Rede von
Uta
Zapf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, hier allmählich ganz feuchte Füße von den vielen Krokodilstränen zu bekommen, die hier vergossen werden.
Ich würde ganz gerne zunächst einmal zu Herrn Irmer - Herr Francke hat es jetzt ja auch wiederholt - sagen, daß es sich lohnt, die richtige Zeitung zu lesen. Ich wundere mich, daß Sie hier die „taz" zitieren und dabei vergessen, daß auch die „FAZ" etwas zu
Uta Zapf
dieser Sache gesagt hat. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, würde ich das hier jetzt gerne zitieren. Da steht zu demselben Tatbestand, den Sie angesprochen haben: Regierungssprecher Jürdens bestätigte,
Schröder sei die Schwierigkeit dieses Treffens bewußt gewesen.
Er habe daher auf einem informellen Treffen außerhalb des Protokolls bestanden, einen gemeinsamen Fototermin mit Lukaschenko abgelehnt und auch zu Beginn des Essens darauf hingewiesen, daß man in der Beurteilung der innenpolitischen Situation Weißrußlands nicht übereinstimme.
Man sollte also, wenn man schon zitiert, seriös zitieren.
Zweites Problem, meine Damen und Herren: Es ist richtig, daß wir Herrn Lukaschenko, der genauso regiert, wie es hier auch von der Koalition beschrieben worden ist, nicht hoffähig machen wollen. Er ist aber immerhin ein regulär gewählter Präsident und wurde damals noch nach durchaus demokratischen Spielregeln gewählt. Wir haben die Möglichkeit, ihm einerseits offizielle strahlende Gelegenheiten zu verwehren, aber auf der anderen Seite müssen wir berücksichtigen, daß er immerhin der Präsident ist.
Ich würde Sie gerne einmal fragen, was Sie machen würden, wenn Sie mit der deutsch-belarussischen Parlamentariergruppe nach Belarus fahren und dort mit den Regierenden und mit der Administration Kontakte pflegen wollen. Was machen Sie? Reden Sie mit Herrn Lukaschenko? Ja oder nein?
Ich finde es lächerlich, wie Sie das behandeln. Wir haben uns in der deutsch-belarussischen Parlamentariergruppe stundenlang mit diesem Thema beschäftigt. Die Kehrseite der Medaille ist doch, daß wir dann, wenn wir der von Ihnen behaupteten Kontaktsperre entsprechen würden - dabei ist diese nicht ausgesprochen worden -, in ein Dilemma hineinkämen, über das es sich nicht nur am Beispiel von Belarus, sondern auch am Beispiel anderer Länder nachzudenken lohnt. Herr Antretter hat das gestern im Auswärtigen Ausschuß mit der Formel umschrieben: Was nützt denn den Menschen, wenn wir in einem Lande Demokratisierung fördern wollen? Nützt die Isolierung oder nützt zum Beispiel eine wohldosierte Art bei der Kontaktpflege?
Nützt es, die Wirtschaft zu fördern - ich erinnere an das berühmte Wort vom Wandel durch Handel -, oder nützt es, Sanktionen auszusprechen?
Ich möchte hier nur einen Beispielsfall ansprechen, mit dem wir umzugehen lernen müssen. Es geht darum, daß die Bundesregierung die Gelder für die MW im Rahmen des Transformprogrammes drastisch gekürzt hat, und zwar auf Grund des hier gefaßten Beschlusses, Hilfsprogramme nicht mehr zu fördern. Die KfW hatte sich schon weitgehend auf die Unterstützung von NGOs konzentriert. Die NGOs sind in der Tat in Weißrußland diejenige Gruppe, die in der Lage ist, Demokratisierung am besten voranzutreiben.
Nun fallen die Gelder für diese nichtstaatlichen Organisationen weitgehend weg. Die kleinen und mittleren Privatbetriebe, die die KfW unterstützt hat, können nicht mehr gefördert werden, und auch der ganz wichtige Bereich Aus- und Weiterbildung wird eingeschränkt, so beispielsweise die Förderung nichtstaatlicher Organisationen wie des IBB und anderer, die die Demokratisierungsaspekte in ihre Programme einflechten. Ich denke, das ist ein Dilemma, vor dem wir alle stehen.
Wenn wir uns nicht in einer Wahlkampfdiskussion befänden, wäre es wirklich lohnend, über die Sache nachzudenken. Das, was hier passiert, kann ich gut verstehen. Sie haben eine wunderbare Gelegenheit genutzt, dem Strahlemann Schröder eins auszuwischen und ihm im außenpolitischen Bereich etwas Dämpfendes aufzusetzen. Das hätte ich an Ihrer Stelle ganz genauso gemacht. Das ist doch klar.
Dafür haben wir doch alle Verständnis. Wir sind im Wahlkampf.
Aber das, was hier passiert, ist doch nicht seriös.
Ich denke, es trifft das, was Herr Francke in der letzten Diskussion zu Protokoll gegeben hat. Herr Francke, mit der Genehmigung der Frau Präsidentin würde ich Sie gerne zitieren. Sie haben in der Debatte über den Antrag, den wir gemeinsam beschlossen haben, Ihre Rede zu Protokoll gegeben. Dazu möchte ich einen kleinen Einschub machen: Die Frage der Demokratisierung in Belarus hat dieses Haus offenbar so gebeutelt, daß die Debatte nur zu Protokoll gegeben worden ist.
Ich zitiere Herrn Francke:
Trotzdem kann es nicht unser Ziel sein, Belarus dauerhaft zu isolieren. Nur im Dialog mit dem Land
werden wir zu einem innenpolitischen Umdenken und damit langfristig zu einer politischen Sta-
Uta Zapf
bilität beitragen können, die auch in die Region ausstrahlt. Nicht umsonst sprechen sich insbesondere die direkten Nachbarn Belarus' dagegen aus, das Land dauerhaft zu isolieren.