollen einfach weiter sich selbst überlassen bleiben. Ich glaube, wir sind uns alle einig, daß wir internationale Kontrollmöglichkeiten schaffen müssen, um destabilisierenden Währungsspekulationen und Finanztransaktionen Grenzen zu setzen. Die Einführung des Euro ist ein wichtiger Stabilitätsfaktor. So weit haben wir es also geschafft. Am Wochenende treffen sich die Finanzminister, um das G 7-Treffen in Birmingham vorzubereiten. Dort steht die Situation der Finanzmärkte, insbesondere die Asienkrise, wieder auf der Tagesordnung. Jetzt liegt die Asienkrise ja schon einige Zeit zurück. Die Angst vor einer globalen Wirtschaftskrise scheint weitgehend verdrängt zu sein - bis zum nächsten Kollaps. Aber gerade die Dynamik der Finanzmärkte, ihre Übertreibungen und Masseneffekte, zwingt uns doch, endlich zu handeln. Die Staaten sollen die Marktbedingungen bestimmen und nicht umgekehrt. Deshalb muß das Wochenende genutzt werden, um die Einrichtung eines funktionierenden Frühwarnsystems für Turbulenzen auf den Finanz- und Devisenmärkten stärker voranzutreiben. Das ist die Grundvoraussetzung, um mehr Transparenz zu schaffen. Aber es genügt natürlich nicht, um die Bewegungen auf diesen Finanzmärkten automatisch wieder an realwirtschaftliche Grunddaten heranzuführen. Wir müssen Rahmenbedingungen international setzen durch Zusammenarbeit der Staaten. Wie unsere soziale Marktwirtschaft ihren bewährten Rahmen hat, brauchen auch diese Märkte einen weltweiten Rahmen. Ernstgemeinte und ernsthaft diskutierte Vorschläge gibt es genug - von der Deutschen Bundesbank über Deutsche Bank Research, Ökonomen weltweit, Wirtschaftspolitikern. Wir dürfen uns nur nicht mehr so viel Zeit lassen. Wir brauchen eine genauere Beobachtung und als Politik ein viel schnelleres Reagieren als bisher. Deshalb nutzen Sie das Wochenende, Herr Finanzminister, um entsprechende Initiativen einzubringen! Deutschland darf bei der internationalen Diskussion über eine neue Architektur der Finanzmärkte nicht abseits stehen. Die bisherige Unverbindlichkeit der Absprachen muß in bindende währungs- und wirtschaftspolitische Ziele überführt werden. Wir brau- chen ein System, das in gewissen Bandbreiten flexible Währungen garantiert, aber auch stabilisierend wirkt und Schwankungen ausgleicht. Das geht nicht nur die internationale Notenbank an, sondern die Staaten. Die Politik ist aufgerufen, eine internationale Partnerschaft für ein stabiles, weltweites Währungssystem zu bilden. Diese Forderung geht weit über die Tobin-Tax hinaus. Deshalb lehnen wir sie ab. Wir wollen nicht nur „Sand im Getriebe", sondern Transparenz und Effizienz im realwirtschaftlichen Rahmen weltweit. Zu langes Abwarten kann die Krise verschärfen, sagt das Finanzministerium. Halten Sie sich an Ihren eigenen Rat! Gisela Frick (F.D.P.): Es wird Sie sicherlich nicht verwundern, daß ich für die F.D.P. die Vorschläge von PDS und Bündnis 90/Grüne ablehne. Zunächst einmal handelt es sich um eine neue Steuer, und neue Steuern sind das letzte, was wir brauchen. Was wir brauchen, sind: weniger Steuern und niedrigere Steuern. Wir haben uns mit der Steuerpolitik dieser Legislaturperiode schon erfolgreich um die Abschaffung der Steuern (Vermögensteuer, Gewerbekapitalsteuer zum Beispiel) bemüht. Mit der beschlossenen großen Steuerreform haben wir eine echte Nettoentlastung in der Größenordnung von ca. 30 Milliarden DM erreichen wollen. Diese Steuerreform ist - wie bekannt - an der Blockade der SPD-Mehrheit im Bundesrat gescheitert. Aber auch inhaltlich ist viel gegen die beantragte sogenannte Tobin-Steuer einzuwenden. Eine Devisenumsatzsteuer kann das Ziel, Devisenspekulationen einzudämmen, nicht erreichen. Die Finanzkrisen, zuletzt die sogenannte Asienkrise, entstehen nicht durch Spekulationen, sondern durch falsche nationale Wirtschaftspolitiken. Dadurch entstehen in den Ländern Leistungsbilanzdefizite, die die Devisenreserven angreifen, damit das internationale Vertrauen in die Währung zerstören und letztendlich zu Abwertungen über das gebotene Maß hinaus führen. Ländern mit schwachen Regierungs- und Aufsichtssystemen muß eine starke funktionierende Bankenaufsicht an die Seite gestellt werden. Die internationalen Bankaufsichtsbehörden (sog. „Baseler Ausschuß") haben Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht erstellt, die weltweit verbindlich werden sollten. Die Hilfsleistungen von IWF und Weltbank sollten von der Einhaltung dieser Grundsätze abhängig gemacht werden. Auch die Abgrenzung zwischen stabilisierender und destabilisierender Spekulation ist sehr schwierig vorzunehmen. Es ergeben sich negative Auswirkungen auf den internationalen Handel mit Waren und Dienstleistungen und auf den Zufluß von ausländischem Kapital in Entwicklungsländern. Devisen- und Derivatgeschäfte haben darüber hinaus allein in Deutschland erhebliche Bedeutung für den Arbeitsmarkt. Von den ca. 750000 Arbeitnehmern bei Sparkassen und Banken sind mehr als 5 Prozent direkt oder indirekt im Devisenhandel beschäftigt. Darüber hinaus ist die Zahl der in dem Bereich der Informationstechnologie Beschäftigten kaum zu beziffern, aber sie dürfte erheblich sein. Im übrigen könnte eine solche Steuer nur dann Erfolg haben, wenn sie weltweit eingeführt würde. Insofern scheint die Realisierung dieser Steuer absolut utopisch. Der Erfinder der nach ihm benannten Steuer, James Tobin, Wirtschaftsnobelpreisträger von 1981, hat sich selbst von seinem Vorschlag später distanziert: Er habe mit seinem Vorschlag einen Stein ins Wasser geworfen und damit viele Wellen verursacht. Er hoffe allerdings, daß das Wasser sehr tief sei, so daß niemand diesen Stein mehr findet. Auch die drei weiteren vorliegenden Anträge haben außer den Autoren eines gemein: Sie werden nicht Gesetz werden. Im übrigen zeigt die jeweilige Begründung, daß der PDS jegliche Steuersystematik fremd ist. Über den ersten Antrag - Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes apothekenpflichtiger Arzneimittel auf 7 Prozent - könnte man sich ja inhaltlich noch unterhalten. Er wird auch ordnungsgemäß mit geltendem EG-Recht begründet. Beim zweiten Antrag - Besteuerung von Luxusgegenständen - räumen die Autoren ein, daß es eine Ermächtigung im EG-Recht nicht gibt. Darüber müsse man sich aber hinwegsetzen. Zur Begründung des dritten Antrags - ermäßigter Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Leistungen - soll eine entsprechende Grundlage im EG-Recht geschaffen werden. Das bei uns als sakrosankt geltende EG-Recht wird bemüht, wenn es paßt, und beiseite geschoben, wenn es stört. Schon aus diesem Grund sind die Anträge alles andere als seriös. Der ermäßigte Steuersatz für Arzneimittel findet auch in den Reihen der F.D.P. Befürworter. Der hier vorgelegte Antrag ist allerdings schon deshalb abzulehnen, weil er keinerlei Aussage über finanzielle Auswirkungen enthält. Die ermäßigte Besteuerung von arbeitsintensiven Dienstleistungen wurde auch schon von Teilen der Wirtschaft gefordert, und auch einzelne Stimmen aus der SPD haben sich dem bereits angeschlossen. Alle Befürworter dieses Gedankens haben sich scheinbar bisher wenig Gedanken über die Auswirkungen gemacht. Ich spreche hier von der immer wieder geforderten Vereinfachung. Der in der Begründung des Antrags erwähnte Vorschlag der EU-Kommission könnte einem schon die Haare zu Berge stehen lassen. Die Steuerermäßigung soll gelten für Reparaturarbeiten an beweglichen Gegenständen sowie im Wohnungsbau, nicht aber für bestimmte Beförderungsmittel oder Neubauten. Bei dem uns Deutschen eigenen Drang zur Einzelfallregelung schreit das doch nach einer Flut von gerichtlichen Auseinandersetzungen, um die anstehenden Abgrenzungsfragen zu klären. Können wir das ernsthaft wollen? Wie steht es mit dem Handwerker, z. B. dem Installateur, der Ersatzteile liefert und sie einbaut? Wollen wir ihm zumuten, künftig unterschiedlich hohe Steuersätze in einer Rechnung auszuweisen? Die PDS begründet ihren Antrag u. a. mit einer verstärkten Nachfrage nach Reparaturen. Es würden weniger neue Gegenstände gekauft und im Gegenzuge die alten Gegenstände mehr repariert. Das soll dann zu weniger Ressourcenverbrauch führen, also umweltverträglicher sein. Ich halte das alles für sehr theoretisch. Zum einen wird unterstellt, daß ein ermäßigter Steuersatz auf Dienstleistungen die Unternehmer veranlaßt, die Preise zu senken. Angesichts der hohen Kostenbelastung der Wirtschaft wage ich das zu bezweifeln. Zum anderen sind wir doch bestrebt, unsere Unternehmer zu mehr Investitionen zu veranlassen und auch endlich wieder Investitionen aus dem Ausland zu uns zu holen. Dahinter steht doch kein Selbstzweck. Mehr Investitionen, die natürlich zu mehr Produktion führen, wirken sich positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Wenn wir hier schon den Staat bemühen müssen, dann doch nur zur Förderung umwelt- bzw. ressourcenschonender Produktionstechniken. Rentabel werden Dienstleistungen und Produktion doch nicht durch einzelne Korrekturen am Steuersystem, sondern nur durch eine Absenkung der Kostenbelastung der Unternehmen und vor allem der Arbeit. Nur dann werden Arbeitskräfte eingestellt, die produzieren oder Dienstleistungen erbringen. Kommen wir zur Besteuerung von Luxusgegenständen. Dahinter steckt einzig der Gedanke: Wer sich teure Gegenstände leisten kann, hat viel Geld, wer viel Geld hat, dem kann man es wegnehmen. Sozialismus pur, wie nicht anders zu erwarten von der PDS. Es lohnt sich nicht, hier von Steuervereinfachung und ähnlichem zu sprechen. Es handelt sich um nichts anderes als das populistische Schüren von Neid bei den Bürgern. Die Autoren dieses Antrags sollten den Arbeitnehmern, die diese Güter herstellen, erklären, warum sie sie massiv versteuern und damit die Arbeitsplätze gefährden sollen. Was die PDS hier vorlegt, kann nur als chaotisch bezeichnet werden. Neue Steuervergünstigungen und neue Steuern sind der völlig falsche Weg und daher mit der F.D.P. nicht zu machen. Hohe Steuersätze bei vielen Sondertatbeständen haben das Chaos in unserem Steuerrecht verursacht. Die Folge sind Steuervermeidung und Schwarzarbeit. Für die F.D.P. kann ich erklären: Ohne uns. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Transfusionsgesetz) Dr. Harald Kahl (CDU/CSU): Mit Beschluß vom 20. Januar 1995 hat der Deutsche Bundestag dem vom 3. Untersuchungsausschuß „HIV-Infektion durch Blut und Blutprodukte" der 12. Legislaturperiode vorgelegten Schlußbericht zur Kenntnis genommen. Darin brachte der Untersuchungsausschuß seine Erwartung zum Ausdruck, daß in der 13. Legislaturperiode ein überschaubares, in sich geschlossenes Transfusionsgesetz verabschiedet wird. Diesem parlamentarischen Auftrag kommt der vorliegende Gesetzentwurf aus unserer Sicht in hervorragender Weise nach, was unsere Koalition nicht davon abgehalten hat, aus den Erkenntnissen der Anhörung heraus, einige Änderungsanträge in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Vor dem Hintergrund des HIV-Skandals wurde ein Transfusionsgesetz zwingend notwendig, das die wesentlichen Elemente des Bluttransfusionswesens von der Entnahme, wie zum Beispiel Spenderauswahl, bis hin zur Anwendung - Durchführung der Transfusion, Indikationsstellung, Dokumentation, Qualitätssicherung und Rückverfolgung bei nachträglich bekannt gewordenen Risiken - beinhaltet. Das Gesetz verfolgt das Ziel, unsere Bürger vor Risiken, die damit verbunden sind, zu schützen. Insbesondere soll die Übertragung von erregerbedingten Krankheiten verhindert werden. Das Gesetz regelt die wesentlichsten Grundsätze der Blut- und Plasmaspende sowie zum Transfusionswesen und legt dafür unerläßliche Pflichten fest. Wichtig erscheint uns, daß es damit nur den unverzichtbaren gesetzlich erforderlichen Rahmen setzt und die fachlichen Anforderungen den Richtlinien der Bundesärztekammer überläßt. Diese werden in enger Zusammenarbeit mit der Fachwelt erarbeitet und entsprechend den fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen regelmäßig angepaßt. Wir gehen davon aus, daß die Richtlinien der Bundesärztekammer jeweils den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik beinhalten. Wenn man bedenkt, daß in Deutschland 4 Millionen Blutspenden von bis zu 2 Millionen Spendern und darüber hinaus knapp 400 000 Liter Plasma durch Plasmaspenden entnommen werden, unterstreicht diese Tatsache die Wichtigkeit des vorliegenden Transfusionsgesetzes. Jede Blut- und Plasmaspende bedeutet Heilung oder Linderung von Krankheiten, und oft ist sie die einzige Chance, Leben zu retten. In Krankenhäusern und Arztpraxen werden gegenwärtig 21 Präparategruppen aus Blut und Plasma angewandt. Dazu zählen Frischplasma, Immunglobuline und zellhaltige Blut- und Blutbestandteilzubereitungen. Allein 3 000 Bluter in unserem Land sind auf den Gerinnungsfaktor VIII zur Behandlung einer Hämophilie A zwingend angewiesen. 100000 Liter Plasma werden jährlich benötigt, um spezielle Immunglobuline herzustellen, wie zum Beispiel gegen Tetanus, Hepatitis und zur Anti-DProphylaxe, die bisher nahezu ausschließlich aus den USA importiert wurden. Die Förderung der Selbstversorgung mit Blut und Blutbestandteilen stellt somit eine wichtige Forderung des Gesetzes dar. Auf dem Wege dahin ist es einerseits unverzichtbar, ihren Bedarf einzuschränken, das heißt, rationell, optimal und wissenschaftlich begründet damit umzugehen. Andererseits gilt es, das Aufkommen von Blut und besonders von Plasma zu erhöhen. Dem Bund und den Ländern kommt dabei die Aufgabe zu, die Aufklärung der Bevölkerung weiter voranzutreiben, um so die Spendefreudigkeit weiter zu fördern. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die im März vergangenen Jahres vom Bundesgesund- heitsministerium herausgegebene Broschüre „Fakten zur Blut- und Plasmaspende", die meines Erachtens gut geeignet ist, alle wichtigen Fragen zu Blut- und Plasmaspenden zu beantworten. Da sie Fragen in allgemein verständlicher Form aufgreift, ist sie bestens geeignet, Unwissenheit und Ängste zu diesem Thema abzubauen. Der gesellschaftliche Stellenwert einer Blut- oder Plasmaspende kann nicht hoch genug bewertet werden. Spenderinnen und Spendern sollte deshalb mehr noch als bisher auch in öffentlichen Aktionen für ihre Bereitschaft zur Hilfe für den nächsten gedankt und ihr Engagement gewürdigt werden. Ihnen sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Ohne ihre Bereitschaft wäre auch dieses Gesetz nur eine Farce. Lassen Sie mich kurz etwas zu den von der Koalition eingebrachten Änderungsanträgen sagen. Erstens. Zu den in § 4 beschriebenen Anforderungen an die Spendeeinrichtung reicht nach unserer Meinung die Leitung dieser Einrichtungen durch eine approbierte ärztliche Person alleine nicht aus. Hier ist ein entsprechender Sachkundenachweis unverzichtbare Voraussetzung für eine solche Tätigkeit. Zweitens. Zur Qualitätssicherung sind in Einrichtungen, in denen Blut und Blutprodukte gewonnen und angewandt werden, sowohl eine transfusions-verantwortliche als auch eine transfusionsbeauftragte ärztliche Person zu benennen, die den erforderlichen Sachkundenachweis erbringt. Haben Einrichtungen der Krankenversorgung eine Spendeeinrichtung oder ein Institut für Transfusionsmedizin, ist darüber hinaus noch eine Transfusionskommission zu bilden. Gleiches gilt für Krankenhäuser mit Akutversorgung. Drittens. Die im Gesetzentwurf festgeschriebene Regelung zur Abgabe von Gerinnungspräparaten unmittelbar vom Arzt an den Patienten soll laut unserem Antrag an eine besondere fachliche Qualifikation dafür gebunden sein und sich ausschließlich auf diese speziellen Fälle wegen ihrer Einmaligkeit und der nicht gegebenen Austauschbarkeit durch andere Medikamente beschränken. Ich fasse zusammen: Das Transfusionsgesetz war zwingend notwendig. Wir Parlamentarier haben gemäß dem Auftrag des 3. Untersuchungsausschusses gehandelt. Das Gesetz, das wir heute hoffentlich mit der breiten Mehrheit des Hauses verabschieden werden, ist ein entscheidender Beitrag zu mehr Sicherheit bei der Gewinnung und Anwendung von Blut und Blutprodukten für unsere Bürger. Es wäre wünschenswert, wenn wir dieses Gesetz in Würde und in großem Konsens in ähnlicher Geschlossenheit verabschieden würden wie seinerzeit das Transplantationsgesetz. Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Die Ereignisse im Zusammenhang mit den HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte Anfang der 80er Jahre haben uns allen gezeigt, daß der Staat in einer besonderen Verantwortung für die Sicherheit von Blut und Blutprodukten und ihrer Anwendung steht. Dieser Verantwortung stellen wir uns. Der heute zur Verabschiedung anstehende Gesetzentwurf leistet einen weiteren Beitrag zur Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität im Blutspende- und Transfusionswesen. Mit seinen Standards soll dieses Gesetz dazu beitragen, daß Vertrauen der Bevölkerung in das Transfusionswesen weiter zu stärken. Denn von diesem Vertrauen hängt auch ab, ob sich Menschen bereit erklären, das in vielen Fällen lebensrettende Blut und Plasma zu spenden. Der Gesetzentwurf nimmt Rücksicht auf die bestehenden Strukturen im deutschen Blut- und Plasmaspende- sowie im Transfusionswesen. Dazu gehört zum Beispiel die Pluralität gemeinnütziger und privatrechtlich organisierter Spendendienste. Diese Vielfalt ist ein Garant für Innovation und ständige Verbesserungen. Darüber hinaus wird die seit Jahrzehnten übliche Praxis, daß die Fachkreise die Standards weitgehend selber festlegen, bestätigt. Die fachlichen Richtlinien werden weiterhin von der Bundesärztekammer, künftig aber zusammen mit der zuständigen Bundesoberbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut, erarbeitet. Die Einbindung der Bundesoberbehörde ist ein Zeichen für die bereits angesprochene stärkere Verantwortung des Staates für das Blutspende- und Transfusionswesen. Die Spendeeinrichtungen erhalten jetzt den gesetzlichen Auftrag, Blut und Plasma zur Versorgung der Bevölkerung zu gewinnen. Dafür ist eine enge Kooperation zwischen allen Einrichtungen notwendig, die künftig in einer Vereinbarung festgelegt wird. Die Spendeeinrichtungen werden außerdem verpflichtet, die Spendewilligen mit einem Höchstmaß an Sorgfalt auszuwählen und sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik auf mögliche Infektionen, in jedem Fall aber auf HIV, Hepatitis B und C, zu untersuchen. Für die Anwendung von Blutprodukten werden ebenfalls grundlegende Anforderungen festgelegt. Blutprodukte dürfen nur von besonders sachkundigen Ärzten verwendet werden. Das ist eine notwendige Voraussetzung für Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität der Transfusion. Ebenso wichtig ist, daß die Anwender von Blutprodukten ein Qualtitätssicherungssystem einrichten müssen. Mit der detaillierten Dokumentation sowohl der Spenden von Blut und Plasma als auch der Anwendung von Blutprodukten ziehen wir eine Konsequenz aus den Ereignissen der Vergangenheit. Denn die Dokumentation war nicht immer so, wie sie hätte sein sollen, um Risikovorsorge treffen und Rückverfolgungsmaßnahmen zügig und effektiv durchführen zu können. Nach dem Gesetzentwurf können künftig Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen verhängt werden, wenn Spender vor der Freigabe von Spenden nicht auf die Infektionen untersucht werden, wie es zwingend vorgeschrieben ist. Wenn es um das Leben von Menschen geht, muß Sorgfalt in einem besonderen Maße eingefordert werden. Die Verantwortlichen müssen wissen, was auf sie zukommt, wenn diese Sorgfaltspflicht nicht eingehalten wird. Ein weiteres Ziel ist es, die Selbstversorgung mit Blut und Plasma zu fördern. Im Rahmen eines koordinierten Meldewesens sollen Angaben zum Umfang der Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen, der Herstellung, des Imports und Exports sowie des Verbrauchs von Blutprodukten und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen gesammelt werden. Dieses Gesetz will einen Standard an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität, hinter den niemand mehr zurück kann. Im Interesse der Patienten bitte ich deshalb um Ihre Zustimmung. Dr. Dieter Thomae (F.D.P.): Wir alle waren und sind sehr betroffen über die HIV-Infektion von Menschen, die eine Bluttransfusion erhalten haben oder die zur Behandlung ihrer Krankheit auf Blutprodukte angewiesen sind. Der 3. