Rede von
Dr.
Wolfgang
Bötsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich möchte wieder zum Thema zurückkommen
und die Frage anschneiden, wie die Bundesregierung das Verhalten des Herrn Ministerpräsidenten Schröder bei seinem Treffen mit dem weißrussischen Diktator beurteilt.
Ich möchte mich zunächst bei Herrn Staatsminister Hoyer für die klare Aussage bedanken, daß die Bundesregierung, das Auswärtige Amt, Herrn Schröder von diesem Treffen abgeraten hat. Ich glaube, diese deutliche Klarstellung war notwendig, weil in den letzten Tagen Gerüchte durch die Gegend geschwirrt sind, als sei diese Haltung nicht so klar gewesen. Herr Staatsminister, ich darf mich für diese Klarstellung bei Ihnen herzlich bedanken.
Entgegen dem, was Sie ausgeführt haben, Herr Kollege Verheugen, ist Herr Schröder natürlich nicht nur als Ministerpräsident, sondern auch als Kanzlerkandidat nach der alten Methode „to wear several hats" in Erscheinung getreten.
Herr Schröder selbst stellt eine Verbindung zwischen diesen Funktionen her. Er ist von Ihnen sozusagen nach vorne auf die Rampe geschoben worden. Er nutzt all das für sein Vorhaben, Kanzler zu werden, was ihm aber nicht gelingen wird. Nach Israel ist er zwar als Bundesratspräsident gereist, aber er hat dort die Grünen in seiner Funktion als Kanzlerkandidat beschimpft.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herrn Kollegen von der SPD, sollten bedenken, daß Sie - das müssen Sie doch gemerkt haben - in dieser Frage stark isoliert sind.
Wenn ich die Reden richtig verfolgt habe, dann kann ich feststellen, daß Sie die einzigen hier im Hause sind, die das Verhalten von Herrn Schröder gebilligt haben. Alle anderen - zu meiner Überraschung auch die PDS - haben Kritik geübt, wobei ich aber in einem Punkt anderer Auffassung bin als die PDS: Diese Aktuelle Stunde ist sehr wohl notwendig. Um uns in Fragen des Parlamentarismus Nachhilfe geben zu können, müßten Sie noch etwas länger - das hoffe ich zwar nicht - dem Parlament angehören.
Meine Damen und Herren, eines steht fest: Schröder betreibt seine politische Show ohne Rücksicht auf Verluste deutscher und europäischer Glaubwürdigkeit.
Das ist im Grunde genommen das, was wir zu dem Thema zusammenfassen können.
Rabulistik, Herr Kollege Verheugen, hinsichtlich dessen, was die Europäische Union zu dem Thema gesagt hat, führt tatsächlich nicht weiter. Denn ich muß den Satz schon noch einmal zitieren: „Bilaterale ministerielle Kontakte zwischen der Europäischen Union und Belarus werden grundsätzlich nur über den Vorsitz oder die Troika geknüpft." Nun können Sie rabulistisch sagen, Schröder ist nicht Mitglied der Bundesregierung, er ist ja lediglich ein Ministerpräsident. Damit minimieren Sie aber seine eigene Rolle. Schröder will jedoch Kanzler werden.
Herr Kollege Voigt, Sie haben gesagt: Herr Schröder wird schon in seine Aufgabe hineinwachsen. - Der Bundestag als teuerste Volkshochschule der Welt, das wollen wir doch nicht.
Ich bin der Meinung, wer Kanzler werden will, der sollte eigentlich die Voraussetzungen für außenpolitische Fragen schon mitbringen und hier nicht erst lernen müssen.
Nachdem die „taz" und die „FAZ" zitiert wurden, will ich die „Süddeutsche Zeitung" von heute zitieren, die schreibt:
„Ich bin weder Außenminister, noch will ich es werden", hat Gerhard Schröder bei seinem Israel-Besuch vor einiger Zeit zu diesem Thema gesagt. Richtig ist,
- so schreibt die „Süddeutsche Zeitung" -
daß er sich für Außenpolitik im diplomatischen Sinne noch nie interessiert hat. Für ihn, der als Vorstandsvorsitzender der „Deutschland AG " zu handeln gedenkt, besteht die Welt jenseits nationaler oder europäischer Grenzen vor allem aus Absatzmärkten oder konkurrierenden Standorten. Deshalb trifft er sich auch gegen alle Bedenken mit einem diktatorisch regierenden Präsidenten; er nimmt eben im Zweifel die Bitten einer Reifenfirma und eines Lastwagenherstellers interessierter zur Kenntnis als eine LukaschenkoBannbulle des Auswärtigen Amtes an alle bundesdeutschen Staatskanzleien.
So versteht Gerhard Schröder Außenpolitik. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Vielen Dank.