Rede von
Wolfgang
Meckelburg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein. Ich finde, wir sollten nach zwei Stunden Debatte jetzt wirklich keine Zeit mehr mit Einzelheiten verlieren.
Der zweite Bereich, auf den ich noch einmal eingehen möchte, sind die 620-DM-Jobs. Auch hier sollte nicht herumgedeutelt werden. Der Mißbrauch bei den 620-DM-Jobs muß bekämpft werden. Ich sage dazu: Niemand von uns will alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse abschaffen.
Niemand von uns will die Möglichkeit einer flexiblen Antwort der Wirtschaft auf Auftragsspitzen durch geringfügige Beschäftigung behindern.
Eines ist aber klar, Herr Friedhoff: Wir dürfen als Gesetzgeber nicht das Signal zulassen, daß der Trend der Zunahme bei den 620-DM-Jobs das ist, was wir wollen; denn das hieße, wir wollten den Umstieg von normaler Arbeit mit Sozialversicherungspflicht und Steuerabgaben in immer mehr Billigjobs. Das kann nicht der Trend sein, den wir wollen.
Deswegen dürfen wir als Gesetzgeber nicht das falsche Signal setzen, daß die 620-DM-Jobs möglicherweise die Form der Arbeit sind, die wir als Normalfall ansehen.
Hier besteht Handlungsbedarf. Wir dürfen die Flucht aus den Sozialversicherungsbeiträgen nicht zulassen. Dort, wo diese Flucht stattfindet, wo gar die Umwandlung, ob tendenziell schleichend oder systematisch gewollt, in abgabenfreie Jobs organisiert wird, müssen wir deutlich sagen: Das wollen wir nicht. Wir müssen auch den Aspekt der Gerechtigkeit sehen. Ich glaube, wir müssen darüber reden. Jemand, der im ersten Job 3000 DM und 620 DM im Nebenjob verdient, wird bei den Abgaben und Steuern anders als jemand behandelt, der 3620 DM in einem Job verdient.
Dort besteht ein Regelungsbedarf. Da kommen wir nicht dran vorbei.
- Doch, dort besteht ein Regelungsbedarf.
Wir haben es bisher nicht abgeschafft. Aber ich sage auch in Richtung SPD ganz deutlich: Was wir nicht wollen, ist eine einfache Lösung, um draußen so dazustehen, als ob wir eine Lösung hätten. Sie sind zur Zeit ohnehin eher dabei, alles zu verkleistern. Sie wissen, wo ich in dieser Frage politisch stehe. Ich sehe wie auch viele andere Kollegen die Handlungsnotwendigkeiten. Dies ist weiter verbreitet, als man glaubt. Ich glaube schon, daß wir eine Lösung finden können; um so eher, je mehr wir im Bereich einer Steuerreform weitergekommen sind.
Bei einer Steuerreform mit niedrigen Tarifen für die Arbeitnehmer bedeutet dies, daß sie nicht so sehr auf 620-DM-Jobs angewiesen sind. Der Kostendruck in den Unternehmen ist nicht mehr so hoch. Man wird in diesem Klima dann sicherlich eine Regelung finden können, die zu gewissen Eindämpfungen führt.
Ich finde es wichtig, daß wir sagen: Die Steuerreform ist ein Schritt. In diesem Zusammenhang müssen wir darüber reden. Das werden wir auch tun. Ich bin sicher, daß dies in der Koalition geschehen wird;
Wolfgang Meckelburg
auch wenn dies erst nach dem 27. September der Fall sein wird. Ich bin sicher, daß wir diejenigen sein werden, die es nach dem 27. September regeln werden.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, wo ich in dieser Diskussion politisch stehe.
- Die Kollegen aus dem Ausschuß können Ihnen das sagen. Ich will dafür nicht meine Redezeit nehmen.
Ich sehe Handlungsbedarf und die Notwendigkeit, bei den 620-DM-Jobs und im Bereich der Scheinselbständigkeit etwas zu tun. Das habe ich ausgelassen. Ich habe schon bei der Einbringung Ihres Antrags gesagt, daß er nicht praktikabel ist. Ihm kann man einfach nicht zustimmen. Das beweist übrigens die IAB-Studie.
Auch ich weiß - das unterscheidet mich von Ihnen in der SPD -, daß die Lösung nicht ganz einfach ist und daß sie differenziert sein muß. Es ist auch ein Stück Ehrlichkeit, wenn man das hier so sagt. Der Keil, der heute mit der aus meiner Sicht überlangen Debatte versucht worden ist in die Koalition zu treiben, wird nicht fruchten. Das, was Sie hier wirklich angeboten haben, ist das alte einfache Modell: mehr Kontrolle, mehr Regulierung bis ins Detail. Das ist das alte sozialistische Modell. Trotzdem reden Sie draußen von der „Kraft des Neuen".
Das wundert mich; denn Sie sind doch inzwischen wirklich zur Partei der Kreidefresser verkommen. Alles Trennende in der SPD-Fraktion wird zugekleistert; Sie fressen Kreide und sagen nichts; alles Strittige in Ihrer Partei wird nicht ausgetragen. Wir sagen hier: Wir haben es nicht geschafft, in dieser Frage zu einer Lösung zu kommen. Aber wir wollen eine solche Lösung finden. Ich sage noch einmal: Bei insgesamt verminderter Steuerbelastung ist dann sicherlich nach oder im Zuge einer Steuerreform ein verbessertes Klima vorhanden, das eine sachgerechte Lösung möglich macht. Wir müssen den Weg der Reformen gehen.
Auch das muß man sagen: Arbeitsplätze entstehen nicht dadurch, daß wir die drei Dinge, die wir heute diskutiert haben, beackern, sondern Arbeitsplätze entstehen dadurch, daß wir Lohnnebenkosten senken und flexibler werden. Das ist der Weg, den wir in den letzten Jahren gegangen sind. Die Früchte werden erkennbar. Der Trend auf dem Arbeitsmarkt West ist erkennbar. Wir haben dicke Bretter gebohrt, aber es hat sich gelohnt.
Weil das so ist, bin ich ganz sicher: Was wir brauchen, sind Reformen, Zug um Zug und Stück für Stück. Das ist der Weg der Zukunft. Wir werden ihn auch nach dem 27. September weiter fortsetzen.
Schönen Dank.