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zur HIV-Infektion durch Blut oder Blutprodukte hat sich sehr eingehend mit der Thematik beschäftigt, und er hat Konsequenzen aus den schwerwiegenden Ereignissen gefordert. Seit Veröffentlichung des Berichtes ist bereits vieles getan worden, um die Sicherheit bei Blut und Blutprodukten zu verbessern. Durch vielfältige Maßnahmen des Bundes, der Länder, der Ärzteschaft und der Industrie ist die Verbreitung durch übertragbare Krankheitserreger bei Blut- und Plasmaspenden erheblich reduziert worden. Die Forderung nach einer Herstellungserlaubnis für die Gewinnung von Plasma zur Weiterverarbeitung, die rechtliche Gleichstellung der Blutprodukte mit Sera und Impfstoffen, die staatliche Chargenprüfung bei Plasmaprodukten, die chargenbezogene Dokumentation bei der Anwendung von Blutprodukten, Vorsehen von Virusinaktivierungsverfahren, die Erweiterung der Auflagenbefugnis der Zulassungsbehörden, eine Verbesserung bei der Meldepflicht usw., all diese Punkte sind bereits erledigt. Auch die Entschädigungsregelung für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen ist mit dem HIV-Hilfegesetz getroffen worden. Bund, Länder, Unternehmen der pharmazeutischen Industrie und das Deutsche Rote Kreuz haben zum Zweck der finanziellen Unterstützung insgesamt 250 Millionen DM bereitgestellt. Was jetzt noch aussteht, ist zum einen eine Änderung des Haftungsrechts für zukünftige Fälle durch das Vorsehen eines wie auch immer gearteten Schmerzensgeldanspruchs sowie eine Verbesserung des Auskunftsrechts für Betroffene. Beides wird mit dem Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, das nach erfolgter erster Lesung im Bundestag nun an den Rechtsausschuß überwiesen ist, geregelt. Ich gehe davon aus, daß es noch in dieser Legislaturperiode zu einer auch für die Betroffenen befriedigenden Lösung in dieser Richtung kommen wird. Zum anderen steht das Transfusionsgesetz aus, das heute verabschiedet werden soll. Damit wird eine gesicherte Grundlage für das Blutspende- und Transfusionswesen geschaffen. Darin werden hohe Anforderungen an die Spendereinrichtungen und die Auswahl der spendenden Personen gestellt. In der Bundesrepublik werden jährlich ca. 4 Millionen Blutspenden von bis zu 2 Millionen Spendern und zusätzlich knapp 400 000 Liter Plasma durch Plasmaspenden entnommen. Das zeigt, wie wichtig es ist, durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, daß in jedem einzelnen dieser Fälle eine Gefahr für die Empfänger von Blut oder Blutprodukten ausgeschlossen wird. Das Transfusionsgesetz faßt unterschiedliche rechtliche und fachliche Grundlagen des Blut- und Plasmaspendewesens und des Transfusionswesens, die heute auf verschiedene gesetzliche Vorschriften, Verordnungen, internationale und nationale Empfehlungen, Richtlinien und Leitlinien verteilt sind, zusammen. Damit ist die Übersichtlichkeit gegeben, die notwendig ist, um Sicherheit zu schaffen. Ich begrüße es sehr, daß auch die Opposition unser Ziel unterstützt, so schnell wie möglich diesen vorletzten Baustein aus dem Untersuchungsausschuß zu setzen und hoffe, daß der Bundesrat mit seiner Entscheidung dazu beitragen wird, daß wir das Gesetz umgehend in Kraft setzen können. Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Ich beginne nicht mit dem heutigen Tag, sondern mit dem 20. Januar 1995. Noch einmal zur Erinnerung: Der 20. Januar 1995 war der Tag, an dem in diesem Hause der Schlußbericht und die Empfehlungen des 3. Untersuchungsausschusses behandelt wurden, und die Empfehlungen ein einstimmiges Votum erfahren haben. Ich beginne mit Horst Seehofer: Zitat: „Das Schicksal der Betroffenen und ihrer Angehörigen geht mir tief zu Herzen." - „Die Erkenntnisse des Berichtes - alle Beiträge haben es gezeigt - sind nicht leicht zu ertragen. " - „Ich wiederhole auch hier: Die Bewertungen und Schlußfolgerungen des UA werden von mir geteilt und akzeptiert. " Sie sehen: Da spürt man noch die Betroffenheit. Da spürt man den Willen. Da spürt man die Ernsthaftigkeit, Lehren aus dem Skandal zu ziehen. Aber heute stellen wir fest: Je größer der Zeitabstand zu 1995, um so geringer die Nachwirkungen. Je weiter wir uns vom Januar 1995 entfernen, um so weniger werden wir der eingegangenen Selbstverpflichtung des Parlamentes gerecht. Am nachhaltigsten wird dieser Prozeß des Verdrängens und Vergessens durch die Bundesregierung mit dem Entwurf zum Transfusionsgesetz dokumentiert: Ein klares Profil dessen, was geschehen muß, was an Anforderungen an Sicherheit und Opferschutz notwendig ist, steht in den Empfehlungen des 3. Untersuchungsausschusses. Das Profil der Eckpunkte für ein Transfusiongesetz, vorgelegt vom Bundesgesundheitsminister am 10. Juli 1995, war da schon abgeschwächt. Beim 1. und 2. Referentenentwurf wurden Sicherheit und Opferschutz noch weiter abgespeckt. Der vorgelegte Gesetzentwurf hat wenig Ähnlichkeiten mit dem Anforderungsprofil des 3. Untersuchungsausschusses. Diesem Gesetz fehlt letztendlich der Biß, der Biß beim Patientenschutz, der Biß bei der Qualitätssicherung, der Biß beim Opferschutz. In diesem Prozeß der Abschwächung gewinnt man zunehmend den Eindruck, daß die Koalition sich mehr dem Industrieschutz als dem Patientenschutz verpflichtet fühlt. Obwohl doch der Minister an dem denkwürdigen Tag analysiert, daß der Bericht - Zitat - „zeigt, daß vor allem das Verhalten der pharmazeutischen Industrie und der Behandler neben dem zögerlichen Verhalten der Behörden zur Katastrophe geführt hat. " Genausowenig prägend war seine Feststellung vom gleichen Datum: „Ich erwarte, daß die interministerielle Arbeitsgruppe in den nächsten Wochen die offenen Fragen geklärt haben wird." Beide Minister-Feststellungen haben nichts bewirkt. Im Gegenteil: Aus Wochen wurden drei Jahre - unverantwortlich. Statt Weiterentwicklung eine Absenkung der Standards, eine Absenkung der Standards beim Patientenschutz, eine Absenkung der Standards bei Produktsicherheit und Qualitätssicherung und eine Absenkung der Standards beim Opferschutz. Dadurch haben Sie, die Koalition und die Bundesregierung, es der Opposition schwergemacht, die gemeinsame Selbstverpflichtung einzulösen, zeitnah ein optimal wirksames Gesetz zum Schutz von Patienten für Blut und Blutprodukte zu schaffen. Im letzten Moment gelang es uns gestern, wenigstens einige Verbesserungen im Gesetz vorzunehmen. Wie dieser Nachbesserungsprozeß zwischen Anforderungsprofil und Ergebnis aussieht, will ich am Beispiel der Eigenversorgung darstellen. Stufe 1: Empfehlungen des 3. Untersuchungsausschusses. Zitat: „Für den Aufbau einer nationalen Eigenversorgung mit Blut und Plasma sind unter einer konkreten Fristsetzung ein Plasma-Dauerspender-System und ein nationales Plasmaphereseprogramm zu installieren. " Stufe 2: Seehofer am 20. Januar 1995: „Ein Schwerpunkt der weiteren Maßnahmen wird die Sicherstellung der Eigenversorgung mit Blutprodukten sein. " -„Die vielfältigen Maßnahmen zur Selbstversorgung werden in einem nationalen Programm zusammengefaßt. " Stufe 3: Gesetzentwurf Transfusionsgesetz: Außer dem Nebensatz „gesicherte und sichere Versorgung der Bevölkerung" - Fehlanzeige. Stufe 4: SPD-Kompromiß: „Ziel ist der Aufbau einer nationalen Eigenversorgung mit Blut und Blutprodukten. " Stufe 5: Nach Verhandlungen gemeinsame Änderung: Zweck des Gesetzes ist, gesicherte und sichere Versorgung der Bevölkerung und deshalb die Selbstversorgung mit Blut und Plasma zu fördern. Dieser Stufenplan verdient bestenfalls „befriedigend" . Trotz solcher Stufenpläne, trotz der Unklarheiten, Unschärfen und Systembrüche werden wir das Gesetz nicht ablehnen, sondern uns enthalten. Wir können aber auch nicht zustimmen, weil in drei zentralen Punkten die Standards nicht erreicht sind. Erstens wegen der mangelnden Qualitätssicherung: Zwar wurde im letzten Moment § 15 aus dem 2. Referentenentwurf wieder aufgenommen und damit unserer Forderung entsprochen, aber leider ohne die erforderliche Verbindlichkeit. Die Koalition lehnte den SPD-Antrag ab, die Qualitätssicherung sofort in Kraft zu setzen. Drei Jahre sind tatenlos verstrichen; drei Jahre will die Koalition noch pausieren. 6 Jahre ohne Qualitätssicherung. Das geht nicht mit uns. Zweitens wegen des mangelnden Patientenschutzes: Wie grob fahrlässig und mit welchem Vorsatz mit dem Patientenschutz umgegangen wurde, zeigt auch der Blutskandal von Koblenz. Das sind keine Kavaliersdelikte; und da können sich auch nicht Beteiligte hinter Strukturen und Vorgesetzen verstecken, wenn man grob fahrlässig oder vorsätzlich der Unterrichtungspflicht nicht unverzüglich nachkommt oder Personen mit Risikoverhalten zur Spende zuläßt. Hier müssen die Straf- und Bußgeldvorschriften so stark sein, daß sie als Patientenschutz wirken. Diesen von der SPD geforderten Verschärfungen wollte die Koalition unter keinen Umständen folgen. Drittens wegen des ungenügenden Opferschutzes: Dies wird am Beispiel der Spenderimmunisierung dargestellt. Es ist ein Hohn. Ausgerechnet die Menschen, die nicht nur Blut und Plasma spenden, sondern ihren Körper als „Bioreaktor" zur Verbesserung bzw. Erhöhung der Spendequalität zur Verfügung stellen, erhalten keinen ausreichenden Versicherungsschutz. Es ist ein Hohn, daß ausgerechnet die Menschen, die im Interesse des Wohls ihrer Mitmenschen zu hohem Risiko und zum Opfer bereit sind, im Schadensfall nicht mindestens die von der SPD geforderte 1 Million DM erhalten, sondern auf der Basis von EU-Renten abgespeist werden sollen. Was eine EU-Rente im Schadensfall bedeutet, erleben wir zur Zeit bei den an Hepatis C erkrankten, durch Anti D geschädigten Frauen, wo bei 30 % Erwerbsminderung ganze 231,- DM pro Monat EU-Rente bezahlt werden, und dies alles, weil der Versicherungsschutz der Industrie zu teuer ist. Wo bitte bleiben da die Konsequenzen aus den Lehren? Damit der Titel „Böses Blut" aus unserer Geschichte verschwinden kann, ist eine Entkoppelung von Geld und Spende dringend geboten, so wie der Untersuchungsausschuß fordert: „Ziel sollte die unentgeltliche Spende bleiben, die lediglich durch Arbeitsfreistellung, Sachspenden etc. honoriert werden kann. " Genauso wie die Ärztekammer, die die von der SPD vorgeschlagene Ergänzung - der spendenden Person kann eine nicht-monetäre Aufwandentschädigung in Form von Sachleistungen gewährt werden - ausdrücklich befürwortet. Zitat: Dies „entspricht grundsätzlich auch der Auffassung der Bundesärztekammer". Was den Opferschutz angeht, blieb es bei einer Protokollnotiz. Das Auskunftsrecht von möglichen Geschädigten wird im Haftungsteil des AMG geregelt. Zitat Seehofer 20. Januar 1995: „Deshalb bleibe ich dabei: Wir müssen auch die Konsequenzen aus dem Arzneimittelhaftungsrecht ziehen. ... Deshalb müssen wir aus dieser HIV-Katastrophe bei Blut und Blutprodukten Konsequenzen ziehen. Die 5. AMG-Novelle, die bereits verabschiedet wurde, ist dafür noch nicht ausreichend. Danach: die 6. AMG-Novelle - Fehlanzeige. Die 7. AMG-Novelle - Fehlanzeige. Die 8. AMG-Novelle - wahrscheinlich auch wieder Fehlanzeige. Mich beschleicht dabei die Angst, daß das Parlament seiner Selbstverpflichtung nicht nachkommt. Jedes Gesetz, jede Regelung die hinter den Erkenntnissen und den Empfehlungen des 3. Untersuchungsausschusses zurückbleibt, bringt das Parlament in die Verantwortung, bringt das Parlament in die Haftung. In so einer beängstigenden Situation baut es einen auf, Seehofer zu zitieren: „Deshalb steht jeder einzelne, auch hier im Parlament, in der Pflicht, immer wieder zu überprüfen, ob die eigenen Positionen, die oft mit Betroffenheit geäußert werden, diesen genannten Grundsätzen der Verantwortung gerecht werden. Es genügt nicht, meine Damen und Herren - und ich sage das aus gutem Grunde -, sich zwar rhetorisch zu bekennen, aber politisch die Betroffenen mit ihrem Schicksal alleine zu lassen." Dieser Verpflichtung ist der Minister allerdings nicht nachgekommen. Das, was von BMJ und der Bundesregierung zum Haftungsrecht vorgelegt wurde, bleibt weit hinter den Forderungen des 3. Untersuchungsausschusses und den Forderungen von Minister Seehofer von 1995 und noch mehr der SPD zurück. Experten sagen, es stellt vielfach sogar eine Verschlechterung dar. Da kann man den Menschen nur raten: Sie müssen auf den Wechsel setzen. Der SPD-Gesetzentwurf zum Arzneimittelhaftungsrecht zeigt, wohin eine SPD geführte Regierung gehen wird. Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nach dem größten HIV-Blut-Arzneimittelskandal war es eine Forderung des 3. Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages, ein Transfusionsgesetz zu schaffen. Es hat vier Jahre gedauert, bis endlich ein Gesetzentwurf vorlag. Er genügt aber in drei wichtigen Fragen den Anforderungen nicht. Er bleibt deutlich hinter den Forderungen des Untersuchungsausschusses zurück. Erstens ist der Verbesserung des Haftungsrechts weder in diesem Transfusionsgesetzentwurf noch in den Änderungsvorschlägen zum Arzneimittelgesetz oder gar dem Produkthaftungsgesetz genüge getan worden. Moralisch, politisch und rechtlich zwingend ist die Forderung, die Beweisführung von Patientinnen und Patienten bei Schädigung zu erleichtern. Wir wollen die Beweislast umkehren. Auch ist es für uns unverzichtbar, mittelbar Geschädigten den Status als Anspruchsberechtigte zu sichern. Ebenso sind Schmerzensgeldregelungen ins Arzneimittelgesetz aufzunehmen. Diese Regelungen sind nicht getroffen worden. Darüber hinaus ist es juristisch, handwerklich und inhaltlich äußerst problematisch, daß in diesem Gesetzentwurf der Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik und die Richtlinien der Bundesärztekammer miteinander vermengt worden sind. Der Stand der Technik ist im juristischen Sinne weitaus progressiver als die allgemeine Anerkennung bzw. die Richtlinien. Damit ist eine fast unüberwindbare Hürde für Ansprüche und für die Beweisführung von Patientinnen und Patienten aufgebaut worden. Zweitens: Wo viel Blut fließt, fließt viel Geld. Das Geschäft mit dem Blut, so lehrt uns die tragische und vermeidbare Leidensgeschichte vieler HIV-Opfer lebt auch vom hohen Blutverbrauch. Er könnte heute sofort um 25 % reduziert werden. Das gilt für die Indikationsstellungen für die Bluttransfusion und für Plasmaprodukte. Es ist nicht nachvollziehbar, warum es der Bundesregierung so schwerfällt, Qualitätssicherung im Transfusionswesen sofort und ausreichend zu etablieren. Die Indikationsstellung von Blut ist verbesserbar. Die Förderung der Eigenblutspende und die Wiedergewinnung des Blutes bei Operationen sind wichtige Schritte dahin. Würde die Indikationsstellung sowohl in der Dokumentation als auch hinterher in der Qualitätssicherung aufgeführt werden, gäbe es wenigstens die Möglichkeit, den Verbrauch auf wissenschaftlicher Grundlage nachzuvollziehen. Mit einem Schlag könnte so die Reduzierung des Blutverbrauches oder der Derivate sehr schnell erreicht werden. Der dritte Punkt betrifft den Datenschutz. Wir sehen die informationelle Selbstbestimmung der Spender bzw. Spenderinnen als beeinträchtigt an. Denn es geht nicht an, daß Spendedaten oder persönliche Daten an Behörden jeder Art weitergegeben werden können. Was soll die Verwendung der Spendedaten für die Zwecke der Strafverfolgung denn bezwecken? Winkt hier der genetische Fingerabdruck? Die Regierung ist eine Antwort schuldig geblieben. Die Menschen spenden, um zu helfen, und nicht, um sich zum Beispiel in einer Fahndung wiederzufinden. Wie die personenbezogenen Daten dokumentiert werden sollen, oder was mit ihnen in den Spendeeinrichtungen passiert, ist in diesem Gesetz an keiner Stelle geregelt. Die informationelle Selbstbestimmung ist nicht gesichert. Der 3. Untersuchungsausschuß hat parteiübergreifend die Anforderungen an ein Gesetz formuliert. Diesen wird der Regierungsentwurf nicht gerecht. Da entgegen dem Geist des Untersuchungsausschusses selbst Aufbesserungen durch SPD-Anträge abge- lehnt worden sind, können wir, obwohl wir im Prinzip ein Gesetz befürworten, dieses nur ablehnen. Dr. Ruth Fuchs (PDS): Die Herstellung und Anwendung von Blut und Blutprodukten bedingt bekanntlich besondere fachliche Voraussetzungen und ethische Anforderungen. Daher sind in der Mehrzahl der entwickelten Länder die Grundsätze des Blutspende- und Transfusionswesens in spezieller Weise gesetzlich geregelt. Solche Regelungen beziehen sich unter anderem auf eingehende Sachkenntnis- und Sorgfaltsvorschriften, genaue Dokumentations- und Meldepflichten, aber auch auf Möglichkeiten, Gefährdungsdelikte, die durch Mißachtung geltender Rechtsvorschriften entstehen, entsprechend ahnden zu können. Schließlich verdient das Spenden von Blut und Plasma ebenso wie die Spendergewinnung als ein ausgesprochen humanitärer Dienst für die Allgemeinheit besondere Anerkennung und Förderung durch Gesellschaft und Gesetzgeber. Das übergreifende Ziel solcher Gesetze hat darin zu bestehen, das Geschehen auf diesem Gebiet jeweils so sicher zu machen, wie es nach menschlichem Ermessen möglich ist. Es ist deshalb ausdrücklich zu begrüßen, wenn mit dem vorliegenden Gesetz das Blutspende- und Transfusionswesen auch in der Bundesrepublik Deutschland erstmals auf eine in sich geschlossene rechtliche Grundlage gestellt werden soll. Den letzten Anstoß, diesen mittlerweile mehr als überfälligen Schritt zu gehen, hatte der Abschlußbericht des 3. Untersuchungsausschusses vor dem Hintergrund der Arzneimittelkatastrophe mit HIV-infiziertem Blut und Blutprodukten gegeben. Damit ist auch klar, daß mit dem vorliegenden Gesetz im Grunde genommen erst heute speziell für dieses Gebiet die notwendigen Schlußfolgerungen aus einem Geschehen gezogen werden, welches sich bereits in der ersten Hälfte der 80er Jahre - also vor etwa anderthalb Jahrzehnten - zugetragen hat. Allein das ist ein unglaublicher Vorgang. Obwohl also genügend Zeit war - selbst seit der ausdrücklichen Aufgabenstellung des 3. Untersuchungsausschusses sind noch drei bis vier Jahre ins Land gegangen -, erfüllte das von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz noch immer nicht die gestellten Anforderungen. Verbände und Sachverständige haben deshalb bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses wesentliche Korrekturen gefordert. Dem ist zu einem Teil durch entsprechende Änderungsanträge im Ausschuß noch Rechnung getragen worden. Dennoch bleiben Fragen offen. Das ergibt sich schon daraus, daß im Ausschuß berechtigte Änderungsanträge der SPD-Fraktion durch die Koalition abgelehnt wurden. Darüber hinaus wird beispielsweise auch die Anwendung von Eigenblutspenden, welche bekanntlich mit weiterer Risikominimierung bei Blutübertragungen einhergeht, ungenügend hervorgehoben. Ebenso fehlt eine klare Orientierung des Gesetzgebers auf optimale Ausschöpfung der bestehenden Möglichkeiten zur Verbrauchssenkung von Blut und Blutprodukten. Schließlich mangelt es nach wie vor an der eindeutigen - und zwar direkt im Gesetz verankerten - Klarstellung, daß Fachwissenschaftler der Medizin in den neuen Bundesländern weiterhin befugt sind, serologische Laboruntersuchungen, die im Zusammenhang mit Transfusionen notwendig sind, durchzuführen. Wir können deshalb dem Gesetz in seiner vorliegenden Form nicht zustimmen, sondern werden uns der Stimme enthalten. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Entschließungsantrag zu der Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Amsterdam) Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Ich begrüße den interfraktionellen Antrag zur Lage im Kosovo. Er kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt. Die Frage lautet: Treibt die Entwicklung im Kosovo auf eine erneute Eskalation der Gewalt zu, oder überwinden die Verantwortlichen vor Ort endlich die zwischen ihnen herrschende Sprachlosigkeit und finden den Weg an den Verhandlungstisch? Die Zeit drängt: In den letzten Tagen ist es erneut zu bewaffneten Konflikten zwischen serbischen und kosovo-albanischen Kräften gekommen, insbesondere an der Grenze zu Albanien. Hierbei war auch die jugoslawische Armee beteiligt. Große Sorgen machen uns aber auch Übergriffe auf die nichtalbanische Bevölkerung in Teilen des Kosovo. Hier soll Vertreibungsdruck erzeugt werden. Wir haben es mit einer Lage zu tun, die leicht außer Kontrolle geraten kann. Der Antrag hebt folglich zu Recht hervor, daß eine weitere Zuspitzung der Krise zu unabsehbaren Folgen für die gesamte Region führen kann. Genau deshalb ist die Kosovo-Frage auch keine innere Angelegenheit der Bundesrepublik Jugoslawien. Was im Kosovo geschieht, geht ganz Europa an, und dies nicht nur wegen der vielen Kosovo-Albaner, die sich in Deutschland und in unseren Nachbarländern befinden. Die Stabilität der gesamten Region steht im Kosovo auf dem Spiel. Durch die Obstruktionspolitik Belgrads und durch Besorgnisse gerade auch der Nachbarstaaten Jugoslawiens hat sich die Kosovo-Frage selbst internationalisiert. Gemeinsam mit ihren Partnern in der EU setzt sich die Bundesregierung mit großem Nachdruck für eine friedliche Lösung des Kosovo-Konflikts ein. Besonders wichtig ist uns dabei auch die enge Abstimmung mit den USA, denn ohne enges europäisch- amerikanisches Vorgehen würde die Stabilisierung Südosteuropas noch schwieriger. In den letzten Wochen haben in Rom die Mitgliedstaaten der Kontaktgruppe getagt. Dabei wurden noch einmal die zentralen Parameter für eine Lösung der Kosovo-Frage bekräftigt: Einerseits Erhaltung der territorialen Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien, andererseits Änderung des bisherigen Status quo des Kosovo hin zu einer weitgehenden Autonomie und Selbstverwaltung. Der Weg dorthin muß über einen direkten Dialog ohne Vorbedingungen zwischen Belgrad und Pristina unter Beteiligung einer dritten Seite erfolgen. Dabei muß gelten: Gewalt und Terrorakte zur Durchsetzung politischer Veränderungen oder zur Unterdrückung politischer Meinungsverschiedenheiten sind durch nichts zu rechtfertigen. Sie müssen von allen politisch Verantwortlichen ohne Zweideutigkeiten verurteilt werden. Leider ist in der für eine politische Lösung des Kosovo-Konflikts entscheidenden Dialogfrage noch kein Durchbruch erzielt worden. Beide Seiten müssen auf taktische Spielereien verzichten und sich ohne weiteren Verzug an den Verhandlungstisch begeben. Die Hauptverantwortung für ausbleibende Fortschritte liegt aber - dies hat die OSZE in einem von der Kontaktgruppe erbetenen Bericht unmißverständlich festgestellt - in Belgrad. Die Kontaktgruppe hat daher in Rom entschieden, zusätzliche Strafmaßnahmen gegen Belgrad zu verhängen. Dazu gehören: Einfrieren der jugoslawischen Regierungsguthaben im Ausland und die Androhung eines Investitionsstopps. Dies entspricht der im vorliegenden Antrag geäußerten Erwartung des Bundestags, den internationalen Vermittlungsbemühungen den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig ist der Bundesrepublik Jugoslawien aber auch für den Fall, daß sie die Forderungen der Staatengemeinschaft erfüllt, eine konkrete Perspektive zur Teilnahme an der OSZE und zur Normalisierung ihres Verhältnisses zu den anderen internationalen Institutionen eröffnet worden. Die Bundesregierung hofft, daß Belgrad diese Botschaft versteht. Jede Woche, die ohne Fortschritte verstreicht, vertieft die internationale Isolierung der Bundesrepublik Jugoslawien, was nicht im serbischen Eigeninteresse liegen kann. Die Bundesregierung appelliert deshalb mit Nachdruck an Belgrad, auf die Erwartungen der Staatengemeinschaft konstruktiv zu reagieren. Dazu gehört ganz entscheidend der Dialog mit Felipe Gonzales und die Wiederzulassung der OSZE-Langzeitmissionen. Auch die Kontaktgruppe hat in ihrer Erklärung von Rom unterstrichen, daß dem unverzüglichen Beginn der Gonzales-Mission höchste Priorität zukommt. Ohne Fortschritte in der Kosovo-Frage wird sich die Position der Bundesrepublik Jugoslawien gegenüber der Staatengemeinschaft nicht verbessern. Von großer Bedeutung ist auch die Stabilisierung der von der Entwicklung im Kosovo bedrohten Nachbarstaaten. Die Kontaktgruppe hat sich in Rom ausdrücklich zur Sicherheit der Nachbarstaaten und ihrer Grenzen bekannt. In Mazedonien setzen wir auf eine Verstärkung der VN-Mission UNPREDEP, damit die Grenze Mazedoniens zum Kosovo besser beobachtet werden kann. Problematisch ist die Lage in Albanien, das über keine ausreichenden eigenen Möglichkeiten, die Grenze zum Kosovo zu sichern, verfügt. Erste Schritte, die hier getan worden sind, sind die Verstärkung der Beobachtungstätigkeit von OSZE und der europäischen Beobachtermission in Albanien. Weitere Möglichkeiten werden diskutiert. Der interfraktionelle Antrag spiegelt den breiten Konsens des Bundestages zur Lage im Kosovo wider. Die Bundesregierung fühlt sich dadurch ermutigt, ihre bisherige Politik in Sachen Kosovo fortzusetzen. Klaus Francke (Hamburg) (CDU/CSU): Ich finde es, offen gestanden, bedrückend, daß wir heute zum zweitenmal eine Debatte über die explosive Lage im Kosovo führen, nachdem wir bereits im vergangenen Oktober die serbischen Verletzungen der Menschen- und Minderheitenrechte der Kosovo-Albaner verurteilt und Belgrad vor einer Fortsetzung dieses Weges gewarnt haben. Auch diese Tatsache zeigt, wie gering seither die Fortschritte hin zu einer Lösung des Kosovo-Konfliktes ausgefallen sind. Zwar ist es gelungen, mit der Umsetzung des Abkommens zum Bildungswesen im Kosovo erste Schritte zur Rückkehr der Kosovo-Albaner in das offizielle Schul- und Universitätssystem zu erreichen. Ein weiterer Hoffnungsschimmer ist die positive Haltung Montenegros, dessen Präsident sich für eine internationale Vermittlung im Kosovo-Konflikt ausgesprochen hat. Die gestrige Erklärung von Präsident Djukanovi - ich zitiere aus der Pressemeldung der FAZ -, unabdingbar für einen Ausweg aus der Krise auf dem Amselfeld seien Demokratisierung und Autonomie des Kosovo, die Serbiens staatliche Integrität nicht in Frage stellen und zugleich zur demokratischen Integration der Albaner führen solle, ist ein positiver Ansatz, dem ich allerdings hinzufügen möchte, daß wir Verhandlungen über den Status des Kosovo unter Einbeziehung der Bundesebene erwarten, nicht nur auf der Ebene Serbiens. Aber die dramatische Verschlechterung der Sicherheitslage im Kosovo und die vielen Toten und Verwundeten der letzten Wochen wiegen demgegenüber viel schwerer. Der Kosovo steht am Rand eines Krieges. Mir macht dabei vor allem die zunehmende Verhärtung der Positionen der Konfliktparteien Sorgen. Milosevic hat sich am 23. April seine Position der Härte in einem mehr als zweifelhaften Referendum von der Bevölkerung bestätigen lassen und fühlt sich in seiner Weigerung, zur Konfliktlösung beizutragen, nun zusätzlich gestärkt. Umgekehrt bestehen die Kosovo-Albaner völlig zu Recht darauf, nur unter internationaler Vermittlung in Verhandlungen mit Belgrad einzutreten. Sie werden darüber hinaus mit jedem weiteren Toten, mit jeder weiteren Drangsalierung weniger von ihrer Forderung nach staatlicher Unabhängigkeit abweichen. Mit jeder Minute, die verstreicht, werden sich die Positionen weiter verhärten und die Aussichten auf eine friedliche Lösung schlechter. Die gegebene Pattsituation zu überwinden wird ein klares Konzept und vor allem die einige Geschlossenheit der Staatengemeinschaft zur Durchsetzung dieses Konzeptes erfordern. Es ist daher zu begrüßen, daß sich die Kontaktgruppe letzte Woche in Rom letzten Endes doch mehrheitlich auf ein weiteres Maßnahmenpaket einigen konnte. Das Treffen hat aber auch deutlich gemacht, daß die Einigkeit der Staatengemeinschaft immer schwieriger herzustellen ist und daß mit immer schärferen Sanktionen die Zerwürfnisse innerhalb der Kontaktgruppe proportional zunehmen. Solche Risse in der Front gegenüber Belgrad werden Milosevic in seiner Position nur bestärken. Die Erwartungen der Staatengemeinschaft müssen klar und einhellig formuliert werden, genauso wie die möglichen Konsequenzen für Belgrad. Nur mit einem stetig zunehmenden Druck auf Belgrad werden wir der dortigen Führung klarmachen können, daß es keine Alternative zu der Erfüllung der zentralen Forderung der Staatengemeinschaft gibt: ein Ende der Gewaltanwendung und der Beginn von Verhandlungen ohne Vorbedingungen. Dabei ist klar, daß der Aufruf zum Gewaltverzicht sich nachdrücklich an beide Seiten richtet und daß beide Seiten zu einer Abkehr von ihren jeweiligen Maximalforderungen aufgerufen sind. Dennoch liegt der Schlüssel für eine Konfliktlösung eindeutig in Belgrad. Für die Europäische Union ist es von zentraler Bedeutung, weiterhin maßgeblich an der Konfliktlösung beteiligt zu sein. Es darf kein zweites Krebsgeschwür wie Bosnien geben. Die Europäische Union ist nach diesen Erfahrungen im Kosovo zum Erfolg quasi verurteilt, wenn ihre gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht erneut gravierenden Schaden nehmen soll. Hinzu kommt, daß wir unsere gesamten umfangreichen Bemühungen um Friedenssicherung in Bosnien gefährden, wenn es nicht gelingt, die ganze Region zu stabilisieren. Jetzt schon greift der KosovoKonflikt über seine Grenzen hinaus. Es werden zunehmend Scharmützel unter Beteiligung der regulären Streitkräfte im Grenzgebiet zu Albanien gemeldet, das seine Truppen in Alarmbereitschaft versetzt hat. Seine Armee hat insgesamt nur wenig Möglichkeiten, zur Sicherheit im Grenzgebiet beizutragen oder das Einsickern von Waffen in den Kosovo zu verhindern. Albanien hat vor diesem Hintergrund um die Bereitstellung von NATO-Streitkräften für die Sicherung seiner Grenze gebeten und im PfP-Rahmen Konsultationen über seine Sicherheitslage mit der NATO geführt. Parallel wird derzeit die Präsenz internationaler Beobachter in Albanien durch die Eröffnung eines zweiten OSZE-Büros ausgebaut. Aber auch in Mazedonien, wo die Kosovo-Albaner beinahe ein Viertel der Bevölkerung stellen, wächst die Besorgnis, der mit einem klaren Bekenntnis zu der in der gemeinsamen Beschlußempfehlung geforderten Verlängerung des Mandats für die UNPREDEP begegnet werden muß. Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Region leistet die kürzlich zwischen Albanien, Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, Rumänien und der Türkei beschlossene Aufstellung einer gemeinsamen multinationalen Friedenstruppe für Südosteuropa. Die Bündnis 90/Die Grünen haben angesichts der Verschärfung der Sicherheitslage im Kosovo in einem Änderungsantrag zur vorliegenden Beschlußempfehlung die Aufkündigung des Rückübernahmeabkommens mit der Bundesrepublik Jugoslawien gefordert. Ich halte dies bei einer weiterhin sorgfältigen Einzelfallentscheidung, wie sie auch die westlichen Partner vornehmen, nicht für notwendig. Von einer gezielten Verfolgung von Rückkehrern kann nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes nicht gesprochen werden. Nach meinen Informationen gibt es derzeit auch kein Bundesland, das einen Abschiebestopp für Kosovo-Albaner anstrebt. Die Rückkehrer befinden sich vielmehr in der gleichen Gefährdung wie alle Kosovo-Bewohner. Wir sollten uns um so mehr um eine Entschärfung des Gesamtkonfliktes bemühen. Ich plädiere daher für Ablehnung dieses Änderungsantrages. Ulrich Irmer (F.D.P.): Mit großer Sorge beobachten wir in den letzten Tagen eine erneute Welle von Gewalt im Kosovo mit zahlreichen Todesopfern und Verletzten. Die Serie blutiger Zwischenfälle in der Drenica-Region sowie im Grenzbereich zu Albanien droht weiter zu eskalieren, wenn nicht umgehend wirksame Schritte zu einer politischen Lösung eingeleitet werden. Eine solche Lösung kann nur - wie von der Kontaktgruppe in London, Bonn und Rom gefordert - über einen vorbedingungslosen, direkten und ehrlichen Dialog zwischen Pristina und Belgrad unter Beteiligung einer dritten Seite erreicht werden. Der Schlüssel für eine Verhandlungslösung liegt in Belgrad. Präsident Milosevic muß endlich seinen Worten Taten folgen lassen. Dazu gehört vor allem, daß er endlich seinen Widerstand gegen die von der Staatengemeinschaft geforderte Beteiligung einer neutralen dritten Serie an den geplanten Friedensgesprächen aufgibt. Das von Milosevic hierzu initiierte Referendum war ein durchsichtiges Ausweich- und Verzögerungsmanöver, dessen Ergebnis von Anfang an feststand. Wer, wie Jugoslawien, anstrebt, seinen internationalen Status zu verbessern und wieder Vollmitglied der OSZE zu werden, kann die Vermittlungsbemühungen der OSZE und der Europäischen Union nicht als Einmischung in innere Angelegenheiten abqualifizieren. Keine der beteiligten Seiten, weder die OSZE noch die Europäische Union noch die Kontaktgruppe und auch nicht die Vereinigten Staaten, strebt eine Verhandlungslösung an, die die territoriale Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien in irgendeiner Weise beeinträchtigen würde. Die Forderung nach Unabhängigkeit des Kosovos oder Grenzveränderungen findet interfraktional keinerlei Unterstützung. Ebensowenig akzeptabel ist jedoch die Beibehaltung des Status quo. Die Kontaktgruppe hat den Rahmen für Gespräche klar umrissen: einerseits territoriale Unversehrtheit Jugoslawiens, andererseits eine weitgehende Autonomie, die nicht nach serbischem Gutdünken revidiert, kontrolliert und eingeschränkt werden kann. Nach den schlimmen Erfahrungen der früheren Jahre wird niemand von den Kosovo-Albanern erwarten können, daß sie sich mit der Wiedereinführung eines lediglich regionalen Selbstverwaltungsstatutes innerhalb der Teilrepublik Serbien zufriedengeben werden, dessen Einhaltung nicht vor Verfassungsgerichten der Föderation eingeklagt werden kann. Angesichts der starren Haltung Belgrads und des exzessiven Einsatzes der jugoslawischen Armee verwundert es nicht, daß vereinzelt radikalere Forderungen aus dem Kosovo zu hören sind. Das klare Bekenntnis von Dr. Rugova zu einer Verhandlungslösung, zu Gewaltlosigkeit und gegen Terrorismus ist daher besonders zu begrüßen. Auch die, Kosovo-Albaner müssen alles Provozierende unterlassen und zu größerer Flexibilität bereit sein, um den angestrebten Dialog zustande zu bringen. Die Kontaktgruppe hat vergangene Woche in Rom beschlossen, den angesichts der Eskalation im Kosovo immer dringlicher werdenden Dialog zwischen Belgrad und Pristina mit einer Reihe zusätzlicher Strafmaßnahmen, aber auch mit Anreizen durchzusetzen. Milosevic hat die Wahl, sich weiter international zu isolieren und die ohnehin schon desolate wirtschaftliche und soziale Lage seiner Landsleute weiter zu verschlechtern oder aber Kompromißbereitschaft und Friedenswillen zu zeigen und dadurch die Rückkehr seines Landes nach Europa zu ebnen. Milosevic weist gerne darauf hin, das Amselfeld sei als historisches Kernland unabdingbar für die nationale Einheit Serbiens. Er muß aber auch wissen, daß die friedliche Lösung des Konfliktes auf dem Amselfeld unabdingbar für die Wiedereingliederung Jugoslawiens in die Staatengemeinschaft ist. Allen politischen Verantwortlichen in Belgrad und im Kosovo muß deutlich sein, daß die Staatengemeinschaft kein zweites Bosnien hinzunehmen bereit ist. Es darf auf dem Balkan nicht noch einmal zu einem blutigen Krieg kommen. Es ist daher auch besonders wichtig, daß sich die Kontaktgruppe in Rom ausdrücklich zur Sicherheit der von dem Kosovo-Konflikt bedrohten Nachbarstaaten und ihrer Grenzen bekannt und eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit ihnen beschlossen hat. Dem Antrag, insoweit er beide Konfliktparteien auffordert, den Einsatz unverzüglich zu beenden, und für weitere internationale Bemühungen um eine friedliche Konfliktlösung plädiert, stimme ich daher zu. Nicht zustimmen kann ich allerdings dem von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Änderungsantrag, das Rückübernahmeabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien auf zukündigen. Abgesehen davon, daß eine derartige Aufkündigung der Republik Jugoslawien von ihrer Verpflichtung der vertragskonformen Behandlung der zurückgeführten Personen entbinden würde, ist auch nach den jüngsten Ereignissen im Kosovo nicht grundsätzlich mit einer gezielten Verfolgung von rückkehrenden Kosovo-Albanern durch staatliche Organe zu rechnen. Allerdings ist es angesichts der Entwicklungen unerläßlich, bei anstehenden Entscheidungen bei Abschiebungen besonders sorgfältige Einzelfallprüfungen vorzunehmen. Dieses Verfahren steht auch im Einklang mit der Praxis unserer Partner in der Europäischen Union. Dr. Eberhard Brecht (SPD): Gestern war der Konflikt im Kosovo durch harte serbische Polizeieinsätze und passiven, zivilen Widerstand der Albaner bestimmt; heute prägen bereits bewaffnete Auseinandersetzungen die Krisenregion; nahezu jeden Tag gibt es Tote und Verwundete im Kosovo; morgen droht womöglich sogar die militärische Konfrontation zwischen Serbien und Albanien. Es ist keine Übertreibung, wenn ich feststelle: Es geht nicht nur um die Lösung eines vermeintlichen „inneren" Konflikts im Süden Serbiens; es geht mehr und mehr um die Verhinderung eines neuen Kriegs auf dem Balkan. Denn niemand kann ausschließen, daß nicht auch weitere Staaten in den Konflikt verwickelt werden. Die Konsequenzen für die auf dem Balkan lebenden Menschen, für den Dayton-Friedensprozeß und für die europäische Sicherheit wären verheerend. Zudem wäre Deutschland eines der Zielländer von potentiellen Bürgerkriegsflüchtlingen. Auch deshalb liegt es in unserem ureigenen Interesse, eine gewaltlose Lösung des Konflikts zu befördern. Wir Deutsche, wir Europäer können uns den Attentismus der Balkanpolitik aus der jüngsten Vergangenheit nicht ein weiteres Mal leisten. Nun sind die bisherigen Ergebnisse der Kontaktgruppe nicht sonderlich ermutigend. Einerseits gibt es offensichtlich innerhalb der Kontaktgruppe Meinungsverschiedenheiten über die Strategie einer Schlichtung. Zum anderen werden die nationalistischen Töne auf dem Balkan immer schriller; mit jedem Tag schaukelt sich der Konflikt verbal und mental im gleichen Maße auf, wie die Lösungschancen sinken. Auf der Seite der Kosovo-Albaner gewinnen die radikaleren Kräfte mehr und mehr die Oberhand, da nach jahrelangen Repressionen aus Belgrad die Geduld der Menschen offenbar erschöpft ist. Sie setzen immer weniger auf friedliche Optionen, denen sich ihr gemäßigter Führer Ibrahim Rugova noch immer verpflichtet fühlt. Rugova ist die Identifikation des kosovischen Albanertums, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Auf die Operationen der UCK hat er offenbar keinen Einfluß. Andererseits hat Slobodan Milosevic bislang nicht erkennen lassen, daß er an einer friedlichen Lösung des Kosovo-Konflikt wirklich interessiert ist. Er glaubt angesichts der erdrückenden Überlegenheit seiner Sicherheitskräfte, daß ein Krieg gegen die schlecht ausgerüsteten UCK-Kämpfer gewinnbar ist. Und Milosevic setzt darauf, daß jedes Opfer auf serbischer Seite - ähnlich wie 1389- eine Woge nationaler Gefühle begründet. Von dieser Woge getragen, gedenkt er, seine Machtposition zu festigen, die durch die Bürgerrechtsbewegung Zajedno zeitweise in Frage gestellt war. In dieser Situation müßte die internationale Staatengemeinschaft auf beide Konfliktparteien Druck ausüben, um sie an den Verhandlungstisch zu zwingen. Doch der Kontaktgruppe sind nur noch wenige Pfeile im Köcher verblieben, mit denen man Forderungen nach einer Zivilisierung des Konfliktes Nachdruck verleihen könnte. Die angedrohten oder schon durchgesetzten Sanktionen treffen Belgrad zwar politisch, haben aber nur marginale Auswirkungen auf die finanziellen bzw. militärischen Fähigkeiten des Milosevic-Regimes, einen Krieg gegen die eigenen Staatsbürger zu führen. Vielversprechender sind Konzepte, in denen man Belgrad den Zugang zu europäischen Institutionen und den Kosovo-Albanern internationale Garantien in Aussicht stellt. In dieser Kombination ist aber eine internationale Vermittlerrolle unbedingt erforderlich, zudem Präsident Milosevic diese mit seiner Unterschrift unter den Dayton-Vertrag schon zugestanden hat. Daran ändert das von ihm propagandistisch hervorragend inszenierte Referendum nichts. Klar ist: Die bescheidenen Fortschritte der Kontaktgruppe halten derzeit nicht Schritt mit der Eskalationsgeschwindigkeit in der Krisenregion. Daher ist es aus meiner Sicht unabdingbar, ein Überspringen, ein Spillover des Konflikts auf Mazedonien und Albanien zu verhindern. So fordern wir heute gemeinsam, daß das Mandat für die UNPREDEP-Mission in Mazedonien verlängert und der neuen Situation angepaßt werden muß. Aber auch die Nordgrenze Albaniens muß unbedingt gesichert werden. Die Möglichkeiten der wenigen ECMM-Monitore und der inzwischen zahlenmäßig aufgestockten OSZE-Beobachter sind zu begrenzt, um den gewollten oder ungewollten Export des Konflikts nach Albanien zu verhindern. Weder darf Interessengruppen in Albanien gestattet werden, den Kosovo-Konflikt für sich innenpolitisch zu nutzen, noch darf man Belgrad einen Vorwand für die weitere Verschärfung der Situation einschließlich des Überschreitens der jugoslawisch-albanischen Grenze liefern. Deshalb plädiere ich für eine bewaffnete, präventive Mission, die folgende Aufgaben wahrnimmt: Erstens Beobachtung der nordalbanischen Grenze, zweitens Unterbindung grenzüberschreitender Bewegungen von Militärkräften und drittens Überwachung der beschlossenen Embargomaßnahmen. Für eine solche präventive Maßnahme wäre ein Mandat durch die UNO wünschenswert und angesichts der jüngsten Äußerungen des russischen Außenministers Jewgeni Primakov wohl auch erreichbar. Hier teile ich die von der Bundesregierung geäußerten Bedenken nicht. Eine Beteiligung Rußlands und der USA wäre wünschenswert. Die Bundesregierung sollte sich darüber im klaren sein, daß der Vorschlag einer präventiven Sicherung der nordalbanischen Grenze nur dann glaubhaft ist, wenn auch wir uns mit einem begrenzten Kontingent deutscher Streitkräfte daran beteiligen würden. Der Nutzen einer jeden Präventionsmaßnahme relativiert sich, wenn die beteiligten Konfliktparteien nicht zu einer Verständigung bereit sind. Die Alternative wäre ein Blutbad, aus dem selbst der Sieger langfristig zum Verlierer würde. Deshalb richten wir heute an die Kosovo-Albaner und an die Regierung in Belgrad den dringenden Appell: Setzen Sie nicht auf die Logik von Gewalt und Gegengewalt! Setzen Sie sich statt dessen an den Verhandlungstisch! Gerd Poppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Noch gibt es keinen Krieg im Kosovo, noch ist es nicht zu spät, die Eskalation zu stoppen. Allerdings ist dazu der politische Wille der Staatengemeinschaft erforderlich. In einem gemeinsamen Europa, das eines Tages auch die gesamten Balkanregion einschließen muß, sollte dieser Wille vorhanden sein. Die Europäische Union hat eine neue außenpolitische Bewährungsprobe vor sich. Die Zeit drängt. Das Blutvergießen hält schon seit Wochen an, täglich wächst die Zahl der Opfer. Der Konflikt zwischen Serben und Kosovo-Albanern ist bekanntlich nicht neu. Auch im Bundestag haben wir uns in den vergangenen Jahren mehrfach mit diesem Thema befaßt. Dennoch ist es auch dem viel zu langen Abwarten des Westens zuzuschreiben, daß die Geduld der Albaner sich erschöpft. Der langjährige gewaltfreie Widerstand, der ihnen Anerkennung und Sympathie eingetragen hat, brachte keine Verbesserung ihrer Lage. Daraus zieht eine wachsende Zahl von Albanern die falsche und gefährliche Schlußfolgerung, nur Gewalt könne die Dinge ändern. Wir alle wissen, wie groß das Risiko eines Flächenbrandes ist. Um so dringender ist es, daß die Staatengemeinschaft jetzt endlich wirksame Maßnahmen trifft, um eine weitere Eskalation und die Ausweitung des Konflikts zu verhindern und konstruktive Verhandlungen zu erzwingen. Dazu bedarf es kompetenter internationaler Vermittlung. Drei Argumente sprechen für diese Forderung: erstens die Übernahme von Verantwortung für die Lösung des Konflikts durch die internationale Gemeinschaft, zweitens der notwendige Druck auf die Regierung Milosevic, die in erster Linie für die Gewalteskalation verantwortlich ist, und drittens die ebenso notwendige Unterstützung für die Politik Rugovas und seiner Anhänger, die sich auf albanischer Seite für eine friedliche Lösung einsetzen. Bedroht sind längst auch die Nachbarstaaten Mazedonien und Albanien. Dabei ist es zunächst zweitrangig, ob albanische Nationalisten oder serbische Truppen die Grenzen überschreiten. Beides muß verhindert werden. Die Regierungen in Skopje und Tirana sind allein zu schwach dazu. Einer Ausweitung des Konflikts muß durch Internationalisierung seiner Eindämmung vorgebeugt werden. Das Instrument dafür sind die Vereinten Nationen. Das Mandat für UNPREDEP in Mazedonien soll verlängert und das Kontingent erweitert werden. Das ist zu begrüßen. Die Möglichkeit einer vergleichbaren UN-Aktion auch an der Nordgrenze Albaniens sollte geprüft werden, und zwar schnell. Das Ziel einer UN-Präsenz in dieser Region, die von der Europäischen Union initiiert werden könnte, sollte allerdings nicht die bloße Beobachtung des Konfliktes, sondern die Verhinderung militärischer Gewalt sein. Der jugoslawische Präsident Milosevic hat viel Erfahrung darin, Kriege zu provozieren und die internationale Staatengemeinschaft zu spalten. Die Zusammensetzung der Kontaktgruppe hat den Sinn, unterschiedliche Interessen zu bündeln und damit Kompromisse zu erzielen. Darin liegt eine ihrer Aufgaben, und nicht zuletzt darin liegt auch ihr Wert. Deshalb aber ist es um so wichtiger, daß zumindest die Europäische Union jetzt zu einer gemeinsamen Haltung findet und bei ihr bleibt. Und sie sollte sich nicht wieder in die Situation bringen lassen, aus mangelnder Einigkeit den USA die entscheidenden Schritte zur Eindämmung des Konflikts überlassen zu müssen. Es ist zuerst eine europäische Aufgabe, Krisen in Europa zu lösen und Frieden in Europa zu bewahren. Das Versagen Europas in Bosnien darf sich nicht wiederholen. Wir sind der Meinung, daß es auf Grund der anhaltend kritischen Lage nicht verantwortbar ist, Flüchtlinge in den Kosovo abzuschieben. Deshalb haben wir unserem Antrag einen kurzen Änderungsantrag beigefügt, der im Auswärtigen Ausschuß keine Mehrheit gefunden hat. Im übrigen begrüße ich es, daß wir mit der in der Beschlußempfehlung enthaltenen überarbeiteten Fassung unseres Antrages Einvernehmen zwischen den Fraktionen herstellen konnten, und ich bedanke mich bei den Kollegen der Koalition und der SPD für die konstruktive Zusammenarbeit. Ebenso wichtig wie eine gemeinsame Haltung der EU ist es, daß der Deutsche Bundestag über die Fraktionsgrenzen hinweg und auch im Einvernehmen mit der Bundesregierung mit einer Stimme spricht. Die unterdrückten und verzweifelten Menschen im Kosovo hoffen auf unsere Unterstützung und Hilfe. Steffen Tippach (PDS): Einiges ist in dieser Debatte unumstritten: Die Lage im Kosovo wird von Tag zu Tag gefährlicher. Sie treibt auf eine gewaltsame Austragung zu, die - wenn es denn dazu kommen würde - für den Balkan und für Europa schlimmere Konsequenzen als der Krieg in Bosnien-Herzegowina hätte. Die Politik von Milosevic im letzten Jahrzehnt gegenüber dem Kosovo wie auch seine bisherige Haltung zu Verhandlungen sind nicht akzeptabel. Daran ändert auch nichts das jüngste sogenannte Referendum. Der jetzige Zustand im Kosovo, wie er in den letzten Jahren entstanden ist, ist für die internationale Gemeinschaft nicht hinnehmbar, aber auch nicht eine Grenzänderung. Und hinter den von Tito gewährten Status für den Kosovo, der von Milosevic ausgehöhlt wurde, gibt es kein Zurück. Klar ist auch, daß eine Lösung nur auf dem Wege von Verhandlungen mit internationaler Vermittlung erreichbar ist. Hoffnungen bereiten hier die Meldungen der letzten Tage und Stunden über die wachsende Bereitschaft Milosevics, den OSZE-Vermittler Felipe Gonzales zu akzeptieren. Gute Dienste der Vermittlung sind unumgänglich, da das Mißtrauen und auch die politischen Unterschiede zwischen den Kosovo-Albanern und der serbischen Führung zu groß sind. So oder ähnlich kann man das auch von Außenminister Kinkel hören. Seine Jugoslawienpolitik aber ist eine andere: Sie ist einseitig und deshalb unglaubwürdig. Man verlangt z. B. zwar ein Ende der Polizeiaktionen und den Rückzug der serbischen Spezialeinheiten, ohne aber gleichzeitig auf die Einstellung der Terrorakte seitens der sogenannten Befreiungsarmee, die sich sowohl gegen Serben als auch gegen eigene Landsleute richtet, hinzuwirken. Man verfährt nach dem gleichen Muster wie beim Zerfall Jugoslawiens und dem Krieg in Bosnien-Herzegowina. Druck und Kritik, so berechtigt sie im einzelnen sein mögen, richten sich ausschließlich an die serbische Seite. Jetzt hat sich auch noch der Kanzler mit dem bezeichnenden Satz zu Wort gemeldet, man müsse endlich „die Serben in die Schranken weisen". Nur die serbische Seite wird mit Sanktionen belegt. Abgesehen davon, daß man damit Milosevic am wenigsten trifft, treffen sie aber die Bevölkerung eines Landes, das ohnehin dem Wirtschaftsbankrott nahe ist. Man könnte meinen, man will überhaupt keine Lösung. Denn jedermann weiß, daß diese Einseitigkeit nur die Ultranationalisten auf jeder Seite anspornt und Verhandlungen eher in weite Ferne rückt, zumindest aber eine Lösung erschwert. Dann braucht man nur noch auf den Ruf nach Militär zu warten. Ein „Cordon sanitaire" um den Kosovo mit NATO-Truppen in Albanien, Mazedonien, Bulgarien und Bosnien ist ja schon im Gespräch. Nach allen bisherigen Erfahrungen ist es da nur noch eine Frage der Zeit, bis eine direkte militärische Intervention der NATO gefordert wird. Die jüngsten Äußerungen der Bundesregierung bestätigen Befürchtungen. Was wir von der deutschen Außenpolitik fordern, ist vernünftiges Einwirken auf beide Seiten und die Übernahme einer wirklich hilfreichen Rolle im Konflikt. Warum verfügt die Bundesregierung nicht sofort einen generellen Abschiebestopp für Kosovo-Albaner? Angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen im Kosovo ist völlig unverständlich, daß das Rückführungsabkommen nach wie vor umgesetzt wird. Eine Aussetzung des Abkommens und damit der Massenabschiebungen in den Kosovo ist dringend geboten. Warum setzt sich die Bundesregierung nicht dafür ein, daß Jugoslawien wieder seinen Platz in den europäischen und internationalen Organisationen erhält bzw. der Prozeß des Beitritts zur EU begonnen wird. Diese zentralen Fragen sind auch in dem vorliegenden interfraktionellen Änderungsantrag gar nicht oder nicht hinreichend aufgenommen, so daß wir uns trotz zahlreicher Übereinstimmungen in' vielen Punkten der Stimme enthalten werden. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Altenpflegegesetz) Klaus Riegert (CDU/CSU): Der Ausschußbericht zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Berufe der Altenpflege spiegelt die Schwierigkeiten wider, eine bundeseinheitliche Altenpflegeausbildung zu schaffen. Dies ist für alle, die eine entsprechende Bundesregelung wollen, unbefriedigend. Es fehlen einheitliche moderne Ausbildungsinhalte, vor allem für die medizinisch-pflegerischen und rehabilitativen Teile der Ausbildung. Die Ausbildungsdauer schwankt zwischen zwei und drei Jahren. Es gibt keine klare Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Ausbildungsvergütung und für die Aufbringung der Kosten der Ausbildungsvergütung. Durch ein Altenpflegegesetz könnte eine Ausbildungsvergütung und deren Finanzierung flächendeckend eingeführt werden. Es fehlen bundeseinheitliche Rahmenvorschriften für die Ausbildung zur Altenpflegehelferin. Sie sind erforderlich, um die Dauer dieser Ausbildung auf die der Altenpflegeausbildung anrechnen zu können. Es fehlt ein einheitliches Berufsbild für die Anerkennung der Ausbildung nach der zweiten EU-Richtlinie. Konsequenz: Altenpfleger werden im Ausland nur als Hilfskräfte eingestellt. Die Berufsbezeichnung „Altenpfleger/Altenpflegerin" ist - mit Ausnahme Bayerns - nicht geschützt. Es gibt also gute Gründe für eine bundesgesetzliche Regelung. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme den Gesetzentwurf des Bundesrates als brauchbare Beratungsgrundlage angesehen. Sie hat jedoch ebenso Einwände erhoben: Ergänzungsbedürftig sind die Ausbildungsziele. Der Anteil der praktischen Ausbildung gegenüber dem des Unterrichts muß erkennbar überwiegen. Der Grundsatz der Kostenerstattung (§ 25 Abs. 1 Satz 1) ist im Gesetz selbst zu regeln. Die Kosten des Unterrichts können nicht in die Erstattungsregelung einbezogen werden. Eine Sonderregelung für die Ausbildung der Umschüler - Dauer: zwei Jahre - fehlt. Daher kommt auch kein Vorrang der Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz vor der Ausbildungsvergütung in Betracht. Über diese Punkte hinaus sind weitere Änderungen erforderlich. So ist die vorgesehene Ermächtigung für eine Weiterbildungsverordnung verfassungswidrig, weil für diese Materie die Länderkompetenz gegeben ist. Die Gesetzeskompetenz des Bundes ist der Knackpunkt. Nach Auffassung Bayerns liegt die Gesetzgebungskompetenz für den Erlaß eines Altenpflegegesetzes ausschließlich bei den Ländern. Die Altenpflege ist kein Heilberuf im Sinne von Art. 74 Nr. 19 GG. Sie ist ein reiner Pflegeberuf. Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG ist unter anderem „die Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe". Bei den Berufen in der Altenpflege handelt es sich aber - wie bei den Berufen der Familienpflege oder in der Heilerziehungspflege - um sogenannte sozialpflegerische Berufe und nicht um nichtärztliche Heilberufe. Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes läßt sich aus bayerischer Sicht auch nicht aus dem Berufsbildungsgesetz ableiten. Dieses fußt auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung wird das Recht der Wirtschaft genannt. Unter diesen Begriff läßt sich die Altenpflege aber nicht subsumieren. Der Beruf zählt vielmehr zu den sonstigen Dienstleistungen. Damit ist eine Regelung der Altenpflege als duale Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz nicht möglich. Meine Damen und Herren Sozialdemokraten: Vor diesem Hintergrund wird ihr Blockadevorwurf an die Adresse Bayerns der Problematik nicht gerecht, insbesondere auch mit Blick auf die Neufassung von Art. 72 GG, die ja die Rechte der Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gestärkt hat. Wenn Sie, Frau Rupprecht, kritisieren, Bayern habe sich mit dem Widerstand gegen eine einheitliche Regelung „wieder einmal als Blockierer einer am Menschen orientierten Sozialpolitik gezeigt", dann will ich Sie nur daran erinnern: Bayern hat seinen Bürgern das „Notopfer Krankenhaus" im Gegensatz zu den SPD-Bundesländern erspart. Die SPD-Bundesländer haben sich hier aus der Verantwortung gestohlen! Blockade ist Mittel sozialdemokratischer Politik: Ayslrecht, Gewerbesteuerreform und zuletzt die große Steuerreform. Die Steuerreform haben Sie doch ganz bewußt im Bundesrat zu Fall gebracht, weil Sie sich so bessere Chancen für die Bundestagswahl ausrechnen. Mit dem Vorwurf der Blockade sollten Sie äußerst vorsichtig umgehen! Abgesehen von den kompetenzrechtlichen Fragen sprechen aus bayerischer Sicht auch erhebliche fachliche Bedenken gegen eine bundesweite Regelung der Altenpflegeausbildung. Bei einem Übergang zur beruflichen Erstausbildung und zum dualen System wäre auch 16- und 17 jährigen Schülerinnen oder Schülern diese Ausbildung möglich. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, weil eine Tätigkeit in der Altenpflege eine gewisse Reife und psychische Stabilität voraussetzt. Die psychischen Belastungen durch die ständige Begegnung mit Krankheit und Sterben sind in diesem Beruf sehr hoch. Im Gegensatz zur Krankenpflege werden in der Altenpflege Menschen bis zu ihrem Lebensende begleitet. Eine Gesundung wie bei der Krankenpflege gibt es nicht. Deshalb besteht die Gefahr, daß viele der sehr jungen Schüler und Absolventen überfordert sein könnten. Erhöhte Abbrecherquoten während der Ausbildung und eine noch kürzere Verweildauer im Beruf könnten die Folge sein - und damit auch „berufliche Fehlinvestition". Chancen für Berufsrückkehrerinnen können sich verschlechtern. Zwar sollen Ausbildungsverkürzungen möglich sein. Die berufsbegleitende Teilzeitausbildung aber soll bis zu fünf Jahre dauern. Die fehlende Ausbildungsvergütung bei bestehender Fachschulausbildung stellt keinen gravierenden Nachteil dar: Das Fachschulsystem ist schulgeldfrei. Bei „notwendiger" Fortbildung greift das Arbeitsförderungsgesetz. Im übrigen ist das Erwerbseinkommen bei jetziger Teilzeitmaßnahme höher als die mögliche Ausbildungsvergütung. Ferner ist das im Gesetzentwurf vorgesehene Umlageverfahren bei den Einrichtungen zur Deckung der Ausbildungskosten verfassungsrechtlich bedenklich. Die bayerische Landesregierung ist der Auffassung, daß die Absolventen des bayerischen Fachschulmodells, das bundesweit als vorbildlich anerkannt ist, dem Anforderungsprofil der Altenpflege viel eher gerecht werden. Gerade die in Bayern vorhandene Möglichkeit, sich auch in Teilzeitform zum Altenpfleger weiterbilden zu können, führt dazu, daß viele hochmotivierte und vorzüglich geeignete Frauen nach der Familienpause für den Beruf der Altenpflegerin gewonnen werden können. Auf Grund der hervorragenden Ausbildungsmöglichkeiten hat Bayern demgemäß erfreulicherweise auch keine Nachwuchssorgen im Bereich der Altenpflege. Auch ist die mit einer bundeseinheitlichen Regelung verbundene Hoffnung eines Anstiegs der Schülerzahl nicht realistisch. Der Beruf des Altenpflegers wird nicht dadurch attraktiver, daß er durch Bundesgesetz geregelt wird. Ein einheitlicher Ausbildungsstandard sowie die länderübergreifende Anerkennung kann durch Vereinbarung der Kultusministerkonferenz in ausreichendem Maße gewährleistet werden. Das Fachschulsystem hat sich - zumindest in Bayern - bewährt. Die derzeit mehr als 5000 Fachschüler und -schülerinnen in den etwa 70 bayerischen Fachschulen für Altenpflege belegen dies. Vor diesem Hintergrund, Frau Hanewinckel, von einer „unqualifizierten Altenpolitik Bayerns" zu sprechen, ist arrogant, wirklichkeitsfremd und diskriminiert die bayerischen Fachschüler. Wir nehmen diese Argumente Bayerns ernst - gerade weil wir in der Sicherung der Pflege und Betreuung von hilfe- und pflegebedürftigen älteren Menschen eine Zukunftsaufgabe ersten Ranges sehen. Deshalb bemühen wir uns weiter um eine einvernehmliche und bessere Lösung. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 14 (Antrag: Sporttourismus, neuartige Sportaktivitäten und Umweltschutz) Dr. Rolf Olderog (CDU/CSU): Unser Antrag befaßt sich mit dem Konflikt, Sportausübung in der freien Natur zu ermöglichen und gleichzeitig den notwendigen Schutz von Natur und Umwelt zu gewährleisten. Unser Antrag zeigt auch, wie dieses Problem zu lösen ist oder wie diese Problematik doch weitgehend entschärft werden kann. Wir wollen die Bemühungen all jener unterstützen, insbesondere auch des Deutschen Sportbundes und der Naturschutzorganisationen, die bei der Sportausübung auf eine nachhaltige Entwicklung umsteuern wollen, wie dies seit der Konferenz von Rio 1992 die allgemeine Diskussion bestimmt und wie dies in der Agenda 21 näher ausgeführt ist. So auch der Vertreter des Deutschen Sportbundes bei unserer öffentlichen Anhörung im März dieses Jahres während der Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Daß es zwischen Sport und Umweltschutz einen Konflikt gibt, ist nicht zu leugnen. Diesen Konflikt wegzureden wäre unehrlich. Tatsache ist sogar, daß dieser Konflikt in den letzten Jahren an Brisanz und Konfliktpotential noch gewonnen hat, insbesondere durch die neuartigen und oft problematischen modisch geprägten Trendsportarten, wie z. B. Snow-board oder Wildwasserrodeo. Gerade uns als Tourismuspolitikern ist bewußt: Landschaft und Umwelt sind das wichtigste Kapital der Urlaubsorte, das sie keinesfalls kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen opfern dürfen. 60 % der deutschen Urlauber geben an, daß sie Sport im Urlaub ausüben. meist handelt es sich um „weiche Sportarten" wie Wandern, Schwimmen, Baden oder Radfahren. 3 Millionen Urlaubsreisende machen jährlich eine spezielle Sportreise. Sporttreiben ist also der Hauptanlaß ihrer Reise. Diese Sportreisen haben zahlenmäßig schon die Bildungs- und Studienreisen übertroffen. In bestimmten Regionen und an bestimmten Punkten ist der Sport im Urlaub unübersehbar ein Massenphänomen, so bei bestimmten Skigebieten, beim Bootsverkehr auf Fließgewässern, manchmal sogar in bestimmten Felsbiotopen. Ein Beispiel, das die Dimension der Veränderung zeigt: Vor fünf Jahren gab es auf der Lahn rund 15 000 Paddelboote, heute sind es 150 000 im Jahr. In meiner ostholsteinischen Heimat gibt es - wenn auch in weit kleinerer Dimension - ein ähnliches Problem auf dem Flüßchen Schwentine. Oder ein weiteres Beispiel aus meiner ostholsteinischen Heimat: Vor Jahrzehnten waren Segelboote auf der Ostsee vereinzelte weiße Punkte. Heute sehen sie bei schönem Wetter das Küstengewässer bis weit in das offene Meer hinaus übersät von den weißen Segeln. Es ist ein Problem, diese vielen Boote irgendwo an der Küste unterzubringen und im Winter zu lagern. Mit diesen neuartigen Sport- und Freizeitaktivitäten sollten wir uns kritisch auseinandersetzen. Sie sind vielfach Ausdruck von modischen Trends und Lebensstilen. Es kommt hinzu, daß die Freizeitindustrie und manche Medien nur allzuoft das Bild einer „sportoffenen Landschaft" vermitteln. Die Sportindustrie vermittelt ein dynamisch-sportliches Leitbild, das allzuoft nur höchst problematisch ist und zu immer grenzen- und rücksichtsloserem Verhalten führt. Früher verband man Natursport mit Naturorientierung und körperlicher Fitneß. Heute geht es um eine ganz neue Sinndimension, um Abenteuer und Erlebnis, um Nervenkitzel, Abwechslung, um den Kick, ohne daß die Landschaft noch eine Rolle spielt. Das ist sozusagen ein Naturverlust mitten im Grünen! Gleichzeitig dringt der Sport immer weiter in die Natur vor. Gebiete, die früher nicht genutzt wurden, dienen heute dem Sportklettern. Neoprenanzüge machen das Surfen auf der Ostsee praktisch das ganze Jahr möglich. Ein besonderer Punkt kommt noch hinzu. Nicht nur die Ausübung des Sports selbst kann land-schaftschädigend sein, Probleme werfen vor allem auch der mit ihm verbundene Verkehr, die damit verbundene Luftverschmutzung und deren Klimaschädlichkeit auf. Rund 60 Prozent des Verkehrs sind Frei- zeitverkehr, davon fällt wiederum ein Viertel im Zusammenhang mit Sport an, für Training und Sportferien. Kritisch muß über die sportspezifische Infrastruktur gesprochen werden, die damit verbundene Inanspruchnahme ökologisch empfindlicher Flächen, die Flächenversiegelung. Zu reden ist von der Störung wildlebender Tiere bis hin zu Schädigung von Boden und Vegetation. Ich brauche nicht zu betonen, wie wichtig eine sportliche Betätigung und insbesondere auch Sport in freier Natur für die Gesundheit und die Stärkung geistiger und seelischer Kräfte sind. Die moderne Lebensweise schafft Probleme: Die bewegungsarme Berufstätigkeit, die Enge vieler städtischer Siedlungen und die erhöhten Anforderungen in Beruf und Familie. Es wäre ein bedrückender Verlust an Lebensqualität, wenn wir nicht mehr in Natur und Landschaft Erholungs- und Freizeitnutzung zulassen könnten. Aber damit das so ist, müssen wir gewährleisten, daß sie landschaftsverträglich gelenkt und gestaltet wird. Ich bitte gerade auch die Naturschützer zu bedenken: Nur derjenige wird bereit sein, die Natur zu schützen, der zuvor Gelegenheit gehabt hat, die Natur kennenzulernen, auch das herrliche Gefühl, die Lebensfreude zu empfinden, wenn man sich in der freien Natur bewegt. Nein, wir wollen den Menschen nicht aus der Natur verbannen. Wir dürfen Natursport und Naturschutz nicht als radikal-unversöhnliche Gegensätze betrachten. Aber wir dürfen auch nicht ausblenden, wie sehr der Lebensraum zahlreicher, zum Teil bereits bedrohter Tiere und Pflanzen zunehmend enger wird. Suchen wir nach Lösungen, Natursport zu ermöglichen, wo und soweit er mit den Anforderungen des Naturschutzes vereinbar ist! Unvermeidbar in jedem Einzelfall ist die sorgfältige Prüfung und Abwägung. Unsere Vorschläge liegen in folgendem: 1. Ökologische Information und Aufklärung über vom Natursport ausgehende Gefahren für Natur und Landschaft; nachdrückliche Werbung für nachhaltige Lebensstile und Konsumgewohnheiten sowie für einen verantwortungsbewußt betriebenen Sport. 2. Neue Modelle zur Steuerung und Lenkung von Sport- und Freizeitaktivitäten, insbesondere unter Beteiligung auch der Natursportler. 3. Mehr Möglichkeiten zum Naturerleben in besiedelten und siedlungsnahen Bereichen; attraktive umwelt- und sozialverträgliche Sport- und Tourismusangebote zur Entlastung der übrigen Landschaften. . 4. Strenger Schutz ökologisch hochsensibler Räume; Verringerung von Landschaftsbelastungen durch Sport und Sporttourismus durch Verlagerung in weniger empfindliche Bereiche. 5. Information und Werbung bei Industrie, Werbung und Wirtschaft sowie Sportorganisationen für verstärkt ökologisch verträgliche Verhaltensweisen. Der Deutsche Sportbund hat sich bereits in einer Fülle von beispielhaften Aktivitäten durch Untersuchungen, Lösungsvorschläge und Appelle der ökologischen Herausforderung gestellt. Dafür danken wir. Der Sport und der Sporttourismus sollten sich immer wieder bewußt machen, daß sie durch schädigende Aktivitäten nicht nur die Natur unzuträglich belasten können, sondern daß sie durch Verschmutzung der Luft, durch Schädigung und Zerstörung der Natur auch die Grundlagen ihres eigenen Natursports zerstören können. Ich appelliere an Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in der Opposition, unseren von vielen Fachleuten so positiv bewerteten Antrag einmütig zu unterstützen. Klaus Riegert (CDU/CSU): Wir leben in einer Zeit, in der das Bewußtsein für gesundheitliches Wohlbefinden zunimmt, in der Sport als wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsvorsorge gesehen wird. Sport bestimmt zunehmend die Freizeit- und Urlaubsaktivitäten unserer Bürger und wird, wann immer und wo immer möglich, am liebsten in der freien Natur, im Grünen ausgeübt. Immer mehr Menschen suchen auf diese Weise Erholung durch den Sport. Dies ist gut so und im Grundsatz zu begrüßen. Aber wir müssen auch wissen: Durch die Masse der Sportler und Freizeitaktivitäten entstehen Gefahren für Natur und Umwelt, die wir alle, gerade der Sportler, ernst nehmen müssen. Es ist klar: Durch die Vermassung belasten Sport und Freizeitaktivitäten zunehmend Natur und Umwelt. Sie werden auf Dauer nur noch möglich sein, wenn wir mit der Ressource Natur verantwortungsbewußt umgehen und unsere Sport- und Freizeitaktivitäten umwelt- und naturverträglicher gestalten als bisher. Es gibt schon zu bedenken, daß ein Sportler pro Jahr eine durchschnittliche Wegstrecke zur Ausübung seines Sports von rund 1 700 Kilometer zurücklegen muß und rund 10,3 Milliarden Autofahrten für die Durchführung der Freizeitaktivitäten vorgenommen werden. Eine solche Belastung schadet auf Dauer der Natur und der Umwelt. Wir müssen zu mehr wohnortnahen Angeboten für Sport und Freizeit kommen, um Wege zu verkürzen. Wir müssen uns in der Verkehrsplanung und Verkehrslenkung flexibler zeigen. Das Auto wird nach wie vor Verkehrsmittel Nummer eins bleiben. Dies zu ignorieren, wäre töricht. Aber: Auch den Sportler und Freizeitaktivisten ärgern kilometerlange Staus und vergebliche Parkplatzsuche. Dies schadet auch seinem Wunsch nach aktiver Freizeit und Erholung. Die vorhandenen Möglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs werden noch zu wenig in Anspruch genommen. Doch dies liegt häufig daran, daß der öffentliche Nahverkehr die Bedürfnisse der Menschen zu wenig beachtet. Der öffentliche Nahverkehr wie auch die Bahn vernachlässigen diesen wichtigen Wachstumsmarkt. Unzureichende Verbindungen, zu hohe Preise sind vor allem für Familien mit Kindern ein ständiges Ärgernis. Hinzu kommt, daß viele Sport- und Freizeiteinrichtungen vom öffentlichen Verkehr nahezu ignoriert werden. Es fehlt der Service für die Mitnahme von Sportgeräten wie Skiern, Surfbrettern, Fahrrädern und was sonst an Sportausrüstungen mitgeschleppt werden muß. Hier wäre schnell und unbürokratisch eine Entlastung der Umwelt zu erreichen. Die Einsicht scheint bei allen Beteiligten vorhanden zu sein, doch es fehlt der Wille zur Umsetzung. Es nützt nichts, vor allem nicht der Natur und der Umwelt, immer häufiger Gebiete für Sport und Frei- zeitaktivitäten zu sperren. Dies führt zu Ausgrenzungen und Verdrängungsprozessen, die Natur und Umwelt mehr schaden. Dadurch erforderliche weite Anfahrtswege und die Konzentration der Massen auf verringerte Angebote erreichen den entgegengesetzen Effekt: Natur und Umwelt werden stärkeren Belastungen ausgesetzt. Das Verlagern von Problemen in andere, oft entferntere Gebiete, führt zu unerwünschten Konsequenzen zum Nachteil der Natur. Sie tragen nicht zu einer umwelt- und naturverträglichen Nutzung durch Sport und Freizeit bei. Wir brauchen deshalb keine fundamentalistischen Rechthabereien, weder auf seiten des Sports noch auf seiten der Naturschützer. Wir brauchen das Verständnis der Sportler und Freizeitaktivisten für ökologische Probleme und ein Erkennen der ökologischen Zusammenhänge. Der deutsche Sport und seine Spitzenverbände sind auf dem richtigen Weg: Natur- und umweltgerechte Nutzung ist in den meisten Verbänden satzungsmäßig verankert. Die Mitglieder werden zur naturverträglichen Sportausübung durch Schulungen vorbereitet, für viele Sporttreibende sind sie Multiplikatoren. Ich möchte hier beispielhaft den Deutschen Kanu-Verband nennen, der seine Mitglieder auf die Notwendigkeit des Gewässerschutzes vorzüglich hinweist. Denn - auch dies wissen die Sportler -: Nur, wenn sie schonend mit der Natur umgehen, werden sie die landschaftliche Schönheit auf Dauer genießen können. Wir brauchen die Sportartikelindustrie, die nicht nur an schnellen Umsatz und Vertrieb ihrer Produkte denken soll, sondern die Käufer beim Kauf der Sportgeräte auf die natur- und umweltverträgliche Nutzung und die Gefahren, die für die Natur und Umwelt entstehen können, hinweist. Wir brauchen Werbung für Sport und Freizeit, die den Gedanken des Natur- und Umweltschutzes in den Mittelpunkt stellt. Dies muß in die Verkaufsstrategie einfließen und wird sich auf Dauer auszahlen. Wir brauchen aber auch die Naturschützer, die mehr Verständnis für die Menschen aufbringen müssen, die in der freien Natur sporttreiben wollen und Erholung suchen - also: Kooperation statt Konfrontation. Verständnisvolle und informierte Nutzer werden auf Dauer die besten Schützer sein, denn nur in der intakten Natur und Umwelt macht Sporttreiben Spaß. Deshalb war es richtig, dem Sport und seinen Verbänden, die im Sinne des Naturschutzes und der Landschaftspflege tätig sind, eine frühzeitige Mitwirkung an Planungen und Entscheidungen einzuräumen, wenn deren Belange betroffen sind. Dies wird zu einer erheblichen Akzeptanzsteigerung auch bei unumgänglichen Naturschutzmaßnahmen beitragen. Dies ist Politik, die in die Zukunft gerichtet ist. Naturschutz und Sport werden das immer stärker werdende Bedürfnis der Bürger nach Sport und Erholung in der Natur nur gemeinsam lösen können. Ausgrenzen hilft keinem, am wenigsten der Natur und der Umwelt. Der Mensch gehört zur Natur, er gehört in die Natur. Exklusivität gibt es beim Naturschutz nicht. Hier sind wir alle gefordert. Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.): Wir haben große Übereinstimmung über die Bedeutung von Umwelt- und Naturschutz sowohl für den Tourismus als auch für den Sport. Eine intakte Natur ist und bleibt unser Grundkapital auch für die breite Palette heutiger Freizeitgestaltung. Es geht weniger darum ob, sondern wie Umweltschutz, Tourismus und Sport in Einklang gebracht werden können. Die F.D.P. hat schon 1985 in ihrem tourismuspolitischen Programm festgestellt: Tourismus und Umweltschutz sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Tourismus ist von erheblicher sozialer und ökonomischer Bedeutung. Für die einen dient er zur Erholung und Freizeitgestaltung; für die anderen ist er wirtschaftliche Existenzgrundlage. Vom Tourismus hängen in Deutschland rund 2 Millionen Arbeitsplätze ab. Sein Anteil am BSP beträgt 6 Prozent. Aktiv- wie Passivsport sind wichtige Elemente des Tourismus geworden: Sportliche Großereignisse sind heute eine touristische Attraktion ersten Ranges. Ein optimales Aktiv-Sportangebot trägt wesentlich zur touristischen Attraktivität eines Ferienortes bei. Jede Mobilität, also auch die sporttouristische, hat auch eine ökologische Kehrseite. Dies darf aber nicht als Vorwand zur staatlichen Gängelung des Bürgers dienen. Eine Verbesserung der mobilitätsbedingten Ökobilanz ist aus liberaler Sicht nur erreichbar durch zunehmende ökologische Bewußtseinsschärfung der Verkehrsteilnehmer, durch attraktive öffentliche Verkehrsmittel und durch technische Fortentwicklung der Verkehrsmittel. Unnötiger Verkehr kann auch durch ein attraktives Angebot wohnortnaher Freizeitmöglichkeiten vermieden werden. Wir brauchen den „Sportplatz um die Ecke", aber auch andere attraktive, moderne Sportangebote in Wohnortnähe. Die F.D.P. ist stets für einen vernünftigen Bestandsschutz vorhandener Sportstätten auch in Wohngebieten eingetreten. In der freien Natur können Umweltschutz und Sport in einem Spannungsverhältnis stehen. Die Sportausübung darf aber nur eingeschränkt werden, wo es aus Naturschutzgründen unumgänglich ist. Sinnvoller ist es, die Sportler zum schonenden Umgang mit der Natur zu motivieren. Die F.D.P. begrüßt, daß der DSB und seine Mitgliedsverbände der umweltgerechten Sportausübung einen hohen Stellenwert einräumen und begonnen haben, sie satzungsmäßig festzuschreiben. Der Kanuverband hat bereits ein Umwelt-Leitbild. Andere Verbände, zum Beispiel die Mountain-Biker, wollen folgen. Wir begrüßen die Kooperation auch mit der Sportartikelindustrie im Arbeitskreis „Sport und Umwelt" . Die F.D.P. will kein „Regierungsprogramm" , sondern angemessene Rahmenbedingungen. Dabei muß gelten: Nicht noch mehr Staat, sondern nur so viel Staat wie unbedingt nötig. Erfolgreicher Umweltschutz hängt vom freiwilligen Mitmachen vieler ab, nicht von Verordnungen und Regierungsprogrammen. Wir wollen Umweltschutz durch Akzeptanz und Einsicht. Denn: „Sport mit Einsicht" ist umweltverträglich. Susanne Kastner (SPD): Es ist schon erstaunlich, was die Koalition in den letzten vier Sitzungswochen auf die Tagesordnung des Bundestages setzt und was nicht. Ich weiß ja selbst, daß man diese letzten Sitzungswochen noch einmal dazu nutzen will, plakativ deutlich zu machen, wie gut man selber ist, und auch den Verbänden zu signalisieren, wo die Defizite der anderen demokratischen Parteien liegen. Heute, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diskutieren wir über einen Antrag der Koalitionsparteien CDU/CSU und F.D.P., in dem sie in neun Punkten ihre eigene Bundesregierung auffordern, ihre „umweltpolitischen Initiativen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen unvermindert fortzusetzen". Außerdem fordert sie ihre eigene Regierung auf, etwas zu tun, damit sich umweltorientierte, nachhaltige Lebensstile und Konsumgewohnheiten, die gerade für den Tourismus-, Sport- und Freizeitbereich von erheblicher Bedeutung sind, stärker durchsetzen. Alle anderen Maßnahmen, die die Regierungsparteien hier aufgeführt haben, sind Fleißarbeiten für die Bundesländer, für die Verbände und für die Sportartikelindustrie. Alles, was Geld kostet oder kosten könnte, wird an die Länder verwiesen, so z. B. die Forderung, Wettbewerbe auszuloben, die „vorbildliche Lösungen zum Ausgleich von Naturschutzbelangen mit den Interessen des Sporttourismus und der Sportausübung in der freien Landschaft abzielen" . Da tun Sie etwas, was sie der SPD noch vor acht Wochen abgelehnt haben, nämlich Modellprojekte zu fordern. Ich erinnere Sie daran, daß wir ein Modellprojekt gefordert haben, um den Freizeitverkehr im Nationalpark Bayerischer Wald zu koordinieren. Dies haben Sie abgelehnt mit der Begründung, daß es sich hier um Länderkompetenzen handle, die es vom Bund aus nicht zu beschneiden gelte. Warum halten Sie sich dann in Ihren eigenen Anträgen nicht auch daran? Aber, ein bißchen mehr tun Sie natürlich schon auch noch in diesem Antrag. Sie loben natürlich auch den Deutschen Sportbund und seine organisierten Verbände, die umwelt- und naturverträgliche Sportausübung satzungsmäßig festgeschrieben haben und die Mitglieder auf die gesellschaftliche Verantwortung einer umwelt- und naturverträglichen Sportausübung hinweisen. Diesen Passus, meine sehr verehrten Damen und Herren, der erst durch Intervention Ihrer Sportpolitiker in diesen Antrag gekommen ist, möchte ich ausdrücklich begrüßen. Dieses Lob unterstütze ich leidenschaftlich. Das ist dann aber auch schon die einzige Leidenschaft, die ich beim Lesen Ihres Antrages entwickeln konnte. Die SPD-Fraktion unterstützt ausdrücklich die Resolution, die die II. Weltkonferenz „Sport und Umwelt" verabschiedet hat. Dort heißt es unter anderem, daß man von folgenden Erkenntnissen ausgehe: Sportaktivitäten und -veranstaltungen sollten so organisiert und durchgeführt werden, daß nicht nur die Schädigung der Umwelt minimiert wird, sondern vielmehr Umwelt und Gesellschaft profitieren und das Umwelterbe erhalten bleibt; Sport, Gesellschaft und Industrie tragen dafür Verantwortung, sich auf umweltverträgliche Weise und gemäß den Prinzipien der Nachhaltigkeit zu verhalten. Eine solche Partnerschaft zwischen Sport und Umwelt muß das Ziel unseres Handelns sein, sowohl in den Sportverbänden und der -industrie als auch in der Politik. Die umweltpolitischen Initiativen in Ihrer Regierungszeit sind aber mehr als mager, und zu magere Politik mag man doch eigentlich nicht fortsetzen. Was ist denn z. B. aus der von Ihnen seit zehn Jahren angekündigten Weiterentwicklung des Bundesnaturschutzgesetzes geworden? Eine Bauchlandung vor der Landwirtschaft, die Sie sich auch noch von den Ländern bezahlen lassen wollen. Eine kleine Novelle zur Umsetzung der EG-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie wurde von der Bundesregierung im Vermittlungsausschuß ebenfalls blockiert. Die Verstöße gegen die EG-Vogelschutzrichtlinie und die Nichtumsetzung der Flora-Fauna-Habität-Richtlinie sind nur weitere Beispiele für Nichtstun und Rückschritte im Umwelt- und Naturschutz; und der hat ja in der Tat auch eine ganze Menge mit Tourismus zu tun. Was den Verkehr und den Gewässerschutz anbelangt, wird der Widerspruch zwischen dem Notwendigen und Ihren Taten auch immer größer. Sie haben da erst vor kurzem das Wasserhaushaltsgesetz novelliert, in dem Sie die Anforderungen an die Abwasserreinigung zurückgeschraubt haben, und erst kürzlich durften wir erfahren, daß der europäische Gerichtshof deutliche Verstöße gegen EG-Richtlinien bemängelt. Auch im Verkehrsbereich lassen sie keinerlei Phantasie erkennen, wie sie die Spirale des ständigen „Weiter-schneller-mehr" durchbrechen wollen. Weil wir in diesem Jahr ja auch noch Haushaltsberatungen haben, mache ich Sie nur noch einmal darauf aufmerksam, daß im Bundeshaushaltsplan der Bundesregierung die Finanzmittel für Umweltschutzinvestitionen seit Jahren zusammengestrichen werden. So viel zu ihren großartigen umweltpolitischen Initiativen. Wenn Sie darüber noch einmal nachdenken, dann werden sie verstehen, warum wir den ersten Spiegelstrich ihres Antrages, die Bundesregierung zu einer Fortsetzung dieser Politik aufzufordern, nicht so ganz ernst nehmen können. Diesem folgt dann ein riesiger, wunderschöner Strauß von Forderungen an die Bundesländer. Vieles von dem, was sie fordern, z. B. möglichst großräumige Verbundsysteme für Erholungsaktivitäten zu schaffen, um unnötigen Freizeitverkehr zu vermeiden, ist doch längst Inhalt vieler Landesentwicklungspläne. Viele touristische Regionen, die sich Leitbilder erstellen oder schon erstellt haben setzen diese Forderung bereits ebenfalls schon um. Sie hinken - mit Verlaub - hinter der Entwicklung, die sich vor Ort abspielt, her. Die Krönung aber ist die Forderung, die sie im vierten Spiegelstrich formuliert haben. Weil sie doch gar so schön ist, will ich sie einmal komplett zitieren. Sie fordern da die Bundesregierung auf: „in Zusammenarbeit mit den Landnutzern, insbesondere Land- und Forstwirtschaft, kooperative Konzepte zur Aufwertung ausgeräumter Landschaften als Ersatz für die aus Gründen des Natur- und Biotopschutzes erforderlichen Rücknahme von Freizeitnutzungen aus ökologisch empfindlichen Gebieten zu entwickeln". Wenn ich einmal fragen würde, wer das verstanden hat, bin ich ziemlich sicher, daß dazu nicht einmal die Antragsteller selbst gehören, geschweige denn diejenigen, die den Antrag später einmal in Händen halten. Mit dem Begriff „ausgeräumte Landschaften" meinen sie ja wohl Flächenstillegungen, und ich kann diesen Abschnitt dann nur so interpretieren: Sie wol- len eine Rücknahme von Freizeitnutzungen (Wanderwege, Golfplätze, Tennisplätze) aus ökologisch empfindlichen Gebieten, um sie in die Flächen zu verlegen, wo die Landwirtschaft stillgelegt hat. Wie das allerdings im Einvernehmen mit der Land- und Forstwirtschaft in der Praxis geschehen soll, das müssen mir diejenigen aus der Koalition dann noch einmal erklären, die hier offenbar die höheren Weihen haben. Fazit für mich ist: Sie hatten den Eindruck, es wäre an der Zeit, ihre Bundesregierung mal wieder zu loben, weil es ja sonst niemand mehr tut; sie glauben, sie müßten den Ländern mal wieder sagen, wo es langgeht; und den Sport- und Tourismusverbänden wollten sie signalisieren, daß sie an der Spitze der Bewegung stehen, auch wenn niemand weiß, welche Bewegung das ist. Alle Forderungen, die Geld kosten, sollen die Länder bezahlen, und dafür wird dann die Bundesregierung gelobt. Ich sage Ihnen für die SPD-Bundestagsfraktion: Wir teilen zum Teil Ihre Analysen, ihre bundespolitischen Forderungen aber sind zu kurz gesprungen, und deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Halo Saibold (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Alles jubelt, alles lacht, wenn Joschka Fischer seine Runden macht! So könnte man kurzgefaßt die Berichterstattung in den Medien beschreiben. Joggen bzw. Bewegung ist ja auch eine gesunde und sinnvolle Betätigung, selbst von einigen Politikern begeistert praktiziert. Sport ist als Urlaubs- und Freizeitaktivität nicht mehr aus dem modernen Leben wegzudenken. Vor allem Sport und Bewegung in der freien Landschaft verzeichnen eine gesteigerte Nachfrage. Die Konflikte zwischen der Nutzung unserer Umwelt und dem Schutz der Umwelt spitzen sich allerdings immer weiter zu. Die Sportverbände haben dies schon vor Jahren erkannt und den Schutz der Umwelt in ihre Satzungen aufgenommen. Es wurden inzwischen für die verschiedensten Sportarten Leitbilder entwickelt. Dies ist eine wirklich positive Entwicklung, die weiter vorangetrieben werden muß. Im Zeitgeist der Erlebnisgesellschaft spielt Freiheit, Individualität, Spontanität, Risiko und Nervenkitzel eine große Rolle. Daher geht der Trend immer mehr in die Richtung, diese Sportarten als Einzelpersonen auszuüben und es besteht nicht mehr unbedingt die Notwendigkeit, sich in Vereinen zu organisieren. Somit entfällt die Rolle der Sportvereine als wichtige Multiplikatoren, die an ein Verantwortungsbewußtsein appellieren, Empfehlungen geben und Aufklärung und Vorsorge betreiben. Deshalb müssen Belastungsgrenzen in vielgenutzten Bereichen festgelegt und Besucherlenkungen vorgenommen werden. Nicht vergessen werden darf die Sekundärbelastung durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, zunehmende Bebauungen, dem zurückgelassenen Müll etc. Bedauerlich bei dem hier zur Diskussion stehenden Koalitionsantrag ist, daß er über unkonkrete Forderung nicht hinausgeht. Es reicht nicht aus, von der Sportartikelindustrie mehr Anstrengungen zu verlangen, recyclebare Produkte herzustellen. Es gibt schon eine Kennzeichnung für Sportgeräte und Sportbekleidung aus recyclebaren Kunststoffen, die aber fast unbekannt und von den wenigsten Firmen benutzt wird. Klare Vorgaben sind gefordert statt freundliche Bitten, um das Ansteigen der Müllberge zu verhindern. Von daher werden wir weiter an diesem Thema bleiben und hierzu eigene Initiativen starten. Die im Antrag beschönigende Behauptung, daß die Initiativen der Bundesregierung „ungemindert fortgesetzt werden sollen", steht in krassem Gegensatz zu der Verhinderungstaktik bezüglich der Novelle des Bundesnaturschutzgesetz, um nur einen Punkt zu erwähnen, welche Initiativen die Bundesregierung in diesem Bereich zeigt. Die Entwicklung zeigt, daß die meisten Trendsportarten in der Natur ausgeübt werden, sie benötigen sie geradezu. Und hier liegt dann auch der Hauptkonflikt: die steigenden Ansprüche an - knappe - Naturräume und Flächen. Denn es sind besonders die ökologisch wertvollen und empfindlichen Ökosysteme, wie Hochgebirge, Küstensäume, naturnahe Gewässer, Felsen und Schluchten betroffen. Man sollte annehmen, daß gerade die Sportler auch auf einen Schutz der Natur Wert legen. Doch Natur und Landschaft werden auf den Wert einer Kulisse reduziert. Ein Naturverständnis, in dem Natur zum „Sport- und Spaßplatz" degeneriert, muß zwangsläufig in Konflikte mit den Ansätzen des Naturschutzes geraten. Ohne den Aufbau einer neueren Naturbeziehung bleiben alle Versuche einer Ökologisierung der Freizeitaktivitäten rein äußerlich und damit bloß nachträgliche Reparaturen. Der Trend in der Freizeitgestaltung findet seine Ursachen vor allem auch in einer auf Wachstum programmierten Freizeitindustrie, die ständig neue Sport- und Freizeitvergnügungen erfindet, neue Trends auslöst und damit neue Bedürfnisse weckt. Darüber hinaus ist durch die Weiterentwicklung von Sportgeräten und -artikeln nicht nur jeder Winkel erreichbar, sondern eine Ausübung praktisch das ganze Jahr über in verschiedenen Varianten möglich. So ist es zum Beispiel inzwischen auch zu eher winterlichen Witterungen dank der Entwicklung von High-tech-Neoprenanzügen möglich, surfen zu gehen, mit dem Hubschrauber an neue, bisher unerreichbare Skiabfahrten zu gelangen, um nur einige Beispiele zu nennen. Durch die Kommerzialisierung mit entsprechend spektakulärer Werbung geht eine Sogwirkung aus, die eine immer weitere Suche nach „Erlebnisextasen" fördert. Hier stellt sich also die Frage, wie es in Zukunft weitergehen soll. Es geht generell um eine Neubewertung der Landschafts- und Flächennutzung im Sport im Sinne einer nachhaltigen Nutzung. Es muß endlich darauf reagiert werden, daß die Herausbildung eines Freizeitbereiches als eigenständiger Teil der Marktwirtschaft ein Merkmal unserer Gesellschaft geworden ist und in einer Dienstleistungsgesellschaft parallel zur wirtschaftlichen Spezialisierung auch die gesellschaftliche Spezialisierung zunimmt. Je unübersichtlicher und hochspezialisierter die Lebens- und Arbeitswelt, desto weniger wird es möglich, den Sinn des Lebens mit der Arbeits- und Alltagswelt zu verbinden und desto größer wird das Bedürfnis, den Lebenssinn allein in der Freizeit und im Urlaub zu suchen. Die Verbindung zwischen Alltag und dem Bedürfnis nach Erlebnis und Bewegung muß wieder hergestellt werden. Bewegung gehört zurück in den Alltag - hier tun sich vielfältige Möglichkeiten auf: Fahrradfahren statt Fitneßcenter, free climbing am Hochhaus statt am entlegensten Gipfel im Gebirge! Christina Schenk (PDS): Der Antrag der Regierungskoalition vom 3. März 1998, Drucksache 13/ 10017, zeigt einmal mehr, daß wir schon lange Wahlkampf haben. Rechtzeitig vor der öffentlichen Sitzung des Tourismusausschusses auf der ITB eingebracht und dort werbewirksam verteilt, zeigt er einmal mehr, daß diese Regierung stark in populistischem Wortgeklingel und schwach in echter Regierungsarbeit ist. Ich möchte daran erinnern, daß die Bundesregierung in vielen Fällen im Bereich des umweltschützenden Tourismus lediglich Richtlinienkompetenz hat. Allgemeines Gerede - ich zitiere aus dem Antrag der Regierungskoalition - „über die unverminderte Fortsetzung umweltpolitischer Initiativen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen" sind nichts als Lippenbekenntnisse, wenn dem nicht Taten folgen. Die PDS-Bundestagsgruppe wird daher die Beschlußempfehlung des Tourismusausschusses ablehnen. Wenn die Bundesregierung tatsächlich etwas für den Schutz gegen zerstörerische Wirkungen des Tourismus tun wollte, müßte sie sich den Bereichen zuwenden, in denen sie die Entscheidungsmacht hat. Ich nenne hier nur die Wasserstraßenordnung bzw. das Wasserschutzgesetz. So läßt das Wasserstraßengesetz die Nutzung relativ großer Motorboote zu. Für die westlichen Bundesländer mit ihren ausreichend breiten Wasserstraßen ist das kein Problem, für viele Wasserstraßen in Ostdeutschland, zum Beispiel in den Havelauen, hingegen ein großes. Dort wird das ökologische Gleichgewicht erheblich gestört bzw. zerstört. Will man das verhindern, müssen die Gesetze an die umweltpolitischen Bedingungen im Osten Deutschland angepaßt werden. Im Klartext: In den Havelauen muß die Nutzung zu großer bzw. zu schneller Motorboote untersagt werden. Das steht auf der Tagesordnung! In der Bundesrepublik ist das Problem der neuartigen Sportaktivitäten und der Ausbreitung des Sporttourismus von Bundesland zu Bundesland sehr verschieden, und auch innerhalb eines Bundeslandes kann es große Unterschiede geben. Zur Verdeutlichung einige Beispiele: Paddeln in der Uckermark ist umweltverträglich, aber in Teilen des Spreewaldes führt es schon zur Aufgabe der Brut und der Gefahr des Aussterbens seltener Tierarten. Freeclimbing, Mountainbiking ist in den Bergen eine Gefahr, in den nördlichen Bundesländern - zumindest in der landschaftszerstörenden Form - fast unbekannt. Es kann also nur Aufgabe des Bundes sein, die Länder in dem Bemühen zu stärken, zu unterstützen und die Rahmenbedingungen zu schaffen, weitere Nationalparks und Naturschutzgebiete zu schaffen und diese entsprechend zu erschließen, daß Mensch und Natur sich zum Wohle beider begegnen können. Hier ist auch der Landwirt gefordert, der teilweise als Ausgleich für freigegebene Flächen die Aufgaben eines Wild- oder Naturhüters wahrnehmen könnte. Dr. Heinrich Kolb, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich begrüße es, daß es gelungen ist, in einer gemeinsamen Anstrengung von Koalition, SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu einem einvernehmlichen Beschluß über Sporttourismus, neuartige Sportaktivitäten und Umweltschutz zu gelangen. Sport und Sporttourismus haben in Deutschland erfreulicherweise große Bedeutung. Diesen Stellenwert wollen wir erhalten, nicht nur weil sportliche Aktivitäten der Gesundheit, der Erholung und der Entspannung dienen, Menschen zusammenführen und gesellschaftlich positive Kräfte mobilisieren, sondern auch deshalb, weil Sport und Sporttourismus wichtige Wirtschaftsfaktoren darstellen. Der Sportfreizeitmarkt hat sich in den letzten Jahren stark ausgedehnt und dabei viele neue Formen sportlicher Tätigkeiten hervorgebracht. Davon profitieren nicht nur die Hersteller von Geräten und Sportartikeln oder die traditionellen Veranstalter sportlicher Begegnungen. Zunehmende Bedeutung hat diese Entwicklung auch für die Anbieter von Reisen zu sportlichen Veranstaltungen, für das Beherbergungsgewerbe und für die Gastronomie. Sport und Sporttourismus sind erstrangige Dienstleistungsbereiche geworden. Das bezieht sich auf inländische Gäste genauso wie auf ausländische. So werden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und Existenzgründungen ermöglicht, wobei besonders ins Gewicht fällt, daß es oft kleine und mittlere Unternehmen sind - häufig von jungen Unternehmern betrieben -, die hier ihre Chance wahrnehmen. Wenn der Bundestag heute beschließt, den Sporttourismus und neuartige Sportaktivitäten so auszurichten, daß der Umweltschutz beachtet und das Prinzip der Nachhaltigkeit gewahrt wird, so stellt er damit ein wichtiges und berechtigtes Postulat auf. Der Beschluß steht im Einklang mit den allgemeinen Bemühungen der Bundesregierung, den Umweltschutz im Tourismus zu wahren, sei es international, wie zum Beispiel im Tourismusprotokoll des Internationalen Übereinkommens zum Schutze der alten, sei es in zahlreichen innerstaatlichen Regelungen, die den Sporttourismus tangieren. Erfreulicherweise haben Menschen, die Sport treiben, auch ein Umweltbewußtsein; bei vielen ist es sogar besonders ausgeprägt. Ich bin daher sicher, daß die Notwendigkeit, Sportinteressen mit dem Schutz unserer Umwelt in Einklang zu bringen, auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung stößt. Viele Forderungen zu umweltgerechtem Handeln lassen sich daher auch ohne gesetzliche Maßnahmen erreichen. So sollte es der Wirtschaft selbst überlassen bleiben, die Initiative zu einem Verhaltenskodex zu ergreifen. Wir sollten, wenn immer möglich, den Weg des „soft law" beschreiten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Umwelterklärung der deutschen Verbände des Tourismus, die vor einem Jahr verabschiedet worden ist. Sie bietet auch für den Sporttourismus und die neuartigen Sportaktivitäten eine sinnvolle und wertvolle Leitlinie. Lassen Sie mich abschließend auch darauf hinweisen, daß umweltgerechtes Sportgerät, umweltgerechte Sportangebote und umweltgerechte Angebote für Sporttourismus einen interessanten Markt für innovative Produkte und Dienstleistungen darstellen. Hier liegt eine Chance und eine interessante Perspektive für die Tourismusbranche und viele Sparten, die ihr zuarbeiten. Ich sehe den Wert des heutigen Beschlusses daher auch darin, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen und die Wirtschaft aufzufordern, umweltorientierte Angebote zu erarbeiten. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Große Anfrage betr. Mädchenpolitik) Claudia Nolte, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die tatsächliche Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen in der Bundesrepublik Deutschland hat in den letzten Jahren insgesamt deutliche Fortschritte gemacht. Viele Ungleichheiten zwischen Mädchen und Jungen konnten abgebaut werden. Dennoch ist die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen und von Frauen und Männern noch immer nicht überall Realität. Mit der Ergänzung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes im Rahmen der Verfassungsreform 1994 wurde deshalb ausdrücklich eine Staatszielbestimmung in das Grundgesetz aufgenommen, die die zuständigen staatlichen Organe dazu anhält, Maßnahmen zur Erreichung der tatsächlichen Gleichberechtigung zu ergreifen. Die Bundesregierung sieht die Förderung der Gleichberechtigung als Querschnittsaufgabe an; Gleichberechtigungspolitik ist Gesellschaftspolitik im umfassenden Sinne. Dabei richtet sich die Gleichberechtigungspolitik als Kern moderner Gesellschaftspolitik nicht nur an Erwachsene, sondern gleichermaßen an Kinder und Jugendliche. Die Gleichberechtigungspolitik der Bundesregierung hat mit dazu beigetragen, daß sich Rollenvorstellungen im Kinder- und Jugendbereich gewandelt haben. Neue Studien belegen ein gestiegenes Selbstbewußtsein von Mädchen und jungen Frauen. Ein Meilenstein auf dem Weg zur Mädchenförderung in der Jugendpolitik war der 6. Jugendbericht von 1984. Von dieser Zeit an wurden verstärkt gezielte Ansätze der Mädchenarbeit für die Jugendhilfe, speziell für die Jugendsozialarbeit, entwickelt. Mädchenarbeit bezieht sich als Querschnittsaufgabe in der Jugendsozialarbeit nicht nur auf ein einzelnes Programm des Kinder- und Jugendplanes des Bundes, sondern wird in allen Programmen angemessen berücksichtigt. Die in diesem Bereich geförderten Träger verstehen und betreiben unter Jugendarbeit immer auch Mädchenarbeit. Einen Akzent setzte die Bundesregierung vor allem mit ihrem Programm „Mädchen in der Jugendhilfe". In der ersten Phase des Programms von 1991 bis 1996 wurden mit zentralen Maßnahmen und Modellprojekten vielgestaltige Konzepte - insbesondere zugunsten sozial benachteiligter Mädchen - entwikkelt und erprobt. Diese Konzepte haben zahlreiche Impulse für die Mädchenarbeit - vor allem auch in den neuen Bundesländern - gegeben. In der jetzt begonnenen zweiten Phase, die von 1998 bis zum Jahr 2000 läuft, werden unter der Zielsetzung „Partizipation" und „Integration" insbesondere solche Konzepte erprobt, die für Mädchen und junge Frauen gleichberechtigte Teilhabe in den Strukturen der Jugendhilfe sichern. Neben der Jugendarbeit sind es gerade auch die Schulen, in denen Grundlagen für mehr Gleichberechtigung und Partnerschaft gelegt werden können. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat aus diesen Gründen Unterrichtsmaterialien für die Grundschule, für die Sekundarstufe I und seit Ende 1997 auch für die Sekundarstufe II erstellt. Sie werden die Unterschiede in der Entwicklung und Erziehung von Mädchen und Jungen für ein partnerschaftliches Miteinander thematisieren. Die Erfolge, die Mädchen im allgemeinbildenden Schulwesen aufweisen können, sind beachtlich. Mädchen schneiden dort besser ab als Jungen. 54 Prozent der AbiturientInnen aus allgemeinbildenden Schulen sind heute weiblich. Im Wintersemester 1995/96 begannen erstmals mehr Frauen als Männer ein Universitätsstudium. 52 Prozent der Studienanfänger waren Frauen. Mir macht allerdings große Sorgen, daß Mädchen trotz guter Schulabschlüsse in Zeiten knapper Ausbildungsplätze mehr Schwierigkeiten als Jungen haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Ein Grund wird in der eingeschränkten Berufswahl von Mädchen gesehen. Die Bundesregierung mißt der Erweiterung des Berufswahlspektrums von Mädchen und jungen Frauen große Bedeutung bei. Sie hat hierzu zahlreiche Maßnahmen initiiert, zum Beispiel die Initiative „Frauen geben Technik neue Impulse". Zugleich sollte meines Erachtens das Problem des geschlechtsspezifischen Berufswahlverfahrens von Mädchen aber auch nicht überbewertet werden. Bei jungen Männern ist das Phänomen einer geschlechtsspezifischen Konzentration auf wenige Berufe sogar noch stärker ausgeprägt. Neben den langjährigen und anhaltenden Bemühungen um die Öffnung gewerblich-technischer Berufe für Mädchen muß die Förderung der Ausbildung junger Frauen heute vor allem auch in den neu entstehenden Berufsfeldern vorangetrieben werden. Hier konnten junge Frauen in den Medienberufen zum Teil schon gute Erfolge verbuchen. Auf dem Weg von der Industrie- in die Informations- und Dienstleistungsgesellschaft entstehen zunehmend neue Berufsfelder und Arbeitsmöglichkeiten für Männer und für Frauen. Mit dem Freiwilligen Jahr im Unternehmen, das ich zusammen mit dem Deutschen Industrie- und Handelstag ins Leben gerufen habe, will ich besonders auch Mädchen ermutigen, sich die Abläufe in Unternehmen und mittelständischen Betrieben anzuschauen, um für sich später vielleicht auch eine eigene Betriebsgründung ins Auge zu fassen. Ausführlich legt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage dar, welche Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor Gewalt ergriffen wurden und weiter notwendig sind. Dabei ist festzustel- len, daß Jungen etwas seltener als Mädchen Opfer von Kindesmißhandlungen werden. Der Mädchenanteil von den registrierten Mißhandlungen betrug 1996 in den alten Ländern mit Gesamt-Berlin 41,8 Prozent und im Bundesgebiet insgesamt 44,3 Prozent. Ganz anders sieht es beim sexuellen Mißbrauch von Kindern aus. Hier sind in neun von zehn Fällen Mädchen betroffen. Kindesmißbrauch ist Mord an Kinderseelen. Erst letzte Woche habe ich in Straßburg im Rahmen der Europaratskonferenz gegen kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern einen Zwischenbericht zum Arbeitsprogramm der Bundesregierung gegen diese abscheulichen Verbrechen an Kindern vorgestellt. Dieses Addendum umfaßt die Bereiche Aufklärung und Prävention, rechtliche Verbesserungen und Opferschutz sowie Maßnahmen der internationalen Zusammenarbeit. Nach der Stockholmer Weltkonferenz vor zwei Jahren ist Deutschland bislang das einzige Land, das ein ressortübergreifendes Arbeitsprogramm vorgelegt hat. Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Mädchen haben auch Eingang in die nationalen Strategien zur Umsetzung der Aktionsplattform der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking gefunden. Im Januar 1997 habe ich die nationalen Strategien zur Umsetzung der Pekinger Beschlüsse vorgelegt, die gemeinsam mit den Bundesressorts, Bundesländern und Nichtregierungsorganisationen erarbeitet worden sind. Sie sind als Prozeß zu verstehen und sollen den Anstoß zu einem intensiven gesellschaftlichen Dialog über Partnerschaft und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern auf allen Ebenen unserer Gesellschaft geben. Sie können davon ausgehen, daß die Bundesregierung der Entwicklung und Förderung von Mädchen in ihrer Gleichberechtigungs-, Jugend-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik auch in Zukunft die notwendige Beachtung schenken wird. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (F.D.P.): In den letzten Jahren hat die tatsächliche Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen, von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt Fortschritte gemacht. Im Rahmen der Verfassungsreform 1994 wurde das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes um folgenden Satz ergänzt: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Im Grundgesetz wurde damit ausdrücklich eine Staatszielbestimmung aufgenommen, durch die die staatlichen Organe angehalten werden, Maßnahmen zur Erreichung der tatsächlichen Gleichberechtigung zu ergreifen. Das dies nur zum Teil gelungen ist, zeigen deutlich die Fakten aus dem Erwerbsleben. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit: Eine selbstverständliche, dem verfassungsrechtlichen Gleichberechtigungsgebot verpflichtete Forderung, die heute noch nicht Realität ist. Immer noch stehen Frauen am unteren Ende des Lohn- und Gehaltsgefüges, verdienen bei gleichwertiger Arbeit rund ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen mit entsprechender negativer Auswirkung auf die Rente und haben deutlich geringere Aufstiegschancen. Frauen in Führungs- und Entscheidungsgremien sind immer noch eine geringere Minderheit in Deutschland. Nur 3 Prozent Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft, nur 7 Prozent in Entscheidungsgremien, nur 4,8 Prozent C4-Professorinnen - dies spricht eine klare Sprache. Unsere Aufgabe ist es, den geschlechtsspezifischen Ansatz in alle Politikfelder, Konzepte und Prozesse hineinzubringen. Eine wirkungsvolle Mädchenpolitik setzt immer zugleich über eine wirkungsvolle Frauen- und Gleichberechtigungs- und natürlich Arbeitsmarktpolitik an. Die gesellschaftspolitische Entwicklung der letzten Jahre im Kinder- und Jugendbereich zeigt deutlich, daß sich Rollenvorstellungen gewandelt haben. Die 12. Shell-Studie von 1997 zeigt, daß Mädchen wie Jungen in vergleichbarer Intensität die gleichen Probleme beschreiben. Geschlechtsspezifische Unterschiede werden noch am ehesten deutlich bei bestehenden Schwierigkeiten beim Übergang in die Arbeitswelt. Mädchen träumen eben nicht mehr ausschließlich davon, Hausfrau und Mutter zu sein. Sie möchten mit ihrem ganzen Selbstverständnis genau die gleichen Berufe ausfüllen wie die Jungen. Die 4. Weltfrauenkonferenz hat eine Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich der Wirkungen gesetzlicher Neuregelungen auf Mädchen und Frauen gefordert, der wir Rechnung zu tragen haben. Durch das Gleichberechtigungskonzept wird es versucht; ob es immer wirkungsvoll ist, bleibt dahingestellt. Ein wichtiger Anstoß für die Mädchenförderung ist von dem 6. Jugendbericht „Verbesserung der Chancengleichheit von Mädchen in der Bundesrepublik Deutschland" ausgegangen. Seitdem wird Jugendhilfe nicht mehr nur allein als Jugendhilfe verstanden. Endlich! Eine grundlegende Aufgabe besteht darin, strukturelle Benachteiligungen abzubauen, Mädchen zu motivieren, sich für ihre Interessen einzusetzen, um so zu einem gleichberechtigten miteinander der Geschlechter beizutragen. In einer Vielzahl von Projekten haben sich vor allem auf kommunaler Ebene Netzwerke und spezielle Hilfsangebote etabliert, die diese Aufgabe verfolgen. Wichtig ist dabei, nicht nur auf das Rollenverhalten der Mädchen zu achten, sondern sich genauso um das Rollenverständnis der Jungen zu kümmern. Nur wenn sich dies verändert, können althergebrachte Strukturen auf Dauer verändern werden. Die Benachteiligungen von Mädchen/Frauen gegenüber von Jungen/Männern müssen beseitigt werden. Da helfen alle Projekte wenig, solange sich hier nicht auch das gesellschaftliche Bewußtsein wandelt. Die Bürgergesellschaft muß beiden Geschlechtern in allen Lebensbereichen gleiche Chancen einräumen. Nur wer über sein Leben selbst bestimmt, kann sich bewußt und frei entscheiden. Die Bildungs- und Jugendpolitik muß die Erziehung zur Partnerschaft von Frau und Mann berücksichtigen. Benachteiligungen müssen abgebaut und die gleichberechtigte, eigenständige Lebensführung muß gefördert werden, nur so werden wir unseren Kindern wirkliche Gleichberechtigung auch vorleben können. Ulla Schmidt (Aachen) (SPD): Erlauben Sie mir zunächst eine grundsätzliche Bemerkung. Mit der vor- liegenden Großen Anfrage wurde versucht, durch eine sehr umfassende detaillierte Fragestellung einen Überblick über die besondere Lebenslage von Mädchen in der Bundesrepublik Deutschland zu erhalten. Daten wurden abgefragt, um auf die Grundlage einer mädchengerechten Bestandserhebung Handlungsstrategien zu entwickeln, die den in Art. 3 Abs. 2 verankerten Gleichberechtigungsgrundsatz im Hinblick auf die gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen am gesellschaftlichen Leben zur Geltung verhelfen. Und an diesem Punkt hat mich schon erstaunt, wie wenig die Bundesregierung über die Lebensrealitäten, strukturellen Benachteiligungen oder auch besonderen Lebenslagen von Mädchen und jungen Frauen weiß. Es würde zu weit führen, hier alle Punkte aufzuzählen. Aber ich hätte schon gerne Genaueres erfahren, zum Beispiel über jugendliche Mütter und deren Perspektiven, über Mädchen aus Familien mit ausländischer Nationalität, deren besondere Problemlagen im Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Realität und traditionellen, kulturellen und religiösen Bindungen - nicht aus Neugierde, sondern um Rahmenbedingungen zu schaffen, die ihnen hier in unserem Land Sicherheit vermitteln und ihnen eine eigenständige Lebensentwicklung ermöglichen. Das Ausmaß der obdachlosen Mädchen bewegt mich. Wir müssen doch gerade hier Entwicklungen datenmäßig erfassen, weil ganz besonders staatlicher Einsatz gefordert ist. Viele Mädchen werden aktenkundig, sei es bei der Polizei, dem örtlichen Jugendamt oder in den Obdachlosenheimen. Eine Erfassung zumindest der Mädchen, die sich in Obdachlosenheimen mit ihren Eltern aufhalten, müßte doch möglich sein. Selbst wenn für eine solche Statistik eine Rechtsgrundlage erforderlich wäre, muß doch die Frage erlaubt sein, warum diese nicht geschaffen wird und warum die Frauen- und Bundesjugendministerin dies noch nicht in die Wege geleitet hat. Wenn ich mich recht erinnere, hat die Frau Ministerin, die sogenannten Straßenkinder aufgesucht, um sich über deren Situation zu informieren. Es bleibt für mich allerdings ein Geheimnis, welche Schlüsse Sie für Ihr politisches Handeln daraus ziehen. Die Konsequenzen, die Sie aus der Studie „Straßenkarrieren von Kindern und Jugendlichen" ziehen, sind mehr als dürftig. Wenn der Verweis auf die eigenständige Verantwortung der Träger der Jugendhilfe alles ist, was Ihnen dazu einfällt, dann ist auch das Aufsuchen dieser Mädchen und Jungen nur eine punktuelle Wahrnehmung. Einer bundesweiten Übernahme von Verantwortung wird dies nicht gerecht. Und es bleibt der grundsätzliche Mangel, daß es kein flächendeckendes Angebot an Hilfseinrichtungen für wohnungslose Mädchen - und Frauen - gibt, im Gegensatz zu den Angeboten für Männer. Aber um wirksam handeln zu können, brauchen wir auch hier eine genaue Datenlage. Daß die Mädchen, die auf der Straße leben, mehr Schutz brauchen, ist auch Ihnen bekannt. Diese Mädchen haben unterschiedlichste Gewalterfahrungen zu verkraften. Ihr Leben ist geprägt von der Erfahrung, daß sich Erwachsene nie richtig gekümmert haben. Viele Mädchen drohen zu verwahrlosen, und immer mehr Mädchen verschwinden in der Päderastenszene oder prostituieren sich. Sie haben Modellprojekte gefördert, um Möglichkeiten der Hilfe zu erproben. Und Sie haben, das hoffen wir, das eine oder andere Mädchen von der Straße holen können. Aber Modellprojekte haben nur dann langfristig Wirkung, wenn bundesweite Konsequenzen daraus folgen. Ein weiteres Geheimnis ist und bleibt, was im Rahmen des Kinder- und Jugendplans tatsächlich passiert. Die Behauptung, daß die Verbände in Einrichtungen und Projekten für einen geschlechtsausgewogenen Einsatz der Fördermittel sorgen, wird weder in der Antwort der Bundesregierung bewiesen, noch könnte ich dies aus meinen Erfahrungen bestätigen. Und es widerspricht auch jeglicher Erfahrung! Ihnen reichen diese Angaben, um davon auszugehen, daß alles gerecht verteilt wird, ohne Daten zu haben über Angebote parteilicher Mädchenarbeit im koedukativen Rahmen, über deren Zielsetzung und Erfolg oder zum Beispiel so etwas Simples wie Angaben über die Anzahl der Frauen, die in der Jugendarbeit beschäftigt sind. Und dabei ist doch für die Mädchen, die Jugendeinrichtungen aufsuchen, gerade eine Pädagogin, die zu ihnen hält und die die Mädchen unterstützt bei ihrer Identitätsfindung, die ihnen hilft bei der Einübung von Widerstand und die für die Entwicklung von Selbstbestimmung eine wichtige Orientierungshilfe geben kann, als Ansprechpartnerin besonders wichtig. Frau Nolte müßte doch am ehesten wissen, daß feministische Mädchenarbeit in den Verbänden kaum verbreitet ist. Traditionelle Elemente der Jugendarbeit sind immer noch bestimmend, so daß selbst eine emanzipatorische Jugendarbeit, längst nicht zur alltäglichen Praxis der Jugendverbände gehört. Diese belegt im Grunde, wie wichtig ein Überblick wäre über den Anteil an Geldern aus dem Kinder-und Jugendplan, der Mädchen zugute kommt. Ich vermute, daß das Ergebnis ein Beweis dafür wäre, daß eine geschlechtsausgewogene Förderung mehr Traum als Realität ist und daß auch hier Vorgaben für die Zurverfügungstellung von Haushaltsmitteln notwendig sind. Erstaunt hat mich im weiteren die Einschätzung der Ministerin zur Ausbildungssituation der Mädchen. Lesenswert ist folgende Aussage: Mit der Bildung und Ausbildung heranwachsender Generationen und mit der Sicherung des Zugangs zu einem breiten Spektrum qualifizierter Berufsausbildungen und Auf stiegsmöglichkeiten ... werden Weichenstellungen für zukünftige Entwicklungen in allen gesellschaftlichen Bereichen vorgenommen. Das ist schön und gut. Aber was sagt die Ministerin den jungen Frauen, wenn sie gefragt wird, warum ein Großteil der jungen Frauen auf diesen Zugang zu einem breiten Berufsspektrum verzichten müssen? Tatsache ist doch: Junge Frauen wollen, genau wie junge Männer, eine gute Ausbildung erhalten und einen Beruf erlernen, der ihren Fähigkeiten und Kompetenzen angemessen ist und sie finanziell unabhängig macht. In der Realität lassen sich die Hälfte der jungen Frauen in nur sieben von insgesamt über 380 Ausbildungsberufen ausbilden. Darunter domi- nieren der Beruf der Verkäuferin, Bürokauffrau, Friseurin und Zahnarzthelferin. Diese Berufe haben alle etwas Gemeinsames. Eine geringe Ausbildungsvergütung und nach der Ausbildung geringe Aufstiegschancen. Eine weitere Folge ihrer Berufswahl: Frauen erhalten im Durchschnitt einen um 30 Prozent geringeren Lohn als vergleichbar qualifizierte Männer. Berufe mit Zukunft und mit Aufstiegschancen, wie zum Beispiel im Bereich der Informations- und Kommunikationssysteme, im Tourismus, in der Metall- und Elektroindustrie stehen somit nur rein formal den jungen Frauen offen. Was bleibt den jungen Frauen dann noch übrig? Es sind wie immer die typischen „Frauenberufe" . So sind sie in den Schulen des Gesundheitswesens dann zu über 77 Prozent vertreten. Frauen können längst nicht werden, was sie wollen. Da gibt es genügend Vorbehalte in den Betrieben, und da gibt es die Zwänge des Arbeitsmarktes, die die jungen Frauen immer wieder in die schlecht bezahlten typischen „Frauenberufe" zwängen. An der schulischen Vorbildung kann es nicht liegen, da selbst Jungen mit niedrigeren Schulabschlüssen und schlechteren Noten immer noch bessere Ausbildungs- und Berufschancen haben als Mädchen. Mit Workshops, Frauentechnik-Tagen und der Kampagne „Mädchen in Männerberufen" werden Sie dieses Problem nicht lösen. Allenfalls wirken diese Aktivitäten unterstützend. Politik muß aber dazu beitragen, den jungen Frauen auch die Chance zu geben, neue Wege gehen zu können. Wenn Sie wirklich etwas für die jungen Frauen erreichen wollen, dann muß die Ministerin endlich den Mut haben, ihre Verantwortung für Frauen und Jugend wahrzunehmen. Ich rede von ihrer Verantwortung als Gesetzgeberin. Allein mit zwei Maßnahmen könnte sie an Glaubwürdigkeit gewinnen. Erstens. Jeder zweite Ausbildungsplatz muß für junge Frauen reserviert sein. Erst wenn sich keine Frauen bewerben, kann der Ausbildungsplatz von Männern besetzt werden. Zweitens: Die öffentliche Auftragsvergabe ist an Ausbildungsbetriebe zu binden. Die öffentlichen Hände in Deutschland sind wichtige Investoren. Wie hilfreich wäre es doch gewesen, wenn der Kabinettsbeschluß der Bundesregierung vom 3. September 1997 verwirklicht worden wäre. Damals wurde der Öffentlichkeit vorgespielt, daß auszubildende Betriebe bis zum Ende des Jahres 2000 bei der Vergabe von Staatsaufträgen bevorzugt werden sollen. Vor 14 Tagen wurde dann unter anderem mit ihrer Stimme beschlossen, daß weder Ausbildungsbetriebe noch Betriebe mit expliziter Mädchen- oder Frauenförderung bei der öffentlichen Auftragsvergabe vorrangig berücksichtigt werden dürfen. Ich hoffe, daß der Bundesrat diesen Unsinn stoppt. Für ihre Politik bleibt wahrscheinlich wieder nur ein Projekt, eine Untersuchung. Wie wäre es mit dem Thema: Wie läßt sich der Frauenanteil in zukunftsorientierten Berufen erhöhen, welche gesetzlichen Maßnahmen bis hin zur positiven Diskriminierung müssen ergriffen werden, und wie lassen sich die Vorurteile der auszubildenden Betriebe gegenüber den Frauen abbauen? Schön wäre es, wenn eine neue Bundesregierung dann auch Konsequenzen daraus ziehen könnte, weil sie Partei ergreift für Mädchen und ihnen eine Chance für eine eigenständige und gleichberechtigte Entwicklung eröffnen will. Rita Grießhaber (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mädchen sind selbstbewußter und aktiver, als man ihnen häufig unterstellt. Sie nehmen ihr Leben selbst in die Hand: Sie wollen eigene Entfaltungsräume für ihre Freizeit, machen die besseren Schulabschlüsse und stellen mehr als die Hälfte der Studierenden. Gleichzeitig werden sie immer noch viel zu oft dazu erzogen, ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen. Das hindert sie unter Umständen später daran, ihre Chancen im selben Maße wie Jungen wahrzunehmen. Mädchen und junge Frauen müssen deshalb gezielt ermutigt und darin bestärkt werden, ihre Chancen wahrzunehmen, auch wenn sie sich Männernormen nicht anpassen wollen. Wir haben 1996 eine Große Anfrage zu diesem Thema eingebracht. Wir wollten erfahren, was die Bundesregierung tut, um ihren Teil zur gezielten Verbesserung der Chancengleichheit von Mädchen in allen Bereichen beizutragen. Die Antwort, die wir - nach über einem Jahr - erhielten, war ernüchternd. Wenig aktuelles Zahlenmaterial, ein paar Modellprojekte und viel Rechtfertigung, warum dies und das nicht nötig sei. Unser Fazit aus der vorliegenden Antwort ist: Die Bilanz der Regierung ist äußerst mager. Kinder- bzw. Mädchenarmut und -obdachlosigkeit sind für die Regierung kein Thema. Spezifische Daten hierzu liegen nicht vor bzw. werden nicht erhoben. Noch nicht einmal vorhandene Instrumentarien werden ausgeschöpft. Nur ein Beispiel: Seit 1987 hat das Frauenministerium das Recht, Kabinetts- und Gesetzesvorlagen frauenpolitisch zu prüfen. Außerdem bearbeitet nach Angaben der Bundesregierung jedes Ressort seine Aufgaben unter frauenspezifischen Aspekten. Aber in den Gesetzen dieser Regierung hinterläßt das keine Spuren. So brachte zum Beispiel das Arbeitsförderungs-Reformgesetz außer Frauenbeauftragten in allen Arbeitsämtern keinerlei positive Impulse für die Bekämpfung der Mädchen- und Frauenarbeitslosigkeit. Im Gegenteil. Viele Maßnahmen der letzten Jahre haben dazu geführt, daß die Perspektiven für Frauen und Mädchen auf dem Arbeitsmarkt schlechter werden. Im Bundestag existiert das Thema Mädchenpolitik jenseits der Haushaltsberatungen zum Kinder- und Jugendplan so gut wie überhaupt nicht. Eine Ausnahme waren die wichtigen Debatten zum Sexualstrafrecht, die wir hier geführt haben. Wir alle wissen, daß es nicht reicht, sexualisierte Gewalt mit dem Strafrecht zu bekämpfen. Gerade sexualisierte Gewalt hat sehr viel zu tun mit dem Rollenverständnis von Frauen und Männern. Prävention und Schutz hängen deshalb eng zusammen mit der Hinterfragung von geschlechtsspezifischen Sozialisation. Aber das allein ist noch nicht Mädchenpolitik. Wir sehen im Gegensatz zur Bundesregierung in vielen Bereichen Handlungsbedarf. Ganz wichtig ist die spezielle Förderung von Mädchen in Jugendhilfe und Schule. Kein Mensch käme auf die Idee, beim Wettbewerb „Jugend forscht" von einem Jungenwettbewerb zu sprechen. Wenn Sie sich aber die Ausrichtung, die Themen und die Besetzung der Jurys bei diesem Wettbewerb anschauen, dann wundert es nicht mehr, daß es gerade mal 14,5 % weibliche Sieger gibt. Ähnlich ist es in der Jugendarbeit. Sie ist immer noch allzu häufig Jungenarbeit. In vielen Jugendhäusern herrschen wie eh und je Strukturen vor, die viel mehr Jungen entsprechen als Mädchen. Dabei haben Modellversuche in der offenen Jugendarbeit und in Schulen gezeigt, daß mehr Freiräume für Mädchen wesentlich dazu beitragen, daß diese Neugier, Kreativität und Selbstbewußtsein viel stärker entwickeln als in gemischten Gruppen. Mädchen und junge Frauen konzentrieren sich nach wie vor bei der Berufswahl auf viel zu wenige der mehr als 350 möglichen Ausbildungsberufe, und das sind zudem überwiegend Berufe mit geringen Verdienst- und Karriereaussichten. In den nicht mehr so ganz neuen Bundesländern wählen gerade mal 1,5 % aller jungen Frauen einen sogenannten Männerberuf. Damit sich das ändert, brauchen Mädchen und junge Frauen nicht nur die Chance, in allen Berufen einen Ausbildungsplatz zu finden. Sie müssen vor allem auch nach der Ausbildung damit rechnen können, in diesen Berufen gleiche Aussicht auf einen Arbeitsplatz zu haben wie junge Männer. Die gesundheitliche Befindlichkeit von Mädchen ist im Durchschnitt im Vergleich zu der männlicher Jugendlicher schlechter. Erschreckend ist das Ausmaß der Eßstörungen: zehn bis fünfzehnmal mehr junge Frauen als junge Männer leiden daran. Was da alles runtergeschluckt wird oder eben nicht geschluckt werden will und was für Verarbeitungsmuster dahinterstecken, muß uns doch alle beunruhigen. Das 30 % der DVU-Wähler in Sachsen-Anhalt junge Männer unter 30 Jahren sind, ist ein Thema; daß junge Frauen ihre Probleme gegen sich selbst wenden, nicht. Das darf nicht so bleiben. Allzuoft wird vergessen, daß es zwei Geschlechter gibt, und hinter vermeintlich neutralen Angeboten versteckt sich eine einseitige geschlechtsspezifische Förderung. Das gilt nicht nur für die Politik. Erschreckend fand ich die Ergebnisse einer Untersuchung des Programmangebots von 18 Fernsehkanälen. Informationssendungen für Kinder richten sich danach zu 70 % an beide Geschlechter. 20 % richten sich direkt an Jungen und nur ganze 4 % an Mädchen. Die Gruppe der Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren ging sogar völlig leer aus. Wenn es eine Politikverdrossenheit von jungen Frauen geben sollte, braucht einen das nicht zu wundern. Aber Interesse ist ja da. Es fehlt die richtige Ansprache, und es fehlen die adäquaten Angebote. Damit wird eine große Chance vertan. Wenn wir wirklich zu einer gleichen Teilhabe für Mädchen und junge Frauen kommen wollen, brauchen wir alle endlich einen anderen Blick. Frau Ministerin Nolte, erst wenn Sie jenseits der Gleichberechtigungsgesetze die Mädchen in ihrer besonderen Lebenssituation wahrnehmen, nur wenn Sie um die Bedingungen wissen, können Sie auch entsprechend handeln. Aber dort, wo die Informationen schon vorliegen, gibt es keine Entschuldigung für das Nichtstun. Zum Beispiel bei Genitalverstümmelungen. Ich hoffe, daß die Debatten, die wir seit der Beantwortung unserer Großen Anfrage hier in diesem Hause hatten, nicht völlig spurlos an Ihnen vorübergegangen sind. Ihre Feststellung, daß Genitalverstümmelung kein Grund zur Asylgewährung sei, wird ja inzwischen auch von Gerichten anders gesehen. Auch ein interfraktioneller Antrag aus diesem Haus fordert eine bessere Berücksichtigung dieser grausamen Menschenrechtsverletzung in der Praxis des Asylrechts. Die Große Anfrage hat gezeigt: Für Mädchen und junge Frauen bleibt für eine Regierung viel zu tun. Wir sind dazu bereit. Rose! Neuhäuser (PDS): „Die Würde des Men- schen ist unantastbar. " Was sich in Art. 1 des Grundgesetzes so selbstverständlich liest, ist leider nicht immer gesellschaftliche Realität. Auch am Ende dieses Jahrhunderts beschreibt in Deutschland der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt" im Grundgesetz nicht die Realität, sondern eher eine Wunschvorstellung. Gleiches gilt, wenn es im KJHG heißt: „Bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben sind ... die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern. " Mädchen lernen und erleben tagtäglich, daß sie auf Grund ihres Geschlechts schlechtere Voraussetzungen zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit haben. In allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens werden sie nach wie vor mit den traditionellen Rollenvorstellungen konfrontiert, die Frauen einengen und auf den häuslich-familiären Bereich beschränken wollen. Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen hat - wie schon der 9. Jugendbericht - in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen die tatsächliche Benachteiligung von Mädchen nachgewiesen. Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen Erkenntnissen endlich Rechnung zu tragen und das traditionelle Rollenverständnis in Erziehung, Berufswahl, Ausbildung und Erwerbstätigkeit abzubauen. Mädchenpolitik muß als Querschnittsaufgabe ernstgenommen werden. Dazu gehört auch eine angemessene Verankerung in sämtlichen Förderprogrammen des Kinder- und Jugendplanes des Bundes. Ich betone ausdrücklich, daß es dabei auch um eine ausreichende und kontinuierliche finanzielle Ausstattung der Programme geht. Realität ist jedoch, daß in den Haushaltsansätzen des Kinder- und Jugendplanes des Bundes für das Förderprogramm „Mädchenpolitik" in den letzten zwei Jahren erhebliche Kürzungen vorgenommen wurden. Während 1996 noch 5,5 Millionen DM zur Verfügung standen, wurden für 1997 und 1998 nur noch 3,5 Millionen DM veranschlagt. Diese drastischen Kürzungen halten wir mit dem Blick auf die zunehmend schwierige Situation der Zielgruppe „Mädchen" für nicht nachvollziehbar und überdies für unverantwortlich. Die Antwort der Bundesregierung macht allerdings deutlich, daß es am politischen Willen zur Verbesserung der Lebenslagen von Mädchen und jungen Frauen fehlt. Die Auskünfte zeugen in einem erschreckenden Gemisch aus Arroganz und Ignoranz davon, daß die Bundesregierung sich auch auf diesem Politikfeld völlig konzeptionslos von einem Modellprojekt zum nächsten hangelt. Die Bundesregierung weiß nicht nur zu wenig über die Lage von Mädchen und jungen Frauen, sie ist offensichtlich nicht einmal gewillt, das wenige, was sie weiß, in ihr politisches Handeln einfließen zu lassen. Der Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90 macht mehr deutlich, als ich hier in meiner kurzen Redezeit benennen könnte. Und er umreißt das breite Feld der Aktivitäten, die nicht nur vorstellbar, sondern auch dringend notwendig sind, wenn auf dem Gebiet der Mädchenpolitik Fortschritte gemacht werden sollen. Wir stimmen diesem Entschließungsantrag ausdrücklich zu. Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU/CSU): Ende 1995 lebten in Deutschland rund 7,7 Millionen Mädchen und junge Frauen im Alter bis zu 18 Jahren. Unbestreitbar hat sich für sie im Vergleich zu früheren Generationen vieles verändert und verbessert. Viele der Veränderungen werden gerade von jungen Frauen heute als selbstverständlich hingenommen. Deshalb heißt es auch im Entschließungsantrag der Grünen richtig: Mädchen sind selbstbewußter und aktiver, als man ihnen häufig unterstellt. Und ich füge hinzu: Mit manchen Punkten, über die wir diskutieren, ernten wir bei den Betroffenen in erster Linie Unverständnis. So habe ich es jedenfalls bei der Diskussion über die Koedukation im Saarland erlebt. Dennoch bleibt festzustellen: Auch heute haben Mädchen und junge Frauen bei der Entwicklung ihrer persönlichen Identität, ihres Lebensweges und ihrer sozialen Integration noch nicht die gleichen Chancen. Immer noch prägen tradierte Rollenzuweisungen viele Entwicklungen, und deshalb ist es notwendig, die Bemühungen zu mehr Gleichberechtigung weiter fortzuführen und zu intensivieren. Die CDU will eine Gesellschaft, in der Jungen und Mädchen, Männer und Frauen mit ihren jeweils eigenen Profilen als gleichwertige und gleichberechtigte Partner über ihre Lebensentwürfe frei entscheiden können. Dazu brauchen wir eine Politik, in deren Rahmen der Staat gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Gruppierungen und Institutionen zusammenarbeitet; die nicht nur allein auf das Rollenverhalten der Mädchen abstellt, sondern gleichzeitig auch bei den Einstellungen von jungen Männern ansetzt; die nicht vorrangig separate und erst recht nicht separierende Angebote macht, sondern Angebote, die differenziert auf die jeweiligen Lebenslagen abgestimmt sind. Auch wenn es im Entschließungsantrag der Grünen einige Punkte gibt, über die man durchaus diskutieren kann, so präsentiert er sich nach meinem Geschmack zu staatslastig, zu dirigistisch und zu einseitig in den Maßnahmen. Natürlich ist es richtig, daß wir versuchen müssen, die geschlechtsspezifische Spreizung im Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu überwinden und daß wir deshalb versuchen, Mädchen verstärkt in sogenannte Männerberufe hineinzubringen. Aber wo bleiben denn die Anstrengungen in umgekehrter Richtung? Nach wie vor ist die Erziehung im Kindergarten, im Vorschul- und Grundschulbereich immer noch eine ausgesprochene Frauendomäne. Nach wie vor erleben viele Kinder zum erstenmal eine männliche Bezugsperson, wenn sie an weiterführenden Schulen etwa ihren Mathematiklehrer kennenlernen. Auch dies sind Strukturen, die Rollenverständnisse festschreiben und die eine weitere Durchsetzung der Gleichberechtigung verhindern. Auch hier muß Politik ansetzen. Ebenso verwunderlich ist es für mich, daß in dem Entschließungsantrag der Grünen die Familie als ein Ort entscheidender Prägungen und Sozialisation anscheinend keine Rolle spielt. Partnerschaftliche Teilung von Erziehungs- und Berufsaufgaben kann nicht erzwungen, nicht staatlich verordnet werden, sondern kann nur durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen gefördert werden. Hierzu hat die Bundesregierung etwa durch Erziehungsgeld- und Erziehungsurlaub, durch die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz, durch die Förderung familienfreundlicherer Arbeitszeiten und familiengerechter Teilzeitarbeitsplätze entsprechende Beträge geleistet. Weitere Schritte müssen allerdings folgen. Mit der 1994 in der Verfassungsform beschlossenen Ergänzung des Gleichberechtigungsgebotes des Art. 3 GG wurde festgelegt, daß der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken hat. Damit kommt der Politik unbestreitbar eine besondere Aufgabe zu, und diese Aufgabe hat sich die Bundesregierung gestellt - und zwar durchaus mit Erfolg. Deshalb sind viele der Maßnahmen, die die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Entschließungsantrag anmahnt, obsolet oder schon auf dem Weg. Dies betrifft geforderte Veränderungen in der Statistik ebenso wie die schon seit 1987 verankerte frauenpolitische Prüfung von Kabinetts- und Gesetzesvorlagen. Dies betrifft auch die spezielle Förderung von Mädchen in der Jugendhilfe. Hier hat die Bundesregierung gerade seit dem 6. Jugendbericht einen verstärkt geschlechtsspezifischen Ansatz der Mädchenarbeit für die Jugendhilfe entwickelt und weiter fortgeführt. Das Programm „Mädchen in der Jugendhilfe" ist ja bereits genannt worden. Dies betrifft auch die besonderen Schwerpunkte, die die Bundesregierung in der Bildungs- und Forschungspolitik gesetzt hat. So ist etwa auf Initiative der Regierung in der Bund-Länder-Kommission für die Bildungsplanung und Forschungsförderung 1991 ein neuer Förderungsschwerpunkt „Mädchen und Frauen im Bildungswesen" eingerichtet worden. Weitere frauenspezifische Verbesserungen etwa in der Novelle des Hochschulrahmengesetzes wie die Koppelung finanzieller Unterstützung der Universitäten unter anderem an die Frauenförderung, können derzeit wegen der Verweigerung der SPD-geführten Länder im Bundesrat nicht in Kraft treten. Dies betrifft auch die Anstrengungen der Bundesregierung, das Bundeswahlspektrum von Frauen und, ich betone: auch von Männern zu erweitern. Wir teilen al- lerdings hier die Auffassung, daß diese Aufgabe nicht alleine von der Politik bewältigt werden kann, sondern daß es dazu eines veränderten Verhaltens in Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch bei den Jugendlichen selbst, bedarf. Politik zur Förderung der Gleichberechtigung ist eine Querschnittsaufgabe. Sie betrifft unterschiedlichste Politikfelder und gesellschaftliche Gruppierungen. Sie muß vielfältige Maßnahmen und Mittel einsetzen. Diesem Ansatz folgt die Politik der Bundesregierung und der CDU/CSU. Und deshalb werden wir auch in Zukunft diese Politik unterstützen. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 16 (Entwurf eines Gesetzes zu der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats vom 5. November 1992) Ulla Jelpke (PDS): Ich frage mich, wie die Bundesregierung folgende widersprüchliche Realitäten miteinander vereinbart: Einerseits stellt sie sich anläßlich der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs zur Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen als freundliche Schützerin von Minderheiten dar, während sie andererseits eine Ausländer- und Asylpolitik betreibt, die - diplomatisch ausgedrückt - mit diesem Anspruch wohl kaum zu vereinbaren ist. Eine Reform des völkischen Staatsangehörigkeitsrechts ist bisher mit allen Mitteln verhindert worden, und auch ein Diskriminierungsgesetz, das nicht nur den sogenannten nationalen Minderheiten Schutz bietet, ist nicht durchsetzbar. Die Erklärung liegt in der Frage, welche Gruppen von Menschen überhaupt Nutzen von dieser Charta hätten. Der Begriff der nationalen Minderheit ist im Übereinkommen des Europarats nicht definiert, deshalb hat die Bundesregierung eine Erklärung abgegeben, aus der hervorgeht, daß die zu schützenden Gruppen als wichtigstes Kriterium die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen müssen. Nationale Minderheiten sind demnach nur die Dänen und die Sorben. Auf die Friesen und die Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit wird das Abkommen großzügigerweise angewandt, weil sie „traditionell heimische Volksgruppen" sind. Damit ist der Kreis der Schutzwürdigen auf 240 000 Personen beschränkt - ein Witz angesichts der im Bundesgebiet lebenden 7 Millionen Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, die, nur weil sie kein deutsches Blut in den Adern haben, nicht schutzwürdig im Sinne des Abkommens sein sollen. Noch ein weiterer Punkt ist hervorzuheben: In der offiziellen Darstellung des Bundesministeriums der Justiz zum Schutz nationaler Minderheiten in Europa beginnt die Geschichte des Minderheitenschutzes erst mit dem Jahre 1949. Es ist nur zu verständlich, daß die Bundesregierung die vor dieser Zeit liegende Entwicklung lieber verschweigen möchte - es würde deutlich werden, in welcher Tradition ihre Minderheitenpolitik steht. Die Geschichte des internationalen Minderheitenschutzes beginnt mit den Minderheitenverträgen nach dem ersten Weltkrieg. Von Beginn an hat die deutsche Minderheitenpolitik - ganz im Sinne der deutschen völkischen Ideologie - nicht wie die große Mehrheit der anderen Staaten den Schutz der Individuen vor Diskriminierung gefordert, sondern die Bewahrung der „nationalen Identität" . Nicht die Rechte der einzelnen Menschen interessierten, sondern nur die der nationalen Kollektive - die wenig später nur noch „Rassen" genannt wurden. In der Nazizeit hieß es: „Während im Mittelpunkt des Minderheitenrechts das Individuum und der Schutz seiner geheiligten Rechte steht, dreht sich nationalsozialistisches Denken ausschließlich um die Volksgemeinschaft und begreift das Individuum nur als Glied einer solchen. ... der Nationalsozialismus ... spricht nicht mehr von Minderheiten, sondern von Volksgruppen." Auch die Bundesregierung redet oft und gerne von Volksgruppen, und ein Volksgruppenrecht, das eben die völkischen Kollektive statt die Individuen schützt, versucht die Bundesregierung seit Jahr und Tag international durchzusetzen - bisher zum Glück ohne großen Erfolg. Auch im Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten, dem bisher weitgehendsten Abkommen in dieser Richtung, ist das Rechtssubjekt immer noch die einzelne Person, nicht das nationale Kollektiv. Die anderen Staaten wissen sehr gut um die Geschichte des Minderheitenschutzes, die die Bundesregierung verschweigt, und haben weitergehende Forderungen immer abgelehnt. In der erwähnten Schrift des Justizministeriums wird zumindest eine Zielsetzung der deutschen Minderheitenpolitik erwähnt. Es heißt, die Abkommen seien „nicht zuletzt für die deutschen Minderheiten wichtig, die in den Staaten Mittel- und Osteuropas leben" . Auch die Einbindung der Minderheitenpolitik in die Bestrebungen zur Revision der deutschen Ostgrenzen hat eine lange Geschichte, die bis weit vor 1949 zurückreicht. Darauf näher einzugehen, fehlt hier leider die Zeit; ich verweise aber auf unsere oft vorgebrachte Kritik an der revanchistischen Politik der Vertriebenenverbände und deren Förderung durch die Bundesregierung. Einem Satz der Bundesregierung kann ich voll und ganz zustimmen: „Der Umgang mit nationalen Minderheiten ist eine Meßlatte für Freiheit und Demokratie in der Gesellschaft. " Meine Antwort auf die Frage nach dem erreichten Grad von Freiheit und Demokratie in der bundesdeutschen Gesellschaft fällt allerdings - wie deutlich geworden sein sollte - ganz anders aus als die der Bundesregierung.
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    Rede von Roland Richter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ja. Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Bitte.


Rede von Albert Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Richter, ist Ihnen entgangen, daß es das Umweltbundesamt war und nicht die Grünen oder sonstwer, das präzise berechnet hat, daß der Straßenverkehr - alle Unfall- und Umweltfolgekosten eingerechnet, die ungedeckt sind - ungedeckte Kosten in Höhe von zwischen 70 und 80 Milliarden DM pro Jahr verursacht, und daß das Umweltbundesamt deshalb gefordert hat, es müßten hier richtige Preissignale gesetzt werden, und die ungedeckten Kosten müßten Stück für Stück endlich in den Preis eingerechnet werden?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Richter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Diese Berechnung des Umweltbundesamtes ist mir natürlich bekannt. Allerdings darf nicht außer acht gelassen werden, daß diese sogenannten externen Kosten des Straßenverkehrs dem Nutzen, den der Straßenverkehr insgesamt für die Volkswirtschaft bedeutet, gegenübergestellt werden müssen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Herr Kollege Schmidt, Sie wissen wie ich, daß zwei Drittel des Güterverkehrs auf der Straße absolviert werden müssen. Wir wissen beide gemeinsam, daß dieser Güterverkehr im Grunde genommen die Arterien unserer Volkswirtschaft darstellt. Das heißt, wenn Sie hier versuchen, den Blutfluß durch Arterienverkalkung zu verlangsamen, werden Sie dramatische Folgen für die Volkswirtschaft haben. Aus diesem Grund können wir uns diese Politik nicht leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Roland Richter
    Die Fragen des kombinierten Ladungsverkehrs wurden von verschiedenen Kollegen schon angesprochen. Hier müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß der kombinierte Ladungsverkehr nicht stärker und nicht schneller wachsen kann, als das die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in dieser Republik zulassen.

    (Elke Ferner [SPD]: Ach so! Beim Straßenverkehr ist das aber anders!)

    Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, daß die Öffnung der Grenzen dazu geführt hat, daß die Preise, die im Güterverkehr erzielt werden können, enorm zurückgegangen sind. Das hat sich in den letzten Monaten zwar etwas gebessert, aber trotzdem sind die Preise in diesem Bereich auf einem Tiefstand.
    Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß der kombinierte Ladungsverkehr, der erhebliche zusätzliche Mittel erwirtschaften muß, etwa nur halb so stark wie der Lkw auf dem Markt operieren kann.
    Wir müssen erfreut zur Kenntnis nehmen, daß der kombinierte Ladungsverkehr trotz dieser schlechten wirtschaftlichen Ausgangsvoraussetzungen im letzten Jahr enorm gewachsen ist. Sie wissen wie ich, daß der Güterverkehr, den die Bahn absolviert hat, stärker gewachsen ist als der Güterverkehr insgesamt. Sie wissen, daß der Güterverkehrsmarkt um etwa 5 Prozent gewachsen ist. Der Güterverkehr auf der Schiene ist im letzten Jahr um 7,5 Prozent angewachsen, und der kombinierte Ladungsverkehr ist in diesem Segment noch stärker gewachsen. Die genauen Zahlen werden wohl erst in den nächsten Tagen bekannt werden. Aber es ist in jedem Fall klar, daß hier die Privatisierung der DB AG und insbesondere die Umstrukturierung in die DB Cargo ganz hervorragende Erfolge in diesem Bereich erwarten lassen.
    Die Partner im kombinierten Ladungsverkehr sagen voraus, daß sie in den nächsten Jahren mit Zuwachsraten von etwa 50 Prozent rechnen können. Die Bahn, die ihr Angebot vor allem durch verstärkte Pünktlichkeit und durch zusätzliche Trassen verbessern kann, wird diesen Bereich sicher aufgreifen, wobei ich davon ausgehe, daß die Bahn in ihrem Bemühen, wirtschaftlicher zu arbeiten, auch in diesem Sektor neue Angebote und Produkte entwickeln wird.
    Im Moment stellt die Bahn so wie beim Personennahverkehr ihre Züge bereit und hofft dann, daß jemand seine Güter auf der Schiene transportiert. Künftig muß es so sein, daß derjenige, der Transporte veranlaßt, der Bahn im vorhinein sagt: „Ich brauche eine Strecke von A nach B", damit die Bahn in der Lage ist, wirtschaftlich und rationell zu handeln. Ich glaube, hier gibt es noch erhebliche Möglichkeiten, die wir in den nächsten Tagen und Wochen umsetzen müssen.
    Die Infrastruktur Schiene hat meines Erachtens in der Bundesrepublik Deutschland durch die Privatisierung der DB AG einen ganz erheblichen Schub nach vorne bekommen. Die Vollkostenrechnung, die hier kritisiert worden ist, wird natürlich im internationalen Vergleich so nicht überall durchgeführt.

    (Elke Ferner [SPD]: Allerdings!)

    Dies ist aber ein Weg, der vom Prinzip her in die richtige Richtung führt.

    (Beifall des Abg. Georg Brunnhuber [CDU/ CSU])

    Dies ist ein Weg, den wir im Straßenbereich - das wurde historisch leider versäumt - so speziell nicht umsetzen können, wobei ich hinzufüge, daß der Weg einer streckenbezogenen Vignette, den die Bundesregierung und die Koalition in diesem Bereich in den nächsten Jahren gehen, dem Ziel der Vollkostenrechnung nahekommt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Elke Ferner [ SPD]: Dabei mußten wir Sie doch zum Jagen tragen! Diesen Vorschlag haben wir doch gemacht!)

    - Frau Ferner, Sie wissen doch so gut wie ich, daß diese streckenbezogene Vignette vor allem wegen der europäischen Rahmenbedingungen nicht so ohne weiteres umsetzbar ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Elke Ferner [SPD]: Aber da muß man doch anfangen!)

    Wir sind gemeinsam bemüht - darüber gab es im Verkehrsausschuß Diskussionen; Sie haben sich ja bereit erklärt, auf der europäischen Ebene über Ihre Parteigenossen entsprechende Möglichkeiten durchzusetzen -, diese streckenbezogene Vignette in Deutschland einzuführen.

    (Elke Ferner [SPD]: Nach geltenden Regeln können Sie das ja schon tun!)

    Daß das auf Grund technischer Gegebenheiten nicht von heute auf morgen geht, ist doch eine Tatsache, über die wir nicht streiten müssen.
    Die Bahn hat mit zahlreichen Maßnahmen den kombinierten Ladungsverkehr ausgebaut. Sie wird in den nächsten Monaten neue Vorschläge machen, um hier weitere Impulse zu setzen.

    (Monika Ganseforth [SPD]: Abbauen tut sie!)

    - Nein. Sie wird neue Vorschläge machen, um diesen Bereich auszubauen.
    Ich bin mir sicher, daß wir das Ziel eines stärkeren Wachstums des Schienenbereichs als des Straßenbereichs so wie im letzten Jahr auch in den nächsten Jahren gemeinsam erreichen können. Ich hoffe, daß wir nach dem 27. September dieses Jahres hier in diesem Bundestag dazu die notwendigen Mehrheiten haben.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Elke Ferner [SPD]: Wir werden sie haben!)